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DER
PHARMACIE
ZUM
GEBRAUCHE BEI VORLESUNGEN
UND ZUM
SELBSTUNTERRICHTE FÜR ÄRZTE, APOTHEKER
UND DROGUISTEN
PI
I
VON
[iIPP EOREMZ GEIGER.
ERSTER BAND.
Practische Pharmacie und deren Hülfs wissenschaf teil.
Fünfte Auflage,
neu bearbeitet
von
»r. JUSTUS EIERIG,
Professor an der Universität zu Giessen.
Mit Kupfertafeln und Holzschnitten.
Zweite Abtheilung.
Organische Chemie.
Mit Grofsherzoglich Badischem Privilegium gegen Nachdruck
und Nachdruckverkauf.
1843.
Acad. Verlagsbuchhandlung von C. F. WINTER.
WIEN, hei C. GEROLD.
HAU »BUCH
DER
CHEMIE
MIT
RÜCKSICHT AUF PHARMACIE
VON
Dr. JUSTUS UIEBIG,
Professor an der Universität zu Giefsen,
Als neue Bearbeitung des ersten Bandes von Geiger’s Handbuch
der Pharmacie.
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A'a/JLj L* ® :
r%\> ,
Zweite Abtheilung.
Organische Chemie.
Mit Grofsherzoglich Badischem Privilegium gegen Nachdruck
und Nachdruckverkauf.
IIEIUELUGUC , 184-3.
Acad. Verlagsbuchhandlung von C. F. WINTER.
WIEN, bei C. GEROLD.
ZWEITER ABSCHNITT.
Chemie der zusammengesetzten Radikale .
Organische Chemie.
§. 1. Zusammengesetzte Radikale nennt man gewisse
zusammengesetzte Körper, welche die Fähigkeit besitzen,
mit einfachen Körpern Verbindungen einzugehen, die sich ana-
log verhalten, wie die Verbindungen zweier einfacher Körper;
in denen also die letztem ersetzt, vertreten werden können
durch ihre Aequivalente von anderen einfachen Körpern.
JJ. 2. Die zusammengesetzten Radikale verbinden sich
untereinander ; sie bilden mit Sauerstoff und Schwefel Säuren
und Basen , manche davon vereinigen sich mit dem Wasser-
stoff zu Wasserstoffsäuren.
§. 3. Alle organische Verbindungen lassen sich in ge-
wisse Gruppen ordnen, deren Anfangspunkt ihr Radikal bil-
det; die einzelnen Individuen dieser Gruppen entstehen durch
Verbindung des Radikals mit den einfachen Körpern, und durch
Vereinigung dieser neuen zusammengesetzten Körper mit an-
dern Zusammensetzungen.
4. Wenn einer dieser Verbindungen ein oder mehrere
ihrer ßestandtheile entzogen wird, so entsteht eine neue Ver-
bindung mit verändertem Radikal. Schwefelcyan zerfällt bei 130°
in Schwefelkohlenstoff, Schwefel und Mellon ; 4 At. Schwefelcyan N8 C8 S8
zerlegen sich in S4 C2 4- N8 C6 -h S4. Alkohol , welchem 4 At. Wasserstoff
entzogen werden , giebt Aldehyd. (C4 H10 O -t-aq) — H4 =r C4 H6 O -f- aq.
§J. 5. Wenn in einer sauerstoffhaltigen organischen Ver-
bindung der Sauerstoff ersetzt, vertreten wird durch sein Ae-
guivalent Schwefel, so entsteht eine, der Sauerstoffve rbindung
in ihren Eigenschaften ähnliche, Schwefelverbmdnng des näm-
lichen Radikals. Alkohol C4H100-+-H20 giebt Mercaptan C4H10S-*-SH2;
Cyansäure Cy20 -+- H20 giebt Schwefelcyanwasserstoffsäure Cy2S 4- SHa.
§. 6. Wenn der Wasserstoff in einer organischen Ver-
bindung vertreten wird durch sein Aequivalent Chlor oder
Sauerstoff, so zerlegt sie sich in eine ähnliche Verbindung oder
in mehrere neue Verbindungen eines einfacheren Radikals.
Aldehyd giebt mit Chlor, Salzsäure und Chloral: C4H60-f-aq mit 12 At.
Chlor = 1 At. Chloral, C4CI60-(-aq, und 3 At. C12H2.
Wasserfreier Zucker C12H1809, in welchem die 18 At. Wasserstoff
ersetzt werden durch 9 At. Sauerstoff (bei Behandlung mit übermangan-
saurem Kali) verwandelt sich in 6 At. Kleesäure. Alkohol, C4H100-+-aq,
in welchem die 10 At. Wasserstoff ersetzt werden durch 5 At. Sauerstoff,
giebt 2 At. Kleesäure.
Geiger’t Pharmacie. /. (5 te Aufl.)
39
Organische Verbindungen.
008
§. 7. Alle Verbindungen zusammengesetzter stickstoff-
freier Radikale, wenn sie der Einwirkung des Sauerstoffs aus-
gesetzt werden, zerfallen in höhere oder niedere Oxidations-
stufen einfacherer Radikale, je nach der Menge des vorhan-
denen Sauerstoffs. So entsteht durch Behandlung des Alkohols mit
oxidirenden Materien Acetal , Aldehyd, Essigsäure , Ameisensäure, Klee-
säure, Kohlensäure und Wasser. Die beiden letzteren sind unter allen
Umständen die Endprodukte der Einwirkung von überschüssigem Sauerstoff.
§. 8. Rei dem Zusammenhängen organischer stickstoff-
freier Verbindungen mit concentrirter oder wasserfreier Schwe-
felsäure werden sie auf zweierlei Weise zersetzt: entweder
entzieht die Säure der Verbindung Wasser, oder Wasserstoff
und Sauerstoff in dem Yerhältnifs wo sie Wasser bilden 5 in
diesem Fall vereinigen sich die übrigen Bestandtheile zu einer
oder mehreren neuen Verbindungen (Kleesäure uud Schwefelsäure
giebt Wasser, Kohlenoxid und Kohlensäure); oder die Säure giebt ZU
gleicher Zeit Sauerstoff an einen Theil des Kohlenstoffs der
Verbindung ab, wodurch ähnliche Produkte neben schwefliger
Säure gebildet werden, oder die Säure giebt Sauerstoff an den
Wasserstoff der Verbindung ab 5 in diesem Fall geht sie in
Unterschwefelsäure über, welche mit der veränderten organi-
schen Substanz gewöhnlich eine sehr innige Verbindung ein-
geht. #
§. 9. Hydrate organischer Oxide von basischen Eigen-
schaften werden von Sauerstoff säuren in der Art zerlegt, dafs
sich die letztere mit dem Oxide verbindet, während das Was-
ser des Hydrats abgeschieden wird 5 bei der Einwirkung von
Wasserstoff säur en auf dieselben Körper geht dieselbe Zer-
setzung aber unter Reduktion des Oxids vor sich, es entsteht
eine Verbindung des Radikals des Oxids mit dem Radikal der
Wasserstoffsäure.
§. 10. Wenn bei der Einwirkung von Salpetersäure auf
eine organische Materie nur der Wasserstoff der letzteren hin-
weggenommen, oxidirt wird, so geschieht es häufig, dafs eine
neue Verbindung mit einer niederen Oxidationsstufe des Stick-
stoffs entsteht, welche allen Kohlenstoff der organischen Sub-
stanz enthält.
§. 11. Bei der Einwirkung starker Säuren auf stickstoff-
haltige Körper entsteht sehr häufig, durch Hinzutreten der
Bestandtheile des Wassers, auf der einen Seite Ammoniak,
was sich mit der Säure verbindet, und auf der anderen eine
Oxidationsstufe eines neuen Radikals, worin aller Kohlenstoff
des Stickstoffhaltigen Körpers enthalten ist. (Blausäure und Salz-
säure. Oxamid, Harnstoff und Schwefelsäure.)
§. 12. Kalihydrat zerlegt im Schmelzen alle stickstoff-
freien organischen Körper, und zwar, wenn es in hinreichen-
der Menge angewendet wird, ohne Äbscheidung von Kohle;
die Produkte, die sich hierbei bilden, sind die nämlichen, wel-
che durch kräftige Oxid ationsproz esse hervorgebracht werden ;
Verhalten bei der trockenen Destillation. 603
unter allen Umständen wird hierbei Wasser zerlegt, dessen
Sauerstoff sich mit dem Kohlenstoff und Wasserstoff der Sub-
stanz vereinigt, während sein Wasserstoff frei wird und sich
als Gas entwickelt, oder ebenfalls eine neue Verbindung ein-
geht. Je nach der Temperatur, der die Mischung ausgesetzt
wurde, sind die Endprodukte dieser Zersetzung entweder
Humussäure, Essigsäure und Kleesäure, oder nur Kohlensäure.
(Weiosäure C8H80,0 mit Kalihydrat geschmolzen zerlegt sich in Kleesäure,
2C20}, Essigsäure C4H60j und Wasser H20.)
§. 13. Alle stickstoffhaltigen Körper zerlegen sich beim
Kochen mit Kalilauge, oder Schmelzen mit Kalihydrat 5 die
Produkte sind meistens die nemlichen, welche bei der Ein-
wirkung starker Säuren auf dieselben Körper hervorgebracht
werden, nur dafs beim Kali das Ammoniak frei wird, während
die gebildeten Oxydationsstufen des neuen Kohlenstoffradikals
mit dem Kali verbunden bleiben. Manche an Stickstoff sehr
reiche Materien verwandeln sich hierbei unter Abscheidung
von einem Theil ihres Stickstoffs als Ammoniak, unter Auf-
nahme von Sauerstoff, in Cyansäure, die, mit Kali vereinigt,
der weiteren Zersetzung sich entzieht 5 in diesem Falle geht
die vollständige Zersetzung in Ammoniak und in Kohlensäure
vor sich, wenn der geschmolzene Rückstand, in wenig Was-
ser aufgelöst, gekocht wird.
§. 14. Werden organische Körper der trocknen Destil-
lation unterworfen, so vereinigen sich ihre Bestandteile, mit
oder ohne Abscheidung von Kohle, zu neuen flüchtigen Ver-
bindungen einfacherer Radikale. Je nach der Temperatur
wechseln hierbei die Produkte 5 man kann mehrere Perioden
der Destillation unterscheiden. In der ersten bilden sich or-
ganische Säuren mit einfacherem Radikal, Kohlensäure, Was-
ser, und brennbare mit Wasser mischbare Flüssigkeiten. In
der zweiten entstehen Zersetzungsprodukte aus den in der er-
sten Periode neu gebildeten Körpern ; der Sauerstoff der Säu-
ren vereinigt sich wieder mit Wasserstoff und mit Kohlenstoff
der nemlichen Materie zu einfacheren Verbindungen, zu Koh-
lenoxid, Kohlensäure und Wasser 5 es scheidet sich meistens
Kohle ab und der übrige Kohlenstoff und Wasserstoff verbin-
den sich zu flüssigen oder festen ölartigen Körpern.
In der letzten Periode erhält man nur Kohle und luftför-
mige Körper, meistens Gemenge von Kohlensäure, Kohlen-
oxid .ölbildendem Gas und Sumpfgas.
Stickstoffhaltige Körper bilden unter denselben Umständen
in der ersten Periode Ammoniak, zuweilen auch Cyansäure,
in der letzten Cyan oder Blausäure.
§. 15. Wird eine organische Verbindung mit einer star-
ken, durch Glühhitze nicht reducirbaren, Basis derselben Zer-
setzung unterworfen, so zerlegt sie sich meistens in Kohlen-
säure, welche mit der Basis verbunden bleibt, und in einen
oder mehrere neue Körper. # Enthalten die letzteren Produkte
601
Theorie der organ. Säuren.
Sauerstoff, so kann ihnen durch neue Destillation mit der Basis
dieser Sauerstoff, in der Form von Kohlensäure, zuletzt gänz-
lich entzogen werden, in der Art, dafs man die übrigen Be-
standteile der Substanz, in der Form von flüssigen, festen
oder gasförmigen, Kohlenwasserstoffverbindungen erhält.
Theorie der organischen Säuren.
§. 16. Das Verhalten der Verbindungen zusammenge-
setzter Radikale hat zu einer neuen und veränderten Betrach-
tungsweise, der chemischen Zusammensetzungen überhaupt,
Veranlassung gegeben.
§. 17. Es ist früher (§. 221) erwähnt worden, dafs wenn
ein Körper A sich mit einem andern B in mehreren Verhält-
nissen vereinigt, dafs die Menge von B in der zweiten Ver-
bindung doppelt, die der dritten dreimal etc., so grofs ist als
in der ersten. Diese Erfahrung hat man zu einem für sich be-
stehenden Gese(% erhoben, allein bei näherer Betrachtung er-
giebt es sich von selbst, dafs sie eine noth wendige Folge der
Proportionen seyn mufs. Wenn sich in der That Blei mit
Sauerstoff zu Bleioxid vereinigt, und diese Verbindung besitzt
Verwandtschaft zu einer neuen Quantität Sauerstoff, so kann
sich mit dem gebildeten Oxid nicht mehr und nicht weniger als
ein Aequivalent Sauerstoff oder 2 Aeq. Bleioxid mit 1 Aeq.
Sauerstoff verbinden. Aus dieser Betrachtungsweise folgt von
selbst, dafs der Sauerstoff in dem Bleihyperoxid auf eine an-
dere Weise gebunden ist, als der in dem Oxid, dafs die
Schwefelsäure und das Wasserstoffhyperoxid z. B. mit eben
so grofser Wahrscheinlichkeit als Verbindungen von schwef-
liger Säure mit Sauerstoff, oder von Wasser mit Sauerstoff,
angesehen werden können.
Aus dieser Betrachtungsweise folgt ferner, dafs das zweite
Atom Sauerstoff in dem Wasserstoffhyperoxid, und das dritte
Atom Sauerstoff in der Schwefelsäure, ersetzt, vertreten wer-
den können durch Äequivalente von andern, sowohl einfachen
als zusammengesetzten, Körpern. Denkt man sich das dritte
Atom Sauerstoff in der Schwefelsäure ersetzt durch Schwefel,
so erhält man die Formel der unterschwefligen Säure; durch
Stickstoffoxidgas ersetzt, hat man die Formel der von Pelouze
entdeckten Nitroschwefelsäure, durch Chlor die von Regnaiilt
entdeckte Verbindung.
SOa + O Schwefelsäure,
SO2 S Unterschweflige Säure,
S02 + Cl2
SO2 -f- N2O2 Nitroschwefelsäure.
Wird das 2te Atom Sauerstoff in dem Wasserstoffhyperoxid
vertreten durch Chlor, so erhält man das Chlorhydrat.
§. 18. Diese Ansicht setzt also voraus, dafs Verbindun-
gen zusammengesetzter Körper mit einfachen Körpern nicht
allein möglich, sondern auch wahrscheinlich sind. Wie man
Theorie der organ. Säuren.
605
leicht bemerkt, erleidet die Sättigungscapacität der schwefli-
gen Säure keine Veränderung, wenn^sie 1 At. Sauerstoff mehr
aufnimmt, oder wenn dieser Sauerstoff vertreten wird durch
Schwefel, oder durch Stickstoffoxid 5 an dieser Fähigkeit kön-
nen mithin diese Materien keinen Antheil haben.
Man hat versucht, diese Ansicht zur Erklärung einiger
Erscheinungen anzu wenden, welche manche anorganische Säu-
ren sehr häufig darbieten, wenn sie mit organischen Verbin-
dungen Zusammentreffen, und die darin besteht, dafs in die
Zusammensetzung der wasserfreien anorganischen Säure eine
organische Verbindung aufgenommen wird, ohne ihre sauren
Eigenschaften aufzuheben oder ihre Sättigungscapacität zu ver-
mindern. (^Naphthalin und Schwefelsäure, Benzol (Benzin)
und Schwefelsäure.}
Allein man kennt eine grofse Menge anderer Verbindun-
gen, wo sich diese Erklärungsweise durchaus nicht an wenden
läfst. Unter dem Namen Mandelsäure kennt man eine Ver-
bindung von Ameisensäure mit Bittermandelöl, C2 H2 03 -f-
Ci4 Hi 2 02 , worin die Sättigungscapacität der Ameisensäure
unverändert geblieben ist.
Es ist klar, dafs in diesem Körper das Bittermandelöl einen
Bestandtheil der wasserfreien Säure ausmacht, allein eine Ver-
tretung von einem ihrer Elemente durch den hinzugekommenen
zusammengesetzten Körper, was die obige Ansicht voraus-
setzt, findet nicht statt.
Die von dem unsterblichen Entdecker des Kaliums über
die Natur der Chlor- und lod-Säure zuerst aufgestellte Ansicht
scheint eine sehr einfache und befriedigende Erklärung dieser
und anderer anomaler Erscheinungen abzugeben.
Dehnt man die Ansicht von Davy auf alle wasserhaltigen
Säuren aus, so lassen sich daraus folgende Gesetze erschliefsen:
1) Die wasserhalligen Säuren sind gewisse Verbindun-
gen eines oder mehrerer Elemente mit Wasserstoff , in denen
der letztere vertreten werden kann durch Aequivalente von
Metallen.
Die Fähigkeit einer solchen Säure, eine Basis zu neutrali-
siren, ist hiernach abhängig von diesem ersetzbaren Wasser-
stoff; wenn man die übrigen Elemente dieser Säuren zusam-
mengenommen das Radikal nennt, so hat die Zusammen-
setzung des Radikals hierauf keinen Einflufs.
2) Wenn mithin die Menge des Wasserstoffs ausserhalb
des Radikals sich vermehrt oder vermindert , so nimmt die
Sättigungscapacität in gleichem Grade zu , oder sie nimmt ab.
3) Treten zu den Beslandtheilen des Radikals unbe-
stimmte Quantitäten der nemliclien Elemente , oder verschie-
dener Elemente , während die Menge des ersetzbaren Was-
serstoffs die nemliche bleibt, so vergröfsert sich das Gewicht
des Atoms der Säure, aber die Sättigungscapacität bleibt
unverändert.
606
Theorie der organ. Säuren.
§. 19. Salze sind, nach dieser Theorie, entweder Ver-
bindungen von Metallen mit einfachen Körpern, z. B. die Ha-
loidsalze, oder mit zusammengesetzten Körpern, welche die
Stelle der einfachen vertreten. Sie können entweder entste-
hen beim Zusammenbringen des einfachen Körpers mit dem
Metall (Chlor und Eisen oder der Wasserstoffsäure mit einem
Metalloxid (Chlorwasserstoff mit Eisenoxidul , Schwefelsäure (S04-4-H,z)
mit Eisenoxidul (FeO), oder einer Sauerstoffsäure (S08) mit Metall-
oxid (BaO).
20 . Wenn sich eine Wasserstoffsäure mit einem Me-
talloxid vereinigt, so findet in manchen Fällen keine Reduktion
statt, oder das neugebildete Wasser bleibt in der Verbindung;
dieses Wasser ist in einer andern Weise gebunden als das
Kristall wasser, was sich mit dem Salze vereinigt hat; auf die
Siedhitze des Wassers erwärmt verlieren diese Salze das Kri-
stall wasser, allein das aus dem Sauerstoff des Oxids und dem
Wasserstoff der Säure entstehende Wasser wird nicht abge-
schieden.
21. Die Abscheidung dieses Wassers, und somit eine
Reduktion des Oxids und der Wasserstoffsäure, kann in diesen
Fällen augenblicklich bewirkt werden durch das Zusammen-
bringen dieser Salze mit andern, welche die Fähigkeit be-
sitzen, Doppelverbindungen damit einzugehen. Salzsaure Mag-
nesia Cl2H2 O Mg giebt mit Salmiak Cl2 Mg -f- CI2N9H8. Schwefel-
säure Magnesia S04H2 -4- OMg giebt mit Salmiak S04Mg -f- C12N9H8.
§. 22. Die Fähigkeit einer Base^ eine Säure zu neutra-
lisiren, ist nach dieser Theorie nicht allein abhängig von ihrer
Stellung in der elektrischen Reihe, sondern zwischen zwei
Basen von gleichen basischen Eigenschaften ist bei derjenigen
Basis diese Fähigkeit gröfser, welche mit gröfserer Leichtig-
keit reducirt werden kann. Das Silberoxid mufs unter allen Basen
diese Fähigkeit in höherem Grade besitzen als die andern.
§. 23. Diese Ansicht hebt die Scheidewand auf, welche
man zwischen den Haloidsalzen und Sauerstoffsalzen gezogen
hat; keine der bekannten Erfahrungen steht mit derselben im
Widerspruch, und es ist in der organischen Chemie von beson-
derer Wichtigkeit, sich mit der Form bekannt zu machen, in
der sie uns die Säuren und ihre Verbindungen betrachten läfst,
indem sie als Hülfsmitte! dienen kann, sich von vielen Er-
scheinungen Rechenschaft zu geben, worüber die gewöhn-
liche Ansicht keinen Aufschlufs giebt.
§. 24. Unter dem Hydrat einer Säure verstehen wir in
dem Folgenden Verbindungen von 1 — 2 und 3 Aequivalenten
Wasserstoff mit gewissen andern Elementen , die, mit einan-
der verbunden gedacht, das Radikal der Säure darstellen.
Essigsäure -Hydrat ist hiernach eine Verbindung von H9 mit C4 H6 04.
In der Beschreibung der Verbindungen selbst bedienen wir
«ns aber der gewöhnlichen Bezeichnungsweise.
Theorie der organ. Säuren.
607
Eintheilung der organischen Säuren.
§. 25. Man theilt die organischen Säuren ein in einbasi-
sche, zweibasische und dreibasische Säuren.
26. Die einbasischen Säuren verbinden sich in ihren
neutralen Salzen mit 1 Aeq. Basis, durch deren Aufnahme
1 Aeq. Wasser aus dem Hydrate der Säure abgeschieden wird.
Die Salze der einbasischen Säuren verbinden sich, zum
Theil mit andern derselben Art, zu Doppelsalzen , oder mit
dem Hydrat der nemlichen Säure zu sauren Salzen .
Die sauren Salze der einbasischen Säuren zerlegen sich,
wenn sie mit löslichen Basen zusämmengebracht werden, in
zwei oder mehr neutrale Salze, die sich durch Kristallisation
von einander trennen lassen, im Fall sie ungleich löslich oder
einander nicht isomorph sind.
Die basischen Salze der nemlichen Säuren enthalten zwei
oder mehr Aequivalente Basis, durch deren Verbindung mit
einem Atom Säure die nemliche Quantität Wasser ersetzt wird,
wie durch ein Aeq. Basis.
§. 27. Von den zweibasischen Säuren verbindet sich ein
Atom stets mit zwei Aequivalenten fixer Basis, welche in der
Säure zwei Aeq. Wasser ausscheiden und vertreten. Diese
beiden Aeq. Basis können seyn zwei Aeq. eines und desselben
Metalloxids, oder zweier Metalloxide, oder 1 Aeq. Metalloxid
Und 1 Aeq. einer fluchtigen Basis (Wasser oder Ammoniumoxid).
Die sauren Salze dieser Klasse enthalten nur 1 At. Säure,
woher es kommt, dafs keine Trennung erfolgt, wenn sie mit
löslichen andern Basen neutralisirt werden.
§. 28. Die dreibasischen Säuren neutral isiren drei At.
Basis; für jedes Atom fixer Basis, was sich mit der Säure
vereinigt, wird i Atom Wasser abgeschieden und ersetzt
durch 1 Atom Metalloxid.
§. 29. Die allgemeinen Formeln für die Salze der ein-
basischen Säuren sind folgende: (11 bedeutet wasserfreie
Säure, MO Metalloxid)
R -f* H20 Hydrat der Säure.
R + MO neutrales Salz.
(R + MO) + MO basisches Salz.
(2R + 2M0) + MO dto.
(R + MO) + 2M0 dto.
R ) (mO
r> + SjjjQ Doppelsalze mit zwei Basen.
IrI + IbmO ®°PPe^sa^ze zwei Basen :
R^ ImO* saure Salze.
R*1 + iflO^ saure ®a5ze»
608 Organische Radikale.
Allgemeine Formeln für die Salze der zweibasischen Säuren .*
R + 2H2Ö Hydrat der Säure.
cH O
R + so g. saures Salz, mit 1 At. fixer Basis.
R + &MO neutrales Salz.
R + neutrales Salz mit zwei Basen.
Allgemeine Formeln für die Salze der dreibasischen Säuren :
R + 3H20 Hydrat der Säure.
R + Salz mit 1 At. fixer Basis (einbas. Salz).
U A .
R + 2JJI0 j zweibasisches Salz.
R + 3MO dreibasisches Salz.
H20
R + MO
mO
R> , <3MO
Ri + >M03
zweibasisches Salz mit verschiedenen
Metalloxiden.
Doppelsalz.
§. 30. Die einbasischen Säuren liefern bei der trocknen
Destillation nur selten sogenannte Pyrogensäuren, die aber
stets, wenn sie gebildet werden, den Charakter von einbasi-
schen Säuren besitzen.
§. 31. Die zweibasischen Säuren liefern unter denselben
Umständen sehr oft zwei neue einbasische Säuren (Gallussäure).
§. 32. Die dreibasischen Säuren liefern entweder drei
Atome einer einbasischen Säure (Cyanursäure) oder zwei einbasi-
sche neue Säuren , oder eine zweibasische und eine einbasische
Säure (Meconsäure).
§. 33. In dem Folgenden werden die organischen Ver-
bindungen abgehandelt in der Ordnung, wie man sie sich aus
einem wirklich existirenden , oder einem hypothetischen, Ra-
dikal entsprungen denkt; an eine jede Verbindung reihen sich
diejenigen an, die aus der partiellen Zersetzung derselben
hervorgehen , so dafs sich demnach von selbst begrenzte Grup-
pen bilden, deren einzelne Glieder sehr häufig aus andern Ra-
dikalen abgeleitet werden können , die mithin zweien und mehr
Reihen angehören. Diese Ordnung ist nicht systematisch,
allein sie eignet sich zur Auffassung der Veränderungen und
Metamorphosen, welche die organischen Materien erleiden,
besser wie jede andere.
§. 34. Die bekannten Säure bildenden Radikale sind:
gewisse Verbindungen des Kohlenstoffs mit Sauerstoff f Koh-
lenoxideCyan , Mellon , Benzoy l, Cinnamyf Salicyl, Ace -
lyl, Formyl. Basen bildende Radikale sind Aethyf MethyL
Kleesäure.
609
S. 35. Die Radikale lassen sich eintheilen in ursprüng-
liche und in abgeleitete Radikale.
« 36 Die letzteren entstehen aus ersteren entweder
durch Zersetzungen , wie das Mellon aus! Schwefelcyan oder
das Acetyl und Formyl aus Aethyl und Methyl, oder durch
Verdoppelung und Verdreifachung des ursprünglichen Radikals,
wie das der Cyanursäure und Knallsäure aus Cyan. Höchst
wahrscheinlich sind Benzoyl und Cinnamyl ebenfalls abgelei-
tete Radikale.
ERSTE ABTHEILUNG.
/. Säure bildende organische Radikale .
I) Kohlenoxid. Formeln : CO — CaO* — C20 (S. 315).
37. In gewissen Verbindungsreihen läfst sich das Koh-
lenoxid als der Stellvertreter eines einfachen Körpers betrach-
ten: unter diesem Gesichtspunkt betrachtet entsteht durch seine
Verbindung mit Sauerstoff die Kleesäure , mit Chlor das Phos-
gen, mit Amid das Oxamid , und als Zersetzungsprodukt seiner
Kaliumverbindung die Krokonsäure und Rhodi%onsäure .
Kohlenoxid und S au er Stoff.
Kleesäure .
Formeln: 2CO + 0 = C203 (Einbasische Säure). Symb. 0.
2 At. Kohlenstoff = 152,87
3 At. Sauerstoff = 300>0Q __
1 At. hypoth, wasserfr. Kleesäure = 452,87
1 At. Hydratwasser = US, 48
1 At. Kleesäurehydrat = 56*5,35
2 At. Krystallvvasser — 224,96
1 At. krystallis. Kleesäure = 790,31
Synonyme. Sauerkleesäure, Zuckersäure, kohlige Säure, Oxalsäure
(Acid. oxalicum, — Sacchari, — carbonosum).
1776 vou Scheele entdeckt. Mit Eisenoxid im Mineralreich als Hum -
boldtit, io sehr vielen Pflanzen, den Gattungen Oxahs, Rumex etc., an
Kali, in Wurzeln, Rhabarber , Tormentill, Bistorta, Gentiana, Sapono-
ria, Rumex- Arten etc., in vielen Flechtenarten, Parmelia cruposa, , Va-
riolariae etc. an Kalk gebunden; kleesaurer Kalk ist ferner Bestan ti i
v on Blasensteinen, die Kleesäure ist ein Zersetzungsprodukt der H
säure, sie ist das allgemeinste Produkt der Oxidation stickstofffreier oi-
ganischer Materien, durch Salpetersäure, oder der nemlichen i Materien rai
Kalihydrat (Gay-Lussac') , oder mit übermangansaurem Kali C Gregory un
Hemargay) , ferner ein Zersetzungsprodukt des Cyans mit Wasser una
Ammoniak.
§. 38. Man erhält die Kleesäure am einfachsten: 1) aus
Zucker, oder besser Kartoffelstärke, die man mit 5 Theilen
Salpetersäure von 1,42 und 10 Theilen Wasser gelinde er-
wärmt, bis alle Gasentwicklung aufgehört hat, und bis zur
Kristallisation abdampft. Die erhaltenen Kristalle läfst man
610
Kleesäure.
auf Papier, oder porösen Ziegelsteinen, trocken werden und
reinigt sie durch eine neue Kristallisation, im Grofsen geschieht:
die Erwärmung in offenen cylindrischen Töpfen von Steinzeug, welche
mit warmem Wasser umgeben sind, im Kleinen in Porzellanschaalen. Aus
12 Th. Kartoffelstärke erhält man 5 Th. Kleesäure. Die Mutterlauge wird
mit etwas Salpetersäure versetzt und weiter erwärmt , wodurch man eine
neue Kristallisation von Kleesäure erhält. Man fährt auf diese Weise fort
bis sie gänzlich aufgearbeitet ist. Diese Methode wird, des wohlfeilen
Preises der Salpetersäure wegen, jetzt ausschliefslich im Grofsen ange-
wendet. Anhängende Salpetersäure entfernt man von den Kristallen durch
gelindes Erwärmen in einer Porzellanschaale, oder durch mehrmalige Kri-
stallisation. 2) Oder eine Auflösung von saurem kleesaurem Kali
wird mit Bleiessig, oder mit einer Auflösung von Schwefel-
barium, vollständig gefällt, der Niederschlag sorgfältig aus-
gewaschen, noch feucht mit verdünnter Schwefelsäure zer-
setzt, die klar abfiltrirte Flüssigkeit wird zur Kristallisation
abgedampft. Zur Zersetzung des Blei- oder Barytniederschlags nimmt
man auf 7 Tlieile des verbrauchten Sauerkleesalzes 5 Th. Schwefelsäure-
hydrat, das man mit 10 Th. Wasser verdünnt. Man nimmt 9/10 dieser
verdünnten Schwefelsäure und trägt nach und nach den feuchten Baryt-
oder Bleiniederschlag hinein ; es entsteht sogleich schwefelsaurer Baryt
oder Bleioxid, während die Kleesäure sich im Wasser löst. Nachdem die
Mischung einige Stunden gestanden hat, giefst man die über dem Nieder-
schlag stehende klare Flüssigkeit ab nnd wäscht den Rückstand mehrmals
aus. Die erhaltenen Flüssigkeiten liefern beim Abdampfen Kristalle von
reiner Kleesäure ; einen möglichen Bleigehalt entfernt man mit Schwefel-
wasserstoffgas. Auf den Rückstand von schwefelsaurem Bleioxid oder
Baryt, welcher noch etwas unzersetzten kleesauren Baryt oder Bleioxid
enthält, giefst man das zurückbehaltene Zehntel der verdünnten Schwefel-
säure und erwärmt mit Zusatz von Wasser; man erhält daraus noch et-
was schwefelsäurehaltige Kleesäure, die man durch Waschen reinigt.
Erklärung. Die Entstehung der Kleesäure aus organischen Materien
ist eine Folge der Oxidation ihrer Elemente durch den Sauerstoff der Sal-
petersäure, namentlich geben diejenigen Substanzen eine verhältnifsmäfsig
gröfsere Quantität, welche Sauerstoff und Wasserstoff io dem Verhältnifs
wie im Wasser enthalten; bei Oxidationen in niederer Temperatur ent-
stehen niedrigere Oxidationsstufen, die Kleesäure kann in ihrem wasser-
freien Zustande als ein Oxid des Kohlenstoffs angesehen werden. Die
Bildung der Kleesäure durch den Sauerstoff des übermangansauren Kali’s
ist S. 64 erklärt.
Durch Wechselzersetzung von kleesaurem Kali mit Schwefelbarium
entsteht Schwefelkalium und kleesaurer Baryt, durch essigsaures Bleioxid,
essigsaures Kali und kleesaures Bleioxid; kleesaurer Baryt und Bleioxid
werden durch Schwefelsäure in freie Kleesäure und schwefelsaure Salze
zersetzt.
%. 39. Die kristallisirte Kleesäure ist eine Verbindüng
von Kleesäurehydrat mit Kristallwasser; sie bildet farblos
durchsichtige, schiefe, rhombische Säulen mit einer oder zwei
Flächen zugeschärft, oder abgestumpften Mittelseiten , woraus
ungleich sechsseitige Säulen entstehen , mit 2 auch 4 auf den
Mittelseitenkanten aufgesetzten Flächen zugeschärft, von 1,507
spec. Gew. Ist geruchlos, schmeckt und reagirt stark sauer,
wirkt innerlich giftig. (Gegenmittel: kohlensaurer Kalk oder Mag-
nesia alba.) Die Kristalle verlieren in der Wärme, indem sie
zerfallen, 28 p. c. Kristall wasser (2 Atome), es bleibt das
Hydrat der Kleesäure.
Kleesaure Salze.
611
ln offenen Gefäfeen auf 180° rasch erhitzt, schmilzt die Kleesaure
und giebt ihr Kristallwasser ab, ein Thcil davon zersetzt sich, ein ande-
rer verflüchtigt sich als Hydrat in weifsen stark reizenden Dampfen, die
als wollige kristallinische Masse die Oberfläche der schmelzenden Saure
bedecken: In einer Retorte auf 155° erhitzt, zerlegt sie sich vollständig
in Kohlenoxidgas, Kohlensäure und Ameisensäure, ohne Rückstand zu
hinterlassen.
Mit concentrirter Salpetersäure erwärmt zerlegt sie sich vollständig
in Kohlensäure und Wasser. Man kann die wasserfreie Kleesäure auch
betrachten als eine Verbindung von 1 At. Kohlenoxid C -+- O
mit 1 At. Kohlensäure
Ca-+-05
was die Zersetzung derselben in gleiche Volumina Kohlenoxid und Koh-
lensäure erklärt, wenn sie, oder eines ihrer Salze, mit concentrirter
Schwefelsäure erwärmt wird. Diese Zersetzung findet statt, ohne dals
sich die Säure schwärzt, und ohne Entwickelung eines andern Gases; sie
giebt ein wichtiges Erkennungs- und Unterscheidungsmittel der Kleesäure
und ihrer Verbindungen von andern ab. Beim Erwärmen mit Braunstein,
oder andern Hyperoxiden, werden diese zu Oxiden oder Oxidulen redu-
cirt, die sich mit einer Portion der Säure verbinden, während der abge-
gebene Antheil Sauerstoff eine andere Portion KJeesäure in Kohlensäure
verwandelt. (Mittel, um aus dem Volumen der gebildeten Kohlensäure
den Sauerstoffgehalt dieser Oxide zu bestimmen.)
Die kristallisirie Kleesälire löst sich in 8 Th. Wasser von
15°, in ihrem gleichen Gewichte kochenden, und in 4 Th.
Weingeist von 15°.
Prüfung auf ihre Reinheit. Die Kleesäure mufs farblos seyn und darf
Papier nicht zerfressen (Salpetersäuregehalt), an der Luft nicht feucht
werden, der Niederschlag, den sie mit Barytsalzen bildet, mufs sich in
Salpetersäure vollkommen lösen; enthält sie Bleioxid, so wird sie mit Hy-
drothionsäure geschwärzt ; sie mufs beim Erhitzen sich ohne Rückstand
verflüchtigen.
Anwendung . Die Kleesäure und ihre löslichen Salze sind in der ana-
lytischen Chemie wichtige Entdeckungs- und Scheidungsmittel des Kalks.
40. In den neutralen kleesauren Salzen verhält sich
der Sauerstoff der Basis zu dem der wasserfreien Säure wie
1 : 3. Wenn man den Sauerstoff des Metalloxids zu dem der
Säure rechnet, so hat man Kohlensäure und Metall. Sehr viele
kleesaure Salze, deren Basis ein leicht reducirbares Metalloxid
ist, zerlegen sich in der Hitze in reine Kohlensäure und Metall
(kleesaures Silberoxid unter schwacher Verpuffung). Die alkalischen
kleesauren Salze entwickeln in der Hitze Kohlenoxidgas,
während kohlensaure Alkalien Zurückbleiben. Viele Metalloxide,
mit kleesauren Metalloxiden zusammenerhitzt, werden durch
das freiwerdende Kohlenoxidgas zu Metall reducirt. Alle klee-
sauren Salze entwickeln mit concentrirter Schwefelsäure er-
hitzt, ohne sich zu schwärzen, Kohlensäure und Kohlenoxid-
gas , es giebt neutrale und saure kleesaure Salze ; die letz-
tem enthalten doppelt, zuweilen viermal, so viel Säure wie
die ersteren.
Kleesaures Ammoniak , neutrales , O , Na H8 0 -+- aq = 0 , Am -4- 2aq,
erhält mau durch Sättigung der reinen Kleesäure mit ätzendem oder koh-
lensaurem Ammoniak, oder durch Zerlegung von kleesaurem Bleioxid mit
Schwefelammonium, und Verdunsten der Lösungen zur Kristallisation.
612
Kleesäure.
Man kann es auch durch Neutralisation des vierfach kleesauren Kali’s mit
kohlensaurem Ammoniak gewinnen, wobei die erste Kristallisation aus
kleesaurem Ammoniak besteht, was man von einem Kaligehalte durch
mehrmalige Kristallisation vollkommen reinigt; die Mutterlauge enthält neu-
trales kleesaures Kali.
Dieses Salz kristallisirt in langen, farblos durchsichtigen Prismen, de-
ren Kernform die gerade rhombische Säule ist , von salzig stechendem Ge-
schmack , ist schwieriger löslich als die Kleesäure , verwittert an warmer
Luft und verliert 13,6 p c. Kristallwasser. Dient als Scheidungsmittel des
Kalks von der Bittererde und im Allgemeinen als Fällungsmittel des Kalks.
In der Hitze liefert es als das merkwürdigste Zersetzungsprodukt das
Oxamid. Dampft man eine Auflösung dieses Salzes mit Chlorkalium, Chlor-
natrium ab und glüht den trocknen Rückstand, so entwickelt sich Salmiak
und ein Theil der Alkalimetalle wird in koltlensaures Salz verwandelt.
v. Kobell.
Das saure kleesaure Ammoniak , 02, AmH10-+-3aq, ist schwieriger
löslich als das neutrale. Die Kleesäure bildet ferner mit Ammoniak ein
vierfach saures Salz.
Kleesaures Kali.
a) Einfach ( neutrales') kleesaures Kali. (Kali oxalicum, Oxalas
kalicus seu Potassae.)
Formel: 0, KO + aq. *
1 At. Kleesäure = 453,87
1 At. Kali = 589,93
1 At. Wasser — 113,48
1 At. kristallisirtes kleesaures Kali = 1155,37
§. 41. Das einfach kleesaure Kali erhält man durch Neu-
tralisation des (im Handel vorkommenden) sauren Salzes, oder
der Kleesäure durch kohlensaures Kali, und Abdampfen bis
zur Kristallisation. Seine Eigenschaften sind: es kristallisirt
in farblos durchsichtigen , rhombischen, ungleich sechsseitigen
Säulen mit zwei Flächen schief zugeschärft, ist luftbeständig,
verliert bei 160°, indem es undurchsichtig wird, 9,7 proc.
Wasser, schmeckt stechend salzig, ist in 3 Th. Wasser lös-
lich, unlöslich in Alkohol.
Beim Zusammenschmelzen organischer Materien, Papier, Weinstein etc.
mit Kalihydrat entsteht dieses Salz ebenfalls.
b) Zw eifach ( saures ) kl ee saures Kali. (Kali bioxalicum.)
Formel: 02, KO -f 3aq.
1 At. wasserfreies kleesaures Kali = 1043,79
1 At. Kleesäurehydrat = 565,35
3 At. Wasser ™ 334,96
1 At. krist. zweifach kleesaures Kali = 1833,10
Synonyme. Sauerkleesalz, Kleesalz. (Oxalium, Sal Acetosellae,
Bioxalas kalicus.)
§. 42. Dieses Salz wird im Grofsen durch Sättigen von
einem Gewichtstheil kristallisirter Kleesäure mit kohlensaurem
Kali und nachherigen Zusatz von einem gleichen Gewichtstheil
kristallisirter Kleesäure und Kristallisation dargestellt. (Früher
durch Auspressen des Sauerklee’s, Klären des Saftes mit Eiweifs oder
Milch, und Abdampfen zur Kristallisation.)
Vierf. kleesaures Kali. Kleesaurer Kalk. 613
§. 43. Die Eigenschaften des doppelt kleesauren Kali’s
sind: es kristallisirt in durchscheinenden, farblosen, schiefen,
rhombischen Säulen, schmeckt und reagirt stark sauer, wirkt
giftig > löst sich in 40 Th. kaltem, in 6 Th. kochendem Was-
ser; unlöslich in Weingeist.
Prüfung auf seine Reinheit. Mufs beim Erhitzen schmelzen und zer-
setzt werden, ohne brenzlichen Geruch zu geben, und einen grauen, kei-
nen schwarzen Rückstand hinterlassen, ßeigemischter Weinstein wird
durch einen kehligen Rückstand und den eigenthümlichen brenzlichen Ge-
ruch beim Glühen erkannt; saures schwefelsaures Kali durch die gewöhn-
lichen Reageutien auf chwefelsäure. Wenn von zwei gleichen Gewichts-
theilen dieses Salzes der eine Theil geglüht und der Rückstand ( kohlen-
saures Kali) der Auflösung des andern hinzugesetzt wird, so mufs diese
Auflösung alle saure Reaction verlieren; geschieht dies nicht, so ist es
kein doppelt kleesaures Kali, sondern das folgende Salz, was unter die-
sem Namen gegenwärtig ausschliefslich im Handel vorkommt.
Anwendung. Dient zur Darstellung des pulv. Nitri oxalici pharma-
cop. suecic. Wird zum Ausmaclien von Flecken, die von Metallsalzen
(Tinte etc.) herriihren, wie das folgende, angewendet.
c) Vierfach kleesaures Kali. (Kali quadroxalicum.)
Formel : 04 , KO 4- 7aq.
1 At. wasserfreies kleesaures Kali = 1043,79
3 At. Kleesäurehydrat = 1696,05
4 At. Wasser = 449,93
1 At. vierfach kleesaures Kali = 3188,76
Synonyme. Quadroxalas kalicus. Kommt im Handel als doppelt klee-
saures Kali vor.
§. 44. Aus einer Auflösung des doppelt kleesauren Kali’s
in Salzsäure, kristallisirt vierfach kleesaures Kali; wird im
Grofsen durch Sättigen von 1 Th. kristallisirter Kleesäure mit
kohlensaurem Kali und Hinzufügen von 3 Th. krist. Kleesäure
bereitet.
§. 45. Die Eigenschaften des vierfach kleesauren Kali’s
sind: es kristallisirt in farblos durchsichtigen, schiefen Octae-
dern, an welchen zwei Ecken abgestumpft sind ; ist in Wasser
schwerer löslich wie das doppelt kleesaure, verliert bei 12S°
4 At. Wasser (14 p. c.), in höherer Temperatur verflüchtigt
sich Kleesäure unter Zersetzung.
Prüfung auf seine Reinheit. Verhält sich in der Wärme dem doppelt
kleesauren Kali ähnlich; werden drei Gewichtstheile durch Glühen in koh-
lensaures Kali verwandelt und zu einer Auflösung von 1 Gewichtstheil des
Salzes gesetzt, so erhält man neutrales kleesaures Kali.
Kleesaures Natron C2 03 , Na 0 ist das schwerlöslichste unter allen
Natronsalzen ; läfst sich nur schwierig in deutlichen Kristallen erhalten und
ist stets wasserfrei; es bildet mit Kleesäure ein doppeltsaures, aber kein
vierfachsaures Salz.
Kleesaurer Kalk , C2 03 , CaO 3aq, findet sich in vielen Flechten,
das harte feste Skelett derselben bildend, so dafs man manche, nament-
lich Variolaria communis (Porophora pertusa M.), benutzen kann, um
Kleesäure daraus darzustellen, wiewohl ohne besondern Vortheil. Die
gepulverte Flechte wird nach Rraconnot mit l/5 concentrirter Schwefel-
säure, die mit ihrem Gewichte Wasser verdünnt ist, % Stunde gekocht,
i
614
Chlorkohlenoxid.
kochend heifs von dem gebildeten Gyps getrennt, und die Flüssigkeit zur
Kristallisation verdampft. Die gewonnenen Kristalle sind kalkhaltig und
können nur zur Darstellung von löslichen kleesauren Salzen benutzt wer-
den. Die Unlöslichkeit des kleesauren Kalks im Wasser und Essigsäure,
und seine Löslichkeit in Salpeter- und Salzsäure, unterscheidet ihn we-
sentlich von andern Niederschlägen; man benutzt diese Eigenschaften, in-
dem man die kleesauren Alkalien als vortreffliche Mittel an wendet, um
Kalk in Auflösungen zu entdecken , aus denen vorher alle sonst fällbaren
und durch andere Mittel scheidbaren Metalloxide entfernt sind; namentlich
dienen diese kleesauren Salze, um Kalk von Bittererde zu trennen, wel-
che letztere lösliche kleesaure Doppelsalze bildet; der Kalk wird umge-
kehrt beuutzt, um Kleesäure zu entdecken, doch ist hier zu beachten,
dafs aus einer Auflösung , welche Chromoxid , Eisenoxid und Manganoxid
enthält , die Kleesäure von Kalksalzen nur unvollständig gefällt wird.
Frisch niedergeschlagen ist der kleesaure Kalk ein blendend weifses,
flockiges Pulver, unlöslich in Essigsäure, leicht löslich in überschüssiger
Salpeter- und Salzsäure; hinterläfst, ohne sich bemerkbar zu schwärzen,
nach dem Glühen kohleusauren Kalk, aus dessen Gewicht die Kleesäure
oder der Kalk berechnet wird.
Kleesaure Bitter er de , Zinkoxid und Mangan oxidul haben eine dem
Kalksalz analoge Zusammensetzung. Kleesaurer Baryt enthält O, BaO-f-aq.
Die Zusammensetzung dieser Salze ist aus der Untersuchung Graham’s
entnommen worden.
Kleesaures Chromoxid- Kali. 05 , Cr2 05 + 30, KO -f- 6aq. —
Entdeckt von Gregory. Man erhält dieses Salz durch Auflösung in der
Wärme von 1 Th. saurem chromsaurem Kali, 2 Th. saurem kleesaurera
Kali und 2 Th. kristallisirter Kleesäure in 1 Th. Wasser und Abdampfen,
wo das Salz kristallisirt. Die Auflösung geht unter starker Kohlensäure-
entwicklung vor sich, indem ein Theil der Kleesäure beim Uebergang
der Chromsäure in Cbromoxid durch Aufnahme von Sauerstoff in Kohlen-
säure verwandelt wird. Die Kristalle dieses Salzes sind schwarz, bei
durchfallendem Licht kornblumenblau, die Auflösung ist in reflectirtem
Lichte grün, in durchfallendem roth ; enthält t At. kleesaures Chromoxid,
03 , Cra Oj , in Verbindung mit 3 At. kleesaurem Kali und 6 At. Wasser.
Alkalien fällen aus seiner Auflösung nur einen Theil Chromoxid, und Kalk-
salze bringen darin nur einen sehr geringen Niederschlag von kleesaurem
Kalk hervor.
Kohlenoxid und Chlor .
Chlorkohlenoxid. Formel: CO, CI2.
1 At. Kohlenoxid =- 176,435
1 Aeq. r: 2 At. Chlor = 442,650
1 At. Chlorkohlenoxid = 619,085
Synonyme . Phosgen. Chlorkohlensäure. Acidum chloroxicarbonicum.
Von Ef Dapy entdeckt. Gleiche Volumina wasserfreies Kohlenoxidgas
und Chiorgas vereinigen sieh miteinander im Sonnenlicht nach wenigen Mi-
nuten, im Tageslicht nach einigen Stunden, zn einer gasförmigen Verbin-
dung von der Hälfte des Volumens ihrer Bestandtheile.
Eigenschaften. Farbloses Gas von erstickendem, unangenehmen Ge-
ruch, reizt die Augen zu heftigem Thräuen, von 3,399 spec. Gewicht,
löst sich in Wasser unter Zersetzung und Bildung von Kohlensäure und
Salzsäure. Viele Metalle, darin erhitzt, entziehen ihm das Chlor unter
Bildung von Chlormetallen und Zurücklassung des Kohlenoxidgases, bei
Anwendung wasserfreien Zinkoxids entsteht Kohlensäure und Chlorzink.
Phosphor und Schwefel lassen sich darin ohne Veränderung sublimiren.
Zerlegt sich mit Alkohol auf eine eigentümliche Weise, verbindet sich
mit Ammoniak zu einem weifsen, festen, kristallinischen Körper, der in
der Hitze flüchtig und sublimirbar, an feuchter Luft zerfliefslich ist, ohne
Oxamid.
615
Reaction auf Pflanzenfarben , von stellendem , salzigem Geschmack. Diese
Verbindung wird beim Zusammenhängen von Chlorkolilenoxidgas mit was-
serfreiem Ammoniakgas erhalten, wo sich 1 Vol. des ersteren mit 4 Vol.
des anderen verbinden. Seine Zusammensetzung mul’s mithin durch die
Formel CO, Cl2-H N4 Hj2 ausgedrückt werden. Das Chlorkohlenoxid kann
als Kohlensäure betrachtet werden, worin 1 At. Sauerstoff ersetzt ist durch
ein Aeq. Chlor. Beim Hinzutreten der Bestandteile eines Atoms Wasser
zerlegt es sich in 1 At. Kohlensäure und 1 Aeq. Salzsäure. Dieselbe
Zersetzung erfährt die Ammoniakverbiudung, wenn sie mit starken Mine-
ralsäuren zusammengebracht wird.
Kohlenoxid und Amid .
Oxamid. Formel: C2 02 -f N2 H*.
3 At. Kohlenoxid = 353,870
1 Aeq. Amid = 301,999
1 At. Oxamid = 554,869
Die Natur dieses Körpers wurde von Dumas zuerst erforscht ; von
Bauhof zuerst bei Einwirkung von Kleesäure auf Alkohol erhalten.
Bildet sich bei Destillation von Ammoniaksalzen mit kleesauren Sal-
zen, oder von kleesaurem Ammoniak, am reinsten durch Zersetzung des
kleesauren Aethers (s, d.) mit wäfsrigem Ammoniak.
Die Eigenschaften des Oxamids sind : es stellt ein blendend weifses
kristallinisches, in Weingeist, Aether und kaltem Wasser kaum, in heifsem
Wasser wenig lösliches Pulver dar, geruch- und geschmacklos, wird durch
verdünnte Säuren und Alkalien nicht verändert, durch concehtrirte in der
Wärme leicht in Kleesäure und Ammoniak. Zerfällt bei der trocknen De-
stillation in Wasser, Kohlenoxid, Blausäure, Cyansäure und Ammoniak,
welche beide letzteren sich mit einander zu Harnstoff verbinden.
Vergleicht man die Zusammensetzung des Oxamids mit der des klee-
sauren Ammoniaks, so ergiebt sich eine Erklärung seiner Bildung und sei-
ner Zersetzungen von selbst. Die Formel des kleesauren Ammoniaks ist
Ca N2 H6 03 -+- 3 aq. Zieht man davon ab die Bestandtheile des Oxamids
Cg Na H4 Og so bleibt übrig
H.j 0 -4— 3 aq
Das Oxamid entsteht mithin aus diesem Salz , indem sich von den Bestand-
teilen des wasserfreien kleesauren Ammoniaks 1 At. Wasser trennt. Der
Oxaläther ist eine Verbindung von wasserfreier Kleesäure mit Aether; mit
wäfsrigem Ammoniak zusammengebracht wird diese Verbindung augenblick-
lich zerlegt, die Oxalsäure giebt 1 At. Sauerstoff ab an 3 At. Wasserstoff
des Ammoniaks, die zusammen Wasser bilden, was sich mit dem Aether
zu Alkohol vereinigt; es bleibt auf der einen Seite Kohlenoxid C202 und
auf der andern Amid N2H4, die sich zusammen zu Oxamid verbinden.
Wenn das Oxamid mit Alkalien, die sich mit der Kleesäure, oder mit
Säuren, die sich mit dem Ammoniak zu verbinden vermögen, erwärmt
wird, so tritt 1 At. Wasser zu seinen Bestandteilen , und es zerlegt sich
in Kleesäure und Ammoniak. Dies geschieht selbst, wenn Oxamid mit
Wasser, unter einem höheren Druck, einer Temperatur über 100° aus-
gesetzt wird. Die Zersetzungsweise des Oxamids mit Säuren ist deshalb
merkwürdig, weil sie Licht zu verbreiten scheint über gewisse Verände-
rungen, welche viele organische Materien, namentlich Stärke, Holz und
Rohrzucker, bei Einwirkung verdünnter oder starker Mineralsäuren erfahren.
Eine sehr kleine Menge Oxalsäure z. B. reicht hin, um unendliche Mengen
Oxamid in neutrales kleesaures Ammoniak zu zerlegen, in der Art, dafs
diese Oxalsäure nach der Verwandlung unverändert übrig bleibt; wäre
das neue Produkt (kleesaures Ammoniak) durch Alkalien in diese Bestand-
theile nicht zerlegbar, so würde man diese Art der Zersetzung zu den
sog. katalytischen Wirkungen zählen müssen.
616
Rhodizonsäure. Krokonsäure.
Kohlenoxid und Kalium.
Rhodizonsäure . Formel der hypothetisch wasserfreien Säure : C* 07 .
7 At. Kohlenstoff zz 535,045
7 At. Sauerstoff zz 700,000
1 At. Rhodizonsäure zz 1235,045
Von L. Gmelin entdeckt, von Heller als eine eigentümliche Säure
nachgewiesen.
Wenn Kalium in einem Strom trocknen Kohlenoxidgas zum Schmelzen
erhitzt wird, so wird das Gas in grofser Menge absorbirt, das Kalium
verflacht sich auf der Oberfläche der Glasröhre, wird grün, und zuletzt
bleibt eine schwarze poröse Masse, welche warm an die Luft gebracht
sich entzündet und mit Wasser übergossen sich mit heftiger Entwickelung
eines brennbaren Gases auflöst; mit Wasser befeuchtet entzündet sie sich.
Die Auflösung in Wasser ist roth und enthält rhodizonsaures Kali. In be-
trächtlicher Menge erhält man die Verbindung des Kaliums mit Kohlenoxid
als Nebenprodukt bei der Bereitung des Kaliums, wo sie sich aus dem
sich dabei entwickelnden Gase in der Form eines grauen Pulvers absetzt,
was leicht gesammelt werden kann. An feuchter Luft zieht dieses Pulver
langsam, ohne sich zu entzünden, Wasser an und wird zu rhodizonsau-
rem Kali von scharlachrother Farbe; durch Behandlung desselben mit Al-
kohol, in dem es nicht löslich ist, kann ihm das freie Kali entzogen wer-
den. Die Untersuchungen von Heller zeigen, dafs dieses Kalisalz eine
eigentümliche Säure enthält, welche nach den Analysen von Thaulow ,
wenn man sich das Kali durch ein Aequivalent von Wasser ersetzt denkt,
nach der Formel C7H6OI0 oder aus C7 07 -4- 3aq zusammengesetzt ist,
mithin aus Kohlenstoff und Sauerstoff im Verhältnifs wie im Kohlenoxid in
Verbindung mit 3 At. Wasser. Das Kalisalz ist nach der Formel C7 07
3 KO, das Bleisalz nach der Formel C7 07 -4- 3PbO zusammengesetzt. Bei
der Abscheidung der Säure aus dem Bleisalz durch Schwefelwasserstoff
■wird sie zersetzt; mit ätherschwefelsaurem Kali verunreinigt erhält man
sie bei Zersetzung des Kalisalzes vermittelst einer Mischung von Schwe-
felsäure mit Weingeist, alle ihre Verbindungen sind roth gefärbt, im trock-
nen Zustande oft grün metallisch glänzend.
Merkwürdig ist die Zersetzung des rbodizonsauren Kalis, wenn seine
Auflösung im Wasser erhitzt wird ; ohne Gasentwickelung verwandelt es
sich hierbei in freies Kali , kleesaures Kali und in das Kalisalz einer neuen
Säure, von L. Gmelin , dem Entdecker derselben, Krokonsäure genannt.
Krokonsäure.
Formel der hypothetisch wasserfreien Säure in dem Kalisalz: Cs O4.
Wahrscheinliche Zusammensetzung d. wasserhaltigen Säure: C5O5H2.
5 At. Kohlenstoff zz 382,175
4 At. Sauerstoff zz 400,000
1 At. Wasser zz 112,480
1 At. Krokonsäure zz 894,655
Die rothgelbe Auflösung des rhodizonsauren Kali’s wird beim Erhitzen
und Abdampfen pomeranzengelb, und setzt lange, sehr glänzende, gelbe
Nadeln von krokonsaurem Kali ab ; aus der alkalischen Flüssigkeit kristal-
lisirt zuletzt neutrales kleesaures Kali.
Zur Darstellung der Krokonsäure wird das Kalisalz in Wasser gelöst,
mit Kieselfluorwasserstoffsäure vermischt und abgedatnpft; aus dem trock-
nen gelben Rückstand zieht Wasser die reine Krokonsäure aus. Sie ist
gelb, leicht kristallisirbar, schmeckt und reagirt stark sauer, in Wasser
und Weingeist löslich; all ihre Salze sind gelb und, bis auf das Ammo-
niaksalz, im Weingeist unlöslich.
Krokonsaures Kali Cs 04 , KO -+- 2 aq kristallisirt in langen , pome-
ranzengelben, 6 und 8seitigen Prismen, von salpeterartigem Geschmack;
Honigstein säure.
617
ist neutral gegen Pflanzenfarben , verliert bei gelinder Wärme 15 p c =
2 At. Wasser und wird citrongelb ; verglimmt beim Erhitzen, ohnfr brenz-
lichen Geruch, zu einem Gemenge von kohlensaurem Kali mit Kohle un-
ter Entweichung von Kohlenoxidgas und Kohlensäure ; wird durch Chlor
und Salpetersäure unter gelindem Aufbrausen und Bildung, nicht weiter
untersuchter, besonderer kristallinischer Salze zersetzt.
Die Verbindung des Kaliums mit Kohlenoxid enthält keine Rhodizon-
säurej sie wird erst gebildet wenn die Kaliumverbindung mit Wasser zu-
sammenkommt. Die Entwickelung eines wasserstoffreichen Gases beweist
dafs das Kalium darin in nicht oxidirtem Zustande enthalten ist. Wenn
man die Kaliumverbindung durch die Formel C7 07 -f- 3 K ausdrückt, so ist
rhodizonsaures Kali CrO:H-3KO, was durch Zerlegung von drei Atomen
Wasser gebildet wurde. Die Zersetzung scheint übrigens nicht ganz so
einfach zu seyn, da nach den Versuchen von E. Davy das frei werdende
Gas nicht reines Wasserstoffgas, sondern ein neues Gas ist, was sich durch
seine Eigeuschaft, sich mit Chlor bei gewöhnlicher Temperatur augenblick-
lich, unter Absatz von Kohle, zu entzünden, von den bekannten wesent-
lich unterscheidet.
Rhodizonsaures Kali C? Of + 3 KO enthält die Elemente von 1 At
klcesaurein Kali C*05 -f- KO, 1 At. krokonsaurem Kali Cs 04 KO und
von freiem Kali KO , was seine Zersetzung hinreichend erklärt.
Krokonsäure kann als eine Verbindung von Kohlenoxid mit Wasserstoff
Ci Os -f- H2 betrachtet werden , und steht in dieser Form einer andern
merkwürdigen Säure sehr nahe, nemlich der Honigsteinsäure, die sich wie
eine Verbindung eines ähnlichen Radikals mit Wasserstoff in allen ihren
Verbindungen verhält.
Honigsteinsäure (Acidum melliticumj. Formel: C4 04 + H2.
4 At. Kohlenstoff = 305,74
3 At. Sauerstoff ~ 300,00
1 At. Wasser — 112,48
1 At. Honigsteinsäure =: 718,22
Von Klaproth entdeckt. — Bildet in Verbindung mit Thonerde ein sehr
selten vorkommendes Mineral, den Honiystein. Die Honigsteinsäure läfst
sich am besten, nach Wähler, aus dem houigsteinsauren Bleioxid durch
Zersetzung mit Schwefelwasserstoffsäure gewinnen. Die von dem Schvve-
fe!b ei abfiltrirte Flüssigkeit giebt beim Abdampfen ein weifses, wenig kri-
stallinisches, Pulver, was im Weingeist sich löst und daraus beim lang-
samen Verdampfen in sternförmig vereinigten Nadeln kristallisirt. Die wäs-
serige Auflösung schmeckt und reagirt stark sauer. Die trockne Honig-
steinsaure wird beim Kochen mit Salpeter- und Schwefelsäure nicht ver-
andert, beim Kochen mit Weingeist scheint sie damit eine eigentümliche
Verbindung einzugehen Sie verbindet sich mit den Basen zu den honiq-
steinsauren Salzen. Die Salze der Alkalien sind löslich und kristallisirbar,
die der andern Metalloxide schwer- oder unlöslich. Die allgemeine Formel
der bei 100° getrockneten honigsteinsauren Salze ist :
_ . _ . C4 04 H2 H- MO.
Beim Erhitzen für sich w erden sie zerstört. Das Silbersalz erleidet vorher
eine besondere Veränderung. Auf 180° erwärmt trennt sich von diesem
5a j-JM* Wasser> UDrt seine Zusammensetzung ist alsdann C4 04 Ag.
Da die Silbersalze bei 100! getrocknet kein Wasser zurückbehalten, so
ist es ausserordentlich wahrscheinlich , dafs der Wasserstoff der Säure sich
Dei dieser Temperatur mit dein Sauerstoff des Silberoxids zu Wasser ver-
bindet, so dafs es in eine Verbindung von Silber mit Kohlenoxid C4 04
ubergeht, welches letztere demnach die Stelle von Chlor oder eines an-
dern Salzbilders vertritt. Man kann daraus durch Schwefelwasserstoff oder
Salzsaure unveränderte Honigsteinsäure wieder gewinnen.
Gaiger’t Pharmacie. /. ( 5t« Atifi,) 40
618
C y a n.
Man kann übrigens auch das Silbersalz bei dieser Temperatur als eine
Verbindung von Silberoxid AgO mit einer Säure C4 03 betrachten , die also
von der Kleesäure darin verschieden ist, flafs sie doppelt soviel Kohlen-
stoff enthält.
Honigsteinsaures Ammoniak , C4 04 H2 -4- N2 H^ erhält man durch Di-
gestion von Honigstein mit kohlensaurem Ammoniak , wobei sich dieses
Salz auflöst unter Zurücklassung von Thonerdehydrat; es kristallisirt in
zweierlei Formen, wahrscheinlich bedingt durch einen ungleichen Wasser-
gehalt. Beide haben als Grundform ein rhombisches Octaeder. Die Kri-
stalle sind grofs , glänzend durchsichtig , sie werden an der Duft undurch-
sichtig milcbweifs. Liefert bei der trocknen Destillation blausaures Am-
moniak und ein smaragdgrünes Sublimat.
Honigsteinsaures Bleioxid , C404H2, PbO, entsteht durch Vermischen
von Honigsteinsäure mit essigsaurem Bleioxid, oder honigsteinsaurem Am-
moniak mit einem Bleisalz; voluminöser weifser Mederschlag, wird beim
Auswaschen und Trocknen zu einem schweren kristallinischen Pulver.
Honigsteinsaure Thonerde , 3C4 04 H2-f- A1203. Der natürlich vorkom-
mende Honigstein findet sich in einem Braunkohlenlager in Sachsen, auf
Braunkohle aufgewachsen, in durchsichtigen honiggelben Oetaedern. Ist
unlöslich in kaltem, zersetzbar in lieilsem Wasser; enthält 14,5 p. Thon-
erde, 41,4 Honigsteinsäure und 44,1 Wasser ( Wühler ) , mithin 3 At.
Säure, 1 At. Thonerde und 18 At. Wasser.
II) Cyan. Symb. Cy. Formel: C2 N2. (S. 323.)
Das Cyan verbindet sieh als zusammengesetztes Radikal mit Sauer-
stoff, Wasserstoff und den meisten andern Metalloiden und Metallen; viele
dieser Verbindungen sind den Haloidsalzen ähnlich, andere besitzen hin-
gegen einen durchaus verschiedenen Charakter; als zusammengesetzter
Körper gehen aus ihm eine grofse Reihe anderer Verbindungen hervor,
welche in dem Folgenden abgehandelt werden sollen. Die Entdeckung des
Cyans und seiner chemischen Natur von Gay -Lussac ist unter allen die
folgenreichste für die organische Chemie gewesen.
Cyan und S auer Stoff.
a) Cyansäure. ^Formel : Cy2 O 4- aq.
1 Aeq. Cyan = 329,91
1 At. Sauerstoff = 1Q0,00
1 At. Wasser = 112,48
1 At. Cyansäurehydrat = 542,39
Von Wähler entdeckt. Bildet sich, wenn Cyan über glühendes koh-
lensaures Kali oder in wäfsrige Alkalien geleitet wird ; beim Glühen von
Cyanverbindungen an der Luit, oder mit Salpeter, oder mit Braunstein,
ferner beim Schmelzen von Melam, Ammeiin, Melamin, Ammelid mit Kali- 1
hydrat; ist eins der häufigsten Zersetzungsprodukte stickstoffhaltiger Ver-;
bindungen. Im wasserfreien Zustande ist sie nicht bekannt.
Cyansäurehydrat. Darstellung. Getrocknete Cyanursäure wird in ei-
ner Retorte der Destillation unterworfen, sie verwandelt sich hierbei in
Cyansäurehydrat, was in einer mit Eis wohl abgekühlten Vorlage aufge-i
fangen wird.
Eigenschaften . Wasserhelle Flüssigkeit von durchdringendem , der
stärksten Essig- oder Ameisensäure ähnlichen Geruch, sehr flüchtig, ver-
ursacht auf die Haut gebracht unter heftigen Schmerzen Brandblasen. Mit
Wasser leicht mischbar. Zerlegt sich kurze Zeit nach ihrer Darstellung in
einen weifsen, festen Körper von gleicher procentischer Zusammensetzung!
(Cyamelid) unter heftiger Wärmoentvvickeluug; ihre wäfsrige Auflösung;
rötbet stark die blauen Pflanzenfarben, sie zerlegt sich mit den ßesfandthei-i
len von 2 At. Wasser in einigen Augenblicken in doppeltkohlensaures i
Ammoniak.
Cyansäure. Harns toff.
619
(C2 NjO + Hj O) Hydrat der Cyansäure ) 2 At. Kohlensäure C2 0„
UüOa 2 At. Wasser J 1 Aeq. Ammoniak N2H6
ca n2 o, h6 ~ c2n2h;o;
Diese Zersetzung mit Wasser ist die Ursache, dafs sich diese Säure nicht
aus den wäfsrigen Auflösungen ihrer Salze durch stärkere Säuren isolireu
läfst, obwohl sich ein kleiner Theil unzersetzt hierbei abscheidet, was der
eigentümliche Geruch, der das kohlensaure Gas begleitet, erkennen läfst.
Die Cyansäure bildet mit den Basen nur eine Reihe von Salzen ; sie
sind sehr leicht an der eigentümlichen Zersetzungsweise zu erkennen,
die sie durch verdünnte Mineralsäuren erfahren. Wenn ein Salz dieser
Säure damit zusammengebracht wird, so entsteht nach einigen Augen-
blicken ein lebhaftes, von dem durchdringenden Geruch der Cyansäure
begleitetes Aufbrausen, und die Flüssigkeit mit Kalkhydrat vermischt ent-
wickelt jetzt reichlich Ammoniak, was vor der Zerlegung nicht nachge-
wiesen werden kann.
Die Verbindungen der Cyansäure mit den alkalischen Basen und Am-
moniak sind löslich, alle übrigen sind unlöslich. Die löslichen cyansauren
Salze werden, mit Ausnahme des Ammoniaksalzes, beim Kochen ihrer
wäfsrigen Auflösung zersetzt in Ammoniak und kohlensaure Salze.
Cyansaures Ammoniak , C2N20, N2H6 aq. Die Cyansäure bildet
mit Ammoniak zwei Verbindungen, wovon die eine besonders durch ihr
Vorkommen in dem Organismus merkwürdig ist.
Mit Ueberschufs von Ammoniak. Leitet man trocknes Ammoniak-
gas gleichzeitig mit dem Dampf des Cyansäurehydrates in ein trocknes
Glasgefäfs, so vereinigen sich beide mit einander zu einer weifsen, wol-
ligen, kristallinischen Verbindung, welche mehr Ammoniak enthält, als
dem neutralen cyansauren Ammoniak entspricht. Dieses Salz verhält sich
ganz so wie die andern cyansauren Salze; mit einer Säure übergossen,
wird es unter Aufbrausen zersetzt; Alkalien entwickeln daraus Ammoniak;
wird es hingegen trocken oder in Auflösung gelinde erwärmt, oder an der
Luft stehen gelassen , so dunstet Ammoniak ab und hat damit die oben-
erwähnten Eigenschaften verloren; es geht hierbei in Harnstoff über.
Anomales cyansaures Ammoniak. Harnstoff.
Formel : C2 N4 H8 02.
2 At. Kohlenstoff
4 At. Stickstoff
8 At. Wasserstoff
2 At. Sauersteff
1 At. Harnstoff
— - 152,870
= 354,080
= 49,018
= 200,000
= 756,868
Von Fourcroy und Vauquelin in dem Harn, als die erste künstlich
erzeugte organische Verbindung zuerst von Wähler, entdeckt. Bestand-
teil der Harnsäure, ist in dem Harn in Verbindung mit Milchsäure ent-
halten (Henry). Der Harnstoff enthält die Elemente des cyansauren Am-
moniaks ; man kann ihn nach Dumas als die zweite Verbindung von Amid
mit Kohlenoxid uud zwar mit doppelt soviel Amid, als im Oxamid enthal-
ten ist, betrachten = 2C0 -+- 2N2H4.
$. 46. Darstellung . Frischer Harn wird bei gelinder,
nie zum Sieden gehender Wärme abgedampft, kleine Proben
der conceutrirten, völlig kalt gewordenen, Flüssigkeit von
Zeit zu Zeit mit farbloser Salpetersäure von 1,42 spec. Gew.
vermischt und. sobald sie damit zu einem dicken kristallinischen
Brei gerinnt, das Ganze mit dem gleichen Volumen Salpeter-
säure versetzt. Die sich bildenden Kristalle sind eine Verbin-
dung von Salpetersäure mit Harnstoff. Da nun der Harn Chlor-
H a r fi stoff
6-20
mctalle enthält , die sich mit Salpetersäure in der Wärme in Chlor und
salpetrige Säure zerlegen , und diese beiden Materien eine schnell zerstö-
rende Wirkung auf den Harnstoff ausüben , so rnufs alle Erwärmung aufs
sorgfältigste vermieden werden. Der erhaltene unreine salpeter-
saure Harnstoff wird mit verdünnter Salpetersaure sorgfältig
ausgewaschen, so stark als möglich ausgeprefst, am besten
auf Ziegelsteinen ausgebreitet und getrocknet, sodann in
Wasser aufgelöst, die Auflösung mit frisch geglühter Holz-
kohle entfärbt und zur Kristallisation abgedampft. Die Auf-
lösung der farblosen Kristalle des salpetersauren Harnstoffs
wird so lange mit kohlensaurem Baryt versetzt, bis die Flüs-
sigkeit vollkommen neutral geworden ist; man dampft sie als-
dann ab, wo zuerst salpetersaurer Baryt, zuletzt Harnstoff
kristaliisirt. Der kristallisirte Harnstoff wird kalt in Alkohol
aufgelöst, wo der letzte Best von salpetersaure^m Baryt zu-
rückbleibt; die alkoholische Auflösung giebt nach Entfernung
des Alkohols Kristalle von reinem Harnstoff. £ Wähler. J
Anstatt mit Salpetersäure, kann man auch den concentrirten
Harn mit einer kochend gesättigten Auflösung von Kleesäure
vermischen , wodurch schwerlöslicher kleesaurer Harnstoff
gefällt wird, den man, nachdem er durch Kohle entfärbt
ist, durch Digestion mit gepulverter Kreide in unlöslichen
kleesauren Kalk und reinen Harnstoff zerlegt QBerzeliusJ.
Kann auch dargestellt werden aus cyansaurem Silberoxid durch Zersetzung
mit Salmiak 9 oder aus cyansaurem Bleioxid und reinem oder kohlensaurem
Ammoniak.
§. 47. Eigenschaf len. Der Harnstoff kristaliisirt in farb-
los durchsichtigen, vierseitigen , plattgedrückten Säulen von
1,35 spec. Gewicht, ist in seinem gleichen Gewichte kaltem,
in jeder Menge in kochendem Wasser, in 4 — 5 Tb. kaltem,
in 2 Th. kochendem Alkohol löslich; die wäfsrige Auflösung
besitzt einen kühlenden, salpeterähnlichen, reizend bitterlichen
Geschmack; ist vollkommen luftbeständig, in feuchter Luft
zerfliefsüch, schmilzt bei t20' zu einer farblosen Flüssigkeit,
zerlegt sich in höherer Temperatur in Ammoniak, cyansaures
Ammoniak und in trockne, feste Cyanursäurc. Alkalien entr .
wickeln in der Kälte daraus kein Ammoniak, verbindet sich
mit vielen Säuren ohne Zersetzung zu kristallinischen, salz-
artigen Verbindungen; in seiner Auflösung mit salpetersaurem
Silberoxid abgedampft zerlegt er sich in saSpetersaures Ammo-
niak und kristallinisches cyansaures Silberoxid, mit essigsaurem
Bleioxid ebenfalls in kohlensaures Bleioxid und essigsaures
Ammoniak. Mit salpetriger Säure zerlegt er sich augenblick-
lich in Stickgas und Kohlensäuregas , die sich zu gleichen
Raumtheilen entwickeln, mit Chlor in Salzsäure, Stickgas und
Kohlensäure. Beim Schmelzen mit den Hydraten der Alkalien,
so wie durch eoncentrirte Schwefelsäure in der Wärme, wird
er beim Hinzutritt von 2 At. Wasser in Kohlensäure und Am-
moniak zerlegt.
Salpeters. Harnstoff. Knallsiiure.
621
Salpeter saurer Harnstoff. Diese Verbindung besitzt, aus dem Harn
frisch gefällt, die Form von braunen perlmuttergläuzenden Blättchen; sie
verliert dieses Ansehen um so mehr, jo reiner sie ist; eine Auflösung von
reiuem Harnstoff giebt mit Salpetersäure einen körnigen, blendend weifsen,
kristallinischen Niederschlag, der sich in 8 Th. kaltem, leichter in heifsem
Wasser löst, daraus in breiten, kaum durchscheinenden Blättern kristalli-
sirend; ist in Salpetersäure sch werlöslich und durch Kochen damit nicht
zersetzbar. Enthält gleiche Atomgewichte Salpetersäure, HarnstofT und
Wasser. ( Regnault .)
Kleesaurer Harnstoff. Lange, dünne, durchscheinende Prismen, in
Wasser schwerlöslich , von saurem Geschmack; enthält gleiche Atomge-
wichte Kleesäure, Harnstoff und Wasser. fRegnault .)
Cgansaures Kali, Cy20, KO. Darstellung. Trocknes Blutlaugensalz
wird fcingepulvert auf einem Eisenblech unter beständigem Umriihren bei
llothglühhitze geröstet; das darin enthaltene Cyankalium verwandelt sich
hierbei durch Aufnahme von Sauerstoff aus derx Luft in cyansaures Kali.
Sobald die Masse durch das Schmelzen des gebildeten cyaosauren Kali’s
zusammenbackt, wird sie feingepulvert mit Weingeist von 80 p. c. ko-
chend ausgezogeu, aus welcher Flüssigkeit nach dem Erkalten das cyan-
saüre Kali kristallisirt. Oder man mengt 4 Th. trocknes Blutlaugensalz
mit 1 Th, Braunstein und verfährt auf dieselbe Weise. (Ein Gemenge von
2 Th. Blutlaugensalz und 1 Th. Braunstein läfst sich mit einem glühenden
Körper anzüuden, und verglimmt zu einer braunen Masse, welche cyan-
saures Kali, kohlensaures Kali und Maoganoxid enthält. Sehr rein erhält
man auch dieses Salz, obwohl weniger vortheilhaft, wenn man Kalihydrat
in einem Silbergefäfse zum Schmelzen erhitzt und nach und nach so lange
Melam oder Ammeiin, oder Ammelid, hineinträgt, als sich noch diese
Malerien darin auflösen ; die geschmolzene durchsichtige Masse erstarrt
nach dem. Erkalten zu kristallinischem, reiuem cyansaurem Kali.
Eigenschaften. Aus der weingeistigen Lösung kristallisirt es in durch-
sichtigen , wasserfreien, dem chlorsauren Kali sehr ähnlichen, Blättchen
oder Blättern, die sich an feuchter Luft, ohne ihre Form zu ändern, nach
und nach in doppcltkohlensaures Kali unter Ammoniakentwickelung ver-
wandeln. Ist in kaltem Wasser leicht löslich , wird darin von selbst, oder
schneller beim Erwärmen und Abdampfen, in kohlensaures Kali und Am-
moniak zerlegt. Schmilzt in der Hitze ohne Gewichtsverlust zu einer was-
serklaren Flüssigkeit, die nach dem Erkalten undurchsichtig kristallinisch
wird. Wird eine concentrirte Auflösung mit Essigsäure oder einer ver-
dünnten Miocralsäure nur theihveise zersetzt, so schlägt sich saures cya-
nursaures Kali nieder.
Cgansaures Silber- und Bleioxid sind weifse, im Wasser unlösliche,
wasserfreie Niederschläge, die man durch Fällung einer Auflösung von
cyansaurem Kali mit neutralen löslichen Silber- oder Bleisalzen erhält.
Beide «enthalten gleiche Atomgewichte Cyansäure und Metalloxid. Cyan-
saures Silberoxid löst sich in Ammoniak leicht und verbindet sich damit zu
weifsen farblosen Kristallen , welche in der Wärme Annnonink entwickeln
und reines cyansaures Silberoxid hiuterlassen ; zerlegt sich beim trocknen
Erhitzen unter schwacher Verpuffung in Cyansäure, Kohlensäure und
Stickgas, es bleibt Halbcyansilber.
b) KnalUäure. Formel: Cy4 Oo-
2 Aeq. Cyan = 659,82
2 At. Sauerstoff 200,00 '
1 At. hypothet. trockne Kuallsäure = 859,82
Zweibasische Säure. Von Gay-Lussac und J. L. entdeckt.
Diese Säure entsteht, wenn salpetersaures Silberoxid oder Queck-
silberoxidul , mit einem Uebersclmfs vou Salpetersäure und Weingeist er-
wärmt werden; es entwickelt sich Aldehyd und Salpeteräther, und es
schlägt sich io der heifsen Flüssigkeit kristallinisches knallsaures Silber-
Knallsäure.
oxid oder Queeksilberoxidul nieder. Durch die Einwirkung der Salpeter-
säure auf den Alkohol entsteht auf der einen Seite salpetrige Säure, auf
der audern Aldehyd und Kleesäure. Bei Gegenwart von Silberoxid oder
Queeksilberoxidul zerlegen sich zwei Atome salpetriger Säure mit 1 At.
Aether in dem Alkohol in Wasser und Knallsäure.
Salpetr. Säure. Aether. Knallsäure. Wasser.
N4 06 -h C4 H10 O = N4 C4 02 -+- 5HO*
Leitet man den Dämpf der salpetrigen Säure in eine gesättigte Auflösung
von salpetersaurem Silberoxid in Alkohol, so schlägt sich augenblicklich
knallsaures Silberoxid nieder.
Eigenschaften. Die Knallsäure läfst sich aus keinem ihrer Salze iso-
liren, in dem Momente, wo sie durch eine andere Säure abgeschieden
wird, zerlegt sie sich in Blausäure und in neue Produkte.
Kuallsaures Silberoxid zerlegt sich mit Chlorwasserstoffsäure in Chlor-
silber, Blausäure und eine neue chlorhaltige Säure (s. Chlorcyanwasser-
stolfsäure); dasselbe geschieht mit Iodwasserstoff- und Schwefel wasserstoff-
säure. Kleesäure und Schwefelsäure zerlegen kuallsaures Silber- und
Kupferoxid ohne Aufbrausen, unter Entwickelung von Blausäure und Bil-
dung von Ammoniak und andern nicht untersuchten Produkten.
Knallsaure Salze. Die knallsauren Salze enthalten entweder zwei
Atome fixer Basis ( neutrale ) oder 1 At. fixer Basis und 1 At. Wasser
(saure Salze). Die beiden Atome fixer Basis sind entweder 2 At. eines
oder zweier leicht reducirbaren Metalloxide (2 At. Kupferoxid, 2 At. Sil-
beroxid, 2 At. Quecksilberoxidul, oder 1 At. Kupfer- und 1 At. Silber-
oxid), oder 1 At. eines leicht reducirbaren Metalloxids und 1 At. Alkali
(1 At. Silberoxid und 1 At. Kali, Baryt, Strontian, Zinkoxid). Knallsaure
Salze mit 2 At. eines schwer reducirbaren Metalloxids können nicht her-
vorgebracht werden. Hieraus folgt, dafs wenn ein Salz der anderen
Klasse, welches also 2 At. Silberoxid, Quecksilberoxidul, Kupferoxid etc.
enthält , mit einem Alkali Zusammengebracht wird , nur die Hälfte dieser
Metalloxide ersetzt wird durch ein Aeq. des Alkali’s , die andere Hälfte
bleibt in der neuen Verbindung. (Dieses merkwürdige Verhalten scheint
eine innigere Beziehung zwischen den Säuren und dem Sauerstoff der Me-
talloxide anzudeuten, die sich damit verbinden, als man gewöhnlich an-
nimmt. Es ist S. 605 erwähnt worden, dals man die Salze als Verbin-
dungen von Metallen mit besondern Radikalen betrachten kann, die aus
dem Sauerstoff der Basis und den Bestandtheilen der wasserfreien Säuren
entstehen; in der Art also, dafs wenn die Verwandtschaft des Metalls zu
dem Sauerstoff, mit dem es verbunden ist, überwiegend grofs ist, die
Bildung dieser Radikale nicht erfolgen kann, oder, was das nämliche ist,
dafs bei Abscheidung des leicht reducirbaren Metalloxids durch ein ande-
res , was den Sauerstoff mit grofser Kraft gebunden enthält , eine4 Zer-
setzung erfolgt.)
Knallsaures Quecksilberoxidul , Cy4 02 , 2Hg2 O. Entdeckt von Ho-
ward. Man erhält dieses Salz, indem man 1 Th. Quecksilber in 12 Th.
Salpetersäure von 1,36 spec. Gew. auflöst, dieser Auflösung 11 Theile
Weingeist von 80 — 85 p. c. zusetzt und im Wasserbade erwärmt. Es
entsteht sehr bald in der Flüssigkeit eine heftige Reaction , es schlägt sich
metallisches Quecksilber nieder, von dem eine grofse Portion den sich ent-
wickelnden Dämpfen von Salpeteräther folgt; nach einiger Zeit bilden sich
harte undurchsichtige Kristalle von knallsaurem Quecksilberoxidul. Es
wird ausgewaschen und bei gewöhnlicher Temperatur auf Papier getrock-
net. Befreit von beigemischtem metallischem Quecksilber erhält man es
durch Wiederauflösung in kochendem Wasser, woraus es in weifsen , wei-
chen, seidenartigen, feinen Nadeln kristallisirt. Zersetzt sich durch Schlag
oder Reibung zwischen zwei harten Körpern mit grofser Heftigkeit; auf
glühenden Kohlen verbrennt es mit geringer Explosion mit blauer Flamme.
Dient als Entzündungsmittel der Percussionsflinten. 10 Theile davon wer-
den mit 30 p. c. Wasser auf einem Marmorstein und einer Pistille von
Knalls. Silberoxid. Chlorcyanwasserstolfsäure.
623
Holz fein zerrieben ; der Brei, mit 0 Th. Salpeter vermischt, giebt einen
Teig, welcher entweder gekörnt oder in kupferne Zündhütchen gefüllt
wird.
Knallsaures Silberoxid , Cy4 02 -4- 2AgO. Darstellung. 1 Th. Sil-
ber (von 90 p. c. Silbergehalt) wird in 10 Th. Salpetersäure von 1,36 —
1,38 spec. Gew. bei gelinder Wärme gelöst, diese Auflösung iu 20 Th.
Weingeist von 85 — 90 p. c. gegossen und die Mischung gelinde erwärmt;
sobald die Flüssigkeit anfängt zu sieden , entfernt mau sie vom Feuer und
läfst sie ruhig bis zum Erkalten stehen. Die Flüssigkeit trübt sich und es
setzen sich blendend weifse, sehr glänzende, feine Nadeln von knallsau-
rem Silberoxid ab, von dem man nach dem Auswaschen und Trocknen ein
dem Silber gleiches Gewicht erhält.
Das knallsaure Silberoxid ist in kaltem Wasser schwer, in 36 Th.
kochendem völlig löslich, durch Salpetersäure nicht zersetzbar; explodirt
noch leichter durch Reiben , Stofs, Berührung mit conceotrirter Schwefel-
säure , als das Quecksilberoxidulsalz. Kaustische Alkalien scheiden daraus
die Hälfte des Silbers als Silberoxid, Chloibarium, Chlorkalium die näm-
liche Hälfte als Chlorsilber ab. Man erhält kristallisirbare Salze mit zwei
verschiedenen Basen, aus diesen läfst sich saures knallsaures Silberoxid
durch Salpetersäure abscheiden; es ist kristallisirbar , leichter löslich als
das neutrale.
Knallsaures Kupferoxid , Cy4 02-|-2Cu0. Durch Digestion des knall-
sauren Silber- oder Quecksilberoxiduls mit metallischem Kupfer. Im trock-
nen Zustande grüne Kristalle; leicht löslich in Wasser; explodirt mit grü-
ner Flamme.
Knallsaures Zinkoxid , Cy4 O* -4- 2Zn 0 . Nach E. Davy durch Dige-
stion des Quecksilberoxidulsalzes mit metallischem Zink. Aus dieser Auf-
lösung, welche keine Spur Quecksilber mehr. enthält , fällt Baryt die Hälfte
des Zinkoxids. Man »erhält kuallsauren Zinkoxid- Barjt, aus welchem freie
Schwefelsäure den Baryt fällt, indem saures knallsaures Zinkoxid in Auf-
lösung bleibt, was von E. Davy als reine Knallsäure beschrieben wurde,
allein Schwefelammonium und die bekannten Reagentien zeigen, nach der
Zersetzung der Knallsäure, die Gegenwart des Zinkoxids an. C Fehling.')
Chlorcyanwasserstoffsäure. Formel: C2 N2 Clio 4- H4.
Zersetzungsprodukt des knallsaureu Silberoxids durch Salzsäure. Setzt
man einem Gemenge von knallsaurem Silberoxid nach und nach Chlor-
wasserstoffsäure zu, so wird zuerst saures knallsaures Silberoxid gebildet,
was sich später mit Salzsäure zerlegt iu Chlorsilber , Blausäure und eine
neue Säure, die Chlor, Cyan und Wasserstoff enthält. Diese Säure be-
sitzt einen sauren, beifsendeu, siifslichen Geschmack, schlägt aus Silber-
salzeu kein Chlorsilber nieder, wird beim Erhitzen zerlegt in kohlensaures
Ammoniak und neue Produkte. Dasselbe geschieht, wenn sie mit Kali
neutralisirt und diese Auflösung abgedampft wird. Diese Säure enthält
10 Atome Chlor, sie ist höchstwahrscheinlich nach der Formel C2NaCli0
+ H4 zusammengesetzt. 1 At. knallsaures Silberoxid zerlegt sich mit 12
At. Chlor in 4 At. Wasser, 3 At. Chlorsilber, 1 Aeq, Blausäure und 1 At.
der neuen Säure.
r 1 Aeq. Blausäure C2N2 Il2
C4N402 -4- 2AgO )___)! — Chlorcyanwasserstoffs. C2N2CI10H4
-hl4(ClH) ) — / 4 — Wasser H84-04
( 2 — Chlorsilber Cl4 Ag,
" dÄCl14H14 04Ag2
624
Cy anursäure.
c) Cyanursäure.
Formel der wasserhaltigen Säure: Cy6 03 , 3H2 0 + 4aq.
3 Aeq. Cyan
3 At. Sauerstoff
3 At. Wasser
= 989,73
= 300,00
= 337,44
1 At. Cyanursäurehydrat
4 At. Krystallvvasser
=r 1627,17
— 449,93
1 At. wasserhaltige Cyanursäure
= 2077,09
Dreibasische Säure. Sie wurde zuerst von Scheele bei der Destilla-
tion der Harnsäure entdeckt, später von Serullas auf einem andern Wege
erhalten und als Cyansäure beschrieben ; ihre wahre Natur wurde von
Wähler und J. L. ausgemittelt.
Bildungsweise. Entsteht durch Zersetzung des festen Cldorcyans mit
Wasser, bei Zersetzung löslicher cyansaurer Salze mit verdünnten Säuren
(Essigsäure etc.); bei der Destillation von Harnsäure, beim Erhitzen von
Harnstoff, bei der Zersetzung von Melam, Melamin, Ammelid und Amme-
iin mit Säuren.
Darstellung. Man löst trocknes Melam in conceotrirter Schwefelsäure
bei gelinder Wärme auf und giefst die Auflösung in 20 — 30 Th. Wasser,
erhält diese Mischung so lange (mehrere Tage) bei einer dem Sieden nahen
Temperatur, bis eine Probe der Flüssigkeit durch Ammoniak keinen weis-
sen Niederschlag mehr giebt ; man dampft sodann zur Kristallisation ab
und reinigt die Kristalle durch eine neue Kristallisation. Oder man erhitzt
reinen Harnstoff über seinen Schmelzpunkt hinaus, bis derselbe unter Ammo-
niakentwicklung in eine weifse oder weifsgraue, trockne Masse verwan-
delt ist; man lö^t diese in eoncentrirter Schwefelsäure, setzt tropfenweise
Salpetersäure zu, bis die Auflösung farblos geworden ist, sodann ein glei-
ches Volumen Wasser, wo nach dem Erkalten reine Cyanursäure kristal-
lisirt. Bei der Auflösung des Melams in eoncentrirter Schwefelsäure wird
es in Ammelid verwandelt, was bei weiterem Erhitzen in Cyanursäure
und Ammoniak zerlegt wird. 3 Atome Harnstoff enthalten die Elemente
von 1 At, Cyanursäure und 3 Aeq. Ammoniak, in eiuer hohen Temperatur
wird der gröfste Theil des Ammoniaks als Gas abgeschieden, während ein
kleiner Theil verbunden mit Cyanursäure zurückbleibt.
Eigenschaften. Die Cyanursäure ist färb- und geruchlos, von schwa-
chem Geschmack, röthet schwach Lackmus, in kaltem Wasser schwer,
in 24 Th. kochendem löslich ; aus Wasser kristallisirt enthalten die Kri-
stalle 4 At. (21,66 p. c.) Wasser, was sie an der Luft bei gewöhnlicher
Temperatur, schneller in der Wärme, verlieren, indem sie zu Pulver zer-
fallen. Sie besitzen die Form schiefer Prismen mit rhombischer Basis. Die
getrocknete Säure enthält drei Atome Hydratwasser. Von Kristallwasser
frei erhält man sie kristallisirt aus einer heifs gesättigten Auflösung in
Salpeter- oder Salzsäure. Das Cyanursäurehydrat kristallisirt in niedrigen
Quadratoctaedern, meistens in geschobenen vierseitigen Prismen, die mit zwei
Flächen zugeschärft sind; beim Erhitzen des Hydrats verwandelt sich ein
Atom dieser Säure in drei Atome Cyansäurehydrat, deren Bestandtheile
sie enthält. Sie ist in starken Säuren löslich ohne Zersetzung, wird aber
durch anhaltendes Kochen damit zersetzt in Ammoniak und Kohlensäure.
Cyanursäure Salze. Die Cyanursäure verbindet sich in ihren Salzen
mit 3 At. Basis, welche in dem Hydrat repräsentirt sind durch 3 Atome
Hydratwasser; durch völlige oder theilweise Ersetzung dieses Hydrat-
wassers durch die Oxide der Alkalimetalle entstellen Salze mit 1 oder 2
At. fixer Basis und 2 oder 1 At. Wasser, genau wie bei den Verbin-
dungen der Phosphorsäure; Salze mit 3 At. eines schwer reducirbaren
Metalloxids können nicht hervorgebracht werden. Das SiJbersalz enthält
3 At. Silberoxid und ist wasserfrei, in diesem Zustande besitzt es genau
die procentische Zusammensetzung des cyan- und knallsauren Silberoxids.
625
Cyanurs. Ammoniak. Blausäure.
Alle cyanursauren Salze werden durch Salzsäure , Salpetersäure etc.
zersetzt; die aus der Auflösung kristallisirende Cyanursäure enthält keine
Spur mehr votr den Metalloxiden die damit verbunden waren. Die- Salze
mit alkalischer Basis schmelzen beim Erhitzen und hiuterlassen cyansaure
Salze , während cyansäures Ammoniak , Cyansäurehydrat, Kohlensäure
und Stickgas entweichen. x
Cyanursaures Ammoniak. Weifse, sehr glänzende Säulen, welche an
der Luft verwittern und in der Wärme Ammoniak verlieren ; unter der
Luftpumpe getrocknet enthält es die Bestandteile von 1 At. Cyanursäure-
bydrat, 1 Aeq Ammoniak und l At. Wasser.
i otj Q )
Cyanursaures Kali mit 1 At. fixer Basis Cy603-+- ^ ^ £ entsteht vor-
zugsweise, wenn eine kochend gesättigte Auflösung von Cyanursäure un-
vollkommen mit Kali gesättigt wird; es schlägt sich in Gestalt von schwer-
löslichen, glänzend weifsen Würfeln nieder. Vermischt man eine gesät-
tigte Auflösung von cyansä&rem Kali mit Essigsäure, so tritt das abge-
schiedene Cyansäurehydrat an eine andere Portion cyausaures Kali, die
Flüssigkeit gesteht zu einem Brei von cyansaurem Kali. Löst man die-
ses Salz in Kalilauge auf und setzt Alkohol zu, so schlägt sich cyanur-
saures Kali mit 3 At. fixer Basis, Cy603 -h in weifsen Nadeln nie-
der. Wird beim Wiederauflösen in Wasser und Abdampfen zersetzt in
freies Kali und in einbasisches cyanursaures Kali.
HO)
Cyanursaures Silberoxid, Cy603 \ und Cy603 -4- 3AgO. Durch
Fällung von ein- und zweibasischem cyanursauren Ka$ mit salpetersaurem
Silberoxid erhält man einen weifsen Niederschlag, welcher 3 At. Silber-
oxid uud 1 At. Hydratwasser enthält und im trocknen Zustande erhitzt
Cyansäurehydrat entwickelt. Giefst man eine Silberauflösung in eine ko-
chende Auflösung von cyanursaurem Ammoniak, welche freies Ammoniak
enthält, so bildet sich das Salz mit 3 At. Silberoxid; es ist im Wasser
unlöslich , sehr schwer löslich in verdünnter Salpetersäure; kann auf 300°
ohne Zersetzung erhitzt werden; es ist weifs, schwärzt sich am Lichte
nicht, entwickelt beim Glühen Kohlensäure und Stickgas' und hinterläfst
Halbcyansilber.
Cyamelid.
Wahrscheinliche Formel C5 02 -f- N2 H3. Syn. unlösliche Cyanursäure.
Das wasserfreie Hydrat der Cyansäure ' erstarrt kurze Zeit i>ach seiner
Darstellung zu einem weifsen, porcellanartigen Körper, unlöslich in Was-
ser, verdünnten Säuren, Weingeist uud Aether, löslich unter Zersetzung
in kaustischen Alkalien, unter Entwickelung von Ammoniak und Bildung
von cyan- und cyanursauren Alkalien. Concentrirte Schwefelsäure löst
ihn in der Hitze auf, wobei er mit den Bestandtheilen von zwei Atomen
Wasser in Kohlensäure und Ammoniak zerfällt. Der trocknen Destillation
unterworfen verwandelt sich dieser Körper wieder in Cyansäurehydrat ,
was sich boides leicht aus seiner Zusammensetzung erklärt, welche pro-
centisch die nämliche ist, wie die des Cyausäurebydrats.
Cyan und Wasserstoff.
Blausäure , Cyanwasserstoff säure. Q Acidum hydrocyanicum.)
Formel: Cy2 H2.
1 Aeq. Cyan ~ 339,910
1 Aeq. Wasserstoff s=z 13,479
1 Aeq. Blausäure = 343,389
Synonyme. Hydrocyansäure , Berlinerblausäure , preufsische Säure.
(Acidum borussieum , acidum zooticum.)
6556
Blausäure.
Von Scheele entdeckt; die Kenntnifs ihrer Natur und ihres chemischen
Verhaltens verdankt man Gay-Lussctc. — Macht einen Bestandtheil der
über Blätter und Blüthen vieler Steinfrüchte destillirten Wasser aus; ent-
steht bei der trocknen Destillation mancher stickstoffhaltigen Materien, bei
der Zersetzung des ameisensauren Ammoniaks durch die Wärme, bei der
Zersetzung der Cyanmetalle durch Säuren.
Wasserfreie Blausäure .
§. 48. Darstellung . 15 Theile feingepulvertes kristalli-
sirtes Kaliumeisencyanür werden in einer Retorte mit einem er-
kalteten Gemisch von 9 Th. Schwefelsäurehydrat und 9 Th.
Wasser übergossen, bei sehr gelinder Wärme destillirt und
das Destillat in einer stark erkälteten Vorlage, welche 5 Th.
Chlorcalcium in groben Stücken enthält, aufgefangen. Die De-
stillation wird unterbrochen, wenn das Chlorcalcium völlig mit
der übergegangenen Flüssigkeit bedeckt ist. Man giefst diese
in ein starkes, gutschliefsendes Glasgefäfs ab. fTraulwein.J
Kann auch durch Zersetzung von Cyanquecksilber mit starker Chlor- oder
trockner Schwefelwasserstoffsäure dargestellt werden.
Erklärung. Das Kaliumeisencyanür enthält Cyankalium , was durch
die wasserhaltige Schwefelsäure in schwefelsaures Kali und Cyanwasser-
stoffsäure zerlegt wird, die mit etwas Wasser übergeht, was ihr durch
das Chlorcalcium entzogen wird.
§. 49. Die wasserfreie Blausäure ist bei gewöhnlicher
Temperatur wasserhell, tropf bar flüssig, von 0,6967 bei 18°
spec. Gew., erstarrt bei — 15° C. zu einer festen faserigen
Masse, siedet bei 26,5° 5 in jedem Verhältnifs mit Wasser,
Weingeist und Aether mischbar, das specifische Gewicht ihres
Dampfes ist 0,9476; röthet kaum Lackmus, leicht entzünd-
lich, mit weifser, leuchtender Flamme verbrennend. Riecht
eigenthümlieh , höchst durchdringend , bittermandelähnlich, er-
stickend, reizt die Augen zu Thränen, schmeckt durchdrin-
gend, etwas brennend, stark bitter; ihr Dampf eingeathmet
tödtet augenblicklich, ist eins der heftigsten Gifte. (Gegengift:
Ammoniak, auch Chlorwasser bei vorsichtiger Anwendung.)
Das Festwerden der Blausäure bei 15c soll nach Schulz von einem
geringen Wassergehalte herrührea, vollkommen wasserfrei ist sie nach
ihm bei — 49° noch flüssig. Zersetzt sich überaus leicht, bei völliger
Reinheit, namentlich bei Einwirkung des Lichtes, unter Bildung eines
braunen Niederschlags und Ammoniak; geringe Mengen von Säuren ver-
hindern diese Zersetzung; mit concentrirten Mineralsäuren zerlegt sie sich
bei Gegenwart vou Wasser sehr schnell in Ammoniak und Ameisensäure,
3 At. Wasser und 2 At. Cyanwasserstoffsäure zerfallen, bei Gegenwart
einer starken Säure, zu Ammoniak, was sich mit der Säure verbindet,
und Ameisensäure.
1 Aeq, Blausäure N2C2H2 1 1 Aeq. Ammoniak N2 H6
3 — Wasser ( — 1 — Ameisensäure CgHaOä
N*C7hsOs ) • JV.CjHsOä
Kalium, in dem Dampf der Blausäure , erhitzt , bildet Cyankalium, un-
ter Abscheidung von Wasserstoffgas. Kalk und Baryt, in dem Dampf der-
selben erhitzt, verwandeln sich, unter Abscheidung von Wasserstoffgas,
in cyansaure Salze; durch die Einwirkung von Chlor wird sie zersetzt,
es entsteht Salzsäure und Cyanchlorid.
Blausäure.
627
Wasserhaltige Blausäure.
Synonyme. Scheel’sche Blausäure, medicinische Blausäure.
§. 50. Darstellung. 1 Th. Cyanquecksilber wird in 8 Th.
Wasser gelöst, durch die Auflösung Schwefelwasserstoff ge-
leitet bis die Flüssigkeit überschüssiges Schwefelwasserstoffgas
enthält, durch etwas kohlensaures Bleioxid die freie Schwe-
fel wasserstoffsäure ' hinweggenommen und filtrirt. Die klare
Flüssigkeit enthält nahe V40 wasserfreie Blausäure.
Bei der Zersetzung des Cyauquecksilbers wird die Flüssigkeit schwarz
wie Tinte , und klärt sich oft erst nach dem Zusatz geringer Mengen freier
Mineralsäurgn. Sie enthält überdies meistens geringe Mengen von Schwe-
felblausäure.
Von derselben Stärke und vollkommen rein erhält man sie,
nach Geiger, durch Destillation von 4 Th. kristaliisirtem Cyan-
eisenkalium mit 18 Th. Wasser und 2 Th. Schwefelsäurehydrat.
In die Vorlage bringt man 20 Th. Wasser und destillirt bis das
Uebergegarigene 38 Th. wiegt.
Die Destillation geschieht am besten in einem Bad von Chlorcalcium,
zum Abkühleu darf keine Vorlage, sondern es inufs ein Kühlapparat von
Glas angewendet werden. Das Destillat wird in einer cylindrischen Fla-
sche aufgefangen, an der man sich einen Punkt bezeichnet hat, wo sie
38 Th. Wasser fafst.
Nach Clark löst man 1 Th. Weinsteinsäure in 4-0 Th.
Wasser und setzt dieser Auflösung 22/s Th. reines Cyankalium
in groben Stücken zu. Die Flüssigkeit wird sehr kalt erhalten
und von Zeit zu Zeit geschüttelt. Diese Säure enthält 3 p. c,
wasserfreie Blausäure und in d£r Unze 2y2 bis 3 Gr. Weinstein.
Nach Magendie werden zur Darstellung der medicinischen
Blausäure dem Volumen nach 1 Th. wasserfreie Säure mit 6
Th. Wasser, oder dem Gewicht nach 1 Th. wasserfreie Säure
mit 8 1 2 Th. Wasser gemischt.
§. 51. Die Eigenschaften der wäfsrigen Blausäure sind
denen der concentrirten ähnlich, mit den Verschiedenheiten im
Geruch, Geschmack und Giftigkeit, welche von der gröfseren
oder geringeren Verdünnung abhängig sind; sie zerlegt sich
bei völliger Reinheit eben so leicht wie die wasserfreie, wird
braun, zuletzt schwarz.
Alle Methoden, nach welchen die Blausäure durch Destillation darge-
stellt wird , liefern dieses energische Präparat nie von gleicher Beschaffen-
heit und Stärke, selbst bei Anwendung aller Vorsichtsmaasregeln enthält
dies Destillat nur 4/s von derjenigen Quantität Blausäure, welche der Rech-
nung nach darin enthalten seyn sollte; was unstreitig daher rührt, dafs bei
der Zersetzung des Blutlaugönsalzes ein Theil des Kali’s als Cyankalium
in Verbindung mit dem Eisencyanür zunickbleibt. Es ist deshalb weit
vorzuziehen, sich eine stärkere Blausäure zu bereiten, den Gehalt der-
selben durch Versuche auszumitteln und durch Zusatz von Wasser sie auf
den Grad der Verdünnung zu bringen, welche der Arzt oder die Medici-
nalgesetze des Landes vorschreiben. Man destillirt z. B. 2 Th. kristalli-
sirtes Cyaneisenkalium mit 1 Th. Schwefelsäurebydrat und 2 Th. Wasser
im Chlorcalciumbade bis zur Trockne, fängt das in einem Röhrenapparate
wohlabgekühlte Destillat in einer Flasche mit enger OelFnung auf, worin
2 Th. Wasser enthalten sind. Man erhält meistens 4 bis 4% Gewichts-
theile Destillat, dessen Gehalt an Blausäure je nach der vollkommenen
628
Blausäure.
Abkühlung von 16* bis 20 p. c. wechselt. Der Gehalt derselben wird jetzt
auf folgende Weise ausgemittelt : Io ein tarirtes Glasgefäfs, worin eine
verdünnte Auflösung von salpetersaurem Silberoxid enthalten ist. Wiegt
man 1 Drachme dieser Blausäure ab, probirt zur Vorsicht, ob durch neuen
Zusatz der Silberlösung noch ein Niederschlag entsteht, sammelt den Nie-
derschlag auf einem gewogenen Filter, wäscht aus, trocknet und be-
stimmt durch eine zweite Wägung das Gewicht des erhaltenen Cyansilbers.
5 Theile dieses Niederschlags entsprechen 1 Th. Blausäure. Man habe
z. ß. 52 Gran Cyansilber erhalten, so enthalten 60 Grau dieser verdünn-
ten Blausäure 10,4 Gran wasserfreie Blausäure uud 49,6 Wasser. Man
will aber z. B. nach der Vorschrift irgend einer Pharmacopoe eine Blau-
säure von 3 p. c. Gehalt an wasserfreier Säure haben , worin also 93 p. c.
Wasser enthalten sind, so verhalten sich 3 Blausäure zu 97 Wasser wie
10,4 Blausäure zu x = 336,2 Wasser. Zu 10,4 Gr. wasserfreier Blau-
säure müssen mithin 336,2 Grau Wasser gesetzt wrerden , um eine wäfs-
rige Blausäure von 3 p. c. Gehalt an wasserfreier Säure zu haben. Zu
jeder Drachme des Destillats, welches 10,4 Blausäure und 49,6 Wasser
enthält , müssen demnach noch 336,2 — 49,6 = 286,6 Gran Wasser zu-
gesetzt werden.
Dieselbe Methode wird benutzt, um jede wäfsrige Blausäure auf ihre
Stärke zu prüfen; 100 Gran einer Blausäure, welche 3 p. c. wasserfreie
enthalten soll, müssen mit salpetersaurem Silberoxid 15 Gr. Cyansilber
geben. Dieses Verfahren ist gänzlich unabhängig von allen Zufälligkeiten,
welche Einflufs auf die Wirksamkeit dieses Präparats haben können , und
ist so ausserordentlich einfach, dal's es in jeder Hand zuverlässige Resul-
tate giebt.
Prüfung auf ihre Reinheit und Stärke. Die verdünnte Blausäure läfst
sich, wie die concentrirte und wasserfreie, nur daun aufbewahren, wenn
sie eine Spur einer fremden Mineralsäure enthält; eine bleibende schwache
Röthung des Lackmuspapiers darf deshalb nicht als Ursache, sie zu ver-
werfen, angesehen werden; sie inufs wasserhell seyn , darf beim Ver-
dampfen keinen festen Rückstand hiuterlasseu , mit Schwefelwasserstoff
keinen Niederschlag geben (ein schwarzer zeigt Blei oder Quecksilber an).
Zu ihrer Prüfung auf ihren Gehalt läfst sich auch Quecksüberoxid auwen-
den, was sich bei gewöhnlicher Temperatur als Cyanid darin auflöst. Man
versetzt die Blausäure mit etwas (einem Tropfen) Kalilauge und schüttet
nun das feingeriebene gewogene Quecksilberoxid hinzu, 4 Theile des ver-
schwundenen Quecksilberoxids entsprechen 1 Th. Blausäure. Die Prüfung
mit Eisenvitriol ist gänzlich zu verwerfen. Die wäfsrige Blausäure , mit
Ammoniak versetzt, darf beim Abdampfen im Wasserbade nicht über .%
p. c. festen Rückstand hinterlassen; bräunt sich der Rückstand heim Er-
hitzen, so enthielt sie Ameisensäure; diese kann noch überdies durch die
bei der Ameisensäure angegebenen Eotdeckungsmittel erkannt werden.
Schwefelsäure entdeckt man durch Barytsalze, Salzsäure durch Abdam-
pfen der wäfsrigen Säure im Wasserbade bis aller Blausäuregeruch ver-
schwunden ist, und Vermischen des Rückstandes mit einem Silbersalze.
Durch vorsichtige Rectification über etwas Kreide läfst sich ein zu grofser,
Gehalt an fremden Säuren leicht entfernen, doch mufs stets in diesem Fall
dem Destillat eine Spur Salz- oder Schwefelsäure zugesetzt werden, um
ihm Haltbarkeit zu geben.
Blausaures Ammoniak , Cyanammonium , Cy2M2II8 “ Cy2H2 -+- N?H6.
Diese Verbindung erhält man durch Destillation von trocknen Ammoniak-
salzen mit Cyanmetallen, oder beim Zusammentreten wasserfreier Blau-
säure mit Ammoniakgas in Gestalt einer in glänzenden Blättchen kristalli-
sirenden Masse; ist nahe so flüchtig wie die Blausäure selbst, zerlegt sich
in wäfsriger Auflösung sehr schnell , ist giftig , besitzt einen starken , ei-
gentümlich durchdringenden Geruch.
Blausäure. Cyankali um.
629
Cyanwasser st off säure und Metalloxide.
52. Beim Zusammen bringen der Cyanwasserstoffsäure
mit Metalloxiden, die ihren Sauerstoff mir schwach gebunden
enthalten, wie Quecksilber-, Silber-, Palladium-Oxid, zerlegen
sich beide gegenseitig in Wasser und in ein Cyanmetall; wenn
hierbei alles Wasser ausgeschlossen ist, geschieht die Zer-
setzung unter heftiger, bis zur Explosion gehender, Erhitzung;
die alkalischen Oxide verbinden sich mit der Säure ohne hier-
bei zersetzt zu werden; sje behalten ihre alkalische Reaction,
ihre Auflösungen besitzen den Geruch der Säure; bei dieser
Klasse von Verbindungen findet die gegenseitige Zersetzung
des Oxids und der Saure zu Cyanmetall augenblicklich statt,
wenn ihren Auflösungen andere Cyanmetalle zugesetzt/wer-
den, mit denen sie sich zu Doppelverbindungen vereinigen.
Beim Zusammenbi ingen der Blausäure mit manchen Oxiden , wie z. B. mit
Kupferoxid entsteht ein dem Oxid entsprechendes Cyanid , was sich so-
gleich oder nach einiger Zeit in Cyangas und Cyanür zerlegt j mit Blei-
hyperoxid entsteht Bleicyanür und freies Cyan. Die Verbindungen des
Cyans mit Silber, Quecksilber und den meisten schweren Me-
tallen sind unzersetzbar durch verdünnte Sauerstoffsäuren, und
schwierig zersetzbar durch kochende concentrirte Salpeter-
säure, sie werden zum Theil mit Leichtigkeit durch Schwefel-
und Chlorwasserstoffsäure in Cyanwasserstoffsäure und ein
Chlormetall zersetzt (Cyan-Quecksiiber-Siiber). Die Cyanverbin-
dungen der edlen Metalle (Silber-, Quecksilber) zerlegen sich, wie
ihre correspondirenden Oxide, in der Hitze in Cyangas und
Metall, die Cyanverbindungen der schweren Metalle in ein
Kohlenmetal! (Carburei) und freies Stickgas. Die Cyanver-
bindungen der Alkalimetalle können bei Abschlufs der Luft und
Feuchtigkeit sehr hohe Temperaturen ohne Zersetzung ertragen.
Alle im Wasser unlöslichen Cyanverbindungen der schweren
Metalle können durch Vermischen ihrer essigsauren Salze mit
Blausäure dargestellt werden. Mit einem grofsen Ueberschufs
von Chlorwasserstoffsäure zusammengebracht, oder mit Kali-
hydrat erhitzt, werden die zersetzbaren Cyanmetalle in Chior-
metall oder in Metalloxid, Ammoniak und Ameisensäure zer-
legt. Dies geschieht bei den alkalischen Cyanmetallen beim
Kochen ihrer Auflösungen mit Ueberschufs von Alkali. Alle
Cyanmetalle, deren correspondirende Oxide in der Glühhitze
keine Kohlensäure zurückbehalten, liefern, mit Kupferoxid ge-
glüht, Sfickgas und Kohlensäure im Volumenverhältnifs wie
Cyankalium ( Kalium cyanatumj. Formel : Cy*i K.
1 Aeq. Cyan ~ 329,91
1 At. Kalium ~ 489,92
1 At. Cyankalium = 819,83
Synonyme . Blausaures Kali. (Kali hydrocyaoicum , boru&sicum. Cya-
netura Kali».)
630
Cy ankalinm.
Bildung. Beim Erhitzen von Kalium in Cyangas unter Feuerentwick-
lung , beim Erhitzen von Kalium mit wasserfreien stickstoffhaltigen Mate-
rien ^ beim Glühen von kohlenstoflf- und stickstoffhaltigen Materien mit koh-
lensaurem Kali.
53. Darstellung . Meine frischbereitete Kalilauge wird
im concentrirten Zustande mit Cyanwasserstoffsäure übersät-
tigt, die Flüssigkeit in einer Retorte kochend eingedampft, bei
anfangender Kristallbildung in eine Porzellanschaale ausgegos-
sen und bei gelinder Glühhitze geschmolzen. Oder besser,
man erhitzt sorgfältig getrocknetes und feinpul verisirtes Ka-
liumeisencyanür in einem Gefäfs von Eisen oder in einem wohl-
bedeckten Schmelztiegel bis zum starken Rothglühen, läfst bei
Abschi ufs der Luft erkalten, verwandelt die theilweise ge-
schmolzene oder schwarze poröse Masse in feines Pulver, füllt
damit einen Glastrichter, benetzt sie mit etwas Weingeist und
laugt sie sodann mit kaltem Wasser aus. Die erste concen-
trirte, farblose, ablaufende Flüssigkeit wird in einer Porzel-
lanschaale bei raschem Feuer zur Trockne gebracht und ge-
schmolzen. Man kann auch die geglühte Masse feingepulvert
mit wäfsrigem Weingeist kochend behandeln, wo beim Erkal-
ten das reine Cyankalium kristallisirt. (öOprocentiger Weingeist
löst in der Siedhitze beträchtliche Mengen von Cyankalium, was sich beim
Erkalten beinahe vollständig wieder abscheidet; ist derselbe stärker oder
schwächer, so scheidet sich das aufgelöste Cyankalium beim Erkalten
nicht ab.) Oder man leitet den Dampf der bei Destillation von Blutlaugen-
salz mit Schwefelsäure sich entwickelnden Blausäure in eine conceutrirte
Lösung von Kalihydrat in Weingeist, wo sich nach der Sättigung Cyan-
kalium kristallinisch abscheidet. Wiggers.
Anwendung von Wärme und Wasser ist bei der Darstellung gänzlich
zw vermeiden, indem sich sonst bei Gegenwart von Luft die Auflösung
durch Bildung von Kaliumeisencyaniir gelb färbt.
§. 54-. Eigenschaften. Das Cyankalium ist farblos, in
regelmäfsig kristallisirtem Zustande durchsichtig; kristallisirt
in Würfeln oder in Formen, die davon abgeleitet sind; ge-
ruchlos, von scharfem, stechendem, alkalischem und bitter-
mandelartigem Geschmack, schmilzt leicht zu einer farblos
durchsichtigen Flüssigkeit, unzersetzbar bei abgehaltener Luft
in der Weifsglühhitze, bei Gegenwart von Sauerstoff sich hin-
gegen in cyansaures Kali verwandelnd. An der Luft werden
die Kristalle trüb, in feuchter Luft zerfliefsend, leichtlöslich
in Wasser; die Auflösung wird schon durch Kohlensäure (aus
der Luft) zersetzt und riecht nach Blausäure. Selbst in ver-
schlossenen Gefäfsen aufbewahrt zerlegt sie sich nach kürzerer
oder längerer Zeit. Cyankalium löst sich im Wasser unter Zersetzung
zu blausaurem Kali auf; wird die Auflösung mit einem Ueberschufs von
Kalihydrat abgedampft, so entwickelt sich aller Stickstoff als Ammoniak,
und es bleibt ameisensaures Kali; Aufbrausen mit Säuren zeigt kohlen-
saures Kali, gelbe Farbe der Auflösung Eisengehalt, Schwärzung beim
Glühen eine Beimischung von ameisensaurem Salz an.
Anwendung. Statt der Blausäure.
Cyannatrium . Blausaures Natron , Cy2JVa. Darstellung und Eigen-
schaften von Cyankalium.
Cyanzink. Cyankobalt.
631
Cyanzink. (Zinciim cyanatum.'} Formel: Cy2 Zn,
1 Aeq. Cyan = 329,91
1 At. Zick = 403,23
1 At. Cyan zink — 733,14 i
Synonyme. Zinkcyanür. Blausaures Zinkoxid. (Zincum hydrocyanicum.)
§. 55. Darstellung. Metallisches Zink wird in Essig-
säure in der Wärme gelöst, und die saure Lösung so lange
mit reiner Blausäure vermischt, als sich noch ein Niederschlag
bildet ^ er wird ausgewaschen und getrocknet.
j Eigenschaften. Das Cyanzink stellt ein blendendweifses,
geschmackloses, im Wasser und Weingeist unlösliches Pulver
dar, was sich in verdünnter Salzsäure unter Entwickelung von
Blausäure und in Ammoniak vollkömmen löst.
Dy aneisen. Formel: Cy2Fe.
1 Aeq« Cyan = 329,91
1 At. Eisen — 339,21
1 At. kisencyanür 669,12
Synonyme. Eisencyanür (blausaures Eisenoxidul). Diese Verbindung,
merkwürdig durch ihre Eigenschaft mit andern Cyanmetallen Doppelver-
bindungen eigentümlicher Art zu bilden, scheint ebensowenig wie reines
Eisenoxidul darstellbar zu seyn. Beim Vermischen eines Eisenoxidulsalzes
mit einer Auflösung von Cyankalium entsteht ein rothgelber häufiger Nie-
derschlag, der sich in einem üeberschufs von Cyankaliuni zu einer gelben
Flüssigkeit, zu Ferrocyankalium löst. Beim trocknen Erhitzen von Ammo-
niumeisencyanür erhält man unter Entwickelung von Cyanammonium im
Rückstände ein im Wasser unlösliches, graugelbes Pulver, was für diese
Verbindung gehalten wird, üebergiefst man in einer zu verschliefsenden
Flasche frisch niedergeschlagenes Berlinerblau mit einer gesättigten Auf-
lösung von Schwefelwasserstoffsäure, so entsteht nach Robiquet diese Ver-
bindung ebenfalls. Das Berlinerblau wird weifs, in der Flüssigkeit findet
sich Cyanwasserstoffsäure tBerzelius ). Die Eigenschaften dieser Präparate
sind einander zu unähnlich, als dafs man sie für identisch halten könnte.
Eisencyanür-Cyanid, Cy? Fe H- Cy6 Fe2 , 4aq. Die dem Eisenoxiduloxid
entsprechende Cyanstufe erhält mau nach Pelouze, wenn man in eine ko-
chende Auslösung von Ferrocyankalium oder Ferridcyankalium Chlorgas
leitet; es schlägt sich ein grünes Pulver nieder, was man mit 8 — 10 Th.
concentrirter Salzsäure zum Sieden erhitzt, wo sich Eisenoxid und Ber-
linerblau lösen, während ein grünes Pulver zurückbleibt, was ausgewa-
schen und im luftleeren Raume getrocknet diese Verbindung darstellt. Auf
180° erwärmt verliert es Wasser, Cyan und. etwas Blausäure und wird
tief purpurblau. Durch Kalilauge zerlegt es sich in Eisenoxid , was zu-
rückbleibt, und in ein Gemenge von Ferro- und Ferrid - Cyankalium.
Eisencyanid. Ist in reinem Zustande unbekannt. Versetzt man eine
Lösung von Ferridcyankalium mit Fluorkieseleisen, so scheidet sich Kie-
selfluorkalium ab , und es bleibt 'eme dunkelbraune Flüssigkeit von zusam-
menziehendem Geschmack , welche beim Abdampfen blau wird und Berliner-
blau kinterläfst. Bildet eine zahlreiche Klasse von Doppelcyaniiren.
Cyankobalt , Kobaltcyanür. Durch Vermischen einer Auflösung von
essigsaurem Kobaltoxid mit Cyanwasserstoffsäure. Bräunlich weifser Nie-
derschlag.
632
Cyanquecksilber.
Cyanquecksilber (Dydrargyrum cyanatum }. Formel : Cy2 Hg*.
1 Aeq. Cyan ~ 329,91
1 At. Quecksilber = 1265,82
1 At. Cyanquecksilber zzz 1595,73
Synonyme. Quecksilbercyanid, blausaures Quecksilberoxid. (Hydrar-
gyrum borussicum, Cyanetuin hydrargyricum.)
§. 56. Darstellung. Wäfsrige Blausäure wird mit fein-
gepulvertem rothem Quecksilberoxide bis zum Verschwinden
alles Geruches nach Blausäure versetzt; die Flüssigkeit liefert
beim Abdampfen vollkommen reine Kristalle dieser Verbindung.
Man bedient sich hierzu der, nach der Methode von Geiger dargestellten,
Blausäure, bringt sie in ein verschliefsbares Glas, und sucht ihre Verbin-
dung mit Quecksilberoxid durch häufiges Schütteln zu befördern ; mau hat
zu beachten, aafs die Verbindung nur dann vor sich geht, wenn die Menge
des Wassers hinreicht, um alles Cyanid vollkommen aufzulösen; wenn
also die Flüssigkeit nach Blausäure riecht, während noch Quecksilberoxid
ungelöst darin vorhanden ist, so mufs man Wasser zusetzen. ‘Oder man
löst 2 Th. Ferrocyankalium in 15 Th. siedendem Wasser,
setzt dieser Auflösung 3 Th. vollkommen trocknes schwefel-
saures Quecksilberoxid hinzu, erhält diese Mischung J/4 Stunde
im Sieden, filtrirt sie heifs von dem Niederschlage ab, und
läfst erkalten, wo Cj'anquecksilber kristailisirt. Die Mutterlauge
liefert bei weiterer Concentration eine neue Portion; man kann sie auch
ganz zur Trockne abdampfen und durch kochenden Alkohol alles Cyan-
quecksilber aasziehen. Die ersten Kristalle aus der wäfsrigen Auflösung
werden durch eine neue Kristallisation gereinigt.
Erklärung. Nach dem zweiten Verfahren zerlegen sich die 2 Atome
Cyankalium des Ferrocyankaliums mit 2 At. schwefelsaurem Quecksilber-
oxid in Quecksilbercyanid und schwefelsaures Kali, das Eisencyaniir schei-
det sich hierbei ab.
§. 57. Eigenschaften . Das Cyanquecksilber kristailisirt
in wasserfreien, farblosen, durchscheinenden, oder durchsich-
tigen, regelraäfsigen, 4- oder öseitigen Säulen, luftbeständig,
von ekelhaftem, ätzend metallischem Geschmack ; sehr giftig.
Löst sich bei gewöhnlicher Temperatur in 8 Th. Wasser, leich-
ter in siedendem ; ist in Weingeist ebenfalls löslich.
Das Quecksilberoxid zerlegt alle auflöslichen Cyanmetalle unter Bil-
dung von Metalloxid und Doppelverbindungeu vou Cyanquecksilber mit
andern Cyanmetallen. Beim Kochen von überschüssigem Quecksilberoxid
mit Cyanquecksilber löst sich vom ersteren eine grofse Menge auf C3 At.
Kühn ), die Auflösung giebt 'abgedampft eine in feinen kurzen Nadeln kri-
stallisirende Verbindung, deren Auflösung auf Pflanzenfarben alkalisch
reagirt ; sie ist im kalten Wasser leichter löslich als das Cyanid. Die
Bildung dieser Materie mufs bei der Darstellung des Cyanids mit Sorgfalt
vermieden werden, indem man sonst meistens nur eine weifse Salzmasse
erhält. Zusatz von Blausäure, bis Geruch bemerkbar, ist das beste Mittel,
der Entstehung vorzubeugen. Das dem Quecksilberoxidul entsprechende
Quecksilbercyanür ist unbekannt. Wird ein Ouecksilberoxidulsalz mit
Blausäure oder einem löslichen Cyanmetall zusammen» e'oracht, so scheidet
sich augenblicklich metallisches Quecksilber ab, und es bildet sich Queck- 1
silbercyanid.
Cyansilber , Cy*Ag. Diese Verbindung scheidet sich beim Vermischen;
eines löslichen Silbersalzes mit Blausäure, in Gestalt eines blendend wei-
fsen, käsigen Niederschlags ab; es wird durch alle Wasserstoffsäuren zer-
Cyan palladium. Cyangold.
633
legt, sehr schwer durch Mineralsäuren, nur durch kochende concentrirte
Salpetersäure wird es unter Zersetzung aufgelost, erleidet von Auflösungen
kaustischer fixer Alkalien keine bemerkbare Veränderung , leicht löslich
in Ammoniak. In einer concentrirten Auflösung von salpetersaurem Silber-
oxid löslich, und damit eine, durch Wasser zersetzbare, kristallinische
Verbindung bildend; geht mit allen alkalischen Cyanmetallen Doppelver-
bindungen ein.
Cyanpalladium , Cy9Pd. Die Verwandtschaft des Palladiums zum Cyan
übertrifft die aller andern Metalle; es entsteht, wenn Blausäure oder ein
lösliches Cyanmetall mit einem Palladiumoxidulsalz vermischt wird, in Ge-
stalt eines hell rehfarbenen Niederschlags, dessen Farbe beim Vorhanden-
seyn vou Kupfer grünlich ist; bildet mit Ammoniak, mit Cyankalium, sal-
petersaurem Palladiumoxidul Doppelsalze.
Cyangold , Goldcyanid, Cy6Au2. Zur Darstellung dieser Verbindung,
welche neuerdings zuweilen als Arzueimittel angewendet wurde, wird
eine, durch Abdampfen von aller Säure befreite, Lösung vou Gold in Kö-
nigswasser, mit einer frisch bereiteten Lösung von Aetzkali, die man mit
Blausäure übersättigt hat, mit der Vorsicht niedergeschlagen, dafs eine
geringe Menge Goldchlorid im Ueberschusse bleibt- Der gelblich weifse
Niederschlag wird ausgewaschen und getrocknet. Ein üeberschufs des
Cyankaliums lost den Niederschlag mit gelbrother Farbe wieder auf; im
Fall dies geschehen ist, kann durch Zusatz einer Säure das Goldcyanid
wieder abgeschieden werden. Oder man löst 16 Th. Gold in Königswasser
in der Wärme auf, setzt eine heifse Auflösung von 24 Th. Cyanquecksilber
zu, verdampft zur Trockne und wäscht das gebildete Goldcyanid mit
Wasser aus. Das dem Oxidul entsprechende Goldcyanür existirt nicht.
Doppelverbindungen des Cyans mit Metallen.
Alle im Wasser unlöslichen Cyamnetalle (der schweren Metalle) ver-
binden sich mit löslichen Cyanmetallen (der Alkalimetalle) zu eigenthiim-
lichen , meistens kristallisirbaren , Doppelverbindungen, deren Verhalten
im Allgemeinen den Verbindungen der unlöslichen mit loslichsn Schwefel-
metallen ähnlich ist. Z. B. Cyangold, Cyanpalladium, Cyansilber, Cyan-
nickei, Cyanzink, Cyaukupfer etc. lösen sich mit Leichtigkeit in Cyran-
kalium , Cyannatrium; die Auflösungen sind gelb gefärbt oder farblos und
werden durch ätzende oder kohlensaure Alkalien und Chlormetalle nicht
verändert oder zersetzt; Säuren schlagen durch Zersetzung des alkalischen
Cyanmetalls das unlösliche Cyanmetall daraus nieder. Beim Vermischen
der Kalium- oder Natrium-Doppelverbindung mit einem audern Metallsalze,
dessen Basis ein schweres Metalloxid ist, geschieht es meistens, dafs sich
eine neue unlösliche Doppelverbindung bildet, in welcher das Alkalimetall
ersetzt ist durch ein Aequivalent des schweren Metalls. Kaliumsilber-
Cyanid Cy9Ag-f-Cy2K giebfc mit essigsaurem Bleioxid A-+-PbO, Bleisilber-
Cyanid Cy'j Ag-f- Cy9Pb und essigsaures Kali. Die löslichen alkalischen
Cyamnetalle bilden mit den unlöslichen Chlor-, Iod- und Brom -Metallen
ebenfalls sehr häufig Doppelverbindungen ; ähnliche Verbindungen bilden
viele lösliche Chlormetalle mit unlöslichen Cyanmetallen.
Ganz eigenthümlich verhalten sich die Doppelverbindungen des Eisen-
cyamirs , Eisen- und Kobalt - Cyanids mit andern Cyanmetalleu, und na-
mentlich mit Cyanwasserstoffsäure; die letzteren sind löslich im Wasser,
kristallisirbar ; sie besitzen einen entschieden sauren Geschmack , die Fä-
higkeit Pflanzenfarben bleibend zu röthen, die kohlensauren Salze unter
Aufbrausen zu zersetzen und die Alkalien vollkommen zu neutralisiren —
Eigenschaften, welche die Blausäure für sich nicht besitzt. In diesen Ver-
bindungen bat die Blausäure gänzlich ihre giftigen Eigenschaften verloren.
Das Eisen, was damit verbunden ist, wird durch Alkalien, durch lösliche
Schwefelmetalle, durch keins der gewöhnlichen Reagentien angezeigt.
Geiger’ s Pharmacie. I, (Ute Aufl.) 41
634
Ferrocyanwasserstoffsäure.
Constitution der Doppelverbindungen des Cyans mit Eisen.
Wir nehmen an, dafs diese Verbindungen ein zusammengesetztes Ra-
dikal von derselben procentischen Zusammensetzung, wie das Cyan, ent-
halten, dessen Atomgewicht aber dreimal so hoch ist, in Verbindung mit
1 Aeq. Eisen, ein Radikal, welches mit 2 Aeq. (4 At.) Wasserstoff sich
zu einer zweibasischen Säure vereinigt. Wir nennen das Radikal Ferro-
cyan, die Säure Ferrocyanwasserstoffsäure , die Verbindungen des Radi-
kals mit Metallen, welche den niedern Oxidationsstufen entsprechen, Fer-
rocyaniire , die andern Ferrocyanide. Das Ferro cy an besteht aus
® \ = 3 Aeq. = 6 Atome Cyan = 983,73
6 At. Stickstoff ) *
1 At. Eisen = 339,21
1 At. Ferrocyan — 1328,94
Das Symbol dieser Verbindung ist Cfy.
Hiernach drückt die Formel Cfy -4- 4H Ferrocyanwasserstoffsäure.
Cfy + 2K Ferrocyankalium.
re , K )K >K >K l Ferrocyanüre mit 2
W Ca ' Ba > Sr ) Mg ) basischen Metallen.
2Cfy -f- | Ferrocyankaliumeisen.
3Cfy -4- 2Fe2 Berlinerblau.
3Cfy -4- | basisches Berlinerblau.
2Cfy -4- £ lösliches Berlinerblau.
2Cfy -4- Ferroc3ranzinkkalium.
Ferrocyanwasserstoffsäure. Formel: CfyH4*f aq.
1 At. Ferrocyan r= 132§,940
2 Aeq. Wasserstoff (4 Atome) — 24,959
1 At. hypoth. trockn. Säure = 1353,899
1 At. Wasser = 112,480
1 At. Ferrocyanwasserstoffsäure = 1466,379
Synonyme. Wasser Stoff 'eisencyaniir , Eisenblausäure. Entdeckt von
Porrett.
Darstellung. FerroC3ranblei oder Ferrocyankupfer wird, im frisch!
niedergeschlagenen Zustande, durch Schwefelwasserstoffsäure zerlegt, die
Flüssigkeit vom gebildeten Schwefelblei abfiltrirt und im luftleeren Raume
über concentrirter Schwefelsäure abgedampft. (Berzelius.') — Oder reines
Berlinerblau wird mit dem zehnfachen Volumen concentrirter Salzsäure
zusammengestellt, und sobald die blaue Farbe verschwunden und der un-
lösliche Theil gelb oder braun geworden ist, mit concentrirter Salzsäure
wohl ausgewaschen, die feuchte Masse auf einem Ziegelstein ausgebreitet,
unter eine Glocke mit gebranntem Kalk gebracht, nachdem sie trocken ist,i
in Weingeist gelöst und diese Auflösung au der Luft verdampft. (Robiquet .)!
Eigenschaften. Weifse, undeutlich kristallinische Masse, oder kleine
körnige, zuweilen nadelförmige Kristalle, welche an der Luft sich blau
färben, die wässerige Auflösung wird beim Sieden zerlegt in Blausäure und»
einen weifsen, sich an der Luft blau färbenden Niederschlag; ihr chemisches
Verhalten ist oben erwähnt worden. Das hypothetische Radikal dieser
Säure ist (wahrscheinlich) nicht isolirbar.
Ferrocyanammonium , Ferro cyanwassersto ffsaures Ammoniak , eisen-
blausaures Ammoniak, Cfy -4- 2Na Hs -4- 3aq. Darstellung: Ferrocyan-
Ferrocyankalium.
«35
blei wird mit kohlensaurem Ammoniak erwärmt, das gebildete kohlensaure
Bleioxid abfiltrirt und die Flüssigkeit zur Kristallisation nbgedampft. Ei-
genschaften. Dieses Salz ist isomorph mit dem Ferrocyankaliuui. Die Kri-
stalle sind weifs oder gelblich weifs , durchsichtig, luftbestäudig , leichtlös-
lich io kaltem, zersetzbar in Cyonamnionium und Eisencyanür in sieden-
dem Wasser, unlöslich in Alkohol. Bildet mit Salmiak ein Doppelsalz
welches durch Kochen einer Auflösung von gleichen Theilen Feirocyan-
kalium und Salmiak in 6 Th. Wasser, nach der Trennung vom abgeschie-
denen Eisencyanür, nach dem Erkalten in grolsen citrongelbeu, spröden
und luftbesländigeu Kristallen anscliiefst ; enthält gleiche Atomgewichte
Ferrocyauammonium, Salmiak und 3 At. Wasser. (Bunsen J
Ferrocy anwasser stoffsäure und Metalloxide.
Beim Zusammenbringen der Ferrocyanwasserstoffsäure mit Metalloxi-
den wird ihr Wasserstoff von dem Sauerstoff des Oxids zu Wasser redu-
cirt, es entsteht eine Verbindung des xMetalls mit dem Radikal der Säure;
da nun 1 At. dieser Säure 4 At. Wasserstoff enthält, so folgt daraus von
selbst, dais sie 2 At. der zahlreichsten Klasse von Oxiden aufnimmt, von
denen l At. Oxid 1 At. Sauerstoff enthält ; wir nennen sie Ferrocyanure
oder Ferrocyanide.
Die Ferrocyanide werden ohne Ausnahme durch die Rothglühhitze bei
Abschi u fs der Luft zerlegt, diejenigen, welche ein Alkalimetall enthalten,
in das Cyaniir dieses Metalls und in eine Verbindung von Kohlenstoff mit
Eisen, unter Entwickelung von Stickgas; alle audern in Kohlenmetalle und
Metalle , mit oder ohne Entwickelung von Cyangas. Alle löslichen Ferro-
cyamire werden durch Kochen mit Quecksilberoxid in Quecksilbercyanid,
freies Alkali und Eisenoxidcyanür zerlegt. Bei Gegenwart der Luft calci-
nirt verwandeln sich die Ferrocyauide des Kaliums und Natriums in cyan-
saure Alkalieu und in Eisenoxidoxidul oder Kohleneisen.
Diese Verbindungen enthalten meistens eine gewisse Menge Kristall-
wasser, was sie beim Erhitzen verlieren. Ferrocyan - Zink , -Kupfer,
-Quecksilber verbinden sich mit Ammoniak zu besonderen, meistens kri-
stallinischen Doppelverbindungen. ( Bansen
Mit concentrirter Schwefelsäure zusammengebracht, lösen sich die
meisten Ferrocyanverbindungen ohne Zersetzung auf, oder sie vereinigen
sich damit, indem sie ihre Farbe verlieren, zu salzartigen Verbindungen,
in denen das Ferrocyanid die Rolle einer Basis spielt. Durch Salpetersäure
werden sie zersetzt, manche unter Entwickelung von Cyangas und Bildung
von Ferridcyanmetallen.
Werden die im Wasser löslichen Ferrocyanüre mit andern verdünnten
Säuren zum Sieden erhitzt, so wird die Ferrocyanwasserstoffsäure abge-
schieden; sie zerfällt bei dieser Temperatur in Blausäure, welche ent-
weicht, und in weifses kaliumhaltiges Eisencyanür, was an der Luft
Sauerstoff absorbirt und blau wird.
Ferrocyankalium. f Kalium ferrocyanatum .)
Formel : Cfy + 2K + 3aq.
t Aeq. Ferrocyan = 1 328,94
2 At. Kalium = 979,83
1 At. Ferrocyankalium = 2308,77
3 At. Wasser == 337,44
1 At. krist. Salz = 2646,21
ui 1^ynony™e' Kaliumeisencyan ür, Cyaneisenkali um, Eisencyankalium,
Blutlaugensalz, blausaures Eisenoxidulkali (Kali ferrohydrocyanicum).
§. 58. Darstellung. Diese Verbindung kommt sehr rein
im Handel vor und wird im Grofsen durch glühendes Schmel-
zen stickstoffhaltiger Substanzen (Horn, Klauen, getrockne-
636
Ferrocyankalium.
tem Blut) mit 2 bis 3 Theilen kohlensaurem Kali, in eisernen
Gefäfsen, Auslaugen der wohlgeflossenen und erkalteten Masse
mit kochendem Wasser, und Kristallisation dargestellt. Im
Kleinen erhält man sie durch Kochen von Berlinerblau mit
kohlensaurem Kali.
Beim Schmelzen von Kohle und stickstoffhaltigen Materien mit kohlen-
saurem Kali in der Rotbglühhitze wird das Kali durch die Kohle reducirt
zu Kalium, durch dessen Wirkung auf die übrigen stickstoffhaltigen Sub-
stanzen Cyankalium als das Hauptprodukt gebildet wird. Die glühend ge-
flossene Masse enthält keine Spur Ferrocyankalium, sie enthält aber, in
Gestalt eines schwarzen Schlamms, eine grofse Menge theils feinzertheil-
tes metallisches, theils Kohleneisen. Wird die Masse mit kaltem Wasser
ausgelaugt und die Lauge abgedampft, so erhält man kein Ferrocyanka-
lium, wird sie aber bei Zutritt der Luft mit Wasser übergossen und einige
Stunden gelind erwärmt, so wird Sauerstoff aus der Luft mit grofser
Schnelligkeit absorbirt und eine gelbe Auflösung gebildet, welche reichlich
Ferrocyankalium enthält. Eine Auflösung von reinem Cyankalium löst
nemlich bei Gegenwart von Sauerstoff und metallischem Eisen unter Bil-
dung von Kaliumoxid das metallische Eisen auf; das Kalium des Cyan-
kaliums giebt also hierbei, indem es sich in Oxid verwandelt, das mit ihm
verbundene Cyan an das Eisen ab, wodurch dieses zu Eisencyanür und
dadurch fähig wird, sich mit dem übrigen Cyankalium zu Ferrocyankalium
zu verbinden. Bei Abschlufs der Luft löst sich das metallische Eisen unter
Wasserstoffgasentwickelung auf.
Die rohe geschmolzene Masse enthält eine grofse Menge freies Kali,
welches mit Cyankalium in Auflösung beim Sieden derselben eine Zer-
setzung des letzteren in ameiseusaures Kali und Ammoniak veranlafst.
Wird die thierische Materie in offenen Gefäfsen mit Kali geschmolzen, so
verbrennt ein Theil des gebildeten Cyankaliums zu cyansaurem Kali , was ;
beim Sieden seiner Auflösung ebenfalls zerlegt wird in Ammoniak und
doppelt kohlensaures Kali. Die Menge des gebildeten Ammoniaks steht in
genauem Verhältnis zu dem Verlust an Cyankalium, den man in dieser
Operation erleidet.
Am besten ist es, die Auflösung der rohen Masse (Blutlauge) mit Zu-
satz von metallischem Eisen gelinde zu erwärmen , oder ein Drittel dem
Volum oder Gewichte nach mit schwefelsaurem Eiseuoxidul vollkommen
zu fällen, den erhaltenen Brei mit den andern zwei Drittel zu mischen
und zum Kochen zu bringen. Hierbei erhält man schwefelsaures Kali und
alles Cyankalium ist ohne Verlust in Ferrocyankalium verwandelt. Die
Lauge läfst sich ohne Zersetzung abdarapfen und durch Kristallisation kann
scliwefelsaures Kali von Ferrocyankalium leicht geschieden werden. Die'
rohe Blutlauge enthält meistens noch Schwefelcyankaliuin , Schwefelkalium,'
ameisensaures und kohlensaures Kali , welche in der Mutterlauge zurück-1
bleiben.
g. 59. Eigenschaften. Kristallisirt in grofsen, an den*
Endkanten und Ecken abgestumpften, quadratischen kurzen
Säulen, oder Tafeln, deren Rernform ein Quadratoctaeder ist,
von rein citrongelber Farbe, von 1,832 spec. Gewicht, hat ei-
nen bitterlich siifsen, hintennach salzigen Geschmack, ist luft-i
beständig, verliert bei 100° S2.82 p. c. (= 3 At.) Wasser
und wird weifs; löst sich in 4 Th. kaltem, in seinem doppelten*
Gewicht siedendem Wasser 5 unlöslich in Weingeist, durchf
den es aus seiner wäfsrigen Auflösung in glänzenden gelbli-
chen Blättchen gefällt wird. Wird durch Salpetersäure unter!
Entwickelung von Cyangas, und durch Chlor in Ferridcyan-;
kalium zersetzt. Durch Glühhitze wird es zersetzt in Kohlen-i
Ferrocyannatrium. Ferrocyanid-Eisen.
637
eisen und Cyankalium, bei Zutritt der Luft calcinirt verwan-
delt sich das Cyankalium in cyansaures Kali. Das Ferrocy^n-
kalium bildet mit andern Ferrocyaniiren Doppelverbindungen 5
es dient als Reagens auf Eisenoxid in seinen Salzen. Bei dieser
Anwendung ist zu beachten, dafs die Auflösung des Eisenoxid-
salzes nie alkalisch reagiren darf, indem alle Flüssigkeiten,
welche Eisenoxid neben freiem Ammoniak enthalten, durch
Ferrocyaneisen nicht niedergeschlagen werden.
Anwendung. Zur Darstellung der Blausäure und des Cyanquecksil-
bers , Beriinerblau’s etc. Wirkt iu grofseu Dosen genommen purgirend,
nicht giftig.
Ferrocyannatrium. Cyaneisennatrium , Natriumeisencyaniir , Cfy -4-
SNa -4- 12aq. Darstellung: Aus Berlinerblau durch Kochen mit kohlen-
saurem Natron. Eigenschaften : Kristallisirl in gelbeu , vierseitigen , mit
zwei Flächen zugespitzten Säulen, an der Luft verwitternd, enthält 59 p. c.
(12 At.) Kristall wasser, iu 4% Th. kaltem Wasser, nicht iu Weingeist
löslich.
Ferrocyanbarium , Cfy-4-Ba*. Darstellung : Durch Digestion von Ber-
linerblau mit Barytwasser. Aus der kocheudheifsen Auflösung setzt sieb
dieses Salz in kleinen rhomboidalen Prismen von gelber Farbe ab; ist in
100 Th. kochendem, in 1920 Th. kaltem Wasser löslich, verliert bei 40°
16,58 p. c., in höherer Temperatur 18 p. c. Wasser (6 At.), löst sich in
conceutrirter Schwefelsäure.
Ferrocyaneisen , Cfy, Fe* ; uubekaunt. (Siehe die Doppelverbiudungen
des Ferrocyankaliums.)
Ferrocyanblei , Cfy, Pb2. Darstellung: Durch Vermischen eines lös-
lichen Bleisalzes mit Ferrocyankalium. Eigenschaften: Weifser Nieder-
schlag, mit einem Stich ins Gelbliche; nach dem Trocknen wasserfrei.
Ferrocyanzink , Cfy, Zu*. Durch Vermischen von einer Auflösung
eines löslichen Zinksalzes mit Ferrocyan wasserstoffsäure. Weifser Nie-
derschlag.
Ferrocyankupfer , Cfy, Cu*. Darstellung : Durch Vermischen von
einem löslichen Kupferoxidsalz mit Ferrocyankalium. Eigenschaften : Schön
rothbrauner, in verdünnten Säuren unlöslicher Niederschlag, y600oo Ku-
pferoxid kann iu einer Flüssigkeit durch Ferrocyankalium durch die ent-
stehende rothbraune Farbe noch erkannt werden.
Ferrocyanquecksilber , Cfy, Hg*. Beim Vermischen einer Quecksil-
beroxid- oder Oxidulauflösung mit Ferrocyankalium entsteht ein weifser
Niederschlag, der sich von selbst, noch schneller beim Erwärmen, bei
Oxidulsalzen, unter Abscheidung von metallischem Quecksilber, in Cyan-
quecksilber, was sich auflöst, und in Eisencyaniir zersetzt, welches letz-
tere ungelöst zurückbleibt.
Silbersalze werden durch Ferro cyaukalium weifs , Zink- und Wis-
muthsalze ebenfalls weils, Nickelsalze grünlichweifs , Kobaltoxidulsalze
grünlich gefällt, durch Aufnahme von Wasser wird dieser Niederschlag
grauroth , Manganoxidulsalze geben einen weifsen Niederschlag , später
pfirsichblüthroth werdend.
Ferrocyanid-Eisen. Formel: 3 Cfy 4- 2 Fe*.
3 At. Ferrocyan = 3986,82
4 At. Eisen = 1356,84
1 At. hypoth. trocknes Berlinerblau = 5343,66
Synonyme. Berlinerblau, Pariserblau, blausaures Eisenoxidul, Eisen-
cyanürcyauid. (Coeruleuin Berolinense, Ferrum hydrocyanicum oxydo-
oxydulatum.)
638
Ferrocyanid-Eisen.
Entdeckt von Diesbäch in Berlin. — Entstellt , wenn Eisenoxidsalze
mit löslichen Ferrocyanmetallen zusammengebracht werden ; in ihrer Farbe
ähnliche, aber in der Zusammensetzung verschiedene Verbindungen, die
ebenfalls mit dem Namen Berlinerblau bezeichnet werden, erhält man
durch Fällung von Ferridcyankalium mit einem Eisenoxidulsalz, Zusatz j
von einer Säure, und Aussetzen des Niederschlags an die Luft bis er blau
geworden ist.
§. 60. Darstellung . Durch Fällung1 einer Auflösung von
Eisenchlorid oder salpetersaurem Eisenoxid mit Ferrocyan-
kalium, wobei ein Ueberschufs des letzteren zu vermeiden ist.
Oder 6 Theile Eisenvitriol und 6 Th. Ferrocyankaüum werden ;
jedes für sich in 15 Th. Wasser gelöst und miteinander ge-
mischt, sodann unter beständiger Bewegung 1 Th. concentrirte
Schwefelsäure und 24 Th. rauchende Salzsäure zugesetzt.
Nach einigen Stunden giefst man nun zu dieser Mischung in
kleinen Portionen eine klare Auflösung von 1 Th. Bleichkalk
(unterchlorigsauren Kalk mit Chlorcalcium) in 80 Th. Wasser.
Man hat zu beachten, dafs der Zusatz von Bleichkalklösung augenblicklich
unterbrochen werden mufs, sobald sich unter Aufbrausen Chlorgas entwickelt.
Nach einigen Stunden Ruhe wird der erhaltene Niederschlag
vollkommen ausgewaschen f Hochsläller J und entweder in
gewöhnlicher oder in höherer Temperatur getrocknet. Oder
man erhitzt den erhaltenen Niederschlag mit verdünnter Sal-
petersäure, bis dafs er tief dunkelblau geworden ist. Giebt das
schönste Produkt.
§.61. Eigenschaften . Bei gewöhnlicher Temperatur ge-
trocknet ist das Berlinerblau eine dunkel sammtblaue, leichte,
poröse, bei hoher Temperatur getrocknet hingegen eine dunkel
kupferrothe , im Strich blaue Masse, geschmacklos, unlöslich
in Wasser und verdünnten Säuren, nicht giftig. Die im Handel
vorkommende Malerfarbe enthält wechselnde Mengen zugesetzter Erden.
Beim Erhitzen in verschlossenen Gefäfsen entwickelt es Wasser, blau-
saures und kohlensaures Ammoniak, es bleibt Kohleneisen; an der Luft
läfst es sich mit einem glühenden Körper entzünden und verglimmt zu Ei-
senoxid; durch rauchende Salpetersäure wird es zersetzt, concentrirte
Schwefelsäure verbindet sich damit zu einer weifsen kleisterartigen Masse.
Concentrirte Salzsäure entzieht ihm Eisenoxid und hinterläfst Ferrocyan-
wasserstoffsäure ; wird durch Schwefelwasserstoffsäure weifs , an der Luft
wieder blau, ähnlich wirken darauf metallisches Eisen und Zink. Durch
Quecksilberoxid wird es zerlegt in Cyanquecksilber und in ein unlösliches
Gemenge von Eisenoxid mit Eisencyanür; durch Alkalien in lösliche Ferro-
cyanmetalle und in Eisenoxid.
In Beziehung auf die Zusammensetzung dieser Verbindung weifs man
mit Gewifsheit , dafs sie von den übrigen Ferrocyanverbindungen verschie-
den ist. Es enthält Wasserstoff und Sauerstoff, die sich ohne Zersetzung
der Verbindung nicht abscheiden lassen, so dafs man es mithin als eine
Verbindung von Ferrocyanwasserstoffsäure mit Eisenoxid, die sich ohne
Reduction mit einander vereinigt haben, betrachten mufs. Nach den Ver-
suchen von Berzelius verhält sich das Gewicht des Eisens in der Ferro-
cyanwasserstoffsäure zu dem des Oxiduls wie 3:4, woraus hervorgellt,,
dafs sich bei seiner Bildung 3 At. Ferrocyankaüum mit 2 At. Eisenoxid
zerlegt haben in 6 At. eines Kalisalzes und in Berlinerblau.
3 Cfy + 6K
2F2 -4-6 0
( 3 Cfy -4- 2 Fa) -H 6 KO
Ferrocyankaliumeisen.
639
Durch Einwirkung des Sonnenlichtes wird das Berlinerblau unter Cyan-
entwickelung weifs, im Dunkeln durch Sauerstoffaufnahme wieder blau
[Chevreul). Die Farbenänderung im Lichte von Zeugen , die mit Berliner-
blau gefärbt sind, beruht auf dieser eigenthtimlicken Zersetzung; bei dem
Wiederblauwerden des weifs gewordenen Berlinerblau’s entsteht soge-
nanntes basisches Berlinerblau.
Ferrocyanüre mit zwei basischen Metallen.
Wenn man concentrirte Auflösungen von Baryt-, Strontian-, Kalk-,
Bittererde-, Eiseuoxidul-, Mangauoxidul-, Kupferoxid-Salzen etc. in eine
Auflösung von Ferrocyankalium giefst, so entstehen weifse häufige, mei-
stens kristallinische Niederschläge , welche Verbindungen sind, in denen
1 At. Kalium ersetzt ist durch 1 At. eines andern Metalls. Chlorcalcium
giebt mit Ferrocyankalium z. B. Chlorkalium und Ferrocyankalium-Calciuin
Cl2, Ca -4- Cfy -t- 2K zzz Cl2 K -+- Cfy -4- K , Ca.
Die Doppelcyauiire, welche Alkalimetalle enthalten, sind meistens,
wiewohl schwer, löslich im Wasser, sie enthalten eine gewisse Menge
Kristall wasser ; wenn sie getrocknet einer höheren Temperatur ausgesetzt
werden, so verglimmen sie mit einer lebhaften Feuererscheinung, es bildet
sich hierbei cyansaurcs Kali. [Campbell.')
Ferrocyankaliumeisen , 2Cfy -4- 3pej Diese Verbindung erhält mau
in Gestalt eines bläulich weifsen Niederschlags, wenn eine Eisenoxidul-
auflösung in eine Lösung von Ferrocyankalium gegossen wird. Durch Be-
handlung mit Chlor oder Salpetersäure werden von 3 At. dieser Verbindung
3 At. Kalium und 1 At. Eisen hinweggenommen oder oxidirt, es bleibt
Berlinerblau. Der Niederschlag wird an der Luft unter Absorbtion von
Sauerstoff blau. Beim Auswaschen löst sich Ferrocyankalium auf, und
wenn alle lösliche Salze entfernt sind, so bleibt die folgende Verbindung.
Basisches Ferrocyanid des Eisens. Bei fortgesetztem Waschen der blau
gewordenen vorhergehenden Verbindung löst sie sich vollständig im Wasser,
ohne Eisenoxid zurückzulassen , zu einer scliöu dunkelblauen Flüssigkeit
auf, welche ohne Zersetzung wieder eingetrocknet w'erden kann. Zusatz
von Salzen bewirkt eine Trennung der aufgelösten Verbindung, der Nie-
derschlag ist in reinem Wasser wieder löslich , die wässerige Lösung wTird
durch Weingeist nicht gefällt. Zwei Atome Ferrocyankaliumeisen enthal-
ten 1 At. Ferrocyankalium und 3 At. Ferrocyaneisen 3Cfy -4- b*Fe. Von
den 6 Atomen Eisen verwandeln sich 2 At. durch Aufnahme von 3 At.
Sauerstoff in Oxid. Das Ferrocyankalium löst sich auf, so dafs mithin die
blau gewordene lösliche Verbindung durch die Formel 3Cfy -4-
ausgedrückt wrerden mufs, was einer Verbindung von 1 At. Berlinerblau
mit 1 At. Eisenoxid entspricht. Bei Gegenwart einer starken Säure wird
die Bildung dieses löslichen Salzes verhindert, das Eisenoxid verbindet
sich damit, es bleibt Berlinerblau.
Ferrocyankalium- Ferrocyanideisen Der blaue Niederschlag, wel-
cher durch Fällung eines Eisenoxidsalzes mit Ferrocyankalium entsteht,
enthält stets, wrenn das Eisensalz im Ueberschufs vorhanden ist, wech-
selnde Mengen von Ferrocyankalium, welches letztere durch anhaltendes
Waschen mit Wasser nach und nach, aber schwierig ganz vollständig
entfernt werden kann, was den nie fehlenden Käliumgehalt in dem käuf-
lichen Berlinerblau erklärt; er wechselt von 2 bis 9 p. c. Ist bei dieser
Fällung nicht das Eisenoxidsalz, sondern das Ferrocyankalium im Ueber-
schufs, so ist der Niederschlag ebenfalls blau und ein Gemenge von Ber-
linerblau mit einer Verbindung von gleichen Atomgewichten Berlinerblau
mit Ferrocyankalium 2Cfy -h die letztere löst sich beim Waschen
zu einer tief blauen Flüssigkeit auf, welche ebenfalls ohne Zersetzung
abgedampft und in Gestalt einer dunkelblauen glänzenden Masse erhalten
640
Ferridcyan.
werden kann. Durch Zusatz von Salzen , zu ihrer Auflösung im Wasser,
wird sie gefällt, ohne hierdurch ihre Auflöslichkeit in reinem Wasser zu
verlieren; durch ihre Fällbarkeit mittelst Alkohol unterscheidet sie sich von
dem löslichen basischen Berlinerblau.
F er r ocy ank alium- Ferro cy anzink,
Formel: 2Cfy + ^ns| -f 6aq.
Synonyme . Zinkeisencyauür, blausaures Eisenoxidulzinkoxid. (Zincum
ferrohydrocyanicum.)
Mosander zeigte zuerst, dafs der Niederschlag, den man aus Zink-
oxidsalzen mit Ferrocyankalium erhält, nicht reines Ferrocyanzink, son-
dern eine Doppelverbindung desselben mit Ferrocyankalium ist.
§. 62. Darstellung . Die Auflösung eines eisenfreien Zink-
oxidsalzes wird mit einer Lösung von Ferrocyankalium nieder-
geschlagen, der Niederschlag ausgewaschen und getrocknet
§. 63. Eigenschaften . Weifses, geschmackloses, in
verdünnten Säuren unlösliches Pulver; enthält i At. Ferro-
cyankalium, 3 Atome Ferrocyanzink und 12 Atome Wasser.
Eine bläuliche Farbe zeigt eine Beimischung von Berlinerblau an. —
Wird als Arzneimittel angewendet.
Ferridcyan . Formel : 2 Cf y.
Durch Behandlung einer Auflösung von Ferrocyankalium mit Chlor wird
aus dieser Kaliumverbindung eine neue gebildet, deren Radikal doppelt so
viel Cyan und Eisen enthält als das Ferrocyan. Wir nennen es Ferrid-
cyani; es verbindet sich mit 3 Aeq. (6 At. ) Wasserstoff zu einer drei-
basischen Säure. Alle Verbindungen des Ferridcyans sind entdeckt und
analysirt von L. Gmelin.
Ferridcyanwasser Stoff säure. Formel: 2Cfy -f 6H.
1 Aeq. Ferridcyan =r 2657,88
8 Aeq. Wasserstoff = 37,43
1 Aeq. FerridcyanwasserstofFsäure = 2695,31
Darstellung. Ferridcyanblei wird feucht vermittelst Schwefelwasser-
stoffsäure oder vorsichtig zugesetzter verdünnter Schwefelsäure zersetzt;
nach der Filtration hat man eine hellgelbe Flüssigkeit, welche bei behut-
samem Abdampfen bräunliche Kristalle von säuerlich herbem Geschmack
absetzt; in der Wärme abgedampft bleibt ein dunkelbraunes Pulver unge-
löst, die Auflösung zersetzt sich leicht nach einiger Zeit, schneller in der
Wärme; es scheidet sich hierbei ein blaues kristallinisches Pulver ab.
Fervidcyanwasserstoffsäure und Metalloxide.
Die FerridcyanwasserstofFsäure vereinigt sich mit Metalloxiden zu
Ferridcyanmetallen, von denen die Verbindungen mit den Metallen der
Alkalien und alkalischen Erden, sowie die dem Eisenoxid entsprechende
Verbindung im Wasser löslich sind; die übrigen sind im Wasser nicht lös-
lich; ^ie letzteren werden dargestellt durch gegenseitige Zersetzung eines
löslichen Ferridcyanmetalls mit den entsprechenden Metallsalzen.
Ferridcyaneisen.
641
Ferridcyankalium. Formel: 2Cfy -f 3K.
1 Aeq. Ferridcyan = 2657,88
3 At. Kalium = 1469,76
1 Ät. Ferridcyankalium = 4127,64
Entdeckt von L. Gmelin. Durch eine Auflösung von Ferrocyankalium
leitet man so lange Chlorgas, bis die Flüssigkeit Eisenoxidsalze nicht mehr
blau fällt; man dampft ab und reinigt die durch Abkühlen erhaltenen Kri-
stalle durch neue Kristallisationen vom beigemischten Chlorkalium.
Erklärung. 2 At. Ferrocyankalium 2Cfy -f- 4K zerlegen sich mit
1 Aeq. Chlor in 1 Aeq. Ferridcyankalium 2Cfy + 3K und in Chlorkalium
Cl„ K.
Eigenschaften. Morgenrothe, durchsichtige, glänzende, wasserfreie,
gerade rhombische, luftbeständige Säulen, in 3,8 kaltem, leichter in heis-
sem Wasser löslich; die Kristalle verbrennen in einer Lichtflamme mit leb-
haftem Fuukensprühen ; bei Aussehlufs der Luft erhitzt entweicht Cyan und
Stickgas, es bleibt KoblenstofFeisen und Ferrocyankalium. Die wässerige
Auflösung wird durch Chlor und Schwefelwasserstoffsäure zersetzt, bei
letzterer unter Fällung von Schwefel und Eisencyanür und Bildung von
Ferrocyankalium und Blausäure; sie ist eins der empfindlichsten Reagen-
tien auf Eiseuoxidul, mit welchem sie einen dem Berlinerblau ähnlichen
Niederschlag bildet; Eiseuoxidsalze werden davon nicht gefällt.
Ferridcyaneisen. Formel: 2Cfy, 3 Fe.
1 Aeq. Ferridcyan = 2657,88
3 At. Eisen = 1017,63
1 At. Ferridcyaneisen = 3675,51
Diese Verbindung kommt ebenfalls im Handel als Berlinerblau vor, sie
ist aber etwas heller von Farbe, und unterscheidet sich vorzüglich durch
ihre Zusammensetzung von dem gewöhnlichen Berlinerblau. Man erhält
diese Verbindung durch Fällung einer Auflösung von schwefelsaurem Ei-
senoxidul mit Ferridcyankalium , oder mit einer Mischung von Ferrocyan-
kalium mit unterchlorigsaurem Natron, welcher man eine gewisse Quanti-
tät Salzsäure zugesetzt hat. In dieser Sorte von Berlioerblau sind die drei
Atome Kalium des Ferridcyankaliums vertreten durch 3 At. Eisen. Bei
gleichem Cyangehalt verhält sich das Eisen in dem Ferridcyaneisen zu dem
in dem gewöhnlichen Berlinerblau wie 14 : 15 , was durch nachstehende
Formeln anschaulich ist:
6Cfy -h SFe gewöhnliches Berlinerblau
6Cfy -4- 9 Fe Berlinerblau aus dem Ferridcyankalium.
Das unter dem Namen TnrnbulVs Blau im Handel vorkommeode, aus-
gezeichnet schöne, Berlinerblau ist Ferridcyaneisen; es wird leicht durch
sein Verhalten gegen Ferrocj ankalium erkannt, mit dem es sich beim Ko-
chen zerlegt in Ferridcyankalium, was sich auflöst, und in einen grauen un-
löslichen Rückstand von Ferrocyaneisen mit Ferrocyankalium. fCampbell.J
Kobaltcyanverbindungen.
Von L. Gmelin entdeckt. Die dem Kobaltoxid, Co,Oä, proportionale
Cyanverbindung ist bis jetzt nicht dargestellt worden; mit 3 Aeq. Blau-
säure vereinigt bildet sie die Kobaltcyauidwasserstoffsäure , analog in ihrer
Zusammensetzung der Ferridcyanwasserstoffsäure. Diese Säure besteht im
wasserfreien Zustande aus 12 At. = 6 Aeq. Cyan, 2 At. Kobalt und 6
At. Wasserstoff, sie ist eine dreibasische Säure. Wir bezeichnen 1 At.
ihres Radikals mit 2CKy; seine Verbindungen sind folgende :
642
Kobaitcyanidwansersto ff säure.
SCKy — Cy12Co2 = Radikal.
2 C Ky -4- 6 H Kobaltcyanid wasserstoffsäure.
2CKy -4- 3 K Kobaltcyanid-Kalium.
SCKy -4- 3 Pb Kobaltcyanid-Blei.
2 C Ky ~h 3 Ag Kobaltcyanid-Silber.
Kobaltcyanidwasser Stoff säure.
Formel: Cyl2Co2H6 = 2CKy + 6H. Darstellung : Man zersetzt
Kobaltcyanidblei durch Schwefelwasserstoffsäure , filtrirt die klare Flüssig-
keit vom Scbwefelblei ab und dampft bis zur Kristallisation ein. Eigen-
schaften: Farblose fasrige Kristalle , von stark saurem Geschmack, zer-
fliefslich in feuchter Luft, sehr löslich im Wasser, die Auflösung zerlegt
die kohlensauren Salze unter Aufbrausen, sie kann ohne Veränderung zum
Sieden erhitzt und abgedampft werden ; die Kristalle verlieren in höherer
Temperatur Wasser, sodann Blausäure; es bleibt ein blauer Rückstand,
der beim Glühen zu Oxid verglimmt. fZwenger .)
Kobaltcyanidkalium.
Formel: Cy12Co2 -4- 3K = 2CKy-+-3K. Von L. Gmelin entdeckt.
Darstellung : Kohlensaures oder reines Kobaltoxidul (Co -4-0) oder Kobalt-
cyanür wird mit Kalilauge, die man mit einem üeberschufs von Blausäure
versetzt hat, gelinde bis zur vollständigen Auflösung erwärmt, die Auf-
lösung zur Kristallisation eingedampft und die gebildeten rothgelben Kri-
stalle durch neue Kristallisationen gereinigt. Eigenschaften: Kristallisirt
in beinahe farblosen oder schwach gelblichen , geschobenen 4seitigen Säu-
len von der Form des Ferridcyankaliums ; sie sind wasserfrei, schmelzbar
zu einer grünen Flüssigkeit. Löst sich in heifsem Wasser leichter wie in
kaltem; die Auflösung ist farblos, ohne Wirkung auf die Pflanzenfarben ,
unzersetzbar durch Salzsäure, Salpetersäure, Schwefelsäure, sie fällt
nicht die Eisenoxidsalze und giebt mit Kobaltoxidulsalzen einen rosenrothen
Niederschlag.
Kobaltcyanidblei .
Durch Fällung von Kobaltcyanidkaliuin mit neutralem essigsaurem Kali
entsteht ein unbedeutender weifser Niederschlag. Bei Zusatz von Ammo-
niak erfolgt vollständige Fällung. Weifser pulveriger Niederschlag.
Kobaltcyani dsilber.
Darstellung : Durch Vermischen von salpetersaurem Silberoxid mit Ko-
baltcyanidkalium. Eigenschaften: Weifser kristallinischer Niederschlag,
löslich in Ammoniak, in der Wärme damit eine in farblosen durchsichtigen
Säulen kristallisirende Doppelverbindung bildend.
Constitution der Ferrocyanvcrbindungen nach Berzelius .
Nach Berzelius bilden die Cyanide Doppelverbindungen untereinan-
der, ähnlich den Doppelsalzen, die durch Sauerstoffsäuren gebildet wer-
den; in diesen Verbindungen ist 1 Atom Eisencyaniir vereinigt mit 2 At.
einer andern Cyanverbindung, in der Art also, dafs wenn man sich die
Metalle darin mit Sauerstoff verbunden denkt, dals der Sauerstoff des Ei-
senoxiduls halb so viel beträgt, als der des andern Metalloxids. Hiernach ist:
Eisencyanür Cy2 Fe
Ferrocyanwasserstoffsäure Cy2 Fe -h Cy4 ff4 Wasserstoffeisencyanür.
Ferrocyankalium Cy2 Fe Cy4 K2 Kaliumeisencyanür.
Ferrocyankaliumcalcium Cy2 Fe , Cy4 K2 -t- Cy2Fe , Cy4 Coa
3Cy6Fe2 -+- 3FeC y2
Berlinerblau
Basisches Berlinerblau
Auflösliches Berlinerblau
2 Cy6 Fe* , 3 Fe Cy2 -4- Fe2 O3
SKCyft, FeCy. -+- 3Cy6Fe2, 3FeCy2
Cyanchlorid.
643
Ferridcyan - und Kobaltcyanid -Verbindungen nach Berzelius.
Diese Verbindungen sind nach Berzelius Doppelcyanide , worin 1 At.
Eisencyanid , oder Kobaltcyanid in seiner Zusammensetzung proportional
mit dem Eisenoxid und Kobaltoxid , vereinigt ist mit 3 Atomen eines an-
dern Cyanürs. Hiernach ist:
Ferridcyanwasserstoffsäure Fe2Cy6 -f- Cy6H6 Wasserstoffeisencyanid.
Ferridcyankaliuin Fe2 Cy6 -f- Cy6 K5 Kaliumeiscncy'anid.
Ferridcyan eisen Fe2Cy6 -f- Cy6 Fe, Eisencyanidcyanür. Ber-
Constitution der Ferrocyanverbindungen nach Graham.
Die Ferrocyanverbindungen enthalten eine eigentümliche Säure , de-
ren Atomgewicht das Dreifache beträgt von dem der Cyanwasserstoffsäure;
sie enthält 6 At. Cyan, welche ein Radikal, Prussine , bilden in Verbin-
dung mit 6 At. Wasserstoff; diese Säure ist hiernach die der Cyanursäure
correspondirende dreibasische Wasserstoffverbindung; bei ihrer Verbindung
mit Metalloxiden werden die 6 At. Wasserstoff vertreten durch ihre Aequi-
valente von Metallen.
Prussin Pr rrr Cy6
Prussinwasserstoffsäure = Pr 6H
toffsäure.
Diese Ansicht über die Constitution der Ferrocyanverbindungen würde den
Vorzug vor jeder andern haben, wenn sie erklären würde, woher es
kommt, dafs das Eisen in dem Ferrocyankalium z. I). nicht ersetzbar ist
durch audere Metalle , was der Fall seyn müfste, wenn es als basisches
Element darin vorhanden wäre; auf dem gegenwärtigen Standpunkt unserer
Kenntnisse über die Doppelsalze scheint sie nichtsdestoweniger zulässiger
zu seyn, als die Ansicht von Berzelius.
Man kennt zwei Verbindungen des Cyans mit Chlor, von gleicher
procentischer Zusammensetzung; die eine ist bei gewöhnlicher Temperatur
gasförmig und von Gay-Lussac , die andere ist fest und kristallinisch und
von Serullas entdeckt worden.
Gasförmiges Cyanchlorid. Entsteht, wenn Chlorgas in wässerige Blau-
säure geleitet oder wenn Chlorgas mit befeuchtetem Quecksilbercyanid im
Dunkeln zusammengebracht wird, oder wenn man Mellon in trockuem
Chlorgas erhitzt. Diese Verbindung ist bei gewöhnlicher Temperatur gas-
förmig, von unerträglich durchdringendem Geruch, reizt die Augen heftig
zu Thränen , wird bei — 18° C. fest und in langen eisartigen Nadeln kri-
*) Wenn es sich auch nicht bestätigen sollte, dafs die angenommene, von
Berzelius abweichende Ansicht der wahren Constitution dieser Salze ent-
spricht, so wird eine Vereinfachung dieser Formeln nichtsdestoweniger als
eine Aenderung betrachtet werden können, welche für das Verstehen, und
namentlich für den Vortrag, einigen Nutzen gewährt.
linerblau *)•
Kobaltcyan wasserstoffsäure Co2Cy6 -f- Cy6H6
Kobaltcyanidkalium Co2Cy6 -f- Cy6K3
Cyanchlorid.
644
Cy ankromid. Cyaniodid.
stallisirbar, die bei — 15° schmelzen und bei — 13° sieden, bei -+-30°
bleibt es bei einem Druck von 4 Atmosphären flüssig. Wird diese Flüssig-
keit sich selbst in zugeschmolzenen Röhren überlassen, so setzen sich ihre
Bestandtheile zu festem kristallinischem Chlorcyan um, und es bilden sich
darin regelmäfsige Kristalle der folgenden Verbindung (Person) : l Vol.
Wasser löst 35 Vol. dieses Gases ohne Veränderung, Alkohol sein 100- und
Aether sein 50faches Vol. Von alkalischen Metalloxiden wird es zerlegt, Ei-
senoxidulsafze werden davon dunkelgrün gefärbt, wenn man der Mischung
ein Alkali zusetzt. Setzt man befeuchtetes Cyanquecksilber mit Chlorgas
dem Sonnenlicht aus, so entsteht ein gelbes, schweres, ölartiges Liqui-
dum, unlöslich im Wasser, von dem Geruch des gasförmigen Chlorcyans;
derselbe Körper scheint durch die Einwirkung des Chlors auf knallsaures
Silberoxid zu entstehen. Löst man ihn in Alkohol und vermischt die Auf-
lösung mit Wasser, so schlägt sich eine kampherartige kristallinische Ma-
terie nieder. Durch Aussetzen eines Gemenges von feuchtem Chlorgas und
Chlorcyangas an das Sonnenlicht, scheinen noch zwei feste Verbindun-
gen zu entstehen. (Serullas.) Die wahrscheinliche Formel dieser Verbin-
dung ist Cy2Cla.
Festes Chlorcyan, entdeckt von Serullas. Es entsteht, wenn trocknes
Chlorgas mit wasserfreier Cyanwasserstoffsäure zusanunengebrackt und
dem Sonnenlicht ausgesetzt wird; es bildet sich Chlorwasserstoffsäure und
festes Chlorcyan, was sich in Kristallen ansetzt; man kann es ebenfalls
erhalten, wenn Schwefelcyankalium in einem Strome trocknen Chlorgas
erhitzt wird. Irn reinen Zustande ist es weifs, sublimirbar in langen durch-
scheinenden Nadeln, von durchdringendem, den Excrementen der Mäuse
ähnlichen Geruch, von scharfem, stechendem Geschmack, von 1,33 spec.
Gew., schmilzt bei 140°, sublimirbar bei 190°. Bei Digestion mit Wasser
in gelinder Wärme zerlegt es sich in Cyranursäure und Salzsäure, von die-
ser Zersetzung ausgehend mufs seine Zusammensetzung durch die Formel
Cy6 Cl6 ausgedrückt werden; es ist löslich in absolutem Alkohol und
Aether ohne Zersetzung.
Mit trocknem Ammoniakgas zusammengebracht verbinden sich beide
zu einem vom Wasser nicht weiter zersetzbaren weifsen Körper, unter
Bildung von Salmiak; seine Zusammensetzung ist nur unvollkommen be-
kannt.
Cyanbromid.
Bromcyan , Cy2 ßr2. Diese Verbindung erhält man leicht und unter
heftiger Wärmeentwickelung, wenn 3 Th. Quecksilbercyanid mit 1 Th.
Brom in einem Destillirapparate zusammengebracht werden. Bei gelinder
Wärme geht, sobald die erste heftige Einwirkung vorüber ist, das Cyan-
bromid aber und füllt den Hals der Retorte in Gestalt von weifsen, farb-
losen, würfelförmigen Kristallen an, welche äusserst flüchtig, schon bei
15° gasförmig, im Wasser und Alkohol leicht löslich sind. Das Cyranbromid
besitzt einen sehr heftigen, äusserst reizenden Geruch und ist giftig.
Cyaniodid.
lodcyan , Cy2 Ia. Entsteht beim trocknen Erhitzen von Cyanquecksil-
ber oder -Silber mit lod (Wähler); am bequemsten erhitzt man in einem
Destillirapparate ein Gemenge von lod , Cyranquecksilber und Wasser
C Mitscherlich ), wo bei gelinder Einwirkung das Cyaniodid sich im Retor-
tenhals in Gestalt eines weifsen kristallinischen Schnees oder langen Na-
deln sublimirt; die Kristalle besitzen einen durchdringenden, die Augen zu
Thränen reizenden Geruch, ist im Weingeist, Aether und Wasser ohne
Zersetzung löslich, bei 45° vollkommen flüchtig.
Schwefelcyan. Schwefelcyanwasserstoffsäure.
645
Cyansulfid. Formel : Cy2 S2.
1 Aeq. Cyan = 329,91
2 At. Schwefel — 402,33
1 Aeq. Schwefelcyan irr 732/24
Synonyme : Schwefelcyan. Zuerst dargestellt von J. L. — Diese
Verbindung wird erhalten beim Sättigen einer concentrirteu Auflösung eines
Schwefelcyanmetalls mit Chlor, oder durch Erhiizen derselben mit Salpe-
tersäure; sie schlägt sich in Gestalt eines hochgelben, nicht kristallinischen,
Pulvers nieder, welches trocken seine Farbe behält, leicht, locker und
stark abfärbend wird; es ist weder in Wasser, noch in Weingeist oder
Aether löslich, wird in der Wärme von concentrirter Schwefelsäure auf-
gelöst und daraus durch Wasser wieder gefällt; von Salpetersäure wird
es zersetzt; verbindet sich mit Kalium in der Wärme unter Zersetzung
und Bildung von Schwefelkalium, Cyankalium und Schwefelcyankalium;
erleidet eine noch wenig studirte Zersetzung durch Alkalien uud lösliche
Schwefelmetalle, löst sich leicht und vollständig in Schwefelwasserstoff-
Schwefelkalium unter Entwickelung von Schwefelwasserstoff; aus dieser
Auflösung fällen Säuren einen neuen Körper in Gestalt eines weifsen oder
gelblichweifsen Niederschlags. Seine Zersetzung durch den Einflufs der
Wärme ist besonders merkwürdig; als Produkt der trocknen Destillation
dieses Körpers erhält man Schwefelkohlenstoff, Schwefel und im Rück-
stände Mellon , was bei höherer Temperatur in Stickgas und Cyangas zer-
fällt. Von 4 At. Schwefelcyan erhält man 2 At. Schwefelkohlenstoff und
4 At. Schwefel, es bleibt 1 At. Mellon C6 N8. (Siehe Zersetzungspro-
dukte des Schwefelcyans.)
Lassaiyne beschrieb in den Annales de cliimie T. XXXIX, als eine neue
Verbindung von Cyan mit Schwefel, eiuen Körper, den er durch Einwir-
kung von Schwefelchlorid (Chlorschwefel im Maximo) auf Cyanquecksil-
ber, in Gestalt von glänzenden, farblosen, das Licht stark brechenden
Kristallen, von starkem, durchdringendem, die Augen zu Thränen reizen-
den Geruch, erhalten hatte. Dieser Körper enthielt Chlor, dessen Quan-
tität nicht bestimmt wurde, ferner Schwefel 24 p. c. und Cyan, löste sich
im Wasser unter Zersetzung auf; diese Auflösung färbte Eisenoxidsalze
roth. Es ist wahrscheinlich, dafs dieser, für eine Verbindung von Cyan
(4 At.) mit Schwefel (1 At. ) gehaltene, Körper nichts weiter als eine
Doppelverbindung von Cyanchlorid mit Schwefelchlorid ist.
Schwefelcyanwasserstoffsäure . Formel: 2CyS + H2.
1 Aeq. Schwefelcyan :zz 782,24
1 Aeq. Wasserstoff — 1 2,48
1 Aeq. Schwefelcyanwasserstoffsäure = 744,72
Synon.: Cyansulfidwasserstoff, Schwefelblausäure. — Entdeckt von
Rink. Findet sich in den Saamen und Blüthen der Cruciferen , im Spei-
chel der Menschen und Schafe.
Darstellung. Schwefelcyanblei, basisches, wird mit verdünnter Schwe-
felsäure zerlegt, mit der Vorsicht, dafs die Flüssigkeit einen Bleigehalt
behält, den man durch Einleiten von Schwefel ^ asserstoffsäure entfernt,
oder man vertheilt Schwefelcyansilber in dem lOfachen Volum Wasser
und zersetzt es durch Schwefelwasserstoff.
Eigenschaften. Rein sauer schmeckende , farblose Flüssigkeit , welche
sich beim Zutritt der Luft und beim Erwärmen ( Destilliren ) sehr leicht
zersetzt in mannigfaltige Produkte, worunter eins sich als ein citrongel-
bes , im Wasser unlösliches, Pulver in der Säure absetzt. Kann nicht
ohue Wasser bestehen. Beim Zusammenbringen mit Chlor und Salpeter-
säure wird aus der wässerigen Säure, durch Entziehung vou Wasserstoff,
Schwefelcyan niedergeschlagen, bei weiterer Einwirkung entsteht Cyan-
säure uud Schwefelsäure, welche erstere in kohlensaures Ammouiak zer-
fällt ; färbt Eisenoxidsalze blutroth ; ist nicht giftig.
646
Schwefelcyankalium.
Schwefelcyanwasserstoffsäure und Ammoniak.
Schwefelcyan- Ammonium, Schwefelblausaures Ammoniak, 2CyS
-4- N2 H8.
Darstellung. Durch Sättigen der Säure mit Ammoniak und gelindes
Verdampfen erhält man eine zerflieTsliche Salzmasse , welche in höherer
Temperatur eine eigenthüinliche Zersetzung erfährt. Anfänglich entwickelt
sich Ammoniakgas , sodann destillirt Schwefelkohlenstoff über und es sub-
limirt einfach Schwefelammonium. Der Rückstand besteht, wenn die Wärme
nicht zu weit getrieben wurde, aus Melam , oder aus einem Gemenge von
Melam mit Mellon. Schwefelcyanammonium entsteht ebenfalls beim Zu-
sammenbringen von Schwefelkohlenstoff mit Weingeist, der mit Ammoniak
gesättigt ist.
Schwefelcyanwasser Stoff säure und Metalloxide .
Schwefelcyanmetalle.
Synonyme: Sulfocyanüre, Sulfocyanide.
Die Schwefelcyanwasserstoffsäure mufs als eine dem Hydrat der Cyan-
säure proportionale Verbindung betrachtet werden, in welcher der Sauer-
stoff der letzteren ersetzt ist durch seine Aequivalente von Schwefel. Als
Wasserstoffsäure würde die Foimei des Cyansäurehydrats seyn
Cy202 -4- h2. Demgemäfs ist die Schwefelcyanwasserstoffsäure
Cy2 S* -+- H2.
Bei ihrem Zusammenbringen mit den Metalloxiden wird ihr Wasserstoff
ersetzt durch 1 Aeq. Metall.
Die löslichen Schwefelcyanmetalle entstehen entweder direkt beim
Zusammenbringen der Säure mit dem Metalloxid, oder wenn eine höhere
Sch*vefelungsstufe eines Alkahmetalls in Cyaugas geglüht oder in Auflö-
sung damit zusammengebracht wird, oder beim Erhitzen oder Schmelzen
löslicher Cyanmetalle mit Schwefel, oder der unlöslichen Cyanmetalle mit
löslichen Schw^efelalkalimetallen.
Die löslichen Schwefelcyanmetalle färben Eisenoxidsalze blutroth;
in wasserfreiem Chlorwasserstoffsäuregas erhitzt, werden sie zerlegt in
Chlormetalle und in wasserfreie Schwrefelcyanwasserstoffsäure , die sich
augenblicklich in andere Produkte zersetzt. Die Scliwefelcyanveirbindun-
gen der Alkalimetalle vertragen trooken eine hohe Temperatur, ohne zer-
legt zu werden ; bei Gegenwart von Sauerstoff verwandeln sie sich , unter
Entwickelung von schwefliger Säure, in cyan- und schwefelsaure Salze.
Die Sulfocyanide der schweren Metalle zerlegen sich beim Glühen in Ge-
menge von Schwefelmetallen mit Melam, es entweicht bei den meisten
Schwefelkohlenstoff und Schwefel , bei höherer Temperatur entwickelt der
Rückstand Cyangas und Stickgas im Verhältnifs wie 3:1. In Chlorgäs
geglüht entstehen Chlormetalle, Mellon, Chlorschwefel, Chlorcyan; es
sublimirt ein kleiner Theil Schwrefelcyan unverändert; sie sind mehrentheils
in Weingeist löslich. — Die Oxidulsalze des Quecksilbers werden durch
lösliche Schw^efelcyanmetalle in Metall, was sich abscheidet, und in lös-
liches Quecksilbersulfocyanid zerlegt. — Alle löslichen Schwefelcyan-
metalle bilden mit Quecksilbercyanid leicht kristallisirbare Doppelverbin-
dungen.
Schwefelcyankalium . Formel: 2CyS + K.
1 Aeq. Schwefelcyan = 732,24
1 At. Kalium = 489,92
1 At. Schwefelcyankalium = 1222,16
Synonyme : Kaliumsulfocyanid , schwefelblausaures Kali.
Schwefelcyanblei. Cyan und Ammoniak.
647
Darstellung. Ferrocyankaliuui wird zur Entfernung alles Kristall-
wassers schwach geröstet, sodann aufs feinste gepulvert, mit der Hälfte
seines Gewichts Schwefelblumen gut gemengt und in einem eisernen Ge-
fäfse bei schwacher Rothglühhitze zusammengeschmolzen, bis man Blasen
durch die schmelzende Masse entweichen sieht, die sich an der Luft mit
rothem Lichte entzünden. Die erkaltete Masse löst man in kochenden»
Wasser auf, setzt so lange eine Auflösung von kohlensaurem Kali zu, als
die Flüssigkeit noch getrübt wird , hält die ganze Mischung eine Viertel-
stunde im Sieden , filtrirt nun von dem Eisenniederschlage ab und dampft
zur Kristallisation ein. Durch Auflösung in heifsein Alkohol befreit man
die Kristalle von beigemischtem kohlensaurem Alkali.
Eigenschaften. Lauge, gestreifte, farblose, wasserfreie Säulen von
kühlendem, etwas beifsendem Geschmack; schmilzt lange vor dem Glühen
zu einer klaren Flüssigkeit, zerfliefgt in feuchter Luft, in heifsem Wein-
geist leicht löslich und daraus kristallisirend beim Erkalten.
Schwefelcyanhlei , 2CyS-4-Pb. Darstellung: Durch Vermischen
concentrirter Auflösungen von essigsaurem Bleioxid und Schwefeicyan-
kalium. Gelbe, undurchsichtige, glänzende Kristalle, die beim Kochen
mit Wasser zerlegt werden in Scbwefelcyanwasscrstoffsäure und in ba-
sisches Schwefelcyanhlei. Basisches, 2CyS, Pb -h PbO. Beim Vermi-
schen einer Auflösung von Schwefelcyankalium mit basisch essigsaurem
Bleioxid; gelblich weifses, im Wasser unlösliches, kristallinisches Pulver.
Schwefelcyankupfer, Kupfer sulfocyanür, 2CyS-4-Cu2. Darstellung:
Einer Mischung einer Auflösung von schwefelsaurem Kupferoxid mit Schwe-
felcyankalium wird eine Auflösung von schwefelsaurem Eisenoxidul zuge-
setzt. Eigenschaften: Weifser, körniger, im Wasser unlöslicher Nie-
derschlag.
Schwefelcyansilber. Darstellung : Durch Fällung von neutralem sal-
petersaurem Silberoxid mit Schwefelcyankalium. Weifser, käsiger, im
Wasser unlöslicher Niederschlag; löst sich in Ammoniak und kristaliisirt
daraus in glänzend weifsen Schuppen.
Zersetzungsprodukte des Cyans und seiner Verbindungen .
Cyan und Wasser .
Eine Auflösung von Cyan im Wasser färbt sich im Lichte schnell, im
Dunkeln nach längerer Zeit, braun; es schlagen sich braune Flocken nie-
der; die Flüssigkeit enthält Kohlensäure, Blausäure, Ammoniak, Harnstoff
und kleesaures Ammoniak (Wähler') aufgelöst; nach der Analyse von Pe -
louze und Richardson läfst sich die Zusammensetzung der braunen Materie
durch 2N2C2-{-H20 ausdrücken , was einer Verbindung von 2 At. Cyan
mit 1 At. Wasser entspricht; sie löst sich in Alkalien und Essigsäure mit
Leichtigkeit und bildet mit den schweren Metalloxiden unlösliche Verbin-
dungen. Beim Glühen hinterläfst sie Paracyan. Die verschiedenen Pro-
dukte , die bei Zersetzung des Cyans mit Wasser gebildet werden , sind
unstreitig Bildungen von verschiedenen Zersetzungsweisen. 2 At. Cyan
und 3 At. Wasser enthalten die Elemente von kleesaurem Ammoniak, 4
At. Cyan und 1 At. Wasser die Elemente von 1 Aeq. Cyansäure und 1
Aeq. Cyanwasserstoffsäure. Harnstoff entsteht durch Verbindung der Cyan-
säure mit Ammoniak; Kohlensäure und Ammoniak durch Zersetzung der
Cyansäare mit 3 At. Wasser.
Cyan und Ammoniak.
Leitet man Cyangas in wäfsriges Ammoniak, so geht eine ähnliche
Zersetzung vor wie mit Wasser, obwohl in einer viel kürzere Zeit; es
scheidet sich eine braune Materie in Menge ab, welche eine gewisse Menge
Ammoniak in chemischer Verbindung enthält; die auflöslichen Produkte
sind die nämlichen. Nach Johnston läfst sich die Zusammensetzung dieses
648
Paracyan. Mellonwassersto ff säure.
braunen Körpers durch die Formel C6 N8 Hia 04 oder durch C6 N6 0 -+-
N2 H6 -f- H6 03 ausdrücken , mithin als eine wasserhaltige Ammoniakver-
bindung einer Säure, die dreimal so viel Cyan enthält als die Cyansäure
und als die erste Oxidationsstufe des Radikals der Cyanursäure.
Durch Glühen dieses braunen Niederschlags erhält man Paracyan,
Wasser und kohlensaures Ammoniak. Diese Zersetzung erklärt sich leicht;
wenn man erwägt; dafs dieses Produkt als eine Verbindung von Cyan
(C4 N4) mit Ammoniak und Cyansäure sich betrachten läfst; von welchen
die letztere durch ihre Zersetzung mit 3 At. Wasser; 2 At. Kohlensäure
und 1 Aeq. Ammoniak liefern kann.
Paracyan. Formel: (C2N2) (C4 N4).
Entdeckt von Johnston. Darstellung : Durch Glühen der durch die
Zersetzung des Cyans mit Wasser und Ammoniak gebildeten braunen Nie-
derschläge; bleibt in geringer Quantität nach der Zersetzung des Cyan-
quecksilbers durch Wärme in der Retorte zurück.
Eigenschaf len. Dunkelbraunes; im Wasser unlösliches Pulver; giebt
beim Glühen mit Kupferoxid Stickgas und Kohlensäure im Volumenverhälü-
nifs wie 1:2 , löst sich in concentrirter Schwefelsäure; unter Zersetzung
löslich in Salpetersäure; die letztere Auflösung wird mit Wasser trübe und
läfst ein gelbes Pulver fallen; Paracyansäure fJohnston) , deren Eigen-
schaften und Zusammensetzung ein genaueres Studium erwarten.
Zersetzungsprodukte des Schwefelcyans.
Mellon. Formel: C6N8.
6 At. Kohlenstoff = 458,61
8 At. Stickstoff = 708,16
1 At. Mellon — 1166,77
Zusammengesetztes Radikal. Entdeckt von J. L.
Bildung. Wenn man trocknes Schwefelcyan in einer Retorte bis zum
Glühen erhitzt; so zerlegt es sich in Schwefelkohlenstoff; in Schwefel und
in Mellon. 4 At. Schwefelcyan (C8 N8 S8) liefern 4 At. Schwefel (S4),
2 At. Schwefelkohlenstoff (C2 S4) und l At. Mellon (C6 N8). Diese Ma-
terie bleibt ebenfalls bei der trocknen Zerlegung des Schwefelcyankaliums
in Chlorgas, gemengt mit Chlorkalium, im Rückstände. Ferner beim Glü-
hen von Melam, Ammeiin und Amraelid.
Eigenschaften. Citrongelbes Pulver, unlöslich in Wasser, Weingeist
und verdünnter Salz- und Schwefelsäure, löslich unter Zersetzung in Sal-
petersäure und ätzenden fixen Alkalien; zerlegt sich in starker Glühhitze
in Cyangas (3 Vol.) und Stickgas (1 Vol.), verbindet sich direkt mit Ka-
lium unter Feuererscheinung zu Mellonkalium; mit Wasserstoff zu Mellon-
wasserstoffsäure ; zerlegt, mit Iod-, Brom- und Schwefelcyan-Kalium ge-
schmolzen, diese Verbindungen unter Austreibung des Iods, Broms und
Schwefelcyans; Verbindungen dieses Radikals mit andern Metalloiden sind
nicht bekannt.
Mellonwasser Stoff säure.
1 At. Mellon = 1166,77
1 Aeq. Wasserstoff rz: 12,48
1 At. Mellouwasserstoffsäure zz: 1179,25
Entdeckt von L. Gmelin. Formel C6 Ns -f- H2. Darstellung : Mellon-
kalium wird in kochendem Wasser gelöst und mit Salz-, Schwefel- oder
Salpetersäure vermischt. Eigenschaften: Schmutzig weifser, gelatinöser
Niederschlag, zu einem gelblichen Pulver, Mellonwassersto ffsäure-Bydratj
austrocknend, wenig löslich in kaltem, leichter in heifsem Wasser; von
schwach saurer Reaction; unzersetzbar durch Salz- und Salpeter-Säure.
Mellonkalium. Cyanilsäure.
649
Mellonwasser Stoff saure und Metalloxide.
Die Mellonwasserstoffsäure zerlegt sich mit den Metalloxiden zu Mel-
lonmetallen und Wasser; sie zersetzt auf nassem und trocknein Wege die
kohlensauren Salze , heim Schmelzen die Iod- und Brommetalle Die Ver-
bindungen der Mellonwasserstoffsäure mit den alkalischen Erden und Me-
talloxiden sind im Wasser unlöslich.
Mellonkalimn . Formel: C6N8 -f K.
1 At. Mellon = 1166,77
e 1 At. Kalium — 489,92
1 At. Mellonkalium “Er 1 656,09
Darstellung. Schwefelcyankalium wird in einer Porcellanschaale in
glühenden Flufs gebracht , und so lange Mellon hineingetragen, als man
noch eine Entwickelung von Schwefelkohlenstoff und Schwefel bemerkt.
Man erhält eine braune, undurchsichtige, glasartige Masse, welche in
heifsem Wasser gelost nach dem Erkalten wasserhaltige Kristalle von Mel-
lonkalium liefert. Es kann ferner durch Zusammenschmelzen von 5 Th.
Antirnonchlorür (Spiesglanzbutter) und 8 Th. Schwefelcyankalium darge-
stellt werden, wenn die nach der Entwickelung des Schwefelkohlenstoffs
und Schwefels zurückbleibeude , geschmolzene Masse mit kochendem Was-
ser ausgezogen wird. Bildet sich ferner als Nebenprodukt bei der Darstel-
lung des Schwefelcyankaliums; ist in der Auflösung in geringer, in dem
Rückstände in grofser Menge enthalten und kann durch kochendes Wasser
aus letzterem ausgezogen werden.
Eigenschaften. Aus Wasser kristallisirt das Mellonkalium in farblosen,
feinen, zu dicken Flocken vereinigten Nadeln; eine concentrirte Auflö-
sung gerinnt zu einem weichen, weifsen Brei; in kaltem Wasser schwer-
loshch, die Auflösung ist geschmacklos; enthält Kristallwasser, was es in
höherer Temperatur verliert; es schmilzt alsdann ohne Gewichtsverlust zu
einem klaren, gelblichen Glase. — Die Auflösung des Mellonkaliums fällt
alle Erd- und Metall-Salze.
Erklärung der Bildung des Mellonkaliums. Wenn Schwefelcyankalium
mit Mellon zusammengeschmolzen wird, so wird Schwefelcyan ausgetrie-
ben, was in der hohen Temperatur für sich wieder in Schwefel, Schwe-
felkohlenstoff und Mellon zerfällt. Beim Zusammenschmelzen von 1 AI.
Antirnonchlorür mit 4 At. Schwefelcyankalium entstehen 3 At. Chlorkalium,
* At' Antimonsulfür, Sb2 S3 , 2 At. Schwefelkohlenstoff, 2CS-,
1 At. Mellonkalium, C6N8K, und 1 At. freier Schwefel. Beim Schmel-
zen von Ferrocyankalium mit Schwefel entsteht Schwefelcyankalium und
Scliwefelcyaneisen im Minimo; von letzterem zerlegen sich 4 At. in 4 At.
Schwefeleisen, 4FeS, 2 At. Schwefelkohlenstoff, 2CS2, und in 1 At.
™ ,, > welches von seiner Seite 1 At. Schwefelcyankalium zerlegt in
Mellonkalium und freies Schwefelcyan, was in dem Moment seiner Bil-
dung in Schwefel , Schwefelkohlenstoff und Mellon zerfällt.
Ziersetzungsprodukte des Meltons.
Cyanilsäure.
Beim anhaltenden Kochen von Mellon mit verdünnter Salpetersäure
lost es sich unter Gasentwickelung auf, die Flüssigkeit liefert beim Ver-
dampfen farblose, wasserfreie,, octaedriscbe Kristalle, welche beim Wie-
derauflosen in heifsem Wasser perlmutterglänzende, weiche Blätter von
wasserhaltiger Cyanilsäure liefern. Diese Säure hat dieselbe Zusammen-
setzung wie die kristallisirte Cyanursäure, enthält, wie diese, 4 At. Kri-
stallwasser, was sie bei 100° verliert, indem sie undurchsichtig wird und
zu einem weifsen Pulver zerfällt. Sie verwandelt sich bei der trocknen
Geigers Pharmacie . I. (5 te Aufl.) 4$
650
Mel am.
Destillation in Cyansäurehydrat , beim Auflösen in Schwefelsäure und Kali-
lauge in Cyanursäure. Diese Säure ist sehr wenig untersucht. Ihre Bil-
dung läfst sich einigermafsen erklären, wenn man annimmt, dafs 1 Atom
Mellon mit den Elementen von 3 At. Wasser zur Entstehung von 1 Atom
Cyanilsäure und 1 Aeq. Ammoniak, welches letztere man in der That mit
der Salpetersäure vereinigt findet, Veranlassung geben können; hiernach
wäre die Bildung derselben aber nicht ausschließlich abhängig von der
Anwendung der Salpetersäure.
Mellon und Kali.
Beim Kochen von Mellon mit Kali löst es sich unter Ammoniakent-
wickelung auf, die Flüssigkeit giebt, abgedampft, ein in langen Nadeln
kristallisirendes , sehr lösliches Kalisalz. Wird die warme Auflösung mit
Essigsäure vermischt, so schlägt sich eine Kaliverbindung in glänzenden
Schuppen nieder. Durch Auflösung der letzteren in Salpetersäure erhält
man eine in glänzenden, durchsichtigen Nadeln kristalsisirende kalifreie
Substanz, welche Silbersalze weifs nied erschlägt ; dieser Niederschlag
enthält 58,8 p. c. Silber und ist in verdünnter Salpetersäure nicht löslich.
Ueherschwefelcy anwasser stoffsäure.
Zersetzungsprodukt der Schwefelcyanwassersioffsäure. Wenn man
Schwefelcyankalitim in einem Strom trockner Chlorwasserstoffsäure schmilzt,
so scheidet sich Schwefelcyanwasserstoffsäure ab, die sich aber sogleich
zerlegt in Schwefelkohlenstoff, Blausäure und einen gelben im Wasser un-
löslichen Körper. Geschieht diese Zersetzung in einer Retorte, so findet man
den Hals der Retorte mit dieser gelben festen oder rothen Materie in grofser
Menge bekleidet, die in heifsem Weingeist löslich ist und sich daraus beim
Erkalten in Gestalt einer blafsgelben, kristallinischen, im Wasser wenig
löslichen Masse wieder absetzt. Die Zusammensetzung dieser Substanz
läfst sich durch die Formel CyaS.3-+-H2 ausdrücken, wonach sie 1 At.
Schwefel mehr enthält als die Sch wefelcy an wasserstoffsäure; sie löst sich
in Alkalien leicht und bildet mit den übrigen Metalloxiden eigentümliche,
meistens unlösliche, Verbindungen. Woskresensky.
Melam. Formel: Ci2N22H18.
13 At. Kohlenstoff ™ 917,330
23 At. Stickstoff — 1947,040
18 At. Wasserstoff r: 112,315
1 At. Melam “ =297 6^575
Entdeckt von J. L. ■— Zersetzungsprodukt des Schwefelcyanammo-
niums.
Wenn Schwefelcyanammonium pder ein Gemenge von 1 Th. Schwefel-
cyankalium mit 2 Th. Salmiak bis zum Schmelzpunkt des Schwefelcyan-
kaliums erhitzt werden, so zerlegt sich das Schwefelcyanammonium in
drei flüchtige und in ein festes Produkt. Die ersteren sind Ammoniak,
Schwefelwasserstoff und Schwefelkohlenstoff, das letztere ist Melam ; es
bleibt mit Chlorkalium gemengt in dem Destillirgefäfs und kann durch
Waschen mit Wasser davon getrennt werden.
Eigenschaften. Weifsgrauer, nicht kristallinischer, im Wasser, Wein-
geist und Aether unlöslicher Körper; wird von heißer Kalilauge aufgelöst,
ein Theil davon wird hierbei zersetzt, ein anderer schlägt sich daraus beim
Erkalten unverändert nieder; löst sich in heifser coocentrirter Salpeter-
säure und Schwefelsäure; Weingeist und Wasser fällen aus dieser Auf- I
lösung Ammelid. Wird die Auflösung in diesen eoncentrirten Säuren nach
dem Vermischen mit Wasser mehrere Stunden gekocht, so verwandelt
sich das Melam gänzlich in Cyanursäure und Ammoniak. 1 Atom Melam i
und 12 At. Wasser enthalten die Elemente von 2 At. Cyanursäure und
Melamin.
65t
10 At. Ammoniak. Löst sich in Salzsäure , verdünnter Salpetersäure und
Kali unter Bildung von Ammeiin und Melainiu ; schmilzt mit Kalihydrat
unter Ammoniakentwickelung zu cyansaurem Kali, mit Kalium zu Mellon-
kalium zusammen. Beim Erhitzen für sich zerlegt es sich in Mellon und
in Ammoniak.
Erklärung. 8 At. Schwefelcyanammonium zerfallen beim Erhitzen in
1 At. Melam , 10 At. Ammoniak, 4 At. Schwefelkohlenstoff, 8 At. Schwe-
felwasserstoff. — 1 At. Melam mit 6 At. Kalihydrat zusammengeschmol-
zen giebt, unter Hinzutreten der Elemente von 6* At. Wasser, 6 At. cyan-
saures Kali und 10 At. Ammoniak. Beim anhaltenden Erwärmen des Me-
lams mit Kalilauge zerlegt es sich, unter Hinzutreten der Elemente von
2 At. Wasser, in 1 At. Melamin und 1 At. Ammeiin. Bei seiner Ver-
wandlung in Ammelid treten die Elemente von 6 At. Wasser zu l At
Melam, es entstehen 1 At. Ammelid und 4 At. Ammoniak.
Melamin. Formel : C6 N, % H x * .
6 At. Kohlenstoff = 458,0*10
12 At. Stickstoff = 1068,240
12 At. Wasserstoff = 74,877
1 At. Melamin = 1595,727
Salzbase. Zersetzungsprodukt des Melams durch Alkalien und
verdünnte Säuren . Entdeckt von J. L. — Darstellung. Der Rückstand
von der Destillation von 1 % Schwefelcyankalium mit 2 % Salmiak (rohes
Melam) wird nach der Entfernung des Chlorkaliums mit einer Auflösung
von 1 Th. Kalihydrat in 20 Th. Wasser so lange gekocht, bis dals Alles
aufgelöst und die trübe Flüssigkeit klar geworden ist; man dampft sie nun
gelinde ab, bis dafs sich in der Flüssigkeit glänzende Kriscallblättchen bil-
den, und läfst sie nun erkalten, wo sich alles Melamin abscheidet; man
reinigt es durch neue Kristallisationen.
Eigenschaften. Ziemlich grofse, farblose oder schwach gelbliche,
durchscheinende, wasserfreie Octaeder mit rhombischer Basis, in kaltem
Wasser schwer, in kochendem ziemlich leicht, wiewohl langsam, löslich;
unveränderlich an der Luft, unlöslich in Alkohol und Aether. Die wäs-
serige Auflösung ist ohne Wirkung auf Pflanzenfarben , von schwach bit-
terlichem Geschmack. In der Wärme schmilzt es und sublimirt zum gröfs-
ten Theil unverändert, ein kleiner Theil zersetzt sich hierbei in Mellon
und Ammoniak. Zersetzbar in der Wärme von concentrirter Schwefel-
und Salpetersäure, in Ammoniak und Ammelid oder Ammeiin; mit Kali-
hydrat geschmolzen treten die Elemente von 3 At. Wasser zu seinen Be-
standteilen, es werden 6 At. Ammoniak gebildet, die sich entwickeln,
und es bleiben 3 At. cyansaures Kali.
Melamin und Säuren.
Melaminsalze. Das Melamin verbindet sich mit verdünnten Säuren zu
kristallisirbaren Salzen, welche, mit Ausnahme der Doppelsalze, sauer
reagiren. Salpetersaures , phosphorsaures und oxalsaures Melamin sind
schwerer löslich als das Melamin selbst; essigsaures und ameisensaures
Melamin sind leicht löslich; aus den Bittererdesalzen wird in der Wärme
Bittererde niedergeschlagen, indem sich ein Doppelsalz bildet; dasselbe
geschieht mit allen Salzen, deren Basis ein schweres Metalloxid ist.
Das Melamin verbindet sich direkt mit den wasserfreien Wasserstoff-
sauren ; alle Melaminsalze, die durch Sauerstoffsäuren gebildet werden,
enthalten, wie die cerrespondirenden Ammouiaksalze, 1 Atom Wasser,
ohne welches sie nicht bestehen können; es bildet basische Doppeisalze,
worin dieses Atom Wasser ersetzt ist durch 1 Aeq. Metalloxid.
Ammeiin. Ammelid.
65 J
Ammeiin. Formel: C6NioHio02.
6 At. Kohlenstoff = 458,610
12 At. Stickstoff = 1062,240
12 At. Wasserstoff ~ 74,877
1 At. Ammeiin — 1595,727
Salzbase. Entdeckt von J. L. Zersetzungsprodukt des Melams und
Melamins durch Säuren und Alkalien . * — Darstellung. Die alkalische
Flüssigkeit, aus welcher sich bei der Zersetzung des Melams durch Kali-
lauge das Melamin abgesetzt hat, enthält Ammeiin in Kali gelöst; man
neutralisirt sie mit Essigsäure, wodurch es vollständig gefällt wird. Der
erhaltene gelatinöse, weifse Niederschlag wird nach dem Auswaschen
feucht in verdünnte Salpetersäure getragen , so lange er sich noch darin
auflöst; diese Flüssigkeit liefert beim Abdampfen Kristalle von reinem sal-
petersaurem Ammeiin, welche aufs neue in sehr verdünnter Salpetersäure
gelöst und durch kohlensaures Ammoniak gefällt werden. Der Nieder-
schlag von reinem Ammeiin wird ausgewaschen und getrocknet. Man
kann diesen Körper ebenfalls gewinnen, wenn mau Melam in verdünnter
Salzsäure kochend löst, die Flüssigkeit abdampft, wo salzsaures Ammeiin
und Melamin kristallisiren, die erhaltenen Kristalle in reinem Wasser löst,
zum Sieden erhitzt, und mit Aetzammoniak fällt. Die von dem Nieder-
schlage ablaufende Flüssigkeit, sowie das Waschwasser, enthalten Me-
lamin, was man durch Abdampfen als salzsaures Salz gewinnt.
Eigenschaften . Blendend wreifser Niederschlag, der aus sehr feinen,
seidenglänzenden Nadeln besteht; unlöslich in Wasser, Weingeist und
Aether, löslich in ätzenden Alkalien; liefert beim trocknen Erhitzen für
sich ein kristallinisches Sublimat und Ammoniak , und hinterläfst reines
Mellon; ist in Säuren löslich und bildet damit kristallisirbare Salze; beim
anhaltenden Kochen mit verdünnten Säuren, oder bei seiner Auflösung in
concentrirter Schwefelsäure, zerlegt es sich beim Hinzutreten von 1 At.
Wasser in Ammoniak und Ammelid Mit Kalihydrat geschmolzen wird es,
indem die Elemente von 1 At. Wasser hinzutreten , in Ammoniak und
cyansaures Kali verwandelt.
Ammeiin und Säuren.
Das Ammeiin ist eine schwache Salzbasis ; es vereinigt sich nur mit
starken Säuren, nicht mit organischen, zu kristallisirbaren , sauer reagi-
renden Salzen, welche zum Theil schon durch Wasser, unter Zurück-
lassung von Ammeiin, zersetzt werden; wird eine Auflösung von salpe-
tersaurem Ammeiin mit den Salzen vieler schweren Metalloxide zusam-
mengemischt, so entstehen kristallinische Niederschläge, welche basische
Doppelsalze sind, die t At. Säure, 1 At. Amtnelin und 1 At. Metalloxid
enthalten. Die Ammelinsalze , welche durch Sauerstoffsäuren gebildet
werden, enthalten, wie die Ammoniaksalze, 1 At. Wasser, ohne wel-
ches sie nicht bestehen können ; die Doppelsalze sind wasserfrei.
Salpeter saures Ammeiin kristallisirt in grofsen, breiten Blättern, oder
in langen quadratischen Säulen; für sich erhitzt schmilzt es und hinterläfst
Ammelid ; es entwickelt sich hierbei Salpetersäure und die Zersetzungs-
produkte des salpetersauren Ammoniaks.
Ammelid. Formel : C12 N]8 H2 8 06.
12 At. Kohlenstoff = 917,230
18 At. Stickstoff 1593,360
18 At. Wasserstoff =r 112,315
6 At. Sauerstoff = 600,000
1 At, Ammelid rr 3222,895
Schwefel cy an Wasserstoff.
653
Entdeckt vou J. L. Zersetzungsprodukt des Melams , Melamins ,
Ammelins durch concentrirte Säuren. Man löst Melarn, Melamin oder
Ammelin in concentrirter Schwefelsäure, vermischt die Auflösung mit
Weingeist und wascht den gebildeten Niederschlag mit kaltem Wasser bis
zür Entfernung aller Saure. Kann durch Auflösung in Salpetersaure und
Fällung mit kohlensaurem Ammoniak weiter gereinigt werden.
Eigenschaften. Weifses, in Wasser, Weingeist und Aether unlösli-
ches Pulver; löslich in Alkalien und starken Säuren, bildet mit Salpter-
säure eine kristallinische Verbindung, welche durch Wasser zerlegt wird;
anhaltend gekocht mit verdünnter Salpetersäure oder Schwefelsäure zer-
legt es sich vollständig in Cyanursäure und Ammoniak.
Theorie über die Zusammensetzung des Melamins, Ammelins
und Ammelids.
Man hat durch folgende Darstellung versucht, sich Rechenschaft über
die basischen Eigenschaften des Melamins, Ammelins und über ihren Zusam-
menhang mit Ammelid und Cyanursäure zu geben. Wenn man nemlich
voraussetzt, dafs diese Materien dasselbe Radikal, wie die Cyanursäure,
und eine Verbindung von Stickstoff und Wasserstoff, welche wir mit M
bezeichnen wollen, enthalten, welche letztere gleiche Atome beider Ele-
mente enthält, so nehmen sie folgende Form an:
Cy6 06 -f- H6 = Cyanursäure.
Cy6 M6 -4- H6 ™ Melamin.
Cy6 M4 Oa -f- H6 ™ Ammelin.
Cy6 M3 03 -f- H6 ~ Ammelid.
Cy6 03 03 -4- H6 — Cyanursäure.
Die Cyanursäure ist, wie man bemerkt, der Anfangs- und Eud-Punkt der
Reihe ; in dem Melamin sind die 6 Atome Sauerstoff der Cyanursäure durch
6M (N6 H6), iu dem Ammelin 4 At. Sauerstoff durch 4M vertreten, beide
sind Salzbasen ; das Ammelid besitzt keine basischen Eigenschaften mehr,
in diesem ist die Hälfte des Sauerstoffs der Cyanursäure durch 3M ver-
treten , durch eine weitere Ersetzung von allem M entsteht daraus wieder
Cyanursäure. Die basischen Eigenschaften dieser Körper nehmen ab mit
der Quantität Sauerstoff, welche in ihr Radikal aufgenommen wird. Die
Cyanursäure läfst sich mit der Pho^phorsäure, das Melamin mit dem Phos-
phorwasserstoff oder dem Ammoniak vergleichen; wie das Ammoniak, ver-
bindet es sich mit den Wasserstoffsäuren direkt und ohne Intervention des
Wassers, und mit den Sauerstoffsäuren , indem 1 At. Wasser hinzutritt,
welches darin in derselben Form enthalten seyn rau (’s, wie in den Ammo-
niaksalzen.
Weitere Verbindungen des Cyans.
Cyan und Schwefelwasserstoff. Man kennt zwei Verbindungen des
Cyans mit Schwefelwasserstoffsäure; beide bilden sich nicht, wenn die
Gase trocken gemischt werden, sie verbinden sich aber mit einander bei
Gegenwart von Wasser. Die eine, von Gay-Lussac entdeckt, erhält mau,
wenn 1 Voi. Cyangas mit 1,5 Vol. Schwefelwasserstoffgas, bei Gegen-
wart von wenig Wasser, mit einander zusammengebracht werden; beide
Gase werden von dem Wasser aufgenonnnen, und man erhält durch Ver-
dampfen daraus gelbe lauge Nadeln, deren wässerige Auflösung Bleisalze
nicht fällt; die andere ist von Wähler entdeckt worden. Formel: Cy6 S6
7+“ ^12 ■+* aq. — Darstellung : In eine gesättigte Auflösung von Cyangas
in Alkohol leitet man Schwefelwasserstoffsäure, worauf sich die Flüssig-
keit gelb färbt und bei künstlicher Abkühlung lebhaft orangerothe Kristalle
einer Verbindung von Cyan und Schwefelwasserstoffsäure absetzt. Eigen-
schaften: Unlöslich in kaltem, etwas löslich in kochendem Wasser; leicht
löslich in heifsem Alkohol und daraus unverändert kristallisirbar ; löslich
654
Harnsäure.
in der Kälte io Alkalien und daraus durch Säuren wieder fällbar; beim
Erwärmen damit entsteht ein Gemenge von einem Schwefelmetall und ei-
nem Schwefelcyaniir ; mit Silber-, Blei- und Kupfer -Salzen giebt seine
Auflösung Niederschläge , von denen der erstere bei gelindem Erwärmen
in Schwefelsilber und freies Cyauga's zerfällt.
Schwefelcyanwasser stoff und Schwefelwasserstoff. Cy2 S3 H4. Ent-
deckt von Zeise. — Darstellung : 1 Vol. wasserfreier AlkohoLwird bei
10° mit Ammoniakgas gesättigt, sodann mit einer Auflösung von 0,16 Vol.
Schwefelkohlenstoff in 0,4 Vol. Alkohol in einer Flasche vermischt, wel-
che, wohlverschlossen und völlig damit augefüllt, bei 15° stehen gelassen
wird. Es bilden sich hierbei zwei Produkte, wovon das eine eine Ver-
bindung von Ammoniak mit einer Säure ist, welche aus Schwefelkohlen-
stoff und Schwefelwasserstoff besteht; dieses Ammoniaksalz setzt sich nach
einigen Stunden kristallinisch ab, die rückbleibende Flüssigkeit enthält so-
dann ein anderes Ammoniaksalz, dessen Säure als eine Verbindung von
Sch wefelcyati Wasserstoff und Schwefelwasserstoff betrachtet werden kann.
Bei starker Abkühlung schlägt sich dieses Salz kristallinisch nieder, durch
Zersetzung dieses Salzes mit Chlorwasserstoffsäure erhält man daraus ei-
nen ölartigen Körper, welcher die Säure dieses Ammoniaksalzes ist; sie
wird schnell von Wasser zerlegt.
Hypothetische Verbindungen des Cyans mit Kohlenoxid.
Unter diesen Verbindungen werden in dem Folgenden die Harnsäure
und ihre Zersetzungsprodukte abgehandelt. Ihrem chemischen Verhalten
nach treten diese Materien aus der Reihe der bekannten heraus, und ein
theoretisches Verständnifs ihrer Bildung läfst sich nicht anders als unter
gewissen hypothetischen Voraussetzungen entwickeln, von denen die An-
nahme, dafs sie Cyan und Kohlenoxid enthalten, aus ihrer Analyse her-
vorgegaugeu ist. Zu dieser Gruppe von Verbindungen gehören Uril,
Harnsäure , Alloxan , Alloxantin und TJramil. Das Uril oder Urilsäure
ist eine hypothetische Verbindung von Stickstoff, Kohlenstoff und Sauer-
stoff, nach der Formel C8 N4 04 , die man sich als eine Zusammensetzung
von Kohlenoxid mit Cyan denken kann, Cy4-}-4C0, oder als Kleesäure,
in welcher der Sauerstoff, den das Radikal Kohlenoxid aufnimmt um sie
zu bilden, durch Cyan vertreten ist.
C, 02 -f~ 0 Kleesäure.
C2 02 -4- Cy2 ” Urilsäure.
Bezeichnen wir die Urilsäure mit Ul, so sind die hypothetischen Verbin-
dungen
abgeleitete Formel
2U1 H- 1 Aeq. Harnstoff Harnsäure
2UI -h 02 -4- 4aq = Alloxan
2U1 -4- O -4- 5aq = Alloxantin
2U1 4 Nj H6 4 2aq ~ Uramil
empirische Formel
= C10 N8 H8 06
= C8 N4 Hg 010
= C8 N4 Hio 010
= Cg n6 h10 o6
Harnsäure . [Acidum uricumf) Formel: CioNgHsOe.
10 At. Kohlenstoff
8 At. Stickstoff
8 At. Wasserstoff
6 At. Sauerstoff
= 764,350
= 708,160
= 49,918
= 600,000
1 At. Harnsäure = 2122,428
Entdeckt von Scheele . Iu den Schlangenexcrementen zuerst aufge-
funden von Vauquelin, in den Excrementen der Seidenwürmer von Brug-
natelli , iu den Canthariden von Robiquet. Secretionsprodukt der fleisch-
fressenden Thiere, Vögel und mancher Insekten; schlägt sich nach dem
Erkalten des Urins des Menschen als gelblich oder bräunlich gefärbtes
Pulver, gewöhnlich in Verbindung mit Ammoniak, nieder; die steinartigen
Concretionen in den Gelenken Gichtkranker enthalten Harnsäure in Verbin-
Harnsaures Natron.
655
düng mit Natron oder Ammoniak; die meisten steinartigen Absätze in der
Harnblase des Menschen bildend. Der breiförmige Urin der Schlangen und
Vögel besteht ebenfalls zum gröfsten Theii aus harnsaurem Ammoniak. Der
Guano (die üeberreste der verfaulten Excremente von Schwimmvögeln,
welche die Oberfläche mehret* kleinen Inseln in der Südsee bedecken und
als Dungmittel benutzt werden) besteht gröfstentheils aus harnsaurem
Ammoniak.
Darstellung. Harnsteine, oder die weifsen, kreideartigen Schlangen-
excremente, werden feingepulvert in kaustischer Kalilauge kochend ge-
löst, die Auflösung mit einem Ueberschufs von Salzsäure vermischt, der
Niederschlag V4 Stunde damit gekocht und ausgewaschen. Vollkommen
rein erhält man sie durch Zersetzung einer siedend gesättigten Auflösung
von harnsaurem Kali mit Salzsäure.
Eigenschaften. Blendend weifse, feine, seidenglänzende Schuppen,
geruch- und geschmacklos, schwerer wie Wasser, sehr schwerlöslich in
kaltem, wenig löslich in kochendem Wasser; die Auflösung rÖthet schwach
blaue Pflanzenfarben. Löslich in concentrirter Schwefelsäure und daraus
wieder fällbar durch Wasser; in concentrirter Salzsäure etwas löslicher
wie in reinem Wasser. Bei der trocknen Destillation erhält man die Zer-
setzung.sprodukte des Harnstoffs, nemlich Harnstoff, Cyansäure und un-
lösliche Cyanursäure (Cyamelid), ferner Blausäure, etwas kohlensaures
Ammoniak und im Rückstand eine, an Stickstoff reiche, braune, kohlige
Materie. Bei dieser Zersetzung vereinigen sich Cyansäurehydrat und Am-
moniak im Retortenhalse zu Harnstoff, das Cyamelid giebt' in Kali gelöst
cyauursaures Kali. Löslich in verdünnter Salpetersäure unter Kohlen-
säure- und Stickgas-Entwickelung. Das freiwerdende Gas enthält gleiche
Volumina von jedem. Die Auflösung enthält Alloxan , Alloxantin, Harn-
stoff, Parabansäure, Ammoniak, sie wird abgedampft und mit Ammoniak
übersättigt purpurroth (Erkennungsmittel der Harnsäure). Mit Kalihydrat
zusammengeschmoizen erhält man kohleusaures, cyansaures Kali, und
Cyaukalium im Rückstände, mit Bleihyperoxid und Wasser gekocht zer-
legt sie sich in Aliantoin und Kleesäure unter Abscheidung von Harnstoff.
Löst sich nicht im Aether und Weingeist. — Bildet mit Schwefelsäure eine
kristallinische Verbindung. fFritsche.')
Harnsäure und Metalloxide .
Die Harnsäure scheint sich mit den Metalloxiden zu verbinden ohne
wie die andern Säuren 1 Aeq. Wasser abzugeben, sie bildet mit den fixen
Alkalien und alkalischen Erden in kaltem Wasser schwer-, in heifsem
leichter lösliche Salze ; die Löslichkeit wird bei diesen vermehrt durch
einen Ueberschufs des Alkali’s, mit Ammoniak und den übrigen Metall-
oxiden bildet sie in Wasser unlösliche, meistens weifse, Verbindungen.
Alle harnsauren Salze werden durch Säuren, selbst durch Essigsäure,
zersetzt, die Harnsäure scheidet sich hierbei, anfänglich in Gestalt einer
gallertartigen Masse , ab , die sehr bald sich in feine glänzende Blättchen
verwandelt.
Harnsaures Kali. Unreine Harnsäure (Excremente von Schlangen etc.)
wird kochend in verdünnter Kalilauge aufgelöst, die Flüssigkeit von den
unaufgelösten Theilen durch Filtriren getrennt und abgedampft. Beim Ab-
kühlen scheidet sich das harnsaure Kali in Form eines blendend weifsen
kristallinischen Breies ab , nach dem Auswaschen mit kaltem Wasser und
Trocknen stellt dieses Salz ein seidengläozendes Pulver dar, was aus
sehr feinen Nadeln besteht; sehr sclnverlöslich in kaltem Wasser, von
kaum bemerkbar alkalischer Reacfcion. Harnsäure löst sich in kohlensau-
rem Kali leichter wie in reinem Wasser, das kohlensaure Kali zur Hälfte
zersetzend. Besteht aus gleichen Atomgewichten Harnsäure und Kali.
Harnsaures Natron. Die Harnsäure verhält sich gegen reines und
kohlensaures Natron wie gegen Kali ; dieses Salz bildet sich ebenfalls
durch Kochen von Harnsäure mit boraxsaurem Natron; macht den Haupt-
bestandteil der Gichtknoten aus. ( Wollaston .)
656
Allantoin. Alloxan.
Allantoin. Formel: C4 He N4 Ö3 oder Cy4 -f 3aq.
4 At. Kohlenstoff
6 At. Wasserstoff
4 At. Stickstoff
3 At. Sauerstoff
1 At. Allantoin
= 305,74
== 37,44
= 354,08
— 300,00
= 997,36
Synon. : Allantoissäure. — Ist fertig gebildet in der Allantoischen
Flüssigkeit der Kuh enthalten ( Vauquelin und Buniva ), entsteht aus Harn-
säure, wenn sie mit Bleihyperoxid und Wasser gekocht wird. ( Wähler
und J. LJ
Darstellung. Man bringt 1 Theil Harnsäure mit 3 Th. Wasser zum
Sieden , und setzt solange frisch bereitetes und wohlausgewaschenes Blei-
hyperoxid hinzu, so lange als dieses beim Kochen seine Farbe ändert.
Die heifse Flüssigkeit filtrirt man ab und dampft so weit ein , bis sich auf
ihrer Oberfläche Kristalle bilden. Die nach dem völligen Erkalten sich
bildenden Kristalle werden durch neue Kristallisationen gereinigt. Oder
die Allantoische Flüssigkeit der Kuh dampft man bei gelinder Wärme bis
auf % ein und reinigt die nach dem Erkalten und langem Stehen sich bil-
denden Kristalle durch Thierkohle.
Eigenschaften. Wasserhelle, glasglänzende, farblose, klare, prisma-
tische Kristalle mit rhomboedrischer Grundform; geschmacklos, ohne Re-
action auf Pflanzenfarben ; löst sich in 160 Th. kaltem, leichter in heifsem
Wasser; löslich in Salpetersäure, beim Kochen damit wird es zersetzt,
ohne Entwickelung von salpetriger Säure. Seiner Zusammensetzung nach
enthält es die Bestandtheile von wasserfreiem kleesaurein Ammoniak , mi-
nus 3 At. Wasser; dies erklärt seine Zersetzung mit Alkalien, mit wel-
chen gekocht es zerfällt in kleesaures Alkali und in Ammoniak. Mit con-
centrirter Schwefelsäure schwach erhitzt, zerlegt es sich in Kohlenoxid,
Kohlensäure und schwefelsaures Ammoniak; rasch und schnell damit er-
wärmt schwärzt es die Säure. Löslich in der Wärme in kohlensauren
und ätzenden Alkalien und daraus unverändert kristallisirend. Eine Auf-
lösung von Allantoin in heifsem Wasser, der man etwas Ammoniak hinzu-
gefügt hat, bringt in salpetersaurem Silberoxid einen weifsen Niederschlag
hervor, welcher 43,54 Silberoxid enthält und nach der Formel C8 N8 H10 Os
*4-AgO zusammengesetzt ist, demnach 2 At. Allantoin C8 N8 H1206 — l At.
HjO -4- 1 At. Silberoxid,
Bildung. Bei der Zersetzung der Harnsäure durch Bleihyperoxid tre-
ten 2 Atome Sauerstoff von 2 At. dieses Oxids und 3 At. Wasser zu den
Bestandtheilen der Urilsäure, wodurch sie sich zersetzt in 2 At. Kleesäure
und 1 At. Allantoin, unter Freiwerden des Harnstoffs.
2PbO
c4o4
O,
N. CA
a6oi
\ 1 At. Harnstoff \ — 1 AL Harnsaure.
2 At. kleesaures Bleioxid -|- 1 At. Allantoin -4- 1 At. Harnstoff.
Alloxan . Formel :
8 At. Kohlenstoff
4 At. Stickstoff
8 At. Wasserstoff
10 At. Sauerstoff
1 At. Alloxan
C8 N4 H8 010.
= 611,480
= 354,080
= 49,918
= 1000,000
= 2015,478
Zersetzungsprodukt der Harnsäure. Synon . : Erythrische Säure von
Brugnatelli. Aufs neue entdeckt von Wähler und J. L.
Darstellung. Man trägt nach und nach trockne Harnsäure (1 Th.)
in (4 Th.) Salpetersäure von 1,41 bis 1,5 sp. Gew., worin sie sich un-
ter Wärmeentwickelung und Aufbrausen löst (starke Erhitzung mufs so-
A 1 1 o x a n.
657
viel als möglich durch Abkühlung und langsames Einträgen der Harnsäure
vermieden werden). Es bilden sich sogleich in der Mischung weifse, glän-
zende ^ körnige Kristalle, zu denen nach und nach die ganze Flüssigkeit
erstarrt. Den erhaltenen Brei bringt man zuerst auf einen Glastrichter,
und nach dem Abfliefsen der Flüssigkeit auf einen trocknen, porösen Zie-
gelstein, wo man ihn vollkommen trocken werden läfst. Durch Auflösung
in heifsem Wasser und neue Kristallisationen reinigt man die Kristalle.
Eigenschaften. Aus einer warmen, nicht ganz gesättigten Auflösung
des Alloxans erhält man beim Abkühlen zollgrofse, farblose, durchsich-
tige, diamantglänzende Kristalle, deren Form ein Rhombenoctaeder ist;
die Kristalle verwittern rasch, verlieren 25 p. c. b* Atome Wasser
und verwandeln sich bei schwachem Erwärmen unter Wasserverlust in
wasserfreies Alloxan, welches die gebildeten Höhlungen grofser Kristalle
ausfüllt. Läfst man eine heifs gesättigte Auflösung von Alloxan in der
Wärme kristallisiren , so erhält man direkt aus der Flüssigkeit wasser-
freies Alloxan in schiefen geschobenen Prismen, welche als an den Enden
abgestumpfte Rhomboidaloctaeder erscheinen. Es ist sehr löslich in Was-
ser, von ekelhaftem Geruch, die Auflösung schmeckt schwach zusammen-
ziehend salzig, sie röthet die Pflanzenfarben und färbt die Haut purpur-
farben. Mit Alkalien zusammengebracht entsteht Alloxansäure ; mit Alka-
lien gekocht zerlegt es sich in Harnstoff und Mesoxalsäure. Mit Blei-
hyperoxid erwärmt, wird es zersetzt in Harnstoff und kohlensaures
Bleioxid , dem Spuren von kleesaurcm beigemischt sind. Mit Zink und
Salzsäure, mit Zinochlorür oder mit Schwefelwasserstoff in Berührung,
entsteht daraus Alloxäntin ; zerlegt sich mit freiem Ammoniak in Mykome-
linsäure, mit Salpetersäure in Parabansäure , mit Schwefelsäure und Salz-
säure in Alloxäntin , mit schwefliger Säure und Ammoniak in tlüonursau-
res Ammoniak ; mit Alloxäntin und Ammoniak in Murexid . Mit einem
Eisenoxidulsalz und Alkali zusammengebracht bildet es eine indigblaue
Flüssigkeit; unverbindbar ohne Zersetzung mit Metalloxiden.
Bildung. Die Erzeugung des Alloxans und der andern Produkte, die
hierbei auftreten, sind abhängig von zwei, neben einander stattfindenden,
Zersetzungsweisen, nemlich von der Verwandlung der Urilsäure in Al-
loxan und von der Zersetzung des Harnstoffs mit salpetriger Säure. Zu
einem Atom Urilsäure treten die Elemente von 4 At. Wasser und 2 At.
Sauerstoff aus 1 At. Salpetersäure, es wird Alloxan und salpetrige Säure
gebildet; letztere zerlegt sich mit dem Ammoniak des Harnstoffs in salpetrig-
saures Ammoniak und freie Cyansäure ; salpetrigsaures Ammoniak zer-
fällt beim Erwärmen in Stickgas und Wasser; Cyansäure zerlegt sich mit
Wasser in Kohlensäure und Anunonialc, welches letztere sich mit freier
Salpetersäure verbindet.
1 At. Urilsäure = C8 N4 04
4 At. Wasser ~ fj8 04
2 At. Sauersstoff m O,
1 At. Alloxan rs C8 N4 H8 010
C2 N4 H8 02 Harnstoff
N2 05 salpetrige Säure _
C2 n6 h8 os = c* o4 T nT” -+- n2 h6 -f- h2 o
Kohlensäure — Stickgas — Ammoniak — Wasser.
Sehr häufig ist es der Fall, dafs man bei der Auflösung des rohen
Alloxans zum Behuf einer Reinigung durch Kristallisation gleichzeitig Al-
loxantin erhält, was sich durch kaltes Wasser sehr leicht vom Alloxan
trennen läfst. (s. Alloxäntin.)
658
Alloxansäure. Mesoxalsäure.
Allo x ansäure.
Formel der wasserfreien Säure: C4N2H2O4.
4 At. Kohlenstoff
2 At. Stickstoff
2 At. Wasserstoff
4 At. Sauerstoff
= 305,74
= 177,04
= 12,48
— 400,00
1 At. wasserfr. Alloxansäure 895,26
Entdeckt von Wühler und J. L. Verwandlungsprodukt des Alloxgns
mit Alkalien. — Bildung: Beim Zusammenbringen von Alloxan und ätzen-
den Alkalien. Darstellung : Durch Zersetzung des alloxansauren Baryts
mit Schwefelsäure. Eigenschaften: Sehr saure Flüssigkeit, welche bei
gelindem Abdampfen in concentrisch gruppirten Nadeln kristaüisirt; löst
Zink auf unter Entwickelung von Wasserstoffgas, wird durch Schwefel-
wasserstoff nicht verändert, schlägt für sich Silbersalze, Baryt- und Kalk-
salze nicht nieder. Die wasserfreie Alloxansäure enthält die Bestandteile
eines halben Atoms Alloxan minus 1 Aeq. Wasser.
Die Alloxansäure neutralisirt die Alkalien vollkommen , zerlegt die
kohlensauren Salze, giebt, mit Ammoniak neutralisirt, mit Silbersalzen
einen weifsen Niederschlag, der beim Kochen erst gelb, sodann schwarz
wird, unter lebhaftem Aufbrausen; die mit Ammoniak im Ueberschufs ver-
setzte Alloxansäure bringt in Kalk-, Strontian- und Baryt-Salzen weifse
gelatinöse Niederschläge hervor, die sich in vielem Wasser vollkommen,
und leicht in Säuren lösen. Auflösungen von neutralem alloxansaurem
Kalk, Baryt und Strontian trüben sich beim Sieden, es fallt ein Gemenge
von mesoxalsauren , kohlensauren und alloxansauren Salzen dieser Basen
nieder, während Harnstoff und Mesoxalsäure gebildet wird.
Alloxansaurer Baryt. Forme!: C4 N2 H2 04, BaO -h 4aq. Darstel-
lung : In eine auf 60° erwärmte Auflösung von Alloxan in Wasser gleist
man Barytwasser; es entsteht bei jedem Zusatz ein weifser Niederschlag,
der sich beim Urnschütteln wieder löst; man hört mit dem Zusatz des Ba-
rytwassers auf, sobald er nicht mehr verschwindet, und läfst nun erkal-
ten. Die von den Kristallen abgegossene Flüssigkeit wird nach vorher-
gegangenem Erwärmen mit Barytwasser auf dieselbe Weise behandelt, so
lange man noch Kristalle erhält. Eigenschaften: Durchsichtige kurze Na-
deln oder pörlmutterglänzende Schuppen, die bei 100° milch weifs werden,
wobei sie 3 Atome Wasser verlieren, bei 150° werden sie wasserfrei.
Schwerlöslich in kaltem, leichter löslich in heifsem Wasser; hinterläfst
nach dem Glühen kohlensauren Barjrt gemengt mit Cyanbarium.
Alloxansaures Silberoxid. C4 N2 H2 04 -H AgO. Weifser, in Wasser
unlöslicher Niederschlag; verpufft beim Erwärmen schwach; der Rückstand
giebt bei weiterem Glühen Cyansäure und metallisches Silber.
Wenn gesättigte Auflösungen von alloxansaurem Baryt oder Strontian
zum Sieden erhitzt werden, so schlägt sich kohlensaurer, mesoxälsaurer
und alloxansaurer Baryt oder Strontian nieder, die Flüssigkeit giebt als-
dann beim Abdampfen kristallinische Rinden, welche mit Alkohol behandelt
an diesen Harnstoff abgeben , während mesoxalsaurer Baryt zurückbleibt.
Wird in eine kochende Auflösung von essigsaurem Bleioxid tropfenweise
eine AUoxanlösung gegossen, so entsteht ein sehr schwerer körniger Nie-
derschlag von mesoxalsaurem Bleioxid: während in der Flüssigkeit kein
anderes Produkt als Harnstoff enthalten ist. Aus diesem Bleisalz läfst sich
durch Schwefelsäure die Mesoxalsäure darstellen; sie ist in Auflösung sehr
sauer, röthefc die Pflanzenfarben, ist kristallisirbar , giebt bei Zusatz von
Alloxansäure und Metalloxide.
Mesoxalsäure .
659
Mykomelinsäure. Parabansäure.
Ammoniak , wie die Alloxausäure , mit Baryt- und Kalk -Salzen Nieder-
schläge P welche in Säuren und vielem Wasser löslich sind ; sie Iäfst sich
kochen und abdampfen, ohne Veränderung zu erfahren. Charakteristisch
ist ihr Verhalten gegen Silbersalze , mit denen sie nach der Neutralisation
mit Ammoniak einen gelblichen Niederschlag giebt, der bei gelinder Er-
wärmung unter heftigem Aofbrausen zu Metall reducirt wird.
Das erwähnte Bleisalz gab bei der Analyse 80,4 p. c. Bleioxid, es
enthielt eine kleine Beimischung von einer stickstoffhaltigen Materie, wahr-
scheinlich cyan- oder cyanursaures Bleioxid, von dein es nicht befreit
werden konnte. Die sehr wahrscheinliche Zusammensetzung des Bleisalzes
wird durch die Formel C5 04 -+- 2PbO ausgedrückt, wornach sich ihre
Bildung aus Alloxan und Alloxausäure leicht erklären Iäfst.
Von 1 At. Alloxan ” C8N4H8O10 trennt sich
1 At. Harnstoff ~ C2N4H802, so dafs die Bestandteile von 2 At.
wasserfr. Mesoxalsäure ~ C6 08 übrig bleiben.
Der oben erwähnte mesoxalsaure Baryt enthält 56 p. c. Baryt, wor-
aus sich als wahrscheinliche Zusammensetzung die Formel C3 04 -4- |
erschliefsen Iäfst.
Mykomelinsäure .
8 At. Kohlenstoff
8 At. Stickstoff
10 At. Wasserstoff
5 At. Sauerstoff
= 611,480
=r 708,1 60
= 62,397
= 500,000
1 At. Mykomelinsäure = 1882,037
Zersetzungsprodukt des Alloxans mit Ammoniak. Entdeckt von Wäh-
ler und J. L. Wahrscheinliche Formel: C8 N8 HJ0 05. Darstellung : Al-
loxanlösung wird mit überschüssigem Ammoniak zum Sieden erhitzt , mit
verdünnter Schwefelsäure im Ueberschufs übersättigt und einige Minuten
aufgekocht. Frisch gefällt stellt die Mykomelinsäure einen gelben, gal-
lertartigen Niederschlag dar, der zu einem porösen gelben Pulver aus-
trocknet, in kaltem Wasser schwer, in heifsem leichter löslich; die Auf-
lösung reagirt deutlich sauer, sie zersetzt die kohlensauren Alkalien, löst
sich in Aetzalkalien leicht, beim Kochen damit wird sie zersetzt unter
Ammoniakentwickelung; bildet mit Silberoxid eine gelbe, im Wasser un-
lösliche Verbindung. Bildung: 1 At. Alloxan zerlegt sich mit 2 Aeq.
Ammoniak in 1 At. Mykomelinsäure und 5 At. Wasser.
Parabansäure.
6 At. Kohlenstoff m
4 At. Stickstoff =
4- At. Sauerstoff =
2 At. Wasser ~
1 At. wasserhalt. Parabansäure “
458,61
354,08
400,00
224,96
1437,65
Zersetzungsprodukte der Harnsäure und des Alloxans mit Salpeter-
säure. Entdeckt von Wähler und J. L. Formel der kristaliisirten Säure
C6 N4 04 -f- 2aq. Darstellung: Man erhitzt 1 Th. Harnsäure oder 1 Th.
Alloxan mit 8 Theilen mäl'sig concentrirter Salpetersäure, dampft bis zum
starken Syrup ab und Iäfst die Flüssigkeit ruhig stehen, w'onach sich darin
farblose blätterige Kristalle bilden, die man durch neue Kristallisationen
reinigt. Eigenschaften : Farblose, durchsichtige, dünne sechsseitige Säu-
len, von sehr saurem, der Kleesäure sehr ähnlichen Geschmack, löst sich
im Wasser leicht, verwittert weder an der Luft noch in der Wanne,
schmilzt beim Erhitzen, ein Tlieil sublimirt, ein anderer zersetzt sich unter
Entwickelung von Blausäure. Die kalt mit Ammoniak neutralisirte Säure
660
Oxalursäure.
giebfc mit Silbersalzeu einen weifsen Niederschlag 5 welcher 70,63 p. c.
Silberoxid enthält, mit Ammoniak in Auflösung erwärmt verwandelt sie
sich in Oxalursäure. Bildung: 1 At. Harnsäure zerlegt sich beim Hiuzu-
treten von 3 At. Wasser und 4 At. Sauerstoff aus der Salpetersäure iu
2 At. Kohlensäure , 1 At. Parabansäure und 1 At. Harnstoff, der mit frei
gewordener salpetriger Säure die früher beschriebene Zersetzung erfährt.
1 At. Alloxan zerfällt mit 3 At. Sauerstoff in 8 At. Kohlensäure, 4 At.
Wasser und 1 At, Parabansäure.
Oxalursäure . Formel : C6 N4 H6 0? -f aq.
6 At. Kohlenstoff
4 At. Stickstoff
6 At. Wasserstoff
7 At. Sauerstoff
1 At. Wasser
458,61
354,08
37,44
700,00
113,48
1 At. wasserhalt. Oxalursäure 1663,61
Zersetr.ungsprodukt der Parabansäure. Entdeckt von Wähler und
J. L. Darstellung : Eine gesättigte Auflösung von oxalursaurem Ammo-
niak in heifsem Wasser wird mit verdünnter Schwefelsäure oder Salzsäure
vermischt und rasch abgekühlt, wo die Oxalursäure in Gestalt eines weifsen
kristallinischen Pulvers niederfällt; es wird mit kaltem Wasser so lange
gewaschen , bis die ablaufende Flüssigkeit mit Ammoniak neutralisirt in
Kalksalzen Niederschläge hervorbringt, die sich in der Wärme oder durch
zugegossenes Wasser vollkommen lösen. Eigenschaften : Blendend weifses,
kristallinisches, lockeres Pulver von saurem Geschmack; röthet die Pflan-
zenfarben, bildet mit Ammoniak neutralisirt in Silbersalzen einen weifsen
Niederschlag, der sich in der Siedhitze vollkommen löst. Zerlegt sich
beim Kochen mit Wasser vollkommen in freie Kleesäure und kleesauren
Harnstoff. Bildung: Oie Oxalursäure entsteht, wenn zu den Bestandtei-
len der Parabansäure 3 At. Wasser treten. Die kristallisirte Oxalursäure
enthält ferner die Elemente von 3 At. Oxalsäure und 1 At. Harnstoff; sie
kann als Harnsäure betrachtet werden , worin die Urilsäure ersetzt ist
durch Kleesäure.
Oxalursaures Ammoniak , C6 N4 H6 0? -(- N, H6 + aq. Dieses Salz
entsteht entweder direkt beim Auflösen und Erhitzen der Parabansäure mit
Ammoniak , oder vorteilhafter durch Uebersättigung einer frisch bereiteten
Auflösung von Harnsäure in verdünnter Salpetersäure mit Ammoniak und
Abdampfen. Die Flüssigkeit nimmt hierbei anfänglich eine Purpurfarbe an,
die beim Abdampfen wieder verschwindet; bei einem gewissen Grad der
Concentration erkältet, liefert diese Flüssigkeit gelbe, sternförmig ver-
einigte, harte Nadeln, die man durch neue Kristallisationen und Behand-
lung mit Kohle farblos erhält. Eigenschaften : Das oxalursäure Ammoniak
kristallisirt in seidenglänzenden, sternförmig vereinigten, feinen Nadeln;
ist in heifsem Wasser leicht, iu kaltem schwerlöslich; die Auflösung ist
ohne Reaction auf Pflanzenfarben, sie läfst sich kochen und abdampfen
ohne Veränderung; das trockne Salz verliert bei 130° nichts an seinem
Gewichte, in höherer Temperatur wird es unter starker Blausäureentwicke-
lung zersetzt. Säuren scheiden aus einer conceutrirten Lösung Oxalur-
säure kristallinisch ab.
Oxalursäure und Metalloxide.
Die Oxalursäure bildet mit den Alkalien leicht lösliche, mit den alka-
lischen Erden schwerlösliche Salze. Concentrirte Auflösungen von oxalur-
saurem Ammoniak und Chlorcalcium oder Chlorbavium mit einander ver-
mischt, setzen nach einiger Zeit glänzende durchsichtige Blättchen oder
Nadeln von oxalursaurem Baryt oder Kalk ab ; die Auflösung der letzteren
im Wasser giebt, mit Ammoniak im Ueberschufs versetzt, basische Salze
in Gestalt durchscheinender gallertartiger Niederschläge , die sich in vielem
Wasser lösen.
Thionursäure.
661
Oxalursaures Silberoxid. Dieses Salz erhält man, wenn siedende
Auflösungen von oxalursaurem Ammoniak und salpetersaurem Silberoxid
mit einander vermischt werden, nach dein Erkalten der Flüssigkeit; es bil-
det lange seidenglänzende wasserfreie Nadeln, welche in hoher Teinpera-
cur, ohne zu verpuffen, zersetzt werden.
Thionur säure. Formel :
8 At. Kohlenstoff
6 At. Stickstoff
14 At. Wasserstoff
14 At. Sauerstoff
8 At. Schwefel
Cg
No Hu Om S2.
= 011 ,480
581,180
= 87,856
= 1400,000
— 408,380
1 At. wasserhalt. Thionursäure = 3038,876
Zweibasische Säure; entdeckt von Wähler und J. L. Entsteht beim
Zusammenhängen von schwefliger Säure mit Alloxan.
Darstellung. Aus dem thionursauren Bleioxid mit Schwefelwasser-
stoffsäure.
Eigenschaften . Weifse kristallinische Masse, ohne regelmäfsige Form;
luftbeständig, leichtlöslich im Wasser, von saurem Geschmack, röthet
stark die blauen Pflauzenfarben ; die gesättigte Auflösung zum Sieden er-
hitzt, erstarrt zu einem weifsen kristallinischen Brei von Uramil, was
niederfällt; die Flüssigkeit enthält nach der Zersetzung freie Schwefel-
säure. Die Thionursäure enthält die Elemente von I At. Alloxan, 1 Aeq.
Ammoniak und 8 At. schwefliger Säure; das Uramil läl'st sich betrachten
als eine Verbindung von Alloxan minus 8 At. Sauerstoff, nemlich von Uril-
säure , mit 1 Aeq. Ammoniak und 3 At. Wasser; beim Erhitzen der Auf-
lösung der Thionursäure treten 2 At. Sauerstoff von 1 At. Alloxan an die
beiden Atome schwefliger Säure, welche hierdurch in Schwefelsäure über-
gehen, während die Elemente der Urilsäure, Ammoniak und Wasser, zu
Uramil zusammentreten.
Thionursaures Ammoniak. Zusammensetzung : 1 At. Thionursäure
8 Aeq. Ammoniak H- 4aq. Darstellung : MaD vermischt eine Lösung
von Alloxan kalt mit einem Ueberschufs von wässeriger schwefliger Säure,
giefst sodann eine Auflösung von kohlensaurem Ammoniak hinzu, so lauge
noch ein bemerkbares Aufbrausen entsteht, versetzt die Flüssigkeit nuu
mit einem Ueberschufs von reinem Ammoniak und erhält sie y3 Stunde
lang im Sieden. Nach dem Erkalten kristallisirt daraus thionursaures Am-
moniak , was man auswäscht und trocknet. Eigenschaften : Stark perl-
mutterglänzende, vierseitige Kristallschuppen, welche bei 100° rosenroth
werden , indem sie 6 p. c. = 8 At. Kristallwasser verlieren ; schwerlös-
lich in kaltem, reichlich in heifsem Wasser. Beim Erhitzen der Auflösung
dieses Salzes, unter Zusatz von verdünnter Mineralsäure, erleidet es die
nemliche Zersetzung wie die Thionursäure für sich. Mit salpetersaurem
Silberoxid vermischt, wird nach einiger Zeit metallisches Silber spiegel-
glänzend niedergeschlagen. Wird eine Auflösung dieses Salzes mit weni-
ger Schwefelsäure versetzt, als zur Neutralisation des darin enthaltenen
Ammoniaks erforderlich ist, und irn Wasserbade abgedampft, so erhält
mau eiu, in weichen, weifscn, sehr dünneu Nadeln kristallisirendes , sau-
res thionursaures Ammoniak, was beim Kochen für sich in Ammoniak und
Uramilsäure zerfällt.
Thionursäure und Metalloxide.
Die Thionursäure bildet mit deu Alkalien leichtlösliche, kristallisirbare,
mit den alkalischen Erden im Wasser schwer- oder unlösliche, leicht in
verdünnten Säuren lösliche Salze, welche im Allgeineiueu 1 At. Säure
und 8 Aeq. Metalloxid enthalten. Alle diese Salze entwickeln, mit con-
ceutrirter Schwefelsäure übergossen und erwärmt, reichlich schweflige
Säure: mit Kalihydrat geschmolzen entsteht schwefligsaures Kali.
Uramil. Uramilsäure.
66J&
Thionur saurer Kalk. Darstellung : Durch Vermischen einer warmen
Auflösung von thionursaurem Ammoniak mit salpetersaurem Kalk. Kurze,
feine, seidenglänzende Prismen.
Thionur saurer Baryt. Die Barytsalze werden durch thionursaure Sal-
ze , selbst in sehr verdünnten Lösungen , in dicken , gallertartigen Flocken
niedergeschlagen , die sich leicht in Säuren lösen.
Thionursaures Bleioxid. Dicker gelatinöser Niederschlag, der sich in
der warmen Flüssigkeit schnell in feine, kurze, weifse Nadeln verwan-
delt; beiin Trocknen werden sie unter Wasserverlust rosenroth. Giebt bei
der trocknen Destillation neben Harnstoff ein eigentümliches, in grofsen
breiten Tafeln kristallisirendes Produkt.
Thionursaures Zinkoxid. Kleine, warzenförmige, citrongelbe Kristall-
aggregate.
Uramil. Formel : C& N6 Hi0 06»
8 At. Kohlenstoff = 611,480
6 At. Stickstoff — 531,120
10 At. Wasserstoff = 62,398
6 At. Sauerstoff = 600,000
1 At. Uramil = 1804,998
Zersetzungsprodukt der Thionursaure. Entdeckt von Wähler und J. L.
Darstellung : Man vermischt eine kalt gesättigte, kochend heifse Auflö-
sung von thionursaurem Ammoniak mit Salzsäure, bis dafs sie stark sauer
reagirt, erhitzt bis schwache Trübung bemerkbar ist und läfst langsam er-
kalten; oder eine kochend gesättigte Auflösung des nemlichen Salzes wird
mit Salzsäure oder verdünnter Schwefelsäure vermischt und so lange im
Sieden erhalten $ bis das Ganze zu einem weifsen Brei erstarrt.
Eigenschaften. Federförmig vereinigte, diinne, harte Nadeln, oder
feines, aus kleinen, seidenglänzenden Nadeln bestehendes, leichtes, locke-
res, an der Luft und in der Wärme rosenroth werdendes Ptilver, in kal-
tem Wasser unlöslich, wenig löslich in kochendem, löslich in Ammoniak
und Aetzalkalien in der Kälte, und daraus wieder unverändert fällbar
durch Säuren. Die Auflösung des Uramils in Ammoniak und Kali färbt
sich an der Luft purpurroth und setzt metallisch grüne glänzende Kristall-
nadeln ab. Wird, beim Kochen mit Kalilauge unter Ammoniakentwickelung
zersetzt in Uramilsäure ; löslich in concentrirter Schwefelsäure und daraus
fällbar durch Wasser; zerlegt sich beim Kochen mit verdünnten Säuren,
ähnlich wie mit Kalilauge. Beim Kochen mit Quecksilber- und Silberoxid
verwandelt es sich in Murexid, Mährend die Oxide reducirt werden. Mit
concentrirter Salpetersäure zusammengebracht, verwandelt es sich in Al-
loxan unter Entwickelung von salpetriger Säure und Bildung von salpeter-
saurem Ammoniak.
Bildung. Bei der Zersetzung des thionursauren Ammoniaks trennen
sich von diesem Körper die Elemente von 2 At. schwefelsaurem Ammoniak.
Das Uramil kann betrachtet werden als Harnsäure, in welcher der Harn-
stoff ersetzt ist durch 1 Aeq. Ammoniak und 2 At. Wasser.
Uramilsäure. Formel: Ci6 N10 H20 045.
16 At. Kohlenstoff =1222,960
10 At. Stickstoff = 885,200
20 At. Wasserstoff = 124,795
15 At. Sauerstoff = 1500,000
1 At. Uramilsäure = 3732,955
Zersetzungsprodukt des Uramils. Entdeckt von Wähler und J. L.
All oxan ti n.
663
Darstellung. Eine kalt gesättigte Auflösung von thionursaurein Am-
moniak in Wasser wird mit etwas Schwefelsäure vermischt , im Wasser-
bade abgedampft, wo sich nach einiger Zeit die Uramilsäure in durchsich-
tigen glasglänzenden Prismen abscheidet. Erhält man hierbei einen weifsen,
breiförmigen Absatz, der, in etwas wässerigem Ammoniak gelöst, nach dem
KrkaltenKristalle von thionursaurein Ammoniak giebt, so enthielt er sau-
res thiouursaures Ammoniak, was zum zweitenmal mit etwas Schwefel-
säure wie zuvor behandelt werden mufs.
Eigenschaften. Farblose, 4seitige Prismen oder feine seidenglänzende
Nadeln; löslich in 6 — 8 Theilen kaltem, in seiuem dreifachen Gewicht
kochendem Wasser; verliert bei 100° nichts au seinem Gewichte; die Auf-
lösung reagirt schwach sauer, wird beim Erhitzen schwach rosenroth. Löst
sich ohne Färbung und Gasentwickelung in concentrirter Schwefelsäure.
Wird beim Auflösen und Kochen in concentrirter Salpetersäure gelb und
hinterläfst beim Abdampfen weifse, kristallinische, sehr schwer lösliche,
schuppige oder körnige Krislalle, welche, von Alkalien aufgeuommen,
beim Zusatz von Essigsäure wieder gefällt werden.
Bildung. Von 2 Atomen Uramil trennen sich die Elemente von 1 Aeq.
Ammoniak, an dessen Stelle 3 At. Wasser treten.
Urcimilsaure Salze.
Die Uramilsäure bildet mit Ammoniak und Alkalien lösliche kristalli-
sirbare Salze; Kalk- und Baryt- Salze werden davon im freien Zustande
nicht gefüllt, bei Zusatz von Ammoniak entstehen weifse Niederschläge,
die in vielem Wasser wieder verschwinden. Uramilsaures Ammoniak bringt
in salpetersaurem Silberoxid einen dicken weifsen Niederschlag hervor,
welcher 63 — 64 p. c. Silber hinterläfst.
Alloxantin. Formel: CgHiNioOio-
8 At. Kohlenstoff " 611,48
4 At. Stickstoff = 354,08
10 At. Wasserstoff =: 62,39
10 At. Sauerstoff “ 1000,00
1 At. Alloxantin rr: 2027^95
Als Zersetzung sprodukt der Harnsäure mit Salpetersäure zuerst von
Pr out beobachtet; entsteht ebenfalls durch die Einwirkung von Chlor auf
Harnsäure, ferner aus dem Alloxan , wenn es mit reducirenden Materien
zusammengebracht wird {Wähler und J. L.).
Darstellung aus Harnsäure: Harnsäure wird mit 32 Th. Wasser zum
Sieden gebracht, sodann verdünnte Salpetersäure nach und nach hinzuge-
setzt, bis sie vollkommen gelöst ist, die Flüssigkeit auf 4/3 abgedampft y
wo sie nach wenigen Stunden oder Tagen Kristalle von Alloxantin absetzt,
die man durch neue Kristallisationen reinigt. Aus Alloxan: Iu reichlicher
Menge erhält man es, wenn in eine Auflösung von Alloxan Schwefelwas-
serstoffsäure geleitet wird, wo sich zuerst Schwefel, sodann ein kristalli-
nischer Brei von Alloxantin absetzt, den mau durch Auflösung iu heifsem
Wasser vom Schwefel trennt; die Auflösung liefert beim Abdampfen und
Erkalten reines Alloxantin; es kann ebenfalls durch Zusammenbringen einer
Alloxanlösung mit Zink und Salzsäure gebildet werden, wobei Ueberschufs
von Säure zu vermeiden ist; oder durch Auflösen und Kochen von Alloxan
in mäfsig concentrirter Schwefelsäure und Erkalten. Setzt man eine Al-
loxanlösung der Wirkung einer galvanischen Säule aus, so entwickelt sich
an dem positiven Pol Sauerstoffgas, und an dem negativen setzt sich Al-
loxantin in kristallinischen Krusten an.
Eigenschaften. Schiefe, vierseitige, kurze Säulen, dem zwei- und
eiugliederigen Systeme angehörend; der stumpfe Winkel der Basis beträgt
105°. Die Kristalle sind farblos, oder schwach gelblich, an ammoniak-
haltiger Luft werden sie roth, metallisch grün schillernd, hart, leicht in
664
Alloxantin.
Pulver zu verwandeln; verliert bei 100° nichts an seinem Gewichte, bei
150° verliert es 15,4 p. c. (3 At. ) Wasser; schwerlöslich in kaltem,
leichter in siedendem Wasser, die Auflösung röthet Lackmus; geht beim
Erwärmen mit Zusatz von Chlorwasser in Alloxan über; sie giebt mit Sil-
bersalzen einen schwarzen Niederschlag von metallischem Silber; durch
Alkalien wird es zersetzt, Barytwasser bringt darin einen veilchenblauen
Niederschlag hervor, der beim Erhitzen farblos wird und verschwindet.
Bildung. Bei der Einwirkung der verdünnten Salpetersäure auf Harn-
säure wird von der üriäsäure nur ein Atom Sauerstoff aufgenommen, es
entsteht daraus beim Hiuzutreten der Elemente von 5 At. Wasser 1 Atom
Alloxantin und Untersalpetersäure, N2 04, die in Berührung mit Wasser
in %, salpetrige Säure und % Salpetersäure zerfällt; die erstere zerlegt
sich mit der Hälfte des freigewordenen Harnstoffs, wie beim Alloxan be-
schrieben wurde, die andere Hälfte des Harnstoffs geht in Salpetersäuren
Harnstoff über; bei der Darstellung aus Alloxan wird 1 At. seines Sauer-
stoffs durch den Wasserstoff des Schwefelwasserstoffs, unter Fällung von
Schwefel, in Wasser verwandelt, was mit den übrigen Elementen ver-
bunden bleibt. Beim Kochen von Alloxan mit Schwefelsäure zerlegen sich
zwei Atome in 1 At. Alloxantin, 3 At. Kleesäure, 1 Aeq. Ammoniak und
1 Aeq. Cyansäure, welche letztere hierbei mit den Bestandtheilen von 3
At. Wasser in Kohlensäure und Ammoniak zerfällt. Wird eine Auflösung
von Alloxan, anstatt sie mit Zink und Salzsäure bei gewöhnlicher Tem-
peratur in Berührung zu lassen, zum Sieden erhitzt und darin einige Zeit
erhalten, so erhält man beim Erkalten gelbe, körnige, glänzende, in
heifsem Wasser sehr schwer lösliche Kristalle, in ihrem Verhalten we-
sentlich vom Alloxantin abweichend.
Zersetzungsprodukte des Alloxantins. Leitet man durch eine kochende
Auflösung von Alloxantin Schwefelwasserstoffgas, so erfolgt eine weitere
Fällung von Schwefel; die Flüssigkeit wird stark sauer und giebt mit koh-
lensaurem Ammoniak versetzt nach dem Erkalten eine reichliche Menge
eines weifsen, in feinen, seidenglänzenden, an der Luft auf 100° erwärmt
blutroth werdenden, Nadeln kristallisirten Ammoniaksalzes, Welches nach
der Formel C8 N6 H14 08 zusammengesetzt ist, und das man als eine Ver-
bindung von Urilsäure , C8 N4 04 , mit 1 Aeq. Ammoniak, N2 H6, und 4
At. Wasser betrachten kann. Die Säure in diesem Salze scheint sich in
dem Momente, wo sie von dem Ammoniak, was damit verbunden ist, ge-
trennt wird, in mannigfaltige neue Produkte zu zerlegen. Man hat der
Säure selbst, da ihr Verhalten in der Vorstellung von dem der Urilsäure
abweicht, den Namen JDialursäure gegeben. Einen der aus ihrer Zer-
setzung hervorgehenden Körper erhält man, wenn das Ammoniaksalz in
verdünnter Schwefelsäure oder Salzsäure aufgelöst und an der Luft eine
Zeitlang stehen gelassen wird; es kristallisirt aus dieser Auflösung in farb-
losen, harten Kristallen, die in ihrem chemischen Verhalten vollkommen
mit Alloxantin übereinstimmen, aber in der Kristallform von demselben ab-
weichen ; man hat es dimorphes Alloxantin genannt. Der nemliche Körper
wird gebildet, wrenn Uramil oder Uramilsäure mit verdünnter Schwefel-
säure oder Salzsäure bis zur völligen Zersetzung erhitzt werden.
Wird eine gesättigte heifse Auflösung von Alloxantin mit Salmiaklösung
vermischt, so färbt sie sich augenblicklich purpurroth, die Farbe ver-
schwindet nach einigen Augenblicken, indem sich die Flüssigkeit trübt und
glänzende, farblose Schuppen von Uramil absetzt, die beim Trocknen ro-
senroth werden; dasselbe geschieht mit essigsauren, kleesauren und an-
deren Ammoniaksalzen; die Flüssigkeit enthält nach der Zersetzung Allo-
xan und freie Salzsäure. Zwei Atome Alloxantin und 1 Aeq, Ammoniak
enthalten die Elemente von 1 At. Uramil, 1 At. Alloxan und 4 At. Wasser.
Wird eine Alloxantinlösung mit reinem, Ammoniak erwärmt, so ent-
steht anfänglich Uramil und mykomelinsaures Ammoniak, die durch wei-
tere Einwirkung von Ammoniak und Luft weitere Veränderungen er-
fahren.
Murexid.
665
Läfst mail eine kalt bereitete Auflösung von Alloxantin in Ammoniak
an der Luft langsam verdampfen, so wird Sauerstoff absorbirt, und man
erhält eine Kristallisation von oxalursaurem Ammoniak. 3 At. Alloxantin,
7 At. Sauerstoff und 6 Aeq. Ammoniak enthalten die Elemente von 4 At.
oxalursaurem Ammoniak und 5 At. Wasser.
Erwärmt man Silberoxid mit Alloxantin , so entsteht unter Reduction
des Oxids ein Aufbrausen; in der Flüssigkeit ist reines oxalursaures Silber-
oxid enthalten. 3 At. Sauerstoff aus dem Silberoxid zerlegen sich hierbei
mit i At. Alloxantin in 1 At. Wasser, 2 At. Kohlensäure und 1 At. Oxa-
lursäure, die sich mit freiem Silberoxid verbindet.
Queclcsilberoxid wird von Alloxantin ohne Gasentwickelung gelöst,
die Flüssigkeit scheint alloxansaures Quecksilberoxidul zu enthalten.
Bleihyperoxid zerlegt sich, mit Alloxantin und Wasser gekocht, in
Harnstoff und kohlensaures Bleioxid.
Murexid . Formel: CjaNioH^Og.
12 At. Kohlenstoff = 017,320
10 At. Stickstoff 885,300
12 At. Wasserstoff = 74,877
8 At. Sauerstoff = 800,000
1 At. Murexid = 2677,297
Sy non. : Purpursaures Ammoniak. — Von Pr out entdeckt.
Darstellung. Man erhitzt ein Gemenge von gleichen Theilen Queck-
silberoxid und üramil mit 36 — 40 Theilen Wasser unter Zusatz einer
höchst geringen Menge Aetzammoniak; nachdem die Flüssigkeit eine satte
Purpurfarbe angenommen hat, wird sie filtrirt und der Ruhe überlassen,
wo Murexid kristallisirt. Oder man löst üramil in der Wärme in Ammo-
niak und setzt der auf 70° erkalteten Flüssigkeit Alloxan zu, bis nur
schwache alkalische Reaction bemerkbar ist. Oder man löst Harnsäure
in verdünnter Salpetersäure, dampft ab bis die Flüssigkeit eine zwiebel-
rothe Farbe angenommen hat, läfst sie auf 70° erkalten, und vermischt
sie nun mit verdünntem wässerigem Ammoniak , bis freies Ammoniak durch
den Geruch bemerkbar ist; bei diesem Zeitpunkt verdüunt man die Flüs-
sigkeit mit % Vol. kochendem Wasser und läfst erkalten. (Es ist gut, bei
Anwendung dieser Methode von Zeit zu Zeit die Harnsäurelösung einer
Probe durch Sättigung einer kleinen Quantität zu unterwerfen ; wird sie
nach dem Ammoniakzusatz trübe und läfst sie ein rothes Pulver fallen,
so mufs der Harnsäurelösung in der Wärme etwas Salpetersäure zugesetzt
werden; setzt sie einen gelben, schleimähnlichen Niederschlag ab, so er-
hält man aus dieser Auflösung nur dann Murexid, wenn man etwas Schwe-
felwasserstoff durchleitet.) — Oder man versetzt eine kochend gesättigte
Auflösung von Alloxantin mit Ammoniak im Ueberschufs, bis der entstehende
Niederschlag von Üramil sich wieder löst, bringt nun eine Auflösung von
Alloxan hiuzu, so dafs nur eine schwach alkalische Reaction bleibt, und
läfst erkalteD. — Oder man erhitzt Alloxantin mit Salmiak oder kleesau-
rem Ammoniak, setzt nach der Bildung des Uramils bis zur Auflösung
Aetzammoniak und sodann Alloxan zu. Das Murexid entsteht noch bei
einer Menge von Prozessen ; beim Zusammenbringen von vielen Harn-
säure-Produkten mit Ammoniak, mit uud ohne Gegenwart von Luft.
Bildung. Wenn zu 2 At. üramil der Sauerstoff von 3 At. Quecksil-
beroxid tritt, so können daraus entstehen 1 At. Murexid, 1 At. Alloxao-
säure und 3 At. Wasser. Das Alloxan scheint in der Auflösung des Ura-
mils in Ammoniak auf eine ähnliche Weise zu wirken, wie das Queck-
silberoxid. 1 At. Alloxan, 2 At. Alloxantin und 4 Aeq. Ammoniak ent-
Gcign^s Pharmacic , I. (5 Aufi,) 43
686
Murexan. Harnoxid.
halten die Elemente von 2 At. Murexid und 14 At. Wasser. Eine Auf-
lösung von Harnsäure in verdünnter Salpetersäure enthält vorzugsweise
Alloxantin, Harnstoff und salpetersaures Ammoniak; wird sie abgedampft
bis zum Erscheinen einer zwiebelrothen Farbe, so ist ein Theil des Al-
loxantins durch die Einwirkung der freien Salpetersäure übergegangen
in Alloxan, ein Theil des letzteren verwandelt sich in Parabansäure .
Wenu nun Alloxan und Alloxantin sich gleichzeitig in einer Auflösung be-
finden, so entsteht beim Sättigen mit Ammoniak eine purpürrothe Flüssig-
keit ^ aus der sich Kristalle von Murexid absetzen. Enthält die Harn-
säurelösung Alloxantin im Ueberschufs , so sind die Kristalle von Murexid
gemengt, mit Uramil, bei einem Ueberschufs von Alloxan entsteht myko-
melinsaures Ammoniak, was ebenfalls mit Murexid niederfällt. Die vor-
handene Parabansäure geht bei der Sättigung der Harnsäure -Lösung in
Oxalursäure über, die man als oxalursaures Ammoniak beim Abdampfen
der Mutterlauge kristallisirt erhält.
Eigenschaften. Das Murexid kristallisirt in kurzen 4seitigen Prismen,
wovon zwei Flächen, wie die Flügeldecken der Goldkäfer, metallisch grü-
nes Licht reflectiren. Bei durchfallendem Lichte sind die Kristalle granat-
roth durchsichtig. Zerrieben stellt es ein braunrothes Pulver dar, welches
unterm Polirstahl glänzend metallisch grün wird. Löst sich schwer in
kaltem Wasser^ nicht in Aether und Alkohol, leichter löslich in kochen-
dem Wasser, aus dem es beim Erkalten unverändert kristallisirt; unlös-
lich in einer gesättigten Auflösung von kohlensaurem Ammoniak, löslich
in Kalilauge mit prächtig indigblauer Farbe, welche beim Erwärmen unter
Entwickelung von Ammoniak verschwindet; wird in festem Zustande oder
in Auflösung durch alle Mineralsäuren zersetzt , unter Fällung glänzender
Schuppen von Murexan; die Flüssigkeit enthält Alloxantin , Ammoniak ,
Alloxan und Barnstoff ; zerlegt sich sogleich in Berührung mit Schwefel-
wasserstoff io Alloxantin , Dialursäure und Murexan unter Fällung von
Schwefel. Gleiche Atomgewichte Alloxan, Alloxantin, Murexan, Harn-
stoff enthalten, wenn man 2 Aeq. Ammoniak hinzurechnet, die Elemente
von 2 At. Murexid und 11 At. Wasser.
Murexan. Formel: C6 N4 Hg 05.
6 At. Kohlenstoff
4 At. Stickstoff
8 At. Wasserstoff
5 At. Sauerstoff
= 458,61
= 354,08
=r 49,91
rz: 500,00
1 At. Murexan =: 1362,60
Synonyme: Purpursäure. Zersetzungsprodukt des Murexids. — Ent-
deckt von Front.
Darstellung. Man löst Murexid in der Wärme in Kalilauge, erhitzt
bis zum Verschwinden der blauen Farbe, und übersättigt mit verdünnter
Schwefelsäure.
Eigenschaften. Seidenglänzende Schuppen, unlöslich in Wasser und
verdünnten Säuren, löslich in Ammoniak und Alkalien in der Kälte, ohne
sie zu neutralisireu ; löslich in concentrirter Schwefelsäure und daraus
durch Wasser unverändert fällbar. Eine Auflösung von Murexan in Am-
moniak, der Luft ausgesetzt, wird purpurroth und setzt glänzende Kri-
stalle von Murexan ab; bei Ueberschufs von Ammoniak wird die Flüssig-
keit wieder farblos, sie enthält alsdann oxalursaures Ammoniak. Zwei'
Atome Murexan, 1 Aeq. Ammoniak und 3 At. Sauerstoff enthalten die i
Elemente von 1 At. Murexid und 3 At. Wasser; 1 At. Murexan, 3 At. 1
Sauerstoff und 1 Aeq. Ammoniak sind die Bestandtheile von 1 At. oxalur-
saurem Ammoniak.
Benzoyl.
667
Anhang zu den Harnsäureverbindungen.
Harnoxid , Xanthicoxid. Ein seltner Bestandteil der Blasensteine ;
von Marcet darin zuerst entdeckt. Formel : N4 H4 Oa. Darstellung :
Harnsteine, welche diese Materie enthalten, werden in Kalilauge gelöst
und die Flüssigkeit mit Kohlensäure gesättigt, wo Harnoxid niederfällt.
Eigenschaften : Weifser Niederschlag; beim Trocknen blafsgelbliche, harte
Stucke, welche beim Reiben Wachsglanz annehmen; löst sich in reinen
und kohlensauren Alkalien, in geringer Menge in heifsem Wasser, Salz-
und Oxal- Säure. Löslich in concentrirter Schwefelsäure mit gelblicher
Farbe; Wasser bildet, zu dieser Lösung gegosseu, keinen Niederschlag.
Löslich iu Salpetersäure, ohne Gasentwickelung; dampft man diese Auf-
lösung ab, so bleibt ein citrongelber Rückstand, der mit Ammoniak sich
nicht roth färbt und zum Theil sich in Wasser, leicht und vollkommen in
Kali, in letzterem mit tief rothgelber Farbe löst, beim Abdampfen einen
rothen Rückstand hinterlassend.
Die Harnsteine, worin Harnoxid enthalten ist, besitzen eine hell-
braone oder braunglänzende Oberfläche; im Bruch blätterig, glänzend,
ebenfalls braun oder dunkel fleischfarbig; beim Reiben und Schaben von
Wachsglanz.
Blasenoxid , Cgsticoxid . — Organische Salzhase. Von Wollaston ent-
deckt. — Seltner Bestandteil der Blasensteine. Formel C6 Na Hla 04 Sa.
Darstellung: Man löst den Harnstein in wässerigem Ammoniak und läfst
das Filtrat an der Luft verdunsten, wo Biasenoxid kristallisirt. Eigen-
schaften: Bildet im Harnstein eine gelblichweifse, glänzende, verworren
kristallisirte Masse; kristallisirt aus seiner Lösung in Kali beim Zusatz von
Essigsäure in sechsseitigen Blättchen, aus Ammoniak in weifsen, durch-
sichtigen Blättern. Zersetzt sich in der Wärme, liefert übelriechende
Schw efel- und amrooniakhaltige Produkte. Löst sich leicht in Mineralsäuren,
damit krisfallisirbare Verbindungen bildend. Verbindet sich direkt mit
Chlorwasserstoffsäure zu einem wasserfreien Salz, welches gleiche Aequi-
valente Basis uöd Säure enthält; das salpetersaure Salz enthält 1 At. Sal-
petersäure, 1 At. Cysticoxid und 2 At. Wasser, von welchen bei 85° die
Hälfte abgeschieden wird. Löslich in reinen und kohlensauren Alkalien,
beim Erwärmen damit, z'uerst unter Entwickelung von Ammoniak, sodann
beim Abdampfen unter Entwickelung eines leicht entzündlichen, mit blauer
Flamme brennenden Gases vom Geruch des Schwefelkohlenstoffs, zersetz-
bar. Das Vorkommen des Blasenoxids ist so selten, dafs über die Natur
dieser merkwürdigen Materie keine Untersuchungen angestellt werden
konnten.
III) Benzoyl. Formel: Ci4H10O2. Symb. Bz.
14 At. Kohlenstoff = 1070,090
10 At. Wasserstoff = 62,397
2 At. Sauerstoff = 200,000
1 At. Benzoyl == 1332,487
§. 64. Mit Benzoyl bezeichnet man ein hypothetisches Ra-
dikal einer Reihe von Verbindungen, die aus dem flüchtigen Oel
der bittern Mandeln entspringen oder damit in einem gewissen
Zusammenhänge stehen. Das Bittermandelöl selbst ist in den
meisten Kernen der Steinfrüchte, in den Blättern des Kirsch-
lorbeers, in einer eigentümlichen Verbindung, dem Amygdalin,
enthalten, aus welcher man es auf den mannigfaltigsten We-
gen gewinnen kann.
068
Benzoesäure,
Benzogi und Sauerstoff.
Benzoesäure (Acidum benzoicum} .
Formel: CJ4 H10 03 -f aq = BzO + aq.
1 At. Benzoyl =r: 1332,48
1 At. Sauerstoff ~ 100,00
1 At. wasserfreie Säure = 1432,48
1 At. Wasser — 112,48
1 At. Benzoesäurehydrat ~ 2544,96
Synon. : Benzoylsäure , Benzoeblumen (Acidum benzoylicum, Flores
Benzoes).
Vorkommen : In dem Benzoeharz, Dracheublut, etc.; entsteht durch
Oxidation des BenzoylwasserstofFs an der Luft und bei der Zerlegung vie-
ler Betszoylverbindungen ; bei der Zersetzung der Hippursäure und des
Amygdalins durch oxidirende Materien, durch die Einwirkung von Kali
auf ätherische Oele, namentlich Zimratöl etc.
65. Darstellung. Benzoeharz wird in grobem Pulver j
für sieh oder mit seinem gleichen Gewicht Sand gemengt, in
einem runden Topf von Gufseisen oder Eisenblech, dessen
Wände nicht über 2 Zoll hoch sind, ausgeb reitet. Man spannt
über die Oeffnung dieses Gefäfses ein Blatt lockeres Fliefs-
papier, was über den Rändern mit Kleister festgeklebt wird.
Man stellt sodann einen Hut, von der Form eines gewöhnlichen
Manneshuts, von dickem Papier darüber, der genau an den
Rändern des Topfes mit einem starken Bindfaden festgebunden
wird. Der Topf wird auf Sand gestellt, der auf einer Eisen-
platte ausgebreitet ist, unter welcher man ein schwaches Feuer
3 — 4 Stunden lang unterhält. (Die Dämpfe der sublimerenden Ben-
zoesäure gehen mit Leichtigkeit durch die Poren des Papiers und lagern
sich in Kristallen iti dem Hute au ; an dem Hiuabfallen in den Topf w er-
den sie durch das Papier, was die Oeffnung des Topfes schliefst, verhin-
dert.) Mohr. Oder auf nassem Wege: Man mengt gleiche
Theile sehr feingepulvertes Benzoeharz und Kalkhydrat aufs
innigste mit einander, kocht das Gemenge mit 40 Th. Wasser :
einige Stunden lang, filtrirt und versetzt die durch Abdampfen
auf V* concentrirte Flüssigkeit mit Salzsäure, wo nach dem
Erkalten Benzoesäure kristallisirt. (Nimmt man weniger Kalk und
versäumt man die sorgfältige Mengung, so backt das Gemisch in dem
kochenden Wasser zusammen , man mufs in diesem Falle die harten Stücke
nach dem Erkalten aufs neue mit Kalkh3'drat zerreiben.) Oder man
kocht Hippursäure mit Salpetersäure von 1,42 spec. Gew. V*
Stunde lang, setzt Wasser zu und läfst kristaüisiren.
Die aus Benzoeharz erhaltene Säure reinigt man entweder )
durch eine neue Sublimation oder durch Kochen mit Salpeter-
säure, oder indem man durch ihre kochend heifse Lösung in
Wasser Chlorgas leitet.
Erklärung. Die Benzoesäure ist in dem Harz fertig gebildet und zum
grofsen Theii frei vorhanden, durch Sublimation wird sie davon getrennt.
Kalk mit Benzoeüarz gekocht löst die Benzoesäure unter Zurücklassung!
des Harzes auf, der entstandene benzoesaure Kalk wird durch starke Säu-
ren, unter Abscheidung der Benzoesäure, zersetzt. In der Hippursäure
ist ßeuzamid enthalten in Verbindung mit einer organischen Materie, wel-
che durch die Einwirkung der Salpetersäure zerstört wird. Benzatnid zer- j
fällt, mit Säuren gekocht, in Ammoniak und Benzoesäure.
Benzoesaure Salze.
609
§.66. Eigenschaften. Die Benzoesäure kristallisirt in bieg-
samen, weichen, weifsen, durchscheinenden, perlinutterglän-
zenden Blättern oder sechsseitigen Nadeln. In reinein Zustande
geruchlos, gelinde erwärmt dem Benzoeharz ähnlich riechend,
schmeckt schwach stechend süfslich, verursacht Kratzen und
Brennen im Schlunde, röthet schwach Lackmus, schmilzt bei
120°, sublimirt bei 145°, im Dunkeln bemerkt man hierbei
häufig eine Lichterscheinung, siedet bei 239°, das spec. Ge-
wicht ihres Dampfes ist 4,27; wird durch Kochen mit verdünn-
ter Salpetersäure und durch Chlor nicht verändert, durch rau-
chende Salpetersäure hingegen in eine gelbe, harzähnliche,
sehr bitter schmeckende Materie verwandelt; löst sich in con-
centrirter Schwefelsäure, durch Wasser daraus fällbar. Ver-
breitet, an der Luft erhitzt, weifse, reizende, im Halse kraz-
zende Dämpfe; leicht entzündlich, mit rufsender Flamme ver-
brennend, ohne Rückstand zu hinterlassen. Löst sich in 200
kaltem, in 25 kochendem Wasser; verflüchtigt sich mit den
Wasserdämpfen beim Verdampfen oder Sieden der Auflösung.
Benzoesaures Ammoniak , neutrales , Bz0,N2H80. Darstellung
Mau löst Benzoesäure in erwärmtem, concentrirtem, reiuem Ammoniak
bis zur Sättigung- und läfst erkalten. Federartig vereinigte Nadeln, zer-
fliefslich in feuchter Luft, in wasserfreiem Alkohol löslich. Saures. Durch
Kochen und freiwilliges Abdampfen einer Lösung des neutralen verwandelt
es siQli unter Ammoniakverlust in saures Salz, was in grofsen regelmäfsi-
gen Kristallen anschiefst,
Benzoesäure und Metalloxide.
§. 67. Bei der Verbindung der Benzoesäure mit den Me-
talloxiden wird in den meisten Fällen das Hydratwasser der
Säure durch ein Aequivalent Metalloxid ersetzt. Die löslichen
benzoesauren Salze haben einen reizenden, stechenden, sal-
zigen Geschmack, ihre Auflösungen werden durch die meisten
andern Säuren unter Abscheidung der Benzoesäure zersetzt;
dasselbe findet statt bei den unlöslichen Salzen, wenn das
Metalloxid mit der hinzugesetzten Säure ein lösliches Salz bil-
det. Nach Lecanu und Seröal werden viele unlösliche benzoe-
sauren Salze in der Wärme von essigsaurem Kali und Natron
und salpetersaurem Natron aufgenommen, nicht in einer Auf-
lösung von Salpeter- und schwefelsaurem Kali und sch wiefel-
saurem Natron. Die Salze mit alkalischer Basis zerlegen sich
bei der trocknen Destillation in kohlensaure Salze, während
die Benzoesäure in neue Produkte zerfällt. Mit Ueberschufs vom
Kalkhydrat geglüht zerfällt die Säure in Kohlensäure, die mit
Kalk im Rückstan d bleibt, und in Benzol,
Benzoesaures Kali , Natron, Lithion , Magnesia , sind leicht löslich,
schwierig kristallisirbar ; Benzoesaurer Baryt und Strontian sind schvver-
I löslich in kaltem, leichter löslich in heifsem Wasser und daraus in feinen
Nadeln kristallisirbar.
Benzoesaurer Kalk kristallisirt mit 1 At. Kristall wasser in glänzen-
den, biegsamen Nadeln oder Säulen, löslich in 20 kaltem, in weniger
heifsem Wasser. Die Destillationsprodukte dieses Salzes sind von Peligot
670
Benzoesaure Salze.
untersucht worden. Man erhält hierbei zwei flüssige Produkte; das Ben-
zen C13 H10 0 ; ferner Benzol C12Hi2, sodann Naphthalin C12 H8 , es
bleibt Kohle und kohleusaurer Kalk und es entwickelt sich Kohlenoxidgas.
Die Erklärung der Bildung des Beuzons ergiebt sich von selbst, wenn man
erwägt, dafs der wasserfreie ‘benzoesaure Kalk die Elemente von Benzen
und kohlensaurem Kalk, oder die Elemente von Benzol, Naphthalin, Koh-
lensäure, Kohlenoxid und Kohle enthält.
Cjj H10 O “ 1 At. Benzen
C 02 = 1 At. Kohlensäure
CaO = 1 At. Kalk
C14 HI0 03 -f- CaO = 1 At. benzoesaurer Kalk.
oder die Zersetzungsprodukte sind:
C10 H8 rz: 1 At. Naphthalin
C12 HJ2 = 1 At. Benzol
C2 04 = 2 At. Kohlensäure
C2 02 =2 At. Kohlenoxid
C ■+- 2CaO = 1 At. Kohle u. 2 At. Kalk
C28 H20 06 -1- 2CaO = 2 Ät. benzoesaurer Kalk.
Benzoesaure Thonerde. Beim Vermischen coucentrirter benzoesaurer
Alkalien mit Thonerdesalzen; kristallinischer, in der Wärme löslicher
Niederschlag.
Benzoesaure Beryll Ytter - und Zirkonerde , sehr schwerlösliche
Niederschläge.
Benzoe saures Mang an- und Eisenoxidul sind lösliche Salze.
Benzoesaures Eisenoxid. Neutrales 3Bz0,Fe2 03. Kristallisirbar,
löslich in Wasser und Alkohol unter Zurücklassung eines basischen Sal-
zes. Eisenoxidsalze, deren Auflösungen mit soviel Ammoniak versetzt
werden, dafs sie ihre saure Reaction verlieren, ohne einen Niederschlag
zu bilden, geben mit löslichen benzoesauren Alkalien einen röthlich wei-
fsen, oder bei Ueberschufs von Ammoniak einen braungelben Niederschlag,
von denen der letztere im Wasser nicht löslich ist; er stellt eine autge-
quollene gelatinöse Masse dar, welche nach dem Trocknen und Glühen
25 p. c. Eisenoxid hinterläfst. Der ersterwähnte röthlich weifse Nieder-
schlag wird beim Waschen, namentlich mit heifsem Wasser, zersetzt,
indem sich ein lösliches benzoesaures Eisenoxidsalz auflöst unter Zurück-
lassung der braungelben basischen Verbindung. Dwrcli Waschen mit Sal-
miaklösung kann diese Zersetzung vermieden werden. Man bedient sich
zuweilen des benzoesauren Ammoniaks, unter Beachtung des beschriebenen
Verhaltens, zur Scheiduug des Eisenoxids von Mangao, Nickel und Zink,
die von benzoesauren Alkalien nicht gefällt werden ; im Fall die Auflösung
dieser Metalloxide Thonerde, Yttererde, Zirkonerde, Beryllerde enthält,
ist dieses Scheidungsmittel nicht anwendbar, indem diese mit Benzoesäure
ebenfalls sehr schwerlösliche Salze bilden.
Benzoesaures Bleioxid. Sehr schwerlösliches, kristallinisches, weifses
Pulver, in Essigsäure löslich und daraus kristallisirbar; es enthält 2 At.
Wasser, wovon die Hälfte bei 100° gebunden bleibt. Basisch benzoe-
saures Bleioxid erhält man durch Fällung eines benzoesauren Alkali’s mit
basisch essigsaurem Bleioxid, in Gestalt eines weifsen, wasserfreien, un-
löslichen Niederschlags, es enthält auf 3 At. Bleioxid 2 At. wasserfreie
Benzoesäure.
Benzoesaures Silberoxid. Kochende verdünnteAuflösungen eines neu-
tralen benzoesauren Alkali’s und salpetersauren Snberoxids mit einander
vermischt, liefern beim Erkalten glänzende, platte, farblose, weiche Na-
deln, sehr ähnlich der Benzoesäure, welche wasserfreies benzoesaures
Silberoxid sind; sie schwärzen sich am Lichte. Aus concentrirten Auf-
lösungen niedergeschlagen , stellt es eine käsige , kristallinische Masse dar,
die in heifsem Wasser gelöst feine vom reducirten Silber schwärzlich ge-
färbte Auflösung giebt , aus der sich das Salz in der beschriebenen Form
wieder ausscheidet.
Benzoyl-chlorid, -broraid.
671
Benzoy Iwasscrstoff. Formel : C14 H12 02 = Bz H2.
Synonyme: Bittermandelöl.
Darstellung. Das durch Destillation der bittern Mandeln erhaltene
fluchtige Oel enthält Benzoesäure, Benzoin und Blausäure; cs wird mit
Kalkhydrat uud Eisenchloriir unter Wasserzusatz zu einem dünnen Brei
gemischt und der Destillation unterworfen ; das übergegangene Oel wird
durch Stehenlassen über trockenem Chlorcalcium von beigemengtem Was-
ser befreit.
Eigenschaften. Farblose, vollkommen durchsichtige, das Licht stark
brechende, dünnflüssige Flüssigkeit, von. starkem, eigentümlichem Ge-
ruch und brennendem Geschmack, von 1,043 spec. Gewicht; sein Sied-
punkt 180° C. ; löslich in 30 Th. Wasser, mischbar mit Alkohol und Ae-
ther. Der Dampf des ßenzoyhvassersfcoffs ist entzündlich und brennt mit
einer stark leuchtenden, rufsenden Flamme; er kann durch rothglühende
Glasröhren geleitet werden ohne Zersetzung. Durch Aufnahme von 3 At.
Sauerstoff verwandelt er sich an der Luft in Benzoesäure, dasselbe ge-
schieht unter Wasserzersetzung , wenn er mit Kalihydrat einer hohen
Temperatur ausgesetzt wird, wobei Wasserstoffgas frei wird. Eine wein-
geistige Auflösung von Kalihydrat, zu der man Benzoy I Wasserstoff bringt,
erstarrt nach einigen Augenblicken zu beuzoesaurem Kali, was sich ab-
scheidet, während der Weingeist eine ölähnliche, nicht untersuchte Ma-
terie enthält. Durch die Einwirkung von Chlor uud Brom entsteht Chlor-
benzoyl und Chlor- oder Brom -Wasserstoffsäure. Bei Gegenwart von
Wasser bildet sich hierbei entweder beuzoesaurer Benzoylwasserstoff oder
Benzoesäure. Verwandelt sich mit wäfsrigem Ammoniak gelinde crvyärmt
in Hydrobenzamid. Löslich in gelinder Wärme iu concentrirter Schwefel-
säure; bei höherer Temperatur färbt sich diese Auflösung roth, später
schwarz, und entwickelt schweflige Säure. Mit wasserfreier Schwefel-
säure zusammeugebracht verbindet es sich damit zu einer eigentümlichen,
Barytsalze nicht fällenden , Säure fMit sch erlich). Salpetersäure löst deu
Benzoylwasserstoff , denselben nur schwierig in Benzoesäure verwandelnd.
Innerlich genommen wirkt der reine Benzoylwasserstoff giftig. Mit Alka-
lien und Sauerstoff in Berührung verwandelt sich der Benzoylwasserstoff
beinahe augenblicklich, uuter Absorbtion des Gases, in benzoesaures Salz.
Bei Abschlufs des Sauerstoffs damit sehr gelinde erhitzt oder längere Zeit
damit stehen gelassen, entsteht ebenfalls benzoesaures Alkali, neben einem
ölartigen an Wasserstoff reichen, flüchtigen Produkte. Fremy.
Benzoylcklorid. Formel: BzC12.
Chlorbenzoyl , entdeckt von W. und J. L. Darstellung : Mau leitet
Chlorgas durch wasserfreien Benzoylwasserstoff so lange sich Chlorwas-
serstoffsäure entwickelt, uud erhitzt die gelb gewordene Flüssigkeit so
lange, bis alles freie Chlor ausgetrieben uud sie farblos geworden ist.
Eigenschaften: Farblose Flüssigkeit von eigenthiimlichem , unaugenehmen,
die Augen angreifendon Geruch und 1,106 spec. Gewicht; der Dampf ist
entzündlich uud brennt mit einer rufsenden Flamme mit grünem Saum. Von
kaltem Wasser wird es langsam, von heifsem schneller in Chlorwasser-
stoffsäure und Beazoesäure zerlegt; bei Gegenwart von Alkalien entsteht
benzoesaures Alkali und Chlormetall; über wasserfreien Kalk und Baryt
kann es unverändert abdestillirt werden; löst Schwefel und Phosphor ohne
Veränderung; mit Phosphorohlorid zusammengebracht entsteht starke Er-
hitzung unter Bildung von Phosphorchlorid und eines farblosen, öligen,
nicht weiter untersuchten Körpers. Mit Ammoniakgas zerlegt es sich in
Benzamid , mit Weingeist in benzoesaures Aethyloxid und Salzsäure.
Mit Aether und Schwefelkohlenstoff ohne Veränderung mischbar.
Benzoy Ibromid. Formel: BzBr2.
Entdeckt von W. und J. L. Darstellung wie Benzoylchlorid. Eigen-
schaften: Blättrige, farblose Kristalle, an der Luft sich bräunlich färbend;
mit Wasser und Alkalien erleidet es die nemlichen Zersetzungen wie Ben-
zoyichlorid ; löst sich in Aether uud Alkohol ohne Veränderung.
672
Benzoyliodid. Benzamid
Benzoyliodid. Formel: Bzl2.
Entdeckt von W. und J. L. Darstellung : Man destillirfc BenzoyL*
Chlorid mit Iodkalium. Eigenschaften : Kristallinische Masse , von über-
schüssigem Iod braun gefärbt , in reinem Zustande blätterige, farblose,
leicht schmelzbare Kristalle, an der Luft braun werdend, verhält sich
gegen Alkalien und Wasser wie die vorhergehenden Verbindungen.
Benzoylsulfid. Formel: BzS.
Schwefelbenzoxß. Entdeckt von W. und J. L. Darstellung : Durch
Destillation von Beuzoylchlorid mit Schwefel blei. Gelbes Oel, zu einer i
weichen kristallinischen Masse erstarrend, von eigentluirnlich unangeneh- .
men Geruch. Durch kochendes Wasser wird es nicht bemerklich verän-
dert, mit Kalilauge verwandelt es sich langsam in Schwefelkalium und Ben-
zoesäure. Entzündlich mit leuchtender, rufsender Flamme, unter Ent- •
Wickelung von schwefeliger Säure verbrennend. Löslich ohne Verände-
rung in Alkohol und Aether.
Benzoy leyanid. Formel: BzCy2.
Cyanhenzoyl. Entdeckt von W. und J. L. Darstellung : Durch Destil-
lation des Chlorbenzoyls mit Cyanquecksilber. Eigenschaften : Gelbes Oel, |
welches durch Rectification farblos wird, von starkem, zimmtähnlichen ,
die Augen heftig reizenden Geruch und beifsendem, süfslichen, hintennach
blausäureartigen Geschmack, leicht entzündlich.
Benzamid. Formel: Bz-fN2H4.
Entdeckt von W. und J. L. Bildet sich , wenn eine der vorher be-
schriebenen Verbindungen des Benzoyls mit Haloiden mit trocknem Ammo-
niakgas zusammengebracht wird ; ist ferner ein Zersetzungsprodukt der
Hippursäure mit Bleihyperoxid. Darstellung : Hippursäure wird mit Blei-
hyperoxid gekocht; es entwickelt sich hierbei Kohlensäure und es entsteht
hippursaures Bleioxid und Benzamid , welche letzteren gelöst bleiben; man
setzt der heifsen Flüssigkeit verdünnte Schwefelsäure hinzu, wobei aller
Ueberschufs an letzterer vermieden werden mufs, und kocht unter neuem
Zusatz von Bleihyperoxid; dies Verfahren wiederholt man so lange, bis
alle Hippursäure die Verwandlung erlitten hat. Aus der zuletzt bleifreien
Flüssigkeit kristallisirt beim Abdampfen das Benzamid f Fehling). Oder
mau sättigt Benzoylchlorid mit trocknem Ammoniakgas, zerreibt die ent-
standene weiise feste Masse (ein Gemenge von Salmiak mit Benzaihid) zu
feinem Pulver, entfernt den Salmiak durch Auswaschen mit kaltem Was-
ser, löst den Rückstand in kochendem Wasser, wo nach dem Erkalten
Benzamid kristallisirt.
Eigenschaften. Gerade rhombische Prismen, oder vierseitige perlmut-
terglänzende Blättchen ; eine concentrirte Lösung erstarrt bei langsamem
Erkalten zu einer weichen, aus feinen Kristallen bestehenden Masse, die
sich nach einiger Zeit in ziemlich grofse Blättchen verwandelt; sie sind
farblos, durchsichtig, schmelzen bei 115° zu einer farblosen Flüssigkeit;
verflüchtigt sich in höherer Temperatur in brennbaren Dämpfen und läfst
sich destilliren, wird von kaltem Wasser wenig, von kochendem leicht
gelöst ohne Zersetzung, ist in Alkohol und Aether löslich. Alkalien und
Säuren zerlegen bei Gegenwart von Wasser das Benzamid unter Bildung
von Ammoniak und Benzoesäure. Mit wasserfreiem Baryt schwach er-
wärmt wirken beide sehr heftig auf einander; unter Wärmeentwickelung
entsteht eine feste zusammengebackene Masse, welche benzoesauren Baryt
enthält, es entwickelt sich Ammoniak und es destillirt ein farbloser, öl-
artiger Körper über, der zum gröl’sten Theil aus Benzol besteht.
Erklärung. Die Hippursäure enthält die Elemente von Fumarsäure
oder Equisetsäure und Benzamid, die organische Säure zerfällt beim Ko-
ghen mit Bleihyperoxid in Kohlensäure und Wasser, während das Benza**
Mandelsäure.
673
mid frei wird. Benzoylchlorid zerlegt sich mit Ammoniak in Benzamid und
freie Salzsäure, die sich mit dem überschüssigen Ammoniak zu Salmiak
vereinigt. 1 At. Benzoylchlorid C14 H10 02 Cl2 zerlegt sich mit 1 Aeq.
Ammoniak N« H6 in Salzsäure Cl2 H2 und Amid N2 JB4 , das mit Benzoyl
sich vereinigt.
Weitere Verbindungen des Benzoy Iw asser Stoffs.
Mandelsäure .
Ameisensaurer Benzoylwasserstoff. Entdeckt von Winkler. Formel
Cj H2 05 -+- C14 H12 02 -f- aq = 1 At. wasserfreie Ameisensäure und 1 At.
Beuzoylvvasserstoff. Darstellung: Blausäurehaltiger Benzoylwasserstoff
(gewöhnliches Bittermandelöl) wird in Wasser gelöst und unter Zusatz von
Salzsäure bei gelinder Wärme abgedampft. Der Rückstand, welcher aus
Mandelsäure und Salmiak besteht, wird mit Aether übergossen, der die
Mandelsäure auflöst; durch Verdampfung des Aethers erhält man sie kri-
stallisirt, ist sie gefärbt, so reinigt man sie mit thierischer Kohle.
Eigenschaften. Weifses, undeutlich kristallisirtes , körniges Pulver
oder schuppig kristallinische Masse, von stark saurem Geschmack und
schwachem Mandelgeruch, schmilzt unter Wasserverlust zu einer ölarti-
gen Flüssigkeit, die in höherer Temperatur unter Verbreitung eines an-
genehmen, der Bliithe des Weifsdorns ähnlichen, Geruchs sich zersetzt
unter Zurücklassung einer voluminösen Kohle. Sie ist leicht löslich in
Wasser, Weingeist und Aether; zerlegt, damit erwärmt, die essigsauren,
kohlensauren und benzoesauren Salze ; ihre wässerige Auflösung zerlegt
sich beim Erhitzen mit Braunstein in Kohlensäure und Benzoylwasserstoff,
was überdestillirt; dasselbe geschieht bei Einwirkung von Salpetersäure
und Chlor.
Erklärung. Bei Gegenwart von starken Mineralsäuren zerfällt die
Blausäure in Ammoniak und Ameisensäure, die sich im Entstehungsmoment
mit Benzoylwasserstoff zu Mandelsäure verbindet; durch oxidirende Ma-
terien, Braunstein, Salpetersäure, wird durch Hinzutreten von 2 Atomen
Sauerstoff die Ameisensäure in Kohlensäure und Wasser verwandelt, wo-
durch Benzoylwasserstoff frei wird.
Mandelsäure und Metalloxide.
Die Metalloxide verbinden sich leicht mit der Mandelsäure zu gleichen
Atomgewichten zu den mandelsauren Salzen. Das Kali- und Natronsalz
sind leicht löslich, schwer kristallisirbar. Mandelsaurer Baryt kristallisirt in
kleinen, harten, durchsichtigen Prismen. Das Silbersalz erhält man durch
Vermischen von mandelsaurem Ammoniak mit salpetersaurem Silberoxid in
Gestalt einer schweren, körnig kristallinischen, weifsen, in heifsem Was-
ser löslichen und daraus in feinen Blättchen kristallisirenden , wasserfreien
Verbindung.
Benzoesaurer Benzoylwasserstoff.
Entdeckt von Robiquet und Boutron Charlard. Formel C42 H36 08 =
1 Atom Benzoesäurehydrat C14 H12 04 und 2 Atome Benzoylwasserstoff
C28 H24 04. Entsteht bei Berührung von feuchtem Chiorgas mit Bitter-
mandel- und Kirschlorbeeröl, auch beim Zusammenbringen des letzteren
mit y3 rauchender Schwefelsäure fLaurent').
Darstellung. Man sättigt gewöhnliches blausäurehaltiges Bittermandelöl
oder Kirschlorbeeröl mit feuchtem Chiorgas und läfst die Mischung ruhig
stehen , wo sie nach einiger Zeit sich in einen ziemlich festen kristallini-
schen Brei verwandelt, den man kalt mit Aether auswäscht.
Eigenschaften. Blendend weifses kristallinisches Pulver, oder kurze,
dünne, durchsichtige, sehr glänzende, vierseitige Prismen, unlöslich in
Wasser, löslich in Alkohol, in geringer Menge in kaltem Aether, löst
sieh leicht in Alkohol, der mit Kalihydrat gesättigt ist, zu einer farblosen
Flüssigkeit, aus welcher nach einiger Zeit benzoesaures Kali kristallisirt;
674 H ippur säure.
dieser Körper schmilzt in der Wärme, ist in höherer Temperatur flüchtig
ohne Zersetzung.
Erklärung. Feuchtes Chlorgas verwandelt iu Berührung mit Benzoyl-
wasserstoff einen Theil davon in Benzoesäurehydrat, das sich im Entste-
hungsmoment mit Benzoylwasserstoff vereinigt.
Hippursäure.
Entdeckt von J. L. — Hai'nbenzoesäure. Benzamidverbindung mit
einer organischen Säure CI4 H14 02 N2 -H C4 H2 03 (Fumarsäure? Equi-
setsäure? oder von Benzoylwasserstoff C14 Hl2 02, Blausäure C2 N2 H2 und
Ameisensäure C2 H2 03 ?). Formel der kristallisirten Säure N2 Ci8 H16 03
-f- aq. Vorkommen : — in dem Urin der grasfressenden Thiere.
Darstellung. Frischer Urin von Pferden oder Kühen wird bei gelinder
Wärme, die niemals zum Kochen gehen darf, concentrirt, sodann mit
Salzsäure, bis saure Reaction bemerkbar ist, versetzt und der Ruhe über-
lassen, wo unreine gefärbte Hippursäure kristallisirt. Man reinigt sie ent-
weder durch Behandlung mit Thierkohle, wobei man viel verliert, indem
sie aus der Kohle nur schwierig mit heifsem Wasser ausziehbar ist, oder
indem man durch eine kochendheifse Lösung der unreinen Säure Chlorgas
leitet, oder mit etwas Salzsäure vermischt und eine Auflösung won Bleich-
kalk zusetzt, bis zum Verschwinden des Geruchs und der Farbe.
Eigenschaften. Lange, durchsichtige oder milchweifse , vierseitige,
mit zwei Flächen zugeschärfte Prismen , von schwach bitterlichem Ge-
schmack ; röthen stark Lackmus ; sie schmelzen in der Wärme ohne Ge-
wichtsverlust zu einem ölähulichen Liquidum, beim Erkalten kristallinisch
erstarrend, in höherer Temperatur tritt. Zersetzung ein; es destillirt Ben-
zoesäure und benzoesaures Ammoniak in öligeu rothen Tropfen von star-
kem angenehmen Geruch nach Tookabohnen über, welche bald fest und
kristallinisch werden; der Geruch rührt von einem ölartigen Produkte her;
zuletzt entwickelt sich Blausäure und es bleibt eine poröse Bohle. Löst
sich iu 400 kaltem Wasser, in heifsem sehr leicht; löslich in Alkohol und
in geringer Menge in Aether. Löst sich in concentrirter Schwefelsäure
in gelinder Wärme ohne Farbe, in höherer Temperatur schwärzt sich die
Säure, es sublimirt Benzoesäure unter Entwickelung von schwefliger Säure.
&alpete,';sä.ure verwandelt sie leicht und schnell in Benzoesäure. In Salz-
säure ohne Zersetzung löslich. Mit Braunstein und Schwefelsäure gelinde
erwärmt zerfallt sie in Kohlensäure, Ammoniak und Benzoesäure, mit
Bleihyperoxid und Wasser gekocht in Benzamid und Kohlensäure.
(Wenn der Harn längere Zeit sich selbst überlassen bleibt oder ko-
chend abgedampft wird , so erhält man daraus keine Spur Hippursäure ,
sondern lediglich Benzoesäure.)
Erklärung. Die Hippursäure ist iu dem Harn in Verbindung mit einer
Salzbasis, Natron oder Ammoniak, vorhanden, aus welcher sie durch
starke Mineralsäuren abgeschieden wird
Hippursäure und Metalloxide.
Mit den Alkalien und alkalischen Erden verbindet sich die Hippursäure
zu löslichen kristallisirbaren Salzen. Die Verbindungen dieser Säure mit
deu schweren Metalloxiden , bis auf hippursaures Eisenoxid, sind schwer-
löslich in kaltem, leichter in heifsem Wasser löslich und daraus kristallisir-
bar. Das hippursaure Eisenoxid besitzt die Farbe und Beschaffenheit des
benzoesauren. Das Silbersalz ist wasserfrei. Alle hippursauren Salze
werden durch Säuren zersetzt unter Abscheidung der Hippursäure; mit
Kalk- oder Kalihydrat im Ueberschufs geschmolzen entwickeln sie Am-
moniak und eine ölige Flüssigkeit (Benzol).
Brombenzoesäure.
675
Zersetzungsprodukte der Benzoylverbindungen.
Benzoeunter Schwefelsäure.
Synon.: Benzoeschwefelsäure. Zweibasische Säure. Entdeckt von
Mitscherlich. Formel C14 H8 05 -f- S2 05 -+- 2aq.
Darstellung. Mau versetzt eine Auflösung von saurem benzoeunter-
schwefelsaurem Baryt mit verdünnter Schwefelsäure bis zur vollständigen
Ausfällung des Baryts , filtrirt die Flüssigkeit von dem Niederschlag ab und
dampft sie über freiem Bleuer, zuletzt unter der Luftpumpe über Schwe-
felsäure ab, wo sie kristallisirt.
Bildung. 2 At. Schwefelsäure zerlegen sich mit 1 At. Benzoesäure
in Wasser und in Benzoeunterschwefelsäure.
Eigenschaften. Kristallinische farblose Masse, zerfliefslich in feuchter
Luft, von stark saurem Geschmack, verträgt ohne Zersetzung eine Tem-
peratur von 150°, in höherer tritt Zersetzung ein, wird weder durch Ko-
chen mit Salzsäure noch durch Salpetersäure zersetzt , mit Auflösungen
von salpetersaurem Baryt oder Chlorbarium vermischt scheidet sich saurer
benzoeunterschwefelsaurer Baryt ab.
Benzoeunterschwefelsäure und Metalloxide.
Die Benzoeunterschwefelsäare bildet zwei Reihen von Salzen, die
sogenannten neutralen enthalten 2 Aeq. Metalloxid, die sauren, bei 100°
getrocknet, 1 Aeq. Metalloxid und 1 Aeq. Wasser. Alle Salze dieser
Säure hinterlassen nach dem Schmelzen mit überschüssigem Kalihydrat ein
Gemenge von schwefligsaure in , schwefelsaurem und kohlensaurem Kali.
Benzoeunterschwefelsayrer Baryt , saurer. Darstellung : Man leitet
die Dämpfe von wasserfreier Schwefelsäure in eine trockne Vorlage, worin
kristallisirte Benzoesäure enthalten ist, uud umgiebt sie mit kaltem Was-
ser. Die Schwefelsäure vereinigt sich mit der Benzoesäure zu einer durch-
scheinenden terpentinähnlichen Masse, die man mit Wasser vermischt, so-
bald die kristallinische Beschaffenheit der Benzoesäure verschwunden ist.
Die saure Flüssigkeit, nachdem sich in der Ruhe die überschüssig vor-
handene Benzoesäure abgesetzt nat , neutralisirt man mit kohlensaurem
Baryt, dampft ab und vermischt die Flüssigkeit mit Salzsäure, wo nach
dem Erkalten saurer benzoeunterschwefelsaurer Baryt herauskristallisirt.
Man erhält dieses Salz völlig farblos durch Thierkohle und durch wieder-
holte neue Kristallisation frei vou Salzsäure. — Eigenschaften : Schiefe
rhombische, farblose, durchsichtige Säulen, meistens Zwillingskristalle,
in 20 Th. kaltem, leichter löslich in kochendem Wasser, enthält 3 Atome
(9,6 p. c.) Kristall wasser, was bei 100° weggeht.
Neutralen benzoeunterschwefelsauren Baryt erhält man durch Kochen
einer Auflösung des sauren Salzes mit kohlensaurem Baryt; es ist leichter
löslich als das saure Salz, schwer in regelmäfsiger Form zu erhalten,
verträgt eine Temperatur von 350° ohne Zersetzung.
Benzoeunterschwefelsaures Bleioxid, neutrales. Durch Vermischen
einer kochenden verdünnten Auflösung von neutralem Barytsalz mit essig-
saurem Bleioxid kristallisirt dieses Salz nach dem Erkalten in feinen, wets-
sen , seidenglänzenden, sternförmig vereinigten Nadeln, sehr schwerlöslich
in kaltem, leichter in heifsem Wasser, enthält 2 At. Kristallwasser.
Brombenzoesäure.
Zweibasische Säure, entdeckt von Peligot. Formel der kristallisirten
Säure C28 H,8 Bra 08 -h 2aq.
Darstellung. In ein verschliefsbares Gefäfs bringt man trocknes ben-
zoesaures Silberoxid und gleichzeitig Brom, was in einer offenen Röhre
eingeschlossen ist. Man verschliefst diese Vorrichtung und iiberläfst sie
sich selbst bei gewöhnlicher Temperatur. Das durch Verdampfen gebildete
676
Benzol,
Bromgas wird von dem Silbersalz unter Zersetzung absorbirt; sobald röth-
liche Dämpfe bemerkbar sind, ist die Wirkung beendigt. Man behandelt
die Masse mit Aether, welcher die Brombenzoesäure unter Zurücklassung
von Bromsilber auflöst. Durch Abdampfen der ätherischen Lösung scheidet
sich die Brombenzoesäure in Gestalt einer braunen, öligen Materie ab,
die nach einiger Zeit fest und kristallinisch wird, sie enthält meistens et-
was Benzoesäure und einen beigemischten öligen Körper, durch den sie
gefärbt ist. Man verbindet sie zu weiterer Reinigung mit Kali, entfärbt
die Auflösung mit thierischer Kohle, und zersetzt das Kalisalz durch Sal-
petersäure, wo sich reine Brombenzoesäure abseheidet.
Eigenschaften. Farblose kristallinische Masse, bei 100° schmelzbar,
sublimirt bei 250° unter Zurücklassung von Kohle, schwerlöslich in Was-
ser, leicht in Weingeist, Aether und Holzgeist löslich, entzündlich, mit
rufsender am Saume grüngefärbter Flamme verbrennend. Die Auflösungen
der Säure schlagen aus salpetersaurem Silberoxid kein Bromsilber nieder.
Erklärung. Wenn Bromdämpfe auf benzoesaures Silberoxid wirken,
so wird das Oxid und die Säure zerlegt. You 2 Atomen Silberoxid treten
2 Atome Sauerstoff an die Elemente der Säure, es entsteht Bromsilber.
1 Aeq. Wasserstoff von 2 Atomen Benzoesäure verbindet sich ferner mit
1 Aeq. Brom und wird als Bromwasserstoffsäure abgeschieden ; an die
Stelle dieses Aeq. Wasserstoff tritt 1 Aeq. Brom.
(C18 H18 H* 08 -j- 2Ag) H~ 6 Br = (C28 HI8 Br* 08 -h 2Br* Ag)
Die gebildete wasserfreie Brombenzoesäure verbindet sich, wenn sie aus
ihren Salzen durch eine stärkere Säure abgeschieden wird , mit 8 At.
Wasser.
Brombenzoesäure und Metalloxide .
Die Brombenzoesäure bildet mit den Alkalien, mit den alkalischen
Erden, mit dem Zink, Kobalt, Nickel, Quecksilber und Silberoxid lös^-
Jiche zum Theil kristallisirbare Salze; das Blei-, Kupfer- und Quecksilber-
oxidulsalz sind schwerlöslich brombenzoesaures Eisenoxid ist unlöslich
und hat das Ansehen und die Eigenschaften des benzoesaureu Eisenoxids.
Benzol. £Benzin.~)
Formel: CH. Wahrscheinliches Atomgewicht: C12 H12.
Von Faradag zuerst als Zersetzungsprodukt der Destillation organi-
scher Materien entdeckt, später als Hauptprodukt der Zersetzung der kri-
stallisirten Benzoesäure mit Kalkhydrat ia hoher Temperatur von Mitscher-
lich nachgewiesen.
Darstellung. 1 Th. kristallisirte Benzoesäure wird mit 3 Th. Kalk-
hydrat aufs innigste gemischt der Destillation unterworfen. Der erhaltene
ölige Körper wird durch neue Destillation mit Wasser oder über Kalk-
hydrafc und gebrannten Kalk rein erhalten.
Eigenschaften. Farblose, klare Flüssigkeit von eigentümlichem ,
ätherartigem, angenehmem Geruch, siedet bei 86°, spec. Gewieht im flüs-
sigen Zustande ist 0,85, in Gasform 2,738 bei 15°, erstarrt bei 0° zu ei-
ner kristallinischen Masse, bei 7° wieder flüssig werdend, unlöslich in
Wasser, löslich in Aether und Alkohol, wird durch Hydrate von Säuren
nicht verändert; Kalium behält, darin aufbe wahrt, seinen Glanz. Seinem
spec Gewicht im Gaszustande nach enthält es in einem Vol. 3 Vol. Was-
serstoffgas und 3 Vol. Kohlenstoffgas.
Erklärung . Wenn man von 1 At. kristallisirter Benzoesäure die Ele-
mente von 2 At. Kohlensäure hinvvegnimmt, so bleibt Benzol Cu H12 04
— C* 04 = cia Hi*, cs. 670.)
Azobenzid.
677
Zerselzungsprodukt des Benzols.
Sulfobenzid. Entdeckt von Mitscherlich. Formel CI2 H10 SO*. Dar-
Stellung: Benzol wird mit wasserfreier Schwefelsäure zusammeugebracht,
mit der es sich zu einer zähen Flüssigkeit vereinigt, ohne dal's man be-
sondere Zeichen einer Zersetzung wahrnimmt. In wenig Wasser lost sich
die Verbindung auf, bei Zusatz von mehr Wasser schlägt sich Sulfobenzid
Dieder, was man durch Auflösung in Aether und freiwilliges Abdampfen kri-
stallisirt erhält. Eigenschaften: Farbloser und geruchloser, völlig indiffe-
renter Körper, schmilzt bei 100°, kömmt bei höherer Temperatur ins Sie-
den und sublimirt ohne Zersetzung. Erklärung : Bei der Bildung des Sulfo-
benzids zerlegt sich 1 At. Schwefelsäure mit 1 At. Benzol in 1 At. Was-
ser und Sulfobenzid.
Sulfobenzidunter Schwefelsäure. Entdeckt von Mitscherlich. Formel
in den Salzen C12 H10 S* Os. Diese Säure ist in der Flüssigkeit enthalten,
aus der sich in dem vorhergehenden Sulfobenzid abgeschieden hat; sie ent-
steht bei Auflösung des Sulfobenzids in Schwefelsäurehydrat und beim Zu-
sammenbringen von rauchender Nordhäuser Schwefelsäure mit Benzol.
Darstellung : Aus dem sulfobenzidunterschwefelsauren Kupferoxid mit
Schwefelwasserstoff. Eigenschaften: Sehr saure Flüssigkeit, beim Ab-
dampfen bis zur Syrupconsistenz kristallisirend / verträgt 300° ohne Zer-
setzung. Erklärung : Läfst sich als eine Verbindung von Sulfobenzid mit
Schwefelsäurehydrat betrachten, was ihre Bildung erklärt.
Sulfobenzidunter schwefelsaurer Baryt. Darstellung : Man setzt zu
rauchender Schwefelsäure soviel Benzol als davon aufgelöst wird, wobei
man abkühlt, vermischt die erhaltene Auflösung mit Wasser, filtrirt, um
das niederfallende Sulfobenzid zu entfernen , und sättigt die Flüssigkeit
mit kohlensaurem Bäryt. Durch eine neue Filtration trennt man den ge-
bildeten schwefelsauren Baryt, und erhält nun beim Abdampfen sulfoben-
zid unterschwefelsauren Baryt in undeutlich kristallinischen Krusten.
Sulfobcnzidunterschwefelsaures Kupferoxid. Die so eben beschriebene
Auflösung des Barytsalzes wird mit schwefelsaurem Kupferoxid genau zer-
setzt, wo man unlöslichen schwefelsauren Baryt und in der Auflösung
sulfobenzidunterschwefelsaures Kupferoxid erhält, das nach dem Abdam-
pfen und Abkühlen in regelmäfsigen und grofsen Kristallen anschiefst.
Dieses Salz enthält Kristallwasser, was es bei 170° verliert; es kann auf
330° ohne Zersetzung erhitzt werden.
Nitrobenzid.
Entdeckt von Mitscherlich. Formel: C12 HI0 N* 04. Darstellung:
Man bringt in erwärmte rothe rauchende Salpetersäure so lange Benzol,
als sich darin auflöst, setzt Wasser zu und läfst erkalten; es schlägt sich
Nitrobenzid nieder. Eigenschaften: Bei 15° gelbe Flüssigkeit von intensiv
siifsem Geschmack und zimmtähnlichem Geruch, siedet bei 313°, spec.
Gewicht des flüssigen 1,309, des Gases 4,294. Kristallisirt bei -1-3° in Na-
deln, unlöslich in Wasser, mit Alkohol und Aether mischbar. Löslich in
verdünnten Säuren, daraus fällbar durch Wasser, wird durch concentrirte
Schwefelsäure zersetzt, nicht durch Alkalien.
Azobenzid.
Entdeckt von Mitscherlich. Formel: C12 H10 N2. Darstellung: Man
löst Nitrobenzid in Alkohol und erwärmt mit trocknem Kalihydrat; die
erhaltene roihe Auflösung wird destiliirt, wo zuerst Alkohol sodann Azo-
benzid übergeht, was in einer besondern Vorlage aufgefangen wird. Ei-
genschaften: Grofse rothe Kristalle, bei 65° schmelzbar, siedet bei 193°.
Die Bildung dieses Körpers ist bis jetzt unerklärt.
678
Chlorbenzol. Hy dro benzamid.
Chlorbenzol .
Von Mitscherlich und Peligot entdeckt, Formel : C2 Ha CI, oder C„
Hj, Clia. Darstellung: Benzol verwandelt sich in Chlorgas im Sonnen-
licht in eine kristallinische Masse von Chlorbenzol. Eigenschaften: Farb-
loser* kristailisirbarer, bei 132° schmelzbarer Körper, siedet unter theil-
weiser Zersetzung bei 288°. Unlöslich in Wasser, löslich in Alkohol und
Aether, aus letzterem leicht kristallisirbar.
Chlor benzid .
Entdeckt von .Mitscherlich. Formel: C12 H6 CI6. Bildung: Bei der
Destillation des Chlorbenzols trennt sich davon die Hälfte Chlor und Was-
serstoff. Darstellung : Man destillirt Chlorbenzol mit Kalkhydrat. Eigen-
schaftent Farblose, ölartige Flüssigkeit; siedet bei 210°, spec. Gew. des
Gases 6,37, der Flüssigkeit bei 7° 1,457.
Mit Brom bildet das Benzol ähnliche Verbindungen.
Benzon.
Von Peligot und Mitscherlich entdeckt. Synonyme: Carbobenzid von
Mitscherlich. Formel: C15 HJ0 0. Entsteht bei Destillation des benzoe-
sauren Kalks (S. 670). Darstellung : Das Produkt der Destillation von
benzoesaurem Kalk wird zuerst im Wasserbade, später bis auf 200° erwärmt,
solange noch Benzol übergeht, der Rückstand sodann der Destillation un-
terworfen. Das Destillat ist Benzon , was gewisse Quantitäten Naphthalin
aufgelöst enthält; durch eine Erkältung auf — 20° C. scheidet sich letzte-
res ab, die darüber stehende Flüssigkeit betrachtet Peligot als reines Ben-
zon. Eigenschaften: Farblose oder schwachgelbliche, dickflüssige, öl-
artige Flüssigkeit, schwerer wie Wasser. Wird durch Schwefelsäure und
Chlor zerlegt, nicht durch Salpetersäure oder Kalihydrat.
Tier Setzung sprodukte des Benzoylwassersloffs.
Hydrobenzamid.
Von Laurent entdeckt. Formel: C42 H36 N4. Darstellung : Reinen
BenzoylwasserstofF übergiefst man in einem verschliefsbareii Gefäfse mit
dem 20fachen Vol. concentrirteu Aetzammoniaks und erhält die Mischung
einige Stunden laug bei einer Temperatur von 40 — 50°. Die gebildete
weifse kristallinische Masse wird kalt mit Aether ausgewaschen , wo rei-
nes Hydrobenzamid zurückbleibt, was sich durch Auflösen in Alkohol und
Verdampfen in gewöhnlicher Temperatur in regelmäfsigen Kristallen erhal-
ten läfst. Eigenschaften: Regelmäfsige , farblose Octaeder oder rhombi-
sche Prismen, färb-, geruch- und geschmacklos, schmilzt bei 110°, brenn-
bar mit rufsender Flamme; bei trockner Destillation wird es unter Zurück-
lassung von Kohle zerlegt; unlöslich in Wasser, löslich in Alkohol, in
geringerer Menge in Aether. Die weingeistige Auflösung wird beim Ko-
chen zerlegt in Ammoniak und Bittermandelöl. Mit Salzsäure gelinde er-
wärmt, zerfällt es leicht und schnell in BenzoylwasserstofF und Salmiak.
Kalihydrat zeigt kaum eine Einwirkung; verändert sich beim Aufbewahren.
Bildung: 3 At. BenzoylwasserstofF zerlegen sich mit 2 Aeq. Ammoniak in
Hydrobenzamid und Wasser 3(C14 Hia 02) N4 HI2 6H2 0 und C4,H56 N4.
Wenn zur Darstellung des Hydrobeuzamids rohes Bittermandelöl an-
statt des reinen BenzoylwasserstofFs genommen wird, so erhält man eine
gelbliche, harzähnliche Masse, welche ein Gemenge von Hydrobenzamid ,
Benzhydramid , Azobenzoyl und Nitrobenzoyl ist. ( Laurent; Ann. de
chim. et de phys. LXVI. p. 180.)
Benzhydramid. Besitzt dieselbe Zusammensetzung wie das Hydrobeu-
zamid- Darstellung : Man kocht die erwähnte harzähnliche Masse mit
Aether, wo sich Hydrobenzamid und Benzhydramid löst; das erstere zer-
legt sich bei fortgesetztem Sieden in Ammoniak und BenzoylwasserstofF,
Benzoin.
679
das letztere kristallisirt beim Erkalten der Auflösung gemengt mit Azo-
benzoyl. Man scheidet beide durch Behandlung mit kochendem Alkohol ,
welcher Azobenzoyl zuriickläfst , und reinigt das Benzhydraraid durch neue
Kristallisationen in Alkohol. Eigenschaften : Kristallisirt in rechtwinklichen
oder sechsseitigen Säulen , schmilzt beim Erhitzen zu einer durchsichtigen,
nach dem Erkalten nicht kristallinischen Masse, bei höherer Temperatur
unter Zurücklassung von Kohle zersetzbar. Wird durch kochende Salz-
säure nicht verändert. Die Kristalle des Benzh}-dramids sind mehrentheils
mit andern gemischt, deren Form und Verhalten auf einen von demselben
verschiedenen Körper hinvveisen.
Azobenzoyl. C42 Il30 N4. Der Rückstand von der Darstellung des Benz-
hydramids enthält Azobenzoyl und Nitrobenzoyl ; man behandelt ihn mit
dem lOOfacheu Gewichte kochenden Alkohols, aus welchem das erstere
nach dem Erkalten kristallisirt. Eigenschaften : Feines, weil'ses, kristal-
linisches, durch die Wärme unter Zurücklassung von Kohle zersetzbares
Pulver. Kann seiner Zusammensetzung nach aus Benzoyl entstanden seyn,
von welchem sich 3 Atome mit 4 At. Ammoniak in Wasser uud Azoben-
zoyl zerlegt haben; C42 Hä0 06 -f- N4 HJ2 ~ C42 H50 N4. H- H12 06.
Nitrobenzoyl. C14 H10 N2. Darstellung : Der in kochendem Alkohol
unlösliche Rückstand von der Darstellung des Azobenzoyls ist Nitrobenzoyl
(Azotide benzoilique). Eigenschaften : Geschmackloses, weifses, kristal-
linisches, in Weingeist sehr schwerlösliches Pulver, wird durch eine hohe
Temperatur zerstört. Wird durch Alkalien in einen andern kristallinischen
Körper zersetzt.
Benzimid.
Entdeckt von Laurent. Formel : C28 H22 04 Na. Bestantheil des rohen
Bittermandelöls. Eigenschaften: Weifse, geruchlose, flockige, ungemein
leichte, perlmutterartig glänzende Nadeln und Lamellen, unlöslich in Was-
ser, sehr"wenig in kochendem Alkohol und Aether, etwas mehr in Holzgeist;
schmilzt und erstarrt bei 1 67° C., leicht entzündlich, brennt mit rother,
rufsender Flamme, löslich und zersetzbar durch Salpetersäure, Salzsäure
und concentrirte Schwefelsäure; die letztere wird dadurch dunkelindigblau,
bei Gegenwart von Feuchtigkeit smaragdgrün, gefärbt. Nach Laurent zer-
fällt es mit Säuren in Ammoniak und Benzoesäure, doch sind seine Versu-
che, aus Mangel an Materie, als nicht entscheidend über die Natur derselben
zu betrachten. Ueber die Art seiner Bildung weifs man nichts, der For-
mel nach kann es angesehen werden als wasserfreies saures benzoesaures
Ammoniak, welches ܧ At. Wasser verloren hat.
Isomere Verbindungen des Benzogis .
Benzoin .
Entdeckt von Robiquet und Boutron Charlard. Empirische Formel:
C14 H12 0*. Entsteht bei Berührung von blausäurebaltigem Bittermandelöl
mit Alkalien, nicht mit reinem BenzoylwasserstofF. Darstellung : Der Rück-
stand von der Destillation des rohen Bittermandelöls mit Kalk und Eisen-
chlorür ist ein Gemenge von Benzoin mit Kalk und Eisenoxidulhydrat; man
behandelt ihn mit Salzsäure, welche Eisen und Kalk auflöst, und reinigt
das zurückbleibende Benzoin durch Auflösung in Alkohol und Behandlung
mit Thierkohle. Rohes Bittermandelöl wird in der Wärme in Kalk- oder
Barytwasser vollkommen gelost und diese Flüssigkeit in einer verschlossenen
Flasche mehrere Stunden lang in siedendes Wasser gestellt, wo sie sich
mit feinen, Schneeflocken ähnlichen, Kristallen an füllt, die man durch
Auflösen in Alkohol nach dem Abkühlen rein erhält.
Eigenschaften. Klare, farblose, stark glänzende, geruch- und ge-
schmacklose Prismen, bei 120° schmelzbar, in höherer Temperatur ohne
Veränderung destillirbar, leicht entzündlich, mit rufsender Flamme bren-
nend, unlöslich in kaltem, wenig in kochendem Wasser, löst sich in ko-
680
Benzil. Benzilsäure.
chendem Alkohol leichter als in kaltem. Löslich in Schwefelsäure mit
veilchenblauer Farbe , in der Hitze braun , grün , zuletzt schwarz wer-
dend unter Entwickelung von schwefliger Säure, in wässerigen Alkalien
nicht löslich; mit Kalihylrat geschmolzen entsteht benzoesaures Alkali
unter Entwickelung von Wasserstoffgas. Von einer Auflösung von Kali-
hydrat in Alkohol wird es mit violettblauer Farbe gelost, beim Kochen in
Benzilsäure übergehend ; wird beim Durchtreiben seines Dampfes durch
eine gluhende Glasröhre in einen öligen Körper verwandelt vom Geruch
des Bittermandelöls, der an der Luft sich in Benzoesäure verwandelt
(Benzoyl Wasserstoff), wird durch Brom zersetzt, Chlorgas entzieht ihm
beim Schmelzen Wasserstoff, wodurch es in Benzil übergeht.
Erklärung. Die Rolle, welche die Blausäure bei der Bildung des
Benzoins durch die Einwirkung der Alkalien auf Benzoylwasserstoff spielt,
ist bis jetzt noch dunkel; es ist Thatsache, dafs es aus reinem Benzoyl-
wasserstoff nicht hervorgebracht werden kann, dafs es aber nach wenigen
Stunden entsteht, wenn zu einer heifs erhaltenen Auflösung von Benzoyl-
wasserstoff in Barytwasser sehr wenig Blausäure zugesetzt wird. Nach
der Abscheidung des Benzoins findet sich in der Flüssigkeit Ammoniak und
Benzoesäure, aber nur Spuren von Mandelsäure.
Hydrobenzoinamid. Benzoinamid. Besitzt dieselbe Zusammensetzung
wie das Hydrobenzamid. Darstellung : Man erwärmt Benzoin gelinde mit
wässerigem Ammoniak. Eigenschaften : Weifses, geruch- und geschmack-
loses Pulver, destillirbar ohne Zersetzung.
Benzil.
Synon.: Benzoyl von Laurent; von demselben zuerst erhalten. Em-
pirische Formel: C14 H10 02. Darstellung : Man leitet über geschmolzenes
Benzoin solange Chlorgas, als man noch ein Entweichen von Chlorwas-
serstoffsäure bemerkt. Die rückbleibeude nach dem Erkalten kristallinische
Masse wird in heifsem Alkohol gelöst, aus dem sich nach dem Erkalten
reines Benzil absetzt. Der Rückstand von der Destillation des rohen Bit-
termandelöls mit Kalk uud Eisenchlorür besteht zuweilen aus einem Ge-
menge von Benzil mit Benzoin, sie lassen sich leicht durch Kristallisation
von einander trennen.
Eigenschaften. Grofse schwefelgelbe, durchscheinende, regelmäfsige
sechsseitige Säulen, dem rhomboidalen Systeme angehörend, farblos,
geruch- und geschmacklos, schmelzbar bei 90 — 92° , unlöslich in Wasser,
löslich in Alkohol und Aether, von der Härte des Zuckers, zwischen den
Zähnen knirschend, unzersetzt destillirbar, an der Luft erhitzt entzünd-
lich, mit rother rul'sender Flamme verbrennend, löslich in concentrirter
Schwefelsäure und daraus wieder fällbar durch Wasser, unlöslich und un-
zersetzbar beim Kochen mit wässeriger Kalilauge , löslich unter Zersetzung
in einer weingeistigen Lösung von Kalihydrat mit violettblauer Farbe und
in Benzilsäure übergehend.
Benzilsäure.
Entdeckt von J. L. Formel : Cas H22 Os -4- aq. Darstellung i Man
kocht Benzoin oder Benzil mit einer concentrirten Lösung von Kalihydrat
in Alkohol, worin es sich leicht mit violetter Farbe löst, die beim Kochen
wieder verschwindet, setzt von Zeit zu Zeit neue Mengen der frischen
Kalilösung zu , und zwar so lange als bei jedem Zusatz sich die Flüssig-
keit noch blau färbt, neutralisirt alsdann vorsichtig mit Salzsäure, wo sich
etwas harzartige Materie äbscheidet , die man von der kochend heifsen
Flüssigkeit abfiltrirt; inan setzt dem Filtrat einen Ueberschufs von Salz-
säure zu und läfst erkalten, wo Benzilsäure kristallisirt.
Eigenschaften. Durchsichtige, farblose, glänzende, rhomboedrische
Kristalle, in kaltem Wasser schwer, in heifsem leichter löslich, beim Er-
kalten der Auflösung der harzhaltigen Säure wird die Flüssigkeit vor der
Kristallbildung trübe milchähnlich, schmelzbar bei 120°, nicht flüchtig, in
Amygdalin.
681
höherer Temperatur sublirairt Benzoesäure , es entwickelt sich ein veil-
chenblau gefärbter Dampf und es bleibt Kohle zurück. Kalt mit concen-
trirter Schwefelsäure in Berührung färbt sich diese lebhaft carminroth.
Ausser dem Silbersalze, was man in Gestalt eines weifsen kristalli-
nischen, im Wasser unlöslichen, Niederschlags erhält, sind keine Verbin-
dungen dieser Säure bekannt; in diesem Salz ist das Hydratwasser der
Säure durch ein Aequivalent Silberoxid ersetzt.
Erklärung. Wenn man zu 2 At. Benzil die Elemente von 2 At. Was-
ser hinzurechnet, so hat man die Zusammensetzung der Benzilsäure, in
welcher letzteren 1 At. Wasser als Hydratwasser zu betrachten ist, in-
dem es durch Metalloxide vertreten werden kann. Die Menge der er-
wähnten harzartigen Materie, die sich gleichzeitig mit dieser Säure bildet,
ist gering und steht wahrscheinlich damit in keiner Beziehung. An der Bil-
dung der Benzilsäure aus Benzoin scheint der Sauerstoff der Luft wesent-
lichen Antheil zu haben, doch sind alle diese Vorgänge noch nicht gehö-
rig erforscht.
Azobenzoid. C42 H35 Ns ? Bittermandelöl, was durch Dampf- Destil-
lation aus bittern Mandeln per descensum dargestellt war, gab mit Ammo-
niak zusammengestellt einen braunen, zähen Körper, der durch Alkohol
und Aether von allem Löslichen befreit , Azobenzoid zurückliefs. Weifser,
pulverförmiger, nicht kristallinischer Körper ; zerlegbar durch Hitze ( Lau-
rent).
ln die Benzoy Ireihe gehörende Verbindungen.
Amygdalin .
Von Robiquet und Boutron Charlard entdeckt. Formel im wasser-
freien Zustande C40 HS4 N2 022. Bestandtheil der bittern Mandeln und der
Beeren des Kirschlorbeers (Winkler"). Darstellung : Bittre Mandeln wer-
den feingepulvert und zur Entfernung des fetten Oels zwischen heifsen
Eisenplatten ausgeprefst. Die rückständige Kleie kocht man wiederholt mit
Weingeist von 93 — 94 p. c. aus, destillirt von den erhaltenen Abkochun-
gen den Weingeist, am besten im Wasserbade, ab, verdünnt den syrup-
artigen Rückstand mit Wrasser, setzt etwas Hefe hinzu und überläist ihn
an einem warmen Orte sich selbst. Nach dem Aufhören der bald eintre-
tenden Gährung filtrirt man die Flüssigkeit, dampft sie im Wasserbade zur
Syrupconsistenz ab und mischt sie mit Alkohol von 94 p. c. Alles Amyg-
dalin schlägt sich beinahe vollständig in Gestalt eines weifsen kristallini-
schen Pulvers nieder. Man prefst es aus und reinigt es durch neue Kri-
stallisationen aus Alkohol.
Eigenschaften. Aus Alkohol kristallisirt stellt das Amygdalin seiden-
glänzende Schuppen oder kurze Nadeln dar, geruchlos, von schwach bit-
termandelartigem Geschmack, einer höheren Temperatur ausgesetzt zer-
legt es sich unter Aufblähen mit einem Geruch nach Weifsdornblüthe
und hinterläfst eine voluminöse Kohle; kaum löslich bei gewöhnlicher
Temperatur in wasserfreiem Alkohol, in kochendem leichter; die nach
dem Erkalten erhaltenen Kristalle enthalten Alkohol, den es an der Luft
verliert. In Wasser löst es sich leicht und in grofser Menge, eine bei
40° gesättigte Auflösung giebt beim Erkalten grofse, seidenartig glän-
zende, durchsichtige Prismen, welche 6 Atome (10,57 p. c.) W’asser ent-
halten, wrovon sie über concentrirter Schwefelsäure 2 Atome (3,52 p. c.)
verlieren. In trocknem Chlorgas bleibt es unverändert, in feuchtem wird
es zersetzt, indem es aufschwillt und ein weifses, nicht in Wasser und
Alkohol lösliches Pulver hinterläfst, was nicht untersucht ist. Bei Behand-
lung mit verdünnter Salpetersäure, oder mit Braunstein und Schwefelsäure,
zerfällt es in Ammoniak, Benzoylwasserstoff, Benzoesäure, Ameisensäure
und Kohlensäure, welche letzteren bei der Destillation übergehen; mit
ätzenden Alkalien wird es zerlegt in amygdalinsaure Salze und Ammoniak,
mit übermangansaurem Kali zerfällt es in cyansaures und bonzoesaures Kali.
Geiger' t Pharmacia. /* ( Sie Jlufl,) 44
682
Bittermandel wasser.
Erklärung. Das Amygdalin ist in den bittern Mandeln fertig gebildet
enthalten und wird durch Weingeist neben Zucker daraus aufgenommen 5
letzterer verhindert die Kristallisation des Amygdalins , welche Schwierig-
keit durch Gährung hinweggeräumt wird. Man erhält 3 — 4 p. c. Amyg-
dalin,
Amygdalinsäure.
Von W. und J. L. entdeckt. Formel der wasserhaltigen: C4'0 HS2 024
H- aq. Darstellung: Man löst Amygdalin in Barytwasser und erhält die
Auflösung so lange im Sieden, als noch Ammoniak entwickelt wird; man
schlägt alsdann allen Baryt mit Schwefelsäure nieder und dampft im Was-
serbade ab. Eigenschaften : Farblose, durchsichtige, nicht kristallinische
Masse, von angenehm saurem Geschmack, zerfliefst an feuchter Luft,
unlöslich in Alkohol und Aether. Wird mit Salpetersäure oder mit Man-
ganhyperoxid und Schwefelsäure erwärmt zerlegt , wobei Benzoylwasser-
stoff, Ameisensäure und Kohlensäure sich entwickeln. Bildet mit allen
Basen lösliche Salze, mit Bleioxid ein basisches unlösliches Salz; sie sind
sehr wenig untersucht. In dem trocknen amygdalinsauren Baryt ist das in
obiger Formel angeführte Kristallwasser durch 1 At. Baryt ersetzt.
Anhang zu den Benzoyl Verbindungen.
Blausäurehallige Auflösung von Ben%oylwassersloff in Wasser .
Bittermandelwasser .
§. 68. Darstellung . Der Rückstand von 2 Pfund durch
Auspressen zwischen heifsen Eisenplatten von allem fetten Oel
befreiten bittern Mandeln wird in einem verschliefsbaren De-
stillirapparate mit kaltem Wasser zu einem dünnen Brei ange-
rührt und nach zwölfstündiger Digestion der Destillation un-
terworfen. (Um das Anbrenuen zu vermeiden geschieht diese am zweck-
mäfsigsten durch Dampfdestillation oder in einem Bade von Chlorcalcium.)
Von dem Destillate werden zwei Pfund aufgefangen, f Geiger. J
§, 69. Eigenschaften. Weifslich trübe Flüssigkeit von
starkem Geruch und Geschmack nach Blausäure und Bitter-
mandelöl 5 meistens setzt sich daraus in der Ruhe eine gewisse
Quantität Oel ab (blausäurehaltender Benzoyl wasserstotf).
Nach 2 A Stunden wird sie klar und wird oft in lufthaltenden
Flaschen wieder trübe. Enthält frisch bereitet in der Unze
1 V14 Gran wasserfreie Blausäure, dieser Gehalt vermindert sich
sehr schnell mit der Dauer des Autbewahrens. (Dieses Wasser
besitzt die Eigenthümlichkeit , dafs sein Blausäuregehalt durch directeu
Zusatz von salpetersaurem Silberoxid nicht abscheidbar ist, sie erfolgt
vollkommen, wenn das Wasser mit salpetersaurem Silberoxid und Ammo-
niak versetzt und das Ammoniak nach einiger Zeit mit Salpetersäure neu-
tralisirt wird, wo sich Cyansilber niederschlägt. Eine Auflösung von rei-j
neni Benzoylwasserstoff, dem man Blausäure zusetzt, verhält sich auf die-
selbe Weise. Mit Salzsäure vermischt abgedampft liefert dieses Wasser
einen Rückstand von Salmiak und Mandelsäure.)
Wird als Arzneimittel angewendet ; ist giftig.
Kirschlorbeerwasser.
%. 76. Darstellung. 2 Theile frische Blätter von Prunus
Lauro- cerasus L. werden mit Wasser der Destillation unter-
worfen und 3 Theile des Destillats aufgefangen. Verhält sich
wie das Bittermandelwasser und dient zu demselben Gebrauche.)
S y n a p t a s.
683
Die meisten Pliarmacopöen schreiben zur Darstellung beider Wasser
feinen Zusatz von Weingeist vor, welcher vor der Destillation zwecklos
und nachtheilig ist; dem dargestellten Wasser zugesetzt hindert der Wein-
geist hingegen das Trübwsrden , giebt aber alsdann leicht Veranlassung
zum Sauerwerden.
Bildung des Benzogiwasserstoff s aus bitter n Mandeln .
Das Weifse der siifsen sowie der bittern Mandeln besteht zum grofsen
Theil aus einer Materie, welche in hohem Grade ausgezeichnet ist durch
eine eigenlhümliche Zersetzung, die sie bei Gegenwart von Wasser und
Amygdalin selbst erleidet und auf Amygdalin hervorbringt. W. und J. L.
bezeichneten diese Materie mit Emulsin. Robiquet hat diese Substanz isolirt
und Synaptase genannt. Sie ist im Wasser löslich, wird durch Weingeist
in weifsen Flockeu gefällt, die sich wieder in Wasser lösen, wird weder
durch Säuren noch durch essigsaures Bleioxid gefällt, wird bei 60° coa-
gulirt wie Eiweifs, enthält Stickstoff und zerlegt sich mit Alkalien ge-
kocht in Ammoniak und eine neue Säure. Löst man 10 Theile Amygdalin
in 100 Theilen Wasser und setzt eine Emulsion von süfsen Mandeln oder
eine Auflösung von t Th. Synaptase in 10 Wasser hinzu, so geht augen-
blicklich die erwähnte Veränderung vor sich, das Gemisch wird in reflec-
tirtem Lichte schwach opalisireud ohne seine Klarheit zu verlieren; man
bemerkt in der Mischung den Geruch naeh Bittermandelöl , und bei der
Destillation geht mit dem Wasserdampfe Blausäure und Benzoylwasserstoff
über. Der1 Rückstand ist trübe von coagulirter Synaptase, er liefert ab-
gedampft eine sehr süfse Flüssigkeit, welche kristallisirbaren Zucker ent-
hält, nach der Zerstörung dieses Zuckers durch Gährung findet man im
Rückstand eine nicht flüchtige Säure. Die Menge des Zuckers ist gröfser,
als das Amygdalin seinen Bestandtheilen nach enthalten kann; an seiner
Bildung scheinen die Elemente des Synaptas wesentlichen Autheil zu haben.
Die vollständige Zersetzung ist abhängig von der Menge des Wassers,
worin Amygdalin und Synaptase gelöst sind; beträgt sie weniger, als der
abgeschiedene BenzoylwasserstolF bedarf, um davon gelöst zu werden, so
bleibt eine entsprechende Menge Amygdalin unzersetzt. Coagulirtes Sy-
naptas hat keine bemerkbare Wirkung auf Amygdalin.
Diese Thatsachen erklären eine Reihe von Erscheinungen, die man
schon lange kennt. In den frischen bittern Mandeln ist Synaptas neben
Amygdalin und fettem Oel in einer Weise enthalten, dafs die beiden er-
steren auf einander keine Wirkung ausüben können. Durch die Entfer-
nung des Wassers beim Trocknen der Mandeln wird jeder Wirkung dieser
Art eine Grenze gesetzt. Beim Pressen der zerriebenen Mandeln wird das
fette Oel getrennt, und beim Behandeln der Kleie mit siedendem Weingeist
löst sieh das Amygdalin auf, während Synaptas coagulirt wird.
Wird die Bittermandelkleie mit Wasser befeuchtet, so geht augen-
blicklich die oben beschriebene Zersetzung vor sich; man bemerkt Geruch
und Geschmack von Blausäure und Bittermandelöl; wird eine Emulsion mit
wenig Wasser davon gemacht, so bleibt eine Portion Amygdalin unzer-
setzt; man kann es durch Zusatz von Weingeist von den darin unlöslichen
Materien trennen und kristallisirt erhalten. Ist die Quantität Wasser hin-
reichend, so findet sich nach einiger Zeit kein freies Amygdalin mehr vor.
Läfst man die Bittermandelkleie in siedendes Wasser fallen, so wird
das Synaptas in den Zustand versetzt, wo es aufhört zersetzend zu wir-
ken , man erhält bei der Destillation keine Spur von Blausäure oder Bit-
termandelöl.
Bei der Destillation der Bittermandelkleie zum Behuf der Darstellung
des Oels und der io der Arzneikunde gebräuchlichen destillirten Wasser
mufs aus den angeführten Gründen die Bittermandelkleie mit etwa 20 Tb-
lauwarmen Wassers aBgerührt und dieses Gemisch 24 Stunden sich selbst
überlassen bleiben.
684
Bildung des Benzoylwasserstoffs.
100 Theile Amygdalin geben 47 Tlieile rohes Bittermandelöl , was 5,9
wasserfreie Blausäure enthält; und 17 Gran Amygdalin in einer Unze
Mandelmilch von süfsen Mandeln gelöst; giebt eine Flüssigkeit; worin 1
Gran wasserfreie Blausäure enthalten ist; diese Mischung ist als Arznei-
mittel in Vorschlag gebracht worden. Da ßenzoylwasserstoff und Blau-
säure vor allen andern Materien ausgezeichnet siBd durch ihre Neigung
in Berührung mit Wasser und Luft neue Verbindungen einzugehen; oder
sich in neue Produkte zu zerlegen; so ist das destiHirte Bittermandelwas-
ser ein je nach der Dauer der Aufbewahrung höchst veränderliches Arz-
neimittel.
Die Blätter des Kirschlorbeers scheinen ebenfalls Amygdalin zu ent-
halten neben einem Körper, welcher bei der Destillation derselben mit
Wasser auf eine ähnliche Weise darauf zersetzend einwirkt wie Synap-
tas, indem das destillirte Kirschlorbeerwasser die nemlichen Bestandteile
enthält wie das destillirte Bittermandelwasser.
Das Amygdalin enthält in 1 Atom die Elemente von 1 Aeq. Blausäure,
2 Aeq. ßenzoylwasserstoff, 1 At. Zucker (C6 H10 Os), 2 Aeq. Ameisen-
säure und 7 Atome Wasser; die Amygdalinsäure die Elemente von 2 At.
ßenzoylwasserstoff, 1 At. Zucker, 3 Aeq. Ameisensäure und 6 At. Was-
ser. Robiquet machte neuerdings (Journal de pharm. 1838. S. 328) ein
Verfahren bekannt, nach welchem man den eigentümlichen Stoff aus den
süfsen Mandeln, nemlich das Synaptas, dem die Eigenschaft angehört,
das Amygdalin in Berührung mit Wasser zu zerlegen , auf folgende Weise
gewinnt. Durch Pressen von allem fetten Oel möglichst» befreite sülse
Mandeln werden in ihrem doppelten Gewicht Wasser verteilt und nach
zweistündiger Maceration einem steigenden Druck in einer Presse unter-
worfen. Man filtrirt die erhaltene Flüssigkeit, setzt Essigsäure hinzu so
lange sich ein dicker weifser Niederschlag, von sogenanntem vegetabilischem
Eiweils, bildet, vermischt sie sodann mit essigsaurem Bleioxid zur Ab-
scheidung des Gummi’s, und erhält auf diese Weise eine Flüssigkeit, worin
freie Essigsäure, essigsaures Bleioxid, Zucker und Synaptas allein ent-
halten sind ; durch Schwefelwasserstoffgas entfernt man das Bleioxid und
schlägt sodann durch Weingeist das Synaptase nieder, Zucker und freie
Essigsäure bleiben aufgelöst. Man wäscht den Niederschlag mit Alkohol
und trocknet ihn im luftleeren Raume über Schwefelsäure.
Nach dem Trocknen stellt das Synaptas eine gelblichweifse , horn-
artige, harte, brüchige, undurchsichtige, poröse Masse dar, sehr löslich
in kaltem Wasser, die wässerige Auflösung zerlegt sich sehr bald von
selbst, sie wird trübe, es bildet sich darin ein weifser Niederschlag und
sie nimmt einen Fäulnifsgeruch an. In der frischen Auflösung bewirkt
Jodtinktur eine intensive rosenrothe Färbung, ohne Niederschlag. Die
Zusammensetzung dieser Materie ist noch nicht ausgemittelt.
"Wenn einer Emulsion von süfsen Mandeln mit Aether alles fette Oel
entzogen wird, so erhält man eine klare dickliche Flüssigkeit, welche mit
Alkohol vermischt, einen dicken weifsen Niederschlag fallen läfst, wel-
cher zu einer durchscheinenden hornartigen Masse austrocknet, es ist dies
der Körper, welcher von W. und J. L. Emulsin genannt wurde, der
aber, wie es nach der Darstellungsmethode von Robiquet scheint, vege-
tabilisches Eiweifs eingemengt enthält. Richctrdson und Thomson haben
dieses Emulsin analysirt und darin in zwei Analysen gefunden:
Kohlenstoff 49,025 — 48,555
Wasserstoff 7,788 — 7,677
Sauerstoff 24,277 — 25,026
Stickstoff 18,910 — 18,724
100,000 — 100,000
Mit Baryt oder kaustischen Alkalien gekocht entwickelt dieser Körper
reichlich Ammoniak.
Salicyl.
685
Theoretische Ansichten über die Zusammensetzung
der Benzoylverbi n düngen.
In dem Vorhergehenden sind die Benzoyiverbindungen nach einer An-
sicht entwickelt worden, die sich auf eine natürliche Weise an das Ver-
halten der einfachen Radikale anschliefst, mit den Abweichungen und Ver-
schiedenheiten jedoch, die in der Zusammengesetztheit des Benzoyls be-
gründet liegen und an und für sich vorausgesetzt werden müssen. Das Bit-
termandelöl läfst sich übrigens auch als eine Verbindung von 2 At. Ben-
zoesäure mit einem Kohlenwasserstoff betrachten , der nach der Formel
C14 ff10 + OH zusammengesetzt ist. Das eigentliche Radikal der Benzoe-
verbindungen wäre hiernach ein nach der Formel C14 H10 zusammengesetz-
ter Kohlenwasserstoff, die Benzoesäure wäre die höchste Oxidatiousstufe
C14 H10 4- Oj, und in dem Bittermandelöl die, diesem Oxide correspondi-
rende, Wasserstoffverbinduug enthalten; das Benzoylchlorid würde nach
dieser Ansicht eine Verbindung seyn von 2 At. Benzoesäure mit dem cor-
respondirenden Chlorid dieses Radikals 2C14 H10 03 -4- CI4 H10 Cl6. In der
anorganischen Chemie existiren in dem chromsauren Chromclilorid, molyb-
dänsauren Molybdänchlorid analoge Verbindungen. Es ist schwer, nach
dieser von Dumas zuerst aufgestellten Vorstellung sich Rechenschaft über
die Bildung des Hydrobenzamids , des Benzamids und anderer Verbindun-
gen zu geben. Mitscherlich betrachtet die sublimirte Benzoesäure als
eine wasserfreie Säure, welche aus 2 At. Kohlensäure und 1 At. Benzol
(C12 H12) besteht, bei dem Zusammenbringen mit eiuer Base würden nach
ihm 2 At. Wasserstoff aus dem Benzol sich mit 1 At. Sauerstoff aus der
Kohlensäure zu Wasser verbinden, und ein wasserfreies benzoesaures Salz
würde Benzid (CI2 H10) und wasserfreie Oxalsäure (C405) enthalten.
JEs fehlen alle Beweise, um einer oder der andern dieser Meinungen eine
vorzugsweise Gültigkeit zu geben.
Salicyl.
Unter dem Namen Salicylwasserstoff beschrieb Piria eine eigentüm-
liche Säure, welche von ihm als Zersetzuugsprodukt des Salicins in dem
Laboratorium des Herrn Dumas entdeckt wurde. Das Interesse, welches
dieser Körper durch seine ungewöhnlichen Eigenschaften erregte, wurde
dadurch ausnehmend gesteigert , dafs Dumas es sehr wahrscheinlich zu
machen wufste, dafs dieser Körper identisch sey mit dem einen Bestand-
teile eines ätherischen Oels, welches Pagenstecher zuerst durch Destil-
lation der Blüten der Spiraea Ulmaria erhielt und der von Löwig als
Spiroylwasserstoffsiiure beschrieben wurde. Durch genaue Analysen von
Ettling wurde die Identität beider Materien ausser allen Zweifel gestellt.
Die Zusammensetzung dieser aus Salicin erhaltenen öligen Säure , so wie
der Säure aus dem Oel der Spiraea Ulmaria , ist nach Piria und Ettling
dieselbe, wie die der kristallisirten Benzoesäure. Diese Säure verbindet
sich mit den Basen zu Salzen, welche die Zusammensetzung der benzoe-
sauren Salze besitzen ; allein die Verschiedenheit in ihren Eigenschaften
ist so grofs, dafs sie mit einander nicht verwechselt werden können. Aus
dem Verhalten der Säure gegen Chlor und ätzende Alkalien schlofs Du-
mas , dafs sie ein Radikal enthalte, was als eine höhere Oxidationsstufe
des Benzoyls angesehen werden könne; dieses Radikal bilde mit Wasser-
stoff die Salicylwasserstoff säure , mit Sauerstoff die Salicylsäure ; beim
Zusainmenbringen mit Chlor , Brom und Iod werde der Wasserstoff dieser
Säure ersetzt durch ein Aequivalent von diesen einfachen Körpern , eine
Zersetzuugsweise, welche er vergleicht mit der Bildung des Benzoyl-
clilorids aus Bittermandelöl; diese Ansicht wird in den folgenden Formeln
anschaulich werden :
CI4 H10 02 Benzoyl
C14 H10 Os Benzoesäure
C14 H10 04 Salicyl
Ci4 Hio Os Salicylsäure
C14 H10 04 *4- H2 Salicylwasserstoff
Cu H10 04 -4- O Salicylsäure
C14 H10 04 -4- Cla Salicylchlorid
Cu H10 04 4- Br* Salicylbromid»
Salicylige Säure,
680
Wenn man lediglich die Zusammensetzung dieser Verbindungen ins Äuge
fafst, so erscheint diese Ansicht ausserordentlich wahrscheinlich; sie ist ^
was hier bemerkt zu werden verdient, von Döivig für die Constitution des
Oels der Spir. ulmaria mehrere Jahre früher, ehe man den Zusammenhang
beider auf so verschiedenen Wegen gewonnenen Stoffe ahnen konnte,
aufgestellt worden, obwohl sich später seine analytischen Resultate nicht
bestätigten. Aus den neueren Untersuchungen über die Zusammensetzung
vieler von organischen Säuren gebildeten Salze ergiebt sich, dafs sehr
viele, vielleicht alle diese Säuren als Wasserstoffsäuren betrachtet werden
müssen; obwohl wir also der Ansicht von Dumas den Vorzug geben, so
haben wir es doch für nützlich gehalten , bis zur Entscheidung dieser wich-
tigen Fragen in der Beschreibung aller dieser Körper die Form beizube-
halten, welche man in der anorganischen Chemie gewöhnt ist.
Die Formel der Salicylwasserstoffsäure wird hiernach C14H1005 -f- H20,
sie wäre isomerisch mit der Benzoesäure; wir bezeichnen sie als das
Hydrat der salicyligen Säure. Diese Säure besitzt ihrem Verhalten nach
einen doppelten Charakter : gegen Basen spielt sie die Rolle einer starken
Säure und gegen Ammoniak und Salzbilder verhält sie sich genau wie
Benzoylwasserstoff.
Aus dein Verhalten dieser Säure und der Chlorverbindung gegen Am-
moniak und aus ihrer Fähigkeit, mit Kali uud Natron saure Salze zu bilden,
scheint nun hervorzugehen, dafs die salicylige Säure zu der Benzoesäure
in der nemlichen Beziehung stehe, wie die Knallsäure oder Cyanursäure
zu der Cyansäure; in der Art also, dafs als Wasserstoffsäuren betrach-
tet, die salicylige Säure das zweifache Radikal der Benzoesäure mit 4
oder das dreifache Radikal derselben in Verbindung mit 6 At. Wasserstoff
enthalten würde.
Als Sauerstoffsäure angesehen wäre die Benzoesäure eine einbasi -
sehe, die salicylige Säure eine zwei - oder dreibasische Säure.
Die Verbindungen, welche durch die Einwirkung des Chlors und Broms
auf salicylige Säure entstehen, entbehren durchaus den Charakter der Ver-
bindungen von Chlor mit Radikalen, indem das Chlor oder Brom darin nicht
ersetzt werden können durch andere einfache Körper; sie lassen sich be-
trachten als Salicylsäure , in welcher ein Aequivalent Sauerstoff vertreten
ist durch 1 Acq. Chlor oder Brom ; sie besitzen in der Tkat den Charakter
der Säuren.
Cu HI0 Os wasserfreie Selicylsäure.
C„ H10 | Chlorsalicylsäure.
H10 g4 | Bromsalicylsäure.
3 (Cx 4 Hla 02) -f- N4 Salicylimid.
3 (C, 4 H,o 02 Cl2) H- N4 Chlorosalicylimid.
Salicylige Säure.
Synonyme: Salicylsäure , Salicy Iwasser Stoff , Spiroylwasser Stoff säure
fLöwig'). Formel “ C14 H10 05 aq. Entdeckt von Pagenstecher in dem
flüchtigen Oel der Spiraea ulmaria , als Zersetzungsprodukt des Salicins
von Piria , welcher letztere seine Natur und Zusammensetzung ausmittelte.
Die Identität beider wurde durch Dumas höchst wahrscheinlich gemacht, j
durch die Analyse der Säure aus dem Spiraea-Oel durch Ettling bewiesen.
Darstellung. Das flüchtige Oel der Bliithen der Spiraea Ulmaria wird !
mit etwas überschüssiger verdünnter Kalilauge der Destillation unterwor-
fen, so lange noch das Destillat Oeltröpfchen enthält. Die rückständige
Auflösung von salicyligsaurem Kali übersättigt man nun mit verdünnter
Schwefelsäure und destillirt aufs neue, wo mit den Wasserdäinpfen sali-
cylige Säure übergeht. Oder nach Piria : Man unterwirft eine Mischung
von Salicin, saurem chromsaurem Kali und verdünnter Schwefelsäure
4er Destillation. Am besten 1 Th. Salicin, 1 Th. saures chromsaures Kali,
S a 1 1 c y 1 i in i <1,
687
«i/ Th Schwefelsäurehydrat und 20 Th. Wasser. Iu einem Theil des
letzteren löst man vorher das Salicin auf, mit dem andern Theil verdünnt
man die Schwefelsäure und mischt alles in einer Retorte, worauf sich un-
fpr «eibsterhitzuiiff ein gelindes Brausen zeigt, nach dessen Aufhören man
die Destillation beginnt. % Pfund Salicin giebt etwa 2 Unzen sahcylige
Säure (Ettling .) Die Destillate enthalten iu beiden Fällen salicylige Saure,
welche sich aus der wässerigen Flüssigkeit absetzt; sie wird durch Wa-
schen mit etwas Wasser und durch Rectifikation über Chlorcalcium ge-
rGmiE%enschaften. Farblose oder schwachgelbliche, ölartige, entzünd-
liche, mit rufsender Flamme brennende Flüssigkeit, schwerer als Wasser,
von 1,178t spec.’ Gewicht , siedet bei 196,5° (aus Salicin dargestellt, Pt-
ria') (das Del der Spiraea ulmaria siedet bei 182°, Ettling ), wird bei
— 20° fest ( Löwig), von brennendem Geschmack und aromatisch angeneh-
men Geruch, mischbar mit Weingeist und Aether in allen Verhältnissen,
löst sich ziemlich leicht in Wasser, die Auflösung röthet die Lackmus-
tinktur und entfärbt sie später, Lackmuspapier wird davon anfangs grün
gefärbt, später gebleicht. Durch concentrirte Schwefelsäure wird die
Säure zersetzt, mit Chlor und Brom zusammengebracht wird der Saure 1
Aequivalent Wasserstoff entzogen, welche Salzsäure und Bromwasser-
stoffsäure bilden, und durch 1 Aeq. Chlor oder Brom ersetzt; es entsteht
Chlorsalicylsäure , Bromsalicylsäure. Mit Kalihydrat im Ueberschuls be-
handelt entwickelt das Hydrat der salicyligen Säure W asserstoffgas , es
entsteht Salicylsäure. Mit Kalium gelind erwärmt entwickelt sich eben-
falls Wasserstoffgas unter Bildung von salicyligsaurem Kali.
Salicylige Säure und Basen .
Die salicylige Säure vereinigt sich mit den Metalloxiden zu den sali-
cyligsauren Salzen , indem ihr Hydratwasser ersetzt wird durch 1 Aeq.
Metalloxid. Die Verbindungen der salicyligen Säure mit den Alkalimetal-
len und Ammoniak sind löslich und besitzen eine alkalische Reaction, alle
übrigen unlöslich ; die meisten dieser Verbindungen sind gelb und enthalten
Kristaliwasser. Eine Auflösung von Salicyhvasserstoffsäure färbt Eisen-
oxidsalze violettroth, die Farbe verschwindet nach einiger Zeit; in essig-
saurem Kupferoxid bringt sie einen grünen Niederschlag hervor. Alle
Verbindungen der Salicylwasserstoffsäure werden durch stärkere Sauren
unter Abscheidung der Salicylwasserstoffsäure zersetzt.
Salicylig saures Ammoniak.
Salicglig saures Ammoniumoxid . Wahrscheinliche Formel: C14 H10 03
N* H8 O. Darstellung : Man iibergiefst Salicylwasserstoffsäure mit concen-
trirtem Ammoniak.. Eigenschaften : Feste gelbe Masse, geschmacklos, von
schwachem Rosengeruch, im Wasser uud Alkohol sehr wenig mit gelber
Farbe löslich, in heifsem Alkohol leicht; nach dem Erkalten der gesättigten
Lösung erhält man zarte, durchsichtige, büschelförmig vereinigte Nadeln
von hellgelber Farbe. Zersetzt sich im feuchten Zustande leicht, wird
schwarz, halbflüssig, entwickelt Ammoniak und einen durchdringenden
Geruch nach Rosen. (LöwigJ Trockne salicylige Säure absorbirt leicht
trocknes Ammoniakgas , die Verbindung ist nach Ettling aus 3 At. saK-
cyliger Säure und 2 Aeq. Ammoniak zusammengesetzt (in 100 Th. 91,1681
Säure und 8,8319 Ammoniak).
Salicylimid. Formel : C42 H56 06 N4. Löst man salicylige Säure in
ihrem dreifachen Volum Weingeist und setzt tropfenweise AetzammoniaK
zu, so erstarrt die Flüssigkeit zu einem festen Brei von feinen gelben Na-
deln. Bei schwacher Erwärmung lösen sich die Kristalle vollständig aut
und es bilden sich in dieser Auflösung bei ruhigem Stehen goldgelbe, glan-
zende, durchsichtige Prismen, welche im trocknen Zustande hart und pul-
verisirbar sind. Bei der Bildung dieses Körpers zerlegen sich 3 At. sali-
cyliger Säure (als dreibasische Säure betrachtet 1 Atom der Saure) mit a
Aeq. Ammoniak unter Abscheidung von 6 At, Wasser. Die weingeistige
688
Salicylsäure.
Flüssigkeit, in der sich dieser Körper gebildet hat, ist nicht mehr vermö-
gend, selbst nicht bei Siedhitze, die gebildeten Kristalle wieder aufzulö-
sen ; sie bedürfen eines dreimal grÖfseren Volumens Alkohol. Dies scheint
zu beweisen, dafs sich im Anfang salicyligsaures AmmoDiak bildet, wel-
ches, leicht in Weingeist löslich, bei längerer Berührung mit Ammoniak und
langsamer Ausscheidung in Salicylimid übergeht. Durch trockne Destilla-
tion wird dieser Körper unter Rücklassung von Kohle zersetzt. Durch
Säuren und Alkalien wird er zerlegt in salicylige Säure und Ammoniak;
er ist in kaltem und siedendem Wasser unlöslich. (Ettling.')
Salicyligsaures Kali. Neutrales. Formel : C14 H10 05 -h KO. Salicy-
lige Säure erstarrt, mit Kalilauge zusammengebracht, zu einer gelben
glimmerartigen Masse von salicyligsaurem Kali; man stellt es am besten
dar, indem man in eine warme Auflösung von Kalihydrat in Alkohol Sali-
cylwasserstoffsäure bringt und erkalten läfst, wo sich die Verbindung rein
in beinahe farblosen, vierseitigen, perlmutterglänzenden Tafeln abschei-
det. Es ist sehr löslich im Wasser, schwärzt sich im feuchten Zustande
der Luft ausgesetzt; es enthält Krisfcallwasser, was es bei 100° verliert.
KO )
Saures. Formel 2C14 H10 03 -f- > Löst man das neutrale Salz in
«4 )
heifsem Alkohol und setzt salicylige Säure hinzu, so kristallisirt beim
Erkalten saures Salz in gelblichweifsen, feinen, langen, glänzenden Na-
deln. Im trocknen Zustande wird es bei 120° gelb. Zerlegt sich mit
Wasser in Säure, die sich abscheidet, und in neutrales Salz.
Salicyligsaures Natron , Kalk , Baryt und Magnesia können direct
hervorgebrächt werden, ihre Eigenschaften sind die der Kaliverbindung;
das salicyligsaure Natron enthält 2 At. Kristall wasser, was es bei 120°
abgiebt; das Natron bildet ebenfalls ein saures, in feinen, glänzenden Na-
deln kristallisirendes Salz; salicyligsaures Kupferoxid ist wasserfrei, von
grüner Farbe; die Zink- und Quecksilberverbindungen sind gelb und un-
löslich.
Salicyligsaures Bleioxid. Basisches. Löst man salicylige Säure in
schwachem Alkohol und setzt der kochenden Flüssigkeit essigsaures Blei-
oxid zu, so setzt sie beim Erkalten salicyligsaures Bleioxid ab, welchem
eine gewisse Menge Säure anhängt, die man durch kochenden Alkohol
hinvvegnehmen kann. Eigenschaften: Citrongelbes Pulver, was beim Er-
hitzen sich unter Wasser- und Säureverlust aufbläht, unlöslich im Wasser.
Seine Zusammensetzung wird durch die Formel C14 H10 03 H- 2PbO aus-
gedrückt. Fällt man basisch essigsaures Bleioxid mit salicyliger Säure,
so erhält man ein säurefreies gelbes Pulver von derselben Zusammensetzung.
Salicyligsaures Silberoxid. Silberoxid löst sich in wässeriger salicyli-
ger Säure, wie es scheint unter Zersetzung, auf. (L'öwig.) Ist darauf
ohne bemerkbare Wirkung. (Ettling.) Vermischt man eine Auflösung von
salpetersaurem Silberoxid mit salicyligsaurem Kali, so entsteht ein grün-
gelber Niederschlag, der sich beim Erhitzen ohne Gasentwickelung redu-
cirt, indem das Gefäfs mit glänzendem metallischem Silber überzogen wird.
Salicylsäure.
Die salicylige Säure verhält sich gegen Kalihydrat im Ueberschufs wie
Benzoylwasserstoff, es entwickelt sich Wasserstoffgas und es bildet sich
eine Säure, welche im wasserfreien Zustande nach der Formel C14 H10 O,
zusammengesetzt ist. Ihre Eigenschaften und Verbindungen sind von dem
Entdecker (Piria) nicht näher angegeben worden.
Chlor salicylsäure.
Salicylchlorid. Chlor spiroyl. Formel: Cx4H10O4 ) Darstellung: Man
Cl2 ]
leitet trocknes Chlorgas durch wasserfreie salicylige Säure so lange sich
noch Chlorwasserstoffsäure entwickelt, nach dem Erkalten wird die Ver-
bindung fest und kristallinisch; man reinigt sie durch Kristallisation aus
Salicy lsäure.
689
der warm gesättigten Lösung in Alkohol. Eigenschaften : Schwachgelb-
liche , schiefe rhombische Tafeln , von Perlmutterglanz, von eigentümlich
aromatischem Geruch, schmelzbar und flüchtig ohne Zersetzung, entzünd-
lich, mit grüner Flamme verbrennend, unlöslich in Wasser, löslich in
Alkohol und Aether und daraus kristallisirbar. Verbindet sich ohne Zer-
setzung mit Alkalien und wird daraus durch Säuren unverändert gefällt.
Die weingeistige. Lösung giebt mit essigsaurem Kupferoxid einen grüngel-
ben, mit essigsaurem Bleioxid einen gelben Niederschlag; Eisenoxidsalze
werden davon schwarzblau gefärbt. Beim Erhitzen mit Kalium wird es
unter Feuerentwickelung zersetzt. Durch Ammoniakgas wird es in Chloro-
salicylimid verwandelt.
Durch ihre Fähigkeit, sich mit Basen zu vereinigen, und ihre Un-
zersetzbarkeit durch diese Körper, unterscheidet sich diese Chlorverbin-
dung wesentlich von allen analogen Verbindungen zusammengesetzter Ra-
dikale; sie verbindet sich mit den Metalloxiden zu eigenthiimlichen Salzen,
in welchen 1 At. Chlorsalicylsäure verbunden ist mit 1 At. Metalloxid, in
der Art, dafs sie betrachtet werden können als Verbindungen von Salicyl-
säure und Chlormetallen, C14 H10 Os H- Cl2 M, ähnlich den Verbindungen
des chromsauren Chromchlorids mit Alkalien oder Chlormetallen.
Chlor osalicylimid.
Bildung : Durch die Einwirkung von Ammoniakgas auf Chlorsalicyl-
säure. Darstellung : Man leitet trocknes Ammoaiakgas in einem passen-
den Apparate über Chlorsalicylsäure so lange als noch Bildung von Was-
ser bemerkbar ist, die tiefgelbe Verbindung bleibt rein zurück. Eigen-
schaften: Fester gelber Körper, unlöslich in kaltem Wasser, zerlegbar
durch kochendes Wasser, durch Säuren und Alkalien in Ammoniak und
Chlorsalicylsäure.
Bei seiner Entstehung zerlegen sich 3 At. Chlorsalicylsäure mit 2 Aeq.
Ammoniak in 6 At. Wasser und 1 At. Chlorosalicylimid • C42 H30 CI6 012 -H
H12 =: 6H2 0 -f- C42 H50 Cl6 06 N4; es ist hiernach Salicylimid, in wel-
chem 6 At. Wasserstoff vertreten sind durch 6 At. Chlor.
Bromsalicylsäure.
In der Darstellung, Eigenschaften und Verhalten gegen Ammoniak ist
diese Verbindung vollkommen analog der Chlorsalicylsäure.
lodsalicy lsäure.
Salicylige Säure löst Iod in grofser Menge und ohne bemerkbare Zer-
setzung auf und bildet damit eine schwarzbraune Flüssigkeit. lodsalicyl-
säure erhält man durch Destillation von lodkalium mit Chlorsalicylsäure.
Es sublimirt in Gestalt einer schwarzbraunen schmelzbaren Masse, deren
Verhalten mit dem der vorherbeschriebenen Verbindungen übereinstimmt.
Zersetzungsprodukte des Salicy l wasserst ofjfs.
Nitrosalicy lsäure.
Formel: C12 H6 N8 012 (JPiria). (Spiroglsäure. Formel nach Löwig:
Hio Os )•
Darstellung : Beim Erwärmen von salicyliger Säure mit mäfsig con-
centrirter Salpetersäure verwandelt sie sich unter Entwickelung von sal-
petriger Säure in eine kristallinische Masse, sie wird durch Waschen
mit Wasser, Auflösung in Alkohol und Kristallisation gereinigt. Eigen-
schaften: Kristallisirt aus Alkohol bei freiwilligem Verdampfen in zarten,
durchsichtigen Prismen von goldgelber Farbe, sehr wenig löslich in Was-
ser, die Auflösung färbt die Haut und Nägel bleibend gelb, schlägt Blei-
oxidsalze gelb, Kupferoxidsalze grün nieder; geruchlos, von kratzendem,
zum Husten reizendem Geschmack, leichtlöslich in Alkohol, beim Erhitzen
mit Kalium wird sie mit Explosion und Feuererscheinung zersetzt. Ver-
bindet sich mit Alkalien zu kristallisirbaren Verbindungen, welche, trocken
690
Salicin.
erhitzt_, sich mit einer Detonation zersetzen. Ammoniak färbt die Säure
dunkel blutroth , Eisenchlorid wird davon kirschroth gefärbt. Die Verbin-
dungen dieser Säure bedürfen einer näheren Untersuchung.
Rauchende Salpetersäure wirkt sehr heftig auf salicylige Säure ein,
unter starker Entwickelung von salpetriger Säure entsteht eine tiefgelbe
weiche Masse, welche mit Wasser destillirt sich verflüchtigt und in dein
sauren Rückstand eine Materie hinterläfst, welche daraus in ungefärbten
prismatischen Kristallen erhalten werden kann.
Anhang zu Salicyl.
Flüchtiges Oel der Spiraea ulmaria .
Nach der Untersuchung von Pagenstecher ist in den Bliithen der Pflanze
das flüchtige Oel nicht fertig gebildet vorhanden , sondern ein Produkt der
Einwirkung des Wassers bei der Destillation. Das Oel , was man erhält,
ist gelb und ein Gemenge von zwei, vielleicht drei, flüchtigen ölartigen
Stoffen, von denen der eine als salicylige Säure beschrieben ist. Läfst
man das Oel mehrere Wochen bei einer Temperatur von — 18 bis 20° stehen,
so scheiden sich grofse durchsichtige Kristalle der Säure aus , welche in
gewöhnlicher Temperatur schmelzen. Das Oel enthält ausserdem eine
kampherartige, in weifsen perlmutterglänzenden Schuppen kristallisirende
Materie, die in gewöhnlicher Temperatur fest bleiben. ( [Ettling. ) Bringt
man es mit Kalilauge zusammen , so verbindet sich die Säure mit dem
Alkali, während das nicht saure Oel abgeschieden ward, es kann durch
Destillation mit Wasser daraus erhalten werden. Es ist farblos, weniger
flüchtig wie Wasser, und besitzt ebenfalls den Geruch der Pflanze $ es ist
nicht weiter untersucht.
Salicin.
Von Le Roux und Büchner entdeckt. Formel: nach Piria und Mulder
C2i H24 09 -4- 2aq ; die Bleiverbindung C21 Ha4 09 -f- 3PbO, In der Rinde
und den Blättern aller bitterschmeckenden Weidenarten, in Salix Helix W.
(Salix mon. Hoffm.) (Salix purpurea JL.), ferner Salix amygdalina L. (Sa-
lix triandra) etc. und in einigen Pappelarten.
§. 71. Die getrocknete oder frische Weidenrinde wird
zerschnitten und durch mehrmaliges Sieden mit Wasser alles
Auflösliche ausgezogen. Die Abkochungen werden concentrirt
und so lange mit Bleiglätte siedend behandelt, bis die Flüssig-
keit beinahe farblos erscheint. Das gelöste Bleioxid wird an-
fänglich mit Schwefelsäure, zuletzt mit Schwefelbarium ent-
fernt und nach Abscheidung des Schwefelbleies zur Kristalli-
sation verdunstet, wo Salicin kristaliisirt, was durch wieder-
holtes Auflösen et c> gereinigt wird QMerckJ. (Aus frischer
reichhaltiger Weidenrinde erhält man Salicin durch vorsichtige
Verdunstung des kalt bereiteten wässrigen Auszugs [Merck J.)
Auf gleiche Weise verfährt man mit den Weidenblättern, mit
der weifsen Pappel- und Espenrinde.
Erklärung. Bleioxid entfernt aus dem Auszug Gummi, Gerbestoff und
extraktive Theile, welche die Kristallisation des Salicins hindern; es geht i
mit dem Salicin eine salzartige Verbindung ein, welche durch Schwefel-
säure und Schwefelbarium zerlegt wird. Bei vorsichtigem Zusatz des letz-
tem bleibt weder Schwefelsäure noch Baryt in der Flüssigkeit. Das ge-
bildete Schwefelblei wirkt hierbei als Entfärbungsmittel.
72. Die Eigenschaften des Salicins sind: Es kristalii-
sirt in weifsen, durchsichtigen, geruchlosen, seidenglänzen-
Phloridzin.
691
den, luftbeständigen, sehr zerbrechlichen Nadeln und Blättern,
von bitterem Geschmack, ohne Reaction auf Pflanzen färben,
verliert bei 100° nichts an seinem Gewichte, schmilzt bei 120°,
bei höherer Temperatur tritt Zersetzung ein, es wird gelb,
harzähnlich, die sich entwickelnden Dampfe entzünden sich
an der Luft mit heller Klamme, es bleibt eine aufgeblähte
Kohle, die ohne Rückstand verbrennt. Löst sich in 5 6 Th.
Wasser von gewöhnlicher Temperatur, in jeder Menge in
siedendem. Löslich in Alkohol, nicht in Aether und fetten
Oelen. Wird durch kein Reagens gefällt. Löst sich in con-
centrirter Schwefelsäure mit blutrother Farbe (Erkenuungsmittei
des Salicins in der Rinde, wenn sie damit befeuchtet wird), liefert mit
Salpetersäure viel Kohlenstickstotfsäure. Salzsäure und ver-
dünnte Schwefelsäure verwandeln es in ein weifses, ge-
schmackloses, in Wasser unlösliches Pulver, Salicetin , was
leichtlöslich in Alkalien und Weingeist ist und daraus durch
Säuren und Wasser wieder gefällt wird. In de Flüssigkeit
findet sich nach dieser Zersetzung Traubenzucker . (Piria.J
Giebt mit basisch essigsaurem Bleioxid keine Fällung; beim
Zusatz von Ammoniak entsteht ein weifser Niederschlag.
Mit Chlor behandelt entsteht eia gelber kristallinischer Körper, wel-
cher wasserhaltiges Salicin darstellt, in dem 4 At. Wasserstoff ersetzt
sind durch 4 At. Chlor (C<„ H24 Cl4 01().
Mit saurem chromsaurem Kali der Destillation unterworfen erhält man
Ameisensäure, Kohlensäure und salicylige Säure.
Die Prüfung auf seine Reinheit ergiebt sich aus der Beschreibung sei-
ner Eigenschaften.
Rutilin. Mit diesem Namen bezeichnet Braconnot das Produkt der
Zersetzung des Salicins mit conoentrirter Schwefelsäure. Rein dargestellt
ist es eine im feuchten Zustande rothbraune, ins Gelbe übergehende Masse,
trocken schwarzbraun, zerreiblich, geschmacklos, unlöslich in Wasser
oder Weingeist. Starke Mineralsäuren färben es schön blutroth, Alkalien
djinkel violett.
Phloridzin.
Entdeckt von de Konink in der frischen Wurzelrinde der Aepfel-,
Birn-, Kirsch- und Pflaumenbäume. Formel: C21 H24 09 -4- 3aq (Mulder ).
Seiner Zusammensetzung und seinem ganzen Verhalten nach steht das
Phloridzin in einer bestimmten Beziehung zu dem Salicin; es läfst sich
betrachten als kristallisirtes Salicin plus 1 At. Wasser.
Darstellung. Die zerschnittene Rinde wird mit Weingeist
von 80 p. c. bei 80° ausgezogen, der Weingeist vom Auszug
abdestillirt, wo nach dem Erkalten aus dem Rückstand Phlo-
ridzin kristallisirt. Man reinigt es durch Behandlung mit Blut-
kohle.
Eigenschaften . Farblose, vierseitige, feine Nadeln von
Seidenglanz, löslich in 1000 Th. kaltem, in jedem Verhältnis
siedendem Wasser ; die Auflösung besitzt einen bittern, schwach
zusammenziehenden Geschmack. Löslich in Alkohol, sehr
wenig in Aether; von 1,4298 spec. Gewicht. Verliert bei 100°
2 At. Kristall wasser, in diesem Zustande besitzt es die Zu-
sammensetzung des kristallisirten Salicins minus 1 At. Wasser.
C i n n a m y 1. Z i in m t ö 1.
692
Eine Auflösung von Phloridzin giebt mit basisch essigsaurem
Bleioxid einen weifsen Niederschlag, welcher nach Mulder
dieselbe Zusammensetzung besitzt wie das Salicinbleioxid.
Das Phloridzin verhält sich gegen verdünnte Säuren genau wie Salicin.
Wurde mit Erfolg in der Mediciu gegen intermittirende Fieber angewendet.
Cinnamyl.
Hypothetisches Radikal des Zimmtöls und der Zimmtsäure. Symb. Ci.
Nach den Untersuchungen von Dumas und Peligot ist das ceylonische Zimmt-
öl nach der Formel C18 H16 02 = 1 Aeq. zusammengesetzt und besitzt die
Eigenschaft, durch Aufnahme von 2 At. Sauerstoff aus der Luft in Zimmt-
säure überzugehen. Mit Salpetersäure bildet es eine in schiefen rhombi-
schen Säulen kristallisirte Verbindung, die aus gleichen Atomgewichten
Zimmtöl , Salpetersäure und Wasser besteht ; mit Chlorwasserstoffsäure
eine grüne feste Masse, die gleiche Aequivalente wasserfreies Zimmtöl
und Chlorwasserstoffsäure, mit Ammoniak eine feste, zu Pulver zerreib-
bare Masse, die 1 Aeq. Ammoniak (N2H6) uud 1 Aeq. Zimmtöl enthält.
Durch Chlor wird das Zimmtöl zersetzt, es wird eine flüssige und eine
in langen weifsen Nadeln sublimirbare Verbindung gebildet, welche letz-
tere nach der Formel C18 H8 Cl8 02 zusammengesetzt ist, in der also die
Hälfte des Wasserstoffs im Gel vertreten ist durch 1 Aeq. au Chlor. Aus
diesem Verhalten ergeben sich gewisse Aehnlichkeiten mit dem der Ben-
zoylverbindungen , allein auf der andern Seite auch wieder grofso Ver-
schiedenheiten. Sie scheinen sich daraus erklären zu lassen, dafs das
Zimmtöl nach Blanchet und Seil aus zwei verschiedenen Gelen besteht,
wovon das eine schwerer, das andere leichter wie Wasser ist. Das schwe-
rere besitzt bei 35° ein spec. Gewicht von 1,008 und siedet bei 320°.
Behandelt man das käufliche Oel mit Barytwasser, so entsteht eine salz-
artige Verbindung des schwereren Gels, die sich löst und aus der sich das
Oel durch Säuren scheiden läfst. Aus der Mischung des käuflichen Gels
mit Baryt kann das leichtere Gel durch Destillation geschieden werden.
Nach einer späteren Untersuchung von Mulder mufs die Zusammen-
setzung des Zimmtöls aus dem Ceylon-Zimmt, des Javanischeu Zimmtöls,
des chinesischen, des Cassiablütheu- und CassiarindenÖls durch die Formel
H22 02 = 1 Aeq. ausgedrückt werden; die salzsaure Verbindung ent-
hält 1 Aeq. Salzsäure, die Ammoniakverbindung 1 Aeq. Ammoniak; das
CassiablüthenÖl vereinigt sich nur mit halb so viel Ammoniak. Der Unter-
schied in dem Wasserstoff der von Herrn Dumas und Peligot und Mulder
analysirten Oele beträgt in 100 Theilen über 1 p. c. , was nicht von einem
Fehler in der Analyse herrühren kann. Eine von Blanchet angestellte
Analyse von Zimmtöl, was aus Ceylon-Zimmt dargestellt war, gab übri-
gens ein mit Mulder’ s Analyse sehr nahe übereinstimmendes Resultat, und
bei einer neuen Wiederholung seiner früheren Analysen sah sich Dumas
veranlafst, gegründete Zweifel an der Richtigkeit der Formel von Mulder
auszusprechen. Man sieht leicht, dals auch die analytischen Resultate
auf die Existenz von zwei Oelen in dem Zimmtöl hinweisen und dafs neue
mit aller Umsicht angestellte Untersuchungen erforderlich sind, um diese
Widersprüche aufzuklären. Es scheint als gewifs betrachtet werden zu
können, dals das Oel, was mit Salpetersäure die ebenerwähnte kristal-
lisirbare Verbindung bildet, nach der Formel Cl8 H16 02 zusammengesetzt
ist. CDumas.')
Zimmtöl, Cassiaöl.
Darstellung. Durch Destillation der Rinde von Laurus Cinnamomum ,
der Cassia- Rinde und Blüthe. Gelbes Gel, schwerer wie Wasser, vom
Geruch des Zimmts oder der Cassienrinde, wird unter 0° fest, schmilzt
bei — 5°, schmeckt brennend scharf und süfslich, setzt bei — 30° Kristalle
ab, wird an der Luft braun und verwandelt sich in Zimmtsäure; löst sich
in Wasser in geringer MeDge, diese JLösung giebt mit Iod und lodkalium
tm
Zimmtsäure. Cinnamyl Wasserstoff.
^pr„ph/(i «länzende rothbraune Kristalle von starkem Metallglanz , für de-
ren wahrscheinliche Zusammensetzung Apjohn die Formel I2 K -+- 6I2 CiH,
an^iebt welche 12,36 Iodkaliuui, 28,08 Iod und 59,66 Cinnamylwasser-
sfoff entspricht. 240 Gr. Iodkalium und 10 Gr. Iod werden in wenig
Wasser gelöst mit 2 ^ Zimmt wasser gemischt, einer Temperatur von 0
ausiresetzt , wo sich diese Kristalle bilden; sie lösen sich in Aether und
Alkohol ohne Veränderung, werden aber durch Wasser zersetzt. Apjohn.
Kalilauge löst das Zimmtöl (nach Mulden leicht und vollständig auf, ver-
dünnte Säuren scheiden es daraus wieder unverändert ab ; wird die Auf-
lösung des Oels in Kalilauge der Destillation unterworfen, so geht mit den
Wasserdämpfen ein auf dem Wasser schwimmendes Oel über, was nach
Zimmt und bittern Mandeln riecht und nach der Formel C18 H20 02 zusam-
mengesetzt ist, im Rückstand bleibt benzoesaures Kali ( Mulder) und eine
schwarze Materie. Das Zimmtöl entwickelt, mit Kalihydrat erhitzt, Was-
serstoffgas (Dumas, Mulden. Alle diese Zersetzungen sind bis jetzt un-
erklärt Mit Salpetersäure kalt zusammengestellt verdickt sich das Zimmtöl
und verwandelt sich ganz oder zum Theil in eine kristallinische Masse.
Damit gekocht bemerkt man Geruch nach BenzoylwasserstofF und im Rück-
stand findet sich Benzoesäure; dieselbe Säure wird durch die Einwirkung
unterchlori •'saurer Alkalien auf Zimmtöl gebildet. Mit Ammoniakgas in
Berührung wird das Oel aus Ceylon-Zimmt fest, es entstehen hierbei un-
streitig mehrere Substanzen, von denen eine sich in Alkohol und Aether
löst und daraus in seidenartigen, feinen, gruppenförmig vereinigten Nadeln
kristallisirt. Die Zusammensetzung derselben ist nicht untersucht.
Cinnamylsäure. Zimmtsäure.
Entdeckt von Dumas und Peligot. Formel der kristallisirten C18 H14Os
-H aq. Symb. CiO. Bildet sich in harten, durchscheinenden Säulen, wenn
Zimmtöl lange der Luft ausgesetzt wird und bei Behandlung des Perubalsamöls
mit Kalilauge. Darstellung: Man löst Perubalsamöl in einer weingeistigen
Lösung von Kalihydrat auf, erwärmt gelinde, dampft alsdann die Flüssig-
keit zur Trockne ab, löst die zurückbleibende Masse von cinnamylsaurem
Kali in kochendem Wasser und setzt Salzsäure im üeberscliufs zu, wo
die Zimmtsäure nach dem Erkalten kristallisirt; man reinigt sie durch wie-
derholte Kristallisation. Eigenschaften: Farblose, durchsichtige Blatter,
von schwachem, aromatischem, kratzendem Geschmack, in kaltem und
heifsem Wasser schwerer löslich wie Benzoesäure , kristallisirt aus Alko-
hol in farblosen rhombischen Säulen, ziemlich hart, leicht in Pulver zu
verwandeln, schmilzt -bei 127°, siedet bei 290°, und destillirt in Gestalt
eines schweren Oels über, was im Retortenhals zu einer weifsen kristal-
linischen Masse erstarrt; sublimirbar bei einer niedrigeren Temperatur;
wird durch Salpetersäure in Bittermandelöl und eine kristallisirbare Säure
verwandelt , welche sehr nahe die Zusammensetzung der Benzoesaure
besitzt, aber sich durch ihre Salze wesentlich von der Benzoesäure unter-
scheidet; ihre wahrscheinliche Formel ist C13 H10 03 ( Plantamourj . Diese
Zersetzung ist unerklärt.
Cinnamylsaure Sal&e.
Die Cinnamylsäure bildet mit Metalloxiden Salze, die im Allgemeinen
ähnlich sind den benzoesauren; in diesen Salzen ist das Hydratwasser der
Säure ersetzt durch 1 Aeq. Metalloxid. Cinnamylsaures Silberoxid erhält
man bei Vermischung eines neutralen cinnamylsauren Alkali’s mit salpeter-
saurem Silberoxid in Gestalt eines weifsen, flockigen, nicht kristallinischen
Niederschlags, der in siedendem Wasser schwarz wird.
Cinnamylwasser Stoff .
Von Dumas und Peligot entdeckt. Formel: C18 H16 Oa. Symb. CiH?.
Man bringt frischbereiteten reinen salpetersauren Cinnamylwasserstoff mit
Wasser zusammen, wo sich die Verbindung trennt in Salpetersäure, welche
an das Wasser tritt, und in CinnamylwasserstofF, der sich abscheidet. Die Ei-
694
Perubalsam ÖL
genschaften desselben sind von den Chemikern, die darüber gearbeitet
haben, nicht angegeben; man weifs nur, daf's es eine ölige Flüssigkeit
ist, die mit Salpetersäure wieder zusammengebracht aufs neue und voll-
ständig erstarrt.
Salpetersaurer Cinnamylwasserstoff.
Von Dumas und Peligot entdeckt. Formel : C18 H16 Oa, Na Os -h aq,
Bildet sich , wenn Zimmtöl mit concentrirter farbloser Salpetersäure zu-
sammengebracht wird. Die käuflichen Zimmtöle sind in Beziehung auf ihre
Fähigkeit, mit Salpetersäure diese kristallinische Verbindung zu liefern,
äusserst verschieden ; das Oel aus Ceylonzimmt erstarrt beinahe gänzlich,
die andern nur zum Theil. Die blätterigen, mit einer schmierigen, wei-
chen Masse durchdrungenen Kristalle werden zuerst zwischen Papier ge-
prefst, sodann in warmem Alkohol bis zur Sättigung gelöst, wo nach dem
Erkalten die reine Verbindung in farblosen, langen, schiefen, rhombischen
Prismen kristallisirt. Eigenschaften : Die Kristalle zerlegen sich nach eini-
ger Zeit von selbst, indem salpetrige Säure und Geruch nach Benzoyl-
wasserstoff bemerkbar ist. Wärme befördert diese Zersetzung. Mit Was-
ser zerfallen sie augenblicklich in Cinnamylwasserstoff und Salpetersäure.
Chlor und Zimmtöl.
Durch die Einwirkung des Chlors auf chinesisches Zimmtöl werden
mehrere Produkte gebildet, es entwickelt sich unter Erhitzung reichlich
Chlorwasserstoffsäure, das Oel wird zuerst braun, dann farblos und ver-
dickt sich. Destillirt man das Oel in einem Strom Chlorgas, so ist die
zuerst ubergehende Portion farblos, sehr flüssig, dieses Produkt mit Kali-
lauge zusammengebracht zerlegt sich damit augenblicklich in eine im Was-
ser lösliche kristallinische Masse; es läfst sich mit Schwefelsäure unzer-
setzt mischen, nach einiger Zeit erstarrt es, sich selbst überlassen, zu
einer kristallinischen Masse, welche Benzoesäure zu seyn scheint; später
kommt ein braunes Oel, was diese Eigenschaft in geringerem Grade be-
sitzt und bei Behandlung mit Kali und Wasser einen ölartigen chlorhaltigen
Körper ungelöst zurückläfst. Werden die Produkte dieser Destillation
wiederholt der Einwirkung des Chlors in erhöhter Temperatur ausgesetzt, j
so erhält man zuletzt einen schwarzen, kohligen Rückstand und einen
flüchtigen, bei gewöhnlicher Temperatur festen, kristallinischen, farblosen
Körper, welcher bei gelinder Wärme schmilzt und ohne Rückstand sub-
limirt; er wird von concentrirter Schwefelsäure und in Ammoniakgas sub-
limirt nicht verändert, seiner Zusammensetzung entspricht die Formel
C18 H8 Cl8 02. Die Herren Dumas und Peligot nennen ihn Chlor ocinnose.
Anhang zu den Cinnamyl Verbindungen.
Perubalsamöl.
Der Perubalsam und Tolubalsam enthalten Verbindungen, welche in
die Cinnamylreihe gehören. Nach den Untersuchungen von Stoltz und
Wernher trennt sich beim gelinden Erwärmen von 2 Vol» Perubalsam mit
3 Vol. einer Kalilauge von 1,3 spec. Gewicht ersterer in zwei Flüssig-
keiten; in ein gelbes oder gelbbraunes Oel (Perubalsämöl) , was auf einer
dunkelbraunen oder schwarzen, im Wasser löslichen, alles Kali enthal- ,
tenden, syrupartigen Flüssigkeit schwimmt. Das erstere wird durch De-
stillation, wo ein schwach kohliger Rückstand bleibt, farblos und rein er-
halten. Fremy nennt es Cinnamein , seine Zusammensetzung nähert sich
der Formel C72 H 65 0IO (79,66 C — 5,87 H — 14,47 O). Nach den Un-
tersuchungen von Plantamour und Fremy verwandelt sich dieser den fet-
ten Oelen sehr nahestehende Körper, mit Alkalien gekocht, in eine Säure, ,i
die mit dem Alkali in Verbindung tritt, und in einen andern neutralen Kör-
per, das Perurin, ähnlich wie beim Verseifen der Fette. Die hierbei ge-
bildete Säure ist Cinnamylsäure . Vermischt man eine Auflösung dieses
Myroxilin. My riospermin.
695
Oels in Weingeist mit einer weingeistigen Lösung von Kalihydrat, so er-
starrt es augenblicklich zu einer gliramerartigen Masse von cinnamylsau-
rem Kali, nach Entfernung des Weingeistes durch gelinde Erwärmung er-
hält man aus dem alkalischen Rückstand durch Destillation mit Wasser
anfänglich ein klares farbloses Oel , welches schwerer wie Wasser und
seiner Zusammensetzung und Verhalten nach cinnamylsaures Aethyloxid
(Zimratsäureäther) ist, dessen Entstehung unter den angegebenen Um-
ständen sehr merkwürdig ist; das letzte Produkt der Destillation ist
Peruvin .
Das Peruvin ist eine farblose, ölartige Flüssigkeit, leichter wie Was-
ser, von starkem Lichtbrechungsvermögen; seine Zusammensetzung läfst
sich durch die Formel C18 H2S 0? (79,5 C — 9,5 H — 11 0) ausdriicken.
Hiernach würde 1 At. Cinnamein sich zerlegen in 3 At. Zimmtsäure und
1 At. Peruvin.
Bei Anwendung von trocknem Kalihydrat anstatt Kalilauge oder einer
weingeistigen Lösung von Kalihydrat, wird das Cinnamein auf eine andere
Weise zersetzt; es entwickelt sich reines WasserstofFgas, während sich
ebenfalls zimmtsaures Kali bildet.
Setzt man das Cinnamein einer Temperatur von —3° aus, so setzen
sich daraus neutrale Kristalle ab, welche in Alkohol und Aether löslich
sind, ihre Zusammensetzung entspricht ^ er Formel C18 H16 02 (82,1 C
— 5,9 H — 12 0), was genau mit der des Cinnamylwasserstoffs über-
einstimmt, dies wäre demnach ein Körper analog dem Benzoin.
Mit concentrirter Schwefelsäure gemischt wird das Perubalsamöl (Cin-
namein) in einen braunen, harzähnlichen Körper verwandelt, welcher als
eine Verbindung von Cinnamein mit 7 At. Wasser betrachtet werden kann.
Durch die Einwirkung des Chlors verwandelt sich das Cinnamein in
Chlorbenzoyl und eine chlorfreie ölartige Flüssigkeit, die sich davon nicht
trennen läfst.
Der Tolubalsam enthält dieselben Verbindungen wie der Perubalsam
CFremyJ. Alle diese Materien und ihre Zersetzungen bedürfen einer ge-
naueren Untersuchung.
Nach Richter besteht das Perubalsamöl aus zwei verschiedenen Oelen,
welche man durch Schütteln mit 2 Theilen 75procentigen Alkohol trennen
kann. Das in Weingeist lösliche Oel nennt derselbe Myriospermin , das
zurückbleibende unlösliche Myroxilin.
Myroxilin. Das durch anhaltendes Schütteln von allem Myriospermin
befreite braune Oel löst man nach Richter in absolutem Alkohol, setzt die
Auflösung dem Gefrierpunkte aus, wo sich noch etwas braunes Oel ab-
sondert, vermischt die Flüssigkeit sodann mit etwas Wasser und läfst an
der Luft verdampfen, wo bei 6° C. das Myroxilin in talgartigen, roset-
tenartig zusammengehäuften Massen kristallisirt. Das spec. Gewicht des
Myroxilins ist 1,111, es verwandelt sich bei Behandlung mit Kalilauge in
Cinnamylsäure und einen harzartigen Körper.
Myriospermin. Die alkoholische Flüssigkeit, welche das Myriospermin
enthält, wird abgedampft, wo es in Gestalt eines wenig gefärbten Oels
von 1,090 spec. Gewicht und starkem Lichtbrechungsvermögen zuriick-
bleibt. Es kristallisirt aus einer concentrirten Lösung in 75procentigem
Weingeist bei — 10° bis —16° C. in zusammengehäuften feinen Nadeln,
welche Alkohol enthalten. Nach Richter verwandelt sich dieses Oel bei
Behandlung mit einer weingeistigen Lösung von Kalihydrat in eine von
der Cinnamylsäure durch ihre Sättigungscapacität wesentlich verschiedene
Säure , die er Myriosperminsiiure nennt. Das Atomgewicht der an Silber-
oxid gebundenen Säure ist nach ihm 1553,85. ( Richter in Er dm. Journal
13. Bd. S. 175.)
696
Aethyl.
II. Basen bildende Radikale .
IV) Aethyl. Formel: C4H10. Symb. Ae.
4 At. Kohlenstoff = 305,74
10 At. Wasserstoff = 62,40
l~At. Aethyl ~ = 368,14
Das Aethyl ist das hypothetische Radikal der Aetherver«
bindungen; es ist bis jetzt nicht isolirt dargestellt worden. Mit
1 Aeq. Sauerstoff bildet das Aethyl den Äether , das Aethyl -
oxid, weicher die Eigenschaften einer Salzbasis besitzt. Der
Alkohol ist das Hydrat des Aethers.
Aethyl und Sauerstoff.
Aethyloxid, Aether. Formel: C4H100. Symb. AeO.
1 At. Aethyl = 368,14
1 At. Sauerstoff rr 100,00
1 At. Aethyloxid = 468,14
Synonyme. Schwefeläther, Vitriolnaphtha (Aether sulphuricus, Naph-
tha Vifcrioli, Oleum Vitrioli dulce).
Schon im 13ten und löten Jahrhundert scheint man den ätherhaltigen
Weingeist gekannt zu haben. Valerius Cordus gab aber erst 1544 eine
bestimmte Vorschrift zur Bereitung des Aethers. wonach eine Mischung
von gleichen Theilen Weingeist und Vitriolöl destillirt wird, welches Ver-
fahren zum Theil heute noch gebräuchlich ist. Später scheint die Aether-
bereitung wieder in Vergessenheit gekommen zu seyn, bis 1729 Frobenius
sie aufs Neue beschrieb.
Bildung. Durch Zerlegung des sauren schwefelsauren , phosphorsau-
ren und arsensauren Aethyloxids ( Aetherschwefel- und Aetherphosphor-
Säure); bei Behandlung des Alkohols mit Fluorboron, Chlorzink, Chlor-
zinn und andern Chloriden.
§. 73. Dar Stellung. 5 Theile Weingeist Von 90 p. c.
werden mit 9 Th. Schwefelsäurehydrat in einem, in kaltem
Wasser stehenden, Kupfer- oder Eisen-Gefäfs vermischt, diese
Mischung in einen Destillirapparat gebracht und durch starkes
Feuer in fortwährendem Kochen erhalten, wo Aetherdämpfe
gleichzeitig mit Wasser- und Weingeistdämpfen übergehen.
Indem man diese Produkte durch einen guten Kühlapparat lei-
tet, werden sie verdichtet. Zu der siedenden Mischung in
dem Destillirapparat läfst man dem Volumen nach soviel Wein-
geist von derselben Stärke nachfliefsen, als an Produkten über-
gegangen ist. Dem erhaltenen Destillat setzt man eine Auf-
lösung von Kalihydrat in Weingeist hinzu, bis deutliche alka-
lische Reaction bemerkbar ist, und rectificirt im Wasserbade,
so lange der übergehende Aether noch ein spec. Gewicht von
0,720 — 0,725 bei ‘26° C. zeigt. Man kann es auch vor der
Rectifikation mit Kalkmilch und seinem gleichen Volumen Was-
ser mischen. Völlig rein erhält man ihn durch mehrtägiges
Stehenlassen über Chlorcalcium oder gebranntem Kalk und eine
neue Rectifikation über die nemlichen Materien.
A e t h e r.
«97
Man verbinde eine geräumige tubulirte Retorte, welche nicht allzu
fischer Röhre , deren inneres Ende hier auf den Boden reichen mufs und
setze eine geräumige Vorlegflasche, die aber bei keinem der angewende-
ten Apparate ganz luftdicht schliefsen darf, unter; bringe obige Mischung
von Schwefelsäure und Weingeist in die Retorte, welche ungefähr bis
zur Hälfte, auch etwas darüber, angefüllt werden darf. (Es lassen sich
grofse Mengen von Schwefelsäure und Alkohol schnell mischen, wenn
man die Säure in einen Kessel von Gufseisen , der mit kaltem Wasser
umgeben ist, bringt, und den Weingeist ganz langsam, indem man ihn an
der Wand des Kessels herablaufen läfst, darüber giefst, und nach ein Paar
Minuten Ruhe beide Flüssigkeiten mit einem eisernen Spatel rasch tüchtig
durcheinander rührt, dann den Kessel bedeckt. Das Gemisch erwärmt
sich kaum und kann sogleich zur Aetherbereitung verwendet werden.)
Dann verbindet mau mittelst eines durchbohrten Korks das kürzere Ende
einer starken kuieförmig gebogenen Glasröhre von 2 — 3 Linien Durchmes-
ser im Lichten , welches in eine am Ende etwa 1 Linie weite Spitze aus-
ffezo^en wnrrlfl . «n mil. rfpr E? c < . i
-- — o- — mit einem, mit
einem Hahn versehenen Messingrohr verbunden, das mit einer Flasche,
die den Weingeist enthält, verbunden ist. (Gut ist es, die Verbindung
der Theile durch Cautschuckröhreu zu bewerkstelligen, um etwas Be-
weglichkeit zu gestatten, und so dem Zerbrechen mehr vorzubeugen.)
In Ermangelung eines Hahns biegt man sich eine ungleichschenklige he-
berförmige Glasröhre, verbindet den längern, gegen 3 Fufs langen, in
eine Spitze ausgezogenen Schenkel auf angeführte Art mit der Retorte;
die Spitze kann auch 1" über der Flüssigkeit stehen. In das kürzere
Ende der Röhre steckt man einen mit Baumwollenfaden umwickelten Sto-
pfer, welcher mit einem zuerst in einen rechten Winkel gebogene.;, dann
spiralförmig lose um die Glasröhre gewundenen starken Eisendraht so ver-
bunden ist, dafs man durch Anziehen und Abwärtsdrücken den Stopfer
nach Belieben mehr anschliefsen oder lüften kann, um so das Nachfliefsen
zu reguliren. Dieses Ende senkt man fast auf den Boden einer Flasche
mit Weingeist, und füllt die Röhre mit Weingeist an, indem man nach
Lüftung des Stopfers in die Flasche bläst, wobei durch Schliefsen mit den
Fingern das Entweichen der Luft (nach S. 158) verhindert wird; die Röhre
füllt sich so mit Weingeist , oder man füllt sie vorher damit an, senkt sie
in die Flasche und verbindet sie mit der Retorte. Diese Röhre mufs immer
untergetaucht seyn, uud wenn es uöthig ist, Weingeist in die Flasche ge-
geben werden. — Im Grofsen kann auch eine gewöhnliche Destillirblase
die innen dick verbleit ist , zur Aetherbereitung genommen werden. [Auch
eine rein kupferne ist anwendbar, doch wird das Kupfer leicht angegrif-
fen ; in keinem Fall darf die Mischung bis an die Füge der Blase reichen?)
Ist alles : vorgerichtet und die Mischung kocht, so regulirt man das Nach-
tlie Isen des Weingeistes durch Drehung des Hahns oder Lüften des Stopfers
so, dals das Niveau der stark kochenden Flüssigkeit immer dasselbe bleibt
wenn nur Aether und Wasser (mit wenig Weingeist) übergeht, welches
der Ball ist, wenn das Gemisch aus ungefähr 2 Theilen concentrirter
Schwefelsäure und 1 Theil Weingeist von 0,84 besteht. Die Kühlapparate
müssen durch laufendes Wasser beständig möglichst kalt erhalten werden.
Bei Anw endung einer gläsernen Vorlage bedeckt mau diese mit FJiefspapier
und leitet einen Strahl kaltes Wasser darauf, oder bedeckt sie im Winter
“ °”er ^ch“^e. (Büchner’ s Repertorium für die Pharmacie ßd. 7. S.
Anua,eu Bd- xx S. 461. und Magazin für Pharmacie
aa. 4+ & 148.) Es erzeugt sich, bei gut regierter Arbeit, auf diese Art
immerfort nur Aetber und Wasser, und die Schwefelsäure läfst sich, so
lange man will, auf Aether benutzen, ohne merklichen Verlust zu erlei-
Geigers Pharmacie , /. (5 te Auß.) 45
Aether.
698
den. — Die Rectifikation geschieht im Grofsen am vortheilhaftesten in einer
gewöhnlichen, wohlgereinigten Destillirblase. Man lutirt mit Mandelkleie
und Blase, legt eine geräumige, mit YorlegfSasche versehene Vorlage luft-
dicht an, verbindet die Vorlegflasche durch 2 Heber (nach S. 177) mit 2
kleinen Flaschen, von denen die letztere halb mit Weingeist gefüllt und
nicht lutirt wird (s. Repertor. f. die Pharm, a. a. O. S. 112). Die Destil-
lation geht bei gelindester Wärme (Milchwärme) äusserst rasch, das Kühl-
rohr mufs immer mit kaltem Wasser umgeben seyn. Nimmt die Wärme
plötzlich zu, so entfernt man schnell alles Feuer. — Nach dem Erkalten
bringt man das mit Kalkmilch gereinigte Abwaschwasser in die Blase, wenn
man nicht das ganze Gemenge einsetzte, und erhält davon noch etwas
Aether und ätherischen Weingeist.
Erklärung s. Zersetzungsprodukte des sauren schwefelsauren Aethyl-
oxids.
§.74. Eigenschaften . Wasserhelle, tropfbare, sehr be-
wegliche Flüssigkeit, von 0,7119 sp. Gew. bei 24° (19.2° R.),
von 0,7154 bei 20° (16° R.), von 0,7237 bei 12,5° (tÖ° 11.);
bricht das Licht stark, Nichtleiter der Electricität ; siedet bei
35,6° C. (28,4° R.); gefriert bei —31 bis — 44° C., bringt beim
Verdunsten einen hohen Kältegrad hervor. Bläst man mit einem
Löthrohr auf einige Tropfen Aether, unter welchen ein Wassertropfen
schwimmt, so gefriert das Wasser. Riecht angenehm, durchdrin-
gend ätherisch; schmeckt (durch schnelle Verdunstung) küh-
lend, durchdringend gewürzhaft. Höchst verbrennlich. Seine
Dämpfe, mit Luft oder Sauerstoffgas gemischt, bilden eia höchst gefähr-
liches explosives Gasgemenge. Löst sich in 10 Th. Wasser; 36 Th.
Wasser lösen I Th. Aether. Mischt sich mit Weingeist, fetten
und ätherischen öelen in jedem Verhältnifs. Beim Zutritt von
Sauerstoff (Aufbewahrung in lufthalteuden Gefallen) verwandelt sich der
Aether theilweise in Wasser und Essigsäure, die mit einer andern Portion
eine Verbindung eingeht oder frei wird; sehr oft wird die saure Reaction
durch schweflige Säure bedingt, die nach und nach in Schwefelsäure über-
gegangen ist, oder welche von Zersetzung von beigemischtem ätherschwe-
felsaurem Aetherol herrührt. Bei einer höheren Temperatur absorbiren die
Aetherdämpfe mit ausserordentlicher Schnelligkeit Sauerstoffgas , wodurch
Essigsäure, Ameisensäure und Lampensäure (Aldehydsäure) gebildet wird,
welche letztere sich als die Augen zu Thränen reizender Dampf und durch
ihren erstickenden Geruch zu erkennen giebt. Läfst man im Dunkeln Ae-
ther auf einen heifsen Ziegelstein fallen, so werden diese Produkte mit
einer schwachen Lichterscheinung gebildet. Durch eine rothglühende Glas-
röhre getrieben zerfällt er in Aldehyd, ölbildendes Gas und Sumpfgas.
Der Aether löst %0 Schwefel und Vsr Phosphor auf. Brom und lod wer-
den von Aether in Menge und unter Zersetzung aufgenommen, es bildet
sich Brom- uad lod- Wasserstoffsäure nebst andern nicht untersuchten Pro-
dukten. Beim Hindurchleiten von Chlorgas durch Aether wird er augen-
blicklich zersetzt; bei gewöhnlicher Temperatur entzündet sich jede Blase
Chlorgas unter Bildung von Chlorwasserstoffsäure und Abscheidung von
Kohle; bei niederer Temperatur wird, neben Chlorwasserstoffsäure, unter
andern ein flüssiges, chlorhaltiges Produkt gebildet, was mit Alkalien sichi
zerlegt in Chlorkalium und essigsaures Kali. (Malaguti. ) Wasserfreie
Schwefelsäure zerlegt den Aether auf zweierlei Weise. In der Kälte wird
durch ihre Wirkung Isäthionsäure, AUhionsäure, schwefelsaures Aethyl-
oxid, Aetherol, saures schwefelsaures Aethyloxid hervorgebracht, in derl
Wärme zerlegen sich diese Produkte, es destillirt schwefelsaures Aethyl-
oxid, Aetherol, Wasser, Aether, begleitet von Essigsäure, Ameisensäure,1
Kohlenoxid, schwefligsaurem und ölbildendem Gas, über.
Salpetersäure verwandelt den Aether beim Erwärmen in Aldehyd,!
Essigsäure, Ameisensäure, Oxalsäure und Kohlensäure.
Aether phosphoratus.
699
Beim Hinzutreten von 2 At. Sauerstoff aus der Salpetersäure zu den Elemen-
ten des Aethers entsteht 1 At. Aldehyd und 2 At. Wasser.
— — 4 At. Sauerstoff — 1 At. Essigsäure u. 2 At. Wasser.
— — 8 At. — — 2 At. Ameisensäure u. 3 At. Wasser.
— — 10 At. — — 2 At. Kleesäure u. 5 At. Wasser.
— — 12 At. — — 4 At. Kohlensäure u. 5 At. Wasser.
Salzsäuregas wird von Aether in Menge verschluckt; wird eine con-
centrirte Auflösung destillirt, so erhält man Aethylchlorür.
Alkalien üben im wasserfreien Zustande bei gewöhnlicher Temperatur
keine Wirkung auf reinen Aether aus, bei Zutritt von Sauerstoff und
Feuchtigkeit wird der Aether braun, und man findet nach einiger Zeit ei-
nen Theil des Alkali’ s mit Essigsäure und Ameisensäure verbunden, wel-
che durch Oxidation gebildet worden sind; die braune Materie scheint
durch Zersetzung von Aldehyd gebildet zu seyn.
Kalium und Natrium zerlegen den Aether durch Sauerstoffentziehung,
wiewohl sehr unvollständig und langsam; es bilden sich hierbei gasförmige
und ölartige Kohlenwasserstoffverbindungen; das gebildete Kaliumoxid,
Natriumoxid, geht eine salzartige Verbindung mit unzersetztem Aether
ein. Blei, Zink und Eisen, in Berührung mit Aether und Sauerstoff, ver-
anlassen durch Sauerstoffabsorbtion die Bildung von essigsauren Salzen.
Das Aethyloxid verbindet sich mit Wasser zu Alkohol (Aethyloxid-
ihydrat), mit Säuren zu sauren und neutralen Salzen. Die sauren Salze
nennt man gewöhnlich Aether säur en , die neutralen zusammengesetzte
Aether arten.
Prüfung auf die Reinheit des Aethers. Er mufs wasserhell seyn und
den reiuen Aethergeruch und Geschmack besitzen; darf Lackmus nicht
rötlien und mufs das angegebene spec. Gewicht besitzen (zum pharmaceu-
tischen Gebrauch 0,73 bei 20° C. [16° R.]), darf mit Wasser gemischt
nicht milchig werden und sich nicht in stärkerem Verhältnifs als 1 zu 10
im Wasser lösen.
Anwendung. Der Aether wird in Tropfen und Mixturen innerlich, auch
äusserlich zu Einreibungen und als Erkältungsmittel benutzt. In der Phar-
macie hat man noch Lösungen von Phosphor, Iod, Eisenchlorid und Am-
moniak in Aether.
Aetherische Phosphor lösung.
Synonyme. Aether phosphoratus.
In der Mitte des 18ten Jahrhunderts wurde die Auflösung des Phos-
phors in Aether als Arzneimittel eingeführt.
§. 75. Den phosphorhaltigen Aether bereitet man , indem
nach Buchhol % 60 Theile wasserfreier Aether mit i Th. fein-
gekörntem Phosphor, der schnell zwischen Druckpapier ge-
trocknet wurde, in einem verschlossenen Gefäfse bei gewöhn-
licher Temperatur y2 Stunde geschüttelt wird. (Erwärmung ver-
hindert die Löslichkeit des Phosphors, und bewirkt Oxidation desselben.)
Die Lösung läfst man 24 Stunden an einem kühlen Orte ste-
hen, und giefst das klare Flüssige von dem ungelösten Phos-
phor ab. Eben so verfährt man mit gewöhnlichem Aether von
0,73 spec. Gewicht. — Die Eigenschaften dieser Verbindung
sind: Es ist eine klare, kaum gelblich gefärbte Flüssigkeit,
welche neben dem Geruch von Schwefeläther den von phos-
phoriger Säure verbreitet, im Dunkeln leuchten die Dämpfe.
— Mit siedendem Wasser in Berührung gebracht entzündet er sich. —
Nach Buchholz löst 1 Theil wasserleerer Aether y8o Phosphor,
gewöhnlicher Aether aber nur Vs4o« Die Lösung zersetzt sich bald
unter Bildung von Phosphorsäure , daher sie nie lange vorräthig bereitet
werden darf.
700
A 1 ko hei.
Mediciniscke Anwendung . Der phosphorhaltige Aether wird innerlich
und äusserlich als Arzneimittel verwendet. Da Wasser die Verbindung
zerlegt, so vermeide man, dasselbe beizumischen. Gewöhnlich glaubt
inan, der Phosphor sey weit löslicher in Aether, und verschreibt yao bis
Vio in Aether zu lösen. Allein der Arzt erhält keine gesättigtere Verbin-
dung als oben angegeben wurde.
Aetherische lodlösung.
lodhaltender Aether (Aether iodatus). Ein Theil Iod wird in 10 Th. |
Aether gelöst. Eine dunkelbraune Flüssigkeit, riecht nach den Bestand- i,
theilen.
Ammoniakhaltiger Aether.
Ammoniakhaltiger Aether (Aether ammoniacatus) wird nach de v schwe-
dischen Pharmacopoe bereitet, wenn ein Gemenge von gleichen Theileni
Salmiak, Kalkhydrat, Wasser und Aether bei gelinder Wärme der De-
stillation unterworfen wird. Wasserhelle Flüssigkeit.
Aetherische lodquecksilberlösung.
Solutio Iodeti Hydrargyrici in Aethere nach Magendie. Man löst Ij
Th. Quecksilberiodid (Quecksilber im Maximo) in 12 Th. Aether.
Aetherische Eisenchloridlösung.
1 Theil Eisenchlorid löst sich leicht in 4 Theilen Aether. Wird was-
serhaltiges Eisenchlorid mit Aether geschüttelt, so entzieht derselbe dem
Wasser diese Verbindung. Die Auflösung ist goldgelb. Dem Lichte aus-,
gesetzt wird sie farblos unter Abscheidung alles Eisens in Form von kri-l
stallinischem Eisenchlorür. Die rückständige Flüssigkeit ist reich an freier!
Salzsäure, sie enthält Aethylchlorür (Chlorwasserstoffsäureäther) , eine
andere chlorhaltige Verbindung, und giebt beim Abdampfen eine braune,
harzähnliche, in Aether, nicht in Weingeist, Wasser und Terpentinöl,
lösliche Masse.
Aethyloxid und Wasser.
Alkohol , Aethyloxidhydrat. Formel: C4 Hi2 02 = AeO + aq.
1 At. Aethyloxid m 468,14
1 At. Wasser = 112,48
1 At. Alkohol = 580,62
Bildung. Bei langer Berührung von Aether und Wasser vereinigen;
sich beide direkt zu Alkohol; augenblicklich geht diese Verbindung vor;
sich, wrenn beide in dem Moment miteinander Zusammentreffen, wo sie;
aus irgend einer andern Verbindung frei werden; namentlich geschieht dies
beim Erhitzen der sauren Aethyloxidsalze mit Wasser; bei Zersetzung der'
neutralen Aethyloxidsalze, der Haloidverbindungen des Aeth3rls, mit Al-
kalihydraten ; bei Destillation der Doppelsalze des Aethyloxids mit Kalk
bei niederer Temperatur; bei der eigentümlichen Zersetzung der Zucker-
arten durch die geistige Gährung. (Siehe Anhang zu den Aetbyl verbin- i
düngen.)
§.76. Darstellung . Durch Destillation aller der geisti-|
gen Gährung unterworfenen Flüssigkeiten erhält man einen,
mehr oder weniger mit Wasser gemengten, Alkohol, dessen
Gehalt durch das specifische Gewicht oder durch die gebräuch-
lichen Alkoholometer bestimmt wird. Branntwein nennt man
eine alkoholhaltige Flüssigkeit, welche 50 — 52 p. c. Alkohol
enthält (spec. Gewicht 0,95 — 0,94 oder 10 Grade nach Becke
18° nach Cartier .) Rectificirter Weingeist mufs 66 — 70 p. c
(0,89 — 0,88 spec. Gew.), höchstrectificirter Weingeist 9C
p. c. (0,8«Ä— 841 spec. Gew.) Alkohol enthalten. (Diese Be-
f 11 fl, ' 1
Alkohol.
701
Stimmungen beziehen sich auf eine Temperatur von 60° F. =
15,55° C. = 12,44° R.) Durch wiederholte Destillationen er-
hält man ihn von diesen Graden der Reinheit, lieber 90 p. c.
hinaus läfst sich der Weingeist durch Destillation nicht ent-
wässern ( wenn man das darin enthaltene Wasser nicht in ei-
nen Zustand versetzt, in welchem es bei dem Siedepunkte des
Alkohols seine Verdampfbarkeit verliert).
Reinen Alkohol erhält man durch Sättigung von 90pro-
centigem Weingeist mit geschmolzenem Chlorcalcium und De-
stillation dieser Auflösung. Das Wasser bleibt in Verbindung mit
Chlorcalcium zurück. Gebrannter Kalk, geglühte Pottasche können eben-
falls angewendet werden. Oder man bringt nach Graham zwei Schalen,
die eiue mit 1 Tlieil Weingeist von 90 p. c. , die andere mit 3 Th. ge-
branntem Kalk unter die Luftpumpe, exautlirt bis der Weingeist anfängt
zu sieden, und überläfst das Ganze einige Tage bei gewöhnlicher Tempe-
ratur sich selbst. Füllt man eine reine Ochsen- oder Schweinsblasc mit
Weingeist von 90 p. c. und hängt sie über ein warmes Sandbad einige Tage
auf, so findet man ihn bis zu 96 — 98 p. c. verstärkt. Wasser befeuchtet
und durchdringt uemlich die Blase und verdunstet auf der Aussenseite,
Weingeist befeuchtet sie nicht; es geht hierbei % Alkohol verloren, in-
dem durch die Poren des oberen, nicht mit Flüssigkeit gefüllten, Theils
der Blase Alkoholdampf entweicht.
Der Alkohol , welcher aus Kartoffel-, Getreide- oder Wein-Branntwein
dargestellt worden ist, erhält vom beigemischten sog. Fuselöl einen ei-
genthümlichen Beigeruch; er wird davon im Kleinen am besten durch Rec-
tifikation über etwas Kalihydrat ( Gabel , J. L.) oder durch Digestion des
Branntweins mit grobgepulverter, frischgeglühter Holzkohle (Fichten- oder
Lindeukohle) in der Kälte befreit.
$J. 77. Eigenschaften. Tropfbare, leicht bewegliche, sehr
dünne, wasserhelle Flüssigkeit von 0,792 — 0,791 ( bei 16° R.
= 20° C. = 68° F.), von 0,7947 (bei 12°R. = 15° C.). Siedet
bei 62° R. ( Velin und Fuchs ) = 77,32° C., bei 78,41 C. =
62,5° R. £ Üay-Lussac } bei 28" B. Bei den höchsten bis
jetzt hervorgebrachten Kältegraden wird reiner Alkohol nicht
fest. (Spec. Gewicht des Dampfes siehe Tabelle.) Bricht das Licht
stark, leitet nicht die Elektricität. Riecht angenehm, durch-
dringend, wirkt stark berauschend. Leicht entzündlich, lie-
fert beim Verbrennen, bei hinreichendem Sauerstoffzutritt,
Kohlensäure und Wasser; bei Mangel an Sauerstoff setzt die
Flamme Rufs ab. Der Alkohol zieht mit grofser Begierde
Wasser aus der Luft an, er entzieht wasserhaltigen thierischen
Materien das Wasser (sie schrumpfen zusammen: Anwendung zur Auf-
bewahrung anatomischer Präparate). Wasser und Alkohol verbin-
den sich mit einander unter Wärmeentwickelung, mit Schnee
vermischt entsteht ein hoher Kältegrad, das Volumen der Mi-
schung ist kleiner als das ursprüngliche Volumen der beiden
Flüssigkeiten. Die stärkste Zusammenziehung findet statt bei
dem Verhältnifs von 1 Atom Alkohol (580,625 Th.) mit 6 At.
Wasser (674,88 Th.). 100 Vol. dieser Mischung enthalten
53,939 Vol. Alkohol und 49,836 Wasser. 103,735 haben
sich mithin auf 100 zusammengezogen. Spec. Gewicht dieser
Mischung bei 10° C. (129 R.) = 0,927.
702
lodtinctur.
Der Siedepunkt einer Mischung von Alkohol mit Wasser
steigt mit dem Wassergehalt bis zu einer gewissen Gränze.
Weingeist von 94 p. c. besitzt denselben Siedpunkt wie reiner
Alkohol, Weingeist von 96 — 99 p. c. siedet bei einer etwas
niedrigeren Temperatur, woher es kommt, dafsbei Darstellung
von reinem Alkohol die ersten Portionen wasserhaltig sind,
während wasserfreier später übergeht.
üeber den Gehalt des wässerigen Weingeistes an Alkohol siehe di©
Tabelle am Ende des Buches.
Die Reinheit und Güte des Weingeistes hängt von seinem specifischen
Gewicht ab. Er mufs ferner wasserklar und fuselfrei seyn (das Fuselöl
entdeckt sich auch beim Zumischen von weifsem Vitriolöl , welches den
fuselölhaltigen Weingeist roth färbt. — Nach Vogel ist Silbersolution noch
empfindlicher gegen Fusel und andere ätherische Oele in Weingeist; eine
solche färbt' sich damit im Sonnenlicht bald roth, während ganz reiner
Weingeist unverändert bleibt) ; überhaupt keinen Beigeruch haben , nicht
sauer oder^/ basisch reagiren, und mufs sich beim Erhitzen leicht und ohne
Rückstand verflüchtigen. Branntwein wird zuweilen mit scharfen Substan-
zen, spanischem Pfeffer, oder betäubenden Stoffen, Kokkelskörnern u. s.
w., verfälscht. Dies giebt schon der scharfe oder widerlich bittere Ge-
schmack, besonders nach dem Verdampfen des Weingeistes, zu erkennen.
Kupfergehalt entdeckt Hydrothionsäure. (Ueber einen Zinngehalt des in
zinnernen Flaschen auf bewahrten Weingeistes s. Magazin für Pharmacie
Bd. 31. S. 227.) Göhel kocht Branntwein mit Aetzkali, auf 1 Unze etwa
4 Gran, bis auf % Rückstand rasch ein, übergiefst dann den Rückstand
mit verdünnter Schwefelsäure, wo sich Fuselgeruch (so wie überhaupt
jeder Beigeruch des Branntweins) entwickeln wird.
Man wendet den Weingeist häufig in der Pharmacie an. Der recti-
ficirte dient zur Bereitung der Tincturen (S. 152), geistiger Lösungen (S.
150), der geistigen Wässer (S. 178) und aromatischen Geister (S. 179)
ii. s. w. Der höchst-rectificirte wird zu ähnlichen Zwecken benutzt, zu
Lösungen reiner Harze, Oele, Darstellung der Aetherarten u. s. w. —
Absoluter Weingeist wird zur Darstellung einiger organischen Alkalien,
und als Reagens (auf die Aechtheit des Ricinusöls u. s. w.) gebraucht.
Der Weingeist verschluckt, wie das Wasser, mehrere Gasarten. —
Absoluter Alkohol löst etwas Phosphor, %40, und Schwefel J/J00. Die
Verbindungen sind nicht officinell. Büchner schlägt aber die Phosphor-
lösung anstatt des phosphorhaltigen Aethers vor (Repert. für die Pharmacie
Bd. 8. S. 368).
Weingeist und Ammoniak.
§. 78. Weingeist absorbirt viel Ammoniakgas bei ge-
wöhnlicher Temperatur. — Ein Gemisch von i Theil Salmiak-
geist und 2 Th. höchst-rectifieirtem Weingeist ist der offici-
nelle weinige Salmiakgeist ( Liquor Ammoniaci vinosus , Spirit,
sal. Ammoniac. vinos.).
Weingeist und lod.
lod- Tinktur. ( Tinctura lodi.J
§. 79. Der Weingeist löst lod schon bei gewöhnlicher
Temperatur in bedeutender Menge. — Zum pharmaceutischen
Gebrauch werden 48 Gran lod in einer Unze durch Schütteln
gelöst. — Eine dunkelblaue Tinktur. Riecht nach lod, schmeckt
widerlich herb nach lod. — Zusatz von viel Wasser scheidet den
gröfsten Theil lod wieder ab. Verwandelt sich mit der Zeit zum Theil
in Hydriodnaphtha.
Anwendung ; Innerlich, aber mit Vorsicht. Wirkt leioht giftig.
' K a 1 i i i n c t u r.
703
Weingeist und Kali.
Kalitinktur ( Tinctura kalina).
Synonyme. Scharfe oder tartarisirte Spiefsglanztinktur, Weinsteinsalz-
Tinktur (Tinctura Antimonii acris seu tartarisata, Tinctura salis Tartari).
üasilius Valentinus kannte schon im löten Jahrhundert die tartarisirte
Spiefsglanztinktur, welche mit der von Hoffmann 1722 eingeführten schar-
fen Spiefsglanztinktur übereinkoinmt. — Man bereitete sie durch Digeriren
des Rückstandes, welcher beim Verpuffen von gleichen Theilen Salpeter
und Spiefsglauzmetall erhalten wird, mit Alkohol. Da jedoch hiebei vom
Alkohol keine Antimontheile, sondern nur Kali aufgenommen wird, so
löst man jetzt letzteres geradezu in Weingeist. (Vergl. jedoch hierüber
Hermbstiidt im Berliner Jahrbuch der Pharmacie Bd. 32. S. 43. und Klauer
Ann. d. Pharm. XIV. S. 270.)
Jj, 80. Die Kalitinktur bereitet man, indem 1 Theil trock-
nes Aetzkali mit 6 Theilen höchst-rectificirtem Weingeist in
gelinder Wärme digerirt wird, bis sich nichts mehr löst. Gutes
geschmolzenes Aetzkali löst sich in Weingeist schon durch blofses Schüt-
teln in einigen Stunden unter beträchtlicher Erwärmung. Man wendet aber
bei Bereitung der Kalitinktur Wärme am, um ihr Farbe zu -geben , was
unnöthig und im Grunde zweckwidrig ist. Die klare Flüssigkeit wird
vom Bodensatz abgegossen und in wohlverschlossenen Ge-
fäfsen aufbewahrt. — Es ist eine helibräunliche Flüssigkeit,
die mit der Zeit immer dunkler wird (indem das Kali zerlegend auf
den Weingeist wirkt, wodurch Aldehydharz, Essigsäure und Ameisensäure
erzeugt wird); riecht nach Weingeist, schmeckt und wirkt sehr
ätzend alkalisch. — Die Bestandtheile erhellen aus dem An-
gegebenen.
Die Güte der Tinktur besteht in ihrem Gehalt an Alkohol und Aetz-
kali. Ersteren giebt der Geruch , die Eutzündlichkeit u. s. w. zu erken-
nen, letzteres wird ausser dem Geschmack (indem man die Tinktur mit
viel Wasser verdünnt) durch Säurezusatz bestimmt, von welchen die ge-
hörige Menge neutralisirt werden mufs. Die Farbe allein entscheidet nichts.
Anwendung. Die Spiefsglanztinktur wird, mit vielem Wasser verdünnt,
innerlich gegeben. Sie verträgt keine Säuren und zerlegt fast alle Salze,
ausgenommen kalihaltige.
Gegen Natron verhält sich der Weingeist wie gegen Kali. Die Ver-
bindung ist nicht officinell.
Die erdigen Alkalien (S. 197) sind schwerlöslich oder unlöslich in
Weingeist.
§. 81. Der Weingeist absorbirt ferner die meisten Gase,
ähnlich dem Wasser. Er nimmt von manchen weit mehr auf
als das Wasser, z. B. von Sauerstoff, Stickoxidul, Kohlen-
säure, öl bildendem Gas u. s. w. Er löst ferner viele Salze.
Von den anorganischen sind (bis auf einfach kohlensaures Kali) alle
an der Luft zerfiiefsliche in Weingeist leichtlöslich (Scheidung
derselben von andern durch Weingeist); ferner die Schwefellebern.
— Der absolute Alkohol geht nach Graham mit mehreren in
demselben leichtlöslichen Salzen feste kristaliisirbare Verbin-
dungen nach stöchiometrischen Verhältnissen ein, ähnlich wie
Wasser als Hydrat- und Kristallisations-Wasser, und bildet
damit Atkoholate. (Vergl. Magaz. f. Pharm. Bd. 28. S. 337.) Doch
sind diese Verbindungen meistens leicht zerlegbar. — Die mei-
sten organischen Säuren sind in Weingeist löslich. Sehr viele
704
A etherhaltiger Weingeist.
organischsaure Salze mit anorganischen Salzbasen , auch sol-
che, die nicht zerfliefslich sind, lösen sich leicht in Weingeist.
— Mehrere Lösungen der Art sind officinell, wie die Lösung
der Oelnatron-Seife in Weingeist, Seifenspiritus (Spiritus sa~
poms), der Talgseife in Alkohol, Opodeldoc. — Die Vorschriften
zur Bereitung dieser Lösungen sind in den Dispensatorien. Der Wein-
geist ist das beste Lösungsmittel der Aetherarten , der ätheri-
schen Oele und der meisten Harze. In geringerer Menge löst
er die Fette. Der wässerige Weingeist löst die Fette nicht,
dagegen löst er leicht den sogenannten Extractivstoff, welcher
zuweilen (im unreinen Zustande?) in absolutem Weingeist un-
löslich ist, ferner den Zucker u. s. w. Alkohol löst ferner
mehrere stickstoffhaltige indifferente Stoffe, wie Piperin, Caf-
fein u, s. w. , und alle organische Salzbasen.
Aether und Weingeist.
Aether haltig er Weingeist £ Spiritus vini aether eusj.
Synonyme. Schwefeläther- Weingeist, Hoffmann’s schmerzstillende
Flüssigkeit, Hoffmännische Tropfen (Spiritus sulphurico-aethereus, Liquor
anodinus mineralis Hoffmanni').
Die Geschichte des Schwefelätherweingeistes fällt mit der des Aethers
zusammen. Hofpmann , der in der ersten Hälfte des 18ten Jahrhunderts
lebte , trug vieles zu seiner Bekanntmachung bei. Daher er nach ihm be-
nannt wurde.
§. 82. Den ätherhaltigen Weingeist erhält man am ein-
fachsten durch Vermischen von 3 Theilen fuselfreiem Wein-
geist mit 1 Theil Aether. Auch bereitet man ihn durch De-
stillation eines Gemisches von 1 Theil Vitriolöl und 4 Theilen
Weingeist, wobei man wie bei der Aetherbereitung nach äl-
terer Angabe verfährt. Das Destillat wird auf die beim Aether
angegebene Art gereinigt und rectiflcirt.
§. 83. Die Eigenschaften des ätherhaltigen Weingeistes
sind denen des Aethers ähnlich, nur riecht und schmeckt er
etwas weniger nach Aether, zugleich nach Weingeist, ist et-
was weniger flüchtig; mit gleichen Theilen Wasser vermischt
scheidet er etwas Aether ab, in jedem gröfsern Verhältnifs ist
er mit Wasser ohne Trübung mischbar. Sein spec. Gewicht
beträgt 0,8^0 bis 0,825.
Seine Prüfung erhellt aus den angegebenen Eigenschaften. Er mufs
rein nach Aether und Weingeist, nicht fuselig oder schwefelicht riechen,
nicht Lackmus röthen. Mit Wasser vermischt darf er nicht milchig wer-
den, und schweres Oel absondern; mufs sich bei gewöhnlicher Temperatur
leicht und vollständig verflüchtigen. Wird er mit seinem gleichen Volumen
essigsaurer Kalilösung (aus gleichen Theilen Salz und Wasser bereitet)
geschüttelt, so mufs sich der vierte Theil als Aether absondern.
Die Hoffmännischen Tropfen werden wie der Aether angewendet.
Aether , Weingeist und Eisenchlorid.
Eisenchloridhaltiger Aetherweingeist f Spiritus vini aethereus
martiatus
Synonyme: Eisenhaltiger schmerzstillender Liquor, Bestuscheff’s Ner-
ventinktur, de Lamotte’s Goldtropfen (Spiritus sulphurico-aethereus mar-
Hiatus, Liquor anodinus martiatus, Tinctura tonico-nervina Bestuscheffiy .
Eisenchloridhaltiger Aetherweingeist. 705
Diese Composition wurde 1725 von Bestuscheff erfunden und als Ge-
heimmittel verkauft. De Lamotte erhielt das Geheimnifs vou eiuem Labo-
ranten bei Bestusclieff , und verbreitete es in Frankreich. Man glaubte
lange, die Tinktur sey goldhaltig, bis die russische Kaiserin Katharina
das Geheimnifs den Erben BestuschefFs abkaufte und die Bereitung bekannt
machen liel's. Die Originalvorschrift ist äusserst umständlich und langwie-
rig. Klaproth , Bucholt, , Trommsdorff u. A. verbesserten und vereinfach-
ten die Darstellung dieses Mittels.
§. 84. Der eisenchloridhaUige Aetherweingeist wird am
einfachsten auf folgende Art bereitet. Gleiche Theile an der
Luft 'zerflossenes Eisenchlorid (Eisenöl) und Aether werden 1
bis 2 Stunden anhaltend geschüttelt und die wässerige Flüs-
sigkeit durch einen Scheidetrichter von dem eisenhaltigen Ae-
ther getrennt. Oder man löst i Theil wasserfreies oder was-
serhaltiges kristallisirtes Eisenchlorid in 4 Th. Aether durch
anhaltendes Schütteln, und trennt die durch Absetzen klar ge-
wordene Flüssigkeit von dem Ungelösten. Dieser, auf eine
oder die andere Art erhaltene Eisenchlorid haltende Aether
wird mit 2 Theilen Weinalkohol vermischt, und in verschlos-
senen, weifsen, etwas hohen, engen Gläsern so lange den
Sonnenstrahlen ausgesetzt, bis die Flüssigkeit ganz entfärbt
und völlig wasserklar ist.
Erklärung. Die entfärbte Auflösung enthält die Produkte, welche
durch die gegenseitige Zersetzung des Eisenchlorids mit Aether entstehen
(s. ätherische Eisenchloridlösung). Durch den zugesetzten Weingeist wird
eine Portion Eisenchiorür in Auflösung behalten.
§.85. Die Eigenschaften des eisenchloridhaltigen Aether-
weingeistes sind : Er ist, frisch bereitet, eine farblose Flüssig-
keit, erhält aber mit der Zeit, an einem dunkeln Orte aufbe-
wahrt, wenn das Gefäfs öfters geöffnet wird, eine schöne gold-
gelbe Farbe 5 hat neben dem ätherischen einen starken eisen-
haften Geschmack; verhält sich sonst wie ätherhaltiger Wein-
geist. — Be slandf heile: Eisenchiorür, Aether, Weingeistund
etwas Salzäther (Aldehyd).
Prüfung auf seine Reinheit und Güte. Er mufs entweder wasserhell
oder goldgelb, nicht braungelb , gefärbt seyn; darf keinen ocherartigen
Bodensatz fallen lassen, welches der Fall ist, wenn er nicht dem Lichte
ausgesetzt wurde, und keine freie Salzsäure enthält. Der Geschmack
desselben mufs ätherisch und herb eisenhaft, nicht sauer, seyn; wässerige
Alkalien, damit geschüttelt, müssen einen weifsen oder schmutzig blau-
grünen, keinen gelben, Niederschlag veranlassen. Hydrothionsäure darf
ihn, wenn er mit wenig Säure versetzt wurde, nicht dunkel färben.
Medicinische Anwendung. Der eisenchlorid haltige Aetherweingeist wird
innerlich in Tropfen, auch Mixturen beigemischt, gegeben. Darf nicht mit
Substanzen vermischt werden, welche mit Chlor unlösliche Verbindungen
bilden und die Eisenoxidsalze zerlegen.
Die Lösung des Sublimats in Aether wird auch als Arzneimittel an-
gewendet.
Der Aether löst auch andere Chlormetalle, wie Chlorzink, Chlorgold
u. s. w. Bis jetzt ist sonst keine derartige Verbindung officinell. Sie las-
sen sich aber, wenn sie verordnet werden, am einfachsten durch unmit-
telbares Lösen des Chlormetalls in Aether darstellen. Insofern nämlich
diese Verbindungen in Aether löslich sind.
706
Aethylchlorür,
§. 86. Der Aether löst ferner viele Substanzen, welche
in Weingeist löslich sind, wie einige organische Säuren, Es-
sigsäure, Gallussäure, Benzoesäure, Oel- und Talg-Säure:
ätherische Oele und Fette, Wachs, viele Harze; mehrere in
Weingeist lösliche Harze (sogenannte Halbharze?) sind in
Aether unlöslich, dagegen andere, die in Weingeist unlöslich
sind, sich in Aether lösen. Auch manche organische Salzbasen
sind in Aether löslich, andere darin unlöslich. Dient darum zur
Ausscheidung derselben und zur Trennung der löslichen von den unlös-
lichen.
Die Säuren zerlegen das Hydrat des Aethers (den Alko-
hol); die Sauerstoffsäuren, indem sie sich mit dem Aether ver-
binden, die Wasserstoffsäuren, indem sie den Aether (das
Aethyloxid) zerlegen; in dem erstem Falle entstehen saure
Salze, in dem andern Verbindungen des Aethyls mit den Ra-
dikalen der Wasserstoffsäuren. Mit Kalium und Natrium zu-
sammengebracht, wird das Hydratwasser des Alkohols zerlegt,
es entwickelt sich Wasserstoffgas und es entsteht Kalium- und
Natriumoxid, die mit dem Aether kristallisirbare Verbindungen
bilden.
Aethyl und Chlor.
Aethylchlorür. Formel: C4Hi0Cl2=Ae, Cl2>
1 At. Aethyl = 368,14
1 Aeq. Chlojr tz: 443,65
1 At. Aethylchlorür 810,70
Synon. Chlorvvasserstoffäther , leichter Salzäther oder leichte Salz-
uaphta (Aether hydrochloricus , muriaticus , Naphta muriatica).
Bildung. Entsteht überall, wo Salzsäure mit Alkohol oder Aether
zusammenkommt, ferner bei Destillation vieler leicht zersetzbarer Chloride,
wie Antimonchiorür und -Chlorid, Zinnchlorid, Platinchlorid mit Alkohol
etc. ; in den letzteren Fällen ist dem Aethylchlorür stets Aldehyd beige-
mischfc; bei Destillation von Salzsäure mit essigsaurem, oxalsaurem und
anderen Aethyloxidsalzen.
§. 87. Bar Stellung. Man sättigt Alkohol mit gasförmiger
Chlorwasserstoffsäure und destilfiri im Wasserbade. Das über-
gehende Produkt wird durch eine Röhre in eine zweihalsige
Flasche geleitet, welche etwas Wasser enthält und mit Was-
ser von §0 — 25° umgeben ist; die andere Oeffnung steht mit-
telst einer zweiten Röhre mit einem mit Eis umgebenen Kühl-
apparat in Verbindung. Oder man giefst in einen Destillir-
apparat eine Mischung von 3 Theilen Schwefelsäure -Hydrat
und 2 Theilen Alkoholauf 4 Th. geglühtes Kochsalz, und ver-
fährt auf dieselbe Weise. Wenn man das erhaltene Produkt
in der mit Eis umgebenen Flasche, worin es aufgefangen
wurde, eine Zeitlang mit groben Stücken Chforealcium in Be-
rührung läfst, so wird das Aethylchlorür wasser- und wein-
geistfrei; man giefst es nach 24 Stunden in kleine wohlzuver-
schliefsende Giasgefäfse ab, die man auf dem Stöpsel stehend
aufbewahrt.
§. 88. Eigenschaften. Farblose Flüssigkeit, von durch-
dringend gewürzhaft, etwas knoblauchartigem Geruch, von
Aethylbromür.
707
0,874 spec. Gewicht bei 5°, siedet bei 11°, röthet nicht Lack-
mus, löst sich in 24 Th. Wasser, die Auflösung schmeckt
kühlend gewürzhaft, trübt nicht salpetersaures Silberoxid,
leicht entzündlich, mit leuchtender Flamme, mit grünem Saum
und Ausstofsung von Salzsäuredämpfen verbrennend \ zerlegt
sich, durch eine glühende Röhre geleitet, in gleiche Raum-
theile ölbildendes Gas und Salzsäure, sein Dampf mit Chlorgas
gemischt, zuerst 24 Stunden im Dunkeln gelassen, sodann
dem Sonnenlicht ausgesetzt, wird davon zersetzt in Kohlen-
stoffchlorid (C4 Cl12) und Salzsäure ( Laurent ). Mit Alkalihy-
draten längere Zeit in Berührung, zerlegt er sich in Chlor-
metall und in Aethyloxidhydrat (Alkohol). Mit Weingeist in
allen Verhältnissen mischbar.
Aethyl und Brom.
Aethylbromür. AeBr2.
Synon.: Bromwasserstoffsäureäther. Von Sertdlas entdeckt.
Bar Stellung : Man löst 1 Th. Brom in 4 Th. Alkohol, bringt diese Auf-
lösung in eine tubulirte Retorte, welche mit einem guten Kühlapparat in
Verbindung steht, und setzt nun % von dem Gewichte des Broms Phosphor
hinzu. Nachdem die starke Wärmeentwickeluog bei der Auflösung des
Phosphors nachgelassen hat, destillirt man in gelinder Warme. Zusatz von
Wasser zu dem Destillate scheidet den Aether ab. Eigenschaften : Farblose,
wasserhelle, sehr flüchtige Flüssigkeit, von durchdringend ätherartigem
Geruch und Geschmack, schwerer wie Wasser, mit Alkohol und Aether in
allen Verhältnissen mischbar, durch Berührung mit Wasser nicht zersetzbar.
Aethyl und lod.
Aethyliodür. Ael2.
Synon. : Iodwasserstoffäther. Entdeckt vou Gay-Lussac.
Bar Stellung : Beim Sättigen von Alkohol mit lodwasserstoffsäure und
Destillation, oder durch Anwendung von Iodphosphor und Alkohol, wie
bei der vorhergehenden Darstellung, wird diese Verbindung erhalten. Ei -
genschaften : Farblose Flüssigkeit, von durchdringend ätherartigem Ge-
ruch; siedet für sich bei 71,5°, mit Wasser zum Aufwallen erwärmt steigt
die Temperatur desselben nicht über 64,8° C.; spec. Gewicht bei 32,3° =
1,9206 ; schwierig entzündlich, (sein Dampf, durch ein glühendes Porzellan-
rohr geleitet, wird zersetzt in Kohle, lod und einen neuen, nicht unter-
suchten Körper, welcher lod und Kohlenstoff enthält , wenig flüchtig und
in Wasser, Säuren und Alkalien nicht löslich ist). Das Aethyliodür be-
netzt nicht Glas, wird bei der Einwirkung der Luft rotk, unter Absatz
von lod. Mit Alkohol und Aether mischbar.
Bei der Bildung des Aethyl-Bromürs und -Iodiirs mit Brom- oder Iod-
Phosphor zerlegt sich das letztere mit dem Wasser des Aethyloxidhydrats
in eine Phosphorsäure und Brom- und lodwasserstoffsäure , die, mit dem
Aether des Alkohols im Entstehungsmoment zusammenkommend , sich da-
mit in Wasser und in die Haloide des Aethyls zerlegen, oder der Phosphor
oxidirt sich auf Kosten des Sauerstoffs des Aethers und giebt ein Aequiva-
lent Brom oder lod an das Aethyl ab. 3 At. Alkohol mit 1 At. Phosphor-
iodiir werden in letzterem Falle geben 1 At. Phosphorigesäurehydrat und
3 At. Aethyliodür 3AeO, 3aq -1- P2I6 rzr 3AeI2 -4- Pa03 -f- 3aq.
Aethyl und Schwefel.
Aethylsulfür. AeS.
Schwefelwasserstoffsäureäther. Soll sich nach Böbereiner bilden beim
Auflösen von Schwefeleisen in Alkohol , der mit salzsaurem Gas gesättigt
708
Mercaptan.
ist. Beim Zusatz von Wasser wird er aus der Flüssigkeit gefällt. Nach
Löwig soll er durch Destillation von trocknem Schwefelkalium (KS),
Schwefelbariuni (BaS) mit ätherschwefelsaurem Kali entstehen. Da aber
beide Chemiker keine der physikalischen Eigenschaften dieses Körpers an-
geben (spec. Gewicht, Siedepunkt etc.), und seine chemischen sehr ähnlich
der folgenden Verbindung sind, so bedarf ihre Existenz einer weiteren
Bestätigung.
Aethylsulfür - Schwefelwasserstoff , Mercaptan.
Entdeckt von Zeise . Formel: AeS, SH*.
Darstellung. Eine concentrirte Auflösung von schwefelsaurem Aethyl-
oxidkalk, von 1,28 spec. Gewicht, vermischt man mit einer Kalilauge von
gleicher Stärke , die man vorher mit Schwefehvasserstoffsäure vollkommen
gesättigt hat und destillirt im Wasserbade mit sorgfältiger Abkühlung. Das
erhaltene Destillat wird beim Vorhandenseyn von freiem Schwefel Wasser-
stoff, Weingeist und Wasser durch Rectifikation über etwas Quecksilber-
oxid und Stehenlassen über Chlorcalcium gereinigt.
Eigenschaften. Farblose, ätherartige, wasserklare, leichtflüssige Flüs-
sigkeit von durchdringend unangenehmem, zwiebelartigem Geruch, siedet
bei 36°,2 (nach Zeise bei 62 — 63°), von 0,842 spec. Gewicht bei 15°,
von 0,835 bei 21°; höchst entzündlich, mit blauer Flamme verbrennend;
mit Weingeist und Aether mischbar, in Wasser in geringer Menge löslich,
ohne Wirkung auf Pflanzenfarben, erstarrt bei einem hohen Kältegrad zu
einer blätterig kristallinischen Masse. Schwefel, Phosphor und Iod lösen
sich darin auf.
Der chemische Charakter dieser Verbindung ergiebt sich aus ihrer
Constitution; es ist die dem Alkohol eorrespondirende Schwefelverbindung
Alkohol = AeO + OH*
Aethj'lsulfür-SchwefelwasserstofF zr: AeS -4- SH*
Wie in den Hydraten von Basen spielt in dem Alkohol das Hydrat-
wasser die Rolle einer schwachen Säure; in dem Mercaptan ist dieses
Wasser durch seine eorrespondirende Schwefclverbindung, durch Scbwe-
fel wasserstoffsäure , ersetzt. Beim Zu^ammenbringen von Schwefeläthyl-
Schwefelw asserstofF mit Metalloxiden wird der Wasserstoff des Schwefel-
wasserstoffs ersetzt durch ein Aequivalent von Metall, es entstehen Schwe-
felmetalle, Welche mit dem Aethylsulfür festere oder schwächere Verbin-
dungen eingehen. Es entstehen analoge Verbindungen, wenn der Schwe-
felwasserstoff (die Säure) darin ersetzt wird durch eorrespondirende saure
Sulfide, aber die Verbiudungsfähigkeit der Basis (des Aethylsulfiirs ) mit
den Schwefelmetallen, welche den Schwefelwasserstoff ersetzen sollen,
nimmt in dem nämlichen Verhältuifs ab, als der Charakter derselben sich
mehr dem der Basen selbst nähert. Kali und Natronhydrat haben auf Ae-
thylsulfür-Schwefehvasserstoff keine bemerkbare Einwirkuug, Quecksilber-
und Goldoxid werden davon unter heftiger Wärmeentwickelung in Schwe-
felmetalle verwandelt, die eine salzartige Verbindung mit dem Schwefel-
äthyl bilden; sie werden, mit Ausnahme des Aethylsulfür-Goldsulfids, durch
Schwefelwasserstoffsäure, als dem stärkeren sauren Sulfid, wieder zerlegt,
indem dieses unter Abscheidung von Schwefelmetall an seine Stelle tritt.
Bildung. Schwefelsaurer Aethyloxid-Kalk zerlegt sich mit Schwefel-
wasserstoff-Schwefelkalium io schwefelsaures Kali, schwefelsauren Kalk
und Schwefeläthyl- Schwefelwasserstoff. Das Kalium in dem Schwefel-
wasserstoff-Schwefelkalium tritt an die Stelle des Aethyls in dem schwe-
felsauren Aethyloxid-Kalk, das Aethyl nimmt seinen Platz in der ersten
Verbindung ein.
Schwefelwasserstoff, Schwefelkalium und schwefelsaurer Aethyloxid-Kalk
SH* -f- SK 2S03 4- AeO -+- CaO
geben
Schwefelwasserstoff, Schwefel- Aethyl und schwefelsaures Kali und Kalk
SH* -h SAeO SSO, •+• KO -H CaO
709
*
Schwefeläthyl Verbindungen.
Verbindungen des Schwefeläthyls.
Sie werden im Allgemeinen gebildet durch direktes Zusammenbringen
der wässerigen oder weingeistigen Losung des Aethylsulfür-Schw efelwasser-
stoffs mit den entsprechenden Metalloxiden , mit deren Chloriden oder mit
ihren Sauerstoffsalzen. Der Sauerstoff des Metalloxids verbindet sich mit
dem Wasserstoff des Schwefelwasserstoffs, damit Wasser bildend, während
das Metall an seine Stelle tritt. Die Verbindungen des Aethylsulfürs mit
Kalium- und Natrium -Sulfür können nur durch direktes Zusammenbringen
von Kalium und Natrium mit Aethylsulfür- Schwefelwasserstoff gebildet
werden, es entwickelt sich in diesem Falle Wasserstoffgas und es ent-
stehen weifse kristallinische Verbindungen von Aethylsulfür mit Schwefel-
kalium oder -Natrium, die durch W7asser augenblicklich wieder in Kali
und Aethylsulfiir-Schwefelwasserstoff zerlegt werden.
Alle Verbindungen des Aethylsulfürs mit Schwefel- Blei , -Kupfer,
-Quecksilber, -Gold sind unzerlegbar durch Alkalien und die meisten Säu-
ren;'sie sind im Wasser unlöslich.
Aethylsulfür -Schwefelblei, Bleimercaptid. AeS, PbS. Citrongelbe
Nadeln und Blättchen.
Aethglsulfür-Schwefelquecksilber , Quecksilbermercaptid. AeS, HgS.
Weifse, kristallinische, fettig anzufühlende Masse, schmelzbar bei 85 — 87°
zu einer klaren Flüssigkeit, löslich in siedendem Alkohol und daraus kri-
stallisirbar, wird bei der trocknen Destillation zersetzt unter Bildung von
Zinnober, metallischem Quecksilber und einer farblosen, flüchtigen, nicht
untersuchten Flüssigkeit.
Aethylsulfür-Schwefelyold. AeS, Au2S. Farbloser, dicker, gallert-
artiger Niederschlag. Liefert bei der Destillation eine farblose , nicht un-
tersuchte Flüssigkeit, unter Abscheidung von sehr wenig Schwefel und
metallischem Gold.
Aethylsulfid.
Bei Destillation von höheren Schwefelungsstufen des Kaliums (nament-
lich KS5 ) und Bariums mit schwefelsaurem Aethyloxid- Kali erhält man
neben Aethylsulfür- Schwefelwasserstoff, einen andern, bei weitem we-
niger flüchtigen, Körper, den Zeise Thialöl nennt, und von wrelchem er
es wahrscheinlich gemacht hat, dafs es eine Verbindung des Aethyls mit
3 At. Schwefel ist.
Aethyls elenür.
Soll nach Löivig durch Destillation von Selenkalium mit schwefelsau-
rem Aethyloxid-Kaii gebildet werden können.
Aethylcyanür .
Cyanwasserstoffsäureäther. Ae, Cy2. Entdeckt von Pelouze. Mail
unterwirft ein trocknes Gemenge von gleichen Theilen schwefelsaurem
Aethj'loxidkali mit Cyankalium einer gelinde steigenden Wärme. Das er-
haltene Produkt wird bei gelinder Wärme über Chlorcalcium rectificirt.
Eigenschaften : Farblose Flüssigkeit von durchdringendem Knoblauchgeruch,
siedet bei 82°; spec. GeAvicht 0,7; wird durch Quecksilberoxid, nicht durch
Alkalien, zerlegt; sehr giftig, brennbar, mischbar mit Alkohol und Aether,
löslich in geringerer Menge in Wasser. Bildung : Das Aethyloxid in dem
Schwefelsäuren Aethyloxidkali zerlegt sich mit Cyankalium in Kali , was
sich mit der Schwefelsäure verbindet, und Aethylcyanür, wras überdestillirt.
Aetliylschwefelcyanür.
Bei Destillation von Schwefelcyankalium mit einem Gemenge von Schwe-
felsäure und Alkohol erhält man eine unerträglich riechende, schwere.
Ölartige Flüssigkeit , während im Rückstand sclwefelsaures Kali und Am-
moniak bleibt. Diese Flüssigkeit scheint frei von Stickstoff, nemlich einer
Cyan Verbindung, zu seyn.
710
Aethyloxidsalze.
Aethyloxidsalze .
§. 89. Das Acthyloxid (der Aether) bildet mit den Säuren
saure und neutrale Salze, ln Beziehung* auf seine Fähigkeit,
die Säuren zu neutralisiren , folgt es den allgemeinen Ge-
setzen der Sättigungscapacität der Säuren.
Die neutralen AelhyloxidSalze sind ohne Reaction auf
Pflanzenfarben. Sie unterscheiden sich von den anorganischen
Salzen dadurch, dafs die Säure oder das Aethyloxid bei ge-
wöhnlicher Temperatur darin nicht ersetzbar sind durch an-
dere Säuren oder durch Metalloxide, wenn sie mit andern an-
organischen Salzen vermischt werden. (Oxalsaures Aethyloxid
giebt mit einer weingeistigen Auflösung von Chlorcalcium keinen Nieder-
schlag von oxalsaurem Kalk etc.)
§. 90. Bei Berührung mit den Hydraten der Alkalien
werden sie bei gewöhnlicher Temperatur, schneller in der
Wärme, zerlegt, indem sich das Alkali mit der Säure verbin-
det; der freigewordene Aether vereinigt sich in diesem Falle
mit dem Hydratwasser des AJkali’s zu Alkohol.
§. 91. Manche von diesen neutralen Salzen werden durch
Alkalien und Metalloxide nur zur Hälfte zersetzt, so dafs sich
Doppelsalze bilden, welche Aethyloxid und eine metallische
Basis enthalten. Alle bis jetzt bekannten Doppelsalze dieser
Art sind im Wasser löslich, sie besitzen in Beziehung auf den
Zustand der einen Base des Aethyloxids den nemlichen Cha-
rakter wie die neutralen Salze, so dafs also die Säuren durch
die gewöhnlichen Reactionen, welche den anorganischen Ver-
bindungen angehören, nicht nachgewiesen werden können.
Sie sind in diesem Verhalten ähnlich den Doppelsalzen, welche
Chromoxid und andere Basen mit Kleesäure bilden, in welchen
die Kleesäure, z. B. durch Kalksalze, nicht angezeigt wird.
In diesen Doppelsalzen läfst sich das Metalloxid vertreten durch
andere Metalloxide, es kann denselben durch stärkere Affini-
täten entzogen werden, in diesem Falle wird es ersetzt durch
ein Aequi valent von Wasser, und es entstehen die sogenann-
ten sauren Aethyloxidsalze.
Die sauren Aethyloxidsalze besitzen im concentrirten Zu-
stande eine gewisse Beständigkeit ; sie lassen sich auf 100°
erhitzen ohne Veränderung, manche davon, deren Säuren
nicht oder nur wenig flüchtige Hydrate bilden, zerlegen sich
bei einer höheren Temperatur in Aether, der sich abscheidet,
und in das Hydrat der Säure, was zurückbleibt; werden diese
sauren Salze mit vielem Wasser verdünnt, so zerlegen sie
sich bei gewöhnlicher Temperatur, noch schneller in der Wär-
me, es entsteht ein Hydrat der Säure und der sich abschei-
dende Aether vereinigt sich mit Wasser zu Weingeist.
§. 92. Wird concentrirtes saures schwefelsaures Aethyl-
oxid mit Lösungen der Hydrate vieler andern Säuren erwärmt,
so ist es meistens der Fall, dafs sich diese andern Säuren mit
dem Aethyloxid des sauren Salzes verbinden zu einem neutra-
Saures Schwefels. Aethyloxid.
711
Jen Salz, währen i ein Hydrat der Schwefelsäure zurückbleibt.
(Schleimsäure, Oelsäure, Talgsäure, mit einer Mischung von Schwefelsäure
und Alkohol giebt schleimsaures, ölsaures, talgsaures etc. Aethyloxid.)
§. 93. Werden die coneentrirten sauren Aethyloxid Verbin-
dungen mit andern Salzen der Destillation unterworfen, deren
Säuren flüchtig sind und flüchtige Verbindungen mit Aethyloxid
bilden, so verbindet sich die Säure des Aethyloxidsalzes mit
der Basis des andern Salzes und das Aethyloxid geht in Verbin-
dung mit der flüchtigen Säure über; auf diesem Wege werden
alle neutralen Aethyloxidsalze mit flüchtigen Säuren dargestellt.
(Saures schwefelsaures Aethyloxid mit essigsaurem Kali, ameisensaurem
Kali, der Destillation unterworfen, giebt neutrales essigsaures, ameisen-
saures Aethyloxid etc. und saures schwefelsaures Kali.)
§. 91. Die neutralen Doppelsalze des Aethyloxids , wenn
sie mit manchen Säuren erhitzt oder der Destillation unterwor-
fen werden, zerlegen sich in ein saures Salz mit metallischer
Basis, was zurückbleibt, während der Aether mit der zuge-
setzten Säure eine Verbindung bildet. (Schwefelsaures Aethyl-
oxid-Kali giebt mit Oenanthsäurel^drat, Essigsäurehydrat, erwärmt,
önanthsaures , essigsaures Aethyloxid und im Rückstand saures schwefel-
saures Kali.)
Benzoylchlorid zerlegt sich, mit Alkohol erwärmt, auf Kosten seines
Hydratwassers in Salzsäure und in Benzoesäure, die sich mit dem frei-
werdenden Aethyloxid zu neutralem benzoesaurem Aethyloxid vereinigt.
Aethyloxid und Schwefelsäure .
Saures schwefelsaures Aethyloxid. Aether Schwefelsäure.
Formel: 2S03, AeO.
2 At. Schwefelsäure ™ 1003,33
1 At. Aethyloxid = 468,14
1 At. saures schwefelsaures Aethyloxid rz: 1470,47
Die neutrale. Verbindung des Aethyloxids mit Schwefelsäure ist unbe-
kannt. Die saure Verbindung, bekannt unter dem Namen Wein - oder
Aether Schwefelsäure , erhält man direkt, wenn man Aetherdampf in Schwe-
felsäurehydrat leitet, solange derselbe noch aufgenommen wird. Wird
diese Mischung nach einigen Stunden mit Wasser vermischt, so scheidet
sich der unverbundene Aether ab, ein anderer bleibt in Verbindung mit
Schwefelsäure. Das wasserhaltige saure schwefelsaure Aethyloxid entsteht
am leichtesten und in gröfster Menge beim Erhitzen einer Mischung von
Schwefelsäurehydrat mit Alkohol.
Hierbei zerlegt die Schwefelsäure den Alkohol, indem sie sich mit
dem Aether verbindet; der Wassergehalt des Alkohols und der Schwefel-
säure bleibt mit dem gebildeten sauren schwefelsauren Aethyloxid vereinigt.
Man hat die Erfahrung gemacht, dafs Schvvefelsäurehydrat, welches
mit 55 p. c. Wasser (1 At. wasserfreie Säure auf 4 At. Wasser) verdünnt
worden ist, bei gewöhnlicher Temperatur diese Zersetzung nicht bewirkt,
dafs sie hingegen erfolgt, wenn diese Mischung zum Sieden erhitzt wird.
ä) Man hat ferner gefunden , dafs beim Erkalten dieser Mischung die
Menge des gebildeten sauren Aethyloxidsalzes wieder abnimmt, dafs bei
Verdünnung derselben mit Wasser das saure Salz eine weitere Zerlegung
erfährt,
c ) In diesem Falle scheidet sich das Aethyloxid wieder von der Säure
ab, es vereinigt sich wieder mit Wasser zu Alkohol.
d) Eine Mischung von 9 Th. Schwefelsäurehydrat mit 5 Th. Weingeist
von 85 p. c. Alkoholgehalt, welche bis auf ihren Siedepunkt erhitzt wor-
7i2
Aeth erb il düng.
den ist , enthält genau die Bestandtheile von 2 At . wasserfreier Schwe-
felsäure^ 1 At. Aether, oder von 1 At. wasserfreiem saurem schwefel-
saurem Aethyloxid mit 4 At. Wasser.
Nach der gewöhnlichen Annahme zerlegen sich die 2 At. Schwefel-
säurehydrat mit 1 At. Alkohol in der Weise, dafs nur die Hälfte der er-
steren eine Verbindung eingebt mit Aether, so dafs demnach eine ver-
dünnte Schwefelsäure mit 4 At. Wasser und auf der andern Seite wasser-
freies saures schwefelsaures Aethyloxid entsteht., es wäre ferner hiernach
die Hälfte des Alkohols frei in der Mischung. Beide Voraussetzungen sind
gänzlich unstatthaft.
e) Wenn nemlich das saure schwefelsaure Aethyloxid seinen Doppel-
salzen analog zusammengesetzt ist (s. §. 91.), so mufs neben dem
Aethyloxid noch eine gewisse Menge Wasser die Stelle eines zweiten
Atoms Basis vertreten; man hat ferner aus dem Verhalten der Aether-
mischungen bei der Destillation Grund zu glauben, dafs das saure schwe-
felsaure Aethyloxid zum Wasser eine ebenso grofse Verwandtschaft be-
sitzt, als die Schwefelsäure selbst, die einen seiner Bestandtheile aus-
macht. In diesem Falle müfste aber die Mischung eine wasserhaltige
Schwefelsäure mit weniger als 4 At. Wasser enthalten, und eine solche
kann neben freiem Alkohol nicht bestehen ohne ihn zu zerlegen, d. li.
saures schwefelsaures Aethyloxid zu bilden (siehe «).
f ) Eine Mischung von 100 Th. Schwefelsäurehydrat , 48 Th. Alkohol
und 18% Th. Wasser ( 2 At. Schwefelsäure, 1 At. Aether und 6 At. Wasser)
siedet z. ß. bei 140°. Wäre darin nur die Hälfte der Schwefelsäure als
wasserfreies saures schwefelsaures Aethyloxid vorhanden , so imifste ein
Hydrat der Schwefelsäure mit 6 At. Wasser neben freiem Alkohol sich vor-
finden ; eine bis zu diesem Punkt verdünnte Säure kocht aber schon bei 106°.
</) Leitet man durch diese beiden Mischungen einen Strom von trocknem
Chlorgas, so wird keine Salzsäure gebildet. Da nun der freie Alkohol
bei 78° C. siedet und durch Chlor augenblicklich zerlegt wird in Salzsäure
und in chlorhaltige Produkte, da die Aethyloxidsalze hingegen durch Chlor
keine Veränderung erfahren, so geht aus diesem Verhalten hervor, dafs
diese Mischung keinen freien Alkohol enthält. Da nun ferner sich in die-
ser Mischung Aether und Schwefelsäure in dem Verhältnifs befinden, wie
in dem sauren schwefelsauren Aethyloxid, so folgt daraus, dafs sie keine
freie Schwefelsäure enthalten kann, dafs sie also als eine Verbindung von
saurem schwefelsaurem Aethyloxid mit Wasser betrachtet werden mufs.
h) lieber die Temperatur von 140° erwärmt zerlegt sich das saure
schwefelsaure Aethyloxid in dieser Mischung in Aether und W asser, wel-
che überdestilliren, es entsteht ein dem Sieden ähnliches Aufwallen, in-
dem der Aether Gaszustand annimmt. W ird derselben Schwefelsäurehydrat
zugesetzt, so mufs die Temperatur auf 150 — 100° gesteigert werden, ehe
diese Zersetzung erfolgt. Bei einem grofsen Uebermaafs von Schwefel-
säure schwärzt sich die Mischung, es destilliren nur Spuren von Aether,
der gröfste Theil davon wird in neue Produkte zerlegt.
i) Setzt man dieser Mischung Alkohol zu, so destillirt der Alkohol im
wasserfreien Zustande wieder ab, bis die Temperatur auf 126 — 127° ge-
stiegen ist, wo sich neben Alkohol Spuren von Aether entwickeln. Die
Zerlegung des sauren Schwefelsäuren Aethyloxids fängt also an bei einer
Temperatur von 127°, wenn Alkohol im Uebermafs vorhanden ist. Setzt
man derselben so viel Wasser zu, dafs ihr Siedpuukt unterhalb 126° her-
abfällt, so erhält man bei der Destillation keinen Aether, sondern Alkohol.
k~) Leitet man durch die auf 140° erwärmte Aethermiscbung einen
Strom trockner Luft, so sinkt der Siedpunkt bis auf 134°, bei der Ab-
kühlung derselben verdichtet sich kein Aether, sondern Alkohol.
Dieses Verhalten findet in dem Folgenden seine Erklärung: l) lieber
die Temperatur von 140J hinaus erlös zt zerlegt sich das saure schwefel-
saure Aethjdoxid in Aether, der sich im Gaszustande abscheidet, und in
Schwefelsäure, die sich mit dem uuzerlegten Theile mischt.
m) Denkt man sich jedes Theilchen des wasserhaltigen sauren schwefel-
sauren Aethyloxids aus Aether, wasserfreier Schwefelsäure und Wasser
Aetherbildung.
713
zusammengesetzt , so ist klar, dafs die wasserfreie Schwefelsäure in dem
Moment, wo sie sich von dem Aether trennt, sich alles freien oder ge-
bundenen Wassers in der Umgebung des Aethers bemächtigen mufs.
n) In dem Augenblick also, wo Aether frei wird, hindert ihn die gleich-
falls freie Schwefelsäure, sich mit Wasser zu verbinden und damit Alko-
hol zu bilden. Wenn aber der Aetherdampf durch das unzerlegte wasser-
haltige saure schwefelsaure Aethyloxid streicht, so mufs in dem Aether-
gase eine gewisse Quantität seines Wassers zum Verdampfen gebracht
werden, beide vereinigen sich in diesem Falle nicht miteinander.
Die Oberfläche der wallenden Flüssigkeit besitzt die Temperatur, bei
welcher sich das saure schwefelsaure Aethyloxid zerlegt, aber bei diesem
Wärmegrade ist das damit verbundene Wasser nicht feuerbeständig; es
entsteht gleichzeitig durch Verdunstung Wasser- und durch Zersetzung
Aether-Dampf , die sich zu Alkohol vereinigen, da sie im Entstehungsmo-
ment miteinander Zusammentreffen.
Der überdestillirende Weingeist rührt also von der Oberfläche her,
der übergehende Aether und das Wasser stammen von der Zersetzung,
die im Innern der Flüssigkeit vor sich geht. Hieraus erklärt sich, warum
man keinen Aether erhält, wenn sich die Flüssigkeit nicht im Aufwallen,
gleichgültig wie hoch ihre Temperatur sey, befindet; es erklärt sich dar-
aus ferner, warum man nur Weingeist erhält, wenn durch die heifse
Aethermischung ein Luftstrom geleitet wird, indem in dem Innern der Flüs-
sigkeit dieselbe Zersetzung vor sich geht, wie an der Oberfläche.
Mit dem Wassergehalte des sauren schwefelsauren Aethyloxids mufs
die Tension, d. h. die Menge des bei einer bestimmten Temperatur durch
Verdunstung gebildeten Wasserdampfes zunehmen. Ein saures schwefel-
saures Aethyloxid, was 4 Atome Wasser enthält, mufs bei 140° weniger
Wasser abgeben, als ein anderes, was 5 oder 6 Atome enthält. Hieraus
erklären sich folgende Erscheinungen:
Bei der Destillation der angegebenen Aethermischung, welche den Pro-
portionen nach besteht aus:
2 At. Schwefelsäure
1 At. Aether
destillirt bei 140° Aether, Wasser und Alkohol über, und zwar enthalten
die ersten Portionen auf 100 Aether 19 Wasser. Das specifische Gewicht
des Destillats ist 0,758. Es destillirt also weniger Wasser über als dem
Verhältnifs entspricht, in welchem sich beide zu Alkohol vereinigen (100
Aether auf 23,36 Wasser).
Destillirt man eine Mischung von
2 At. Schwefelsäure ) 100 Th. Schwefelsäurehydrat
1 At. Aether f == 48 Th. AJkohol
5 At. Wasser ) 18 % Wasser
so besitzt das übergehende Destillat ein spec. Gewicht von 0,778 und
enthält auf 100 Aether 21,43 Wasser.
Wird eine Mischung von
2 At. Schwefelsäure ) 100 Th. Schwefelsäurebydrat
1 At. Aether > m 48 Th. Alkohol
6 At. Wasser ) 27 Th. Wasser
der Destillation unterworfen, so enthält das Destillat Aether und Wasser
im Verhältnifs wie 100 auf 22, das specifische Gewicht desselben beträgt
0,796 — 0,798. Diefs ist aber so nahe wie möglich das spec. Gewicht,
welches der Alkohol besitzt. Wenn also in dieser Mischung sich 3 At.
Wasser auf 1 At. Schwefelsäure befinden, so verdunstet in dem frei wer-
denden Aetherdampf ein, seinem Volumen gleiches, Volumen Wasserdampf.
Denken wir uns nun in der letzteren Mischung die Hälfte des sauren
schwefelsauren Aethyloxids zersetzt, so wird sie enthalten
y ^At SAether6*SäUre f verbunden zu saurem schwefelsaurem Aethyloxid.
1 At. freie Schwefelsäure,
ö1/, At. Wasser.
Geiger 's Phnrmaeie. /, ( Ste jiufl.)
^ + 4 At. Wasser,
46
714
Aetherbildung.
Weuu wir nun % At. Alkohol derselben wieder zufliefsen lassen , so wird
die freie Schwefelsäure diesen Alkohol zerlegen., wir werden die ursprüng-
liche Mischung wieder haben, nemlich
2 At. Schwefelsäure,
1 At. Aether,
6 At. Wasser.
Diese Mischling wird bei der Destillation Aether und Wasser, iip Verhälfc-
nifs wie im Alkohol, übergehen lassen. Es ist klar, dafs dieses Verhält-
nifs in keiner Weise sich ändert, wenn in dem Grade Alkohol tropfen-
weise zufliefst, als seine Bestandteile, nemlich Aether und Wasser, iiber-
destilliren; in diesem Falle behält die Schwefelsäure ihr Vermögen, den
Alkohol in Aether und Wasser zerfallen zu machen bis ins Unendliche
fort. Bei der Aetherbereitung wird aber kein Alkohol , sondern ein was-
serhaltiger Weingeist, von 85 bis 90 p. c., angewendet; es kommt also
mit jedem Tropfen des zufliefsenden Weingeistes mehr Wasser zur Schwefel-
säure, als derp obigen Verhältnifs (1 At. Schw. auf 3 At. Wasser) entspricht.
Es ist nun ervvähut werden , dafs eine mit 4 At. Wasser verbundene
Schwefelsäure in der Wärme das Vermögen, den Alkohol in saures schwe-
felsaures Aethyloxid zu zerlegen, noch besitzt; 2 At. Schwefelsäure neh-
men in diesem Falle 1 At. Aether auf, und das entstandene saure schwe-
felsaure Aethyloxid enthält 9 At. Wasser (8 At., welche die Säure ent-
hält, und 1 At. vom Alkohol). Aber diese Mischung, welche bei 134 bis
137° siedet, liefert keinen Aether, sondern Alkohol.
Ein Schwefelsäurehydrat, welches auf 1 At. Schwefelsäure 4 V* At.
Wasser enthält, siedet für sich bei 134 — 136°, nemlich bei dem An-
fangspunkt der Zersetzung des sauren schwefelsauren Aethyloxids. Es ist
also klar, dafs wenn diese wasserhaltige Säure, mit Aether verbunden, zum
Sieden erhitzt wird, dafs gleichzeitig an allen Punkten, wo durch Zerlegung
Aether frei wird, auch Wasserdampf gebildet wird. Weno aber Wasser-
und Aetherdampf im Entstehungsmoment Zusammentreffen, so vereinigen
sich beide zu Alkohol. Ein Wassergehalt, welcher auf 3 At. Schwefel-
säure 9 At. Wasser beträgt, ist mithin die Grenze der Verdünnung des
sauren schwefelsauren Aethyloxids, über welche hinaus beim Sieden kein
Aether mehr erhalten wird. Bei der Aetherdarstellung mit wasserhaltigem
Alkohol wird man also so lange Aether erhalten, bis durch den Wasser-
gehalt des nachfliefsenden Alkohols eine Mischung entstanden ist, in wel-
cher auf 1 At. Schwefelsäure 4*4 At. Wasser enthalten sind.
Die Erfahrung lehrt nun, dafs, bei Anwendung von einer Mischung
von 9 Th. Schwefelsäure auf 5 Th. Weingeist von 90 p. c. , die Aether-
bildung aufhört, sobald 31 Th. dieses Weingeistes nachgeflossen sind; mau
bekommt, wenn man mehr nachflielsen Iäfst, Weingeist begleitet von
höchst geringen Mengen Aether.
Wenn man nun aunimmt, dafs der ganze Wassergehalt dieses Wein-
geistes bei der Schwefelsäure zuriickbleibt , während Alkohol (als Aether
uüd Wasser) überdestillirt, so enthält bei diesem Punkte die rückbleibeodc
Schwefelsäure auf 1 At. wasserfreier Säure etwas mehr wie 3 At. Was-
ser; da nun aber im Anfänge <Jer Destillation mehr Aether, d. h. weniger
Wasser, übergeht, als dem Verhältnifs wie im Alkohol entspricht, so
kann man, ohne viel zu irren, einen Wassergehalt von 3% bis 4 At.
Wasser, auf 1 At. Schwefelsäure, als die durch die Erfahrung festge-
setzte Grenze einer vorteilhaften Aetherbereitung, betrachten. Fifefst
alsdann kein absoluter, sondern wasserhaltiger Weingeist weiter zu, so
entsteht, da sich diese Flüssigkeiten nicht augenblicklich an allen Punkten
vollkommen mischen können, an einzelneu Stellen eine Mischung, welche
4% At. Wasser auf 1 At. Schwefelsäure enthält, die, vvie bemerkt, beim
Sieden keinen Aether mehr liefert.
Durch Zusatz von einem Uebermafs von Schwefelsäurehydrat zu der
Acthermischung, wird die Zersetzung des sauren schwefelsauren Aethyl-
oxids bis zu der Temperatur aufgehalten und verhindert, wo die Elemente
des Aethyloxids nnd Schwefelsäure auf einander wirken. Diefs ge-
Doppelsalze des Schwefels. Aethvloxids. 715
schiebt über der Temperatur voa Die Hauptprodukte ; die hierbei
auftreten, sind schweflige Säure, ölbildendes Gas , Wasser und Kohle; in
gewissen Verhältnissen bildet sich ebenfalls Essigsäure, bei einem grolsen
Uebermals von Schwefelsäure erhält man Spuren von Ameisensäure und
Kohlenoxidgas; so lange sich ölbildendes Gas entwickelt; ist keine Spur
von Kohlensäuregas nachweisbar. Während dieser Zersetzung entwickelt
sich ölbildendes Gas und schweflige Säure zu gleichen Raumtheilen, was
den Vorgang hinreichend aufklärt.
Die Elemente von 1 At. saurem schwefelsaurem Aethyloxid vertheilen
sich in folgender Weise: es entstehen
2 At. schweflige Säure 8a 04
2 At. ölbildendes Gas C3 H4
3 At. Wasser H6 O,
2 At. Kohle im Rückstand C3
S2 C4 H10 Or
Kohlenstoff und Wasser sind ferner die Elemente der Essigsäure , de-
ren Bildung eine Verminderung der rückbleibenden Kohlenmenge veran-
lassen mufs. Durch die Einwirkung der freien Schwefelsäure im Ueber-
schufs auf Essigsäure entsteht Ameisensäure und schweflige Säure; und
durch die Zersetzung der Ameisensäure durch überschüssige Schwefelsäure
Kohlenoxidgas.
Es ist wahrscheinlich; dafs sich bei dieser Zersetzung die Elemente
der Schwefelsäure und des Aethers zu Aethion- oder Isäthionsäure ordnen
und dafs aus der weiteren Zerlegung derselben die genannten Produkte
hervorgehen ; Ettling hat wenigstens in dem Rückstand eine Säure gefun-
den , welche in vielen ihrer Eigenschaften mit der Isäthionsäure überein-
stimmt; allein diese Bildung würde die Mengenverhältnisse der Produkte nicht
ändern. In geringer Menge erhält man hierbei schwefelsaures Aethyloxid-
Aetherol; dessen Bildung sich leicht erklärt; da es die Elemente von neu-
tralem schwefelsaurem Aethyloxid minus 1 At. Wasser enthält. Die ira
Rückstände bleibende Kohle bildet; ausgewaschen; ein stark abfärbendes
Pulver, welches trocken erhitzt Wasser; später Schwefel liefert. Der
Schwefelgehalt kann demselben durch Alkalien und Schwefelkohlenstoff
nicht entzogen werden.
95. Das reinste saure schwefelsaure Aethyloxid erhält
raanj wenn schwefelsaures Aethyloxid- Aetherol mit 4 Th eilen
Wasser gelinde erwärmt wird; es zerlegt sich in diesem Falle
indem sich Aetherol, in Gestalt eines gelben Oels; abscheidet,
während saures schwefelsaures Aethyloxid an das Wasser
tritt. Versetzt man eine wässerige Lösung von schwefelsau-
rem Aethyl oxid-Baryt so lange mit verdünnter Schwefelsäure,
bis aller Baryt gefällt ist, oder zerlegt man eine Auflösung des
schwefelsauren Aethyloxid-Bleioxids mit Schwefelwasserstoff-
säure, so erhält man diese Verbindung ebenfalls.
§. 96. Eigenschafleti. Sehr sauer schmeckende Flüssig-
keit, kann im verdünnten Zustande, weder in der Wärme
noch bei gewöhnlicher Temperatur, ohne Zersetzung abge-
dampft werden (siehe §. 90. 91.), bildet mit Basen eine Reihe
von Doppelsalzen.
Doppelsalze des schwefelsauren Aethyloxids.
Bei der Neutralisation des sauren Schwefelsäuren Aethyloxids mit Ba-
sen entstehen Doppelsalze, welche auf 2 At. Schwefelsäure 1 At. Aethyl-
oxid und 1 Aeq. der zugesetzten Basis enthalten. Sie sind ohne Ausnahme
in Wasser und in Weingeist löslich; woher es kommt; dafs die Schwefel-
säure in diesen Salzen durch die gewöhnlichen Reagentien nicht angezeigt
716
Doppelsalze des Schwefelsäuren Aethyloxids.
wird. Setzt inan aber zu einer Auflösung von einem derselben etwas Salz-
säure und erhitzt sie zum Sieden , so entweicht mit den Wasserdäinpfen
Alkohol , und in der rückständigen Flüssigkeit läfst sich die freigewordene
Schwefelsäure nachweisen Der trocknen Destillation unterworfen werden
sie zersetzt; je nach der Temperatur entwickelt sich hierbei schwefelsau-
res Aethyloxid-Aetherol und Alkohol, schweflige Säure, ölbildendes Gas,
und es bleibt ein schwefelsaures Salz mit Kohie gemengt. Mit trockncm
Kalk nicht über 150° destillirt, zerlegen sie sich gänzlich in sclrwefelsaur©
Salze und in die beiden ersteren Produkte. Mit Schwefelsäure, welche
4 At. Wasser enthält, destillirt, liefert das Barytsalz ein Gemenge von
Aether und Alkohol. Die meisten dieser Doppelsalze enthalten Kristall-
wasser, was sie bei gewöhnlicher Temperatur im luftleeren Raume über
concentrirter Schwefelsäure vollständig abgeben. Das einzige Schwefel-
säure Aethyloxidkali kristallisirt, ohne Wasser zurückzuhalten. Beim Ko-
chen ihrer concentrirten Auflösungen werden sie, obwohl sehr langsam,
zersetzt; es entstehen saure schwefelsaure oder freie Schwefelsäure und
neutrale Schwefelsäure Salze, während Alkohol entweicht. Mit Kalk oder
Barythydrat trocken erhitzt, zerlegen sich diese Salze in neutrale fixe
schwefelsaure Salze und in Alkohol. Chlorgas, wras durch diese Auflösungen
geleitet wird, zerlegt das Aethyloxid nicht, es wird keine Schwefelsäure
in Freiheit gesetzt. Mit kaustischem Kali übersättigt, kann das Kali und
Natronsaiz gekocht und abgedampft werden, ohne Veränderung. Mit den
Hydraten der Alkalien geschmolzen wird das Aethyloxid zerstört, es bleibt
alle Schwefelsäure in Verbindung mit dem Alkali.
Zur Darstellung dieser Salze wird eine siedendheifse Mischung von
gleichen Theilen Schwefelsäurehydrat und Weingeist von 85 p. c. mit
Kalkmilch, kohlensaurem Baryt oder Bleioxid gesättigt, wobei ein lösliches
Doppelsafz von schvvefelsaurein Aethyloxid mit Baryt, Kalk oder Bleioxid
entsteht. Wird eins dieser Salze vermittelst kohlensaurem Kali, Natrou
oder Ammoniak zerlegt, so erhält man die correspondirenden Doppelsalze
mit alkalischer Basis. Oder mau sättigt das reine saure schwefelsaure
Aethyloxid direkt mit den andern Metalloxiden, oder man zerlegt schwe-
felsauren Aethyloxidbaryt mit löslichen Schwefelsäuren Salzen; auf die
letztere Art stellt mau die Doppelsalze mit Bittererde, Maogauoxidul etc.
dar. Da die übrigen Eigenschaften dieser Salze kein specielles luteresse
darbieten, so halte ich die Beschreibung derselben für überflüssig.
Schwefelsaures Aethyloxid- Kali ; 2S05,Ae0,K0 CMarchand ).
Eigenschaften: Farblose, klare, wasserfreie, dem chlorsauren Kali ähn-
liche, Blätter von siifslich salzigem Geschmack, luftbeständig, in seinem
gleichen Gewicht Wasser löslich, löslich in Weingeist, unlöslich in Al-
kohol uud Aether, über 100° erhitzt wird es zerlegt ohne zu glchmelzen.
Schwefelsaurer Aethyloxid- Baryt ; 2S03 , AeO , BaO -f- Saq CMar-
chand). Eigenschaften: Glänzende, durchsichtige , luftbeständige Tafeln
oder rhombische Prismen von scharf salzigem Geschmack, löslich in sei-
nem gleichen Gewicht Wasser, unlöslich in kaltem, wenig löslich in
heifsem Alkohol. Verliert bei Behandlung mit kochendem Alkohol die
Hälfte, in einem trocknen Luftstrom bei 50° oder in der Leere bei ge-
wöhnlicher Temperatur seinen ganzen Wassergehalt ; das wasserhaltige
Salz zerlegt sich bei 100°, das wasserfreie nicht.
Schwefelsaurer Aethyloxid-Kalk , 2S05, AeO, CaO -f- Saq (Ä'erwWtfs, '
Marchandj. Eigenschaften: Breite, lange, dünne, sechsseitige Blätter; j
4 Th. Wasser von 17° lösen 5 Th. Salz. Löslich in der Wärme in Alko- !
hol, liefert bei trockner Destillation neben den bekannten Produkten nach
Marchand einen besonderen, flüchtigen, mit Wasser, Alkohol und Aether
mischbaren Körper in höchst geringer Menge.
Schwefelsaures Aetliyloxid-Bleioxid , neutrales ; 2S03 , AeO, PbO -4-
2aq C Dumas, Marchandj. Eigenschaften: Grofse, farblose, durchsichtige
Tafeln, sehr löslich in Wasser uud Alkohol, von saurer Reaction; zer-
legt sich allmählig von selbst, dunstet Aether aus und wird schmierig von
schwefelsaurem Aethyloxid-Aetherol. Basisches , 2S0s, AeO, 2PbO
Saures phosphors. Aethyloxid.
717
Durch Digestion des neutralen Salzes mit Bleioxid. Unkristallinische, weifso
Masse, sehr löslich in Wasser und Alkohol, ohne Wirkung auf Pflanzen-
farbeu, liefert bei trockner Destillation Alkohol und schwefelsaures Ae-
tbyloxid-Aetherol , ohne sonstige Produkte.
Aethyloxid und Phosphorsäure.
Saures phosphorsaures Aethyloxid . Aetherphosphor säure.
Formel: PaOs, AeO, 2H20.
1 At. Phosphorsäure 892,28
1 At. Aethj'loxid =r 468,14
2 At. Wasser zzz 224,96
1 At. saures phosphorsaures Aethyloxid 1585,38
Wenn man das Hydrat der Phosphorsäure mit Alkohol mischt, so ent-
steht eine starke Erhitzung; von den drei Atomen Hydratwasser, was
diese Säure enthält, wird 1 At. abgeschieden und ersetzt durch Aethyl-
oxid, es entsteht ein sauer reagirendes Salz init 3 Atomen Base, analog
den gewöhnlichen phosphorsauren Salzen. Ist die Säure mit soviel Was-
ser verdünnt, dafs ihr spec. Gewicht 1,2 beträgt, so zerlegt sie den Al-
kohol nicht (Pelouze).
Darstellung. Im reinen Zustande erhält man diese Verbindung durch
Zerlegung des phosphorsaureo Aethyloxid-Baryts vermittelst Schwefelsäure.
100 Theile des kristallisifbaren Salzes erfordern £5,33 Schwefelsäure-
hydrat. Man filt.rirt den entstandenen schwefelsauren Baryt ab und dampft
im Wasserbade, zuletzt im luftleeren Raume über coucentrirter Schwefel-
säure, ab (Pelouze).
Eigenschaften. Syrupartige , farblose , sehr saure Flüssigkeit, misch-
bar mit Wasser, Weingeist und Aether. Kann in verdünnter Auflösung
ohne Zerlegung zum Sieden erhitzt werden. Die coneentrirte Säure zer-
legt sich in höherer Temperatur unter Entwickelung von Aether, Alkohol,
zuletzt von brennbaren Gasen und Abscheidung von Kohle. Sie coagulirt
das Eiweifs. Zeigt in sehr concentrirtem Zustande Neigung, zu kristalli-
siren ( Pelouze ).
Phosphorsaures Aethyloxid und Metalloxide.
Wird das saure phosphorsaure Aethyloxid mit Metalloxiden zusam-
mengebracht, so werden die, als Basis darin enthaltenen, zwei Atome
Wasser abgeschieden und ersetzt durch ihre Aequivalente Metalloxid; es
entstehen Salze mit drei Atomen Basis nach folgender Formel :
p o -4~ AeO /
^ 2M0 )
MO bedeutet hier ein Metalloxid, was l Aeq. Sauerstoff enthält: Verbin-
dungen der Pjrro- und Metaphosphorsäure mit Aethyloxid sind bis jetzt
nicht hervorgebracht worden.
Die phosphorsauren Aethyloxidsalze mit zwei Basen werden entweder
direkt durch Sättigung des sauren phosphorsauren Aethyloxids mit Mcfcall-
oxiden oder durch Zerlegung des Barytsalzes vermittelst löslicher kohlen-
saurer oder schwefelsaurer Salze dargestellt (Pelouze).
Phosphor saurer Aethyloxid- Baryt ; P~ Os -f- 2BaO, AeO *4- 12 aq.
Bis zu starker Syrupsdicke abgedampfte Phosphorsäure mischt inan mit ih-
rem gleichen Gewicht Alkohol oder 95procentigem Weingeist, erhitzt zum
Sieden, mischt sie nach 24 Stunden mit Wasser und sättigt mit kohlen-
saurem Baryt bei gewöhnlicher Temperatur Man filtrirt die Auflösung von
dem niedergefallenen phosphorsauren Baryt ab und dampft sie bei 40a zur
Kristallisation ein. Eigenschaften: Farblose, perlmutterglänzende, sechs-
seitige Tafeln. Löst sich in 11 Theilen Wasser von 40°, in 15 Th. von
20% in 30 Th. von 0° und in 36 Th. von 100°. Eine bei 40° gesättigte
Auflösung gerinnt beim Erhitzen zum Sieden zu einem Brei des wasser-
haltigen Salzes. Der Wassergehalt beträgt 29,1 p. c. ; bei 150° wird er
vollständig ausgetrieben (Pelouze).
716 Salpetrigsaures Aethyloxid.
Arsensäure und Aethyloxid.
Nach Darcet bildet die concentrirte Arsensäure, wenn sie mit Alkohol
erwärmt wird, ein saures Salz, verschieden in seiner Zusammensetzung
von dem sauren phosphorsauren Aethyloxid. Das saure arsensaure Aethyl-
oxid enthält drei Atome Basis, nemlich 2 At. Aethyloxid und 1 At. Was-
ser, was durch Metalloxide vertreten werden kann. Seine Formel ist:
Asa Ot, 2AeO, H* O. Die Formel seiner Verbindung mit Metalloxiden:
As, 0, , 2AeO, MO. Diese Angaben sehen der Bestätigung entgegen.
Aethyloxid und Salpetersäure .
Die Salpetersäure zerlegt den Aether, ohne damit eine Verbindung
einzugehen (s. S. 719). Ein Gemisch von Alkohol mit starker Salpeter-
säure kommt von selbst bei gewöhnlicher Temperatur oder durch eine
schwache Erwärmung zum Sieden , es entsteht eine zahlreiche Menge von
Produkten, je nach der Conccntration der Säure und der Temperatur.
Bei Anwendung einer verdünnten Salpetersäure, oder wenn die Aufeinan-
derwirkung bei einer niedrigen Temperatur erfolgt, entstehen nur zwei,
nemlich Aldehyd und salpetrigsaures Aethyloxid. Ist die Salpetersäure cou-
centrirt, so werden neben den eben erwähnten Produkten hierbei Oxida-
tionsprodukte des Kohlenstoffs, Kohlensäure und Oxalsäure, sowie Essig-
säure, Ameisensäure, Essigäther und Aineisenäther gebildet.
Aethyloxid und salpetrige Säure.
S alpe trig saures Aethyloxid , Salpeteräther. Formel : N2 ös , AeO.
1 At. salpetrige Säure = 477,0-1
1 At. Aethyloxid zzz 868,14
1 At. Salpeteräther = 845,18
Synonyme: Salpeternaphta (Aether nitricus, Naphta uitrica).
§. 97. Darstellung. 1) Man leitet salpetrige Säure durch
verdünnten Weingeist und verdichtet das sich abscheidende
galpetrigsaure Aethyloxid durch einen galten Kühlapparat. Zu
diesem Zweck bringt man in eine geräumige Retorte 1 Theil
Stärke und 10 Th. Salpetersäure von 1,3 spec. Gewicht; man
verbindet den offnen Hals derselben vermittelst einer weiten,
rechtwinkelig gebogenen, Glasröhre mit einer zweihalsigen
Flasche in der Art, dafs die andere Oeffnung der Röhre bis
auf den Boden der Flasche reicht. In diese Flasche giefst
man eine Mischung von 2 Th. Weingeist von 85 p. c. und 1 Th.
Wasser und umgiebt sie mit kaltem Wasser. Die zweite
Oeffnung der Flasche steht vermittelst einer langen, weiten
Glasröhre mit einem guten Kühlapparate in Verbindung. Das
Frhitzen der Stärke mit Salpetersäure geschieht im Wasser-
bade, es entwickelt sich reine salpetrige Säure, welche durch
den Weingeist geleitet sich augenblicklich mit dem Aether
derselben verbindet und salpetrigsaures Aethyloxid bildet, was
in einem continuirlichen Strahle überdestiliirt. (Man erhält eine
grofse Ausbeute. Durch Zusatz von Wasser wird er vom beigemischten
Alkohol und durch Stehenlassen über Chlorcalcium vom Wasser befreit. !
Es ist nöthig der Verbindungsröhre der Retorte mit der zweihalsigen Fla-
sche eine Länge von 2 — 3 Fufs zu geben und sie während der Entwicke-
jung der salpetrigen Säure mit nassem Papier zu umgeben. Wenn die Er- !
hitzung des Weingeistes nicht sorgfältig vermieden wird, so kommt der- ;
selbe bei einem gewissen Grade der Sättigung mit salpetriger Säure von
selbst in das heftigste Sieden 5 von diesem Momente an erhält man keinen
reinen Salpeteräther mehr.)
719
Salpetrigsäures Äethyl öxid.
Nach den folgenden Methoden bereitet, erhält man stets
ein Gemenge ton salpetrigsaurem Aethyloxid mit Aldehyd in
wechselnden Verhältnissen. 2) Man mischt 3 Th. Weingeist
tan 85 p. c. mit 2 Th. Salpetersäure von 1,284 spec. Gew,,
erwärmt die Mischung gelinde in einer Retorte mit angesetz-
tem Kühlappärat, den man mit Eis umgeben mufs. Die Mi-
schung kommt rasch Äura Sieden, man entfernt sogleich das
Feuer. Wenn nichts mehr ubergeht , scheidet man den Aether
vom Wasser, Weingeist und andern Produkten durch eine
Reclifikation bei Milch wärme.. 3) Oder man bringt in ein star-
kes cylindrisches Glasgefäfs 9 Theile Weingeist von 85 p. c. ,
vermittelst eines langen, bis Auf den Boden der Flasche rei-
chenden Trichters mit sehr feiner Öeffnung läfst man unter den
Weingeist 4 Theile Wasser fliefsen, mit der Vorsicht, dafs
sie sich nicht vermischen, und giefst hierauf auf dieselbe Art
8 Th. rot he rauchende Salpetersäure unter das Wasser, so
dafs die Flasche drei Schichten enthält. Die Flasche mufs zu
% damit angefüllt, und damit die Wasserschicht hoch genug
wird, dreimal höher seyn als sie weit ist. Man überläfst die-
ses Gemisch lose verschlossen sich selbst, bei einer Tempera-
tur, die 12° C. nicht übersteigt. Nach 2 bis 3 Tagen befinden
sich in der Flasche zwei Schichten, wovon die obere der
Ä ettier ist ( BerzeliusJ, Durch Rectifikation wird er am besten
gereinigt. ( Ks findet bei seiner Bildung nur eine geringe» Gasenfcvvicke-
lung statt. Ko Iilensäuregas und Stickoxidgas entwickeln sich im Anfang,
zuletzt Spuren von Stickoxidulgas.)
Bildung. Die Salpetersäure zerlegt sich mit 1 At. Alkohol, indem sie
an 4 At. Wasserstoff des letzteren 3 At. Sauerstoff abgiebt , wodurch 3
Ät. Wasser, 1 At. Aldehyd und 1 At. salpetrige Säure gebildet werden,
welche letztere einen anderen Atom Alkohol zerlegt in Aether, der sich
damit verbindet, und in Wasser, was sich abscheidet.
§. 98. Eigenschaften, Der nach 1 bereitete reine Aefher
ist blafsgelb , von höchst angenehmem Geruch nach Aepfeln
und Ungarweinen, er siedet bei 16,4° C., sein spec. Gewicht
ist 0.947 bei io° €., mischt sich mit einer weingeistigen Lö-
sung von Kali ohne Bräunung unter Bildung von salpetrig-
saurem Kali und Alkohol. Der nach 2 und 3 bereitete alde-
hydhaltige Aether siedet bei 21°. spec. Gewicht 0,886 bei &°,
sein Geruch ist erstickend, dem obigen ähnlich. Mit Kali in
Weingeist gelöst gemischt, färbt sich das Gemenge dunkelbraun
unter Bildung von Aldehydharz ; er ist sehr leicht entzünd-
lich, mit weifser Flamme brennend. Der nach 2 und 3 berei-
tete Aether wird beim Aufbewahren sauer, indem sich Stick-
oxid gas entwickelt; zersprengt dabei sehr leicht die Gefäfse,
worin er eingeschlossen ist , mufs deshalb und seines niedrigen
Siedepunktes wegen in kleinen, nicht über 1 Unze fassenden
starken Glasfläschchen an einem kühlen Orte aufbewahrt wer-
den. Dieses Sauerwerden findet schneller statt bei Zutritt der
Luft, und rührt zum Theil davon her, dafs sich der beige-
mengte Aldehyd auf Kosten des Sauerstoffs der Luft oder der
720
S alpet er äth er- Weingeist
salpetrigen Säure oxidirt; es entsteht Aldehydsäure, Essig-
und Ameisensäure. Läfst man den Aether mit Kalkmilch oder
mit Kalilauge stehen, so zerlegt sich das Aldehyd in Aldehyd-
harz; die Flüssigkeit enthält salpetersauren , salpetrigsauren
Kalk und ein anderes nicht untersuchtes Kalksalz. Durch
Stehenlassen und Rectifikation über trocknen salpetersauren
Kalk erhält man den Salpeteräther wasser- und alkoholfrei.
Mischbar in allen Verhältnissen mit Aether und Weingeist,
löslich in 48 Theilen Wasser.
Salpeteräther- Weingeist .
Versüfster Salpeter geisty Spiritus nitri dulcis , Spiritus nitrico -
aetliereus.
%. 99, Den salpeterätherhaltigen Weingeist (Spiritus Ni-
tri dulcis) bereitet man durch Vermischen eines Theils Salpeter-
äther mit 8 Theilen reinem (fusel freiem) absoluten Alkohol,
öder indem Salpetersäure mit einer gröfsern Menge Weingeist
destillirt wird. Auf 1 Tbeil verdünnte Salpetersäure werden 6
Theile Weingeist genommen , und davon 5 Theile abdestillirt.
Auch kaBn man den Rückstand von der Salpeterätherbereitung, nach Berze-
liuSy mit 3 Th. Weingeist vermischen und destilliren. Das Destillat schüt-
telt man mit verdünnter Lösung von einfach kohlensaurem Kali,
bis es nicht mehr sauer reagirt, giefst es von der wässerigen
Flüssigkeit ab und rectificirt es. Schmidt, rectificirt den so bereite-
ten Salpeteräther- Weingeist, um ihn zu entwässern, über scharf getrock-
nete Thonerde (weifsen Bolus). Ihn über Magnesia oder andere Alkalien
zu destilliren, wie mehrere PharmacopÖen vorschreiben, taugt nicht, weil
er dadurch zum Theil zerlegt wird! Milfs, in kleine wohlverschlos-
sene Gefäfse vertheilt, an einem kühlen Orte aufbewahrt wer-
den. — Die Eigenschaften des Salpeteräther- Weingeistes
stimmen mit denen des reinen Salpeteräthers gröfstentheils
überein; sein spec. Gewicht ist 0,825. Er ist schwach gelb-
lich, riecht und schmeckt minder stark ätherisch als der Aether,
ist nicht so flüchtig und läfst sich in jedem Verhäitnifs mit Was-
ser mischen. An der Luft säuert er sich schnell; nach Duflos um so
langsamer, je wasserfreier er ist.
Prüfung auf die Reinheit und Güte des versüfsten Salpetergeistes: Er
mufs den starken und angenehmen Geruch und Geschmack des Salpeter-
äthers in hohem Grade besitzen , darf nicht sauer reagiren ( eine geringe
saure Reaction schadet indessen seiner Anwendung nicht, und kann nicht
vermieden werden, wrenn das Standgefäfs öfters geöffnet wurde und zum
Theil mit Luft erfüllt ist. Der durch Vermischen von 1 Theil Aether und
8 Th. wasserfreiem Weingeist bereitete wird bei weitem weniger leicht
sauer, als der durch Destillation erhaltene Spir. Nitr. dulc. , und hat noch
das Vorzügliche, dafs er immer von gleicher Stärke ist). Mit Wasser
vermischt darf er kein schweres Oel (Salzöl) fallen lassen, und beim Ver-
brennen keine Salzsäure frei werden, welches man prüft, indem man ihn
mit etwas Wasser vermischt, Silbersolution zusetzt und anzündet; enthält
er Salzäther, so bildet sich Chlorsilbcr. Er mufs sich beim Erwärmen
leicht und vollständig verflüchtigen. Das spec. Gewicht desselben soll
0,825 — 0,830 seyn.
Medicinische Anwendung : Der versüfste Salpetergeist wird innerlich
in Tropfen und Mixturen gegeben. Bei seiner Verbindung mit gefärbten
Oxaläther.
721
organischen Auszügen mufs auf die Eigenschaft desselben , die Farbe man-
cher zu verändern , Rücksicht genommen werden. So macht er Guajac
blau, eine Abkochung von China mit Nelkenwurz schmutziggrün u. s. w.
Aethyloxid und Kohlensäure.
Direct liefsen sich bis jetzt nur Doppelverbindungen von kohlensaurem
Aethyloxid mit kohlensaurem Kali darstellen ; sie sind von Dumas und
Peligot entdeckt worden. Bei einer bis jetzt noch unerklärten Zersetzungs-
weise des oxalsauren Aethyloxids mit Kalium und Natrium entdeckte Ett-
ling das neutrale kohlensaure Aethyloxid, den Kohlensäureäther.
Kohlensaures Aetliyloxid-Kali ; C02 AeO , C02 KO. Darstellung: Glü-
hend geschmolzenes Kalihydrat löst man in Alkohol und sättigt die Auf-
lösung mit trocknem kohlensaurem Gas. Die Masse gerinnt zu einem weis-
sen Brei, welcher neutrales und doppeltkohlensaures Kali neben kohlen-
saurem Aethj loxid-Kali enthält. Man bringt sie auf ein Filter, wäscht sie
mit reinem Aether aus, iibergiefst sie alsdann mit reinem Alkohol, welcher
das kohlensaure Aethyloxid-Kali auflöst und die andern Salze zurückläfst.
Vermischt man nun diese Lösung mit Aether, so wird das Doppelsalz nie-
dergeschlagen. Man sammelt es auf einem Filter, prefst es sorgfältig zwi-
schen Fliefspapier und trocknet es im leeren Raume über Schwefelsäure.
Eigenschaften: Pcrlmutterglänzende , weich und wie fettartig anzufühlende
Schuppen, liefert bei der trocknen Destillation kohlensaures Gas, eine
ätherartige Flüssigkeit, ein brenubares Gas und hinterläfst ein Gemenge
von Kohle mit kohleusaurem Alkali. Mit Wasser zusammengebracht zer-
legt es sich augenblicklich in Alkohol und doppeltkohlensaures Kali.
Mit Ammoniak und Alkohol bildet die Kohlensäure ein ähnliches Aethyl-
oxid-Doppelsalz, welches aber von wasserfreiem kohlensaurem Ammoniak,
was neben demselben gebildet wird, auf demselben Wege nicht geschieden
werden kann.
Kohlensaures Aethyloxid. Kohlensäure- Aether .
Formel: C02, AeO.
Entdeckt von Ettling. — Darstellung : Man trägt iu der Wärme in
reinen Oxaläther Stücke von Kalium oder Natrium so lange man noch Gas-
entwickelung bemerkt, entfernt so gut als möglich die freien Metallstücke,
und setzt dem entstandenen braunen Brei Wasser zu und destillirt, wo
sich auf der Oberfläche des Destillats kohlensaure': Aethyloxid abschei-
det. Nach seiner Scheidung vom Wasser bringt man es mit Chlorcalcium
zusammen und rectificirt es so lange über frisches Natrium oder Kalium,
bis eine Probe davon, mit Kalihydrat zerlegt, an dieses keine Spur
mehr von Oxalsäure abgiebt. — Eigenschaften: Farblose, dünnflüssige,
ätherartige Flüssigkeit, von aromatischem, dem Oxaläther etwas ähnlichen
Geruch und brennendem Geschmack, leichter als Wasser, von 0,975 sp.
Gewicht bei 19°, siedet bei 126°, brennbar, schwierig entzündlich, mit
blauer Flamme verbrennend, mischbar mit Alkohol und Aether, unlöslich
in Wasser, zerlegt sich mit einer weingeistigen Lösung von Kali oder
Natronhydrat nach einigen Augenblicken in Alkohol und kohleusaures Kali
oder Natron , was sich als Ölartige Flüssigkeit oder kristallinisch abschei-
det. — Bildung ist unerklärt.
Aethyloxid und Opalsäure.
Oxalsaures Aethyloxid, Oxaläther. Formel: 0, AeO.
Die Oxalsäure bildet mit dem Aethyloxid eine saure und eine neutrale
Verbindung; die saure wurde von Mitscherlich , die neutrale von Thenard
entdeckt. Die Analyse der letzteren von Dumas und Boullay war ent-
scheidend für die Ansicht über die Zusammensetzung aller sogenannten
zusammengesetzten Aetherarten.
Darstellung. 4 Theile doppelt oder einfach kleesaures Kali übergiefst
man in einer Retorte mit einem Gemenge von 5 Th. Schwefelsäurehydrat
Saures oxalsaures Aethyloxid.
und 4 Th. Weingeist von 90 p. c. und destilfirt bei raschem Feuer. So-
bald das Uebergehende beim Wasserzüsatz sich trübt , werden die Pro-
dukte in einer Vorlage aufgefangen, die maü nicht abkühlt. Man mischt
das Destillat aufs schnellste mit dern 4fachen Volum Wasser, scheidet den
sich absetzeuden Aether von der Flüssigkeit und schüttelt ihn 4- bis 5mal
mit stets zu erneuerndem Wasser, oder so lange, bis man keine saure
Heaction mehr bemerkt. Man bringt den gewaschenen Aether alsdann in
eine kleine trockne Retorte, welche damit bis zu 9/10 ungefüllt seyn mnfs,
und rectificirt. Sobald das übergehende farblos und klar ist und der Inhalt
in der Retorte nicht stofsweise, sondern ruhig siedet, wechselt man die
Vorlage. Was von diesem Punkte an übergellt, ist reiner wasserfreier
Oxaläther. Im Rückstand bleiben zuletzt geringe Spuren von Oxalsäure.
Ettling,
Eigenschaften: Farblose, wasserhelle, ölartige Flüssigkeit , schwerer
wie Wasser, spec. Gewicht bei 7,50° 1,0929 > siedet bei 184° C. (Dumas
und Bmillagyf mischbar mit Alkohol und Aether, von eigenthümlich aro-
matischem Geruch. Kann im reinen Zustande viele Tage mit Wasser,
worin er nur wenig löslich ist , in Berührung gelassen werden ohne Zer-
setzung f bei einem geringen Säure- und Alkohol -Gehalt zerlegt er sich
hingegen sehr schnell iu Oxalsäure und Alkohol; dasselbe geschieht bei
Gegenwart von überschüssigen fixen Alkalien.
Doppele er bin düngen der Oxalsäure mit Aethyloxid und
Metalloxiden .
Löst man hingegen Oxaläther in Alkohol auf und setzt soviel einer
Auflösung von geschmolzenem Kali oder Natronhydrat in Alkohol hinzu ,
dafs nur die Hälfte der Oxalsäure gesättigt wird, so scheidet sich die
Hälfte des Aethyloxids ab, verbindet sich mit dem Hydratwasser des AI-
Jcali’s zu Alkohol , und wird ersetzt durch ein Aequivalent dieser Basen ,
es entstehen Verbindungen, welche 2 At. Oxalsäure, 1 At. Aethjdoxid
und 1 At. Kali oder Natron enthalten. Bringt man Oxaläther mit Ammo-
niak zusammen, so wird er zerlegt, bei überschüssigem Ammoniak er-
zeugt sich Oxamid, im entgegengesetzten Falle Oxamethän. Kalium und
Natrium zerlegen den Oxaläther unter Bildung von Kohlensäureäther und
andern Produkten.
Saures oxalsaures Aethyloxid , 0, AeO -4- 0, aq. Löst man oxal-
saures Aethyloxidkali in Weingeist und versetzt die Auflösung mit Kiesel-
fluorwasserstoffsäure so lange man noch einen Niederschlag erhält, so
bleibt wasser- und weingeisthalteudes saures oxalsaures Aethyloxid. Frei
von Weingeist erhält man diese saure Verbindung, wenn eine wässerige
Lösung des oxalsauren Aethyloxidbaryts mit verdünnter Schwefelsäure
vorsichtig zerlegt wird. Eigenschaften : Sehr sauer schmeckende Flüssig-
keit, wird beim Abdampfen für sich oder in der Warme in Alkohol und
Oxalsäure zerlegt.
Oxalsaures Aethyloxid- Kali. — Darstellung : Man löst 1 Vol. Oxal-
äther in 2 VoL Alkohol, nimmt von dieser Mischung eine Probe von be-
kanntem Gewicht oder Voluin und sättigt sie vorsichtig mit einer Auflösung
von Kalihydrat in Alkohol, bis schwach alkalische Reaction bemerkbar ist;
man bestimmt das Gewicht oder Volum der letzteren und nimmt etwas
weniger als die Hälfte davon zur Sättigung einer verhältnifsmäfsigen Por-
tion des übrigen Gemisches. (Zur Sättigung aller Oxalsäure in 10 Kubik-
centimetern oder Gevvichtstheilen der Mischung von Oxaläther mit Alkohol
habe man verbraucht 16* K. C. oder Gewichtstheile der alkoholischen Auf-
lösung des Kalihydrats; auf 100 Vol. oder Gewichtstheile der ersteren
Mischung setzt man mithin 70 — 75 Theile der Kalilösung.) Das entste-
hende Doppelsalz scheidet sich ab, indem es unlöslich im Alkohol ist; man
wäscht es mit Alkohol ab und trocknet es im luftleeren Raume. Eigen-
schaften : Kristallinische Blättchen oder Schuppen , welche vollständig in
Weingeist von 75 p. c. löslich und wasserfrei sind. Durch Säuren und
Xanthogensäure. 723
Basen wird es mit Leichtigkeit zerlegt , verträgt im trocknen Zustande
eine Temperatur von 100° ohne Veränderung.
Oxalsaurer Aethyloxid - Baryt. Wird das obenbeschrichene durch
Kieselfluorwasserstoffsäure aus dem Kalisalz dargestellte saure oxalsaure
Aethyloxid mit kohleusaurem Baryt gesättigt, so erhält man dieses Dop-
pelsalz beim Abdampfen in gewöhnlicher Temperatur oder im luftleeren
Baume; es ist im Wasser äusserst löslich, schwierig kristallisirbar. Durch
Zerlegung dieses Salzes mit schwefdlsauren Salzen lassen sich andere
Doppelsalze ähnlicher Art hervorbringen.
Oxalsaure s Aethyloxid und Ammoniak.
Oxamethan . Oxalsaure» Aethyloxid- Oxamid. (Berzf)
Formel: C8Hl4Na06.
Aetheroxamid ( Mitscherlich ). Darstellung: Man löst Oxaläther in
Alkohol und setzt nach und nach in kleinen Portionen soviel mit Ammo-
niakgas gesättigten Alkohol hinzu, bis ein wcifses Pulver anfängt sich
abzuscheiden. Nach einigen Stunden fiitrirt man die klare Flüssigkeit von
dem Niederschlage ab und dampft ab, wo Oxamethan kristallisirt, was
man dureh Wiederauflösung in Alkohol und neue Kristallisationen reinigt.
Eigenschaften: Farblose, durchsichtige Blätter, von Fettglanz ; schmilzt
nahe bei 100°, destillirt unverändert bei 220°, leichtlöslich in Wasser
und Weingeist, ohne Wirkung auf Pflanzenfarben, bringt in Metallsalzen
keinen Niederschlag hervor. Beim Sieden der wässerigen Lösung wird es
zersetzt in Alkohol und doppelt oxalsaures Ammoniak. Mit überschüssigem
Ammoniak zusammengebracht zerlegt es sich augenblicklich in Oxamid und
Alkohol.
Bildung und Zersetzung. Wenn man zur Zusammensetzung von 2 At.
Oxaläther 1 Aeq. (2 At.) Ammoniak addirt und hiervon die Elemente von
1 At. Alkohol abzieht, so bleibt Oxamethan
C12 HJ0 03 zsi 2 At. Oxaläther
-4- Na H6 = 1 Aeq. Ammoniak
n.Cx.Hm V ~ "
— C4 H12 02 = 1 At. Alkohol
N2 C8 H14 06 = Oxamethan.
Wird das Oxamethan aufs neue mit überschüssigem Ammoniak zusammen-
gebracht, so wiederholt sich diese Zersetzung, es wird aufs neue Alkohol
abgeschieden, der sich nach weisen läfst, und es bildet sich Oxamid.
N, C8 Hi4 06 = Oxamethan
-4- N* Hs zsi 1 Aeq. Ammoniak
n4 c8 h20 o6 ~
— C4 Hia O, = 1 At. Alkohol
N4 C4 H8 Ö4 = 2 At. Oxamid. ~~
Die Zersetzung, welche hierbei vor sich geht, entwickelt sich leicht aus
der Coustitution des Ammoniaks und der Oxalsäure. Die letztere ist
200 0 , das Ammoniak Na H4 -+- H2. Ueberschüssiger Oxaläther und
Ammoniak geben Oxamethan und Alkohol, indem sich 1 Aeq. Wasserstoff
des Ammoniaks mit 1 At. Sauerstoff der Oxalsäure zu Wasser vereinigt,
was mit der Hälfte Aether Alkohol bildet. Der dritte Atom Sauerstoff in
der Oxalsäure ist ersetzt worden durch Amid 2C0 -+- N, H4 ; es ist Oxamid
entstanden , was mit dem Oxaläther in Verbindung blieb. Bei mehr Am-
moniak erleidet der zweite Atom Oxaläther die nemliche Zersetzungsweise.
Doppelt kohlenschwefelsaures Aethyloxid. Xanthogensäure.
Formel: 2CSa, AeO.
Synonyme: Aethyloxid- bisul fo carbonat fBerzelius J. Von Zeise ent-
deckt. Existirt nicht im wasserfreien Zustande, nur in Verbindung mit
Wasser oder Metalloxiden.
724
Kohlen schwefel s. Aethyioxid-Kali.
Kohlenschwefelsaures Aethyloxid - Hydrat, 2CS3 , AeO -f- aq. Dar-
stellung : Kohlenschwefelsaures Aethyloxidkali wird trocken mit verdünn-
ter Schwefel- oder Salzsäure übergossen , worauf sich nach einiger Zeit
eine milchige Flüssigkeit bildet, aus der sich bei Zusatz von mehr Wasser
die Verbindung in Gestalt eines farblosen oder gelblich gefärbten schweren
Oels absetzt, cs wird schnell mit Wasser gewaschen und durch Stehen-
lassen über Chlorcalcium von anhängendem Wasser befreit.
Eigenschaften. Oelartige Flüssigkeit von eigentümlichem , stark und
durchdringend unangenehmen Geruch und scharfem, schwachsaürem , hin-
tenuach bitterlichen Geschmack; röthet Lackmus, die Farbe verschwindet
nach einiger Zeit, das Papier wird weifs. Sehr entzündlich, mit blauer
Flamme verbrennend , zerlegt sich bei und über 24° für sich oder mit
Wasser erwärmt in Alkohol und Schwefelkohlenstoff; in lufthaltigem Was-
ser wird es undurchsichtig und weifs und bedeckt sich mit einer undurch-
sichtigen, harten Kruste; zerlegt die kohlensauren Alkalien unter Auf-
brausen, indem das Alkali die Stelle des Hydratwassers annimmt und mit
dem kohlenschwefelsauren Aethyloxid eine Doppelverbindüng bildet.
Doppelverbindungen des Schwefelkohlenstoffs mit Aethyloxid
und Metalloxiden.
Diese Verbindungen sind dem kohlenschwefelsauren Aethyloxidhydrat
analog zusammengesetzt, insofern darin das Hjdratwasser ersetzt ist durch
1 Aeq. Metalloxid. Die Verbindungen mit Kali und Natron werden gebil-
det, wenn man zu Alkohol, welcher mit Kali- oder Natron -Hydrat ge-
sättigt ist, Schwefelkohlenstoff bringt, so lange er sich noch auflöst. Die
übrigen Verbindungen, deren Basis ein schweres Metalloxid ist, sind un-
löslich und werden durch Wechselzersetzung erhalten; sie besitzen mei-
stens eine gelbliche oder gelbe Farbe. Werdeu diese Salze der trocknen
Destillation unterworfen, so zerlegen sie sich in flüchtige gasförmige und
flüssige Produkte. Unter letzteren hat Zeise ein bernsteingelbes Oel von
besonderen Eigenschaften Xanthogenöl genannt.
Die Auflc mug der löslichen Salze im Wasser wird beim Sieden zer-
legt in Alkohol, Schwefelkohlenstoff, Schwefelwasserstoff, es bleibt ein
Gemenge von kohlensaurem, unterschwefligsaurem Alkali, Schwefel und
Schwefelkohlenstoff-Schwefel- Alkalimetall in der Flüssigkeit.
Bei Ahschiufs der Luft können die Salze und die Auflösungen unver-
ändert aufbewahrt werden , doch verbreiten sie stets beim Oeffnen des
Gefäfses den eigeuthiimlichen Geruch des kohlenschwefelsauren Aethylr
oxids. Die Verbindungen der Alkalien und alkalischen Erden werdeu durch
Säuren zersetzt, die sich mit der metallischen Basis verbinden; die Blei-
und Kupferoxidulverbindung hingegen erleidet durch verdünnte Säuren keine
Aenderung; im trocknen Zustande wird das Bleisalz nicht durch Schwefel-
wasserstoffsäure, in feuchtem nur unbedeutend zersetzt.
Kohlenschwefelsaures Aethyloxid -Kali. 2CS2 , AeO, KO. Darstel-
lung: Man bringt in absoluten Alkohol, welcher mit glühend geschmolze-
nem Kalihydrat kalt gesättigt ist, bei gelinder Wärme so viel Schwefel-
kohlenstoff, als sich darin auflöst Meistens erstarrt die Flüssigkeit, einer
Temperatur von 0° ausgesetzt, zu einem Brei von feinen Kristallen, die
man auf einem Filter sammelt, mit Aether auswäscht, zwischen Papier
preist und bei Abschlufs der Luft trocknet. Setzen sich bei der Abküh-
lung keine Kristalle ab, so wird die Auflösung bei gelinder Wärme, am
besten in einer Retorte, coucentrirt. Eigenschaften : Farblose oder schwach
gelbliche, wasserfreie Nadeln, löslich in Wasser mit gelber Farbe, die
Auflösung besitzt einen sehr bittern , eigentümlichen Geschmack; löslich
in Alkohol , nicht in Aether ; verwandelt sich an feuchter Luft in unter-
schwefligsaures Kali.
Kohlenschwefelsaures Aethyloxid-Kupf er oxidul . Beim Vermischen ei-
ner Auflösung des Kalisalzes mit einem Kupferoxidsalz erhält man citron-
Cblorkohlensäureäther.
725
gelbe Flocken von Kupferoxidulsalz. Hierbei wird durch den Sauerstoff,
welchen das Kupferoxid abgiebt um in Oxidul überzugehen, eine andere
Verbindung gebildet, welche dem Niederschlag anhängt. Sie kann dem-
selben , nach Couerbe , durch Aether entzogen werden und besitzt die Be-
schaffenheit eines bei gewöhnlicher Temperatur flüssigen, bei niederer
kristallisirbaren Oels, welches keinen Schwefel, sondern Kohlenstoff und
Wasserstoff im Verhältnils wie im ölbildenden Gas enthält. Derselbe Kör-
per scheint nach Zeise bei der Auflösung des Kupferoxidulsalzes in Sal-
petersäure ungelöst zurückzubleiben.
Aethyloxid und Cyansäurehydrat.
Doppelt cyanursaures Aethyloxid. 2Cye O3 , 3AeO, 6aq.
Synonyme : Cyansäure - Aether. Entdeckt von Wähler und J. L.
Darstellung: Man leitet die Dämpfe von Cyansäurehydrat in ein Gemisch
von gleichen Volumtheilen Alkohol und Aether, so lange sie noch aufge-
nommen werden, und läfst 34 Stunden ruhig stehen, wo sich die Verbin-
dung vollkommen abscheidet. Man reinigt die Kristalle von beigemischtem
Cyamelid durch eine neue Kristallisation aus heifsem Alkohol oder Wasser.
Eigenschaften: Farblose, durchsichtige, glänzende Nadeln und Säulen,
geruch- und geschmacklos, unlöslich in kaltem, leichtlöslich in kochendem
Wasser und Alkohol, schwerlöslich in Aether und kaltem Alkohol. Die
Auflösungen haben keine Wirkung auf Pflanzenfarben und auf Metalisalze.
Geht keine Verbindungen ein mit Metalloxiden. Schmilzt in der Wärme
zu einer farblosen Flüssigkeit, welche sich in offenen Gefäfsen in Däm-
pfen verflüchtigt, die als feiner, lockerer, sehr voluminöser Schnee in
der Luft sich verdichten. In einer Retorte der trockenen Destillation un-
terworfen zerlegt sich die Verbindung in Alkohol und Wasser, welche
übergehen, und in rückbleibende Cyauursäure. Durch Alkalien wird er
zerlegt in Alkohol, cyanursaures und cyansaures Kali.
Aethyloxid und Benzoesäure.
Benzoesäur eäther. Formel: Bz Os, AeO.
Synonyme: Benzoeäther. Von Scheele entdeckt. Darstellung : 4 Th.
Weingeist von 0,83 spec. Gewicht, 3 Th. kristallisirte Benzoesäure und
1 Th. concentrirte Salzsäure werden der Destillation unterworfen. Sobald
das Uebergehende sich mit Wasser trübt, wechselt man die Vorlage und
sammelt das Destillat, aus dem man durch Zusatz von Wasser den Aether
scheidet, durch Kochen mit Wasser und Bleioxid befreit man ihn von Ben-
zoesäure, und durch Stehenlassen über Chlorcalcium wird er von Wasser
und Alkohol frei. Dieser Aether bildet sich ebenfalls, wenn man gleiche
Volumina Benzoylchlorid und Alkohol mischt; bei gelinder Wärme erhitzt
sich dieses Gemenge, es entwickelt sich Salzsäure und bei Zusatz von
Wasser scheidet sich der Benzoeäther ab. Hierbei wird das Hydratwasser
des Alkohols zerlegt, das Chlor vereinigt sich mit dem Wasserstoff, das
Benzoyl mit dem Sauerstoff dieses Wassers, es wird Benzoesäure gebil-
det, die sich im Entstehungsmoment mit dem freiwerdenden Aether ver-
einigt. Eigenschaften: Farblose, ölartige Flüssigkeit von schwachem,
aromatisch obstartigem Geruch und scharfem, stechend aromatischem Ge-
schmack, spec. Gewicht 1,0539 bei 10°, siedet nach Dumas und Boullay
bei 309°, mischbar mit Alkohol und Aether, unlöslich in W7asser, wird
nach Malaguti durch Chlor zerlegt, unter andern Produkten entsteht hier-
bei wieder Benzoylchlorid.
Aethyloxidverbindungen von ungewisser Constitution.
Chlorkohlensäureäther. Formel: CeHjoO^lj.
Beim Zusammenbringen von Chlorkohlenoxid mit Alkohol entsteht eine
eigenthiimliche , ätherartige Flüssigkeit, welche von Dumas entdeckt und
Chlorkohlensäureäther benannt worden ist. Ob diese Verbindung Aethyl
726
Urethan,
oder Aethyloxid enthält, ist in so fern ungewifs, als es nicht gelingt; eine
andere Aetliylverbindung , Alkohol z. B , durch seine Zersetzung daraus
darzustellen.
Darstellung. Wasserfreier Alkohol wird mit Chlorkohlenoxid gesät-
tigt; wobei er sich erwärmt und in zwei Schichten theilt, wovon die un-
tere die neue Verbindung ist; die obere enthält Wasser, Alkohol und Salz-
säure. Durch Stehenlassen über Bleioxid und Chlorcalcium und Rectifica-
tion wird sie vom Wasser und freier Salzsäure gereinigt.
Eigenschaften : Farblose, dünnflüssige Flüssigkeit, von ätherartigem,
erstickendem, die Augen zu Thränen reizenden Geruch, ohne Wirkung
auf Pflanzenfarben, von 1,133 spec. Gewicht bei 15°, siedet bei 94°,
entzündlich mit grüner Flamme brennend, zerlegt sich mit warmem Was-
ser in Salzsäure und nicht untersuchte Produkte; durch concentrirte Schwe-
felsäure in der Kälte zersetzbar unter Entwickelung von Salzsäure, bei
höherer Temperatur tritt Schwärzung ein, zerlegt sich mit Ammoniak in
Salmiak und Urethan.
Bildung . Wenn man zur Zusammensetzung von 1 At. Alkohol 2 At.
Cklorkohlenoxid adriirt und die Elemente von 1 Aeq. Salzsäure binweg-
nimmt, so bleibt Chlorkohlensäureäther.
C4 Hia Oa =1 At. Alkohol
*+• Ca Oa Cl4 = 2 At. Chlorkohlenoxid
c7^rorci4
— Ha Cla 1 Aeq. Salzsäure
C6 H10 04 Cla == 1 At. Chlorkohlensäureäther.
Dumas betrachtet diesen Körper als eine Verbindung einer eigenthüm-
lichen Säure mit Aether, welche Säure betrachtet werden kann als Koh-
lensäure, worin ein Theil des Sauerstoffs ersetzt ist durch ein Aequivalent
von Chlor.
C’ cij ■** c* H« 0 = c» “■» °* Cl»
Berzelius hält ihn für eine Zusammensetzung von Kohlensäureäther
Cs H10 Os mit Chlorkohlenoxid, CO Cla.
Urethan. Formel: C6 H14 04 Na. Entdeckt von Dumas. Zersetzungs-
produkt der vorhergehenden Verbindung mit Ammoniak. Darstellung:
Man löst den Chlorkohlensäureäther in wässerigem Ammoniak, wobei au-
genblicklich und unter Wärmeentwickelung eine gegenseitige Einwirkung
erfolgt. Man verdampft die Auflösung im luftleeren Raume über Schwefel-'
säure bis zur Trockne und unterwirft den festen Rückstand der Destillation
bei gelinder Wärme. Das Urethan geht als farblose Flüssigkeit über,
welche beim Erkalten erstarrt, während Salmiak zurückbleibt. Eigen-
schaften: Farblose, perlmutterglänzende, dem Wallrath ähnliche, kristal-
linische Masse, schmelzbar bei 100°, unverändert destillirbar bei 180°,
leichtlöslich in Wasser und Alkohol und daraus bei freiwilligem Verdam-
pfen leicht in voluminösen Kristallen sich abscheidend. Die wässerige Lösung
besitzt keine Wirkung auf Metallsalze ; wird es im feuchten Zustande er-
hitzt, so zerlegt es sich unter starker Ammoniakentwickelung. Wird durch
Alkalien zersetzt, die hier entstehenden Produkte sind nicht untersucht.
Bildung : Seiner Zusammensetzung nach ist in dem Uretlian das Chlor des
Chlorkohlensäureäthers ersetzt durch 1 Aeq. Amid C6 H10 04 , Na H4. Bei
der Berührung düs ersteren mit Ammoniak tritt das Chlor an 2 At. Was-
serstoff von 1 Aeq. Ammoniak, es entsteht Salzsäure, die sich mit über-
schüssigem Ammoniak zu Salmiak verbindet, und Amid (Na H4), was die
Stelle des Chlors eionimmt. Kann als eine Verbindung von 2 At . Kohlen-
säureäther und 1 At. Harnstoff 2C4 H10 03,,Ca N4 H8 Öa , wovon sein Name
Urea ether abgeleitet ist, betrachtet werden. Besitzt ferner die Zusam-
mensetzung des wasserfreien milchsauren Ammoniaks, was bis jetzt nicht
dargestellt wurde.
Zersetzungen der Aetfiyl Verbindungen.
727
Transformationen und Zersetxungsprodukte des Aethyls und
seiner Verbindungen .
Leitefc man die Dämpfe von Aether oder Alkohol durch eine schwach
glühende Röhre , so werden sie zerlegt in brennbare Gase, Aldehyd und
Wasser. Diese brennbaren Gase sind Gemenge von ölbildendem Gas und
Grubengas, deren Kohlenstoff sich zum Wasserstoff verhält wie 4:10;
dies sind die nemlichen Verhältnisse wie im Aethyl. Die empirische For-
mel des Aldehyds ist C4 H8 Oa, und es mufs aus seiner Entstehung ge-
schlossen werden, dars 2 At. Aether ihren Sauerstoff an einen dritten
Atom Aether abgeben ; die beiden ersten Atome Aether zerfallen in ölbil-
dendes Gas und Grubengas, der Aether, welcher Sauerstoff aufgenommen
hat , liefert Aldehyd und Wasser.
C8 H20 ~ ölbildendes Gas und Sumpfgas
C4 H8 02 = Aldehyd
H, 0 = Wasser
C,* Hjo Oj = 3 At. Aether.
Nach dieser Entwickelung müssen die beiden Kohlenvvasserstoffgase sich
dem Volumen nach verhalten wie 3 : 2. Zwei Atome Aether können sich
ferner zerlegen in 1 Atom Aldehyd , 2 At. ölbildendes Gas und 2 Atome
Grubengas.
C4 Hs 0, =1 At. Aldehyd
C? H8 = 2 At. Grubengas
C2 H4 —2 At. ölbildendes Gas
C8 Hjo Oa = 2 At. Aether.
ln diesem Falle würde sich das Volumen des Grubengases zu dem des
ölbildenden Gases verhalten wie 2:1, und bei der Verbrennung des Ge-
menges müfsten auf 4 At. Kohlensäure 6 At. Wasser gebildet werden.
Alle Zersetzungen, welche der Aether unter andern Verhältnissen in
hohen Temperaturen erfährt, sind den beschriebenen ähnlich, nur dafs die
Produkte wechseln; es entstehen auf der einen Seite Körper, welche al-
len Sauerstoff des Aethers enthalten, auf der andern bilden sich Kohlen-
wasserstoffverbindungen.
Löst man nach Massoti und Dumas geschmolzenes Zinkchlorür in Al-
kohol, so vereinigen sich beide mit einander, auf der eine Seite entsteht
eine wasserhaltige Verbindung von Aethyloxid mit Zinkchlorür, die sich
bei 140° zerlegt in Aether, welcher sich entwickelt, und in Wasser, was
in dem freivverdenden A ethergase abdunstet; beide verdichten sich getrennt
von einander. Ist die Menge des Ziukctilorürs überwiegend , so zerlegt
sich der Aether bei 160 — 200° in Wasser und in zwei flüssige Kohlen-
wasserstoffverbindangen von ungleicher Flüchtigkeit, die eine siedet bei
300°, die andere bei 100°, Die Zusammensetzung der flüchtigsten ist
C8 Il14 (in 100 Th. 88,1 Kohlenstoff u. 12,1 Wasserstoff)
der minderflüchtigen C8 H1S (in 100 Th. 84,5 — u. 15,7 —
beide zusammen C,6 HJ2 haben genau die procentiscbe Zusammensetzung
des ölbildenden Gases. Bei ihrer Bildung zerlegen sich mithin 4 Atome
Aethor in 4 Atome Wasser und in diese beiden Kohlenwasserstoffe.
Bei der Darstellung des Aethers aus Schwefelsäure uud Weingeist,
wenn der rohe Aether in gröfseren Quantitäten mit Kalkmilch rectificirt
wird, bleibt in dem Destillirgefafs auf der Oberfläche der Flüssigkeit ein
ölartiger Körper zurück, längst bekannt unter dem Namen Weinöl. Höchst
wahrscheinlich ist dieses Weinöl ein Gemenge von dem oben beschriebenen
Kohlenwasserstoff, welcher bei 300° siedet, mit dem andern. Eigenschaf-
ten: Gelbes dickflüssiges Oel von aromatischem Geruch, von 0,0174 spec.
Gewicht bei 10,4° ( Dumas und Boitllag) , löslich im Aether, wenig lös-
lich in Alkohol und Wasser, verändert sich an der Luft, indem es eine
terpentinähnliche Beschaffenheit annimmt; wird durch Chlor, unter Bildung
von Salzsäure, vveifs und harzähnlich, durch Kalilauge wird es braun,
durch <?oncentrirte Schwefelsäure schwarz gefärbt ; beim Zusatz von Was-
ser scheidet es sieb farblos wieder ab. Pa* ruhe Oel gab bei der Analyae
728
Schwefelsaures Aethyloxid-Aetherol.
88,58 Kohlenstoff und 11,42 Wasserstoff (Dumas') , 87,72 Kohlenstoff, 11,6
Wasserstoff (J. L.). Atomen verhältnifs wie 16:30.
Schwefelsäure s Aethyloxid-Aetherol. Formel: 2S03 , C8 Hl8 0.
Synonyme: Aether schwefelsaures Aether ol , Schwefelsäurehaltiges
Weinöl . Die Natur und Zusammensetzung dieses lange bekannten Körpers
wurde zuert von Serullas ins Klare gebracht.
Bildung. Das schwefelsaure Aethyloxid-Aetherol entsteht durch Zer-
setzung des neutralen Schwefels. Aethyloxids. Diese Verbindung kann nemlich
für sich nicht bestehen, es wird stets gebildet, wenn Aether und wasser-
freie Schwefelsäure direkt oder indirekt mit einander in Berührung kom-
men. Sättigt man wasserfreien Aether mit wasserfreier Schwefelsäure,
so wird ersterer augenblicklich zerlegt in Alkohol, der sich abscheidet,
und in Aethyloxid-Aetherol; beide verbinden sich mit Schwefelsäure, es
entsteht saures schwefelsaures Aethyloxid in Verbindung mit 1 At. Wasser
und schwefelsaures Aethyloxid-Aetherol.
4 At. Schwefelsäure 4S03 und 3 At. Aethyloxid C12 HJ0 03
geben 1 At. saures schwefelsaures Athyloxid 2S05 , C4 H10 0 -f- H20
-+- 1 At. schwefelsaures Aethyloxid-Aetherol 2S03 C8 , H18 0
Von zwei Atomen Aether trennen sich also die Elemente von 1 At. Was-
ser, welches letztere in Verbindung tritt mit 2 At. Schwefelsäure und 1
At. Aether. Neben diesen beiden Körpern wird durch einq andere Zer-
setzungsweise Aethion- und Isäthionsäure gebildet. Vermischt man die
Flüssigkeit mit Wasser, so scheidet sich der überschüssige Aether ab, das
schwefelsaure Aethyloxid-Aetherol bleibt darin aufgelöst und kann durch
Verdampfung des Aethers erhalten werden, während Isäthiousäure und
saures schwefelsaures Aethyloxid an das Wasser treten.
Unterwirft man schw’efelsauren Aethyloxid-Kalk oder Kali der trocknen
Destillation, so erhält mau schwefelsaures Aethyloxid-Aetherol, Alkohol,
schweflige Säure , ölbildendes Gas, und im Rückstand bleibt ein Gemenge
von schwefelsaurem Salz mit Kohle. Diese Produkte bilden sich in zwei
nebeneinander vorgehenden Zersetzungsweisen; aus 2 At. schwefelaurem
Aethyloxid entstehen 1 At. schwefelsaures Aethyloxid-Aetherol und 1 At.
Wasser,
2SOä , C8 H20 02 = 2S03 C8 Hi8 0 )
H2 OS
in der andern bilden sich aus dem nemlichen Verhältnifs
2 At. schweflige Säure = S2 04
1 - Alkohol = C4 HJ2 0* (C4 Hj0 O -f- aq)
2 - ölbildendes Gas C2 H4
2 - Wasser = H4 02
2 - Kohle C2
S3 C8 H20 08 = 2S03 -+- 2C4 Hi0 0
Durch den Zusatz einer wasserfreien fixen Basis (Kalk, Baryt), welche
man mit dem trocknen schwefelsauren Aethyloxid -Doppelsalz mengt,
wird die eine dieser Zersetzungsweisen vermieden, es entsteht in diesem
Falle schwefelsaures Aethyloxid-Aetherol und Kalkhydrat, welches letz-
tere sich mit einem Atom schwefelsaurem Aethyloxid zerlegt in schwefel-
sauren Kalk und Alkohol.
3 Atome schwefelsaures Aethyloxid 3S03 -J- CIS H30 03 geben mit
1 At. Kalk
1 At. schwwefelsaures Aethyloxid-Aetherol 2S03 C8 H18 0
1 - Alkohol C4 H12 02
1 - schwefelsaurer Kalk S03 CaO
3S03 C12 Hjo 03 -+- CaO
Darstellung : Ein inniges Gemenge von vollkommen trocknem schwe-
felsaurem Aethyloxid-Kali oder Kalk mit seinem gleichen Gewicht gebrann-
tem Kalk destillirt man bei einer Temperatur, welche 280° nicht über-
Aethion- u. Isäthion-Säure.
729
steigt. Das Destillat wird durch Verdampfung an der Luft oder im luft-
leeren Raume über Schwefelsäure vom Alkohol befreit. Oder man unter-
wirft basisch schwefelsaures Aethyloxid-Bleioxid der trocknen Destillation
und verfährt auf dieselbe Weise.
Eigenschaften : Farblose , ölartige Flüssigkeit , schwerer wie Wasser,
von 1,133 spec. Gewicht (Serullas) , von aromatisch ätherartigem Geruch
und kühlendem Geschmack, ohne Wirkung auf trockne Pflanzenfarben,
siedet bei 280°, läfst sich im wasserfreien Zustande ohne Veränderung
destilliren , Kalium behält darin bei gewöhnlicher Temperatur seinen Glanz,
bei höherer tritt Zersetzung ein; mit Alkohol und Aether mischbar.
Mit Wasser oder mit Alkalien in Berührung wird dieser Körper zer-
legt in wasserhaltiges saures schwefelsaures Aethyloxid und in Aetherol.
Mit Schwefelkalium entsteht daraus beim Erwärmen Mercaptan und ein
schwerer, schwefelhaltiger, ölartiger Körper. (Zeise.)
Aetherol und Aetlierin.
Leichtes Weinöl. Weinölcamp f er. Beide Materien sind Zersetzungs-
produkte des schwefelsauren Aethyloxid- Aetherols ; sie sind von Hennell
beobachtet, aber von Serullas am genauesten studirt worden. Sie enthal-
ten nach Serullas Kohlenstoff und Wasserstoff in dem nemlichen Verhält-
nifs wie im ölbildenden Gas, eine Zusammensetzung, welche neuerlichst
durch Marchand bestätigt wurde.
Darstellung : Man erwärmt scliwefelsaures Aethyloxidätherol gelinde
mit Wasser und mischt das sich abscheidende leichte Oel mit Wasser bis
zur Entfernung aller sauren Reaction ; beim Stehenlassen über Chlorcal-
cium wird es wasserfrei. Eigenschaften : Farblose , ölartige Flüssigkeit
von 0,917 bis 0,920 spec. Gewicht, siedet bei 280* (Serullas) , wird bei
— 25° dickflüssig, bei — 35° fest; sehr schwerlöslich in Weingeist, leicht
in Alkohol und Aether, läfst sich mit Schwefelsäurehydrat in allen Ver-
hältnissen mischen, Wasser scheidet es unverändert wieder ab; vereinigt
sich mit wasserfreier Schwefelsäure unter Bräunung, Zusatz von Wasser
scheidet nichts ab ; die entstandene saure Flüssigkeit giebt mit Baryt neu-
; tralisirt ein lösliches Barytsalz, welches Marchand für äthionsauren Baryt
hält, mit dem es mehrere Eigenschaften gemein hat.
Bei ruhigem Stehen in niederer Temperatur bilden sich in dem Aetherol
Kristalle von Aetherin.
Aetlierin . Wenn sich nach tagelangem Stehen in dem Aetherol keine
Kristalle mehr bilden , bringt man das Gemenge derselben mit dem flüssigen
1 Theil auf ein Filter und prefst die rückbleibenden Kristalle zwischen Fliefs-
! papier. Durch Auflösung in Aether und Verdampfung an der Luft erhält
man sie rein. Eigenschaften: Glänzende, lange, durchscheinende, ge-
schmacklose, zerreibliche, zwischen den Zähnen knirschende Prismen und
Blätter, schmelzbar bei 110°, verbreitet dabei einen schwachen aromati-
schen Geruch, siedet bei 260°, von 0,980 spec. Gewicht, löslich in Alko-
hol, nicht in Wasser.
Aethion - und Isäthion-Säure.
Diese beiden Säuren, von welchen die eine besonders merkwürdig ist
durch ihre grofse Beständigkeit, sind von Magnus entdeckt und von ihm
beim Zusammenbringen in der Kälte von Alkohol mit wasserfreier Schwe-
felsäure erhalten worden. Wird die entstandene Flüssigkeit nach dem
Verdünnen mit Wasser mit kohlensaurem Baryt gesättigt, so erhält man
schwefelsauren Baryt, der sich niederschlägt, und in der Auflösung ist
äthionsaurer Baryt enthalten. Dampft man die Flüssigkeit bei gelinder
Wärme ab und vermischt sie bei Syrupconsistenz mit Alkohol , so gerinnt
sie zu einem weifsen nicht kristallinischen Brei von äthionsaurem Baryt,
der mit Alkohol ausgewaschen rein erhalten wird. Aus der wässerigen
Geigers Pharmacie. I. (5 te Aufl.) A7
730
Aethion- u. Isäthion-Säure.
Auflösung dieses Salzes kann durch vorsichtigen Zusatz von verdünnter
Schwefelsäure die Aethionsäure erhalten werden. Sie ist von geringer
Beständigkeit; erhitzt man sie zum Sieden, so erhält man Alkohol, und die
rückständige Flüssigkeit enthält nun freie Schwefelsäure und Isäthionsäure.
Man erhält dieselbe Säure bei der Sättigung von wasserfreiem Aether mit
wasserfreier Schwefelsäure^,; setzt man dieser Mischung Wasser zu, so
scheidet sich mit dem überschüssigen Aether schwefelsaures Aethyioxid-
Aetherol ab, und eine saure Flüssigkeit, welche beim Erwärmen zuerst
Aether und beim weitern Sieden eine grofse Menge Alkohol, welcher auf
diesem Wege direct aus Aether regeuerirt ist, liefert. Die rückständige
Flüssigkeit enthält freie Schwefelsäure und Isäthionsäure.
Nach den Analysen von Magnus und J. L. enthalten die Salze der
Aethion- und Isäthionsäure die Elemente der schwefelsauren Aethyloxiddop-
pelsalze genau in dem nemlichen Gewichtsvcrhältnifs, aber ihre Eigenschaf-
ten weichen gänzlich dav«jn ab. Die Aethionsäure liefert, wie das saure
schwefelsaure Aethyloxid, beim Sieden mit Wasser Alkohol und Isäthion-
säure, aber die letztere bleibt unzersetzt. Ein isäthionsaures Salz der
oxidirenden Wirkung von schmelzenden Alkalihydraten ausgesetzt, liefert!
freies Wasserstoffgas neben kohlensaurem und kleesaurem Alkali (aus dem
Kohlenstoff der organischen Materie) und ein Gemenge von gleichen Atom-
gewichten schwefelsaurem und schwefligsaurem Alkali, welche im Rückstand
bleiben. Dieses Verhalten charakterisirt die unterschwefelsauren Salze.
Regnault bat ferner die Beobachtung gemacht, dafs wasserfreie Schwe-
felsäure reines ölbildendes Gas, ohne Schwärzung und ohne Entwickelung
von schwefliger Säure, in grofser Menge absorbirt und damit eine kristalli-
nische Verbindung bildet, welche mit Wasser zusammengebracht Isäthion-
säure erzeugt. Diese Entdeckung erklärt das Verhalten der Schwefelsäure
zum Aether und Alkohol auf eine unzweideutige Weise.
Die erste Wirkung der wasserfreien Schwefelsäure auf den Alkohol
besteht darin, dafs sie sich damit zu saurem schwefelsaurem Aethyloxid-
hydrat verbindet; bei mehr wasserfreier Schwefelsäure wirkt sie zer-
setzend auf das gebundene Aethyloxid, sie entzieht ihm Wasserstoff und
Sauerstoff in dem Verhältnis wo sie Wasser bilden, wodurch Aetherol
oder eine demselben gleich zusammengesetzte Kohlenwasserstoffverbindung
in Freiheit gesetzt wird, die sich mit den zwei Atomen Schwefelsäure,
welche mit dem Aethyloxid verbunden waren, zerlegt in Isäthionsäure
und Wasser.
Sa 06 -4- C4 H10 0 saures schwefelsaures Aethyloxid
minus t At. Wasser II2 O
giebt S2 06 Hs die Elemente der von Regnault entdeckten
Verbindung.
Reiner Aether wird durch wasserfreie Schwefelsäure zerlegt in Was-
ser und schwefelsaures Aethyloxid-Aetherol. Das Wasser vereinigt sich
mit der Schwefelsäure zu Hydrat, welches mit einer andern Portiou Ae-
ther saures schwefelsaures Aethyloxid bildet. Durch die Einwirkung der
wasserfreien Schwefelsäure auf das entstandene Aetherol geht eine ähn-
liche Zersetzung vor, wie wenn ölbildendes Gas mit dieser Säure zusam-
mengebracht wird; es entsteht der Körper, welcher mit Wasser zusam-
mengebracht Isäthionsäure bildet. Bei der weitern Einwirkung der was-
serfreien Schwefelsäure auf das gebildete saure schwefelsaure Aethyloxid
geht die nemliche Zersetzung vor wie heim Alkohol. Aus dem mit Schwe-
felsäure gesättigten Alkohol erhielt Magnus weifse Kristalle , ohne Zwei-
fel identisch mit der von Regnault direct erhaltenen Verbindung.
Unter allen Umständen enthält eine Mischung von Aether oder Alkohol
mit wasserfreier Schwefelsäure saures schwefelsaures Aethyloxid und ei-
nen durch die gegenseitige Zersetzung von Schwefelsäure mit einem Koh-
lenwasserstoff entstandenen neueu Körper, der mit Wasser zusamnienge-
bracht Isäthionsäure liefert. Wird die saure Flüssigkeit gekocht, so zer-
legt sich das saure schwefelsaure Aethyloxid in Alkohol und freie Schwe-
felsäure, die neben der Isäthionsäure in der Flüssigkeit bleibt. Wird si®
Isäthionsaurer Baryt.
731
mit Baryt neutralisirt, ohne sie vorher zum Sieden zu erhitzen , so erhält
man isäthionsauren Baryt und schwefelsauren Aethyluxidbaryt , die mit
einander eine Verbindung eingehen. Beide besitzen im trocknen Zustande
einerlei Zusammensetzung. Die Aethionsäure ist hiernach eia Gemenge
von saurem schwefelsaurem Aethyloxid mit Isäthionsäure.
Die von Regnault entdeckte Verbindung enthält die Elemente von 2
At. Schwefelsäure und einem dem ölbildendcn Gas gleich zusammengesetz-
ten Kohlenwasserstoff,
s* 06 c4 h8.
Da sie aber, wie aus ihrem Verhalten zu den Alkalihydraten hervorgeht,
keine Schwefelsäure, sondern Unterschwefelsäure enthält, so mufs ihre
Constitution durch die Formel
S2 Oj , c4 h8 o
ausgedrückt werden. Mit Wasser zusammengebracht nimmt sie im Hydrat-
zustand 2 Atome Wasser auf, von welchen 1 At. nicht mehr durch Basen
ersetzbar ist.
Sa 04,C4 Hs 0
H2 O
S2 04, C4 H10O2 -h aq Isäthionsäurehydrat.
Isäthionsäurehydrat.
Darstellung : Man zerlegt eine Auflösung von isäthionsaurem Baryt
durch vorsichtig zugesetzte verdünnte Schwefelsäure, und dampft die von
dem Niederschlage getrennte Flüssigkeit in der Wärme, zuletzt im luft-
leeren Raume über Schwefelsäure ein. Eigenschaften : Dickflüssige, öl-
artige Flüssigkeit von sehr saurem Geschmack, leicht in Weingeist und
Aether löslich, verträgt eine Temperatur von 150° ohne Zersetzung, iu
höherer tritt Schwärzung ein.
Isäthionsäure und Metalloxide.
Die Isäthionsäure verbindet sich mit den Metalloxiden zu Salzen , wel-
che ohne Ausnahme löslich sind; sie zerlegt alle Salze, welche durch
organische Säuren gebildet sind, indem sie sich mit der Basis derselben
vereinigt ; ferner bei Erwärmung die alkalischen Chlormetalle unter Ent-
wickelung von Chlorwasserstoffsäure. Alle diese Salze sind ohne Wirkung
auf die Pflanzenfarben, sie lassen sich einer Temperatur von 250° ohne
Zersetzung aussetzen. Alle isäthionsauren Salze zerlegen sich beim Schmel-
zen mit Kalihydrat und hinterlassen ein Gemenge von schwefligsaurem und
schwefelsaurem Alkali. Das Ammoniahsalz kristallisirt in Octaedern, das
Kalisalz in wasserfreien, farblosen, durchsichtigen, breiten Blättern oder
rhombischen Tafeln, das Kupfersalz in meergrünen, regelmäfsigen Octae-
dern, welche 2 At. Kristallwasser enthalten, was sie bei 120° verlieren
und dabei milchweifs werden. Das Silbersalz ist leichtlöslich und in glän-
zenden breiten Blättern kristallisirbar. Das Bleisalz kristallisirt in harten,
wasserfreien, sternförmig gruppirten Nadelu.
Isäthionsaurer Bargt. Formel: S2 05 , C4 H10 02, BaO. Darstellung :
In eine U förmig gekrümmte Röhre bringt man flüssige wasserfreie Schwefel-
säure und leitet anfänglich bei äusserer Abkühlung, später unter gelinder Er-
wärmung, welche den Schmelzpunkt der Schwefelsäure nicht übersteigen
darf, ölbildendes Gas durch diese Röhre, was man vorher durch Kalkmilch,
sodann durch concentrirte Schwefelsäure leitet, um es von schwefliger Säure
und Wasser zu befreien. Sobald kein ölbildendes Gas mehr absorbirt wird,
löst man die entstandene Verbindung in Wasser, kocht sie im verdünnten
Zustande eine halbe Stunde lang, sättigt sie sodann mit kohlensaurem
Baryt und dampft zur Kristallisation ein. Oder: man sättigt wasserfreien
Aether bei sorgfältiger und starker Abkühlung mit wasserfreier Schwefel-
säure, vermischt die entstandene Verbindung mit Wasser, wodurch der über-
schüssige Aether mit dem gebildeten schwefelsauren Aethyloxid-Aetherol,
782
Methion- u. Althion-Säure.
was darin gelöst bleibt, abgeschieden wird, kocht die saure wässerige
Flüssigkeit so lange, als man noch das Entweichen von Aikoholdämpfen
bemerkt, sättigt sie jetzt mit kohlensaurem Baryt und dampft zur Kristal-
lisation ein. Eigenschaften : Kristallisirt leicht aus seiner syrupdicken,
wässerigen, noch leichter aus seiner heifs gesättigten Auflösung in Wein-
geist, in undurchsichtigen, sechsseitigen Blättern oder Tafeln ; die Kristalle
sind wasserfrei an der Luft und in der Wärme unveränderlich , schmilzt
bei 200° zu einer farblosen Flüssigkeit, zersetzt sich in höherer Tempe-
ratur unter starkem Aufblähen.
Wenn bei der Sättigung des Aethers mit Schwefelsäure die Flüssig-
keit nicht sehr kalt erhalten wird, so beobachtet man eine Entwickelung
von schwefliger Säure, die Mischung schwärzt sich und enthält alsdann
eine andere, von der Isäthionsäure verschiedene, Säure, Methionsäure,
besonders ausgezeichnet durch ihre Eigenschaft, mit dem Baryt ein in
Weingeist vollkommen unlösliches Salz zu bilden, was mit dem isäthion-
sauren Baryt kristallisirt, aber durch dieses Lösungsmittel leicht davon
befreit werden kann.
Methionsäure .
Formel der wasserfreien Säure in dem Barytsalz: Sa C2 H6 07. Dar-
stellung: Wie die der Isäthionsäure aus dem Barytsalz. Eigenschaften:
Sehr saure Flüssigkeit, läfst sich ohne Zersetzung kochen und abdampfen.
Methionsaurer Baryt. Wenn Aether bei gewöhnlicher Temperatur mit
Schwefelsäure gesättigt und auf die beschriebene Weise , wie bei der Dar-
stellung des isäthionsauren Baryts, verfahren und die concentrirte Auflö-
sung dieses Salzes, ehe sie zum Kristallisiren gebracht wurde, mit ihrem
gleichen Volumen Weingeist vermischt wird, so schlägt sich methionsaurer
Baryt nieder, den man durch neue Kristallisationen aus Wasser reinigt.
Eigenschaften : Farblose, durchsichtige,, glänzende, wasserfreie, dem chlor-
sauren Kali ähnliche Blättchen , löslich in 40 Th. kaltem , leichter in sie-
dendem Wasser; die Auflösung fällt kein Metallsalz, uulöslich in Wein-
geist, verliert bei 100° nichts an seinem Gewichte, in höherer Temperatur
färbt es sich vorübergehend gelb, giebt Wasser, schweflige Säure und
Schwefel, im Rückstand bleibt schwefelsaurer Baryt. Wird durch Schmel-
zen mit Kalihydrat zersetzt, die rückständige Masse enthält kein schwef-
ligsaures Kali.
A Ithionsäure.
Wenn der Rückstand der Bereitung des ölbildenden Gases aus Wein-
geist und Schwefelsäure mit Wasser verdünnt und mit Kalkhydrat gesät-
tigt wird, so bleibt ein Kalksalz in Auflösung, weiches ohne Veränderung
abgedampft und kristallisirt werden kann. Wird aus diesem Salz durch
Schwefelsäure oder Kleesäure der Kalk ausgeschieden , so erhält man eine
saure Flüssigkeit, die beim Sieden Alkohol liefert, während jetzt freie
Schwefelsäure nachweisbar ist. Regnault schlug zu ihrer Bezeichnung den
Namen Althionsäure vor. Dieses Verhalten ist identisch mit dem des sau-
ren schwefelsauren Aethyloxids; auch sind die Salze, die sie mit Basen
bildet, vollkommen gleich zusammengesetzt mit den Schwefelsäuren Aethyl-
oxiddoppelsalzen, sie wurden lange dafür angesehen, bis Ettling die Be-
obachtung machte, dafs die Form der Salze, die diese saure Flüssigkeit
mit Basen neutralisirt bildet, wesentliche Verschiedenheiten von denen der
Aethyldoppelsalze zeigte. Diese Beobachtung ist von Regnault bestätigt
worden. Der althionsaure Kalk ist nicht in regelmäfsigen Kristallen zu
erhalten , seine sehr concentrirte Auflösung gestellt zu einer amorphen
Masse. Das Barytsalz kristallisirt nicht in regelmäfsigen Tafeln wie der
schwefelsaure Aethyloxidbaryt, sondern in kugelartigen Anhäufungen sehr
feiner, sternförmig zusammengesetzter Nadeln. Das Kupfersalz bietet die
bestimmtesten Verschiedenheiten dar; es kristallisirt nicht in rein blauen,
grofsen, rcchtwinklichen Prismen oder achtseitigen Blättern, so wie das
Oxidationsprodukte des Aethyis. 733
schwefelsaure Aethyloxid-Kupferoxid , sondern in laugen, sehr dünnen,
rhombischen Blättern, deren spitzer Winkel 60° beträgt, von blafsgrüner
Farbe.
Bei langem Kochen des althionsauren Baryts scheidet sich schwefel-
saurer Baryt ab, während die Flüssigkeit sehr sauer wird; beim Sättigen
mit kohlensaurem Baryt schlägt sich noch mehr schwefelsaurer Baryt nie-
der, und es bleibt eine kleine Menge eines sehr löslichen Barytsalzes in
Auflösung, was nicht näher untersucht ist.
Man kann kaum daran zweifeln, dafs die Verschiedenheiten in den
Eigenschaften der sogenannten althionsauren Salze von den Aethyloxid-
Doppelsalzen auf einer ähnlichen Ursache beruht, wie die der äthionsau-
ren von den nämlichen Verbindungen; es sind Doppelsalze von Isäthion-
säure oder einer derselben gleich zusammengesetzten Säure mit Aethyl-
oxidsalzen.
Oxidationsprodukte des Aethyis und seiner Verbindungen , welche
eine dem Aelher und Alkohol gleiche Anzahl von Kohlenstoff-
atomen enthalten .
Acetyl und seine Verbindungen mit Sauerstoff.
§. 100. Es ist S. 699 erwähnt worden, dafs durch die Ein-
wirkung der Salpetersäure auf den Aether oder Alkohol, je
nach der Menge des Sauerstoffs, welche an die brennbaren Ele-
mente des Aethyis tritt, verschiedene Produkte neben salpe-
triger Säure und niedrigeren Oxidationsstufen des Stickstoffs
gebildet werden. Diese Produkte sind: Aldehyd , Essigsäure.,
Ameisensäure , Kleesäure , Kohlensäure und Wasser. Die
Elemente des Aethyis besitzen eine ungleiche Verwandtschaft
zum Sauerstoff; der Wasserstoff verbindet sich leichter damit
als der Kohlenstoff, woher es kommt, dafs bei der ersten Ein-
wirkung vorzugsweise das erstere Element oxidirt und hin-
weggenommen oder durch Sauerstoff ersetzt wird. Bei An-
wendung anderer Oxidationsmittel ändern sich diese Produkte
in Beziehung auf ihre Anzahl, d. h. auf ihre gleichzeitige Bil-
dung; sie ändern sich aber keineswegs hinsichtlich ihrer Ent-
stehungsweise. Bei langsamer Einwirkung des Sauerstoffs
der Luft auf den Alkohol, in dem sog. Essigbildungsprocefs,
wird ausschliefsiich Wasser, Aldehyd und Essigsäure gebil-
det. 2 Atome Sauerstoff treten in diesem Fall an 4 Atome
Wasserstoff des Aethers, es entsteht Aldehyd, welches direct
zwei weitere Atome Sauerstoff aufnimmt und damit Essig-
säure bildet.
C4 Hl0 O -f- aq Alkohol
" H4 -HO,
C4 H6 O -+- aq Aldehyd. Acetyloxid.
~f~ 0, 2 At. Sauerstoff
giebt C4 H6 03 -i- aq Essigsäurehydrat. Acetylsäure.
Bei Anwendung kräftigerer Oxidationsmittel, einer Mi-
schung von Braunstein, chromsaurem Kali mit verdünnter
Schwefelsäure, oder Berührung von Alkohol und Aetherdäm-
pfen mit glühendem Platindrath bei Gegenwart von Luft z. B.
734
Acetyl. Aldehyd.
entstehen Oxidationsprodukte des Aldehyds, nemlich Aldehyd -
säure und Essigsäure , so wie ferner Oxidationsprodukte der
letzteren, nemlich Ameisensäure und Kohlensäure j bei der
Einwirkung von Salpetersäure wird ferner Oxalsäure gebil-
det, die im Rückstand bleibt. Essigsäure und Ameisensäure
verbinden sich aber leicht mit Aethyloxid, woher es kommt,
dafs essigsaures und ameisensaures Aethyloxid stets diese
Oxidationsprodukte begleiten. Bei Anwendung von Salpeter-
säure erzeugt sich hierbei noch ausserdem salpetrigsaures
Aethyloxid .
Bei Berührung von Alkohol mit Platinschwamm oder Pla-
tinschwarz wird bei Gegenwart von Sauerstoff noch ein ande-
rer Körper, das Acetal , gebildet, was als eine Verbindung
von Aldehyd mit Aethyloxid betrachtet werden mufs.
V) Acetyl . Formel: C* H6.
4 At. Kohlenstoff = 305,750
6 At. Wasserstoff — 37,439
1 At. Acetyl = 344,189
$J, 101. Durch die Hinwegnahme von Wasserstoff entsteht
aus dem Aethyl ein neues Radikal, was man Acetyl genannt hat.
Man betrachtet den Aldehyd als das Hydrat der ersten Oxi-
dationsstufe des Acetyls, wonach ihm der Name Acetyloxid-
hydrat zukommt. Dieser Körper besitzt nicht, wie der Ae-
ther, basische Eigenschaften ; sondern in seiner Fähigkeit,
mit Ammoniak eine kristallisirbare Verbindung zu bilden, ist
sein Charakter als ein säurebildendes Oxid hinlänglich aus-
gedrückt. Dieses Oxid absorhirt aus der Luft mit grofser
Schnelligkeit Sauerstoffgas, und verwandelt sich in Essig -
Säurehydrat Bei Behandlung seiner wässerigen Lösung mit
Silberoxid entsteht eine andere Säure, welche weniger Sauer-
stoff als die Essigsäure enthält 5 man nennt sie Aldehydsäure
oder acetylige Säure . Die Verbindungen des Acetyls sind :
Acetyl Ci He
Acetyloxid C4H60 unbekannt.
Acetyloxidhydrat C4 H« 0 + H2 0 Aldehyd.
Acetylige Säure C4 H« 02 4* H2 0 Aldehydsäure.
Acetylsäure C4 H6 08 -j- H2 0 Essigsäure.
Acetyloxidhydrat. Aldehyd . Formel : C4 He O -f aq.
4 At. Kohlenstoff = 305,750
8 At. Wasserstoff = 49,918
2 At. Sauerstoff == 200,000
1 At. Acetyloxidhydrat =: 555,668
Bildung. Beim Durchtreiben von Aether und Alkoholdämpfen durch
schwach glühende Röhren, bei Behandlung von schwachem Weingeist mit
Chlor und unter den oben angeführten Verhältnissen.
Böbereiner entdeckte, dafs bei der Destillation von concentrirter
Schwefelsäure mit Alkohol und Manganhypcroxid ein Destillat erhalten
\
A 1 d e h 7 d.
735
werde y welches, mit Kali zusammeogebracht und erwärmt, sich braun
färbt und bei Zusatz von Säuren einen braunrothen , harzähnlichen Körper
fallen läfst. Der Körper, welcher zu dieser Erscheinung Veranlassung
gab, wurde zuerst von J. L. dargestellt.
§. 102. Darstellung . 2 Th. Acetyloxid-Ammoniak (Alde-
hydammoniak) werden in 2 Theilen Wasser gelöst, mit einem
wohl abgekühlten Gemisch von 3 Th. Schwefelsäure und 4 Th.
Wasser in einer tubulirten Retorte übergossen und, nach An-
fügung eines mit Eis umgebenen Kühlapparates, der Destilla-
tion im Wasserbade unterworfen. Das Destillat wird zweimal
über sein gleiches Volumen Chlorcalcium, im Wasserbade bei
einer 25 — 30° nicht übersteigenden Temperatur, rectificirf,
um es von beigemischtem Wasser zu befreien.
§.103. Eigenschaf len. Wasserhelle, farblose, das Licht
wenig brechende, Flüssigkeit, von eigenthümlich ätherartigem,
erstickendem Geruch; siedet bei 21,8° C. ; sp. Gew. bei 18° C.
= 0,79. Mischt sich in allen Verhältnissen mit Wasser, Ae-
ther und Alkohol, wird von dem Wasser durch Sättigung mit
Chlorcalcium nicht auf diese Weise vom Weingeist abge-
schieden; ohne Wirkung auf Pflanzenfarben: leicht entzünd-
lich, brennt mit weifser, blasser Flamme. In Berührung mit
Sauerstotfgas verwandelt er sich, unter Absorbtion desselben,
in Essigsaurehydraf ; löst Phosphor, Schwefel und Iod auf;
wird durch Chlor und Brom, unter Bildung von Chlor- und
Brom-Wasserstotfsäure und chlor- und brora-haltiger, ölarti-
ger Produkte zerlegt. Bei Berührung mit wässerigem Chlor
geht er in Essigsäure über, dasselbe geschieht beim Erwär-
men mit verdünnter Schwefelsäure. Mit Schwefelsäurehydrat
vermischt verdickt er sich, wird zuerst braun, später scheidet
sich ein schwarzes kohleartiges Gerinnsel ab; erhitzt man
seine wässerige Lösung mit Kalihydrat, so wird die Mischung
bald braun, und nach einiger Zeit scheidet sich auf seiner
Oberfläche ein hellbrauner Körper ab, der sich wie Harz in
lange Fäden ziehen läfst. Mit Silberoxid und Wasser schwach
erwärmt, wird das Metalloxid ohne Gasentwickelung zu Metall
reducirt, was das Gefafs mit einem spiegelnden Ueberzug be-
kleidet. Die Flüssigkeit enthält aldehydsaures Silberoxid.
Eine aldehydhaltige Flüssigkeit, der man etwas ätzendes Am-
moniak und so viel neutrales salpetersaures Silberoxid zusetzt,
dafs alle alkalische Reaction verschwindet, verhält sich in der
Wärme auf die nämliche Art, und die hierbei ohne Gasent-
wickelung vorgehende Reduction des Silbers ist. neben dem
Verhalten des Kalihydrats, eiu einfaches und sicheres Mittel,
die Gegenwart des Aldehyds nachzuweisen. Der Aldehyd
verwandelt sich von selbst beim Aufbe wahren in zwei mit ihm
und untereinander gleich zusammengesetzte Körper, wovon
der eine bei gewöhnlicher Temperatur fest QM ei a Idehyd der
andere flüssig (Eialdehyd J ist.
736
Aldehyd- Ammoniak.
Verbindungen des Acetyloxids { Aldehyds
§. 104. Von diesen Verbindungen können nur zwei direct
dargestellt werden 5 die eine ist seine Ammoniakverbindung ,
die andere enthält Acelyloxid und Kali ; eine dritte, das von
Döbereiner entdeckte Acetal , entsteht gleichzeitig, neben
Aldehyd und Essigsäure, bei Berührung von Alkohbldäiapfen
mit Platinschwarz, bei Gegenwart von Luft oder Sauerstoffgas.
Acetyloxid- Ammoniumoxid. Aldehyd- Ammoniak.
Formel; C4H60, N2H6, H20.
1 At. Acetyloxidhydrat == 555,668
1 Aeq. Ammoniak = 214,474
1 At. Aldeliydammoniak = 770,142
Döbereiner beobachtete, dafs beim Sättigen von rohem Acetal mit
Ammoniakgas eine weifse kristallinische Substanz gebildet werde, in wel-
cher J. L. die Gegenwart von Aldehyd nachwies.
§. 105. Darstellung . 6 Schwefelsäure werden mit 4 Was-
ser und 4 Weingeist (von 80 p. c.) vermischt und, nach Zusatz
von 6 Th. feingepulvertem Manganhyperoxid, der Destillation
bei gelinder Wärme unterworfen. Die Retorte mufs das Drei-
fache der Mischung fassen können und mit einem, mit Eis
oder Wasser von 0° umgebenen, Kühlapparat luftdicht ver-
bunden seyn. Sobald kein Schäumen mehr in der Retorte be-
merkbar ist, wird das Destillat, welches 6 Th. beträgt, mit
seinem gleichen Gewichte Chlorcalcium rectificirt. Das, 3 Th.
betragende, Rectifikat destillirt man zum zweitenmal über sein
fleiches Gewicht Chlorcalciura. Man erhält auf diese Art 1 */2
h. einer Flüssigkeit, welche zum grofsen Theil aus Aldehyd
besteht, dem Weingeist, etwas Wasser, ferner Essig- und
Ameisensäureäther beigemischt sind. Man vermischt diese
iy2 Th. mit ihrem gleichen Volum Aether und sättigt diese
Mischung mit trocknem Ammoniakgas, wo sich die Ammoniak-
verbindung abscheidet, welche durch Waschen mit Aether
nach dem Trocknen an der Luft vollkommen rein ist.
§. 106. Eigensch. Farblose, durchsichtige, glänzende, spitze
rhombische Kristalle von starkem Lichtbrechungsvermögen,
leicht pulverisirbar, riechen nach Terpentin, schmelzen zwi-
schen 70 und 80° und destilliren bei 100° unverändert über.
Geschieht die Destillation bei Luftzutritt, so bleibt ein brauner
harzartiger Rückstand; die Verbindung ist entzündlich und
verbrennt mit gelber Flamme. Die Kristalle bräunen sich an
der Luft und in hermetisch verschlossenen Gefäfsen und neh-
men einen Geruch nach verbrannten Federn an; sie lassen sich
am längsten unter einer Schicht von reinem Aether unverän-
dert aufbewahren, doch halten sie sich auf die Dauer auch in
diesem Zustande nicht. Sie lösen sich im Wasser in jedem
Verhältnifs, die Auflösung reagirt alkalisch. In der Wärme
lösen sie sieh in Alkohol leichter, wie in der Kälte; sie lösen
Acetal.
737
sich in Acetal und Essigäther. In Aether sind die Kristalle
wenig löslich; setzt man zu einer gesättigten Auflösung der-
selben in Alkohol, Essigäther oder Acetal, ein gleiches Vo-
lumen Aether, so scheidet sich der aufgelöste Theil langsam,
in sehr grofsen und deutlichen Kristallen, ab. Eine concen-
trirte Lösung von Aldehydara moniak giebt mit salpetersaurem
Silberoxid einen leicht in Wasser, nicht in Weingeist löslichen
Niederschlag, welcher Salpetersäure, Silberoxid, Ammoniak
und Aldehyd enthält 5 beim Erwärmen mit Wasser zerlegt es
sich unter Ueduction von Metall und unter Entwickelung von
Aldehyd. Nach seiner Formel enthält diese Verbindung glei-
che Aequivalente Ammoniak und Aldehyd, oder 1 At. Acetyl-
oxid, 1 At. Wasser und 1 Aeq. Ammoniak.
Acetal.
\erbindung des Acetyloxidhydrats mit Aether.
Formel: C4H60, AeO, H20. Empyrische Formel: CgHigOj.
1 At. Acetyloxidhydrat =; 555,668
1 At. Aether =: 468,146
1 At. Acetal = 1083,814
Von Bober einer entdeckt und unter dem Namen Sauerstoffäther be-
schrieben. Bildung: Bei der Berührung von Alkoholdämpfen mit Platin-
schwarz bei Gegenwart von Sauerstoffgas. Darstellung : In einer hohen
Flasche, mit weiter Oeffnung, deren Boden mit Weingeist etwa 1 Zoll
hoch bedeckt ist, hängt man 3 bis 4 Uhrgläser über der Oberfläche der
Flüssigkeit auf; man bringt in diese Uhrgläser eine 3 Linien dicke Lage
Platinschwarz, was man mit Wasser befeuchtet hat, und läfst die Flasche
lose bedeckt an einem warmen Orte mehrere Wochen stehen. Nach die-
ser Zeit ist die Flüssigkeit sehr sauer geworden, sie enthält Acetal, Es-
sigsäure, Aldehyd und etwas Essigäther; man neutralisirt sie mit Kreide,
unterwirft sie der Destillation und bringt das Destillat mit stets zu er-
neuerndem trocknem Chlorcalcium zusammen , wo Alkohol und Wasser an
das Chlorcalcium treten, während Acetal, Aldehyd und Essigäther in Ge-
stalt einer ätherartigen Schicht abgeschieden werden. Man nimmt sie ab,
sobald das Chlorcalcium nicht mehr befeuchtet wird, und rectificirt zum
zweitenmal in einer tubulirten Retorte, in deren Tubulus ein Thermometer
befestigt ist. Sobald der Siedpunkt der destillirenden Flüssigkeit auf 94°
gestiegen ist, wechselt man die Vorlage und fängt das Uebergehende für
sich auf, es ist reines Acetal.
Eigenschaften: Farblose, dünnflüssige, ätherartige Flüssigkeit, von
eigentümlichem , den Ungarweinen ähnlichen Geruch, siedet bei 95°,8,
iht spec. Gewicht ist 0,833 bei 30% löst sich in 6 — 7 Th. Wasser, mischt
sich in allen Verhältnissen mit Alkohol. Läfst sich mit einer weingeistigen
Auflösung von Kalihydrat mischen, ohne sich selbst bei dem Erhitzen zu
bräunen , diese Mischung absorbirt aber bei Luftzutritt Sauerstoffgas und
wird tief dunkelbraun , es entsteht hierbei Aldehydharz. Mit concentrirter
Schwefelsäure gemischt wird es braun, schwarz und dick. Seiner empi-
rischen Formel nach liefse sich das Acetal als eine Verbindung von 3 At.
Aethyloxid mit 1 At. Essigsäure betrachten S(C4 H10 O) C4 H6 05 z=z
C16 H46 06 rs 3C8 H18 Oj , allein sein Verhalten gegen Alkalien und Schwe-
felsäure scheint die Gegenwart von Aldehyd unverkennbar darin dar-
zuthun.
738
Aldehydharz. Metaldehyd,
Aldehyd und Alkalimetalle .
Wenn man in Aldehyd Kalium bringt, so wird durch die entstehende
Erwärmung der Aldehyd ins Sieden gebracht; ein Theil zerlegt sich in
Wasserstoffgas, was frei wird, und in eine feste alkalihaltige Verbindung,
welche nach dem Austrocknen zurückbleibt; sie ist löslich in Wasser mit
alkalischer Reaction, reducirt beim Erwärmen Silbersalze und wird durch
Säuren zersetzt, ohne dafs man ein Freiwerden von Aldehyd beobachtet.
Aldehyd und Alkalien.
Aldehydharz.
Produkt der Zersetzung des wässerigen Aldehyds mit kaustischen
Alkalien . — Entstellt ebenfalls beim Aussetzen einer Auflösung von Kali-
hydrat in Alkohol an die Luft; bei der Einwirkung der Elektricität auf
kalihaltigen Alkohol. Die Zersetzung, welche der Aldehyd bei der Bil-
dung dieses Körpers erleidet, ist noch unerforscht; man weifs nur, dafs
es nicht das einzige Zersetzungsprodukt ist. Erwärmt man Kalkhydrat
oder Kalihydrat mit einem Gemisch von 4 Th. Wasser und 1 Th. Aldehyd
in einem Destillirapparate , so geht eine in hohem Grade durchdringend
geistig riechende, die Augen heftig schmerzende, brennbare Flüssigkeit
über, welche mit Wasser mischbar ist. Auf der alkalischen Flüssigkeit in
der Retorte schwimmt eine weiche, gelbe oder gelbbraune Masse, welche
leichtlöslich in Alkohol und verdünnter Kalilauge ist, und daraus, nach
dem Abdampfen oder nach Sättigung mit einer Säure, wieder erhalten
werden kann. Es scheint bei Luftzutritt eine fortschreitende Veränderung
zu erfahren; wird es trocken und in Pulverform auf 100° erwärmt, so
bemerkt mau stets einen seifenartigen, widrigen Geruch, und zuweilen ist
ee der Fall, dafs es sich von selbst entzündet.
Elaldehyd.
Ein Produkt der Umsetzung der Elemente des Aldehyds. — Entdeckt
von Fehling. — Läfst man reinen , wasserfreien Aldehyd bei einer Tem-
peratur von 0° eine Zeitlang stehen, so verliert es nach und nach seine
Mischbarkeit mit Wasser und verwandelt sich in lange, durchsichtige, eis-
artige Nadeln, welche eine zusammenhängende Masse bilden. Bei -f-2°
verwandeln sie sich in eine durchsichtige Flüssigkeit, welche ätherartig
und leichter als Wasser ist, von ähnlichem, wiewohl schwächerem, Ge-
ruch wie Aldehyd; sie siedet bei .04°, der Dampf ist leicht entzündlich
und brennt mit blauer Flamme. Mit Kalihydrat erwärmt wird es nicht
braun und besitzt keine Wirkung auf Silberoxid ; es vereinigt sich nicht
mit Ammoniak, durch concentrirte Schwefelsäure wird es in der Kälte
braun gefärbt, in der Wärme geschwärzt. Besitzt dieselbe procentischc
Zusammensetzung wie Aldehyd dem Gewichte, aber eine sehr verschie-
dene dem Volumen seiner Elemente nach.
1 Vol. Aldehyddampf enthält 1 Vol. Eialdehyddampf enthält
1 Vol. Kohlenstoff 3 Vol. Kohlenstoff
2 - Wassserstoff 6 - Wasserstoff *
y2 - Sauerstoff l1/* - Sauerstoff.
Die Elemente von 3 Vol. Aldehyddampf haben sich mithin bei seiner Bil-
dung auf 1 Vol. verdichtet.
Metaldehyd,
Produkt der Umsetzung der Elemente des Aldehyds. — Entdeckt von
J. L. — üeberläfst man reinen Aldehyd in einem verschlossenen Gefäfse
bei gewöhnlicher Temperatur sich selbst, so sieht man lange feine Nadeln
oder weifse, durchsichtige, farblose Säulen darin entstehen, die bis zu
einem gewissen Zeitpunkte an Gröfse zunehmen. Die Bildung dieser Kri-
stalle scheint befördert zu werden, wenn Materien mit unebner Ober-
Aid ehy dsäure.
739
fläche, Stücke von Chlorcalcium in dem Aldehyd liegen. Zuweilen sieht
man diese Kristalle nach längerer Zeit in der Flüssigkeit wieder ver-
schwinden, ohne dafs man im Stande ist, sie in Auflösung nachzuweisen.
Das Elaldehyd kristallisirt in 4seitigen harten Prismen, welche sich leicht
zu Pulver zerreiben lassen und bei 120° verdampfen, ohne vorher zu
schmelzen. Der Dampf verdichtet sich in der Luft zu feinen, schneeähn-
lichen , leichten Flocken. Sie sind in Wasser unlöslich, leichtlöslich in
Alkohol und daraus kristallisirbar. Die Zusammensetzung derselben ist
die nemliche, wie die des Aldehyds ( [Fehling ). Die Bestimmung des Vo-
lumenverhältnisses seiner Elemente wird auch bei diesem Körper eine we-
sentlich von der des Aldehyds verschiedene Constitution feststellen.
Der groisen Neigung wegen, welche der Aldehyd besitzt, sich in
Körper von andern Eigenschaften umzuwandeln, ist es wahrscheinlich zu-
zuschreiben, da£s durch seine Zersetzung mit Chlor mannichfaltige und
neue Produkte entstehen , die mit denen , welche aus Alkohol direct ge-
bildet werden, wenig Aehnlichkeit besitzen. Versuche, die man anstellte,
aus Aldehyd und Chlor Chloral zu erzeugen, lieferten zuweilen eine
chlorhaltige Flüssigkeit, die mit Schwefelsäure in Berührung fest und weifs
wurde und den Geruch des unlöslichen Chlorals besafs , allein in andern
bekam man von Chloral in ihrem Verhalten verschiedene Materien. Die
eigenthümliche Umsetzung aber, die das Chloral für sich, ohne Zutritt
einer andern Materie erleidet, nähert sein chemisches Verhalten zu sehr
dem des Aldehyds, als dafs man an einem Zusammenhänge in der Con-
stitution beider zweifeln könnte.
Acelylige Säure . Aldehydsäure,
Formel der wasserhaltigen Säure : C4 H6 02 + aq.
Mit diesen Namen hat man die Säure bezeichnet, welche bei Erwär-
mung von wässerigem Aldehyd mit Silberoxid entsteht, und welche, mit
Silberoxid verbunden, in der wässerigen Flüssigkeit bleibt. Leitet man
durch die Auflösung dieses Salzes Schwefelwasserstoffsäure , so wird das
Silber als Schwefelsilbcr abgeschieden, und man erhält die Säure rein,
wiewohl mit vielem Wasser verdünnt. Sie röthet in diesem Zustande das
Lackmuspapier und besitzt einen sauren stechenden Geschmack; neutrali-
sirt die Alkalien und Metalloxide, allein es gelingt nicht, ihre Salze im
Zustande der Reinheit darzustelleu; beim Abdampfen der Salze mit alka-
lischen Basen in der Wärme färbt sich ihre Auflösung dunkelbraun, indem
sich die Säure in Essigsäure und in einen dem Aldehydharz ähnlichen Kör-
per zersetzt. Unter der Luftpumpe abgedampft erhält man sie von gelber
Farbe; ihre charakteristische Eigenschaft ist, mit coucentrirter Schwefel-
säure schon in der Kälte, unter Entwickelung eines die Augen stark an-
greifenden Geruches, geschwärzt zu werden. Wird eine Auflösung von
aldehydsaurem Baryt mit salpetersaurem Silber- oder Quecksilber-Oxid ver-
mischt und erwärmt, so scheidet sich metallisches Silber oder Quecksilber
ab, ohne dafs ein Aufbrausen bemerkbar ist, und man findet alsdanu rei-
nen essigsauren Baryt in der Auflösung. Ueber die Zusammensetzung die-
ser Säure läfst das folgende Verhalten keinen Zweifel zu.
Aldehyd giebt, mit Silberoxid erwärmt, ein lösliches Silbersaiz, un-
ter Reduction von einem Theii des Silberoxids; ohne sich einem Irrthum
auszusetzen, kann man voraussetzen, dafs das hier entstehende Salz ein
Atom Silberoxid enthält. Wird die Auflösung dieses Silbersalzes mit so-
viel Barytwasser vermischt, dals das Silberoxid vollständig gefällt wird,
und erhitzt man dieses Silberoxid in der Auflösung, welche das neu ent-
standene Barytsalz enthält, so wird es vollständig reducirt, und es ent-
steht neutraler essigsaurer Baryt. In dem letzteren verhält sich der Sauer-
stoff der Basis zu dem der Säure wie 1:3; aber 1 At. von diesen drei
Atomen Sauerstoff war mit Silberoxid, in dem aldehydsauren Salze, ver-
einigt und von diesem, bei dem Uebergange der Aldehydsäure in Essig-
740
Essigsäure.
säure, abgegeben worden. Die Formel C4 H6 05 drückt die Zusammen-
setzung der Essigsäure in ihren trocknen Salzen aus, und demzufolge
mufs die Aldehydsäure durch C4 H6 0* dargestellt werden.
Die Aldehydsäure scheint ein Gemengtheil der sog. Lampensäure zu
seyn, welche von Davy und Faraday zuerst beobachtet, von Daniell und
O’Connell näher, wiewohl sehr unvollkommen, untersucht worden ist.
Befestigt man nahe über dem Dochte einer Lampe, welche Alkohol oder
Aether enthält, einen spiralförmig gewundenen Platindrath von gewisser
Feinheit, und erhitzt denselben bis zum Glühen, so fährt der Drath in
dem verdunstenden Alkohol oder Aetherdampf, der stets mit einer gewis-
sen Menge Luft sich mischt, zu glühen fort. Man bemerkt, wenn man
das Gesicht über diese Glühlampe hält, einen eigenthümlichen, stechenden
Geruch, welcher von einer Materie herrührt, die die Augen schmerzt und
zu heftigen Thränen reizt. Wird über dieser Vorrichtung ein Verdich-
tungsapparat angebracht (ein Helm z. B. mit Ableitungsrohre), so erhält
man eine saure Flüssigkeit, welche ein Gemenge von mehreren Säuren
enthält, zu denen namentlich Ameisensäure gehört C O’Connell). Die Salze
mit alkalischer Basis, welche von Daniell mittelst dieser Säure dargestellt
wurden, besafsen sehr nahe die Zusammensetzung der essigsauren, unter-
schieden sich aber wesentlich davon durch ihr Verhalten gegen Silber- und
Quecksilbersalze, deren Auflösungen, damit erwärmt, die Metalle reguli-
nisch niederfallen liefsen unter Entwickelung von Kohlensäuregas. Ein
Theil des schweren Metalloxids blieb in der Auflösung als essigsaures Salz
zurück. Dieses Verhalten veranlafste O’ Connell , diese Säure für ein Ge-
menge von Essigsäure mit Ameisensäure zu erklären. Allein die Auflösun-
gen der alkalischen Salze dieser Säure werden beim Abdampfen dunkel-
braun, und die Säure selbst wird, mit concentrirter Schwefelsäure ge-
mischt, dunkelbraun und dick, beim Erhitzen schwarz; dies sind Eigen-
schaften, welche weder der Essigsäure noch der Ameisensäure angehören,
sondern mit denen der Aldehydsäure übereinstimmen; auch besitzen wohl
beide Säuren einen stechendeu Geruch, allein sie haben keine Wirkung
auf die Augen. Daniell hielt die Lampensäure für Essigsäure in Verbin-
dung mit einem harzartigen Körper. Eine nähere Untersuchung der aus
Aldehyd und Silberoxid direct gebildeten Aldehydsäure mufs über ihre
Identität mit der Lampensäure entscheiden.
Läfst man gewöhnlichen Salpeteräther, welcher ein Gemenge von
Aldehyd mit salpetrigsaurcm Aethyloxid ist, in der Lampe ohne Flamme
auf eine ähnliche Weise verbrennen, so setzt sich am Platindrath eine
hellgelbe, harzähnliche, stickstoffhaltige Materie ab, die in Alkohol und
Wasser, nicht in Aether löslich ist. Die wässerige Auflösung schmeckt
bitter, röthet Curcuma und riecht nach Ammoniak, sie reducirt Silber-
und Quecksilbersalze.
Acetylsäure. Essigsäure . Symb. A.
Formel der wasserhaltigen Säure : C4 H6 O3 -f- aq.
4 At. Kohlenstoff = 305,750
6 At. Wasserstoff = 37,439
3 At. Sauerstoff = 300,000
1 At. wasserfreie Säure = 643,189
1 At. Wasser = 112,480
1 At. Essigsäurehydrat = 755,669
Der rohe Essig ist schon seit den ältesten Zeiten bekannt. Die Al-
chemisten kannten den Kupfer Spiritus. Stahl und Westendorf lehrten eine
reinere und stärkere Essigsäure, durch Zersetzung essigsaurer Salze ver-
mittelst Schwefelsäure, gewinnen; Läwitz in Petersburg stellte 1793 zu-
erst das Essigsäurehydrat dar. Aus Wein, Bier und allen der geistigen
Gährung fähigen Flüssigkeiten wurde schon in den frühesten Zeiten Essig
bereitet ; ein Auszug von gemalztem Getreide sowie zuckerige Flüssigkei-
Essig I) i 1 <1 11 n g\
741
ten liefern ebenfalls Essig. In diesen letzteren Fällen gebt die Bildung
des Weingeisies (d. h. die geistige Gährung) der weiteren Verwandlung
in Essig voraus. Man beobachtete sehr frühzeitig , dafs hierbei die Tem-
peratur der in Essig übergehenden geistigen Flüssigkeit und mit dem Wein-
geistgehalt derselben der Säuregehalt des Essigs zunahm, und dafs keine
Essigbildung statt fand, wenn alle Luft abgeschlossen wurde. Da aber in
den gegohrnen Flüssigkeiten, welche den gewöhnlichen Essig liefern,
noch andere Materien enthalten sind, die sich bei Gegenwart von Luft
ebenfalls verändern, und die Produkte dieser secundären Veränderung
gleichzeitig mit denen, welche der Weingeist liefert, auftraten, so machte
dieses eine wissenschaftliche Erklärung des wahren Vorgangs unmöglich.
Man verglich den Essigbildungsprocefs mit der Gährung des Traubensaftes,
mit welchem aber die Umwandlung des Weines iu Essig nichts gemein hat,
als dafs sie bei Luftzutritt vor sich geht, ohne dafs man sonst etwas hin-
zubringt. Daher die Bezeichnung Essiggährung von dieser Zeit her. Diese
Ansichten erhielten eine bestimmtere Richtung durch die merkwürdige Ent-
deckung von J. Davy , welcher gefunden hatte, dafs Platinschwarz in
Berührung mit Alkohol, indem er glühend wurde, zur Bildung von Essig-
säure Veranlassung gab, und wurde diese Beobachtung in der Hand von
Döbereiner der Schlüssel zur theoretischen Entwickelung der Verwand-
lung von Alkohol in Essigsäure. Er zeigte, dafs der Alkohol hierbei
Sauerstoff aufnimmt, dafs sich neben Wasser und Essigsäure keine Koh-
lensäure bildet; aus dem Volumen des von einer gewogenen Quantität
Alkohols aufgeoommenen Sauerstoffgases bewies er, dafs zu 1 At. Alkohol
4 At. Sauerstoff treten , woraus sich nach der bekannten Zusammensetzung
der Essigsäure der Schlufs ergab, dafs sich hierbei 1 At. Essigsäure und
3 At. Wasser bilden müssen, C4 H12 O* -4- 40 = C4 H6 03 -h 3H2 O. Die
Art, auf welche die 4 Atome Sauerstoff verwendet werden, ist S. 733
auseinandergesetzt. Die Essigbildung auf gewöhnlichem Wege bedarf in
Beziehung auf die dabei nothwendige Mitwirkung fremder organischer Ma-
terien noch einiger Aufklärung, die sich, wie ausdrücklich hervorgehoben
werden mufs, lediglich auf die vortheilhafte Weise erstreckt, wie sie dazu
beitragen, um die Absorbtion des Sauerstoffs durch den Alkohol einzulei-
ten und zu begünstigen. Der chemische Procefs selbst ist eine Verbren-
nung in niederer Temperatur, die man bekanntlich, insofern sie organische
Materien erfahren, Verwesung nennt.
Reiner oder mit Wasser verdünnter Alkohol säuert sich nemlich an
der Luft nicht. In Wein oder Bier oder gegohrnen Flüssigkeiten, welche
neben dem Alkohol noch fremde org. Materien enthalten, verschwindet
bei Zutritt der Luft in einer angemessenen Temperatur der Alkohol und
an seiner Stelle findet sich Essigsäure. Die nemliche Verwandlung erleidet
der Alkohol, wenn ihm im verdünnten Zustande gewisse organische Ma-
terien, Malzextrakt, Honig, Wein, Weintrestern, Hefe oder schon fer-
tiger Essig zugesetzt werden. Diese Materien nehmen also in gewissem
Sinne Antheil an der Essigbildung, insofern sie den Alkohol fähig machen,
Sauerstoff aufzunehmen, eine Fähigkeit, die er, wie bemerkt, im reinen
Zustande nicht besitzt. Wenn man das Verhalten dieser Materien und alle
Erscheinungen ins Auge fafst, so kann man sich über die Rolle, welche
sie spielen, nicht täuschen. Die Verwandlung des Alkohols in Essigsäure
ist absolut derselbe Vorgang,* wie der Schwefelsäurebildungsprocefs , so
wie durch das Stickstoffoxidgas der Sauerstoff der Luft auf die schweflige
Säure übergetragen wird, auf eine völlig gleiche Weise verhalten sich
diese organische Substanzen gegen den Weingeist, sie absorbiren Sauer-
stoffgas und versetzen es in einen Zustand, wo es fähig wird, von dem
Alkohol aufgenommen zu werden. Versuche, welche neuerdings de Saus-
sure über das Verhalten gährender Pflanzenstoffe gegen Wasserstoffgas
und Sauerstoffgas bekannt gemacht hat, entfernen jeden Zweifel über
diese Wirkungsweise. Feuchte Dammerde, angefeuchtete Pfian zenstoffe
und Saamen, bei einer gewissen Temperatur mit diesen Gasen iu Berüh-
rung, veranlassen eine Verschwindung beider, und zwar genau in dem
Raumverhältnisse, wo sie Wasser bilden. Bei Abschlufs des Wasserstoff-
Essigsäure.
7U
gases würden lediglich Oxidationsprodukte der organischen Materien selbst
entstanden seyn. Denkt man sich das Wasserstoffgas durch Weingeist-
dampf ersetzt; so hat man alle Bedingungen der Essigbildung. Hobelspäne
oder Sägespäne von Holz absorbiren an der Luft im feuchten Zustande
mit ausserordentlicher Schnelligkeit Sauerstoffgas, sie verschwinden nach
und nach (verwesen), indem sich Kohlensäure und eine im Wasser lös-
liche Verbindung bildet; diese Absorbtionsfähigkeit bleibt die nemliche,
wenn das Holz mit verdünntem Weingeist befeuchtet ist, aber iu diesem
Falle tritt der Sauerstoff an den Alkohol und es entsteht Essigsäure. Fein
zertheiltes Platin verhält sich gegen Sauerstoffgas durchaus auf dieselbe
Weise, in seinen Poren wird eine dem Volumen nach ausserordentlich
grofse Menge verdichtet, ohne dafe hierbei eine eigentliche den Oxiden
analoge Verbindung entsteht, denn dieser Sauerstoff kann unter der Luft-
pumpe wieder entfernt werden. In den organischen Materien würde die-
ser Sauerstoff nach und nach au die Elemente derselben treten, das Platin
bleibt in diesem eigentümlichen Zustande unverändert. Wird nun dieses
Platin mit Weingeist befeuchtet, so tritt dieser verdichtete Sauerstoff an
den Wasserstoff desselben, es entsteht Aldehyd , was bei Ueberschufs von
Sauerstoff in Essigsäure übergeht. Das Platin fährt fort Sauerstoff anzu-
ziehen und an den Weingeist abzugeben, ohne die geringste Aenderung
zu erleiden; die organischen Materien nehmen aber in der höheren Tem-
peratur bei dem Essigbildungsprocef? und durch den Einflufs des Sauer-
stoffs neue Formen an, es entstehen in der warmen Flüssigkeit, wie in
warmen Mineralquellen, eigentümliche Vegetationen, ähnlich den sog.
Thermalpflanxen , die sich als sog. Essigmutter iu grol'ser Menge, iu Ge-
stalt gelatinöser weifser Massen, in den Gefäfsen absetzea. Wein und
Bier werden an der Luft nur dann sauer, wenn sie Materien enthalten,
die fähig sind Sauerstoff anzuziclien. Der klarste junge Wein setzt bei
der Aufbewahrung an einem kühlen Orte (in Kellern) noch mehrere Jahre
lang sogenannte Unterhefe ab, sie wird gebildet durch die Oxidation ge-
wisser stickstoffhaltiger Materien, welche in dem Wein gelöst sind; dieser
Wein wird in höherer Temperatur zu Essig, so lange noch die kleinste
Spur dieser Sauerstoff absorbirenden Materien darin enthalten ist; völlig
abgelagerter Wein verliert aber diese Fähigkeit in dem Grade, als die
Menge derselben abnimmt. Dasselbe findet statt bei dem Bier, was bei
gewöhnlicher Temperatur in Fässern gegoliren, was die sog. Obergähruny
erlitten hat, indem es noch eine reichliche Menge oxidatiousfähige stick-
stoffhaltige Materie enthält. Läfst man aber das Bier bei einer niederen
Temperatur, welche die Essigbildung verhindert, in weiten offenen Ge-
fäfsen gäliren, eine Gährung, welche 4—6 Wochen dauert, so tritt aller
Sauerstoff der Luft an diese stickstoffhaltige Substanz, sie scheidet sich
in unauflöslichem Zustande auf dem Boden der Gefäfse als sog. Unterliefe
ab, und sobald diese Abscheidung vollständig erfolgt ist, bat dieses Bier
seine Fähigkeit verloren, bei gewöhnlicher Temperatur sauer zu werden
(baierisches Bier'). Alle frische Pflanzenstoffe, oder Pflanzentheile , fri-
sche fleischige Früchte verhalten sich gegen den Sauerstoff der Luft wie
das feinzertheilte Platin , bei Gegenwart von wasserhaltigem Alkohol ver-
anlassen und unterhalten sie die Säuerung d. h. die Oxidation des Wein-
geistes.
Man hat die Wirkung dieser organischen Materien bei dem Essigbil-
dungsprocels dem Einflufs einer eigentümlichen Kraft, welche man kata-
lytische Kraft genannt hat, zuschreiben wollen, welche Kraft, durch den
blofsen Contakt mit gewissen Materien hervorgerufen, chemische Zersetzun-
gen und Verbindungen bedingt, ohne dafs diese Materien nun, wie bei
andern chemischen Processen , directen Antheil daran nehmen ; allein es
kann keine Frage seyn, dafs man die Schwefelsäurebildung ebenfalls zu
den sog. katalytischen Processen gerechnet haben würde, wenn nicht zu-
fällig die Färbung des Stickstoffoxidgases bei Gegenwart von Sauerstoff
und die Entfärbung der entstandenen salpetrigen Säure durch schweflige
Säure bei Gegenwart von Wasser, die wahre Rolle, die dieses Gas in
der That übernimmt, entschleiert hätte.
Scbnellessig fabrikation. 74-3
Das Vorhergehende wird das Verfahren bei der gewöhnlichen Essig-
fabrikation verständlich machen.
Im Kleinen liefern 100 Th. Wasser, 13 Th. Branntwein, 4 Th. Honig
und 1 Th. Weinstein, oder 120 Th. Wasser, 12 Th. Branntwein, 3 Th.
brauner Zucker, 1 Th. Weinstein und % Th. Sauerteig, an einem war-
men Orte stehend, nach einigen Wochen einen starken und angenehmen
Essig.
§.107. Im Grofsen wendet man einen Auszug von gemalztem
Getreide an, welches man der geistigen Gahrung unterworfen,
in offenen Gefäfsen mit etwas Zusatz von Sauerteig gewöhn-
lich in geheizten Zimmern, sog. Essigstuben, bis zur vollen-
deten Essigbildung stehen Jäfst.
In Weinländern wird hierzu Wein angewendet, welcher
einen gewissen Grad von Säure beim Aufbewabren bekommen
hat; er wird mit etwas Essig vermischt, in offenen Kufen, die
ganz oder zum Theil mit Weintrestern (grappes des raisinsj
angefüllt sind, stehen gelassen. Von Zeit zu Zeit wird die
Flüssigkeit an dem unteren Theile des Gefäfses abgelassen,
wodurch Luft an die Stelle derselben tritt; die von der alko-
holhaltigen Flüssigkeit durchdrungenen Trestern erwärmen
sich unter Absorbtion des Sauerstoffs dieser Luft, und bei ab-
wechselndem Aufgiefsen und Ablassen geht die Essigbildung
sehr schnell vor sich. Durch Zusatz von mehr oder weniger
Branntwein wird, wie oben erwähnt, der Essig nach Belieben
verstärkt.
Durch Beachtung aller zur Oxidation des Alkohols günsti-
gen Bedingungen, nemlich angemessene Temperatur, unge-
hinderter Zutritt der Luft und möglichst grofse Oberfläche der
Flüssigkeit, kann die Zeit, in welcher die Essigbildung vor
sich geht, ausnehmend verkürzt werden. Die sog. Schnell-
es sig fabrikation ist auf die Einhaltung dieser von der Wissen-
schaft vorgeschriebenen Erfordernisse gebaut.
Die erste Bekanntmachung dieses Verfahrens rührt von Wagenmann
und Schützenbach her. Man bedient sich dazu eines Gemenges von 1 Tb.
Branntwein (von 80 p. c. Alkoholgehalt) nnd 4 — 6 Th. Wasser, dem man
im Anfang etwas ( yio0o ) Sauerteig oder Weinessig, oder Honig, Malz-
auszug, Syrup zusetzt. Man bedient sich zur Säuerung dieses Gemisches
eines Apparates, der aus einem hohen cylindrischen Fasse besteht, wel-
ches oben und unten mit Löchern versehen ist, um der Luft Durchgang
zu verstatten. In dieses Fal's werden Hobelspäne von Weifsbuchenholz
mäfsig fest eingetreten , welche man mit starkem Essig getränkt hat. Die
zu säuernde Flüssigkeit wird tropfenweise durch diese Hobels[?äne fliefsen
gelassen , wodurch ihre Oberfläche bis ins Unendliche vermehrt wird. Die
Flüssigkeit wird beim ersten Aufgiefsen bis zu 24 — 28° erwärmt, sehr
schnell steigt die Temperatur von selbst im Innern des Fasses bis auf 38
— 40°, bei welcher Temperatur sie stehen bleibt, wenn die Operation
fortgesetzt und im guten Gange erhalten wird. Wenn die Flüssigkeit zwei-
bis dreimal durch die Späne gelaufen ist, so ist aller darin enthaltene Al-
kohol in Essigsäure verwandelt, was in 24 — 36 Stunden geschieht. Es
ist klar, dafs alle weingeisthaltigen Flüssigkeiten, namentlich Trauben»
und Obstweine, sich zur Säuerung in diesem Apparate eignen.
Ist nur soviel Sauerstoff in der Luft, welche durch das Fafa hindurch-
streicht, als der Alkohol nöthig hat, um zu Aldehyd zu werden, — nicht
genug also um den Aldehyd in Essigsäure zu verwandeln, — so entweicht
744
Essigsäure.
der Aldehyd io der entsauerstofften Luft, man erleidet einen entsprechen-
den Verlust an Essigsäure. Wenn man eine gewisse Quantität des Essigs
destillirt und das Destillat mit Aetzkali erhitzt , so zeigt die entstehende
braune Färbung die Gegenwart des Aldehyds an. Es ist zweckmäfsig,
die aus den Essigbildern entweichende Luft durch aufgesetzte Holzröhren
ausserhalb des Lokals zu leiten. Zusatz von aromatischen gewürzhaften
Stoffen, flüchtigen Oelen , so wie die kleinste Spur von Holzessig, ver-
hindert die Umwandlung des Alkohols in Essigsäure.
Ein guter Essig zum Haus- und Arzneigebrauche mufs für 1 Unze 80
bis 32 Gran trocknes kohlensaures Kali sättigen ; er enthält in diesem
Falle nahe 5 p. c. wasserfreie Essigsäure, das spec. Gewicht desselben
wechselt von 1,01 — 1,03.
Enthält der Essig fremde organische Materien in Auflösung, so ver-
anlassen diese eine fortschreitende Zersetzung der Essigsäure; indem sie
nach und nach verschwindet, finden sich an ihrer Stelle schleimige, gal-
lertartige Materien , oder weifse rahmartige Flocken und Häute. Sehr oft
entsteht in dem Essig entweder bei seiner Darstellung oder bei seiner Auf-
bewahrung eine unendliche Menge von Thieren , sog. Essigaalen, die man
mit blofsen Augen erkennen kann; ihre Erzeugung soll sich verhindern
lassen, wenn die Oeffnungen, durch welche Luft zu der in Essig über-
gehenden Flüssigkeit tritt , mit feinem Mousselin überzogen wird. Durch
Erhitzen zum Sieden werden diese Thiere getödtet.
Verfälschung des Essigs mit Miaeralsäuren , namentlich mit Schwefel-
säure und Salzsäure, entdeckt man mit Barytsalzen oder salpetersaurem
Silberoxid. Es ist zu beachten, dafs die meisten Essigsorten geringe Men-
gen von schwefelsauren Salzen enthalten. Weinessig enthält Weinstein;
der mit Silber- und Barytsalzcn ebenfalls weifse Niederschläge giebt, aber
die letztem lösen sich in Salpetersäure. Eine Auflösung von Brechwein-
stein trübt sich mit jedem Essig, welcher Mineralsäuren enthält ( Kühne ).
Enthält er scharfe Pflanzenstoffe, Capsicum annuum, Daphne Mezereum ,
Rad. pyrethri , so werden diese Beimischungen bemerkbar, sobald der
Essig mit einem Alkali, am besten mit kohlensaurem Kalk, gesättigt wor-
den ist.
§.108. Der angenehme, erquickende Geruch der meisten Es-
sigarten rührt von Essigäther her. Man unterscheidet Weinessig
(rothen und weifsen), Bier - und Malzessig ; sie enthalten ne-
ben Essigsäure alle in dem Wein und Malzauszug enthaltenen
aufgelösten fremden Materien. Durch Destillation erhält man
daraus eine reinere, von allen nicht flüchtigen Gemengtheilen
befreite, obwohl an Säuregehalt geringere, Essigsäure, de-
stillirlen Essig . Zusatz von gepulverter Holzkohle verhindert
das Brandigwerden. Er ist wasserhell, unveränderlich beim
Aufbewahren. Der saure extractartige Rückstand (Sapo acelij
giebt bei einer zweiten Destillation einen schwächeren destil-
lirten Essig. Ein sehr wasserhaltiger Essig kann durch Ge-
frieren, obwohl mit bedeutendem Verlust, verstärkt werden.
Der aus Branntwein und Wasser in der Schnellessigfabrikation
dargestellte Essig kann in seiner Reinheit dem destillirten
gleichgestellt werden. Durch trockne Destillation des Holzes
erhält man den Holzessig, die rohe Holzsäure £ Acidum pyro -
HgnOSUm crudumj. Im Grofsen kann man ihn durch schickliche Vor-
richtungen bei Holzbrennereien in Meilern oder Oefcn erhalten. Die
Säure wird mechanisch von Theer und Oel geschieden. Es ist
eine dunkelbraune Flüssigkeit von brenzlichem sauren Geruch
und Geschmack. Durch Rectifikation derselben in gläsernen
Essigsäurehydrat
745
Destillirapparaten bis auf J4 Rückstand erhält man daraus die
reclificirle Holzessigsäure £ Acidum pyro-lignosum reclifica -
tum}. Diese ist eine mehr dünnflüssige, heller gelbbraune,
durchsichtige Flüssigkeit, welche der vorhergehenden ähnlich,
jedoch minder widerlich empyreumatisch riecht und schmeckt.
Beide Flüssigkeiten bestehen hauptsächlich aus Essigsäure und
Wasser 5 der Gehaltan ersterer ist beträchtlicher als in rohem
Essig. Ausserdem enthalten sie sogenanntes brenzlich-äthe-
risches Oel, d. i. ein Gemisch von Paraffin und Eupion, wohl
auch Naphthalin ; ferner sogenanntes Brandharz und Brand-
extract £ Berzelius }; desgleichen brenzlichen Holzessiggeist,
Holzgeist und Kreosot, welchen Theilen sie ihre Farbe, den
besondern Geruch und Geschmack und eigene medicinische
Kräfte verdanken. Der Holzessig wirkt giftig, besonders der
unrectificirte.
Reine Essigsäure, Essigsäurehydrat .
Zusammensetzung und Formel siehe oben.
Nur in Verbindung mit Wasser bekannt.
§ 109. Darstellung : Aus trocknen essigsauren Salzen durch
Destillation mit Schwefelsäurehydrat. Im Grofsen : 1) 3 Th.
vollkommen ausgetrocknetes, fein pul verisirtes, essigsaures Na-
tron bringt man in eine Retorte von doppeltem Rauminhalt, und
setzt 9,7 Th. Schwefelsäurehydrat, welches man vorher durch
Aufkochen von Wasser und aller salpetrigen Säure gereinigt
und bis zu 50° erkalten gelassen hat, hinzu. Durch die hef-
tige Wärmeentwickelung bei der Zersetzung des essigsauren
Salzes destillirt y8 der Essigsäure von selbst über, man destil-
lirt bei gelinder Wärme bis der Rückstand vollkommen flüssig
geworden ist. Das zuerst von selbst übergehende Destillat ist
schwächer als das später kommende 5 das ganze Destillat wird
zur Befreiung von etwas Schwefelsäure und übergespritztem
schwefelsaurem Natron einer Rectifikation unterworfen. Man
erhält im Ganzen 2 Th. concentrirte Säure von 20 p. c. .Was-
sergehalt. Die letzten zwei Drittel des Rectifikats werden
besonders aufgefangen und in einem verschliefsbaren Gefäfse
einer Temperatur von 4 — 5° über 0° ausgesetzt; hierbei kri-
stallisirt das Essigsäurehydrat, die mehr wasserhaltige bleibt
flüssig und wird von den Kristallen abgegossen. Durch eine
neue Schmelzung der Kristalle für sich und eine zweite Kri-
stallisation erhält man das reine Essigsäurehydrat > Eisessig.
2) Oder man unterwirft 3 Th. vollkommen trocknes essig-
saures Bleioxid mit 0,8 Schwefelsäurehydrat der Destillation
und verfährt wie angegeben. Früher erhielt man die reine
Säure weniger vortheilhaft und verunreinigt durch Essiggeist
£ Aceton }, durch trockne Destillation des getrockneten , kri-
stallisirten essigsauren Kupferoxids (^Kupfer Spiritus}. Ein Ge-
Geiger s Pharmacie t /. (5 ie Aufl.) 48
716
Essigsäure.
halt von schwefliger Säure wird vor der Recfcifikation durch Zusatz von
etwas braunem Bleibyperoxid (Braunstein ist hierzu weniger tauglich) ent-
fernt. Bei Digestion mit wasserfreiem schwefelsaurem Natron giebt eine
Essigsäure j welche 20 p c. Wasser enthält einen Th eil desselben an das
Salz ab 5 davon abgegossen und rectificirt Jiefert sie eine gröfsere Menge
Essigsäurehydrat.
§. 110. Eigenschaften: Kristaliisirt unter 17° C. in was-
serhellen, breiten, glänzenden, durchsichtigen Blättern und
Tafeln; schmelzbar über 17° C. zu einer wasserhellen Flüs-
sigkeit von 1,063 spec. Gewicht und durchdringendem , eigen-
thümlichem Geruch; von höchst beifsendem Geschmack; zieht
auf der Haut weifse Blasen; die flüssige Säure siedet bei 120°,
raucht schwach an feuchter Luft und zieht Wasser daraus an;
mischbar in allen Verhältnissen mit Wasser, Alkohol und
Aether, sowie vielen ätherischen Gelen; löst Kampher und
verschiedene Harze auf. Der Dampf der erhitzten Essigsäure
läfst sich entzünden, verbrennt mit blafsblauer Flamme zu
Kohlensäure und Wasser. Concentrirte Schwefelsäure mischt
sich damit, die Mischung bräunt und schwärzt sich beim Er-
hitzen , unter Entwickelung von schwefliger Säure. Salpeter-
säure ist ohne bemerkbare Einwirkung, durch (Jebcriodsäure
zerlegt sie sich in Ameisensäure, Iodsäure und freies lod. ln
der Kälte und im Dunkeln wird sie durch Chlor nicht zerlegt;
bei Einwirkung des Sonnenlichts wird ihr Wasserstoff, in der
Form von Salzsäure, abgeschieden und ersetzt durch ein Ae-
quivalent von Chlor ( Chlor acelylsäare ). In Dampfgestalt
durch eine schwach glühende Bohre getrieben, zerlegt sie sich
in Kohlensäure und Aceton, in hoher Temperatur zerlegt sich
das Aceton in brennbare Gasarten, unter Absatz von Kohle.
Essigsäurehydrat und Wasser.
§. III. Beim Vermischen von Essigsäurehydrat mit einem
gewissen Verhältnis Wasser ist das Volumen der Mischung
kleiner als das der Bestandteile zusammen, und das spec.
Gewdcht gröfser als wie das des Hydrats der Säure für sich.
Ein mit seinem gleichen Gewichte Wassers vermischtes Essig-
säurehydrat besitzt dasselbe spec. Gewicht wie die reinste
Säure. Eine Mischung von 77,2 Hydrat und 22,8 Wasser
besitzt das höchste spec. Gewicht == 1,079, sie siedet bei 104°.
Diese Säure enthält genau 3 Atome Wasser auf i At. was-
serfreie Säure. Die zu medicinischen und andern Zwecken
angewendete, mehr wasserhaltige, Essigsäure wird stets aus
essigsaüren Salzen durch Destillation mit, mehr oder weniger
verdünnter, Schwefelsäure gewonnen. Die unter dem Namen
concentrirter Essig im Handel vorkommende Säure gewinnt
man aus dem, aus Holzessig dargestellten, essigsauren Na-
tron. 10 Theile kristallisirtes Salz destillirt man mit 6 Th.
Schwefelsäurehydrat, in kupfernen oder eisernen Gefäfsen mit
aufgesetztem Helm von Steinzeug oder Glas. Die erhaltene
747
Essigsäure Salze,
Saure wird rectifieirt und das erstere schwächere Destillat für
sich aufgefangen. Man erhält eine Säure von 1,035 spec.
Gewicht, wovon 2 Theile 1 Theil kohlensaures Kali sättigen.
Bei allen andern Säuren nimmt; in Mischungen derselben mit Wasser,
das specifische Gewicht mit der Menge des zugesetzten Wassers ab; bei
der Essigsäure nimmt es bis zu einem gewissen Punkte zu, woher es
kommt, dafs eine Säure von einem höheren specifischen Gewichte weni-
ger Alkali neutralisirt, als die stärkste Essigsäure. Man schrieb früher
diese ungewöhnliche Erscheinung einer veränderten Zusammensetzung zu,
und da mau damals die Ameisensäure nur unvollkommen kannte und für
eine Art Essigsäure hielt, so schreibt sich hierher die Annahme einer es-
sigen Säure. Dumas macht übrigöns auf bestimmte Unterschiede in dem
Verhalten der im Handel vorkommenden Sorten von Essigsäure aufmerk-
sam. Das reine Hydrat der Essigsäure löst nemlich Quecksilberoxid ohne
Veränderung auf und verbindet sich damit; manche andre Essigsorten, mit
dem nemlichen Oxid zusammengebracht, bilden hiugegen nur essigsaures
Quecksilberoxidul , ohne dafs man einsieht, wohin die Hälfte des Sauer-
stoffs, den das Oxid abgab um zu Oxidul zu werden, hingekommen ist.
Dieses Verhalten scheint offenbar auf einen Gehalt von fremden Materien
in den gewöhnlichen ^Sorten von concentrirtem Essig hinzuweisen.
Prüfung auf ihre Reinheit . Das reine Essigsäurehydrat mufs wasser-
hell, leicht kristallisirbar und entzündlich seyn. Sie darf nicht brenzlich
oder nach schwefliger Säure riechen, mit Wasser verdiinut weder mit
Barytsalzen noch mit Silbersalzeu einen Niederschlag geben. Salpeter-
säure eutdeckt man darin, wenn die Säure mit etwas iudiglösuug versetzt
und gekocht, die blaue Farbe der letzteren in Gelb verwandelt.
Anwendung . Der Eisessig wird gewöhnlich als Riechmittel bei Ohn-
mächten, der destillirte und gemeine Essig wird in der Fharmacie zur
Darstellung vieler Arzneimittel angewendet; der rohe Holzessig ist seines
Gehaltes an Kreosot und anderer empyreumatischen Stoffe wegen als äus-
serliches Mittel gegen bösartige hartnäckige Geschwüre und Wunden sehr
geschätzt; dient ferner zuih Conserviren des Fleisches und leicht verderb-
licher animalischer Stoffe.
Essigsäure und Basen.
Jf. i\2. Die Essigsäure bildet mit dem Ammoniak und
den Metalloxiden lösliche Salze, mit Ausnahme einiger ihrer
Verbindungen mit Molybdän - und Wolfram- Oxid , welche
unlöslich sind; das Silberoxid - und Quecksilber oxid - Sal%
sind schwerlöslich.
Der Sauerstoff der Base terhält sich in den neutralen Sal-
zen zu dem der Säure wie 1:3. Sie bildet basische Salze
mit anderthalb und dreimal so viel Basis, wie in den neutralen.
Alle essigsauren Salze werden durch die Hitze zerstört. Die
Salze der Alkalien und alkalischen Erden liefern bei der trock-
nen Destillation im Rückstand kohlensaure Salze, während
Aceton (Essiggeist) mit dem Kristallwasser der Salze über-
destillirt. Da die wasserfreie Essigsäure ihren Elementen nach die Be-
standteile von 1 At. Aceton und 1 At. Kohlensäure enthält, so erklärt
sich diese Zersetzung leicht. Das Aceton ist meistens mehr oder
weniger mit einem brenzlichen Oele verunreinigt, dessen Ur-
sprung auf seiner eignen Zersetzung in der mehr oder weniger
hohen Temperatur beruht. Die andern essigsauren Salze ge-
74S
Essigäther*
ben unter denselben Umständen ein Gemenge von Essigsäure,
Kohlensäure und Aceton, während entweder Metalloxide oder
regulinische Metalle Zurückbleiben.
Die Auflösung der essigsauren Alkalien erleiden für sich,
namentlich bei Ueberschufs von Alkaligehalt, im verdünnten
Zustande eine eigentümliche Art von Zersetzung, die Base
findet sich nemlich mit Kohlensäure verbunden und es erzeu-
gen sich in der Flüssigkeit schleimige gelatinöse Materien oder
Vegetationen.
Beim Uebergiefsen mit concentrirter Schwefelsäure ent-
wickeln sie den eigenthümlichen Geruch der Essigsäure. Man
erkennt auf die* zuverlässigste Weise die Gegenwart der Essigsäure oder
eines essigsauren Salzes , wenn man es mit verdüunter Schwefelsäure de-
stillirt und das Destillat mit Bleioxid in der Kälte digerirt. Das Bleioxid
löst sich auf und beim Vorhandeuseyn von Essigsäure reagirt die Auflö-
sung alkalisch. Essigsäure Salze mit alkalischer Basis lassen
sich mit Eisen, Chromoxid und Zinnoxidsalzen ohne Verände-
rungmischen, werden aber diese Mischungen zum Sieden er-
hitzt, so schlägt sich in der heifsen Flüssigkeit alles Eisenoxid,
Zinnoxid, Chromoxid als basisches Salz vollständig nieder.
Läfst man den Niederschlag in der Flüssigkeit, so löst er sich
nach dem Erkalten wieder auf.
Essigsäure» Aethyloxid , Essigäther } Essignaphtha (Ae t her
aceticuSy Naphtha acetica ).
Formel: C4H<j03 + C4H10O oder A, AeO,
1 At. Essigsäure =, 643/189
1 At. Aethyloxid — : 468,146
1 At. Essigäther = 1111,335
Die Bereitung des Essigäthers lehrte zuerst Lauragais 1759. Scheele
erklärte 1782, dafs die Bildung des Essigäthers ohne Anwendung einer
Mineralsäure (vorzüglich Schwefelsäure) nicht gelinge, dieses bestätigte
1805 Bucholz , 1806 Schulze und Lichtenberg. (Durch wiederholte De-
stillation einer Mischung von Essigsäure und Weingeist bildet sich jedoch
nach und nach etwas Aether, aber immer sehr wenig, während eine Spur
von Schwefelsäure die Essigätherbildung auffallend befördert.) Dumas
und Boullay stellten 1827 viele Versuche über diese und die vorhergehen-
den Aethcrarten zur Ausrnittelung ihrer Bestaudtheile an (Journal de pharm.
Mars 1828, und Magazin für Pharm. Bd. 22. S. 33.)
§. 113. Darstellung . 16 Th. wasserfreies essigsaures .
Bleioxid, 4V2 Th. Alkohol und 6 Th. Schwefelsäurehydrat,
oder 10 Th. kristallisirtes essigsaures Natron, 15 Th. Schwe-
felsäurehydrat und 6 Th. Weingeist von 80 — 85 p. c. werden
der Destillation unterworfen. Das Destillat wird in eine tu-
bulirte Betörte gebracht, so lange Kalkhydrat zugesetzt, als
noch saure Beaction bemerkbar ist, sodann ein gleiches Vo-
lumen Chlorcalcium hinzugefügt und nach einigen Stunden im
Wasserbade rectificirt. Man erhält ein dem Weingeist glei-
ches Gewicht reinen Essigäther. Die letzten Spuren eines
etwaigen Alkoholgehaltes entfernt man durch eine neue Di-
Essigsaures Ammoniak.
749
gestion mit Chlorcalcium 5 nachdem man ihn davon abgegossen
hat, rectificirt man ihn zum zweitenmal. Die Schwefelsäure wird
mit dem Alkohol gemischt und nach dem Erkalten auf das feingepulverte
Salz in der Retorte gegossen; man giebt im Anfang wenig, zuletzt ziem-
lich starkes Feuer; es mufs für eine möglichst gute Abkühlung Sorge ge-
tragen werden; beigemischter Aether geht im Anfang der Rectifikation über.
Früher wurde der Essigäther durch Destillation von coneentrirter Es-
sigsäure mit Alkohol; wiewohl wenig vorteilhaft, dargestellt; kann auch
erhalten werden, wenn 6 Th. trocknes schwefelsaures Xethyloxidkali oder
ein anderes dieser Doppelsalze mit starker Essigsäure im Wasserbade de-
stillirt wird. Bildet sich überall, wo Alkohol der Einwirkung des Sauer-
stoffs ausgesetzt wird, oder wenn Essigsäure in dem Moment, wo sie aus
einer andern. Verbindung frei wird, in Berührung mit Alkohol kommt, bei
der Zersetzung von essigsaurein Kali in Alkohol durch Kohlensäure, bei
der Einwirkung von Chlor und Brom auf Weingeist.
Erklärung. Saures schwefelsaures Aethyloxid zerlegt /sich mit essig-
saurem Natron oder Bleioxid in saures schwefelsaures Natron, oder schwe-
felsaures Bleioxid und essigsaures Aethyloxid.
§.114. Eigenschaften , Farblose, brennbare, leicht ent-
zündliche, mit gelber Flamme brennende Flüssigkeit von höchst
angenehmem, eigenthiimlich erfrischenden Geruch, siedet bei
74°, von 0,89 spec. Gew. bei 15°, ohne Keaction auf Pflan-
zenfarben, läfst sich in reinem Zustande unverändert aufbe-
wahren, bei Wasser- oder Weingeistgehalt wird er mit der
Zeit sauer 5 löst sich in 7 Th. Wasser, mischt sich mit Alko-
hol und Aether in jedem Yerhältnifs. (Mit Chlorcalcium anhaltend
geschüttelt löst er eiue gewisse Quantität davon auf und erstarrt damit zu
einem weifsen kristallinischen Brei, aus welchem bei Zusatz von Wasser
der Aether wieder abgeschieden wird.) Besonders leicht zerlegbar durch
Alkalien. Mit Vitriolöi erhitzt zerfällt er in Aether und Essigsäure ; Salz-
säure bildet damit leichten Salzäther, und Salpetersäure Salpeteräther,
unter Freiwerden der Essigsäure, Duflos. — 1 Theil Fssigäther und
0 Theile Weingeist bilden den essigäther halligen Weingeist
versüfsten Essiggeist ( Spiritus acetico -aether eus , Liquor anodinus vege-
tabilis). Er löst ferner die ätherischen Oele, viele Harze u. s. vv. , über-
haupt iu der Regel dieselben Substanzen, welche auch Aether löst. Mit
2 Theilen Weingeist und 9 Theilen essigsaurem Eisenoxid vermischt, ist
es die Tinctura Ferri acetici aetherea.
Seine Reinheit erhellt aus den angegebenen Eigenschaften. Er mufs
den reinen, angenehm ätherischen Geruch und Geschmack, so wie das
angezeigte specifische Gewicht haben. Darf sich nicht in einem gröfsern
Verhältnifs als wie 1 — 7 mit Wasser verbinden; mufs sich leicht und voll-
ständig verflüchtigen. Darf Lackmus nicht röthen und durch Hydrothion-
säurc nicht gefärbt werden.
Medicinische Anwendung Der Essigäther wird wie die vorhergehen-
den officinellen Aether-Arten innerlich und äusserlich verwendet.
Essigsäure und Ammoniak.
Saures essigsaures Ammoniak. Darstellung : Gleiche Theile essig-
saures Kali und Salmiak werden innig gemengt bei möglichst niederer Tem-
peratur der Destillation unterworfen. Es entwickelt sich im Anfänge rei-
nes Ammoniakgas, später geht saures Salz in Gestalt einer schweren, dicken,
farblosen Flüssigkeit über, die bei gewöhnlicher Temperatur erstarrt.
Eigenschaften: Strahlige, von nadelförmigen, durchsichtigen, farblosen
Kristallen gebildete Masse, reagirt sauer, zerfliefslich an der Luft, in je--
dem Verhältnifs in Wasser und Alkohol löslich.
750
Essig saures Ammoniak.
Neutrales. Man schmilzt das vorhergehende saure Salz im Wasser-
bade und leitet dnrch Aetzkalk getrocknetes Ammoniakgas hinzu , bis dafs
es nach und nach eine feste Beschaffenheit annimmt. Oder man sättigt
kristallisirtes und geschmolzenes Essigsäurehydrat mit Ammoniakgas. Ei-
genschaften: Feste weifse Masse, geruchlos, iin Wasser und Alkohol sehr
löslich; von schwach saurer Keaction, verliert in höherer Temperatur
Ammoniakgas und wird zu saurem Salz.
Neutrales flüssiges essig saures Ammoniak ( Liquor ammoniaci
aeelici). \
Formel : C4 H6 03 , N2 fJ6 , H2 0 oder A , Am -f aq.
Synonyme: Minderer’« Geist, im verdünnten Zustande (Spiritus seu
Liquor Minderen, Liquor Acetatis ammonici, Acetas Ammoniae dilutus).
Diese Flüssigkeit beschrieb zuerst Boerhaave 1733 und führte sie als
Arzneimittel ein; später empfahl Minderer , vorzüglich in Schottland, das
Mittel, und nachher benannte man es nach seinem Namen.
§. tS5. Darstellung : Das flüssige essigsaure Ammoniak
bereitet man sich am einfachsten, indem 6 Theile wässeriges
Aetzammoniak von 0,96 genau mit concenlrirtem Essig ge-
sättigt, dann der Mischung so viel Wasser zugesetzt wird,
dafs das Ganze 21 Theile beträgt. Zur bessern Kemigung
schüttelt man die neutrale Flüssigkeit mit etwas frischgeglüh-
ter (etwa Vso — V20) Kohle und filtrirt. Man setzt zweckmäfsig
etwas weniger Wasser zu und wäscht das Filter mit Wasser nach, bis
das angegebene VcrhäKnifs durch ist. Bemerkt man genau, wieviel con-
centrirter Essig zur Neutralisation nöthig war, so braucht mau später nur
beide Flüssigkeiten ln dem gefundenen Verhältnifs zu mischen. Der Zu-
satz von Kohle ist nöthig, um den Beigeruch, der vom Salmiakgeist her-
rührt, zu entfernen. Die neueste preufsische Pharinacopöe von
1829 läfst geradezu ätzendem Salmiakgeist mit concentrirtem
Essig sättigen, ohne Wasserzusatz. Nach mehreren neuern
Pharmacopöen bereitet man dieses Mittel, indem 3 Theile
trocknes einfach kohlensaures Ammoniak mit concentrirtem
Essig vollkommen gesättiget, und der neutralen Flüssigkeit
so viel Wasser zugesetzt wird, bis das Ganze 24 Th. beträgt.
Dabei ist zu bemerken, dafs man reines, selbstbereitetes, kohlensaures
Ammoniak anwende; denn das käufliche ist, wie S. 337 angeführt wurde,
öfters ungleich an Ammoniakgehait und zuweilen bleihaltig. Mau erhält
also ein ungleiches Produkt in der Stärke, und zuweilen ein metallhaltiges.
Gleiche Theile dieser stärkern Flüssigkeit und Wasser geben
nach mehreren neuen Pharmacopöen das verdünnte essigsaure
Ammoniak oder den Spiritus Minderen . Ursprünglich bereitere
man den Spiritus Minderem durch Sättigen von destillirtem , auch rohem
(Wein-) Essig, mit trockenem oder flüssigem kohlensauren Ammoniak,
und nach Buchol% verhält sich die Stärke des nach der frühem preus-
sischen Pharmacopöe bereiteten essigsauren Ammoniaks za diesem ur-
sprünglichen wie ft zu 1 ! — Bei einem so häufig angewendeten Mittel
ist es wirklich nothwendig, dafs mehr Uebereinstiinmung in den Vorschrif-
ten wäre, sonst erhält man in jedem kleinen Staate, unter demselben Na-
men, ein anderes Produkt. - — Mit gewöhnlichem destillirtem Essig läfst
sich nur schwierige eine neutrale Flüssigkeit erhalten, auch verdirbt sie
mit der Zeit. (Nach Bronner verdirbt der mit gereinigtem Holzessig be-
reitete Spir. Minderen im verdünnten Zustande besonders leicht. Magazin
£ Pharmacie Bd. 19. S. 14.9.)
751
Essigsäure« Kali.
§. liö. Die Eigenschaften des flüssigen essigsauren Am-
moniaks sind: Es ist eine wasserheile Flüssigkeit von schwach
erwärmendem und etwas stechend salzigem Geschmack (die
verdünnte Flüssigkeit schmeckt fade salzig), in der Hitze ist es,
unter theilvveiser Zersetzung, vollständig flüchtig. Anfangs entweicht Am-
moniak, dann saures essigsaures Ammoniak , welches beim Yerdampfen
leicht in Nadeln krystallisirt.
Prüfung auf seine Reinheit: Die Flüssigkeit mufs wasserhell und neu-
tral seyn (darf weder Lakmus- noch Rhabarber-Papier ändern). Concen-
trirte Schwefelsäure mufs Essigsäure, Kali oder Kalk mufs Ammoniak
entwickeln. Hydrothiousäure darf keine Farbe veranlassen. Essigsaures
Silberoxid und Barytsalze dürfen keine Niederschläge veranlassen. Beim
Erhitzen nuifs es sich leicht und vollständig verflüchtigen. Das specifische
Gewicht der concentrirten Flüssigkeit ist 1,04.
Medicinische Anwendung : Wird häufig innerlich in Mixturen gegeben.
Darf nicht mit stärkern Mineralsäuren oder mit fixen Alkalien vermischt
werden. Desgleichen zerlegen es viele Mittelsalze, welche eine stärkere
Säure enthalten, wie schwefel-, Salpeter- und salz-saure Erd- und Me-
tall-Salze.
Essigsaurcs Kali ( Kali aceficum).
Formel : C4 H6 03, KO oder A, KO.
I Ät. Essigsäure = 643,189
1 At. Kali ~ 589,93g 1
i At. essigsaures Kali - = 1233,109
Synonyme : Geblätterte Weinsteinerde (Acetas kalicus seu Potassae,
Lixivae, Terra foliata Tartari, Arcanum Tartari).
Das essigsaure Kali beschrieb zuerst Raymund Lullius im 13ten Jahr-
hundert. Es findet sich in einigen Mineralquellen.
$• 117. Man hereilet das essigsaure Kali durch Sättigung
von concentrirter Essigsäure oder destiiiirtem Essig mit reinem
kohlensaurem Kali und Abdampfen bis' zur Trockne, wobei
man stets etwas Essigsäure vor walten läfst. (Wird ohne diese
Vorsicht leicht alkalisch und im trocknen Zustande gelb oder
von brauner Farbe.) Oder man fällt essigsaures Bleioxid'mit
etwas überschüssigem kohlensaurem Kali, trennt den Nieder-
schlag durch Filtriren, sättigt das freie Kali mit reiner Essig-
säure und dampft zur Trockne ab, nachdem man sich vorher
durch Einleiteri von etwas Schwefel wasserstoffgas von der
Abwesenheit alles Bleies überzeugt hat.
118. Die Eigenschaften des essigöäuren Kali’s sind:
Es kristallisirt etwas schwierig in verworrenen, langen,
dünnen Nadeln und Säulen. Gewöhnlich erhält man es beim
gelinden Abdampfen in sehr lockeren, weifsen, sich fettig
anfühlenden Schuppen. Hat einen erwärmenden, etwas ste-
chend und angenehm süfslich salzigen Geschmack, in der Hitze
wird es zerstört (s. g. 112). An der Luft zerfliefst es leicht 5 ist
sehr leicht in Wasser löslich. Eide Auflösung von essigsaurem Kali
löst in der Siedhitze eine beträchtliche Menge schwefelsaures Bleioxid
759
Essigsaares Natron.
auf und läfst es beim Erkalten nur zum Theil fallen. 1 Theil in 2
Th. Wasser gelöst ist das flüssige essigsaure Kali (Liquor
Kali acelici, Acetas Potassae seu Kalicus liquidus, Liquor i
terrae flolialae lartari) . Lost sich leicht iu Weingeist. Eine gesät-
tigte Lösung desselben in Alkohol wird durch Kohlensäure , die man durch-
leitet, zersetzt, es schlägt sich doppelt kohlensaures Kali nieder unter
Bildung eitler reichlichen Menge essigsauren Aethyloxids. Die wässerige
Auflösung absorbirt reichlich Chlorgas und nimmt die bleichenden Eigen-
schaften der unterchlorigsaurea Salze in hohem Grade an. Das trockne
Salz mit arseniger Säure zusammen destillirt liefert Alkarsen. Es findet
sich in vielen Pflanzensäften aufgelöst und giebt beim Verbrennen der
Pflanzen kohlensaurer Kali.
Prüfung auf seine Reinheit. Es mufs schön weifs und vollkommen
neutral seyn, leicht in Wasser und Weingeist löslich, mit Säuren iiber-
gossen darf die concentrirte Lösung keinen Weinstein bilden. Die Prü-
fungen auf Salz- und Schvvefel-Säyre und Metallgehalt sind wie bei essig-
saurem Ammoniak.
Medicinische Anwendung. Das essigsaure Kali wird innerlich iD Mix-
turen gegeben. Es darf mit keiner starken Mineral- und Weinsteinsäure,
ferner mit keinem Salz vermischt werden, welches eine stärkere Säure
als Essigsäure, und eine schwächere Base als Kali enthält. — In Pulver-
und Pillen-Forin kann es wegen seiner Zerfliefslichkeit nicht gegeben wer-
den. — Uebergiefst inan in einem trockenen verschliefsbarcn Glase 1 Th.
mit % Vitriolöl, so erhält man das saure Riechsalz.
Nach Dr. Thomson erhält man saures essigsaures Kali, wenn eine
Auflösung von gleichen Aequivalenten essigsaurem Kali und Essigsäure im
luftleeren Raume über Schwefelsäure verdampfen gelassen wird. Es kri-
stallisirt in dünnen, breiten, durchsichtigen Blättern und enthält 6 Atome
Kristallwasser.
Essigsaures Natron (Nafrum aceticumj .
Formel: C4H6O3, NaO -f 6aq oder A, NaO 4. 6aq.
1 At. Essigsäure = 643,189
1 At. Natron = 390,900
1 At. wasserfr. Salz = 1034,089
6 At. Wasser = 674,880
1 At. krist. Salz = 1708,969
Synonyme: Kristallisirbare geblätterte Weinsteinerde (Terra foliata
tartari cristallisabilis , Acetas natricus seu Sodae). Dieses Salz wurde
1767 von Fr. Meyer dargestellt.
§. 119. Man erhält das essigsaure Natron im Kleinen auf
ähnliche Weise wie das essigsaure Kali , indem man die ver-
dünnte oder concentrirte Essigsäure mit reinem kohlensaurem
Natron sättigt oder Bleizucker mit kohlensaurem Natron fällt.
Die r^ine bleifreie Lösung dampft man zur schwachen Syrup-
consistenz ab und läfst langsam erkalten.
Dieses Salz wird im Grofsen aus rohem Holzessig darge-
stellt und dient zur Darstellung der concentrirten und reinen
im Handel vorkommenden Essigsäure. — Man verfährt im All-
gemeinen auf folgende Weise: Der rohe Holzessig wird recti-
Icirt und anfänglich mit kohlensaurem Kalk (Kreide), zuletzt
Essigsaures Natron.
753
mit Kalkmilch vollkommen neutralisirt. (Auf 1000 Th. Holz-
essig werden gewöhnlich 125 — 128 Th. Kreide und 2 — 3 Th.
gebrannter Kalk verbraucht ; giebt beim Abdampfen zur Trockne
190 — 200 Th. trocknes Kalksalz.) Die concentrirte Auflösung
wird heifs mit schwefelsaurem Natron versetzt, so lange noch
ein Niederschlag entsteht 5 es schlägt sich hierbei ein Doppel-
salz von Gyps mit schwefelsaurem Natron nieder, während
essigsaures Natron in Auflösung bleibt. (Auf 125 Kreide wer-
den gewöhnlich 800 Th. kristallisirtes oder 350 — 360 was-
serfreies schwefelsaures Natron verbraucht, auf 1 At. kohlens.
Kalk 2 At. schwefelsaures Natron.) Nach dem Erkalten setzt
man etwas kohlensaures Natron hinzu, um den letzten Rest
von Kalk zu entfernen, filtrirt und dampft die Lauge in ku-
pfernen oder bleiernen Gefäfsen ab; sobald sie ein spec. Ge-
wicht von 1,356 erreicht hat, läfst man sie nach dem Klären
in Gefäfsen von Thon oder Eisenblech kristailisiren. Mit der
Mutterlauge setzt man dieses Verfahren fort, so lange man noch
Kristalle erhält. (Anstatt die rolle Essigsäure mit Kalk zu neutralisiren
uud durch schwefelsaures Natron in essigsaures Natron zu verwandeln,
ist es meistens vorteilhafter, sie direct mit roher Sodalauge zu sättigen,
oder sich dazu des Schwefelnatriums zu bedienen, was man durch Glühen
von Glaubersalz mit Kohle erhält.)
Die gefärbten Kristalle des rohen holzessigsauren Natrons
werden nun zur weiteren Reinigung in einem eisernen Kessel
solange geschmolzen, als man noch das Entweichen von brenz-
lichem Del bemerkt. Nach Verschwinden alles Rauchs und
Geruchs wird der schwarze kohlige Rückstand mit kaltem
Wasser ausgezogen und die klare Auflösung zum zweitenmal
zur Kristallisation gebracht. Das Salz, von der Beschaffenheit
wie man es nun erhält, dient zur Darstellung der gewöhnlich
im Handel vorkommenden concentrirten Essigsäure. Soll es
zur Gewinnung von ganz reiner Säure benutzt werden, so
mufs es einer zweiten Schmelzung und Kristallisation unter-
worfen werden.
§. 120. Die Eigenschaften des essigsauren Natrons sind:
Es kristallisirt beim langsamen Verdunsten der Lösung in was-
Tserhellen, schiefen rhombischen Säulen, mit abgestumpften
scharfen Seitenkanten und Ecken, gewöhnlich in undeutlich
ausgebildeten, langen gestreiften Säulen oder Spiefsen (über
die Anomalien bei der Kristallisation dieses Salzes s. S. 165); schmeckt
angenehm kühlend, salzig. Löst sich in seinem dreifachen
Gewicht Wasser von gew. Temperatur, in seinem gleichen Gew.
kochendem, in 5 Th. Alkohol, verwittert an trockner Luft,
schmilzt in der Wärme zuerst in seinem Kristallwasser unter
starkem Aufblähen, bei höherer Temperatur wird das trockne
Salz flüssig, verträgt eine schwache Glühhitze ohne Zer-
setzung. Das wasserfreie geschmolzene Salz zerspringt nach
dem Erkalten mit lebhaftem Geräusch nach allen Richtungen.
(Bei einem Gehalt von essigsaurem Kali ist es zerfliefslich.)
754 Essigsaurer Baryt, — Thonerde.
Die Prüfung auf seine Reinheit ist wie bei essigsaurem Kali; es mufs
luftbeständig seyn, oder in trockener warmer Luft zerfallen , nicht zer-
fliefslich, sonst ist es kalihaltig. — Es wird wie jenes Salz angewendet,
kann aber auch, da es nicht zerfliefslich ist, in Pulverform gegeben wer-
den. Es müssen dieselben Substanzen w'ie bei essigsaurem Kali, so wie
auch Kalisalze mit schwächerer Säure vermieden werden.
/
Essigsaurer Baryt (Baryta acetica } Formel: Ä,BaO + aq
wird erhalten durch Zerlegen des Schvvefelbaryums oder kohlensauren
Baryts mit Essigsäure und Kristallisiren der klar filtrirten und bis zum
Kristallhäutchen verdampften Losung; am besten durch freiwilliges Ver-
dunsten an der Luft. Kristallisirt in weifsen, durchsichtigen, glänzenden,
schiefen, rhomboidisChen , unregelmäßig achtseitigen Säulen u. s. w. , von
widerlich stechendem Geschmack; reagirt alkalisch; ist in Wasser leicht-
löslich, löslicher in kaltem als in heißem , die gesättigte kalte Lösung
kristallisirt zum Theil beim Erhitzen, und hellt sich wieder auf beim Er-
kalten; auch in Weingeist etwas löslich. Wenn es in gesättigter Auflö-
sung unterhalb 15° kristallisirt, so enthalten die Kristalle 3 At. Wasser;
sie besitzen die Form des essigsauren Bleioxids und verwittern. Ueber-
halb 15° kristallisirt enthält das Salz nur 1 At. Kristallwasser (6,6 p. c.).
Essigsaurer Strontian. Formel : A , SrO + J/2 aq.
Darstellung wie beim essigsauren Baryt. Die Kristalle, welche sich
über 15° bilden, enthalten 1 Aeq. Wasser auf 2 At. Salz, das in niederer
Temperatur kristallisirte enthält 4 At. (26 p. c.) Wasser, sie verwittern
an der Luft und sind in 2% Th. Wasser löslich.
Essigsaurer Kalk ( Calcaria aceticaj Formel: Ä , CaO
kann auf gleiche Art durch Zerlegung des kohlensauren Kalks mit Essig-
säure erhalten werden. (Das einfache Hydrat greift aber trockenen koh-
lensauren Kalk nicht an; Pelouze . ) Er wird im Großen bei der Hofz-
essigbereitung erhalten. Kristallisirt in seidenglänzenden Säulen und Na-
deln, von etwas herbem, bitter salzigem Geschmack; zerfällt bei 80° R.
und läßt sein Kristallwasser fahren ; phosphorescirt stark , wenn er bis auf
97° R. erhitzt und im Dunkeln gerieben wird. Ist leicht in Wasser lös-
lich; die Lösung efflorescirt leicht beim Verdampfen. — Nicht officinell,
dient aber zur Darstellung der reinen Essigsäure und mehrer essigsaurer
Salze, wie cssigsauren Natrons, Bleizuckers u. s. w. aus brenzlicher Es-
sigsäure.
Essigsäure Bitter er de, Formel : A , MgO.
Leichtlösliches, sehr bitter schmeckendes, schwer kristallisirbares Salz.
Essigsäure Thonerde (Alumina aceticaj, Formel: 3A, A1203.
Darstellung : Durch wechselseitige Zersetzung von essigsaurem Baryt
mit einer Auflösung von schwefelsaurer Thonerde. Eigenschaften: (Jnkri-
stallisirbares, unter der Luftpumpe zu einer gummiartigen Masse eintrock-
nendes Salz, sehr löslich in Wasser, von stark zusammenziehendem Ge-
schmack, in mäßiger Wärme wird es zerlegt in Essigsäure und in eiu in
Wasser unlösliches basisches Thonerdesalz. Die Auflösung kann ohne Ver-
änderung zum Sieden erhitzt werden , sie besitzt aber die merkwürdige
Eigenschaft, sich beim Erwärmen zu trüben unter Absetzung von basi-
schem Salz, wenn derselben eine Menge neutraler Salze von andern,
namentlich Mineral-Säuren mit alkalischer Basis zugesetzt werden. Eine
concentrirte Auflösung wird beim Erhitzen zu einem weißen gallertartigen
Brei , der beim Erkalten völlig wieder verschwindet , indem er sich wie-
Essigsaures Zinkoxid.
755
der auflösfc. Die leichte Zersetzbarkeit in der Wärme und die eben er-
wähnten Eigenschaften geben diesem Salz in der Färberei eine hohe Wich-
tigkeit; es dient nemlich als Mittel, um die Zeuge, welche zu den mei-
sten Farbestoffen keine Verwandtschaft besitzen, mit unlöslichem und
farblosem Thonerdehydrat zu überziehen, welches durch seine Neigung,
sich mit Pigmenten zu verbinden, in hohem Grade ausgezeichnet ist, und
das damit überzogene Zeug fähig macht, den Farbstoff aufzunehmen d. h.
sich zu färben. Man nennt diese Operation heitren. Die eigentliche in
der Färberei dienende Beitze ist essigsaure Thonerde, welche durch wech-
selseitige Zersetzung Von Alaun mit essigsaurem Bleioxid bereitet wird , in
dem Veihältnifs, dafs alles schwefelsaure Kali des Alauns unzersetzt darin
vorhanden bleibt (auf 120 Bleizucker 100 Alaun). Man verdickt diese
Flüssigkeit mit Gummi, Stärke, Pfeifenerde, und bedruckt damit die Stel-
len , welche gebeitzt werden sollen. Nach der Hand setzt man das Zeug
der, Einwirkung einer höheren Temperatur aus, wodurch die Essigsäure
ausgetrieben wird, während die damit verbunden gewesene Thonerde oder
ein basisches unlösliches Thonerdesalz auf dem Zeuge fest haftet. Wird
nach dem Auswaschen das Zeug in eine E'arbenflotte getaucht, so nehmen
nur die gebeitzten Stellen die Farbe an. 'Wird das Zeug in verdünnter
Beitze zu einer gewissen Temperatur erwärmt, so schlägt sich die Thon-
. erde oder das basische unlösliche Salz auf die Fasern des Zeuges nieder,
und aus der warmen Flüssigkeit herausgenommen und abgewaschen kann
es nun gefärbt werden.
Essigsaures Manganoxidul. Formel: A, MnO.
Darstellung : Entweder direct durch Auflösung von Manganoxidul in
Essigsäure oder für die ^gewöhnlichen Anwendungen in der Färberei durch
wechselseitige Zersetzung von essigsaurem Kalk mit schwefelsaurem Man-
-gauoxidul, welches letztere als Nebenprodukt bei der Chlorbereitung mit
Schwefelsäure, Kochsalz und Braunstein gewonnen wird. Mao sättigt die
Auflösung des letzteren in der Kälte mit Kreide, wodurch alles Eisenoxid
abgeschieden wird, und mischt sie alsdann in concentrirter Lösung mit
dem essigsauren Kalk, wo sich Gyps und essigsaures Manganoxidul bildet,
was als Beitzmittel dient, namentlich um auf Zeugen eine braune, solide
Farbe hervorzubringen.
Das reine essigsaure Manganoxidul löst sich in 3,5 Wasser und Alko-
hol und kristallisirt in farblosen, an der Luft unveränderlichen, rhom-
boidalen Säulen.
Essigsaures Zinkoxid ( Zincam aceticum ),
Formel: A, ZnO -f- 3aq.
1 At. Essigsäure = 643,189
1 At. Zinkoxid == 503,230
1 At. wasserfreies Salz = 1146,419
3 At. Wasser ~ 337,440
1 At. krist. Salz = 1483,859
Die Verbindung war schon Wenzel bekannt.
§. 121. Man bereitet das essigsaure Zinkoxid durch Auf-
lösen des Metalls oder Oxids in Essigsäure und Kristaflisiren
der gesättigten Auflösung.
§. 122. Die Eigenschaften des essigsauren Zinkoxids
sind: fCs kristallisirt in biegsamen, weifsen, glänzenden, schie-
fen rhombischen und sechsseitigen Blättchen oder Tafeln von
talkartigem Ansehen und Perlmutterglanz. Die Lösung hat die
Eigenschaft, beim freiwilligen Verdunsten in schönen moos-
756 E saigsaures Kisenoxidul.
artigen Dendriten zu effloresciren) ; ist luftbeständig, schmeckt
herb metallisch. In Wasser ist es leicht löslich, die Lösung
wird durch Schwefelwasserstoffgas vollständig als Schwefel-
zink und durch Gallustinktur weifs gefällt [Schindler ).
Nach demselben existirt auch essigsaures Zinkoxid mit 1 At. Wasser.
Prüfung auf seine Reinheit. Es mufs weifs seyn. Die Lösung darf
durch Hydrothionsäure nur weifs gefällt werden , bei vorherrschender
Säure darf sie nichts fällen, ebensowenig dürfen Barytsalze sie fällen.
Ammoniak mufs es weifs fällen , der Niederschlag mufs in überschüssig
zugesetztem Ammoniak wieder verschwinden. Beim Verbrennen mufs es-
reines Zinkoxid hinterlassen.
Medicinische Anwendung. Wird, jedoch selten, wie schwefelsaures
Zinkoxid gebraucht. Dient vorzüglich zur Bereitung von Cyanzink.
Essigsaures Eisenoxidul. Formel: A , FeO.
§.123. Darstellung : Man löst Schwefeleisen in concen-
trirter Essigsäure auf, oder man fällt Bleizucker mit einer
Auflösung von schwefelsaurem Eisenoxidul, öder man bringt
Eisenspäne mit Essigsäure zusammen. Einen möglichen Oxid-
gehalt entfernt man nach Zusatz von freier Säure durch Ein-
leiten von Schwefelwasserstoffgas. Die Auflösung dampft man
bei Abschlufs der Luft am besten in einer Retorte ab 5 läfst
man sie in concentrirtem Zustande erkalten, so erstarrt sie zu
einer grünlich weifsen aus feinen seidenglänzenden Nadeln
bestehenden Masse, welche sehr löslich in Wasser ist und mit
grofser Begierde Sauerstoff a*us der Luft anzieht, ist im reinen.
Zustande nicht officinell , macht aber einen Bestandteil der längst bekann-
ten gemeinen Eisentinktur C Tinctura Märtis adstrinyens') aus, welche
bereitet wird, indem man 1 Th. Eisenfeile mit 6 Th. rohem Essig kocht
und die gesättigte Auflösung bis auf den vierten Theil verdampft; diese
wird mit etwas Zimmtwasser versetzt. — Ist jetzt wenig mehr gebräuch-
lich. — Dient in der Färberei als Beitze.
Die Tinct. Acetatis Ferri , Pharm. Edinb. et Dublin., ist eine Lösung
des essigsauren Eisenoxiduls in Weingeist; wird erhalten durch Digestion
eines Gemenges von 1 Th. Eisenvitriol und 2 Th. essigsaurem Kali in 20
Th. rectificirtem Weingeist.
Essigsaures Eisenoxid (Ferrum aceticum oxy datum).
Synonyme (mit Essignaphtha vermischt) : Klaprotld sehe Eisentinktur,
(Tinct. Ferri acetici aetherea, Acetas oxydi Ferri liquidus).
Diese Verbindung wurde von Klaproth 1802 beschrieben.
§. 124. Darstellung. Man löst frisch niedergeschlagenes,
wohlausgewaschenes und durch Pressen von allein Wasser
möglichst befreites Eisenoxidhydrat in gelinder Wärme in
mäfsig starker Essigsäure und filtrirt. (Am besten dient hiezu das
Eisenoxidhydrat, was durch Fällung einer Auflösung von metallischem Ei-
sen in Salpetersäure mit kohlensaurem Natron oder Kali erhalten wird.)
Enthält das Eisenoxidhydrat Kali oder Eisenoxidul , so wird es von der
Säure nicht gelöst. Am reinsten erhält man es durch wechselsei-
tige Zersetzung von essigsaurem Baryt mit schwefelsaurem
Eisenoxid, weniger rein wenn anstatt des Barytsalzes essig-
Essigsaures Bleioxid.
757
saures Bleioxid genommen wird. 9 Th. dieser Auflösung und
ein Gemisch von 1 Th. Essignaphtha mit 2 Th. höchstrectificir-
tem Weingeist ist die officinelle älherhallige essigsaure Eisen-
tillktur j die in wohlverschlossenen Gefäfsen an einem kühlen Orte auf-
bewahrt werden mufs.
§. 125. Eigenschaften. Dunkelbraungelbe Flüssigkeit
von herbsaurem stark eisenhaftem Geschmack.
Das essigsaure Eisenoxid verhält sich wie die essigsaure Thonerde.
Die Auflösung läfst sich ncmlich zum Sieden erhitzen ohne Veränderung,
entläfst beim Abdampfen Essigsäure, während ein basisches Salz bleibt;
bei starkem Erhitzen des Rückstandes erhält man nur Eisenoxid.
Wird aber der Auflösung schwefelsaures Kali, Salpeter oder andere
Salze zugesetzt, so trübt sie sich beim Sieden, alles Eisenoxid scheidet
sich in der Hitze ab und löst sich beim Erkalten wieder auf. Durch sehr
vorsichtiges Abdampfen einer reinen Auflösung bleibt ein basisches Salz,
was sich im Wasser mit tief brauner Färbe löst und dessen Auflösung
durch Blutlaugensalz und bei Zusatz einer Säure als Berliuerblau gefällt
wird. Ein Gemenge von essigsaurem Eisenoxid mit essigsaurem Eisen-
oxidul dient in der Färberei als Beitzmittel und zum Schwarzfärben, es
hat den Vorzug vor dem schwefelsauren und andern Eisenoxidsalzen, dafs
die Säure die Zeuge nicht angreift ; es wird für diesen Zweck direkt aus
Eisenschnitzel und roher oder gereinigter Holzessigsäure bereitet, die man
bei Zutritt der Luft sich mit dem Eisenoxid, was sich bildet, sättigen läfst.
Prüfung auf ihre Reinheit und Güte. Die Tinktur mufs dunkel roth-
braun, fast undurchsichtig, aber klar seyn. Durch den Geruch und Ge-
schmack müssen sich ihre Bestandtheile zu erkennen geben. Salzsäure-
und Schwefelsäure-Gehalt geben Silbersolution und Barytsolution zu erken-
nen. Wird etwas davon verdampft und der Rückstand geglüht, so mufs
es reines Eisenoxid seyn. Färbt Hydrothionsäure den in Säuren aufgelös-
ten Rückstand, so ist die Tinktur unrein.
Medicinische Anwendung. Die Tinktur wird innerlich gegeben. Sie
darf mit keinen Substanzen, welche auf die Eisenoxidsalze (S. 519) oder
die essigsauren Salze (S. 747) zerlegend wirken, gegeben werden.
Essigsaures Kobaltoxid.
Darstellung : Durch Auflösung des kohlensauren Kobaltoxids oder des
Kobaltoxkihydrats in Essigsäure. Die rothe Auflösung giebt beim Ver-
dampfen eine violette zerfliefsliche Salzmasse. Die mit Kochsalz versetzte
Flüssigkeit giebt eine sog. sympathetische Tinte, die das Papier nicht an-
greift. Die schwache rothe Farbe derselben ist, wenn die Schrift trocken
ist, nicht sichtbar, wird aber beim Erwärmen deutlich blau. Neutrales
essigsaures Kobaltoxid wird durch Schwefelwasserstoff vollständig als
Schwefelkobalt niedergeschlagen, beim Vorhandenseyn von freier Essig-
säure entsteht keine Fällung.
Essigsaures Nickeloxid .
Grüne Kristalle von süfslich metallischem Geschmack, löslich in 6 Th.
Wasser, nicht in Alkohol. Verhält sich gegen Schwefelwasserstoff wie
das essigsaure Kobaltoxid.
Essigsaures Bleioxid.
Die Essigsäure verbindet sich in mehrern Verhältnissen
mit Bleioxid. Das neutrale Salz, bekannt unter dem Namen
Bleizucker , enthält gleiche Atomgewichte Essigsäure und
Bleioxid , ein zweites enthält auf 2 At. Säure drei At. Oxid
(anderthalbbasisches), ein drittes enthält auf 1 At. Säure 3 At.
758 Neutrales essigsaures Bleioxid.
Oxid (drittel essigsaores Bleioxid), ein viertes enthält auf die-
selbe Menge Säure 6 At. Bleioxid (sechstel essigsaures Blei-
oxid).
Neutrales essigsaures Bleioxid ( Plumbum aceticum
Formel: Ä, PbO + 3aq.
1 At. Essigsäure r± 643,189
1 At. Bleioxid =r 1394,500
1 At. wasserfr. Salz ~ 2037,689
3 At. Wasser 337,440
l At. fcryst. Salz = 2375,129
Synonyme, ßleizucker (Saccharum Saturni, Acetas plumbicus). Die-
ses Salz war schon im löten Jahrhundert bekannt.
§. 126. Darstellung . Entweder durch Außösung^ des
Oxids (Massieot, Bieigläüe) in der Säure, oder durch Behand-
lung von metallischem Blei mit Essig bei Zutritt der Luft.
1) Gewöhnlich wird concentrirte Essigsäure von 8° ß. aus Holzessig
mit der zur Sättigung üöthigcn feinpul verisirten Glätte gemengt, worauf
die Auflösung mit starker Wärmeentwicklung sogleich erfolgt, durch et-
was später angebrachte Wärme wird sie vollkommen beendigt. Je nach
dem mehr oder weniger compacten Zustande, in welchem mau das Salz
zu erhalten wünscht, läfst man diese Auflösung geradezu oder mit mehr
oder weniger Wasser gemischt erkalten, wodurch man entweder eine
feste weifse kristallinische Masse oder deutlich ausgebildete Kristalle erhält.
Die Mutterlauge liefert beim Abdampfen gefärbte Kristalle, welche durch
eine zweite Kristallisation gereinigt werden. Die letzten Mutterlaugen,
welche keine Kristalle mehr geben, zerlegt man mit kohlensaurern Natron
und erhält kohlensaures Bleioxid, was als Bleioxid zur Wiederauflösung
verwendet wird, und essigsaures. Natron , aus dem man wieder Essigsäure
darstellt. Die Rückstände von der Behandlung der Glätte enthalten Rupfer,
Silber und Blei , sie werden wie Silbererze benutzt. Das mit dem Bleioxid
sich lösende Kupferoxid wird durch Einlegen von metallischem Blei in die
Auflösung vollständig abgeschieden.
Bei Anwenflung von gewöhnlichem Essig zur Auflösung der Glätte er-
hält man stets gefärbte, schwer zu reinigende Kristalle, und je schwächer
derselbe ist, desto mehr unlösliches sechstel essigsaures Bleioxid wird
hierbei gebildet. Um farbloses Salz zu erhalten mufs entweder aus Brannt-
wein bereiteter farbloser Essig genommen oder der gewöhnliche mufs vor-
her destillirt werden. Der Auflösung wird vor dem Abdampfen etwas
überschüssige Säure zugesetzt.
2) Das metallische Blei , was direkt zu dieser Darstellung dienen soll,
wird geschmolzen und löffelweise in einen kupfernen Ressel getragen, dem
man eine rotirende Bewegung giebt. Indem das Blei erstarrt, erhält man
es in Form von äusserst dünnen Blechen, welche dem Sauerstoff der Luft
eine grofse Oberfläche darbieten ; maaj bringt sie in offne Tbonschiisseln
und übergiefst sie mit Essig, so dals sie zur Hälfte damit bedeckt sind;
das benetzte und der Luft ausgesetzte Metall oxidirt sich mit grofser
Schnelligkeit, es entsteht Bleioxid, wras sich in der Säure löst. Die Flüs-
sigkeit wird oftmals des Tages von dem Blei ab- und wieder aufgegossen
und die Bleche umgeweudet. Die gesättigte Flüssigkeit wird von trüben-
den darin herumschwimmenden Bleitheiichen durch Absetzen geklärt und
zur Kristallisation abgedampft.
Anderthalb basisch essigsaures Bleioxid, 759
127- Die Eigenschaften des einfach essigsauren Blei-
oxids sind: Es kristallisirt in weifsen, durchsichtigen, geraden
rhomboidischen Säulen, mit zwei auf den schmalen Endkanten
aufgesetzten Flächen zugeschärft, oder in Nadeln; schmeckt
widerlich süfs und zusammenziehend, wirkt giftig, Gegengifte
siehe Bleiessig g. 131. Rötbet schwach Lakmus, grünt aber
auch Violensaft. An der Luft verwittert es schwach , und ver-
liert dabei etwas Essigsäure, ist dann nicht mehr ohne Trübung
in Wasser löslich. Bei 57,5° schmilzt es leicht und läfst beim
vorsichtigen Erwärmen das Kristall wasser fast ohne allen Ver-
lust an Säure fahren, es bleibt wasserleeres Salz, aus glei-
chen At. Bleioxid und Essigsäure bestehend. in stärkerer
Ilitze wird es zerlegt, liefert in trockener Destillation vorzüglich viel
Aceton, es bleibt sehr feinzertheiltes pyrophorisches kohlenhaltiges Metall.
Der Bieizucker löst sich bei gewöhnlicher Temperatur in an-
derthalb Theilen Wasser und in 8 Th. Alkohol. Die wässerige
Lösung wird nach Walclmer (Magazin für Pharin. Bd. 17. S. 140) durch
Kohlensäure partiell zersetzt; 100 Theile Bieizucker liefern 54 Theile
kohiensaurcs Bleioxid. Aetzammoniak fällt die wässerige Lösung
in der IKälte nicht, sondern verwandelt das neutrale Salz in
dreifach basisches; mit einem Ueberschufs Ammoniak erhitzt
schlägt sich Bleioxid kristallinisch nieder.
Prüfung auf seifte Reinheit . Er mufs schön kristallisirt und \veifs
seyn, sich leicht und vollständig in Wasser lösen (soll zuweilen init gröb-
lich gepulvertem Schwerspath vermengt werden). Die Lösung mufs durch
Schwefelsäure vollständig gefällt werden. Verflüchtigt sich die^vom Nie-
derschlag abfiltrirte Flüssigkeit beim Verdampfen nicht vollständig, so ent-
hält er fremde Salze. Ebenso mufs Hydrothionsäure alles Feuerbeständige
als Schwefelblei fällen. Beim Erhitzen mit Schwefelsäure darf sich nur
Essigsäure, keine rothen Dämpfe, entwickeln. Beim Glühen in verschlos-
senen Gefäfsen darf er nur kohlenhaltiges Blei hinterlassen.
Anwendung. Der Bleizucker wird (mit Vorsicht!) innerlich in Pul-
verform und in Lösungen gegeben , häufig aber äusserlich in wässerigen
Lösungen. Ist fast eben so leicht zersetzbar als der Bleiessig, — Dient
in der Pharmacie zu mehreren Präparaten (zur Darstellung der Essigsäure
und mehrerer essigsauren Salze, Essignaphtha u. s. w,).
Anderthalb basisch essigsaures Bleioxid.
Formel: 2A -f 3PbO.
2 At. Essigsäure = 1286,38
3 AL Bleioxid = 4 5 83,49
1 At. anderth. bas. Salz = 5469,87
§. 128. Darstellung . Trocknes neutrales essigsaures
Bleioxid wird in einer Porzellanschale oder^ einer Retorte so
lange bei gelindem Feuer erhitzt, bis die flüssig gewordene
Masse von selbst zu einer porösen weifsen Masse erstarrt; sie
wird in Wasser aufgelöst, die Auflösung zur Syrupsdicke ein-
gedampft und stehen gelassen.
%. 129. Eigenschaften . Perlmutterglänzende, blättrige,
concentrisch vereinigte, sechsseitige Blätter, unveränderlich
760
Drittel essigsanres Bleioxid.
in der Luft und im luftleeren Raume, leichtlöslich in Wasser
und Alkohol, von alkalischer Reaction, wird durch Kohlen-
säure, unter Bildung von Bieiweifs, in neutrales Salz( verwan-
delt. Giebt bei Digestion mit Bleioxid drittel und sechstel es-
sigsaures Salz. \
Bildung. Von 3 Atomen cssigsaurem Bleioxid trennen sich die Ele-
mente von 1 At. wasserfreier Essigsäure in der Form von Kohlensäure
und Aceton.
Der nach der preufsischen Pharmaeopöe durch kalte Digestion bereitete
Bleiessig enthält dieses anderthalbbasische Salz.
Drittel essigsaures Bleioxid.
Formel: Ä, 3PbO.
1 At. Essigsäure = 643,189
3 At. Bleioxid ~ 4183,490
1 At. zweifach bas. Salz = 4826,679
§. 130. Darstellung im kristallisirien Zustande . Man
vermischt eine kalt gesättigte Auflösung von Bleizucker mit
ihrem Fünftel Volumen Aetzammoniak und läfst ruhig stehen.
ln Auflösung: 7 Th. geglühte und geschlämmte Bleiglätte und
6 Th. krist. essigsaures Bleioxid werden mit 30 Th. Wasser
in einem zu verschliefsenden Gefäfse übergossen und an einem
mäfsig warmen Orte unter öfterem Umschütteln digerirt, bis
das ungelöste Oxid eine ganz weifse Farbe angenommen hat.
Früher wurde destillirter oder roher Essig mit Bleiglätte im
Ueberschufs gekocht und die Flüssigkeit bis zu 1,24 — 1,5
spec. Gewicht abgedampft 5 etwaigen Kupfergehalt entfernt
man durch eingelegtes Blei.
§. 131. Eigenschaften . Die reine Auflösung liefert beim
Abdampfen in kohlensäurefreier Luft eine weifse undurchsich-
tige Masse, welche aus feinen Nadeln besteht. Das aus Aetz-
ammoniak und Bleizucker erhaltene Salz stellt seidenglänzende
lange feine Nadeln dar, welche leichtlöslich im Wasser und
wasserfrei sind. In der Pharmacie ist es nur im flüssigen Z im-
stande gebräuchlich, welches wasserhell, oder, bei Anwen-
dung von rohem Essig, zum Theil mehr oder weniger gelb
oder bräunlich gefärbt ist (spec. Gewicht siehe oben, die Vorschrif-
ten weichen in dieser Hinsicht sehr von einander ab, es wird von 1,34,
1,36, 1,42 bis 1,5 verlangt); etwas dickflüssig 5 von süfsem und
herbem Geschmack; reagirt alkalisch, wirkt giftig. Gegengifte:
Schwefelsäure Alkalien. — Das officinelle Präparat enthält fast immer
eine veränderliche Menge einfach essigsaures Bleioxid beigemischt (s.
oben). — Die Lösung setzt mit der Zeit etwas sechstel essigsaures und
kohlensaures Bleioxid gb (daher die Niederschläge in den Standgläsern von
Extractum Saturni), gleichzeitig entsteht einfach essigsaures Bleioxid.
Schneller noch wird es beim Verdünnen mit Wasser, besonders kohlen-
säurehaltigem, in die genannten Verbindungen zerlegt ( Aqua Goulardi').
Die Lösung des arabischen Gummi’s schlägt sie auch nieder; desgleichen,
ausser den bei den Bleioxidsalzen angezeigten Verbindungen, sehr stark
Sublimatlösung (s. auch unten). Uebersclnissiges Ammoniak fällt daraus
sechstel essigsaures Bleioxid. In Weingeist ist es unlöslich.
Neutrales essigsaures Kupferoxid. 761
Papier , Holz etc. mit Bleiessig getränkt und ausgetrocknet, werden da-
durch ausnehmend entzündlich; sie glimmen fort wie Zunder.
Seine Reinheit und Güte erhellt aus den angeführten Eigenschaften.
Die Flüssigkeit mufs klar seyn , das verlangte specifische Gewicht haben,
stark alkalisch reagiren, mit Ammoniak im Ueberschufs versetzt sich nicht
blau färben.
Medicinische Anwendung : Aeusserlich , mit Wasser vermischt. 1 Theil
in 24 Theilen Wasser gelost, ist das Goulard’ sehe Wasser CAqua satur -
nina, Aqua vegeto-mineralis Goulardi , Subacetas Plumbi dilutus). — Darf
nicht mit Substanzen vermischt werden, welche mit Bleioxidsalzen Nie-
derschläge bilden (S. 504) und die essigsauren Salze zersetzen; schon
Kohlensäure zersetzt es. — Mit eiweifs- und käse- haltigen Substanzen
(Milch u. s. w. ), so wie mit den meisten Extracten, Gummi u. s. w. ,
gerinnt es. Der Bleiessig ist Ingredienz von Ceralum Saturni.
Sechstel essigsaures Bleioxid .
Formel: A, ßPbO.
1 At. Essigsäure = 643,189
6 At. Bleioxid == 8367,000
1 At. sechstel essigs. Salz 9010,189
§. 132. Darstellung : Man giefst Bleizuckerlösung oder
Bleiessig in einen Ueberschufs von kaustischem Ammoniak,
Wird stets in mehr oder weniger grofsen Mengen beim Zusammenbringen
von verdünnter Essigsäure mit Bleioxid , oder von Bleizuckerauflösung mit
Bleioxid gebildet. (Es besteht daraus der weifse Schlamm, der bei Dar-
stellung des Bleiessigs ungelöst zurückbleibt.)
$. 133. Eigenschaften : Weifser, unter dem Mikroskop
kristallinischer Niederschlag, in kochendem Wasser etwas
löslich und sich daraus in glänzenden federförmigen Kristal-
len absefzend. Verliert im luftleeren Raume alles Wasser.
Schwärzt sich beim trocknen Erhitzen nicht, sondern liefert
Essiggeist und Kohlensäure wie die andern essigsauren Blei-
oxide. (Ist neuerlichst von Rayen als Bleioxidhydrat beschrieben wordeu.)
Das gewöhnliche Bleiweifs ist stets ein Gemenge von diesem
Salz mit kohlensaurem Bleioxid.
Essigsaures Kupferoxidul. Produkt der Zersetzung des neutralen
essigsauren Kupferoxids durch trockne Destillation. Legt sich in dem obern
Theile der Retorte in Gestalt perlmutterglänzender, farbloser Blättchen
oder einer schneeähnlichen, wolligen Vegetation an. Unveränderlich in
feuchter Luft. Mit Wasser zusammengebracht zerlegt es sich in Kupfer-
oxidulhydrat und bei Zutritt der Luft in essigsaures Kupferoxid. Wenig
löslich in Weingeist.
Neutrales essigsaures Kupferoxid.
Formel: A, CuO 4* aq und A, CuO -f öaq.
1 At. Essigsäure = 643,189
1 At. Kupferoxid = 495,700
’ 1 At. Wasser = 112,480
1 At. krist. Salz = 1251,369
Synonyme. Destillirter Grünspan, Grünspanblumen (Acetas eupricus,
Flores Viride Aeris, Acetas Oxydi Cupri).
Geiger'» Phnrmncic. /* (5 te Auß,)
49
76Ä Zweifach bas. essigs. Kupferoxid.
Aueh diese Verbindung ist "schon lange bekannt. — Proust geigte
aber zuerst die Verschiedenheit des neutralen essigsauren Kupferoxids von
dem basischen. '
134. Das neutrale essigsaure Kupferoxid wird durch
Auflösen des Grünspans in Essigsäure, oder durch Fällen des
Kupfervitriols (S. 544) mit seinem gleichen M. G. Bleizucker,
und Kristallisation der filtrihen Flüssigkeit erhalten.
jj. 135. Die Eigenschaften des neutralen essigsauren
Kupferoxids sind: Es bildet dunkelgrüne, schiefe rhomboidi-
sche Säulen, mit zwei Flächen zugeschärft; hat einen herben,
widerlich metallischen Geschmack. — An der Luft werden die Kri-
stalle nach und nach undurchsichtig und dunkler grün; beschlagen dann
mit einem hellgrünen Pulver. Beim Erhitzen verbrennen sie mit lebhafter
grüner Flamme. Der trockneu Destillation ausgesetzt entweicht zuerst
Wasser, später erhält man Essiggeist, Essigsäure üUd Gasarten, es bleibt
ein Rückstand von feiuzertheiltem , sehr leicht entzündlichem Kupfer; man
erhält 43—49 p. c. Essiggeist haltende Essigsäure.
Eine Auflösung von diesem Salz, mit Zucker, Honig etc. vermischt
und erhitzt, zerlegt sich unter Fällung von rotheb, octaedrischen , sehr
kleinen Kristallen von Kupferoxidul; die rückbleibende Flüssigkeit ist grün
und wird bei hinreichendem Zuckergehalt durch Alkalien nicht gefällt. —
Ist in 13,4 kaltem und 5 kochendem Wasser löslich. — Löst
mau Grünspan in Wässer, welches durch Essigsäure sauer gemacht ist,
und läfsfc die Auflösung unterhalb 8° kriställisire-a, so setzen sich daraus
Kristalle von neutralem essigsaürem Kupferoxid äb, welche 5 At. Wasser
enthalten. Die Kristalle sind geschobene vierseitige Prismen vöb der Farbe
des Kupfervitriols; auf 30° erwärmt zerfalleb die Kristalle zu einem Brei
von regelmäfsigen grünen Kristallen des gewöhnlichen Salzes unter Ab-
scheidung von 4 At. Wasser. (Wühler.')
Anwendung. Als Arzneimittel selten ; zum Theil kommt es als Zusatz
zu Salben. Ehedem benutzte man es zur Bereitung der concentrirten Es-
sigsäure. — Dient auch als Malerfarbe.
Zweifach basisches essigsaures Kupferoxid.
Formel : A , 2CuO -f 6aq oder A , CuO , Öaq -f CuO , aq.
1 At. Essigsäure =r 643,189
£5 At. Kupferoxid * =. 991,390
6 At, Wasser = 674,880
1 At. zweifach basisches Salz nr 2309,459
oder 1, At. neutr. essigs. Salz (mit öaq) == 1701,289
1 At. Kupferoxidhydrat = 608,180
1 At. zweif. basisches Salz =r 2309,469
Synonyme. Grünspan, Spangrün, Subacetas cupricus, Aerugo, Viride
aeris , Vert degris.
%• 136. Man bereitet den Grünspan im Grofsen, indem
erhitzte Kupferbleche mit sauer fahrenden Weintrestern ge-
schichtet und 4 — 6 Wochen liegen gelassen werden. Der
erzeugte Grünspan wird abgekratzt, gewöhnlich mit Essig zu
Brei angerieben und in Formen gedrückt oder meist in Säcken
von Leder geprefst. Oder man schichtet Kupferplatten mit in
Essig getränkten dicken Tüchern und verfährt wie vorher.
Das Kupferoxid erzeugt sich hieir auf ähnliche Weise, wie das Bleioxid
bei der Bieiweifsfabrikation. Der nach der ersten Methode bereitete Grün-
763
Üeberbasischcs essigs. Kupferoxid.
span ist blau, der andere grün; die Zusammensetzung des letzteren weicht
von der des ersteren ab. Das sich auf kupfernen Gefäfsen durch
die Einwirkung der feuchten Luft oder Kochsalz haltiger Flüs-
sigkeiten bildende grüne Pulver, was man gewöhnlich Grün-
span nennt, ist entweder basisch kohlensaures Kupferoxid oder
basisch Chlorkupfer.
§. 137. Eigenschaften . Feste zusammengebackene Masse
von blauer oder blaugrüner bis grüner Farbe, schwer zerreib-
lich, zähe, schmeckt schwach metallisch nach Kupferoxid,
vertheilt sich in kaltem Wasser leicht zu einem feinen etwas
schlüpfrigen Brei, der aus kleinen Kristallnadeln besteht.
Wird durch Wasser zersetzt in lösliches anderthalbbasisches
und in unlösliches dreifach basisches essigsaures Kupferoxid.
Anderthalb basisches essigsaures Bleioxid, 3CuO, A*-+- 6aq. Darstel-
lung : Mau laugt gewöhnlichen Grünspan mit warmem Wasser aus und
läfst die Auflösung freiwillig verdampfen oder mischt sie mit Alkohol. —
Eigenschaften : Blaue, nicht kristallinische Masse oder kristallinische Schup-
pen, leichtlöslich in heifsem, schwer in kaltem Wasser, nicht in Wein-
geist; die gesättigte Lösung setzt, zum Sieden erhitzt, ein braunes Pulver
ab und wird zu neutralem Salz. Kann trocken auf 100° erhitzt werden,
verliert dabei 10 p. c. = 3 At. Wasser.
Dreifach basisch essigsaures Kupferoxid ; 3CuO, A-J-3aq. Darstel-
lung: Bleibt nach dem vollständigen Auslaugen des Grünspans mit Wasser
unlöslich zurück, entsteht wenn Kupferoxidhydrat mit einer Auflösung von
neutralem essigsaurem Rupferoxid digerirt wird. Eigenschaften : Hellgrü-
nes Pulver, verliert bei 100° kein Wasser, geschmacklos, verbrennt beim
Erhitzen mit einer kleinen Verpuffung, wird durch Kohlensäure nicht zer-
setzt, beim Kochen mit Wasser wird es braun, indem sich neutrales Salz
auflöst.
Ist der hauptsächlichste Cemengtheil des grünen Grünspans. Der
blaue enthält im Durchschnitt 43 — 44, der grüne 46 — 50 p. c. Kupfer-
oxid.
V eberbasisches essigsaures Kupferoxid. — Bildung und Darstellung :
Entsteht, wenn gemeiner Grünspan oder eins der vorherbeschriebenen ba-
sischen Salze anhaltend mit Wasser bei Siedhitze behandelt wird. Eigen-
schaften: Leberbraune, ^enig in Wasser lösliche Flocken, beim Trock-
nen schwarz werdend, beim Erhitzen verpuffend, enthält nach der Ana-
lyse von Ber%elius, von welchem die Zusammensetzung der beschriebenen
Salze ebenfalls bestimmt wurde, 92 Kupferoxid, 2,45 Essigsäure und
5,55 Wasser.
Die basisch essigsauren Kupferoxide lösen sich nach Vre unter Reduk-
tion von einem Theil Oxid in Zuckerwasser, die Lösung ist grün und soll
weder durch Schwefelwasserstoff noch durch Blutlaugensalz gefällt werden.
Prüfung auf die Reinheit des Grünspans. Er mufs trocken seyn, eine
schöne, satte, bluugrüne Farbe besitzen, sich in verdünnter Essig- und
Schwefel-Säure vollständig auflösen und beim Glühen in verschlossenen
Gefäfsen nur mit etwas Kohle gemengtes Kupfer hinterlassen.
Anwendung : Für sich wird der Grünspan selten als Medicament ge-
braucht. Kommt aber als Ingredienz zu Salben ( Gera viridis ). Dient
zur Bereitung des Grünspansauerhonigs (Oxyrnel Aeruginis , Unguentum
Aeyyptiacurn ). — In der Technik wird er als Malerfarbe verwendet. Mit
weifsem Arsenik und Essig bereitet man daraus das Wienergrün oder
IW ithgrün. Das essigsaure Kupferoxid verbindet sich mit essigsaurem Kalk
un d andern Salzen zu Doppelsalzen , von denen das Schweinfurtergrün
eine der am allgemeinsten aßgewendeten Malerfarben ist.
764
Essigsaures Queck stiberoxid ul.
Essigsaures Kupferoxid und arsenigsaures Kupferoxid .
Formel: A, CuO -f 3(As2Os, CuO).
Synonyme. Schweinfurter Grün, Mitisgrün, Wienergrün.
§. 138. Darstellung im Grofsen. 10 Th. Grünspan wer-
den mit Wasser von 50 — 60° Temp. zu einem dünnen Brei
gemischt, durch ein feines Haarsieb geschlagen, um Kupfer
und fremde beigemischte Stoffe abzusondern. Man trägt die-
sen Brei warm in eine kochend heifse Auflösung von 8 Th.
arseniger Säure in 100 Theilen Wasser; den entstehenden
schmutzig grünen Niederschlag läfst man mit der Flüssigkeit
erkalten, wo die Verbindung nach einigen Stunden entsteht.
Ara schönsten erhält man diese Verbindung, wenn man eine
kochende Auflösung von gleichen Theilen arseniger Säure*
und essigsaurem Kupferoxid in Wasser mit einander mischt,
ein der Mischung gleiches Volumen kaltes Wasser zusetzt
und mehrere Tage ruhig stehen läfst.
§. 139. Eigenschaften . Seladongrünes Pulver von leb-
hafter glänzender Farbe, im Wasser unlöslich, wird von Säu-
ren, selbst von concentrirter Essigsäure, unter Zurücklassung
von arseniger Säure zerlegt, von Ammoniak vollkommen mit
blauer Farbe aufgelöst. Alkalische Laugen nehmen in der
Kälte arsenige Säure und Essigsäure auf und hinterlassen Ku-
pferoxid. Mit Kalilauge gekocht hinterläfst es Kupferoxidul,
indem sich eine entsprechende Menge Arsensäure in der Auf-
lösung bildet. Sehr giftig, enthält 58,680 arsenige Säure, 31,844
Kupferoxid und 10,135 Essigsäure.
Anwendung . Dient zur Darstellung des schönsten Kupferoxiduls und
als Malerfarbe.
Essigsaures Quecksilberoxiaul.
Formel : A , Hg2 0.
1 At. Essigsäure — 643,18.9
1 At. Quecksilberoxidul rr: 8631,650
1 At. essigs. Quecksilberoxidul = 3874,839
Die Verbindung des Quecksilbers mit Essigsäure kannte schon Le Fe~
bur im 17. Jahrhundert, Stahl und Marggrajf erweiterten unsere Kennt-
nisse über dieselbe. 1809 unterschied aber zuerst Stromeyer genau das
essigsaure Quecksilberoxidul vom essigsauren Quecksilberoxid.
§. 140. Man erhält das essigsaure Quecksilberoxidul
durch Auflösen des reifen Quecksilberoxiduls (S. 551) in Es-
sigsäure, oder Zerlegung des kohlensauren Quecksilberoxi-
duls mit Essigsäure; ferner, indem essigsaures Kali mit sal-
petersaurem Quecksilberoxidul im gelösten Zustande vermischt
wird. Reines kohlensaures Quecksilberoxidul, durch Zerlegung des sal-
petersauren Quecksilberoxiduls (S. 555) mit einfach kohlensaurem Kali
und Auswaschen des Niederschlags erhalten, wird mit 8 Th. Wasser zum
Kochen erhitzt und nach und nach so viel concentrirter Essig (S. 746)
zugesetzt, bis alles aufgelöst ist; die oxidfreie heil's filtrirte Flüssigkeit
läfst man erkalten. — Oder saures salpetersaures Quecksilberoxidul wird
Essigsaures Quecksilber oxid.
765
mit 6 bis 8 Theilen Wasser verdünnt uud mit seinem gleichen M. G. es-
sigsaurem Kali, welches in 8 Theilen Wasser gelöst ist und etwas freie
Essigsäure enthält, kochendheifs vermischt uod erkalten lassen (4 Theile
des aufgelösten Quecksilbers erfordern 1 Theil essigsaures Kali. Es ist
aber besser, man vermehrt die Menge des letzteren). Das ausgeschiedene
Salz wird mit kaltem Wasser gewaschen, im Dunkeln bei gelinder Wärme
getrocknet und, vor dem Licht geschützt, aufbewahrt.
Erklärung. Heines Quecksilberoxidul löst sich in verdünnter Essig-
säure auf. Kohlensaures wird durch Essigsäure zerlegt, die Kohlensäure
entweicht, und das essigsaure Quecksilberoxidul kristallisirt aus der heis-
sen, freie Säure haltenden Lösung beim Erkalten heraus. — Die Zerle-
gung des salpetersauren Quecksilberoxiduls durch essigsaures Kali geschieht
durch doppelte Wahlverwandtschaft, wobei sich salpetersaures Kali und
essigsaures Quecksilberoxidul erzeugen.
%. 14! . Die Eigenschaften des essigsauren Queeksilber-
oxiduls sind: Es kristallisirt in weifsen, silberglänzenden, \
biegsamen, sich fettig anfiihlenden, leichten Blättchen; werden
bei der dritten Methode die Salzlösungen kalt gemischt, so erscheint es in
weifsen, sehr kleinen, glimmerartigeo , zusammengebackenen Blättchen
(dieses enthält aber leicht etwas salpetersaures Quecksilberoxidul und Kali);
hat einen widrigen Metallgeschmack. — Durch Licht wird es leicht
geschwärzt, mufs darum im' Dunkeln aufbe wahrt werden. In der Hitze
wird es zerstört. — ln kaltem Wasser ist es sehr schwer lös-
lich, erfordert bei gewöhnlicher Temperatur 333 Theile, beim
Erwärmen des Wassers vermehrt sich seine Löslichkeit sehr.
— Durch kochendes Wasser wird es partiell in saures und basisches Salz
und Quecksilber zerlegt. In kaltem Alkohol ist es unlöslich , erhitzter
zerlegt es aber und scheidet Oxidul aus.
Die Prüfung ergiebt sich aus den angegebenen Eigenschaften. Beim
Erhitzen mufs es sich vollständig verflüchtigen.
Medicinische Anwendung. Das essigsaure Quecksilberoxidul wird in-
nerlich in Pulver- und Pillen-Form verwendet. Dasselbe in Lösungen zu
geben, geht nicht wohl, w;egen seiner Schwerlöslichkeit. — Wird sehr
leicht durch Säuren, Alkalien und viele Salze zerlegt (s. essigsaure und
Quecksilberoxidul-Salze).
Essigsaures Quecksilber oxid.
Formel: A, HgO.
1 At. Essigsäure rr: 643,189
1 At. Quecksilberoxid ~ 1365,820
1 At. essigs. Quecksilberoxid = 2009,009
Geschichte, siehe vorher.
§. 142. Das essigsaüre Quecksilberoxid wird durch Auf-
lösen des rothen Quecksilberoxids in Essigsäure (concentrir-
tem Essig, S. 746) und Abdampfen der Auflösung zur Trock-
ne, besser Kristallisiren, gereinigt. Ersteres ist eine weifse
Salzmasse ; aus der heifsen concentrirten Lösung kristallisirt
es aber beim Erkalten in der öoraxsäure ähnlichen Blättchen,
die nicht biegsam und leicht zerreibiieh sind ; von widerlich
metallischem Geschmack. Erfordert bei gewöhnlicher Tempe-
ratur nur 4 Theile Wasser zur Lösung. Durch kochendes Wasser
wird es partiell zerlegt, es scheidet sich rothes Oxid aus. Auch schon
beim Zutritt der Luft erleidet die Lösung diese Veränderung. 100 Theile
Alkohol lösen 5*/, , die Lösung wird auch leicht zerlegt. Enthält häufig
766
Aether und Chlor.
etwas Oxidulsalz, welches sich durch Kochen des Oxids mit Essigsäure
und Wasser erzeugt,’; daher die Kristallisation dem Verdampfen zur Trockne
vorzuziehen ist.
Jetzt wird das essigsaure Quecksilberoxid kaum mehr angewendet.
Es war Bestaadtheil der Keyser’schen Pillen , worin aber viel Oxidulsalz
enthalten ist.
Essigsaures Silberoxid, A , Ag'O,
wird durch Auflösen des Silberoxids in Essigsäure, oder beim Zusammen-
bringen einer heifsen, concentrirten , wässerigen Lösung von salpet-ersau-
rem Silberoxid und essigsaurein Kali erhalten. — Kristallisirt in perlmut-
terglänzenden, biegsamen Nadeln; schmeckt scharf metallisch; ist schwer-
löslich in Wasser; enthält kein Kristallisationswasser. — Etwas concen-
trirte Salpetersäure zerlegt das Salz selbst durch Sieden nicht, aber ver-
dünnte zerlegt es nach und nach unter Entwickelung von Essigsäure.
Wird leicht in der Hitze zerlegt, wobei reine Essigsäure destillirt und
Silber zurückbleibt. — Nicht officinell. Dient aber als Reagens auf Salz-
säure, besonders bei essigsauren Salzen.
Zerselxungsprodukte des Aethers und seiner Ver-
bindungen durch Chlor .
Acel yloxy Chlorid.
Die Veränderungen, welche der Aether durch Chlor erleidet, sind
neuerdings durch M alaguti näher studirt worden , und die von ihm aufge-
fuodenen Thatsachen verbreiten Licht über eine Menge von Erscheinun-
gen, deren Erklärung mau seit langem vergebens versuchte. Es ist bei
der Bildung der Essigsäure aus dem Alkohol erwähut worden, dafs durch
die Einwirkung des Sauerstoffs 8 Aeq. Wasserstoff oxidirt und hinweg-
genommeu und durch 8 Aeq. Sauerstoff ersetzt werden. Dasselbe ge-
schieht durch die Einwirkung des Chlors. Es entsteht ein Körper, wel-
cher nach der Formel C4 H6 J zusammengesetzt ist. Diese Formel drückt
die Zusammensetzung der wasserfreien Essigsäure aus, in welcher 8 At,
Sauerstoff ersetzt sind durch 8 Aeq. Chlor. Sättigt man wasserfreien Ae-
ther mit trocknem Chlorgas, anfänglich bei starkem Abkühlen, später bei
gelinder Erwärmung des Aethers , so entwickelt sich eine Menge Salz-
säure, es bleibt zuletzt eine farblose ölähnliche Flüssigkeit, welche die
neue Verbindung, obwohl nicht gänzlich rein, darstellt. Sie enthält nämlich
eine geringe Beimischung von Chloral und einer andern Chlorverbindung,
welche sich beim Zusammenbringen mit Wasser in Aldehyd und Salzsäure
zu zerlegen scheint. Läfst man sie einige Tage mit Wasser in Berührung,
was man häufig wechselt, so bleibt die der Essigsäure entsprechende
Chlorverbindung allein zurück. Im luftleeren Raume über concentrirter
Schwefelsäure und gebranntem Kalk wird sie wasserfrei und rein.
Sie stellt eine farblose, neutrale, schwere, ölartige Flüssigkeit von
durchdringendem, eigentümlichem , fenchelartigem Gerüche dar; bei 140®
C. kommt sie zum Sieden, wobei sie zersetzt wird; ihre ausgezeichnetste
Eigenschaft ist, dafs sie, mit Wasser längere Zeit in Berührung oder da-
mit erwärmt, sich zerlegt io Essigsäure und Chlorwasserstoffsäure. Diese
Zerlegung erfolgt augenblicklich durch Berührung mit alkalischen Metall-
oxiden. Mit concentrirter Schwefelsäure vermischt wird diese Verbindung
schwarz, unter Entwickelung von Chlorwasserstoftsäure. Mit Kalium er-
wärmt zerlegt sich die Chlorverbindung in Chlorkalium und in einen gas-
förmigen Körper C4 H6 O Ci2, welcher nur halb so viel Chlor enthält als
die ursprüngliche Verbindung.
Verbindungen ähnlicher Art, in welchen ein Theil oder alles Chlor
durch Schwefel ersetzt ist, erhält man aus dieser Chlorverbindung, wenn
man sie mit Schwefelwasserstoffsäure zusaramenbringt. Beim Durchleiten
Aoetyloxichlorid. 76?
des Gases durch die Chlorverbindung entwickelt sich Chlorwasserstoff-
säure , und man erhält eine farblose, übelriechende, ölähnliche Flüssig-
keit, welche an der Luft sich schwärzt und nach und nach zum gröfsten
Tbeil zu einer kristallinischen Masse erstarrt. Bei Behandlung derselben
mit kochendem Alkohol wird sie aufgelöst, und die Flüssigkeit giebt nach
dem Erkalten farblose, ziemlich grofse , prismatische Nadeln, welche
schmelzbar zwischen 120 — 123°, nicht flüchtig, unlöslich im Wasser,
löslich im Alkohol und Aether sind. Ihre Formel ist C4 H6 Os*, wonach
dieser Körper als wasserfreie Essigsäure betrachtet werden kann, in wel-
cher 2 Atome Sauerstoff ersetzt sind durch 2 Atome Schwefel. Bei
Berührung mit einer weingeistjgen Lösung von Kalihydrat zerlegt er sich
in Schwefel kalium und essigsaures Kali. Die Flüssigkeit, aus der dieser
Körper krisiallisirt ist, giebt bei weiterem Verdampfen gelbe, im Anfühlen
fettige Blättchen, welche zwischen 70 — 72° schmelzen und im übrigen
ähnliche Eigenschaften besitzen. Sie unterscheiden sich von dem beschrie-
benen Körper dadurch, dafs sie nur ein Atom Schwefel und an der Stelle
0 )
des zw eiten Atoms ein Aeq. Chlor enthalten. C4 H6 Cl2 £ . Mit einer wein-
8 )
geistigen Lösung von Kali giebt dieser Körper Schwefelkalium , Chlor-
kalium und essigsaures Kali.
Die Verbindungen des Aethers mit den Säuren verhalten sich gegen
Chlor ähnlich wie der Aether für sich, nur mit dem Unterschied, dafs die
Säuren, wrenn sie selbst durch Chlor keine Veränderung erfahren, oder
das neue Produkt, was durch die Einwirkung des Chlors daraus gebildet
wird , mit der aus dem Aether entstehenden Chlorverbindung zusammen
vereinigt bleiben.
Oxalsaures Aetl^ioxid erleidet durch Chlor keine Veränderung; essig-
saures Aethyloxid giebt damit eine Verbindung, welche nach der Formel
C8 H12 04 Cl4 zusammengesetzt ist; sie besteht aus wasserfreier Essigsäure
und Acetyloxichlorid , der aus dem Aether entstandenen Chlorverbindung
C4 h6 Os -f- c4 h6 0 Cl4.
Durch die Einwirkung des Chlors auf benzoesaures Aethyloxid werden
6 At. Chlor aufgenpnunen , aber nur 4 At. Wasserstoff abgeschieden; es
entsteht ein Körper, den man als eine Verbindung von 1 At. Benzoyl-
chlorid mit der Chlorverbindung des Aethers betrachten kann Bz CI* -4-
C4 H6 0C14.
Das Benzoylchlorid entstand hier offenbar durch die gegenseitige Zer-
legung von 1 Atom der durch die Einwirkung des Chlors auf die Basis
(den Aether) entstandenen Salzsäure, welche im Entstehungsmoment, mit
der wasserfreien Benzoesäure in Berührung, sich damit in Wasser und
Benzoylchlorid umsetzte.
Wird der Aether, bei stets steigender Erwärmung, der fortgesetzten
Einwirkung des Chlors unterworfen, so bleibt zuletzt eine schwere öl-
artige Flüssigkeit , welche von Wasser und Kalilauge nicht angegriffen
wird ; sie besitzt einen aromatischen dem festen Chlorkohlenstoff ähnlichen
Geruch und wird durch Vitriolöl nicht geschwärzt; damit destillirt schwärzt
sich die Säure, es entwickelt sich Salzsäure, der gröfste Theil des Kör-
pers scheint aber unverändert überzugehen; er siedet bei 139° und be-
sitzt ein spec. Gewicht von 1,61t.
In einer Auflösuug von Kali in Alkohol löst er sich auf, es scheidet
sich reichlich Chlorkäliura aus, uud aus der daniber schwimmenden Flüs-
sigkeit schlägt Wasser einen neuen ölartigen Körper nieder.
Setzt man Aethyichlorür in einem passenden Apparate mit Chlorgas
dem Sonnenlichte aus, so bemerkt man unter Freiwerden von Salzsäure
eine heftige Einwirkung. Das Aethylchlorid wird in eine neue eigenthüm-
liche Flüssigkeit verwandelt, deren Eigenschaften, Geruch etc. sehr ähn-
lich sind dem Oel des ölbildenden Gases; ihre Zusammensetzung und spec.
Gewicht im Gaszustande sind genau die nemlichen wie die der obenge-
nannten Verbindung, aber ihre chemischen Eigenschafieli weichen gänz-
768
Alkohol and Chlor.
lieh davon ab, sie siedet nämlich bei 65" und läfst sich über Kalium und
imt emer weingeistigen Auflösung von Kalihydrat ohne Veränderung de
sttlliren , ihre Zusammensetzung wird durch die Formel C, H, CI °aus
gedruckt; seiner Bildung nach entsteht dieser Körper aus Aetbv-lchlo?ür
°*HlT°Jr!y Wdem Wasserstoff darin ersetzt werden durch 2 At Chlor
Lafst man auf diesen Körper aufs neue Chlorgas im Sonnenlicht einl
wirken , so erhält man eine Reihe von Chlorverbindungen sehr merkwür"
daS CrSte Produkt* vvas mao daraus erhält^ ist eine nach Art
der Essigsäure zusammengesetzte Flüssigkeit, in welcher der Sauerstoff
ersetzt ist durch ein Aequivalent von Chlor, ihre Formel ist C H n •
w r bezeichnen sie als Acetylchlorid ; sie siedet bei 75“ das soec Ge
Wicht ihres Dampfes ist 4,6*1. # ’ sPec* trC"
Die Formel des zweiten Produktes ist C4 H4 Ch , es siedet bei 102°
das spec. Gewicht im Gaszustande ist 5,79. Das dritte enth ilt C H CI >
und das vierte und letzte Produkt dieser Einw.rkunglst Chiorkohle’n,^
cÄ«Trm a S° r VUssei'stoff des Aethjls ersetzt ist durch Chlor
Chlor und Alkohol.
Sein!?rU'?h d*e Einw/rkung des Chlors auf Alkohol wird Clilorctl gebildet
Seiner Zusammensetzung nach ist das Chloral Acetyloxidhydrat (Aldehyd/
des Acetyloxids erseLt ist "durch
C4 H6 O -f- H2 0 Acetyloxidhydrat
C* C,6 0 -j- H, 0 Chloral.
Was^Tni?11 U“f ^ird deraöach der Alkohol durch Entziehung von 4 At.
^fverln,dXe Ch(;,lI,/t 4,At- Chl0r Sal^äure bilden, in Acetyloxidhyl
übergeht VeltnrhJ a? a i!i E,Dvvirkuog des Chlors in Chloral
Chlnfii »„ Versucke/ das Aldehyd direkt durch Behandlung mit Chlor in
dem dt R.rr^üd,eI^ habe° kei° befriedigendes Resultat^egeben, in“
setzen dlCSeS Korpers sich schnell in andere Materien um.
dukten. Gemenge von Chloral mit anderen chlorhaltigen Pro-
versSr^a^rAlk0h01 Iieferfc je nach dem Grad «einer Verdünnung
dfe S Eint?rk ii ° t ^ t ? i*”^ l°“f8 Th* Wasser verdünnt, entsteht durch
IJehcr^r, g ChIors Ied,g|,ch Aldehyd und Salzsäure; bei einem
Ueberschufs von Chlor geht ein Theil des Aldehyds in Essigsäure über.
ChloJten^t VOÜ,80~®5 P- c- Alkoholgehalt liefert beim Sättigen mit
VWor den sogenannten schweren Salzäther.
Chloral. Formel: C4H2C1602.
t*nn\?»l'StntliUng' Man3eitefc iö reinen, vollkommen wasserfreien, Alkohol
Erwärm nn^h!|0rsaf 11 aüffDS1,cb bei Abkühlung, zuletzt unter fortgesetzter
Erwarmung des Alkohols, solange sich noch Chlorwasserstoffsäure oder
hrtZn T .e“tW1Cke‘\ ^ao kanü den A!küho1 in eine tubulirte Retorte
a UrCih deren Jabulus das Chlor eingeleitet wird ; man läfst das
Ch orgas durch concentnrte Schwefelsäure streichen, die man von Zeit zu
Zeit wechselt r um es von allem Wasserdampfzu befreien. Die Retorte
umgiebt man anfänglich mit kaltem Wasser, später befördert man die Ein-
wirkung durch gelinde Wärme. In den Hals der Retorte setzt man eia
a"f!,Glasro r e,ü> was ^wendig bis in den Bauch der Retorte reicht,
nach aussen ist es zur Hinwegfuhrung der Salzsäure nach aufwärts gebo-
f®?.5. die«eni ?°hr verd,chtefc sich der Alkohol oder ein Theil des neu-
gebildeten Produktes und fliefst wieder in die Retorte zurück. Es bedarf
?AriLf?r mafsiSe Quantitäten Alkohols vollständig zu
zerlegen. Sobald das Chlor, selbst beim Sieden, ungeändert durch die
. “*s,fkeiJJ!liadnrchgeht, ist die Operation beendigt; meistens erstarrt als-
2inn J 1^?/uck*ta5d ?ach dera Erkalten zu einer weifsen kristallinischen
Masse CChloralhydrat ). Man schmilzt sie bei gelinder Wärme und bringt
äde io ein verschließbares Gefäfs, was das zwei- bis dreifache Volumen
Chloral.
769
Schwefelsäurehydrat enthält , und schüttelt sie damit, um eine innige Mi-
schung zu bewerkstelligen. Bei gelinder Erwärmung dieser Mischung im
Wasserbade scheidet sich unreines Chloral, in Gestalt einer über der
Schwefelsäure schwimmenden farblosen Schicht, ab. Sie wird abgenom-
men und für sich eine Zeitlang im Sieden erhalten, um freie Salzsäure
und Alkohol auszutreiben, sodann zur Befreiung von Wasser mit einem
gleichen Volumen SchwefeSsäurehydrat der Destillation unterworfen. Das
Destillat besteht aus Chloral, welches nur noch freie Salzsäure enthält;
es wird nun zur völligen Reinigung über fein pulverisirten gebrannten
Kalk rectificirt; man unterbricht die Destillation, sobald der Kalk in der
Retorte nicht mehr von der Flüssigkeit bedeckt erscheint. Das Ueber-
gehende ist reines Chloral.
Eigenschaften. Oelartige , leichtflüssige Flüssigkeit von eigenthümli-
chem , durchdringend angenehmen Geruch; reizt die Augen zu Thränen;
von anfänglich gering fettartigem, später ätzendem Geschmack; macht auf
Papier einen bald verschwindenden Fleck; sein spec. Gewicht ist bei 18°
m 1,502; siedet bei 94° und destillirt unverändert; leitet man die Däm-
pfe von Chloral über erhitzten fialk oder Baryt, so werden diese Mate-
rien glühend, es entwickelt sich Kohlenoxidgas Hnter Abscheidung von
Kohle und das Oxid findet sich in Chlormetail verwandelt; es mischt sich
mit Aether und Alkohol,, löst in der Wärme Schwefel, Phosphor und lod,
wie es scheint ohne Veränderung, auf.
Chloralhydrat . Besteht nach der Analyse von Dumas aus 1 At. Chlo-
ral und 2 At. Wasser. Chloral mit wenig Wasser zusammengebracht löst
sich anfänglich dann auf und erstarrt nach einigen Augenblicken damit zu
einer farblosen, durchscheinenden, nadelförmig kristallinischen Masse,
welche in mehr Wasser vollkommen löslich ist, und daraus durch Ver-
dunsten im luftleeren Raume über Schwefelsäure in grofsen rhomboidalen
Kristallen wieder erhalten wird. Die Entstehung dieses Hydrats bei der
Darstellung des Chlorais beruht auf der Einwirkung der entstandenen Salz-
säure auf den vorhandenen unzersetzten Alkohol, wodurch Wasser und
Aethylchlorür gebildet wird. Die Auflösung des Chlorals in Wasser besitzt
den Geruch und Geschmack des Chlorais, sie ist ohne Wirkung auf Pflan-
zenfarben, mischt sich ohne Trübung mit salpetersaurem Silberoxid, er-
leidet durch Kochen mit Quecksilberoxid keine Veränderung.
Das trockne Chloralhydrat kann der Destillation ohne Veränderung
unterworfen werden. Mit kaustischen Alkalien erwärmt zerlegt sich das
Chloralhydrat in Fonnylchlorid , Chloralkalimetall und in ameisensaure
Alkalien.
Wenn zu 1 At. Chloral C4 H2 Cl6 02 die Elemente vop
1 At. Wasser H2 0 treten, so hat man
C4H4C160S.
Diese Formel entspricht 1 At. Ameisensäure C2 H2 Oä
und 1 At. Formylchlorid C2 H2 Ci6
” C4 H4 Oä CI«,.
Das Chlormetall, was sich neben dem ameisensauren Alkali bildet,
scheint ein secundäres Zersetzuugsprodukt des Formylchlorids zu seyn.
Bei einem direkten Versuch verhielt sich die Menge des Chlors in dem
Chlormetall zu dem des Chlorals, ans dem es entsteht, wie 1:6, und
auf l At. Chlormetall erhielt man 2,15 At. ameisensaures Alkali. Hieraus
geht hervor, dafs aus 6 At. Chloral und 10 At. Alkali 3 At. Chloralkali-
metall , 7 At. ameisensaures Alkali und 5 At. Formylchlorid gebildet
wurden.
Das Chloral kann ohne Veränderung ebensowenig aufbewahrt werden
wie der Aldehyd; es erstarrt nach kürzerer oder längerer Zeit zu einer
weifsen, durchscheinenden, porzellanartigen Masse, dem sog. unlöslichen
Chloral; diese Verwandlung gebt vor sich in offenen oder hermetisch
verschlossenen Gefäfsen, man bemerkt dabei keine Gasen t wickelang und
keine Gewichtszunahme.
770
Chi ora cety isäure.
Dieser Körper entsteht besonders leicht, wenn der mit Chlor bei der
Darstellung des Chlorals gesättigte Alkohol, mit Schwefelsäure vermischt,
in offenen Gefäfsen ruhig stehen gelassen wird; die über der Schwefel-
säure schwimmende ölartige Schicht erstarrt sehr bald zu diesem unlös-
lichen Chloral und das völlige Festwerden derselben giebt selbst ein gutes
Mittel ab , um die fortgeschrittene oder beendigte Zersetzung des Alkohols
zu beobachten.
Durch Waschen mit Wasser scheint dieser weifse Körper eine Zer-
setzung zu erleiden; das Wasser nimmt eine saure Reaction an, mit Al-
kohol und Wasser gewaschen trocknet er zu einem weifsen, fettig anzu-
fühlendeu Pulver aus, was einen schwachen ätherartigen Geruch behält;
in diesem Zustande ist er höchst schwerlöslich im Wasser, Alkohol und
Aether; durch Salpetersäure unter Aufbrauseu zersetzbar. Fiir sich oder
mit Schwefelsäure der Destillation unterworfen geht eine klare farblose
Flüssigkeit über, welche den Geruch und die Eigenschaften des Chlorals
besitzt und nach einiger Zeit wieder unkristallinisch erstarrt. In ätzenden
Alkalien ist er löslich und wird darin zersetzt, es entsteht hierbei Amei-
sensäure und je nach der Conceutration der Kalilauge mehr oder weniger
Formylchlorid. Beim Schmelzen mit Kalihydrat bemerkt man kein Formyl-
chlorid, in diesem Fall scheint sich ein anderes Produkt zu erzeugen,
was sich in dem Kali mit brauner Farbe löst.
Der Art seiner Bildung nach mufs das unlösliche Chloral dieselbe Zu-
sammensetzung haben wie das Chloral, und zu diesem in derselben Be*
Ziehung stehen wie das Metaldehyd oder Eialdehyd zu dem Aldehyd. Die
Differenzen, welche sich in der Analyse dieses Körpers zu erkennen ge-
geben haben, scheinen diese Ansicht übrigens nicht zu bestätigen, wenn
mau nicht annimmt, dafs die Behandlung mit Wasser oder Alkohol eine
Veränderung in der Zusammensetzung bedingt habe. Die von Dumas und
J. L. angestellten Analysen gaben 67,74 — 67,1 Chlor, 17,6 — 17,75
Kohlenstoff, 1,16 — 1,10 Wasserstoff und 14 — 13,44 Sauerstoff. Du-
mas entwickelt hieraus die Formel C12 Cl16 H8 07 , wonach er aus 3 At.
Chloral entstanden seyn kann , von welchem sich nach dem Hinzutreten
von 2 At. Wasser 2 Atome Chlor getrennt haben.
Chlor acety Isäure. C* CJ0 Os -f- aq.
Von Dumas entdeckt. — Bildung: Bei der Einwirkung von Chlor auf
Essigsäurehydrat wird der Wasserstoff der Essigsäure hinweggenommen
und ersetzt durch seine Aequivalente an Chlor, das Hydratwasser bleibt
in der neuen Verbindung. — Darstellung : Man setzt reines Essigsäure-
hydrat der Einwirkung von trocknein Chlorgas im Sonnenlichte aus, in-
dem mau in Flaschen von 5 — 6 Liter die Essigsäure schüttet und ver-
schliefst (auf 1 Liter Chlor 0,8 — 0,9 Gnn. Essigsäure). Nach 24 Stunden
linden sich die Wände des Gefäfses mit rhomboedrischen Blättern und Kri-
stali Vegetationen bedeckt; man läfst die Flaschen einige Stunden lang offen
stehen und erhält durch Ausspülen mit wenig Wasser eine concentrirte
Lösung von Chloracetylsäure , welche freie Salz-, Oxal- und Essigsäure
und Wasser enthält. Diese Auflösung läfst man in der Leere neben Schaa-
len mit trocknem Kalihydrat und concentrirter Schwefelsäure verdampfen,
wo zuerst Oxalsäure, später Chloracetylsäure kristallisiren ; die letzten Mut-
terlaugen destillirt man mit wasserfreier Phosphorsäure, welche das Was-
ser zurückbehält und die Oxalsäure zersetzt; zuerst geht Essigsäure, zuletzt
Chloracetylsäure über, die man von anliegender Essigsäure vollkommen
befreit, indem man die Kristalle, in Fliefspapier eingewiekelt, 24 Stunden
lang im luftleeren Raume läfst ; die Essigsäure wird von dem Papier ein-
gesaugt und die Kristalle sind reine Chloracetylsäure. — Eigenschaften:
Farblose rhomboedrische Blätter uud Nadeln, von schwachem Geruch und
ätzendem Geschmack, sehr zerfliefslich in feuchter Luft, bleicht und zer-
stört die Haut, blasenziehend. Der Dampf der erhitzten Säure ist sehr
reizend, erstickend, und fällt den Athmungsorganen höchst beschwerlich;
die Auflösung röthefe die blauen Pflanzenfarben und besitzt keine bleichen-
Schwerer Salzäther.
77i
den Eigenschaften ; die Kristalle schmelzen bei 45 — 46° und werden erst
bei 42° und niedriger wieder fest; Siedpunkt 195 — 200°; das specifische
Gewicht der geschmolzenen Säure ist bei 40° 1,617; mit überschüssigen
Alkalien erwärmt bietet diese Säure eine der schönsten Transformationen
dar, sie zerlegt sich in Forrnylchlorid und kohleusaure Alkalien, oder man
erhält Chlormetall, ameiseusaures und kuhiensaures Alkali.
Chloracetylsäure Salze.
Die Chloracetylsäure verbindet sich mit Basen , indem ihr Hydratwas-
ser ersetzt wird durch ein Aequivalent der Base; alle Salze dieser Säure
sind löslich und besitzen in ihrem äusseren Verhalten grofse Aehnlichkeit
mit den essigsauren Salzen; ähnlich wie diese bei überschüssigen Alkalien
zerlegt werden und sich bräunen , so zersetzen sich die chloracetyisauren
Salze , obwohl mit gröfserer Leichtigkeit; die Säure vereinigt sich mit Am-
moniak und mit dem Aethyloxid.
Chloracetylsaures Ammoniak ; C* Cl6 03 , AdH40 -f- 4aq. Dieses Salz
kristallisirt beim Abdampfen der mit Aetzammouiak neutralisirten Säure an
der Luft; mit überschüssigem Ammoniak erwärmt zerlegt sich die Säure,
es destillirt Forrnylchlorid und kohlensaures Ammoniak über; Chloracetyl-
säure enthält nemlich die Elemente von 1 At. Forrnylchlorid und 2 At.
Kohlensäure , C4 Cl6 H2 04 = C, 04 -f- Ca Ha Cl6.
Chluracetylsaures Aethyloxid ; C4C1603 , AeO. — Darstellung : Durch
Destillation eines chloracetylsauren Alkali’s oder von Chloracetylsäure mit
Schwefelsäure und Alkohol. Zusatz von Wasser zu dem Destillat schei-
det die Acethyloxidverbindung in Gestalt eines schweren , farblosen Oels
ab, sehr ähnlich in seinem Gerüche dem sogenannten schweren Salzäther.
Chloracetylsaures Silberoxid ; C4 Cl6 03 , AgO. — Durch Auflösen von
Silberoxid in der coucentrirten wässerigen Säure und Abdampfen im luft-
leeren Raum bei Abschlufs des Lichtes erhält man glänzende Blätter oder
kristallinische Körner dieses Salzes ; es ist wenig im Wasser löslich und
verpufft beim Erhitzen ; mit Alkohol bonetzt bleibt nach dem Abbrennen
des Alkohols reines Chlorsilber.
Chloracetylsaures Kali; C4 Cl6 03 , KO -f- aq. — Durch Sättigen der
Säure mit kohlensaurem Kali und freiwilliges Abdampfen erhält man das
Salz in seidenartigen feinen Kristallen, welche in trockner Luft unver-
änderlich sind, in feuchter zerfliefsen. Zersetzt sich mit einer schwachen
Explosion beim Erhitzen; mit einem Ueberschufs von Kalilauge gekocht er-
hält man, indem der gröfste Theil des Formylchlorids zersetzt wird, Chlor-
kalium, ameisensaures und kohlensaures Kali.
Schwerer Salzäther.
Mit diesem Namen bezeichnet man gewöhnlich den öligen Körper, wel-
cher von Scheele durch Destillation von Schwefelsäure, Braunstein, Koch-
salz und Alkohol erhalten wurde, uud der zurückbleibt oder den man er-
hält, wenn wasserhaltiger Alkohol in der Kälte mit Chlor gesättigt, mit
Wasser vermischt und der sich abscheidende ölige Körper solange damit
gewaschen wird , bis sich nichts mehr davon löst. Dieses Produkt von
niemals gleichbleibender Zusammensetzung hat Eingang in den Arzneischatz
gefunden, und macht, in Weingeist gelöst, den Hauptbestandteil des
Spiritus muriatico-aethereus aus. Man erhält von dieser Materie die
gröfste Ausbeute, wenn der mit Chlorkalk gesättigte Alkohol mit seinem
doppelten Volumen Wasser vermischt, ohne Absonderung des niederfal-
lenden ölartigen Körpers, über sein halbes Gewicht Manganhyperoxid rec-
tificirt wird.
Der Braunstein löst sich in der sauren Flüssigkeit zu einer dunkel-
grünen Flüssigkeit auf, die sich nach einigen Augenblicken unter heftiger
Erhitzung braun färbt. Es ist gut, die Mischung, welche sich zuweilen
mit rother Flamme entzündet, bei diesem Zeitpunkte von aussen stark ab-
772
Bromal*
Äükühlen. Sobald keine Einwirkung mehr bemerkbar ist, wird sie der
Destillation unterwarfen. Man erhält ein, an Wasser, Weingeist und Es-
sigather reiches, Destillat, unter welchem sich eine ölartige Schicht ab-
setzt, welche nach dem Waschen mit Wasser, von welchem er keine
Veränderung mehr erfahrt, den reinen schweren Salzäther darstellt.
Ende der Destillation , wenn der Rückstand trocken wird, setzen
sich in dem Halse der Retorte Kristalle von Chlorkohlenstoff an- Der sog
schwere Salzather ist farblos, von aromatischem Geruch, ohne Wirkung
aut i flanzenfarben, beim Zusammenbringen mit concentrirter Schwefelsäure
wird er unter Entwickelung von Salzsäure geschwärzt, er siedet bei 112
“ l. sP,ec- Gewicht ist 1,227, löslich in jedem Verhäknifs in
Weingeist. Mit Kalihydrat erwärmt zerlegt er sich mit heftiger Wärme-
entwickelung, es destillirt eiu anderer chlorhaltiger ölartiger Körper über,
welcher bei 104 siedet und ein spec. Gewicht von 1,074 besitzt. Bei
dem Kali bleibt hierbei eine braune harzähnliche Materie zurück.
. $• * *!?; 0en chlorütherbalti^en Weingeist (versüisteo saiz-
geist) erhalt man, wenn einem Gemenge von 4 Th. Kochsalz,
® 1 h. Schwefelsäure und 3 Th. Braunstein, 4 Th. Weingeist
zugesetzt , und bei gelinder Hitze 4/s des angewendeten Wein-
geistes öberdestillirt werden. Dem Destillat setzt man, wenn es
sauei ist, unter Schütteln, wässeriges einfach kohlensaures Kali zu, bis
es nicht mehr Lackmus röthet, giefst den Geist von der wässerigen Flüs-
sigkeit ah und rectificirt ihn in gelinder Wärme. Hiebei wird aber der
Chlorather leicht zersetzt oder wesentlich verändert, und das Produkt ist
etwas anderes, als wenn Chloräthor geradezu mit Alkohol vermischt wird.
Auch kann man reinen Chlorather in 8 Theilen Weingeist lö-
sen. — Die Eigenschaften des versüfsten Salzgeistes sind
(lenen des schweren Salzöls ähnlich. Er ist farblos diirchsich-
leichtflüssig wie Weingeist, von 0,835 bis 0,840 spec.
Gewicht, hat den Geruch und Geschmack des schweren Salz-
äthers und verhält sich überhaupt als ein Gemisch von schwe-
rem Salzäther und Weingeist.
Seine Güte erkennt man an dem reinen, stark ätherartigen Geruch
und Feschmack. Mit 3-4 Theilen Wasser gemischt , mufs er sich trü-
ben und etwas schweren Salzäther fallen lassen. Darf nicht Lackmus
rothen, die geistige Guajactiuctur nicht blau färben, und mufs sich in ge-
linder Wärme vollständig verflüchtigen.
Medicinische Anwendung: Man gibt deD versüfsten Salfegeist innerlich
an Tropfen und Mixturen. — Wird auch äusserlich zu Einreibungen ge-
braucht. ö
Die ölige Flüssigkeit, welche beim Vermischen des kalt mit Chlor ge-
sättigten Alkohols niederfällt, enthält eine grofse Menge Acetyloxichlo-
rid, was sich bei Behandlung mit Wasser in Salzsäure und Essigsäure
zerlegt; sie enthält ferner eine Chlorverbindung, die sich mit Wasser in
Aldehyd und Salzsäure zu zerlegen scheint. Wie man leicht bemerkt,
bedarf die Entwickelung der hierbei vorgehenden Veränderungen einer
gründlichen Untersuchung, welche in diesem Augenblicke noch fehlt.
Bromal.
Von Löwig beschrieben. Formel: C4 Br6 0 -f- H2 O.
Darstellung, ln l Theil mit Eis umgebenen Alkohol giefst man nach
und nach 13,8 Brom in kleinen Portionen, indem man stets mit dem Hinzu-
fügen einer neuen Menge wartet , bis das vorher zugesetzte verschwunden
ist. Man setzt nun der Mischung das dreifache Volumen concentrirter
Schwefelsäure zu und destillirt, wo im Anfang Bromwasserstoffsäure,
freies Brom und Aetbylbromid , zuletzt reines Bromal übergehen. Zur
Chlorcyanäther.
773
weiteren Reinigung bedient man sich des bei Chloral beschriebenen Ver-
fahrens. — Eigenschaften : Oelartige, farblose Flüssigkeit von eigentüm-
lichem, scharfen, die Augen zu Thränen reizenden Geruch und scbarfem,
ätzendem Geschmack; von 3,34 spec. Gewicht; siedet über 100°; es ist
ohne Wirkung auf Pflanzenfarben und in Wasser, Alkohol und Aether
löslich; durch Chlor und rauchende Salpetersäure Wird es zersetzt; Schwe-
fel und Phosphor lösen sich darin auf. Mit ätzenden Alkalien zerlegt es
sich in ameisensaures Alkali und Formylbromid.
Bromalliydrat. Eine Auflösung von Bromal in Wasser giebt bei lang-
samem Verdunsten an der Luft grofse, regelmäfsige, farblose, durchsich-
tige, kampherartige Kristalle, ähnlich in ihrer Form dem Schwefelsäuren
Kupferoxid ; sio sind bei gelinder Wärme schmelzbar und enthalten auf
1 At. Bromal 4 At. Wasser, mithin 2 At. mehr als das Chloralhydrat (Xo-
ivigj. Bei Behandlung des Aethers mit Brom entsteht, nach Löwig, Brom-
wasserstolfsäure, Aethylbromid, Ameisensäure und ein dem schweren Salz-
äther analoger Körper, der sog. schwere Bromäther, ferner Bromal. Un-
terwirft man diese Mischung der Destillation bei gelinder Wärme, so
gehen die genannten Produkte bis auf Bromal über, welches noch schwe-
ren Bromäther beigemischt enthält. Dieser Rückstand , mit Wasser über*-
gossen, giebt das Bromal an das Wasser ab, während schwerer Bromäther
sich abscheidet. Dieser Körper, von dem es Löwig ungewifs läfst, ob er
eine für sich bestehende Verbindung oder ein Gemenge mehrerer ist, ist
sehr flüchtig, von angenehmem, durchdringendem Geruch und süfsem Ge-
schmack, von starkem Lichtbrechungsvermögen , schwerer wie concen-
trirte Schwefelsäure; mit Kalilauge behandelt und über Aetzkalk recti-
ficirt, ist er ohne Wirkung auf Pflanzenfarben. Durch Erhitzen mit con-
centrirter Schwefelsäure wird er in Brom und in eine andere flüchtige,
ölartige Flüssigkeit zersetzt. Mit Kalilauge erwärmt zerfällt er in For-
mylbromid, Bromkalium und ameisensaures Kali. Nach Löwig’ s Analyse
besteht er aus C4 Br6 Ha 05,
lod und Alkohol.
Iod löst sich in reinem oder verdünntem Alkohol mit tief braunrother
Farbe, ohne eine bemerkbare Wirkung zu äussern. Wird diese Flüssig-
keit mit einer Auflösung von Kalihydrat in Alkohol vermischt, so entfärbt
sie sich, es entsteht Iodkalium, Ameisensäure und Formgliodid. Eine öl-
ähnliche, iodhaltige Flüssigkeit, deren Natur und Zusammensetzung un-
bekannt ist, erhält man nach Johnston, wenn zu starker Salpetersäure
nach und nach eine concentrirte Lösung von Iod in Alkohol und lodpulver
zugesetzt wird, solange dies geschehen kann, ohne dafs sich die Flüssig- *
keit färbt. Beim Erkalten scheidet sich eine ölartige, leicht zersetzbare
Flüssigkeit von 1,34 Ipec. Gewicht ab. An der Luft und im Sonnenlicht
färbt sie sich braun, auf 70° erwärmt geht ein ätherartiges Liquidum über, '
während eine braune Masse bleibt, welche bei 144° Iod entläfst, unter
Rücklassung von Kohle. Durch Kali wird diese Materie zerlegt.
Mischt man nach Aime in einer Flasche 4 Th. Alkohol mit 1 Th. Iod
und fügt 1 Th. rauchende Salpetersäure hinzu, und überläfst diese»' Ge-
menge lose verschlossen sich selbst, so scheidet sich auf dem Boden de®
Gefäfses, nachdem alles Iod verschwunden ist, eine ölartige Flüssigkeit
ab, welche mit Wasser gewaschen und über kohlensauren Kalk und Chior-
calciura destillirt reiner erhalten wird. Die ätherische Flüssigkeit geht
hierbei zuerst über, später Wasser und Alkohol.
Diese Materie soll dem Chloral ähnlich riechen und durch Alkalien auf
analoge Art zersetzt werden. Unter Wasser aufbew7ahrt setzen sich nach
Aime weifse nadelförmige Kristalle ab. Man sieht, dafs man so gut wie
nichts über die Natur dieses Körpers weifs.
Chlor cyanäther.
Leitet inan durch eine gesättigte Auflösung von Cyanquecksilber in
Alkohol eioen Strom trocknes Chlorgas, so destillirt eine ölartige Flüssig-
774
Acetylwasserstoff. Acetylchlorür.
keit über von 1,13 spec. Gewicht, welche unter 50° siedet, leicht ent-
zündlich ist und mit rother Flamme brennt; sie besitzt einen die Augen
angreifenden Geruch, wird bei Berührung mit Wasser und Ammoniak
zersetzt, mit letzterem unter Entwickelung von Gas. Nach Atme , welcher
diese Verbindung entdeckt hat, soll die Formel Cy4Cla,2AeO ihre Zu-
sammensetzung ausdriicken, was höchst unwahrscheinlich ist.
Produkte der Zer Setzung des Alkohols von ungewis-
ser Constitution .
Es ist unter den! Namen ölbildendes Gas in dem Früheren sehr häufig
ein Körper erwähnt worden , welcher als constantes Zersetzung* pro dukt
des Alkohols durch ein UebSfmaal’s von Schwefelsäure erzeugt wird. Die-
ser Körper besteht der Analyse nach aus Kohlenstoff und Wasserstoff, die
zu gleichen Aequivalenten miteinander verbunden sind ; er zeichnet sich
vor ähnlichen Verbindungen durch seist; Fähigkeit aus , sich mit andern
einfachen sowohl als zusammengesetzten Körpern zu vereinigen; sein Name
ist von einer dieser Verbindungen, welche e&e ölartige Beschaffenheit hat,
hergeleitet worden, ßerzelius bezeichnet ihn »uit Clayl. Wenn man das
chemische Verhalten dieses Körpers ins Agge faf$t, so wild es äusserst
wahrscheinlich, dafs die Formel C4 H6 -f- Ha seiner Constitution am näch-
sten kommt. Sie giebt, wie es scheint, ein helles Liebt über die Ursache
seiner Fähigkeit, Verbindungen einzugehen; eine Eigenschaft, welche an-
dere Kohlenwasserstoffverbindungen nicht besitzen, und ein klares Bild
über das Verhalten dieser Verbindungen unter Umständen, wo sie zersetzt
werden. In der bezeichnetet^ Form wäre dieses Gas die WasserstoftVer-
bindung des Acetyls, correspondirend in seiner Zusammensetzung mit dem
Acetyloxid, sein Symbol würde hiernach AcHa seyn. Wir nennet« diesen
Körper Acetylwasser stoff oder Hydraeetyl.
Man erhält das Hydraeetyl rein, wenn 1 Theil Alkohol mit 6 —7 Th.
concentrirter Schwefelsäure erwärmt wird ; es entwickelt sich anfänglich ;
Aether, sodann schwefelsaures Aethyloxid- Aetherol, später kommt ein
Gemenge von gleichen Raumtheilen schwefliger Säure und Hydracetylgas ;
die Mischung schwärzt, sich bei diesem Zeitpunkte und nimmt eine gallert-
artige Beschaffenheit an. Zur Reinigung des Hydracetylgases leitet man
es zuerst durch Kalkmilch, welche die schweflige Säure aufnimmt, sodann
durch eine Flasche mit ScluvefeJsäurehydrat , von w elcher der begleitende
Aether, Wasser und Alkoholdarapf aufgenommen wird.
Das reiue Hydraeetyl besitzt einen schwachen ätherartigen Geruch,
ist brennbar mit hell leuchtender Flamme; es ist in Wasser, concentrirter
Schwefelsäure, Alkohol und Aether nur in sehr geringer Menge löslich.
Beim Zusammenhängen mit Chlorgas verdichten sich gleiche Volumina zu
einer ölähnlichen, ätherartigen Flüssigkeit, dem chlurwasserstuff'sauren
Chloracetyl oder dem sog. Oel des ölbildenden Gases; es verbindet sich
mit Brom und Iod; es vereinigt sich mit wasserfreier Schwefelsäure. Wird
ein Gemenge von 2 Vol. Chlorgas mit 1 Vol. Chloracetylgas rasch in ei-
nem offenen Gefäfs mit einem brennenden Körper in Berührung gebracht,
so tritt Entzündung mit rother Flamme ohne Explosion ein, es entsteht
Salzsäure, und Kohle wird in dicken Flocken als Kienrufs niederge-
schlagen.
Acetylchlorür; C4H6C12; Symb. : AcCla. Wenn chlorwrasserstoffsaures
Acetylchlorür in einer weingeistigen Auflösung von Kalihydrat mehrere
Tage hei einer niederen Temperatur sich selbst überlassen bleibt, so zer-
legt sich die Salzsäure dieser Verbindung mit dem Kali in Wasser und
Chlorkalium , was sich kristallinisch absetzt, und in Acetylchlorid , wTas
in der weingeisfigen Flüssigkeit gelöst bleibt. Bei gelinder Erwarmung
entwickelt sich das Acetylchlorür als Gas, dem Weingeist- und Wasser-
Dampf beigemischt sind. Leitet man die sich bei Erwärmung entwickeln-
den Dämpfe durch concentrirte Schwefelsäure , so geht Acetylchlorür un-
A cety 1 ch 1 orür - Chlorwasserstoff. r 75
zersetzt hindurch, während Weingeist und Wasser bei der Schwefelsäure
Zurückbleiben.
Das Acetylchlorür ist bei gewöhnlicher Temperatur gasförmig, von
knoblauchartigem Geruch , es ist schwierig entzündlich und brennt mit trü-
ber rother, am Saume wie bei allen Chlorverbindungen grün gefärbter,
Flamme ; sein spec. Gewichts im Gaszustande ist 2,166; bei — 17° ver-
dichtet es sich zu einer wasserhellen Flüssigkeit. Kalium zerlegt das Gas,
wenn es darin erhitzt wird, es entsteht Chlorkalium, es schlägt sich Kohle
nieder und es entwickelt sich Naphthalin , was sich in Kristallen ansetzt.
Leitet man das Gas von Acetylchlorür durch einen mit Antimonper-
chlorid ungefüllten Apparat, so wird es davon vollständig und mit Wärme-
entwickelung absorbirt. Durch Verdünnen mit Wasser scheidet sich eine
ätherische Flüssigkeit ab, welche ein Gemenge von Aeetylchlorür-Chlor-
wasserstoff mit einer neuen Verbindung ist, die nach ihrer Formel ebenso
wie eine früher erwähnte als Essigsäure betrachtet werden kann , in wel-
cher der Sauerstoff ersetzt ist durch seine Aequivalente an Chlor C4 H6 Cl6,
nach der Zersetzung aber, die sie durch Kali erleidet, mufs ihre Zusam-
mensetzung durch C* H4 Cl4 -1- CI2 H2 ausgedrückt werden. Bis 115° er-
wärmt geht aller Acetylchloriir-Chterwasserstoff über, bei dieser Tempe-
ratur destillirt die neue Verbindung rein. Sie ist farblos, dünnflüssig, von
1,422 spec. Gewicht. Das spec. Gewicht ihres Dampfes ist 4,75. Mit ei-
ner weingeistigen Lösung von Kalihydrat der Destillation unterworfen,
zerlegt sie sich in Chlorkalium, Wasser und eine neue bei 30° siedende
flüchtige Flüssigkeit, welche nach der Formel C4 fl4 Cl4 zusmmmengesetzfc
ist; das spec. Gewicht des Gases der letzteren ist 3,34. Nach der Formel
C2 H2 CI2 wäre dieser Körper die niedrigste Chlorstufe des Formyls , oder
des Radikals der Ameisensäure, wir bezeichnen ihn mit Formylchlorür
( 'Reghaiilt ).
Acetylchlorid. Als eine Verbindung von Acetyl mit Chlor, welche
der Essigsäure entspricht, läfst sich wahrscheinlicher Weise der Körper
betrachten, den Regnault durch die Einwirkung des Chlors auf Acetyl-
chlorür erhalten hat (siehe S. 768).
Acetylbromür ; C4 H6 Br2 ; AcBra. Seine Darstellung ist die nemlicho,
wie die des Acetylchlorürs, wenn statt des chlorwasserstoffsauren Acetyl-
chlorürs die entsprechende Broraverbindung derselben Zersetzufigsweise
unterworfen . wird. Das Acetylbromür ist bei gewöhnlicher Temperatur
ebenfalls gasförmig und besitzt einen ähnlichen Geruch und Eigenschaften
wie das Acetylchlorür, es kann aber in einem niederen Kältegrade flüssig
erhalten werden. Sein spec. Gewicht im Gaszustande ist 3,691.
Acetylchloriir-Chlorwasserstoff. Sy non. : Oel des ölbildendes Gases,
Oel der holländischen Chemiker. Formel: C4H6C12, CJ2 H2. Symb. AcC12,
C12H4. Entdeckt von D eimann, Troostwyk , Lauwerenburyh und Vroliek.
Gewöhnlich wird dieser Körper auf die Weise dargestellt, dals man 0y-
dräcetyl und feuchtes Chlorgas in einer grofsen Flasche zusammentreten
läfst (trocknes Chlorgas und Hydracetylgas vereinigen sich nach Regnault
nicht miteinander); es ist aber bequemer, sich hierzu des Antimonsuper-
chlorids zu bedienen, was man erhält, wenn man Spiefsglanzbutter bei
gelinder Wärme schmilzt und solange trocknes Chlorgas durchleitet, bis
selbst bei starker Abkühlung nichts mehr absorbirt wird. In dieses Anti*
mousiiperchlorid leitet man ölbildendes Gas (Hydracelyl) solange noch
Aufnahme bemerkbar ist, man unterwirft die gesättigte Flüssigkeit alsdann
der Destillation, wo Acetylchlorür-Chlorwasserstoff übergeht; das über-
destillirende wird solange aufgefangen, als es mit Wasser gemischt noch
eine ätherartige Flüssigkeit absondert (1 f'öhler).
Die erhaltene Verbindung ist unrein; sie wird Mit -Wasser destillirt,
von dem mit übergehenden Wasser geschieden, mit concentrirter Schwefel-
säure geschüttelt und der Destillation im 'Wasserbade unterworfen. Diese
letztere Operation wiederholt mau so oft, bis die rückbleibende Schwefel-
säure nicht mehr geschwärzt und keine Entwickelung von Chlorvvasser-
stoffsäure mehr bei der Destillation bemerkbar ist. Nach dem Waschen
776
ChloretheraL
mit Wasser und ruhigen Stehen über Chlorcalcium erhält man das Oel rein
und wasserfrei.
Der Acetylchlorür- Chlorwasserstoff ist eine farblose, dünnflüssige
Flüssigkeit, von angenehmem, ätherartigem Geruch und süfslichem Ge-
schmack; sein Siedpunkt ist 82,4° C.; das spec. Gewicht seines Dampfes
ist 3,4484, Wird durch Berührung mit concentrirter Schwefelsäure oder
durch Destillation über Kalihydrat, in dem es unlöslich ist, nicht verän-
dert; es ist entzündlich und brennt mit leuchtender, grüngesäumter, ru-
fsend er Flamme. Wasser ertheilt es seinen Geruch , ohne davon bemerk-
lich gelöst zu werden ; mit Alkohol und Aether ist es in allen Verhältnis-
sen mischbar. In Ammoniakgas verdampft soll es in Salmiak, Stickgas
und ein brennbares, nicht weiter untersuchtes, Gas zerlegt werden. In
«iner Auflösung von Kailhydrat in Alkohol zerlegt es sich allmählig in
Chlorkalium und in Acetylchiorür. Mit Kalium erwärmt entwickelt es
W7asserstoffgas und Acetylchlorürgas.
Chlorgas wird von diesem Körper leicht aufgenommen ; er wird grünlich-
gelb und nimmt einen erstickenden Geruch an. Beim Erwärmen entwickelt
sich Salzsäure und es erzeugen sich neue an Chlor reichere Verbindungen.
Wird das Oel lange Zeit bei steigender Erwärmung der Einwirkung des
Chlors ausgesetzt und alsdann der Destillation unterworfen, so geht der
unveränderte Körper im Anfang über, bei 115° destillirt die vorhererwähnte
Verbindung C* H* CI* -+* Cl2 II2 über; bei 135° erhält man einen neuen,
nach der Formel C* H* CIS zusammengesetzten Körper, den man als das
zweite Chlorid des Furrnyls , als Formylchlorid ansehen kann C2 H2 Cl4.
Bei fortgesetzter Einwirkung des Chlors hei Mitwirkung des Tageslichtes,
oder schneller bei Sonnenlicht, geht die letztere Verbindung in Chlorkoh-
lenstoff über; diese Verwandlung findet statt, indem die an Chlor weniger
reichen Flüssigkeiten in Formylchlorid übergehen, in welchem zuletzt aller.
Wasserstoff durch seipe Aequivalente an Chlor ersetzt wird. C2 H2 CI*
gibt mit 4C1 — 1 At. Chlorkohlenstoff C2 Cl6 und 2 At. Salzsäure Cl2 H2.
Bei der Bildung des Acetylchiorür- Chlorwasserstoffs, gleichgültig ob er
durch Zusammenbringen der Gase oder des Ilydracetyls mit Antimonsuper-
chlorid dargestellt worden, erzeugt sich stets eine gewisse Menge Salz-
säure, deren Bildung sich dadurch erklärt, dafs das Hydracetyl, was
sich beim Erhitzen von Alkohol mit einem Uebermafs von Schwefelsäure
entwickelt, stets Kohlenoxidgas enthält, welches die Bildung von Chlor-
kohlensäure und, bei Gegenwart von Wasser, die Entstehung von Koh-
lensäure und Salzsäure bedingt. Sodann erklärt sich die Bildung der Salz-
säure durch die gleichzeitige Entstehung der anderen beschriebenen Pro-
dukte, welche reicher an Chlor sind und die weniger Wasserstoff enthal-
ten, als der Acetjlchlorür- Chlorwasserstoff. Enthält das Hydracetylgas
beigemischten Aetherdampf und Alkohoidampf, so ist die Einmischung des
Acetyloxichlorids (von Malaguti ) unvermeidlich. Dieses letztere wird
durch Destillation mit Wasser, wobei Salzsäure, Essigsäure und Essig-
äther übergehen, zerstört.
Unter dem Namen Chloretheral beschrieb D’Arcet ein Produkt der
Einwirkung des Chlors auf Aether- und Alkoholdampf-haltiges Hydracetyl-
gas; man erhält es bei fortgesetzten Rectifikationen des rohen Oels für
sich. Wenn die Temperatur in der Retorte bis auf 180° gestiegen ist,
geht dieses Produkt in reinem Zustande über. Es stellt ein farbloses,
leichtflüssiges Liquidum dar von eigenthümlichem , süfslichem Geruch, sehr i
verschieden übrigens von dem des Acetylchiorür -Chlorwasserstoffs. Es
ist entzündlich und brennt mit grüner, leuchtender Flamme. Durch Was-
ser, Alkalien und Schwefelsäure wird es zersetzt. Dieser Körper, wel-
cher ein genaueres Studium verdient, ist nach D’Arcet nach der Formel
C* H8 0 Cl2 zusammengesetzt, wonach es eine Verbindung seyn kann von
Acetyloxidhydrat C* H6 0 H2 O
mit Acetylchloriir-Chlorwasserstoff C* H6 Cl2 -f- H2 CI,
oder von Malaguti’s Acetyloxichloriir C* H6 O CI*
mit 1 At. Aethyloxid C* H,0 O
Acetylplatin - Platin chlorid.
777
Acetylbromür-Bromwasser stoff > C4 H6 Br2 Bra Ha. JSymb. Ac Bra ,
Br2 Ha. Von Serullas zuerst dargestellt.
Diese Verbindung wird erhalten , wenn man Brom mit Hydracetylgas
zusammenbringt , solang^ noch davon absorbirt wird. Die Produkte, die
sich hierbei bilden , sind von ähnlicher Beschaffenheit wie bei der Darstel-
lung der entsprechenden Chlorverbindung. Die Reindarstellung geschieht
auf dieselbe Weise. Der Acetylbromür-Bromwasserstoff ist eine farblose
Flüssigkeit von angenehmem, ätherischem Geruch und süfslichem , kühlen-
dem Geschmack , von 3,164 spec. Gewicht bei 31° C.; er siedet bei 139 5°
und wird bei —15* kristallinisch, fest und kampherartig. Sein chemisches
Verhalten gleicht in allen Stücken dem Acetylchloriir- Chlorwasserstoff,
nur mit dem Unterschiede, dafs er nicht, wie dieser, sich in Bromkohlen-
stoff durch Einwirkung von überschüssigem Brom verwandeln läfst.
Acetyli o diir- Io dwass er stoff ; C4 H6 I* -h Ia Ha ; Sy mb. Aca 12, Ia Ha.
Bei dieser Verbindung ist es ihrem abweichenden Verhalten wegen
zweifelhaft, ob die angegebene Formel in der That ihre Constitution aus-
drückt; es ist wahrscheinlicher, dafs das Iod sich gegen das Hydracetyl-
gas verhält wie gegen Ammoniak, mit welchem es seiner geringen Ver-
wandtschaft zum Wasserstoff wegen eine Verbindung eingeht, ohne lod-
wasserstoffsäure zu bilden; hiernach würde seine Formel seyn AcH2-t-3I2.
Man erhält diese Verbindung nach Regnault am besten, wenn man
Iod in einem passenden Gefäfse auf 50 — 60° erhitzt und reines Hydrace-
tylgas hineinleitet, bis alles Iod in einen gelben oder weifsen pulverför-
migen Körper verwandelt ist. Das überschüssige Iod nimmt man durch
Waschen mit Kalilauge hinweg. Die reine Verbindung ist farblos, kristal-
linisch , von durchdringend ätherartigem Geruch, sie ist schwerer als con-
centrirte Schwefelsäure, schmilzt bei 79° und erstarrt zu einer aus gelb-
lichen Nadeln bestehenden Masse; an der Luft oder im luftleeren Raume
erhitzt wird sie unter Freiwerden von Iod zersetzt, in einem Strom von
Hydracetylgas ist sie hingegen in weifsen Nadeln sublimirbar. Zerlegt sich
beim Auf bewahren , wobei sie gelb wird. Sie ist schwer verbrennlich, un-
löslich in Wasser , löslich in Alkohol und Aether. Concentrirte Schwefel-
säure hat in der Kälte keine Wirkung darauf, in der Wärme hingegen
tritt Zersetzung ein. Chlor und Brom zerlegen sie unter Bildung voiTlod-
Chlorid oder -Bromid und den entsprechenden Chlor- und Brom Verbindun-
gen des Hydracetyls. Concentrirte Kalilauge zerlegt sie in der Wärme,
mit Kalihydrat und Alkohol erwärmt entwickelt sich Hydracetylgas es
entsteht Iodkalium und andere nicht untersuchte Produkte. ö 3
Acetyl-Vnter Schwefelsäure; Ac, S2 Os -h aq oder AcIIa, SS03. Von
Regnault entdeckt. —• Hydracetylgas wird von wasserfreiem Schwefel-
säure mit grofser Begierde und heftiger Wärmeentwickelung ohne Schwär-
zung absorbirt; sie verliert hierdurch die Fähigkeit, au der Luft zu rau-
chen, und verwandelt sich in einen weifsen, in langen Nadeln kristalli-
sirten Körper, welcher bei 80° schmilzt und sublimirbar ist. Bei der Auf-
lösung dieses Körpers in Wasser verwandelt er sich, durch die Aufnahme
von 3 At. Wasser, in das Hydrat der Isäthionsäure C4 II10 Oa , S2 Os. Arn-
moniakgas wird von der Acetyl- Unterschwefelsäure mit Begierde absor-
birt; bei gelindem Erhitzen tritt Entzündung mit einer schwachen Explo-
sion ein, wodurch die Verbindung zerstört und in eine schwarze Masse
verwandelt wird.
Acetylplatin- Platinchlorid. Formel: C4 H6 Pt2 Cl4 oder AcPt, Pt CI4
oder AcCJ2, Cl2 Pt2. — Die erste Beobachtung dieser Verbindung gehört
Berzelius an; sie ist später von Zeise näher untersucht und beschrieben wor-
den ; sie entsteht bei der Einwirkung von Platinchlorid auf Alkohol , neben
Acetyloxidhydrat (Aldehyd) und Aetbylchlorür (leichtem Salzäther). Die
Entstehung dieser Verbindung erklärt sich ohne Schwierigkeit, wenn man
sich an die zahllosen Zersetzungsweisen erinnert, wo Aethyloxid (Aether)
oder Aetbyloxidhydrat zerlegt wird in Hydracetyl (ölbildendes Gas) und
Geiger s Pharmacie% /. (5<e Auf.) 50
778
Acetylplatin chlorid.
andere Produkte. Es ist nun höchst wahrscheinlich , dafs durch die Ein-
wirkung von Platiuchiorid auf Alkohol das Aethyloxid des Alkohols in
Wasser und Hydracetyl (H20 und AcJH2) zerfällt, welches letztere sich
mit Platinchlorid zerlegt in Acetylplatinchlorür, Salzsäure und freies Chlor.
Durch die Einwirkung der Salzsäure, in dem Moment ihres Freiwerdens,
auf den Alkohol entsteht Aethylcliloriir, und durch die Einwirkung des
freien Chlors auf denselben Körper Acetyloxidhydrat (Aldehyd). Mail
kann annehraen, dkfs 3 At. Aethyloxid in dem Alkohol sich zerlegen mit
4 At. Platinchlorid in 1 At. Acetyloxidhydrat (Aldehyd), 1 At. Wasser,
2 At. Acetylplatinchlorür und 8 At. Salzsäure. Es ist erwähnt worden,
dafs Hydracetyl von Antimonsuperchlorid mit Leichtigkeit und in grofser
Menge aufgenommen wird. Bei der Destillation trennt sich die neue Ver-
bindung in Antimonchlorür, welches zurückbleibt, und in Acetylchlorür-
Chlorwasserstoff, welcher übergeht. Denkt mau sich in dem letzteren die
Chlorwasserstoffsäure ersetzt durch eine gleichatomige Verbindung von
Platin mit Chlor, so sind beide Verbindungen correspoudirend.
AcC3a -f- C12H2 Acetylchlorür-ChlorwasserstofF,
AcC12 CI2Pt2 die correspoudirend© Platinverbindung.
Wenn man sich erinnert, dafs durch die direkte Verbindung des Hydrace-
tyls mit wasserfreier Schwefelsäure derselbe Körper (Isäthiousäure) ge-
bildet wird, der durch die Einwirkung derselben Schwefelsäure auf Aether
entsteht, so kann man nun über den Vorgang der Zersetzung mit Platin-
chlorid keinen Zweifel hegen. Nach der Ansicht von Zeise , dem man die
Analyse dieser Verbindungen verdankt, ist dieser Körper eine Verbindung
von Acetylwasserstoff mit Platiuchloriir AcH2,Pt2Ci4; seine Bildung er-
klärt sich hiernach, insofern 2 At. Aethyloxid aus dem Alkohol mit i At.
Platinchlorid sich zerlegen würden in 1 At. Wasser, 1 At. der Platin-
verbindung C* 118 Pt2 Cl4 , 1 At. Aldehyd und 4 At. Salzsäure.
Nach Malayuti’s Meinung enthält die Platinverbindung Acetyloxid in
Verbindung mit Platiuchlorär; AcO -f- Pt2 CI4. 1 At. Platinchlorid würde
sich nach ihm mit 1 At. Aethyloxid zerlegen in 4 At. Salzsäure und 1 At.
Acetyloxid-Platinchlorür. Nach den letzten von Zeise bekannt gemachten
Analysen scheint aber die Abwesenheit von allem Sauerstoff in den Dop-
pelverbindungen, die dieser Körper mit andern Chlormetallen eingeht,
erwiesen zu seyn.
Man erhält das Acetyl-Platinchlorür rein, wenn man seine Verbindung
mit Chlorammonium oder Chlorkalium, in wenig Wasser gelöst, so lange
mit Platinchlorid vermischt, als sich noch Platinsalmiak oder Platinkalium-
chlorid niederschlägt, und die erhaltene gelbe Flüssigkeit im luftleeren /
Raume über Schwefelsäure bei Abhaltung des Lichts abdampft. Man er-
hält eine honiggelbe guimniäbnliche Masse, welche im Licht geschwärzt
wird ; sie wird an der Luft nicht feucht und beim Erhitzen für sich zer-
legt in Salzsäure und brennbare Gase; es bleibt im Rückstand kohlehal- ,
tiges Platin. Diese Verbindung löst sich langsam in Wasser und Alkohol, <
die Auflösungen besitzen eine saure Reactiou, die wässerige zersetzt sich i
von selbst beim Aufbewahren, beim Kochen geht diese Zersetzung rasch
vor sich , es bildet sicii ein schwarzer Niederschlag und Salzsäure und es
entwickelt sich ein brennbares Gas. Zusatz von freien Mineralsäureu ver-
hindert oder verlangsamt diese Zersetzung. Eine Auflösung von Platin-
chlorid io Alkohol enthält stets eine gewisse Menge von dieser Verbin-
dung; sic zerlegt sich von selbst beim Aufbewahren in metallisches Pla-
tin, Aldehyd, Essigsäure und Salzäther. ( Ettling .)
Ein dünner Ueberzug der weingeistigen Lösung auf Glas oder Porzel-
lan eingetrocknet hinterläfst nach dem Glühen eine spiegelglänzende me-
tallische Schicht von Platin, welche sehr festhaftet.
Die Auflösung des Acetylplatinehlorürs mit Magnesiahydrat digerirt,
gibt Cblormagnesium , was in Auflösung bleibt, und einen schleimigen,
braungrauen Niederschlag, welcher allinähüg schwarz und dicht wird. >
Wird der Ueberschufs von Bittererde mit verdünnter Salpetersäure ausge- :
zogen, so bleibt ein schwarzes Pulver, welches trocken erhitzt mit Ex-
plosion abbrennt , unter Rücklassung von metallischem Platin. Es ist mög-
Aceton.
779
lieh , dafs dieser Körper eine Verbindung ist von Acetyl mit 8 At. Platin-
oxidul oder von Acetylplatin mit Platiuoxid, correspondirend in seiner
Zusammensetzung mit der Chlorverbindung. Derselbe Körper , obwohl
vielleicht mit mehr Platin verbunden , scheint sich bei gelinder Digestion
von Platinchloriir mit Alkohol zu bilden, wo er als schweres, körniges,
schwarzes Pulver zurückbleibt, welches beim Erhitzen im trocknen Zu-
stande ebenfalls verpufft, und das die Eigenschaft, Sauerstoff und andere
Gase zu absorbiren, Alkohol in Essigsäure zu verwandeln, im höchsten
Grade besitzt.
Acetyl-Platinchlorür-Chlorkalium ; Ac Pt* Cl4 , Cl2 K. Von Berzelius
entdeckt. — Darstellung s Reines, von Salpetersäure freies Platinchlorid
wird in Alkohol mit Zusatz von etwas Salzsäure und ( % von dem Gewicht
des Platinchlorids) Chlornatrium gelöst und damit mehrere Stunden lang bei
Siedhitze digerirt, der Alkohol wird durch Destillation entfernt und der
Rückstand mit kohlensaurem Kali gesättigt, bei gelinder Wärme zur Kri-
stallisation abgedampft, wo die Doppelverbindung des Acetylplatinchlorürs
mit Chlorkalium kristallisirt; man reinigt die Kristalle durch neue Kristal-
lisationen. — Eigenschaften: Citrongelbe, regelmäfsige , durchscheinende
Prismen, welche bei 100° 4,625 p. c. ( 8 Atome) Kristall wasser verlieren,
wobei sie undurchsichtig werden ; es löst sich in 5 Th. warmen Wassers,
schwieriger in kaltem; in Alkohol ist es ebenfalls löslich; die Auflösung
besitzt einen zusammenziehenden metallischen Geschmack, röthet Lack-
mus und wird bei 90° unter Abscheidung von Platin und Bildung von freier
Salzsäure, welche das noch übrige Salz vor weiterer Zersetzung schützt,
zersetzt. Trocken an einer Flamme erhitzt, entzündet sich das Salz und
brennt mit Funkensprühen unter Rücklassung von Platin. Iia Sonnenlicht
färbt es sich grünlich, zuletzt schwarz. In trocknem Wasserstoffgas und
Chlorgas erw'ärmt zerlegt es sich ebenfalls, bei Anwendung des letzteren
bemerkt man die Bildung von Kuhlenstoff Chlorid C2 Cl6. Mit salpetersau-
rem Silberoxid vermischt erhält man einen weilsen Platin-, Silber- und
Chlor -haltigen Niederschlag, beim Erwärmen der rückständigen Silber-
haltigen Flüssigkeit entsteht eine neue Fällung.
Mit Chlornatrium und Salmiak bildet das Acetylplatinchlorür der Ka-
liumverbinduug in der Zusammensetzung correspondirende Doppelverbin-
dungen.
Acetyl - Platinchlor ür- Ammoniak ; AcPt2 CI4 -+- N2 H6. Auflösungen
von einer der beschriebenen Doppelverbindungen geben mit Ammoniak oder
kohlensaurem Ammoniak versetzt citrongelbe Niederschläge, welche diese
Verbindung darstellen. Sie ist wenig löslich in kaltem Wasser, die Auf-
lösung kann ohne Zersetzung nicht abgedampft werden, sie löst sich in
Alkohol und bleibt nach dem Verdampfen desselben unverändert zurück.
Wird durch das Sonnenlicht und Wärme zersetzt. Kali entwickelt daraus
Ammoniak.
Zersetzungsprodukte der Essig säur e und der essig -
sauren Salze.
Aceton , seine Verbindungen und Zersetzungsprodukte .
Treibt man die Dämpfe von concentrirter Essigsäure durch eine inäfsig
glühende Porzellanröhre oder Röhre von Eisen, so wird sie vollständig,
ohne Absatz von Kohle, in eine flüchtige, brennbare Flüssigkeit C Aceton)
und in Gasarten zerlegt , welche Gemenge von Kohlenoxidgas , Kohlen-
säure und Kohlenwasserstoff sind. In einer die dunkle Rüthglühhitze über-
steigende Temperatur zerlegt sich die Essigsäure in ein brenzlich riechen-
des, braun gefärbtes Oel und in brennbare Gasarten unter Absatz von
Kohle. Unterwirft man ein essigsaures Salz, dessen Basis ein Metailoxid
ist, w'as in der Glühhitze Kohlensäure zurückbehält, essigsaures Natron,
Kali, Baryt, der trocknen Destillation, so zerlegt es sich in ein zurück-
bleibendes kohlensaures Salz und in Aceton. Bei Oxiden, welche die
780
Aceton.
Kohlensäure beim Rothglühen verlieren ( essigsaures Mangan, Bitter-
erde etc.), entwickelt sich neben Aceton kohlensaures Gas; bei solchen,
welche leicht reducirt werden (essigsaures Kupferoxid, Silberoxid) , erhält
man Essigsäurehydrat, Kohlenoxid, Kohlensäure, Wasser und Aceton, es
bleibt ein Gemenge von Metall mit höchst feinzertheilter Kohle. Neutrales
essigsaares Bleioxid bei 18° geschmolzen erstarrt nach einiger Zeit zu
einer weifsen , kristallinischen , aufgeblähten Masse von anderthalb basisch
essigsaurem Bleioxid, während % der Essigsäure in der Form von Koh-
lensäure und Aceton entweicht. Die Zusammensetzung des Acetons wird
durch die Formel C3 H6 O ausgedrückt, rechnet man hierzu die Elemento
von 1 At. Kohlensäure, so hat man die Bestandteile von 1 Aeq. wasser-
freier Essigsäure, was alle diese Zersetzungen hinreichend erklärt.
C3 Hö O = Aceton
C O* = 1 At. Kohlensäure
C4 ö6 05 = 1 At. wasserfreie Essigsäure.
Unterwirft mau essigsaures Kali, mit seinem gleichen Gewicht arseni-
ger Säure gemengt , der trocknen Destillation, so erhält man die unter
dem Namen CadeV sehe Flüssigkeit bekannte, von Bunsen mit Alkarsin
bezeichnete, durch ihren unerträglichen Geruch und Selbstentzündlichkeit
ausgezeichnete Materie. Die von Dumas und Bunsen angestellten frühe-
ren analytischen Versuche liefsen es zweifelhaft, ob sie nach der Formel
C4H12As* oder nach Ber%elius,s Vermutung aus C4H12As*0 zusammen-
gesetzt ist. Die letztere ist durch neuere Analysen von Bunsen bestätigt
worden. Hiernach lälst sich das Alkarsin als eine Verbindung von Ace-
tyloxid mit Arsenwasserstoff AcO, As, H6 , in seiner Zusammensetzung
ähnlich dem Aldehydaminoniak, betrachten, nur mit dem Unterschied, dafs
in dem letzteren 1 At. Wasser, wie in allen Ammoniaksalzen, enthalten
ist, der im Alkarsin fehlt.
Bei der Bildung dieses Körpers zerlegen sich 2 At. Essigsäure mit
1 At. arseniger Säure zu Alkarsin und Kohlensäure.
C8 H12 06> (C4 H12 As* 0=1 At. Alkarsin
-f- As* 03 ) fC4 06 = 2 At. Kohlensäure.
C8 H12 As* 09 C8 HJ2 As* 09
Es ist übrigens denkbar, dafs diese Zersetzung in Folge einer secundären,
neralich zwischen den Elementen des Acetons und der arseuigen Säure,
vor sich geht, in der Art, dafs sich 2 At. Aceton und 1 At. arsenige
Säure zerlegen in Kohlensäure und Alkarsin
2 At. Aceton C6 HJ2 0* ) 41 At. Alkarsin C4H120 As*
1 At. arsenige Säure 03 As* 4 ( 2 At. Kohlensäure C* 04
Gg Hjl* Oj As* Cg HJ2 Oj As*
Das Alkarsin besitzt, wie das Aldehydaminoniak, die Fähigkeit, Sauer-
stoff mit grofser Begierde aus der Luft anzuziehen und sich damit zu ver-
binden ; es ist denkbar, dafs sie auf der Gegenwart von Acetyloxid be-
ruht, was diese Fähigkeit in einem so ausgezeichneten Grade besitzt; es
wird hierbei Sauerstoff und Wasser aufgenommen, und es entsteht Alkar-
gen, wras die Elemente des Essigsäurehydrats und Arsenwasserstoffs ent-
hält und eine dem neutralen essigsauren Ammoniak ähnliche Constitution
besitzt Ac03, As2 H6 + arj. Nach der von Bunsen angenommenen For-
mel enthält das Alkargen anstatt vier — 5 Atome Sauerstoff ; hiernach
hätten nur 16,67 p. c. Kohlenstoff gefunden werden dürfen, während durch
zwei Analysen 17,6 und 16,97 Kohlenstoff erhalten wurden, Bestimmun-
gen , welche mehr Zuverlässigkeit verdienen als die des Arsens.
Aceton,
Formel: C5 H6 0. — Bildung: Bei der trocknen Destillation essig-
saurer Salze, des Zuckers, der Citronsäure etc. etc. — Darstellung:
Die beim Durchtreiben der Essigsäuredämpfe durch eine schwach roth-
glühende Röhre, oder durch trockne Destillation von essigsaurem Kalk
erhaltene Flüssigkeit wird über gebrannten Kalk im Wasserbade recti-
Aceton.
781
ficirt, bis ihr Siedpunkt constant bleibt. — Eigenschaften: Wasserhelle,
farblose Flüssigkeit, von durchdringendem, eigentümlichem , etwas brenz-
lichem Geruch, von 0,7931 spec. Gewicht, siedet bei 55,6° C., das spec.
Gewicht ihres Dampfes ist 2,033 [Dumas').
Das Aceton besitzt einen beifsenden, pfeffcrmünzähnlichen Geschmack,
mischt sich mit Wasser, Alkohol und Aether in jedem Verhältnis; aus
der wässerigen Mischung scheidet sich Aceton ab, wenn sie mit Kalihy-
drat, Chlorcalcium und anderen Salzen in Berührung gebracht wird, die
sich im Aceton nicht lösen. Aus einer alkoholischen Auflösung von Chlor-
calcium scheidet sich das Chlorcalcium kristallinisch ab , wenn sie mit hin-
reichendem Aceton gemischt wird.
Bei Berührung von Aetzalkalien mit Luft und Aceton wird Sauerstoff-
gas mit Schnelligkeit absorbirt und unter andern nicht untersuchten Pro-
dukten ein brauner harzähnlicher Körper gebildet. Mit unterchlorigsaurem
Kalk erwärmt zerlegt es sich unter Bildung von Kohlensäure in Formyl-
chlorid. Durch Chlor, concentrirte Schwefelsäure erleidet das Aceton eine
Zersetzung.
Dar Aceton ist leicht entzündlich und brennt mit leuchtender Flamme.
Bei der Darstellung des Acetons bildet sich als secuudäres Zersetzungs-
produkt, namentlich bei der Destillation von unreinen, brenzlich öligen,
essigsauren Salzen, ein ölartiges Produkt, was bei den Rectifikationen des
Acetons im Destillirgefäfse bleibt. Es ist von Kane analysirt und mit dem
unpassenden Namen Dumasin belegt worden. Der Geruch dieses brenz-
lichen Oels ist unangenehm, der Geschmack brennend, es siedet bei 120%
ist im unreinen Zustande braun, im reinen farblos; seine Zusammensetzung
wird durch die Formel C10 H16 0 ausgedrückt, das spec. Gewicht seines
Dampfes ist 5,204, wonach seine Formel 3 Vol. entspricht.
lieber die chemische Natur de^ Acetons ist man nicht im Klaren; es
enthält die Elemente von 1 At. kohlensaurem Aethyloxid plus 1 At. Hy-
dracetyl (ölbildendem Gas) C9 H1S 03 oder von 1 At. essigsaurem Aethyl-
oxid plus 1 At. Hydracetyl. Nach Kane ist das Aceton ein dem Alkohol
ähnlicher Körper, nämlich das Hydrat eines organischen Oxids, welches
nach der Formel C6 H10 O H4 O zusammengesetzt ist.
Durch Destillation des Acetons mit rauchender Schwefelsäure erhielt
derselbe, neben einer Menge von andern Produkten, schwefliger Säure etc.,
einen Körper, den er nach der Formel C6 Il8 (oder vielleicht nach einer
richtigem Berechnung der Resultate seiner Analyse nach der Formel
C12H18) zusammengesetzt fand., Kane nennt diesen Körper Mesitylen.
Durch Behandlung mit Phosphorchlorid entstand eine Verbindung
C6 H10 Cl2 [Mesitylchlorid) , welche mit Kalilauge sich in Chlorkalium und
einen neuen Körper C6 H10 0 [ Mesityloxid ) zerlegte, welcher von dem
Aceton auf eine ähnliche Weise abweicht, wie der Alkohol vom Aether,
insofern er die Elemente des Acetons minus 1 At. Wasser enthält. Durch
Sättigung einer Mischung von Aceton und rauchender Schwefelsäure mit
Kalk erhielt er eigentümliche Salze, welche die Elemente der Schwefel-
säure und des Mesityloxids , C6 H100, enthielten. Der theoretische Aus-
druck der Versuche von Kane , welche denen von Dumas und Peligot
über das Cetyl nachgebildet sind, scheint aber der wahren Constitption
des Acetons nicht zu entsprechen.
Die Ansicht über die Constitution des Alkohols, als des Hj'drats eines
organischen Oxids von basischen Eigenschaften, erhält die bestimmteste
Richtung dadurch, daS's der Aether, wenn er aus einer seiner Verbindun-
gen abgeschieden wird, die Fähigkeit besitzt, Wasser wieder aufzuneh-
men und damit wieder Alkohol zu bilden. Aus keiner der von Kane be-
schriebenen Verbindungen, welche aus Aceton dargestellt sind, ist man aber
im Stande das Aceton wiederherzustellen. Der Aether ist ein Oxid , weil
er sich mit Säuren zu gleichen Atomgewichten verbindet; er bildet Dop-
pelsalze, worin 1 Atom Säure von dem Aethyloxid, das andere Atom
v*>n einem Metalloxid neutralisirt ist. Weder das Aceton noch das Mesityl-
oxid gehen Verbindungen ähnlicher Art ein. In den Verbindungen des
sogenannten Mesityloxids mit Schwefelsäure hat die Säure ihre ganze
7H2
Mesi ty len.
Sättigungscapacitäfc unverändert beibehalten; das Mesityloxid kann darum
nicht als Basis , sondern mufs in dem nemlichen Zustande darin vorhanden
seyn , wie die Benzoesäure in der Benzoeunterschwefelsäure. In dem
Metaceton hat ferner Fremy einen Körper beschrieben, welcher dieselbe
Zusammensetzung wie das Mesityloxid Kane’s besitzt, aber sehr wesent-
lich durch seine Eigenschaften davon abweicht. Es ist gänzlich unerforscht,
in welcher chemischen Beziehung beide zu dem Aceton stehen.
Wir begnügen uns, diese von Kane entdeckten Verbindungen zu be-
schreiben, ohne die Ansichten zu theilen, nach welchen sie benannt
wurden.
Mesitylen. Formel: C6 H8. — Darstellung : Aceton wird mit % Vol.
rauchender Schwefelsäure der Destillation unterworfen. Auf dem Destillat,
welches reich an Essigsäure ist, schwimmt ein gelbliches Oel, was mit
Wasser gewaschen, sodann reetificirt wird. Die ersten übergehenden Por-
tionen enthalten Aceton, was sich im W^asserbade entfernen läfst; bei
135,5° (dem Siedpunkte des Mesitylens) destiliirt der neue Körper rein
über, zuletzt kommt eine andere Materie von ähnlicher Beschaffenheit,
aber höherem Siedpunkt. — Eigenschaften: Farblose, ölartige Flüssig-
keit von mildem Knoblauchgeruch, leichter als Wasser, entzündlich, mit
weifser, rulsender Flamme verbrennend, wird nicht von Alkalien ange-
griffen, verhält sich gegen Schwefelsäure, Salpetersäure und Chlor ähn-
lich dem Benzol. Enthält nach seiner Formel die Elemente von 2 At.
Aceton minus 2 At. Wasser, was seine Bildung erklärt. ( Kane erhielt
im Mittel von drei Analysen 89,602 Kohle und 10,41 Wasserstoff, die
Formel C6 Hs giebt 90,19 C und 9,81 H.)
Mesityloxid. Formel: C6 Hl0 O. — Darstellung: Man versetzt eine
Auflösung von Mesitylchlorid in Alkohol mit Aetzkali so lange, bis alka-
lische Reaction bemerkbar ist, und mischt die Flüssigkeit mit ihrem 6 bis
8fachen Volumen Wasser. Die sich abscheidende ölartige Flüssigkeit wird
abgenommen und durch Rectifikation und Stellenlassen über Chlorcalcium
gereinigt. — Eigenschaften : Klare, farblose Flüssigkeit von aromatischem,
der Pfefferinünze ähnlichen Geruch; sie siedet bei 120°, ist leicht entzünd-
lich und brennt mit hellleuchtender rufsender Flamme.
Mesitylchlorid. Formel: C6 H10 Cl2. — Kann nicht durch direkte Ein-
wirkung von Salzsäure auf Aceton oder auf die vorherbeschriebene Ver-
bindung erhalten werden. Sättigt man Aceton mit salzsaurem Gas, so
erhält man eine dunkelgefärbte, sehr schwere Flüssigkeit, welche mit
Wasser in Berührung oder durch Destillation in Salzsäure, Aceton und
andere Produkte zerfällt. — Darstellung : Man setzt 2 Th. Phosphor-
chlorid in kleinen Portionen zu 1 Theil Aceton, mit der Vorsicht, letz-
teres mit kaltem Wasser zu umgeben, und vermischt die Auflösung mit
3 — 4 Volumen Wasser, wo sich Mesitylchlorid abscheidet. Es wird mit
wenig Wasser gewaschen und durch Stellenlassen über Chlorcalcium ge-
reinigt. — Eigenschaften: Oelartige Flüssigkeit, schwerer wie Wasser,
wird durch die Wärme in Salzsäure und Mesitylen (?) zersetzt. Unter
vielen Analysen lieferte nur eine mit der Theorie übereinstimmende Re-
sultate, sie gab 47,27 Kohlenstoff, 6,76 Wasserstoff und 45,88 Chlor.
Mesityliodid kann, wiewohl niemals rein, durch Zusammenbringen von
lod, Phosphor und Aceton erhalten werden. Bei der Destillation einer
solchen Mischung geht lodwasserstoffsäure und eine schwere, durch freies
lod braungefärbte, ölartige Flüssigkeit über, von dem Geruch des Aethyl-
iodids; mit verdünnter Kalilauge wird sie farblos, färbt sich aber schnell
wieder bei Einwirkung der Luft; wird wie das Mesitylchlorid durch
Wärme zerlegt. Der Rückstand der Destillation enthält Mesitylunterphos-
phorige Säure und eine andere in gelben glänzenden Schuppen sich ab-
setzende iodhaltige Substanz, die Kane Pteleyliodid nennt.
Mesityloxid - Platinchlor iir . Metacecklorplatin nach Zeise. Formel
nach Zeise: C6 Hlo0, Pt CI*. Mit diesem Namen kann man einen Körper
Mesitylschwe felsäure.
' 783
bezeichnen, der von Zeise durch die Einwirkung von Platinchlorid auf
Aceton zuerst erhalten worden ist. 1 Theil Platinchlorid in 2% Aceton
gelöst giebt bei der Destillation und Cohobation Salzsäure und einen äther-
artigen Körper, welche übergehen, und einen sauren, braungefärbten
Rückstand, welcher die neue Verbindung neben andern harz- oder theer-
artigen Produkten enthält. Zur Darstellung derselben wird der Rückstand
mit Wasser oftmals ausgewaschen, wo ein brauner, pechartiger Körper
ungelöst zurückbleibt, welchen Zeise Platinhark nennt. Die wässerigen
Auflösungen, oder das Waschwasser, trüben sich nach einiger Zeit, es
bilden sich darin, vom Boden des Gefäfses an, eine Menge gelber Kri-
stalle, welche die Verbindung darstellen; verdampft man die Flüssigkeit,
aus der sie sich abgesetzt haben , im luftleeren Raume über Schwefelsäure
und behandelt den Rückstand wie vorher, so erhält man noch mehr da-
von. Durch Auflösung und Kristallisation aus salzsäurehaltigem und reinem
Aceton wird er frei von braunfärbendcn Materien erhalten.
Die Verbindung ist schwefelgelb und stellt sich in kleinen nicht be-
stimmbaren Kristallen dar, fast geruchlos, verliert bei 100° und im Vacuo
nichts am Gewicht, verbrennt an der Luft erhitzt mit grüner Flamme und
hinterläfst silberweifses Platin ; in einer Retorte erhitzt erhält man Salz-
säure, einen eigenthümlich riechenden Dampf, der sich zu einem öligen
Körper condensirt; es bleibt kohlehaltiges Platin. In Wasser ist er wenig
mit gelber Farbe löslich, die Auflösung wird beim Kochen zersetzt; in
Alkohol wrenig, in Aether unlöslich. Löst sich in kochender Salzsäure
ohne Veränderung, in Kalilauge mit brauner, in Chlorkalium und Koch-
salzlösung mit gelber Farbe.
Die Mutterlauge, aus der sich die Kristalle des Mesityl-Platinchlorürs
abgesetzt haben, trübt sich bei der Destillation, es entsteht eine Gas-
entwickelung, und indem die Flüssigkeit klar und farblos wird, schlägt
sich ein schwarzes flockiges Pulver nieder, was sich beim Erhitzen mit
Explosion entzündet. Zeise nennt es Pyraceplatin. Das sog. Platinharz
ist spröde wie Harz, von glasigem Bruch, pulverisirbar, in der Wärme
weich und knetbar, verbrennt mit Flamme und hinterläfst Platin; löslich
in Kalilauge und Aceton vollständig , in Aether und Alkohol theilweise.
Zeise bezeichnet es mit Chlor aceplatin.
Verhalten des Acetons zu Sauerstoffsäuren .
Mesitylschwe felsäure.
Bei der Vermischung von Aceton mit 2 Gewichtstheilen rauchender
Schwefelsäure entsteht starke Erhitzung unter Entwickelung von schwef-
liger Säure. Setzt man zu dieser Mischung Wasser und neutralisirt sie
mit Baryt oder Kalk , so erhält man schwefelsauren Kalk oder Baryt und
ein lösliches Kalk- oder Barytsalz. Das Kälksalz ist schwierig kristallisir-
bar, zerfliefslich , für sich erhitzt entzündet es sich und hinterläfst Gyps;
von schwacher alkalischer Reaction, es ist nach der Formel S03 , C3 H6 O,
CaO zusammengesetzt. Das Barytsalz kristallisirt in perlmutterglänzenden
Tafeln , w ird beim Erhitzen braun und hinterläfst nach der Calcination
schwefelsauren Baryt; seine Formel ist S03 , C3 H6 O, BaO. Beim Erhitzen
verliert das Kalksalz ^/^ At. Wasser.
Wird zu 2 Vol. Aceton 1 Vol. Vitriolöl gesetzt und diese Mischung
nach dem Zusatz vou Wasser mit Kalk neutralisirt, so erhält man ein
neues Kalksalz, ähnlich dem beschriebenen, aber es enthält im kristalli-
sirten Zustande auf dieselbe Menge von Schwefelsäure und Kalk doppelt
soviel Aceton S03, C6 HI2 02 , CaÖ.
Eine Isolirung der in diesen Salzen enthaltenen Säure gelang nicht;
wird die Basis davon getrennt, so erhält man eine Flüssigkeit, welche
beim Abdampfen schwarz wird, freie Schwefelsäure enthält und nach
schwefliger Säure und Mesil^yloxid riecht.
784
Mesityl aldehyd.
Starke Salpetersäure , mit ihrem doppelten Volum Aceton gemischt
und erwärmt, verursacht eine sehr heftige Zersetzung; wird diese durch
äussere Abkühlung gemäfsigt und giefst man nach Beendigung der Reaction
kaltes Wasser hinzu, so scheidet sich eine schwere, blafsgelbe Flüssig-
keit ab , welche nach Kane zwei Materien enthält, wovon die eine dünn-
flüssig, die andere dickflüssig ist. Bei stärkerer Einwirkung der Salpeter-
säure erzeugt sich vorzugsweise die letztere, welche Kane Mesityl- Alde-
hyd nennt, bei schwächerer die erstere, der er den Namen salpetrigsau -
res Pteleyloxid gegeben hat. Kane vermuthet, dafs durch Einwirkung
von Salpetersäure 2 At. Sauerstoff derselben an 4 At. Wasserstoff des
Acetons treten, wodureh 2 At. Wasser und die Verbindung N203 -+-C6H60
gebildet werden. Die Analyse gab darüber keinen Aufschlufs. Das salpe-
trigsaure Pteleyloxid ist schwerer wie Wasser und wird davon zersetzt;
es löst sich in Alkalien mit brauner Farbe; Papier damit getränkt glimmt
nach dem Trocknen beim Anzünden wie Feuerschwamm; in der Flamme
einer Lampe erhitzt zerlegt es sich mit einer heftigen Explosion; kann
ohne Zersetzung nicht destillirt werden, verträgt aber 100°, ohne zu
verdampfen.
Das Mesitylaldehyd , C6 H8 02, entsteht, rein, wenn Mesitylen mit
Salpetersäure gekocht wird, solange noch eine Einwirkung bemerkbar
ist; es ist eine röthlichgelbe, dicke und schwere Flüssigkeit, von süfs-
lichem, durchdringendem Geruch, schwerlöslich in Wasser, leicht in Al-
kalien mit gelbbrauner Farbe, absorbirt trocknes Ammoniak, damit eine
braune harzähnliche Masse bildend, die sich in Wasser löst und bei vor-
sichtigem Abdampfen Kristalle bildet; salpetersaures Silberoxid wird bei
Zusatz von Kalilauge davon gefällt uud beim Erwärmen damit reducirt,
eine Eigenschaft, welche allen nichtsauren organischen, löslichen Materien
unter diesen Umständen angehört. Dieser Körper entsteht mithin nach
Kane durch einfache Aufnahme von 2 At. Sauerstoff aus der Salpetersäure,
die an das Mesitylen treten, was nicht sehr wahrscheinlich ist.
Glasige Phosphorsäure (Metaphosphorsäure?) löst sich in Aceton un-
ter Erhitzung und Bräunung; bei Neutralisation mit einer Basis erhält man
ein lösliches Salz. Das Natronsalz kristallisirt in feinen rhomboidalen Ta-
feln, die an der Luft durch Verlust von Wasser undurchsichtig werden.
Für sich erhitzt schmelzen sie in ihrem Kristall wasser , werden weifs,
zuletzt schwarz, und hinterlassen 48,8 p. c. phosphorsaures Natron (pyro-
phosphorsaures Natron?).
Mesitylunterphosphoriye Säure. Formel des Barytsalzes: PsC6Hi2Oj,
BaO. — Der Rückstand von der Destillation eines Gemenges von Iod,
Aceton uud Phosphor erstarrt, bei überschüssig vorhandenem Phosphor,
zu einer Masse amianthähnlicher Kristalle, welche in Wasser löslich sind
und damit von einer gelben kristallinischen Materie getrennt werden können,
die sich mit hierbei erzeugt. Die wässerige Auflösung der weifsen Kri-
stalle schmeckt sauer und zugleich bitter; mit kohlensaurem Baryt ueutra-
lisirt giebt sie ein unlösliches und ein lösliches Salz, welches letztere
nach der Concentration und Erkalten zu einer kristallinischen Masse ge-
steht. Diese Masse ist ein Gemenge von lodbarium mit mesitylunterphos-
phorigsaurem Baryt, welche beide durch Kochen mit Alkohol getrennt
werden; es löst sich in diesem Falle das lodbarium auf und die Mesityl-
verbindung bleibt zurück; sie hat durch diese Behandlung ihre Löslichkeit
zum grofsen Theil verloren und stellt weifse kristallinische Körner dar,
welche ohne Reaction auf Pflanzenfarben sind. Beim Erhitzen entzündet
es sich, brennt mit reiner Phosphorflamme, der schwarze Rückstand wird
bei der Calcination zu weifsem phosphorsaurem Baryt. Mit Salpetersäure
erwärmt entsteht eine sehr heftige Reaction. Kane erhielt in der Analyse
dieses Körpers 19,44 — 20,40 Kohlenstoff und 3,65 — 4,00 Wasserstoff.
Der Phosphor wurde nicht bestimmt. Auf Iod wurde das Salz nicht unter-
sucht. Durch Salpetersäure oxidirt gab es 74 — 75 p. c. phosphorsauren
Baryt, enthaltend 43,8 — 44 p. c. Baryt, woraus hervorgeht, dafs darin
Alkarsin.
785
auf 4 At. Baryt 6 At. Phosphor anstatt 8 At., wie in der Formel von
Karte angenommen , enthalten sind. Der Formel nach sollte es enthalten
43,8 Baryt, 18 Phosphor, 21 Kohlenstoff , 3,5 Wasserstoff und 13,7
Sauerstoff. Nach Versuchen von Plantamour konnte diese Verbindung
nicht wieder erhalten werden.
Zer Setzungsprodukte des Acetons und Mesiiylens durch Chlor.
Aceton, durch welches man solange trocknes Chlorgas leitet, als
noch Entwickelung von Salzsäure bemerklich ist, verwandelt sich in eine
in Wasser unlösliche Flüssigkeit von unerträglich durchdringendem Ge-
ruch und 1,33 spec. Gewicht; auf die Haut gebracht zieht sie Blasen und
siedet bei ISO0 (Karte'), wobei sie unter Freiwerden von Salzsäure sich
zersetzt. Durch Alkalien und concentrirte Schwefelsäure erleidet s^ keine
merkbare Veränderung. Nach der Analyse von Dumas , welche Karte
bestätigt hat, drückt die Formel C6 Hg Cl4 0, ihre Zusammensetzung aus,
wonach sie in 100 Th. 28,86 Kohlenstoff, 3,13 Wasserstoff, 55,48 Chlor
und 12,53 Sauerstoff enthält. (In einer nur einmal angestellten Analyse
erhielt J. L. 28 Kohlenstoff, 2,8 Wasserstoff, 52,6 Chlor und 16 Sauer-
stoff.)
Diese Materie, welche Karte Mesitylcldoral nennt, löst sich in war-
mer überschüssiger Kalilauge, es entsteht Chlorkalium und eine Säure,
welche lösliche Salze mit fast allen Metalloxiden liefert; sie ist nicht nä-
her untersucht.
Pteleylchiorid. Formel: C6 H6*C14. — Leitet man Chlorgas in Mesi-
tylen, so entweicht Salzsäure und der Rückstand erstarrt nach der Sät-
tigung mit Chlor zu einer kristallinischen Masse; mit kochendem Aether
behandelt löst sich das feste Produkt auf und kristallisirt daraus beim Er-
kalten. Die erhaltenen Kristalle sind Pteleylchiorid ; sie werden durch
neue Kristallisationen gereinigt. Das Pteleylchiorid ist in seiner äusseren
Beschaffenheit den Kristallen des käuflichen schwefelsauren Chinins sehr
ähnlich; es ist unlöslich im Wasser und unzersetzbar durch Kalihydrat,
in wässeriger oder alkoholischer Löung; in einer sehr hohen Temperatur
verflüchtigt es sich ohne Zersetzung, und kann in trocknem Ammoniak-
gas ohne Veränderung sublimirt werden. Karte’ s Analyse lieferte ihm
40,15 bis 50,66 Kohle und 4,0 bis 4,34 Wasserstoff; das Chlor wurde
nicht bestimmt. Der obigen Formel nach sollte dieser Körper 48,87 Kohle,
3,99 Wasserstoff und 47,14 Chlor enthalten. Es ist merkwürdig, dafs
Chlor und Salpetersäure sich verschieden gegen das Mesitylen verhalten.
Pteleyliodid nenne Karte die gelbe glinunerähnliche Materie, welche
bei der Wiederauflösung des Rückstandes von der Destillation von Aceton
mit Phosphor und Iod erhalten wird ; sie besitzt alle Eigenschaften des
Formyliodids , mit dem einzigen Unterschied, dafs sie nahe bei Glühhitze
unverändert sublimirbar ist. Ihre Zusammensetzung ist unbekannt.
Die Zusammensetzung der in dem Vorstehenden beschriebenen Verbin-
dungen ist als der Ausdruck einer Vorstellung zu betrachten; sie verdie-
nen ohne Ausnahme eine neue und gründlichere Untersuchung,
Alkarsin.
Synonyme: Cadet’ sehe Flüssigkeit. Formel: C4H14OAs4. (Nach Du-
mas C4 H,4 As2.) — Darstellung : Gleiche Gewichtstheile essigsaures Kali
und arsenige Säure (1 (tfi von jedem) werden im Sandbade in einer Glas-
retorte mit angefügtem mit Eis umgebenem Kühlapparate langsam bis zum
Rothglühen erhitzt. Es entwickeln sich hierbei Kohlensäure und wenig
brennbare Gase , es sublimirt Arsen und in der Vorlage schwimmen auf
übergegangenem Arsen zwei Flüssigkeiten, von denen die untere Alkarsin
und eine andere schwer flüchtige arsenhaltige Flüssigkeit enthält, die obere
aus einer Auflösung von Alkarsin in ACeton, Wasser und Essigsäure be-
steht. Aus 500 Grm. arseniger Säure erhält man etwa 150 Grm. unrei-
nes Alkarsin. Zur Reinigung wird es von der oberen Schicht getrennt,
786
Alkarsin.
getrennt, mit Wasser geschüttelt und gewaschen, um es von allem Ace-
ton und Essigsäure zu befreien, sodann über trocknes Kalihydrat in einer
sauerstofffreien Atmosphäre rectificirt. Durch eine neue Destillation über
Kalk oder Baryt erhält man es wasserfrei.
Eigenschaften: Farblose, wasserhelle, ätherartige Flüssigkeit von be-
deutendem Lichtbrechungsvermögen (1,732), siedet nach einer annähernden
Bestimmung bei etwa 150% erstarrt unter — 23° zu weifsen, seidenglän-
zenden Schuppen; das gefundene spec. Gewicht seines Dampfes ist 7,18.
(Nach der Formel C4 H12 As* 0 enthält 1 Vol. Alkarsindampf % Vol. Ar-
sendampf, 2 Vol. Kohlenstoff, 6 Vol. Wasserstoff, % Vol. Sauerstoff.
Das berechnete spec. Gewicht sollte hiernach 7,828 seyn, nach der Formel
As2 erhält man für 1 Vol. die Zahl 7,278.)
Der Geruch des Alkarsins erinnert an den des Arsenwasserstoffs, er
ist im höchsten Grade widrig, sein Dampf reizt die Augen zu heftigem
Thränen, auf die Haut gebracht verursacht es heftiges Jucken; der Ge-
schmack ist dem Geruch ähnlich; innerlich genommen wirkt es als heftiges
Gift.
In Wasser ist das Alkarsin wrenig löslich, mit Aether und Alkohol in
allen Verhältnissen mischbar. Bei freiem Zutritt der Luft oder Sauerstoff,
entzündet es sich von selbst und brennt mit einer blassen Flamme, weifse
dicke Nebel bildend ; in einem offenen Gefäfse mit Wasser bedeckt ver-
schwindet das Alkarsin nach und nach vollständig, in beiden Fällen wird
als das bemerkenswertheste Produkt Alkargen gebildet; es löst sich in
Kalilauge zu eiuer braunen Flüssigkeit, und in verdünnter Salpetersäure
ohne Gasentwickclung, beim Erhitzen erfolgt Zersetzung. Mit rauchender
Salpetersäure und in Chlorgas und Bromgas entzündet es sich. Phosphor,
Schwefel und lod lösen sich darin auf, das letztere zu einer farblosen
Flüssigkeit, aus der sich Kristalle absetzen, die bei Zusatz von mehr lod
verschwinden. Mit Schwefelsäurehj'drat bildet es eine in feinen Nadeln
kristallisirbare Verbindung, welche im Wasser* löslich ist. Kalium damit
zusammeugebraeht verliert nach einiger Zeit seinen metallischen Glanz,
später entwickelt sich Gas und es entsteht ein dicker weifser Brei , beim
Erhitzen erfolgt eine heftige Zersetzung mit Feuererscheinung. In einer
Auflösung von Quecksilberchlorid löst es sich auf unter Bildung eines weis-
sen dicken Niederschlags, der sich in der Wärme unter Zurücklassung
von Quecksilberchlorür löst und nach dem Erkalten in seidenglänzenden
kristallinischen, in Wasser schwerlöslichen, Schuppen wieder niederfällt.
Die wässerige Lösung bildet mit salpetersaurem Silberoxid einen kristalli-
nischen salpetersäurehaltigen Niederschlag. Quecksilberoxid- und Queck-
silberoxidulsalze werden davon reducirt. Die Bildung von Alkargen bei
Anwendung aller Mittel den Arsengehalt in der Analyse in Arsensäure zu
verwandeln, und die Unzersetzbarkeit dieser Materie durch die nemlichen
Substanzen, machte die Arsenbestimmung des Alkarsins unzuverlässig;
Bunsen erhielt in einem Versuche nur 34,2 p. c. Diese Umstände sind
die Ursachen des Zweifels, den man über seine Constitution hegen rnufs.
Es verdient noch bemerkt zu werden , dafs das Alkarsin nach der Formel
C12 H56 As6 die Elemente von Kane’s Mesityi (C6 H10)* Mesitylen (C6 H8)
und Arsen Wasserstoff (3As2H6) enthält.
Chlorarsin. Wahrscheinliche Formel: C4 H12 As* Ci2 Bunsen. — Bei
Destillation des Alkarsins mit Chlorwasserstoffsäure erhält man ein dünn-
flüssiges Fluidum, von höchst ekelhaftem Geruch, schwerer wie Wasser,
welches bei 10.9,3° siedet und bei — 41° noch nicht fest wird. An der
Luft erhitzt entzündet sich sein Dampf. Bei gewöhnlicher Temperatur ver-
wandelt es sich in der Luft in einen kristallisirbaren im Wasser löslichen
Körper. In Chlorgas gebracht entzündet es sich; in Alkohol und Säu-
ren löslich, von Aether und Wasser wird es nicht aufgenommen. Mit con-
centrirter Schwefelsäure entwickelt es Salzsäure, mit Quecksilberchlorid
vermischt entsteht eine in seidenglänzenden Blättchen kristaliisirende Ver-
bindung, dieselbe, welche das Alkarsin unter Ausscheidung von Quecksilber-
Alk argen.
787
chloriir bildet. Mit einer weingeistige n Lösung von Kalihydrat erwärmt
entsteht Chlorkalium und eine ätherartige Flüssigkeit von höchst unange-
nehmem Geruch, welche grofse Aehnlichkeit mit Hydrarsin hat. Bei
schwacher Erwärmung mit Kupferoxid wird das Chlorarsin /.erlegt. Bei
der Bildung des Chlorarsins bemerkt man einen zinüoberrotheu nicht flüch-
tigen Körper, welcher geruchlos ist, beim Erhitzen mit Seleugeruch ver-
brennt, mit Salpetersäure sich entzündet und von keiuem Auflösungsmittel
ußzersetzt aufgenommen wird, fErytrarsinJ.
Sulpharsin entsteht durch Zersetzung von Alkargen vermittelst Schwe-
felwasserstoff oder durch .Destillation von Chlorarsin mit Schwefelbarium.
Aetherartige, höchst übelriechende, wasserhelle Flüssigkeit, schwerer wie
Wasser und darin nicht löslich.
lodarsin , Bromarsin , Fluorarsin , Cyanarsin können durch Destilla-
tion der entsprehenden Wasserstoffsäuren mit Alkarsin erhalten werden.
Alkargen. Formel : C4 HI4 Asx04 = Ac05 , As2 H6 -f- aq , nach Bimsen
C4 H14 As2 Os. Entdeckt von Bunsen. — Darstellung: Man läfst zu Al-
karsin Luft oder Sauerstoffgas sehr langsam zutreten; es ist gut anfäng-
lich stark abzukühlen, um die Heftigkeit der Verbrennung zu mäfsigen;
es entsteht Alkargen, was aus der Flüssigkeit kristallisirt , arsenige Säure
und ein ätherartiges, im Wasser lösliches, fluchtiges Produkt von uner-
träglichem Gerüche fHydrarsinJ. Zu Ende dieser Oxidation erstarrt das
Ganze zu einer weifsen oder bräunlichen Masse. Sie wird mit kaltem
Wasser übergossen, worin sich Alkarsin und Hj'drarsin lösen, der gröfste
Theil der arsenigen Säure bleibt ungelöst zurück. Die Auflösung wird ab-
gedampft bis sie zu einer festen Masse gesteht, durch starkes Pressen
zwischen Löschpapier entfernt man den gröfsten Theil des Hydrarsins,
behandelt den trocknen Rückstand mit siedendem absoluten Alkohol, aus
dessen gesättigter Lösung man nach dem Erkalten Kristalle erhält, die
man von anluingendem Hydrarsin und arseniger Säure durch Pressen zwi-
schen Löschpapier uud durch neue Kristallisationen aus Alkohol oder mehr-
maliges Abdampfen der wässerigen Auflösung im Wasserbade, wo Hy-
drarsin weggeht, reinigt. Die letzten Spuren von arseniger Säure ent-
fernt man durch Behandlung der wässerigen Lösung mit Eisenoxidhydrat
in der Kälte und neue Kristallisationen des eiseuoxidhaltigen Hydrarsins
aus Alkohol. Aus den alkoholischen Mutterlaugen erhält man durch Zu-
satz von Aether eine neue Portion Kristalle.
Eigenschaften: Spröde, glasglänzende, vollkommen durchsichtige,
farblose, wohlausgebildete, geschobene vierseitige Prismen, mit unglei-
cher, gegen die Seitenflächen schräg eingesetzter Zuschärfung; sie sind
geruchlos, ohne hervorstechenden Geschmack, luftbeständig in trockner,
zerfliei'slich in feuchter Luft, in Wasser und Weingeist in allen Verhält-
nissen löslich, aus einer gesättigten heifsen Auflösung in Alkohol durch
Abkühlen kristallisirbar, in Aether unlöslich. Aus der alkoholischen Auf-
lösung wird durch Aether Alkargen niedergeschlagen.
Das Alkargen besitzt eine schwach saure Reaction, verbindet sich mit
den Alkalien zu gummiartigen, nicht in regelmäfsigen Formen zu erhal-
tenden Verbindungen, löst Eisenoxidhydrat und Kupferoxidhydrat in der
Wärme. Die Auflösungen werden beim Abdampfen wieder zersetzt , indem
sich die Oxide davon trennen. Löslich in Schwefelsäurehydrat und daraus
ohne Aenderung kristallisirbar, unzersetzbar durch wasserfreie Schwefel-
s ure. Durch Salpetersäure und Königswasser nur schwierig oxidirbar.
Das Alkargen schmilzt bei 200° unter theilweiser Zersetzung, und
erstarrt in einer niederem Temperatur (90°) zu einer kristallinisch strahli-
gen Masse; bei 230° bräunt es sich, stöfst nach Alkarsin riechende Däm-
pfe aus und setzt Arsen und arsenige Säure ab.
Durch Behandlung mit Zinnchlorür, phosphorige und phosphatige Säure
verwandelt es sich in Alkarsin unter Verlust von Wasser und Sauerstoff;
durch Schwefelwasserstoff wird aus der wässerigen Lösung kein Schwe-
felarsen gefällt; sie trübt sich weifslich, es setzen sich beim Erwärmen
788
Constitution des Aethers ete.
Ölartige Tropfen von Sulfarsin von starkem durchdringendem Lauchgeruch
ab. Das Alkargen besitzt keine giftige Wirkung auf den Organismus.
berechnet
gefunden
berechnet
gefunden
C4 = 305,6
— 17,84
C4 = 305,6
— 16,67
— 16,97
H14 = 87,3
— 5,09
H14 = 87,3
— 4,76 •
— 4,88
04 = 400,0
— 23,36
03 = 500,0
— 27,28
— 27,43
As* = 020,0
— 53,71
As* = 920,0
— 51,29
— 50,72
1712,9
100,00
1832,9
100,00
100,00
Cyanargen. Durch Destillation des Alkarsins mit Quecksilbercyanid
erhält man eine sehr schön kristallisirende , der Osmiumsäure gleichende
Verbindung, von welcher Bunten vermuthet, dafs sie dem Alkargen analog
zusammengesetzt sey. Der Geruch derselben ist höchst betäubend, Ohn-
macht erregend; durch Zinnchlorür wird dieser Körper in Alkarsin und
Cyanwasserstoffsäure zerlegt.
Constitution der beschriebenen Arsenverbindungen.
Wenn der Beweis geführt ist, dafs das Alkarsin in der That in die
Acetylreihe gehört und nicht ein Zersetzungsprodukt des Acetons mit ar~
seniger Säure ist, so nehmen die beschriebenen Verbindungen folgende
Form an:
Alkarsin Ac 0 -H As* H6
Chlorarsin AcCl* -+- As* H6
Sulfarsin AcS -+- As* H6
Alkargen Ac03 -4- As* H6 -+- aq.
Berzelius hält die Existenz von Arsenwasserstoff in diesen Verbin-
dungen nicht für wahrscheinlich, er betrachtet das Alkarsin als das Oxid
eines zusammengesetzten Radikals, Kakodyl (von kückc^ und cfy;), wo-
nach C4 Hx* As* = Kakodyl
C4 Hi2 As* -I- 0 Oxid (Alkarsin)
C4 Hj* As* -4> Oj -+• aq (Alkargen).
'Nach Bunsen steht es in gewisser Beziehung zu dem Alkohol, wenn das
Alkarsin als das Hydrat einer aus C4 H10 As* zusammengesetzten Verbin-
dung angesehen wird. Nach der Formel 2C6 H18 As* -f- As* 05 würde es
in die Reihe der Acetonverbindungen gehören. Die Beschreibung dieser so
merkwürdigen Arsenverbindungen ist aus Dr. Bunsens Abhandlungen und
Privatmittheilungen entnommen.
Constitution des Aethers und seiner Verbindungen.
Der Aether und das Ammoniak haben in ihren Verbindungen eine ge-
wisse Aehnlichkeit, welche von Dumas und Boitllay zuerst hervorgehoben
wurde, und die Ansicht über die Constitution der Ämmoniaksalze, welche
in Frankreich allgemein ist, wonach nemlich diese Verbindungen Wasser
und Ammoniak als solches enthalten, war die Ursache, dafs man den Aether
als das erste Hydrat des ölbildenden Gases (Hydracetylgas) , den Alkohol
als das zweite Hydrat etc. ansah. In Deutschland und andern Ländern
betrachtete man im Gegentheil das zur Constitution gehörende Wasser in
den sauerstoffsauren Ammoniaksalzen als einen iutegrirenden Bestandteil
der Basis, man nahm an, dafs dieses Wasser mit dem Ammoniak Aramo-
niumoxid N* H8 0 bilde, und diese Ansicht ebnete gewissermafsen einer
andern den Weg, wonach die Existenz organischer Oxide, welche die
Fähigkeit besitzen, Säuren zu neutralisiren , als ein nothwendiger Gegen-
satz zu den organischen Säuren höchst wahrscheinlich erschien, die man
längst schon als Sauerstoffverbindungen zusammengesetzter Radikale zu
betrachten geneigt war. Der Aether wurde in diesen Ländern als ein or-
ganisches Oxid angesehen, und diese Verschiedenheit der Ansichten erregte
einen zehnjährigen Streit, als dessen unmittelbare Folge man die Ent-
deckung einer grofsen Anzahl von Verbindungen betrachten kann , welche
die Wissenschaft mit zahllosen wichtigen Beobachtungen bereicherten. Kein
Constitution dies Aethers etc.
789
Gebiet der organischen Chemie ist so gründlich und umfassend studirt wor-
den , wie das der Aetherverbindungen , und jetzt, wo die Existenz orga-
nischer Oxide nicht mehr* geleugnet wird, horte damit die Aufrechthaltung
der entgegengesetzten Meinung auf, ohne dafs man die Frage selbst als
durch das Experiment entschieden betrachten kann. Vergleicht mau nach
dem gegenwärtigen Standpunkte der Wissenschaft die Ammoniakverbin-
düngen mit den Aetherverbindungen, so bemerkt man leicht, dafs die sich
entgegenstehenden Ansichten im Grunde die nemlicheu waren, man be-
kämpfte sich gegenseitig, weil man über die Interpretation der Erschei-
nungen nicht einig war. Die Aether^ und Ammoniakverbindungen nehmen
nemlich einerlei Form an, wenn das Amid als das unveränderliche Radikal
der Ammoniakverbindungen und das Acetyl als der Ausgangspunkt der
Aetherverbindungen angesehen wird. Die Verbindungen beider trennen
sich nur insofern von einander, als man dem Acetyl die Fähigkeit zu-
schreiben mufs, Säuren zu bilden, eine Fähigkeit, welche das Amid nicht
besitzt. Bezeichnet man mit Ad die Verbindung JV2 H4 = Amid und mit
Ac die Verbindung C4 H6 = Acetyl, so haben wir:
Acetylv erbindun gen.
Ac = C4 H6 = Acetyl.
AoH2 = Oelbildendes Gas.
Ac H4 = Acthyl.
AcH40 = Aether.
AcH4 Cl2 = Aethylchlorür.
AcH4 Bra = Aethylbromür.
AcH4I2 = Aethyliodür.
AcH40 -4- 1 At. Säure = Aethyl-
oxidsalze.
AcH4 O -4- H2 O = Alkohol.
AcH4S H- H2S = Mercaptad.
Amidrerbindungen.
Ad = NjH4=: Amid.
AdH2 Ammoniak.
Ad H4 zzz Ammonium.
AdHiO Ammoniumoxid.
Ad II4 Cl2 = Salmiak.
Ad H4 , Br* Ammoniumbromür.
Ad H4 , I2 ~ Ammoniumiodür.
Ad H40
Ad H4 ö
AdH4 S
AcH4 0 •+■ CS2 = Xanthogensäure. Ad H4 S
Ac Pt -f- Pt Cl4 = Zeise’ s Platin- Ad Hg -f
verbindung (Säure).
Ac , SPt Cl2 -4- C12K mit AdPtCl2
Chlorkalium.
Ac, SPtCl* -4- AdH4Cl2 = AdPtCl2
mit Salmiak.
AcH2 = Oelbildendes Gas.
AcH2 -h 2S03 = Isäthionsäure.
AcO = Acetyloxid.
AcCI2 “ Acetylchlorür.
AcBr2 = Acetylbromür.
AcO + HjO = Aldehyd.
Ac Cl2 -4- Ha Cl2 = Oel des ölbil-
denden Gases.
AcBr* -+* H2Br2 = Brom Verbindung.
Ac Cl2 -4- Cl2 Pt2 = Zeise’ s Platin-
verbindung.
Ac H- CO ? *) Ad -4- CO
4- 1 At. Säure = Ammo-
niumoxidsalze.
4- H2 0 Verbindung in
dem schw efelsauren Am-
moniak.
h H2 S = Schwefelwas-
serstoff - Schwefelammo-
nium.
-CS2 Kohlenschvvefel-
wasserstoffsaures Ammo-
niak.
HgCl2 = Weifser Präci-
pitat.
-4- Ad H4 O Gros’s Pla-
tinbase.
-4- Ad H4 CI2 = Salzsaure
Verbindung.
AdHa -4- S03 = Rose’s wasser-
freies Schwefels. Ammoniak.
Carbamid.
*) Ac, CO zzz Gewürznelkenkampfer (Dumas)? Santonin? (CsH60) (Ettling),
Ac, 2CO ZZZ Mannit rz: C6 H6 02 -f- 4aq. Caffein, Asparagin und viele an-
dere Materien lassen sich ebenfalls in die Acethylreihe bringen, obwohl mit
sehr geringer Wahrscheinlichkeit.
790 Constitution der Aeth
er ver b indungen.
Ac = Bz = Zimmtöl CPumas).
AcBz -4- N2 Os -f- aq = salpeter-
saures Zimmtöl.
Ac H4 , O -4- 2C* 03 =£ Saures oxal-
saures Aethyloxiö.
AcH4, Ad -f- 2C2 03 =r Oxamethan
CDumas).
Ac , O + O ~ Aldehydsäure.
AcO -4- Oa = Essigsäure.
Von Malaguti, durch Be-
AcO -+- Cl4 \ handluug des Aethers mit
AcO-4-Clj ( Chlor und des neuen Pro-
S )/dukts mit Schwefelwas-
AcO-HS2 Jserstoff, entdeckte Ver-
bindungen.
Produkte der Substitution des Was-
ser sto/js durch Chlor.
C4H60 + Hj0 = Aldehyd.
C4 Cl6 O -4- H20 = Chi oral.
C4 H6 03 + H,0 = Essigsäure.
C4 Cl6 03 -4- H2 O = Chloressigsäure
CDumas).
C4II6 , H2 — Oelbildendes Gas.
C4CI6, Cl2 = Kohlenstoffchlorür.
C4CJ6, Cl6 = Kohlenstoffchlorid ,
entsprechend der was-
serfreien Essigsäure.
C4 CI6 -4- Bz Cl2 = Chlorocinnose
CDumas ).
2Ad -4- 2C0 = Harnstoff.
Ad -4- 2C0 ~ Oxamid.
Ad -+- Bz — Benzamid.
Ad Bz -4- C4 H, 03 -H aq ~ Hip-
pursäure.
Substitutionen des Wasserstoffs
in den Amidverbindungen.
N2H4 r= Amid.
N2 02 — Stickstoffoxid.
N2C2 = Cyan.
N2S2, S Schwefelstickstoff
CSoubeiran ).
etc. etc.
Die obigen Formeln bedürfen keiner Erläuterung; sie sind entwickelt
worden, um die ausserordentliche Aehnlichkeit der Ammoniak- und Aether-
verbindungen zu zeigen, und die Ursache anzudeuten, warum das ölbil-
dende Gas als das erste Glied der Aetherverbindungen von vielen Chemi-
kern betrachtet wurde. Beide früher entgegenstehende Theorien haben,
wie man leicht bemerkt, unter diesem Gesichtspunkte einerlei Grundlage,
und jede weitere Frage über die Wahrheit der einen oder andern Ansicht
ist damit von selbst erledigt. Die Aufsuchung des Acetyls in bekannten
Verbindungen möchte die Reihe derselben um viele vermehren.
Kane und Malaguti , von der Ansicht ausgehend, dafs der Aether eine
Verbindung sey von 4 At. Wasserstoff mit 1 At. Acetyloxid, gelangen zu
ähnlichen Verbindungsreihen. Es ist ersichtlich, dafs diese Theorien auf
einen und denselben Ursprung zurückgeführt werden können. 1
In dem Folgenden werden die Zuckerarten und ihre Zersetzungspro-
dukte als Anhang zu den Aethylverbindungen abgehandelt, vorzüglich des-
halb, weil der Alkohol und mit demselben alle Aethylverbindungen daraus
entspringen, und weil die Ungewifsheit über ihre wahre Constitution jede
Anordnung nach systematischen Principien im Augenblick noch unzulässig
macht.
Sb
It oli rz ucker.
79t
Zucker.
Wenn man diejenigen Materien mit Zucker bezeichnet, welche der
geistigen Gährung fähig sind, d. h. in einer eigenthiimlichen Zersetzungs-
weise in Weingeist und Kohlensäure zerfallen , so gehören hierher der
Rohrzucker , Traubenzucker (Stärkezucker, Honigzucker, Harnzucker),
unkristallisirbarer Zucker oder Schleimzucker , Milchzucker , und eine
von Wiggers in dem Mutterkorn aufgefundene Zuckerart, Schwammzucker .
Rohrzucker.
Formel: Cj2Hi8 09 -f £aq.
Vorkommen : In dem Saft des Zuckerrohrs , des Ahorns , vieler Rü-
benarten, von Juglans alba, in den Bataten, der Althäwurzel, in den
Nectarien vieler Blüthen, in den Knollen von Lathyrus tuberosus etc. etc.
§. 144. Darstellung : Durch Kristallisation aus Pflanzein-
säften, nach vorangegangener Reinigung und Klärung dersel-
ben durch Behandlung mit Kalkmilch, Blut, Milch etc. Die
durch schnelle Erkaltung in Zuckerhutformen erhaltenen fei-
nten, gewaschenen, nach dem Trocknen zusammengebackenen
Kristalle liefern den weifsen oder Meliszucker Durch lang-
same Kristallisation ausgebildete grofse Kristalle heifsen Can-
diszucker.
Eigenschaften: Farblose, im unreinen Zustande gelbe
oder braune, durchsichtige, harte, leicht spaltbare, gescho-
bene, vierseitige und unregelmäfsig sechsseitige Prismen mit
zweiflächiger Zuspitzung, von 1,6065 spec. Gewicht, leicht
pulverisirhar, beim Reiben im Dunkeln leuchtend, in trockner
Luft unveränderlich, beim Erhitzen auf 180° ( Peligol) (14£°
Proust ) zu einer klebrigen, farblosen Flüssigkeit schmelzend,
welche nach raschem Erkalten zu einer durchsichtigen, amor-
phen Masse erstarrt ( Gerslenzuckei'J , die nach langem Auf-
bewahren undurchsichtig wird (abstirbt), und beim Zerschla-
gen alsdann die gewöhnlichen Spaltungsflächen der Zucker-
kristalle zeigt. Bei £10 — ££0° verwandelt sich der Zucker
unter Verlust von 3 Atomen Wasser in Caramel , in höherer
Temperatur erhält man brennbare mit kohlensaurem Gas ge-
mischte Gasarten, brenzliches Oel, Essigsäure, unter Riick-
lassung von % Kohle ( CruishaqkJ .
Der Rohrzucker löst sich in % kaltem, in heifsem Wasser in allen
Verhältnissen; eine bei 110° gesättigte Auflösung erstarrt beim Erkalten
zu einer weifsen , festen , aus kleinen aneinanderhängenden Kristallen ge-
bildeten Masse; eine kalte, gesättigte Auflösung besitzt eine dickflüssige,
zähe Beschaffenheit ( Zuckersyrup) , wird sie längere Zeit hindurch bei
einer ihrem Siedpunkte naben Temperatur erhalten, so verliert der Zucker
seine Fähigkeit zu kristallisiren. Beim Sieden von concentrirtem Zucker-
syrup zerplatzen die Dampfblasen der dickflüssigen Beschaffenheit der Flüs-
sigkeit wegen mit einem bemerkbaren Geräusch ( bouillonenient seche). Zu-
792
Zucker.
satz von %0 Klee-, Citronen- oder Aepfel- Säure macht den siedenden
Zuckersyrup augenblicklich dünnflüssig, er verliert dadurch seine Kristal-
lisationslähigkeit, ohne dars sie ihm durch Behandlung mit Alkalien wie-
dergegeben werden kann, er bleibt übrigens gährungsfähig. Beim Erhitzen
mit verdünnter Schwefelsäure ( Kirchhof , Pelouze ), mit Weinsäure fGui-
bourt) geht er in Traubenzucker über.
In concentrirter Schwefelsäure löst er sich mit brauner Farbe; wird
die überschüssige Säure mit Kreide entfernt, so bleibt eine Verbindung von
Schwefelsäure zurück, welche beim Abdampfen sich schwärzt unter Ent-
wickelung von schwefliger Säure (Braconnot) ; es entsteht hierbei Zucker-
schwefelsäure (^Peligot) und eine braune Materie von sauren Eigenschaf-
ten. Benetzt man Meliszucker mit concentrirter Schwefelsäure, so be-
merkt man nach einiger Zeit eine sehr heftige Erhitzung, uuter Entwicke-
lung von schwefliger Säure und Ameisensäure. Der Zucker verwandelt
sich in einen weichen Brei von kohlschwarzer Farbe, welcher mit Was-
ser ausgewaschen ein schw'arzes kohliges Pulver hinterläfst. Mit ver-
dünnter Schwefelsäure längere Zeit einer höheren Temperatur ausgesetzt
bildet sich durch Absorbtion von Sauerstoff Ameisensäure, und es schlägt
sich eine braune im Wasser unlösliche Materie nieder, welche Malaguti
für identisch mit dem durch Verwesung des Holzes entstehenden braunen
Körper hält, dem man den Namen Humus oder Humussäure gegeben hat.
Salzsäure löst den Zucker leicht auf, beim Erwärmen entsteht ein
dicker, schwarzer, harzähnlicher Brei. Durch Salpetersäure verwandelt
er sich in Zuckersäure, Kleesäure und Kohlensäure. 100 Th. Zucker lie-
fern nach Cruishank 54, nach Thenard über 67 Th. Kleesäure.
Wird Arsensäure zu Zuckersyrup gesetzt, so färbt sich das Gemenge
nach einigen Stunden rosen-, später purpurroth, zuletzt braun, man be-
merkt den Geruch nach Essigsäure; Säuren und Alkalien verändern die
Farbe nicht; fällt man alle Arsensäure durch Schwefelwasserstoff heraus,
so bleibt eine blafsgelbe Flüssigkeit von sufsem Geschmack, welche durch
essigsaures Bleioxid nicht gefällt wird iElsner).
Der Rohrzucker löst kohlensaures Kupferoxid und Grünspan zu Flüs-
sigkeiten von grüner Farbe auf, aus denen Alkalien das Metalloxid nicht
fällen. Kupferoxid- und Eisenoxidsalze verlieren nach Beimischung von
Zucker ihre Fällbarkeit durch Alkalien (77. J7o.se), Kupferoxidhydrat löst
sich nicht in reinem Zuckerwasser, wohl aber bei Zusatz eines löslichen
Alkali’s ( Peliyut ) mit violetter Farbe. Beim Erhitzen aller dieser Auflösun-
gen schlägt sich metallisches Kupfer oder Kupferoxidulhydrat, letzteres
rein oder mit einer braunen in Ammoniak löslichen Materie verbunden,
nieder, und in der rückständigen Flüssigkeit ist Ameisensäure enthalten
CWöhler). Beim Erhitzen einer Auflösung von Rohrzucker mit salpeter-
saurem Silberoxid schlägt sich ein schwarzes Pulver nieder; Quecksilber-
und Kupferchlorid werden davon zu Chlorür reducirt, aus Goldchlorid
wird unter denselben Umständen ein rofhes Pulver gefällt.
Leitet man Chlorgas durch eine siedende Zuckerauflösung, so tritt
Zersetzung ein, es entsteht Salzsäure und eine andere nicht kristallisirbare
Säure f&imonin) , Aepfelsäure? (Chenecix). (Diese Zersetzung ist sehr un-
vollständig J. i.) Zuckerpulver absorbirt langsam feuchtes Chlorgas und
verwandelt sich in eine braune, salzsäurebaltende, zerfliefsliche Materie
unter Entwickelung von Kohlensäure ( [Priestley , Bouillon Lagrange, Vogel).
Trocknes Chlorgas über trocknen Zucker geleitet verändert ihn nicht fJ. L.).
Der Zucker dient in der Haushaltung zur Conservation von vegetabili-
schen und animalischen Stoffen, deren Selbstzersetzung er verhindert; in
der Pharmacie zur Bereitung von Syrupen, Latwergen etc. Mit andern
Speisen genossen ist der Zucker nährend, für sich allein vermag er, bei
der Abwesenheit alles Stickstoffgehaltes, das Leben nicht zu unterhalten
(Magendie).
Biot hat gefunden , dafs ein Strahl polarisirten Lichtes , wenn er durch
eine Zuckerauflösung geht, in der Polarisationsebene eine Aufeinander-
folge von Regenbogenfarben zeigt, wenn man sie oach Rechts in einer
kreisförmigen Drehung erhält.
Zuckerkalk, 793
Der Rohrzucker bildet mit Alkalien } Bleioxid und Kochsalz salzartig©
Verbindungen.
Der Rohrzucker löst sich sehr wenig in kaltem, in 80 Th. siedendem
Alkohol, in 4 Th. Weingeist von 0,830 spec. Gew. Die Auflösung wird
durch Aether gefällt.
Verbindungen des Rohrzuckers mit Basen.
Saccharate. Die Eigenschaft des Zuckers, sich mit Alkalien und Me-
talloxiden zu verbinden , namentlich seine Fähigkeit, in seiner Lösung
eine bei weitem gröfsere Menge Kalk aufzunehmen, als wie reines
Wasser, so wie die Eigenschaften seiner Verbindungen, sind längst be-
kannt gewesen. Die Zusammensetzung seiner basischen Verbindung mit
Bleioxid wurde durch Berzelius und Peligot, von letzterem die seiner Ba-
ryt- und Kalkverbindung, ausgemittelt. In diesen Verbindungen tritt an
die Stelle des einen Atoms Wasser, welches der Zucker enthält, 1 At.
der alkalischen Basis; die unlösliche basische Bleiverbindung enthält 2 At.
Bleioxid.
CI2 Hi 8 09 -4- 2aq kristallisirter Rohrzucker
C12 H18 09 4- Zuckerbaryt,
Ci 2 ^ 8 09 4- Zuckerkalk,
C12 Hj 8 09 4- SPbO Zuckerbleio’xid.
2C19 Hjg 09 4- Zuckerkochsalz.
Die Verbindungen des Zuckers mit den Alkalien lösen viele schwere
Metalloxide wahrscheinlich zu Doppelverbindungen auf, von denen es bis
jetzt nicht gelungen ist, sie in kristallinischem Zustande zu erhalten. Die
alkalischen Salze in Auflösung ziehen an der Luft mit grofser Schnelligkeit
Kohlensäure an, wodurch der Zucker in Freiheit gesetzt wird und sein
süfser Geschmack wieder hervortritt. Bei üeberschufs, von Alkali scheinen
diese Auflösungen sich bei langem Aufbewahren zu zerlegen. Braconnot
beobachtete, dafs eine Auflösung von Zuckerkalk nach vier Jahren in
einem nicht hermetisch geschlossenen Gefäfse auf bewahrt, einen weirsen
Niederschlag absetzte, der aus kohlensaurem, kleesaurem Kalk und einem
andern Kalksalze bestand, dessen Säure nicht kristallisirbar ist, von sehr
saurem Geschmack, welche Bleisalze in weifsen, in freien Säuren lös-
lichen Flocken niederschlägt. Kalkwasser wird ebenfalls von dieser Säure
gefällt, der Niederschlag verschwindet bei Zusatz von üeberschufs an
Säure. Braconnot hält diese Säure für Aepfelsäure, was nicht sehr wahr-
scheinlich ist. Die Flüssigkeit , aus der sich die genannten Kalksalze ab-
gesetzt hatten, enthielt unkristallisirbaren Zucker, sodann eine andere
Materie, die in Verbindung mit Kalk beim Zusatz von Alkohol als schlei-
mige Masse gefällt wird. Zusatz von Schwefelsäure fällt daraus Gyps
unter Entwickelung von Essigsäure. Beim Kochen des Zuckers in Kali-
lauge färbt sich die Auflösung gelb und braun, er scheint in Traubenzucker
überzugehen, aus welchem das Kali durch Entziehung und Ersetzung von
Wasser durch diese Base, eine eigenthümliche Säure bildet, die von Pe-
ligot Kalizucker säure genannt wurde.
Der Zuckerstaub absorbirt 4,93 p. c. trocknes Ammoniakgas und ver-
wandelt sich in eine dichte , biegsame, oberflächlich kristallinisch glänzende
Masse , welche nach Ammoniak riecht, ( Berzelius .)
Indig mit Zucker und Alkalien in Berührung löst sich darin zu farb-
losem ledig auf, während ein Theil des Zuckers in Ameisensäure übergeht
(Wühler). &
Zuckerkalk . Bei Digestion einer Zuckerauflösung mit KaSkhydrat in
der Wärme erhält man eine bitterlich alkalisch schmeckende Flüssigkeit,
Geiger* & Phirmacie. I. ( 5 te Aufi. ) oi
794
Zucker
welche auf 100 Zucker 50 ( Daniell ), 56 Th. ( Osann ) Kalk enthält.
Beim Erhitzen zum Sieden trübt sie sich und gerinnt zu einem gallertartigen
Kleister , welcher beim Erkalten wieder flüssig wird ( Lausonne , Lowitz ,
Osann). Der Niederschlag ist neutraler Zuckerkalk (C12 H18 09 -+- ^
Peligot') , enthält 14 p. c. Kalk, und kann durch siedendes Wasser, in
welchem er unlöslich ist, ausgewaschen werden. Man erhält dieselbe Ver-
bindung durch Fällung der, freien Zucker enthaltenden, Auflösung mit Al-
kohol. Die Auflösung des Zuckerkalks giebt abgedampft eine gelbe Masse
von muscheligem Bruch; der Luft ausgesetzt bilden sich darin regelmäfsige
spitze Rhomboeder von wasserhaltigem kohlensaurera Kalk (Pelouze).
Zuckerbaryt. Beim Mischen einer Auflösung von 1 Th. Baryt in 3 Th.
siedendem Wasser mit einem aus 2 Th. Zucker und 4 Th. Wasser berei-
teten Zuckersyrup erstarrt die Mischung nach einigen Augenblicken zu
einem kristallinischen Brei, dessen Consistenz sich noch vermehrt, wenn
er an einem warmen Orte stehen gelassen wird. Durch Auswaschen mit
kaltem Wasser, wobei Zutritt von Kohlensäure zu vermeiden ist, erhält
man die Verbindung nach dem Trocknen in Gestalt von kleinen, glänzen-
den, blätterigen, weichen Kristallen von dem Ansehen der Boraxsäure;
die Auflösung desselben im Wasser reagirt und schmeckt alkalisch; Kohlen-
säure und alle andere Säuren, indem sie die Basis neutraiisiren , stellen
den süfsen Geschmack des Zuckers wieder her. Peligot, indem er bei der
Analyse die nach dpr Verbrennung bei dem Baryt rückbleibende Kohlen-
säure C Vi» der ganzen Quantität) nicht in Rechnung zog, gab die Formel
C12 H18 09 -f- für seine Zusammensetzung an; hiernach sollte die
Verbindung 30,7 Baryt und 29,5 Kohlenstoff enthalten, die corrigirte
Analyse giebt 31,6 Baryt und 30,58 Kohlenstoff, woraus die Formel
C12 Hi8 09 -+- sich ergiebt.
Zuckerbleioxid;, basisches. Bleioxid löst sich in kochendem Zucker-
wasser auf, aus der Auflösung bildet sich bald ein weifser Niederschlag,
der mit kochendem 'Wasser gewaschen und getrocknet die Verbindung rein
darstellt. Die Flüssigkeit, aus der sie sich abgesetzt hat, enthält eine
andere lösliche Verbindung des Zuckers mit Bleioxid. Eine Auflösung von
Zucker und essigsaurem Bleioxid, mit überschüssigem Ammoniak gemischt,
läfst, an einem warmen Orte in einem verschlossenen Gefäfse stehend,
dieselbe Verbindung im kristallinischen Zustande fallen. Im luftleeren
Raume getrocknet enthält die Verbindung 58,26 p. c. Bleioxid (nach Berze-
lius 0,39 p. c. mehr als die Formel C12H20 010 -+-2PbO verlangt); bei 160 —
170° verliert diese Verbindung 1 At. Wasser. Nach Peligot und Berze-
lius ist seine Formel alsdann C12 üi8 09 -h 2PbO, aber nach dem Letzte-
ren enthält diese Verbindung keinen Zucker mehr, sondern Caramel. Pe-
ligot hat aber durch wiederholte Untersuchungen bewiesen, daf# die Blei-
oxidverbindung schon bei 100° getrocknet die von ihm angegebene Zusam-
mensetzung besitzt, und dafs man selbst aus der bei 170° getrockneten
Materie kristallisirten Zucker darstellen kann.
Verbindung des Zuckers mit Salzen.
Eine Auflösung von 1 Th. Kochsalz und 4 Th. Zucker setzt bei lang-
samem Abdampfen in trockner Luft zuerst Kristalle von Candiszucker ab,
zuletzt erhält man aus der Mutterlauge wrohlausgebildete Kristalle der
Kochsalz Verbindung ; sie besitzen einen süfssalzigen Geschmack und sind
zerfliefslich in feuchter Luft. Peligot.
Traubenzucker.
Der süfse Geschmack der Weintrauben und der meisten Früchte , des
Honigs etc. gehört dieser Zuckerart an; der Traubenzucker entsteht als
Traubenzucker.
i
795
Transformationsprodukt aus dem Rohrzucker, der Stärke (Lowitz ) und der
Holzfaser ( Braconnot ), dem Milchzucker ( Vogel ) bei Behandlung derselben
mit Säuren, aus der Stärke in der von selbst erfolgenden Zersetzung des
Stärkekleisters (Saussure ) bei Einwirkung des Weizenklebers (Kirchhof),
des Malzes auf Stärke. Als Produkt einer Desorganisation in dem Harn
der an Diabetes mellitus Leidenden.
Darstellung : 1) Aus Weintrauben. Der ausgeprefste Saft von reifen
Weintrauben wird mit Kreide neutralisirt, durch Eiweifs geklärt und zur
Kristallisation abgedampft.
2) Aus Rosinen und Honig. Man zieht aus den zerriebenen Rosinen
oder dem Honig durch kalte Behandlung mit starkem Weingeist den leich-
ter darin löslichen Scbleimzucker aus, preist stark aus, löst ihn in Was-
ser, behandelt die Lösung mit Kreide, klärt mit Eiweifs und kristallisirt.
Der Honig scheint den Traubenzucker in einem eigenthiimlichen Zustande
zu enthalten; in den BienenzelJen selbst an einem trocknen Orte auf-
bewahrt bleibt er halbflüssig, durchsichtig und fadenziehend; wird er durch
Schmelzung mit etwas Wasser von dem Wachse getrennt, so gerinnt die
verdünnte Flüssigheit nach einigen Tagen zu einer kristallinischen Masse,
deren feste Theile Traubenzucker sind.
3) Aus dem Harn der Harnruhrkranken. Man dampft ihn zur Kri-
stallisation ab, wäscht ihn auf einem Filter mit kaltem Weingeist, löst den
farblosen Rückstand in Wasser und kristallisirt aufs neue.
4) Aus Milchzucker. 100 Theile Milchzucker, 400 Th. Wasser und
2 Th. Schwefelsäure werden 3 bis 4 Stunden lang in einer der Siedhitze
nahen Temperatur erhalten, die Schwefelsäure wird durch kohlensauren
Baryt oder Kalk hinweggenommen, die klare Flüssigkeit zum Syrup ab-
gedampft , wo sie nach einigen Tagen kristallisirt.
5) Aus Stärke, a) durch Schwefelsäure. Kleberfreie Stärke (am be-
sten Kartoffelstärke) wird mit %0 bis l/100 Schwefelsäurehydrat und 4
Wasser 6 bis 36 Stunden lang gekocht unter Erneuerung des verdampften
Wassers; unter erhöhtem Druck (wodurch die Temperatur der Flüssigkeit
steigt) geht die Verwandlung schneller vor sich und der Zusatz der Schwe-
felsäure kann vermindert werden. Läfst man die mit Wasser zum dünnen
Brei angerührte Stärke in die kochende verdünnte Schwefelsäure fliefsen,
so verlieft sie sehr schnell die kleisterartige Beschaffenheit, die sie an-
fänglich annimmt, und bei grofsea Massen reicht die Verhinderung der
Abkühlung hin, um nach 10 bis 12 Stunden ruhigen Stehens die Verwand-
lung der Stärke in Traubenzucker zu bewirken, b) Durch Malz. Ein
Auszug von gekeimtem Getreide (Malz) zu Stärkekleister gebracht, be-
nimmt ihm nach einigen Augenblicken seine dickflüssige gallertartige Be-
schaffenheit , bei hinreichendem Malz geht die Verwandlung in Zucker vor
sich, wenn man das Gemisch mehrere Stunden lang bei einer Temperatur
von 70 bis 75° erhält; auf 6 Th. gekeimte Gerste erhält man im Durch-
schnitt 25 Th. Traubenzucker. Die Verwandlung der Stärke im Trauben-
zucker ist als vollendet zu betrachten, wenn die Flüssigkeit durch lod
keine Farbe mehr annimmt und durch essigsaures Bleioxid oder Alkohol
nicht mehr gefällt wird.
6) Aus Holzfaser. Zu 12 Th. Leinwand oder Papier mischt man in
kleinen Portionen 17 Th. Schwefelsäurehydrat (Braconnot) (oder besser
5 Th. Schwefelsäure und 1 Wasser (Vogel) aufs innigste, wobei sorgfäl-
tig Erhitzung zu vermeiden ist , überläfst die zähe klebrige Masse 24 Stun-
den sich selbst, löst sie sodann in vielem Wasser, kocht 10 Stunden lang,
neutralisirt durch Kreide, filtrirt, dampft zum Syrup ein und läfst kristal-
lisiren.
100 Th. Stärke liefern 104 bis 106 Th. (Brunner), 110 (Saussure)
100 Th. Leinwand 114 (Braconnot), 115,70 (Guerin) kristallisirten
Traubenzucker. Der Rechnung nach sollten 100 Stärkmehl durch Auf-
nahme von 4 At. Wasser geben 122,03 kristallisirten Traubenzucker.
Bildung aus Stärkmehl. Aus der Vergleichung der Zusammensetzung
der Holzfaser , der Stärke , des Milchzuckers und des Rohrzuckers mit
der des Traubenzuckers ergtebt sich , dafs sie von dem letzteren nur durch
796
Zucker.
f
einen Mindergehalt an Wasser oder seinen Bestandteilen verschieden sind.
Addirt man zu den Elementen der Holzfaser die Elemente von 6 Atomen,
zu denen der Stärke die Elemente von 4 At., zu der Formel des kristal-
linischen Milchzuckers die Elemente von 2 , zu der des Rohrzuckers die
Elemente von 3 Atomen Wasser , so erhält man die Formel des kristalli-\
sirten Traubenzuckers. Auf welche Weise die Verwandlung der Stärke
durch Malz in Traubenzucker vor sich geht, ist unbekannt. Was die Ver-
wandlung der Stärke und des Holzes in Zucker „durch Schwefelsäure be-
trifft, so scheint sie der Bildung des Alkohols aus saurem schvvefelsaurein
Aethyloxid ähnlich zu seyn. Stärke bildet mit Schwefelsäure nach Saus-
sure eine kristallinische, nach Guerin eine gummiartige neutrale Verbin-
dung, die sich beim Kochen der Auflösung zerlegt in Traubenzucker und
freie Schwefelsäure ; auf eine ähnliche Art verhält sich die Holzfaser zu
derselben Säure; vor dem IJebergang in Zucker verwandelt sich die Stärke
in einen gummiartigen Körper, welcher von Iod nicht blau sondern wein-
roth gefärbt wird. Der aus Stärke bereitete Traubenzucker enthält wech-
selnde Mengen Mannit. ( [Fremg. ) Die Bildung des Traubenzuckers in der
zuckerigen Harnruhr scheint, allen Beobachtungen zufolge, in einer ge-
wissen Beziehung zu den stärkmehlhaltigen Nahrungsmitteln, dem Brod etc.
zu stehen , da aber Gallerte (thierischer Leim) mit Schwefelsäure nach den
Versuchen von Gerhardt ebenfalls gährungsfäliigen Zucker liefert, so ist
es denkbar, dafs auch Theile des Organismus an dieser Verwandlung mit-
wirken und ebenfalls in Zucker übergehen.
Eigenschaften : Aus einer weingeistigen Auflösung kristallisirt der Trau-
benzucker in farblosen quadratischen harten Tafeln oder Würfeln f Saus-
sure eine concentrirte wässerige Lösung gerinnt zu einem festen Brei,
welcher aus feinen Körnern besteht. Aus grofsen Quantitäten nicht zu
concentrirten Syrups setzen sich zuweilen grofse, halbkugelförmige, harte
Kristallmassen ab, welche aus feinen concentriscli gruppirten Nadeln be-
stehen von 1,3861 spec. Gewicht. (Guerin.) Der Traubenzucker löst sich
weniger leicht und schnell im Wasser und sein Geschmack ist in Auflösung
süfser als in Substanz, es bedarf 2y2 Traubenzucker, um einem gleichen
Volumen Wasser die Süfsigkeit zu geben, die es von 1 Th. Rohrzucker
enthält; bei 100° verliert er, indem er schmilzt, 2 At. Wasser (9 p. c.),
über 140° erhitzt wird er in Caramel verwandelt. Der mit Malz aus
Stärke bereitete Zucker wird bei 65° weich, bei 70° teigig, bei 90 bis
100p syrupartig und verliert 9,8 p. c. Wasser f Guerin). Der Trauben-
zucker lost sich in 1 1/2 kaltem, in jedem Verhältnis in kochendem, Was-
ser zu einem Syrup auf, welcher nie die Consistenz des Rohrzuckersyrups
annimmt; er löst sich schwierig in kaltem, bei 25° C. in 8 Th. Weingeist
von 85 p. c. und in 20 Th. Alkohol; aas der heifsen Auflösung setzt sich
beim Erkalten der Zucker grofsentheils ab in körnigen Kristallen, welche
Alkohol in chemischer Verbindung enthalten. Sein Verhalten gegen Säu-
ren und Alkalien unterscheidet ihn wesentlich von dem Rohrzucker. Wäh-
rend der letztere durch concentrirte Schwefelsäure verkohlt und durch
Erwärmen mit etwas verdünnter Säure in eine braune unlösliche Materie
verwandelt wird, löst sich der Traubenzucker in concentrirter Schwefel-
säure mit schwach gelblicher oder bräunlicher Farbe auf, und bildet damit
eine Verbindung, welche von Barytsalzen nicht gefällt wird ( Zucker-
schwefelsäure). Alkalien hingegen , welche in verdünnten Auflösungen die
Farbe einer Rohrzuckerauflösung selbst beim Sieden nur nach und nach
ändern, bewirken beim Erhitzen mit Traubenzucker augenblicklich die Ent-
stehung einer braunen oder braunschwarzen Materie, in die sich bei An-
wendung von Kalihydrat die ganze Quantität des Traubenzuckers ver-
wandelt.
Verbindungen mit Baryt, Kalk und Bleioxid lassen sich mit Trauben-
zucker nur schwierig hervorbringen , mit Kochsalz geht er hingegen leich-
ter, wie der Rohrzucker, eine kristallinische Verbindung ein.
Traubenzucker,
797
Werbindunyen des Traubenzuckers.
Der Traubenzucker verbindet sich mit Kochsalz zu einer in schönen,
regelmäfsigen, sechsseitigen Doppelpyramiden anschiefsenden Verbindung,
der einzigen von diesem Körper, deren Zusammensetzung man mit einiger
Gewifsheit kennt. Zu ihrer Darstellung sättigt man eine mäfsig concen-
trirte Auflösung von Traubenzucker mit Kochsalz und läf.st sie langsam
verdampfen; im Anfang kristallisirt Kochsalz, zuletzt entstehen auf dem
Boden des Gefäfses Kristalle der erwähnten Verbindung, die sich leicht
an ihrer Form und Härte erkennen lassen, sie werden durch neue Kristal-
lisationen rein erhalten; sie sind farblos, durchsichtig, leicht zu pulvern,
lösen sich leicht in Wasser, die Auflösung schmeckt salzig söfs, sie sind
sehr schwer in OGprocentigem Alkohol löslich {Brunner). Nach den neue-
sten Analysen von Peligot , Erdmann , Lehmann und Brunner enthalten die
Kristalle Wasser, was sie bei 100° (bei 140° Peligot ) vollständig verlie-
ren, der Verlust entspricht nach E. und L. 2 Atomen (4,337 p. c.), nach
Peligot 3 Atome ((>,1 p. c.). Die Formel der kristallisirten Verbindung ist
2C12 H24 Ol2, NaCl2 , 2aq, die des bei 100° getrockneten nach E. und L.
2C12 H24 013, NaCJ2, nach Peligot bei 1 (SO0 C24 H46 025 , NaCI3, aber nach
Erdmann bleibt, bei dieser Temperatur getrocknet, in der aus Harnzucker,
Stärkezucker und Rosineuzucker bereiteten Verbindung kein Zucker mehr
zurück , -sondern eine veränderte Materie.
Eine Verbindung von Traubenzucker mit Bleioxid erhält man, wenn
man eine mit Ammoniak versetzte Auflösung von essigsaurem Bleioxid mit
einer wässerigen Zuckerlösung, letztere im Ueberschufs , vermischt; es
bildet sich ein Niederschlag, der anfänglich wieder verschwindet, zuletzt
aber constant wird: Die Bleioxidverbindung wird gewaschen und bei ge-
wöhnlicher Temperatur ini luftleeren Raume getrocknet. Wird sie auf 150°
in der Leere erhitzt, so verliert sie ihre weifse Farbe und wird gelblich
{Peligot). Erwärmt man Bleioxid mit Traubeuzuckerauflösung, so wird
davon eine beträchtliche Menge gelöst, eine basische Verbindung bildet
sich nur schwierig, sie kann selbst in der Flüssigkeit nicht, ohne braun zu
werden, zum Sieden erhitzt werden. 100 Th. Traubenzucker verlieren
hierbei 11,14 p. c. Wasser, allein der Rückstand besafs, obwohl die
Temperatur nicht über 60° stieg, eine braune Farbe und roch nach Cara-
mel {Berzelius). Dieser Verlust beträgt auf 2 At. kristallisirten Zucker
5 Atome Wasser (11,3). Nach Peligot besitzt die nach seiner Methode
dargestellte und bei 150° getrocknete Verbindung folgende Zusammen-
setzung: C24H42 021, 6PI>0, wonach der kristallisirte Zucker 7 At. Was-
ser verliert , indem er 6 At. Bleioxid aufnimmt. Allein die von Peligot
erhaltenen, Resultate (66,0 — 66,4 Bleioxid, 14,1 Kohlenstoff und 2,1
Wasserstoff)' stimmen genauer noch mit der Formel C12 H22 0X1 -4- 3PbO,
als mit der von ihm gewählten. Es ist hieraus klar, dals der Trauben-
zucker in dieser Bleiverbindung dieselbe Zusammensetzung besitzt wie der
kristallisirte Rohrzucker, und dafs die Bleiverbindung entsteht, indem 3
Atome Wasser in dem kristallisirten Traubenzucker ersetzt werden durch
ihre Aequivalente au Bleioxid.
Kalk und Baryt lösen sich leicht und in beträchtlicher Menge in einer
Auflösung von Traubenzucker, deren Siifsigkeit dadurch vermindert wird;
sie reagiren alkalisch und bräunen sich äusserst leicht in erhöhter Tempe-
ratur. Setzt man soviel Kalk zu Traubenzucker bis die Siifsigkeit ver-
schwunden ist, so erhält man beim gelinden Abdampfen eine weiche kle-
brige Masse, die sich in Alkohol löst; bei überschüssigem Kalk entsteht
eine basische lösliche Verbindung, die von Alkohol in weilsen käsigen
Flocken gefällt wird; mit Alkohol gewaschen bildet sie eine weifse Masse,
die an der Luft durch Anziehung von Feuchtigkeit durchscheinend wird,
nach völligem Austrockuen, wobei sie leicht gebräunt wird, enthält sie
24,26 p. c. Kalk. Diese entsprechen sehr nahe 2 Atomen Kalk, die bei
ihrer Verbindung mit dem Zucker 2 At. Wasser ersetzt haben (100 Th.
sollten hiernach geben 23,89 Kalk). Mit Kohlensäure zersetzt liefert diese
Verbindung wieder unveränderten Zucker.
798
Zucker.
Vermischt mau nach Peligot Auflösungen von Baryt und Zucker in
verdünntem Holzgeist , so entsteht ein weifser flockiger Niederschlag , wel-
cher mit stets concentrirterem Holzgeist gewaschen, geprefst und im luft-
leeren Raume über concentrirter Schwefelsäure und gebranntem Kalk ge-
trocknet , ein weifses sehr poröses Pulver darstellt. Bei Gegenwart von
Wasser wird die Verbindung beim Trocknen braun. Bei gewöhnlicher
Temperatur getrocknet ist die Zusammensetzung derselben unbekannt; bei
100° wird sie gelblich und enthält alsdann 38 — 37 p. c. Baryt. Nach der
Voraussetzung von Peligot ist ihre Formel folgende: C24 HS6 02S , 3BaO,
nemlich eine Verbindung von 3 At kristallisirtem Zucker, der seinen gan-
zen Wassergehalt behalten hat; mit 3 At. Baryt; eine Zusammensetzung;
die in so fern unwahrscheinlich ist; da der Zucker für sich schon bei 100°
Wasser verliert. Die Verbrennungen mit Kupferoxid gaben 33,1 bis 33,9
p. c. Kohlenstoff und 4,1 bis 4,6 Wasserstoff, zu der angegebenen Menge
Kohlenstoff ist derjenige nicht hinzugerechnet worden, welcher in Verbin-
dung mit dem Baryt nach der Verbrennung zurückblieb.
Ueber die Identität der unter dem Namen Traubenzucker ver-
einigten Zuckerarten.
Obwohl die Gleichheit in der Zusammensetzung und den chemischen
Eigenschaften der unter dem Namen Traubenzucker vereinigten Zucker-
arten allgemein angenommen wird, so ist doch nicht unbemerkt zu lassen,
dafs die Angaben einiger Chemiker mit dieser Voraussetzung im Wider-
spruche stehen. Die Formel des im trocknen luftleeren Raume getrockne-
ten diabetischen Zuckers ist naeh Peligot und Prout C12 H23 014. Der aus
Malz und Stärke bereitete Zucker verliert hingegen nach Guerin Varry
unter denselben Umständen 3 Atome Wasser und wird zu C12 H24 012.
Alle Beobachter stimmen darin überein, dafs der aus Stärke mit Schwefel-
säure bereitete Zucker sowie der Honig und Malzzucker vor dem Siede-
punkte des Wassers schmelzen und Wasser verlieren. Die Formel C12H28014
mufs sich hiernach ändern, allein Saussure fand, dafs der kristallisirte
Traubenzucker bei 100° getrocknet dieser Formel entspreche, dafs mithin
kein Wasserverlust stattfinde.
Zucker Schwefelsäure.
Entdeckt von Peligot. Schmilzt man Stärkezucker im Wasserbade
und mengt die geflossene Masse mit concentrirter Schwefelsäure , welche ,
um die heftige Erhitzung zu vermindern, in kleinen Portionen unter be-
ständiger Abkühlung zugesetzt werden mufs, so vereinigen sich beide mit
einander zu einer bei unreinem Zucker oder zu grofser Erhitzung gefärb-
ten Verbindung. Löst man sie im Wasser und sättigt sie mit kohlensau-
rem Baryt, so fällt schvvefelsaurer Baryt zu Boden und zuckerschwefel-
saurer Baryt bleibt aufgelöst. Durch Zusatz von basisch essigsaurem Blei-
oxid zu dieser Flüssigkeit erhält man anfänglich einen gefärbten Nieder-
schlag, den man absondert, nach diesem einen andern Niederschlag, der
bei 170° getrocknet nach der Formel C24 H40 020 , S03 , 4PbO zusammen-
gesetzt ist. In Wasser zertheilt und durch Schwefelwasserstoffsäure zer-
setzt, erhält man die Zuckerschwefelsäure als eine siifssaure Flüssigkeit,
welche die blauen Pflanzenfarben röthet, Barytsalze nicht fällt und mit
fast allen Basen lösliche Salze bildet. Durch gelinde Erwärmung und Ab-
dampfen, selbst in der Leere bei gewöhnlicher Temperatur wird sie zer-
setzt in Zucker und freie Schwefelsäure, welche die Barytsalze fällt,
iPeligot).
Die Verbindungen des Traubenzuckers sind hiernach:
3Ci2 Hao O10 in der Zuckerschwefelsäure.
3C12 H20 010 -4- 63aq°( in der B,eiverbindun&
Constitution der Saccharate.
T99
n . NaCl2) in der bei 100° getr°ckneten Kochsalz-
2Cia H20 G10 •+• 4aq £ Verbindung.
3BaO ) ,
ac13 h10 o„ + °8“rf
in der ßarytverbindung? ( Peligot .)
2Cia H20 010
SC12 H20 010
8aq kristallisirt.
4aq getrocknet bei 100°.
lieber die Constitution der Verbindungen der Zuckerarten
mit Basen.
Peligot und andere Chemiker betrachten den Trauben- und Rohrzucker
als einen Körper, der sich gegen Basen wie eine Säure verhält, die Ver-
bindungen selbst als Salze. Gegen die saure Natur des Zuckers wendet
Graham ein, dafs es keine Säure gebe, welcher die Fähigkeit abgehe mit
Kali und Natron Salze zu bilden, eine Fähigkeit, die den Zuckerarten
mangele; er hält es fiir wahrscheinlicher, dafs der Zucker ein wasserhal-
tiger, den Salzen analoger Körper sey, in dem- sich das nicht als Kri-
stallwasser gebundene Wasser durch Bleioxid, Kalk und Baryt ersetzen
lasse, indem sie in basische Salze übergehen; Kali, Natron und Silberoxid
vertreten in sauren Verbindungen hingegen stets nur dasjenige Wasser,
welches darin die Rolle einer Baste spielt, daher es keine basischen Salze
dieser Oxide giebt, und dies erklärt, warum sie keine Verbindungen mit
den Zuckerarten bilden. ObwTohl sich diese Ansicht iin Allgemeinen nicht
als begründet ansehen läfst, indem es viele Körper giebt, wäe Allantoin
und andere, welche die Fähigkeit besitzen, Verbindungen mit Silberoxid
einzugeben, ohne mit Kali, Natron, Baryt etc. Salze zu bilden, so giebt
die Eigenschaft der Zuckerarten, mit Kochsalz Verbindungen zu bilden,
welche den Doppelsalzen analog sind , dieser Ansicht nichts desto weniger
ein besonderes Gewicht. Wollte man diese Verbindungen als Salze gel-
ten lassen, so müfste mit demselben Rechte der Holzgeist, als Säure be-
trachtet Werden, denn er verbindet sic.h wie der Zucker mit Baryt und
Kalk und geht eine Verbindung ein mit Chlorcalcium.
ln Beziehung auf die Constitution der verschieden#) Zuckerarten ver-
dient bemerkt zu wrerden, dafs, wie Biot entdeckte, ein Strahl polarisir-
teu Lichtes, wenn er durch eine Rohrzuckerauflösung geht, in der Pola-
risationsebene eine Aufeinanderfolge von Regenbogenfarben zeigt, w^enn
sie nach Rechts eine kreisförmige Drehung erhält, dafs der unkristallisir-
bar gewordene Rohrzucker und der Zucker in dem Traubensaft, welche
beide vollkommen gährungsfähig sind , diese Farben bei einer Drehung
nach Links zeigen , dafs der kristallisirte Traubenzucker , Stärkezucker
und diabetische Zucker dieselbe Eigenschaft wie der kristallisirte Rohr-
zucker zeigen, obwohl die Intensität der Farben geringer ist, dafs die
beginnende Gährung in dem Trauben-, Stärke- und diabetischen Zucker
diese Eigenschaft nicht ändert, während unter denselben Umständen bei
dem Rohrzucker die Farben bei einer Drehung nach Rechts nicht sichtbar
sind, sondern erst in der Polarisationsebene erscheinen, wenn sie eine
Drehung nach Links erhält.
Transformationen und Zersetzungsprodukte des Rohr - und
Traubenzuckers.
Es ist früher erwähnt worden, dafs der Rohrzucker für sich in der
wässerigen Auflösung lange Zeit hindurch einer höheren Temperatur aus-
gesetzt, noch schneller beim Kochen mit verdünnter Schwefelsäure in
Traubenzucker übergeht, der sich mit Schwefelsäure zu verbinden yer-
mag, und es ist höchst wahrscheinlich, dafs die Veränderung, welche
kochender Rohrzuckersyrup erleidet , wenn demselben selbst kleine Men-
gen organischer Säuren zugesetzt werden , auf derselben Ursache beruht,
dafs sich hierbei Traubenzucker bildet, welcher die Fähigkeit besitzt, mit
den zugesetzten Säuren sich zu verbinden. Diese neuen Verbindungen
besitzen den süfsen Geschmack des Zuckers und die Eigenschaft, durch
800
Zuoker,
Zusatz von Hefe in Gährung überzugehen , allein sie sind unkristallisirbar,
werden bei starker Concentration in der Wärme nach der Abkühlung fest,
und diese feste Masse zerfliefst an der Luft zu einem Syrup. Weinsäure,
Kleesäure, Citronsäure, Aepfelsäure, Chinasäure, selbst Essigsäure, ge-
hen in dieser Weise Verbindungen mit dem Zucker ein und können davon
durch Alkalien nicht mehr getrennt werden , sie rauben dem Zucker seine
Kristallisirbarkeit. Die Existenz dieser Verbindungen ist die Ursache, dafs
man aus süfsen Pflanzensäften, welche eine saure Reaction besitzen, kei-
nen kristallisirbaren Zucker erhält, bei dem Abdampfen liefern sie einen
Syrup, der bis auf die Abwesenheit der Fähigkeit, regelmäfsige feste
Formen anzunehmen, alle Eigenschaften der Zuckerarten besitzt. Man
hat diesen Syrup als eine eigene Zuckerart betrachtet und demselben den
Namen Schleimzucker gegeben (Melasse), allein es müfs als gewifs betrach-
tet werden, dafs er keine eigenthümliche Art ausmacht, sondern eine
Verbindung des gewöhnlichen Zuckers oder ein Produkt der Einwirkung
fremder Materien ist. Der bei dem Raffiniren des Rohrzuckers abfallende
Syrup enthält Zersetzungsprodukte des Zuckers, welche durch Alkalien
entstehen.
a) Zersetzungsprodukte des Zuckers durch Säuren. Eine Auflösung
von Rohrzucker kalt mit verdünnter Schwefelsäure stehen gelassen ver-
wandelt sich vollständig in Traubenzucker, die concentrirte Säure verkohlt
ihn unter einer sehr energischen Einwirkung. Der Traubenzucker kann,
wie schon bemerkt, mit concentrirter Schwefelsäure zusammengerieben
werden, ohne sich zu schwärzen , es ist hieraus klar, dafs die Zersetzung
durch Schwefelsäure erfolgt, ehe er die Verwandlung in Traubenzucker
erlitten hat. Concentrirte Salzsäure verhält sich wie die Schwefelsäure,
mehr verdünnte damit zum Sieden erhitzt verwandelt ihn in eine feste, gal-
lertartige, braune Masse, welche im Wasser sehr wenig mit brauner Farbe
löslich ist und durch Waschen mit Wasser rein erhalten werden kann. Dieser
Körper hat einerlei Ansehen und Beschaffenheit, gleichgültig .bei welcher
Temperatur oder durch welchen Concentrationsgrad der Säure er erhalten
wurde, allein seine (Rheinische Zusammensetzung ist höchst verschieden. Durch
Auflösung des Zuckers in verdünnter Salzsäure (1 Th. Salzsäure, 1 Th.
Wasser) beim Sieden erhalten, stellt er getrocknet ein leichtes braunes
oder braunschwarzes Pulver dar, welches bei 140° getrocknet nach dbr
Formel C24 H22 09 (gefunden 64,1 Kohlenstoff, 4,70 Wasserstoff (Nfem)
zusammengesetzt ist. Durch Kochen des Zuckers mit sehr verdünnter
Schwefelsäure erhält man zwei dem Ansehen nach gleiche Substanzen,
welche von Boullay und Malaguti , die sich mit ihrer Untersuchung be-
schäftigten, als identisch mit dem TJlmin und Ulmsäure angesehen und
demgemäfs mit demselben Namen benannt wurden, allein höchst wahr-
scheinlicher Weise haben beide mit dor Materie, die aus vermodertem
Holze entsteht, nur die Farbe gemein. Die eine dieser Substanzen löst
sich in Ammoniak und Alkalien , die andere ist darin unlöslich ; die letz-
tere bezeichnen wir mit Sachulmin , die andere mit Sachulmsäure.
Das Sachulmin setzt sich bei langem Kochen einer Auflösung von
Zucker in sehr verdünnter Schwefel-, Salpeter- oder Salzsäure ab, (10
Zucker, 30 Wasser und 1 Schwefelsäure) in Gestalt von braunen, glän-
zenden, dem Ansehen nach kristallinischen Füttern , es ist stets mit Sach-
ulmsäure gemengt, von der man es durch Behandlung mit Ammoniak trennt,
in dem das Sachulmin nicht löslich ist. Die Sachulmsäure löst sich in Al-
kalien und Ammoniak mit brauner Farbe und wird daraus durch Säuren
in braunen Flocken niedergeschlagen; mit den alkalischen Erden und Me-
tallsalzen bilden diese Auflösungen braune Niederschläge; getrQcknet stellt
sie ein braunes, glanzloses Pulver dar, welches unlöslich ist in Alkohol
und Aether; bei langem Sieden mit Wasser verwandelt sie sich in Sach
ulmin d. h. sie verliert ihre Löslichkeit in Alkalien, ohne ihre Zusammen-
setzung zu ändern. Malaguti erhielt durch ihre Analyse in 100 Theilen
57,48 Kohlenstoff, 476 Wasserstoff und 37,67 Sauerstoff , was der For-
mel 02 Hj O entspricht. Boullay gelangte zu derselben Formel.
Gl ucinsäur e.
801
Mit Sachulmsäure gesättigtes Ammoniak giebt mit Silber- und Kupfer-
oxidsalzen und cssigsaurem Bleioxid braune Niederschläge, die sich beim
Waschen mit reinem Wasser nicht in salzhaltigem ( Do ullag') lösen; ist
hingegen das Alkali bei der Fällung vorherrschend, so sind die Nieder-
schläge beständig. Nach Buullaij’s Analyse enthält der Silbcrniederschlag
mit einer gesättigten Lösung von Sachulmsäure in Kali bereitet, 28,57,
nach Malaguti 24,5 — 24,1 Silberoxid, der Kupferniederschlag 10—11
p. c. Kupferoxid , woraus sich fiir das Atomgewicht der Sachulmsäure die
Zahl 4061 und ihr zufolge die Formel C30 H50 01S ergiebt. Hiernach würde
diese Substanz sich mit Oxiden verbinden ohne ein Aequivalect Wasser
abzugeben. Ob die Materie in diesen Niederschlägen in ihrer Zusammen-
setzung mit der Säure selbst übereinstimmt, ist nicht untersucht.
Wird nach Malaguti eine Auflösung von Zucker in verdünnter Schwe-
felsäure in offenen Gefäfsen mehrere Tage lang gekocht, so wird Sauer-
stoff aus der Luft aufgenommen, es entsteht neben den ebenerwähnten
Produkten Ameisensäure; 20 Th. Hohrzucker, 60 Th. Wasser und 1 Th.
Schwefelsänrehydrat lieferten nach geständigem Sieden 6,50 Sachulinin
und Sachulmsäure und 2,236 wasserfreie Ameisensäure, bei Abschlufs der
Luft findet die Bildung von Ameisensäure nicht statt.
Eine Auflösung von Zucker in Schwefelsäure, die mit 4 Th. Wasser
verdünnt ist, verwandelt sich beim Sieden vollständig in eine braune Ma-
terie und in eine reichliche Menge Ameisensäure, welche iiberdestillirt.
Die ßilduug der letzteren findet statt bei völligem Abschlufs ' der Luft.
b) Durch Alkalien . Rohrzucker kann in Kalilauge, Baryt und Kalk-
wasser gelöst und zum Sieden ^erhitzt werden, ohne dafs die Farbe der
Flüssigkeit sich ändert; wird, er aber in diesem Zustande sehr lange einer
höheren Temperatur ausgesetzt, so färbt sich die Flüssigkeit braun; es
entsteht, wenn dies bei Zutritt der Luft vorgenommen wird, durch Sauer-
stoffaufuahme , Ameisensäure (Malaguti), die mit dem Alkali sich verbin-
det, und zwei neue von Peligut entdeckte Säuren, wovon die eine dun-
kelbraun und im Wasser unlöslich, die andere farl^jps und an der Luft
zerfliefslich ist; die erstere bezeichnet Dumas mit Melasinsäure, die andere
mit Glucinsäure. Es ist höchst wahrscheinlich, dafs in diesem Fall der
Rohrzucker sich in Traubenzucker verwandelt, welcher durch Alkalien
diese Veränderungen leicht und schnell erleidet.
Glucinsäure. Diese Säure bildet sich aus Traubenzucker, wenn eine
mit Kalk oder Baryt gesättigte Lösuug desselben in einem verschlossene^
Gefäfse sich selbst überlassen wird. Nach einigen Wochen hat die Flüs-
sigkeit ihre alkalische Reaction verloren und die Basen ‘können durch einen
Strom Kohlensäure nicht mehr abgeschieden werden. Versetzt man diese
Auflösungen mit basisch essigsaurem Bleioxid , so erhält man e*inen weifsen
voluminösen Niederschlag, welcher durch Schwefelwasserstoffsäure zer-
setzt, die Säure in Verbindung mit Wasser liefert. Sie ist ausserordent-
lich löslich und stellt im luftleeren Raume getrocknet eine nicht kristalli-
nische, dem Gerbstoff ähnliche, Masse dar; sie zieht mit Begierde Wasser
aus der Luft au, die Lösung schmeckt deutlich sauer und röthet die Pflan-
zenfarben, alle ihre neutralen Salze scheinen löslich zu seyn, bis auf das
basische Bleisalz, aus welchem sie abscheidbar ist. Nach der Analyse
von Peligot, welche der Bestätigung bedarf, enthält das Bleisalz 69,3 bis
70,5 Bleioxid, 14,2 bis 14,8 Kohlenstoff und 1,9 Wasserstoff, woraus
sich folgende Formel berechnet: C24 Hä0 01S -+• 6PbO , oder im hypothe-
tisch wasserhaltigen Zustande C34 H30 01S 6 aq. Die Säure in diesem
Salze würde sich hiernach bilden indem sich von 2 At. Traubenzucker die
Elemente von 7 Atomen Wasser abscheiden. Da aber das Bleisalz offen-
bar mehr Basis enthält als dem neutralen Salze entspricht, so ist es mög-
lich, dafs der Säure im wasserhaltigen Zustande die Formel C2i H3ü 01S -4-
3aq oder 3(C8H1003 ■+• aq) angehört. Das als Basis functionirende Wasser
hinzugerechnet , trennen sich bei ihrer-Bildung von 2 At. Zucker die Ele-
mente von 10 At. Wasser.
802
Zucker.
Melasinsäure. Diese Säure erzeugt sich aus dem Traubenzucker bei
der Einwirkung von Alkalien in der Wärme. Mischt man eine warm ge-
sättigte Lösung von Barythydrat, Kali- oder Natronlauge mit geschmolze-
nem Traubenzucker, so löst er sich mit heftiger Wärme und Wasser-
dampfentwickelung auf, die Mischung nimmt eine braune Farbe an, die
bei fortgesetzter Erhitzung noch dunkler wird ; es entsteht anfänglich Glu-
cinsäure , als deren Zersetzungsprodukt Melasinsäure auftritt. Die tief-
braune wässerige Lösung läfst, mit überschüssiger Salzsäure versetzt, die
Melasinsäure in Gestalt eines schwarzen flockigen Absatzes fallen, wel-
cher anfänglich mit sehr verdünnter Salzsäure, zuletzt mit Wasser aus-
gewäschen rein erhalten wird. Durch die Analyse dieser Materie erhielt
Peligot 63 bis 63,9 Kohlenstoff, 5,3 bis 5,4 Wasserstoff, und Dumas be-
rechnet hieraus die Formel C24 H24 O10.
Nach Malaguti entsteht durch Einwirkung der Alkalien auf Zucker bei
Zutritt der Luft und in erhöhter Temperatur Ameisensäure und Sachulm-
säure.
Neben der Melasinsäure findet sich mit den Alkalien eine nicht flüchtige
Materie verbunden , welche die Silbersalze mit ausserordentlicher Leich-
tigkeit reducirt (Zuckersäure?).
c) Durch erhöhte Temperatur bei Berührung mit Kalk. — - Metaceton ;
Formel C6 H10 O. Ein Gemenge von 1 Th. Zucker mit 8 Th. feingeriebe-
nem Kalk aufs innigste gemischt und in einer Retorte bis auf 14° erhitzt,
bläht sich plötzlich auf, es destillirt hierbei neben einer schwachen Ent-
wickelung von brennbarem Gase eine brennbare Flüssigkeit über, welche
ein Gemenge von Aceton mit Metaceton ist. Zusatz von Wasser scheidet
das letztere ab. Durch Rectifikation erhält man die zuletzt übergehenden
Portionen rein. Das Metaceton. stellt eine farblose Flüssigkeit dar von
angenehmem Geruch, sie siedet bei 84°, ist mischbar mit Alkohol und
Aether, nicht löslich in Wasser. Seiner Zusammensetzung nach läfst sich
dieser Körper als Aceton betrachten minus 1 At. Wasser C6 Hi2 02 — H20
== C6 H,0 O. 1 At.gZueker enthält die Elemente von
nl At. Aceton C3 H6 O
1 At. Metaceton C6 H10 O
3 At. Kohlensäure C3 06
1 At. Wasser 02 O
Ci2 H18 09
d) Durch erhöhte Temperatur. — Caramel . Rohrzucker schmilzt bei
180° zu einer klebrigen, farblosen Flüssigkeit, die naoh dem Erkalten zu
einer durchsichtigen amorphen Masse erstarrt bei etwas
höherer Temperatur wird er braun, bei 310 — 320° bläht er sich auf und
verwandelt sich in eine schwarze, dem Anthrazit ähnliche, glänzende,
poröse Masse, welche Peligot mit Caramel bezeichnet. Bei der Bildung
des Caramel entwickelt sich ausser Wasser, was von Spuren eines brenz-
lichen Oels und Essigsäure begleitet ist, kein anderes Produkt. Der käuf-
liche Caramel enthält wechselnde Beimischungen von Zucker. Man erhält
den Caramel vom Zucker und einem bitterschmeckenden Produkt, was den
gebrannten Zucker stets begleitet, frei, wenn man den Rückstand von der
Schmelzung des Zuckers in wenig Wasser löst und die Lösung mit Alko-
hol mischt; der Caramel schlägt sich in diesem Fall im reinen Zustande
nieder, während die Beimischungen gelöst bleiben.
Reiner Caramel stellt ein tief dunkelbraunes oder schwarzes Pulver
dar, was sich sehr leicht in Wasser mit schöner Sepiafarbe löst, die Auf-
lösung ist geschmacklos, ohne Wirkung auf Pflanzenfarben , sie geht durch
Hefe nicht in Gährung über; in Alkohol ist er unlöslich. Basische Blei-
salze sowie Barytwasser werden von seiner wässerigen Auflösung gefällt.
Die Zusammensetzung des Barytniederschlags ist wechselnd, er enthält
30 bis 2 t p. c. Baryt.
Wird der Zucker über die angegebene Temperatur hinaus erhitzt, so
entsteht aus dem Caramel durch Verlust einer neuen Quantität Wasser ein
Zuckersäure und ihre Salze.
803
im Wasser unlösliches Produkt, bei höherer Temperatur entwickeln sieb
brennbare Gasarten, cs bleibt eine schwerverbrennliche Kohle im Rück-
stand.
Nach den Analysen von Peligot besitzt der Caramel die nemliche Zu-
sammensetzung wie der Rohrzucker in seiner Verbindung mit Bleioxid,
nemlich C12 Hx8 09 (die Analysen gaben 46,6 bis 47,5 Kohle und 6,1 bis
6,3 Wasserstoff). Er entsteht hiernach aus dem Rohrzucker, indem sich
von seinen Bestandtheilen die Elemente von 2 At. Wasser trennen. Trau-
benzucker liefert unter denselben Umständen das nemliche Produkt.
Zuckersäure.
Zusammensetzung: CJ2 HI0 0X1 -f- 5aq C12 H20 016.
Oxidationsprodukt der Einwirkung verdünnter Salpetersäure auf Rohr-
oder Traubenzucker. Von Scheele für Aepfelsäure gehalten, Guerirt Varry
gab ihr den Namen Acide oxalhydrique (Hydroxalsäure) ; sie ist von Erd-
mann, von Hefs , zuletzt von Thaulow näher untersucht worden.
Darstellung : Man erhitzt 1 Theil Zucker oder Gummi mit 2 Theilen
Salpetersäure, verdünnt mit 10 Theilen Wasser, solange man noch Ein-
wirkung bemerkt, sättigt die erhaltene Flüssigkeit mit kohlensaurem Kalk
und vermischt sie alsdann mit neutralem essigsaurem Bleioxid ; es bildet
sich ein reichlicher weifser Niederschlag, der, ausgewaschen und mit Schwe-
felwasserstoffsäure zerlegt wird. Die erhaltene saure Flüssigkeit wird
zur Hälfte mit Kali neutralisirt und im Wasserbade verdampft, bei hinrei-
chender Concentration überläfst man sie dem freiwilligen Verdampfen, wo
saures zuckersaures Kali kristallisirt, was man durch Behandlung mit Kohle
entfärbt. Die durch Verdampfen der farblosen Flüssigkeit erhaltenen Kri-
stalle w'erden mit essigsaurem Bleioxid zerlegt und aus dem erhaltenen
reinen Bleiuiederschlag durch Zerlegung mit Schwefelwasserstoffsäure die
Säure im reinen Zustande dargestellt.
Eigenschaften : In verdünntem Zustande schwach saure Flüssigkeit,
in concentrirtem ein sehr saurer farbloser Syrup, in* dem sich nach langem
Stehen farblose Kristalle bilden (Guerin) ; sie fällt Baryt- und Kalkwas-
ser in weifsen Flocken, die in einem Ueberschufs der Säure verschwinden,
schlägt Kalk und Barytsalze nicht nieder, bringt in salpetersaurem Silber-
oxid keinen Niederschlag hervor; setzt inan zu dieser Mischung Ammoniak,
so entsteht ein weifser Niederschlag, der bei dem gelindesten Erwärmen
zu Metall reducirt wird, was die Oberfläche des Gefäfses mit einem spie-
gelnden Ueberzug bekleidet. Durch Erwärmen mit Salpetersäure entsteht
daraus Klee- und Kohlensäure, mit Manganhyperoxid und Schwefelsäure
erhitzt liefert sie Ameisensäure. Mit wässerigen Alkalien im Ueberschufs
erwärmt bräunt sie sich stark. Die Zuckersäure löst sich in allen Ver-
hältnissen in Alkohol, sehr wenig in Aether; sie löst Zink und Eisen mit
Entwickelung von Wasserstoffgas auf; in verdünntem Zustande aufbewahrt
zersetzt sie sich, sie bedeckt sich mit Schimmel.
Zuckersaure Salze .
Die Zuckersäure ist ausgezeichnet durch die zahlreiche Klasse von
Verbindungen, die sie mit Basen liefert. Indem von den 5 Atomen Was-
ser, die in ihrer Formel die Function einer Basis vertreten, ein, zwei
irnd mehr Atome durch Metalloxide vertreten werden , entstehen fünf
Reihen von Salzen, von denen die folgenden, deren Zusammensetzung
bekannt ist, hier erwähnt werden:
Cia H10 Ou -+- 5aq Zuckersäurehydrat.
KO )
CI2 H10 On -+• 4aa £ Sauerreagirendes Kalisalz.
C,ft Hi0 Ou H- A4aq°£ Ammoniaksalz
Cu H|0 Oji -+• 3aq i Bteisalz.
804
locker,
#L
C„ H10 Ou •+■ Zinksalz.
ft* H„ Ou -h 3}^\ 3. Bleisalz.
C12 Hio 0,, -+- 5PbO 8. Bleisalz.
Wenn man die Bestandteile des Wassers, <^as in diesen Formeln als
die Funktion einer Basis vertretend aufgefülirt ist, zu den Elementen der
Säure rechnet, so beobachtet man leicht, dafs die Zuckersäure die Ele-
mente von zwei Atomen Schleimsäure C12 H20 016 = 2C6 H10 08 enthält,
dafs das Zink- und Bleisalz eine dem schleimsauren Silberoxid analoge
Zusammensetzung haben, daPs mehrere der andern Salze mit den analo-
gen citfonsauren isomer erscheinen. Die Erzeugung einer isomeren Säure
durch einen Oxidationsprocefs aus zwei Materien (Zucker und Milchzucker),
welche durch Gährung einerlei Produkte liefern, macht die Frage über
eine ähnliche Constitution beider zu einer höchst interessanten Aufgabe.
Was die Eigenschaften der zuckersauren Salze betrifft, so bieten sie
wenig Interesse dar; das einatomige Kalisalz kristallisirt in farblosen, fei-
nen, kurzen, concentriscli gruppirten, schiefen rhombischen Nadeln oder
Prismen, es ist in kaltem Wasser schwerlöslich; das einatomige Ammo-
niaksalz besitzt das’uemliche Aussehen und ist in 82 Th. kaltem, in 4 Th.
siedendem Wasser löslich. Die zweiatomigen Natron- und Ammoniaksalze
sind nicht kristallisirbar, das letztere verliert beim Abdampfen Ammoniak
und geht theilweise in saures Salz über. Das zweiatomige Zinksalz erhält
man durch Auflösung von Metall in der wässerigen Säure, sobald die Flüs-
sigkeit sich der Neutralität nähert, schlägt es sich als weifses, kristalli-
nisches, körniges Pulver nieder; das zwei- und dreiatomige Bleisalz er-
hält man durch Fällung des eioatoinigeu Kalisalzes mit Salpeter- oder es-
sigsaurem Bleioxid ; das fünfatomige Bleisalz bildet sich als ein schwerer,
körniger Niederschlag, wenn in eine kochende Auflösung von essigsaurem
Bleioxid die Säure oder eine Auflösung des Kalisalzes tropfenweise zuge-
setzt wird.
lieber sicht der Zusammensetzung der Verbindungen
der Zucker arten und ihrer Zersetzungsprodukte.
Die Analysen der Verbindungen des Zuckers mit Basen und Säuren ,
so wichtig sie auch für die nähere Kenntnifs dieser verbreiteten und eine
so wichtige Rolle in der Natur spielenden Materien sind, lassen stets noch
eine groPse Ungewifsheit über die Formel, welche ihre wahre Constitution
ausdrückt. Obwohl Rohr- und Traubenzucker durch ihren Geschmack und
durch manche Produkte, die sie durch ihre Zersetzung liefern, grofse
Aehulichkeit miteinander haben, so ist es dennoch, wenn ihr chemisches
Verhalten beachtet wird, ausserordentlich wahrscheinlich, daPs beide ein-
ander nicht näher als wie Stärke und Holzfaser zum Traubenzucker ste-
hen. Die concentrirten Miueralsäuren , welche auf den Traubenzucker
kaum eine Wirkung äufsern, zerstören den Rohrzucker mit der gröfstea
Leichtigkeit, und umgekehrt läfst sich ohne Zersetzung kaum ein Alkali mit
Traubenzucker zusammenbringen, während Rohrzucker mit Kalk, Baryt
und Bleioxid Verbindungen bildet, die sich in trocknem Zustande nicht
verändern. Traubenzucker bildet mit Alkalien eine ganz verschiedene
Reihe von Zersetzungsprodukten als wie Rohrzucker CBraconnotJ , und
ihr Verhalten gegen polarisirtes Licht ist eben so entgegengesetzt
Wäre ihre Constitution ähnlich und beide nur durch einen verschiedenen
Hydratzustand von einander verschieden, so müfste sich der Trauben-
zucker mit derselben Leichtigkeit in Rohrzucker verwandeln lassen als
wie es umgekehrt geschieht, und jeder Anhaltpunkt zur Erklärung ihres
so ganz entgegengesetzten chemischen Verhaltens würde fehlen.
Die Aehnliphkeit zwischen beiden erstreckt sich nur auf ihren Ge-
schmack, den sie mit andern Substanzen theilen, auf ihre Fähigkeit mit
Milchzu cker
805
J
Kochsalz eine Verbindung einzugehen, und auf die Eigenschaft durch Gäh-
rung bei Berührung mit Hefe in einerlei Produkte zu zerfallen; allein man
kann mit Gewifsheit annehmen, dafs der Rohrzucker erst nach seiner Um-
wandlung in Traubenzucker gährungsfähig wird.
Die Zusammensetzung der Transformations- und Zersetzungsprodukte
der Zuckerarten ist folgende:
C12 H18 09 -f- 2u q Rohrzucker.
C12 H18 09 Caramel.
C12 H1S 01S Zuckersäure C Thaiilow ) in dem sauren Kalisalz.
C12 H16 014 do. in dem Zinksalz.
Clt Hi4 013 in dem 2ten Bleisalz.
C12 H10 On in dem 5atomigen Bleisalz.
»VaCia Hj2 t)6 Sach ulmsäure ( Malaguti , Boiillay ).
2C12 H12 06 -S- H6 03 Glucinsäure.
%C12 H10 04 -J- HjO braune Materie aus Rohrzucker mit conceu-
trirter Salzsäure (^Stein ).
2Cl2 Hx 2 Os Melasinsäure ( [Peligot ).
Aus dieser Zusammenstellung ergiebt sich, dafs 7 Atome wasserfreier
Zucker die Elemente von 1 At. Zuckersäure, 3 At. Melasinsäure und 17
At. Wasser enthalten; 2 Atome Zuckersäure enthalten ferner die Bestand-
teile von 1 At. Melasinsäure , 1 At. Ameisensäure und 4 At. Kleesäure.
Diese Betrachtung dürfte vielleicht zur Aufklärung der Bildung der Me-
lasinsäure führen können. Jedenfalls verdient hervorgehoben zu werden,
dafs die Zuckersäure eine gleiche Anzahl KohlenstolFatome mit dem Zucker
gemein hat, und dafs ihre Bildung auf eine ähnliche Weise vor sich zu
gehen scheint wie die der Essigsäure aus Alkohol.
Aus dem Verhalten der abgehandelten Zuckerarteu geht für den Pro-
cefs ihrer Darstellung hervor, dafs Pflanzensäfte, welche freie Pflanzen-
säuren und Rohrzucker enthalten, beim Erhitzen zum Sieden und Abdam-
pfen keinen Rohrzucker, sondern Traubenzucker und Verbindungen des
letzteren mit Pflanzensäuren liefern, die unkristallisirbar sind. Aber bei
lang anhaltendem Erhitzen des Rohrzuckers für sich, bei seinem Cöntact
mit Schwefelsäure, noch schneller beim ^Erhitzen damit, wird er theilweise
ebenfalls in Traubenzucker umgeändert. Dieser letztere nun, welcher
demnach nur selten in den Flüssigkeiten fehlt, aus denen man in den
Zuckerfabriken den Rohrzucker gewinnt, geht bei dem Klären des Saftes
mit ätzendem Kalk schnell und leicht entweder in Glucinsäure oder in
Melasinsäure über; durch die Bildung der ersteren verschwindet ein Ae-
quivalcnt von Zucker für jedes Äquivalent Kalk, es entsteht glucinsaurer
Kalk in der Melasse. Der Saft der Runkelrüben enthält Kochsalz und
Kalisalze; mit dem Kochsalz geht der Rohrzucker eine an der Luft zer-
fliefsliche Verbindung ein, und 6 Theile Zucker werden für jeden Theil
Kochsalz als unkristallisirbarer Syrup in der Mutterlauge bleiben. Die
Kalisalze werden durch den ätzenden Kalk zerlegt, der concentrirte Sy-
rup enthält freies Kali, durch die Einwirkung desselben auf den Zucker in
der Wärme entsteht Melasinsäure, welche den Syrup dunkelbraun färbt.
Es ist klar, dafs die von vielen Fabrikanten nach der Klärung des Saftes
mit Kalkmilch vorgeschlagene Neutralisation des freien Alkali’s mit Schwe-
felsäure ( Kodweis, Annalen der Pharmacie Bd. XII. S. 61) der Theorie
vollkommen entspricht, indem sie von der Praxis längst schon die Bestä-
tigung erhalten hat.
Milchzucker .
Formell C/24 U48 O24 oder O24 O19 -}■* önqj bet 130°
getrocknet C24 H3s öi9 + 3aq. in Verbindung mit Bleioxid
C24 H3 8 Ö19 + 5PbO und C24 H38 Oi0 + lOPbO. (Berzelius.J
Zuerst von Bertholdi 1619 beobachtet, bis jetzt ist er ausschliefslich
nur als Bestandteil der Milch der Säugethiere bekannt.
806
Milchzucker.
§. 145. Darstellung .* Durch Verdunstung und Kristal-
lisation aus den Molken. Durch Behandlung mit geglühter
Holzkohle und neue Kristallisationen erhält man die Kristalle
farblos.
§. 146. Eigenschaften : Der Milchzucker kristallisirt aus
wässerigen Lösungen in harten, zwischen den Zähnen kra-
chenden, weifsen durchscheinenden, vierseitigen, mit vier
Flächen zugespitzten Prismen, von blätterigem Gefüge und
1,5+3 spec. Gewicht; löst sich in 5 — 6 Th. kaltem, in .2%
kochendem Wasser, ohne einen Syrup zu bilden. Die Kri-
stalle auf die Zunge gebracht, besitzen einen schwach süfsen
Geschmack, in der concentrirten Auflösung ist derselbe hervor-
stechender. Zuerst bis ISO, sodann bis 140° erwärmt verliert
er sein Wasser ohne zu schmelzen ; schnell und stark erhitzt
schmilzt er unter starker Färbung bei £50°, er verliert, wenn
das Schmelzen verhütet wurde, 5,3 p. c. Wasser = 1 At. ;
verändert sich nicht an der Luft, nicht bei 100°, und ist in
Aether und Alkohol unlöslich. In sauren und alkalisehen Flüssig-
keiten ist der Milchzucker viel löslicher als in reinem Wasser, in Metall-
auflösungen bringt der Milchzucker keinen Niederschlag hervor, seine
Auflösung wird durch Galläpfelinfusion nicht gefällt.
Mit verdünnten Mineralsäuren, Schwefel- oder Salzsäure gekocht,
verwandelt sich der Milchzucker in Traubenzucker, er liefert nach Vogel
etwas weniger als sein eigenes Gewicht. (Der Theorie nach sollten 100
Theiie durch Aufnahme von 2 At. Wasser 103,8 Th. geben.)
Mit concentrirten Mineralsäuren liefert er die nemlichen Materien
(Sachulmin und Sachulmsäure), wie der Traubenzucker, und beim Zu-
sammenreiben mit Kalihydrat und Wasser löst er sich unter Erhitzung auf
zu einer braunen Flüssigkeit, aus welcher Weingeist eine fade und bitter-
schmeckende, an der Luft Feuchtigkeit anziehende, dicke Flüssigkeit fällt,
welche Metallsalze fällt CBouillon-Lagrange und Vogel). Der Weingeist
soll hierbei essigsaures Kali aufnehmeu. In welcher Beziehung dieselbe zu
dem Milchzucker und der Glucinsäure steht, bleibt noch auszumitteln.
Mit Salpetersäure erwrärmt liefert der Milchzucker Schleimsäure, von
welcher ein Theil in Kleesäure verwandelt wird. Gegen leicht reducir-
bare Metalloxide verhält sich der Milchzucker ähnlich wie Rohr- und
Traubenzucker, die Oxide werden in Oxidul und Metall verwandelt, wäh-
rend sich Ameisensäure bildet; Metallauflösungen zugesetzt verhindert er
die Fällung vieler Oxide durch Alkalien. Wässerige Arsensäure nimmt,
mit Milchzuckerauflösuug gemischt, nach einiger Zeit eine rothbraune Farbe
an ; in Pulvergestalt absorbirt der Milchzucker Ammoniak CBerzelius ) und
salzsaures Gas ( Bomllon-Lagrange und Vogel), er geht eine Verbindung
mit Bleioxid ein. — Geht mit Hefe und in der Milch in geistige Gährung
über.
Milchzucker - Bleioxid. Bei Digestion einer Milchzuckerauflösung mit
Bleioxid in der Siedhitze bräunt sich die Flüssigkeit, unterhalb 60° bleibt
sie farblos; es bilden sich hierbei drei Verbindungsstufen, ein schweres
körniges, nach dem Trocknen gelbes Pulver liegt auf dem Boden des
Gefäfses, es enthält 87,3 p. c. Bleioxid; eine weifse schleimige, nach
dem Trocknen durchscheinend und gelblich werdende Verbindung schwimmt
in der Flüssigkeit, sie enthält 63,539 Bleioxid. Die klare Flüssigkeit von
beiden abfiltrirt hinterläfst nach dem Trocknen eine durchsichtige, gummi-
artige, bei 100° gelbe Masse, welche 18,13 p. c. Bleioxid enthält (Ber~
%elius).
t
Sehleimsäu re.
807
Oxidationsprodukte des Milchzuckers .
Schleimsäure.
Zweibasische Säure. Formel: C12 H16 014 -+- 2aq. Symb. M -+- 2aq
(Berzelius , Malaguti). Von Scheele entdeckt.
Bildung: Bei der Behandlung des Milchzuckers, Gummi’s, Gallen-
siifs , Manuit mit verdünnter Salpetersäure. Aus t At. kristallisirtem Milch-
zucker entstehen 2 At. kristallisirte Schleimsäure, indem zu den Bestand-
teilen des ersteren 12 Atome Sauerstoff treten, während 4 Atome Was-
ser abgeschieden werden.
Darstellung : 1 Theil Milchzucker (oder Gummi) wird in einer Retorte
oder Porzellanschaale in 4 Th. Salpetersäure von 1,42 und l Th. Wasser
aufgelöst und bis zum Aufhören des Aufbrausens erwärmt; beim Erkalten
fällt die Schleimsäure nieder; aus Milchzucker wird sie stets rein erhal-
ten, aus Gummi ist sie kalkhaltig, man reinigt die letztere durch Auflö-
sung in einem Alkali und Fällung durch eine Säure.
Eigenschaften : Weifses kristallinisches Pulver von sandig säuerlichem
Geschmack, röthet die Pflanzenfarben, in 66 Th. siedendem Wasser lös-
lich, unlöslich in Alkohol, schwerlöslich in verdünnten Säuren, löst sich
mit carminrother Farbe, bei starker Erhitzung unter Schwärzung, in con-
centrirter Schwefelsäure, es entsteht hierbei wahrscheinlich eine Doppel-
verbmdung beider Säuren; mit Baryt neutralisirt bleibt nemlich in der
Auflösung eine grofse Menge Baryt (Malaguti); wird durch anhaltendes
Sieden, Abdampfen bei 100° in modificirte Schieimsäure verwandelt; bei
der trocknen Destillation schwärzt sie sich, unter andern Produkten sub-
limirt Pyroschleimsäure.
Schleimsaure Salze.
Die Schleimsäure neutralisirt 2 Atome Basis, indem die beiden als
Hydratwasser in der Formel aufgefuhrten Atome Wasser ganz oder zum
Theil ersetzt werden durch Aequivalente von Metalloxiden. Die Salze mit
alkalischer Basis sind löslich, die andern, welche eine alkalische Erde
oder ein schweres Metalloxid enthalten, sind unlöslich. Durch Behandlung
mit Mineralsäurcn werden die Metalloxide unter Frehverdung der Schleim-
säure entzogen. Das Silbersalz enthält 2 Aeq. Silberoxid, das Bleisalz
ist M,2PbO-f-2aq; sie bildet mit Kali und Natron 2 Reihen von Salzen, in
der einen Reihe ist ein Atom Wasser durch 1 Atom des Alkali’s, in der
andern sind zwei Atome Wasser durch 2 At. Alkali ersetzt. Diese Salze
sind ihrer Zusammensetzung nach nur wenig bekannt. Das schleimsaure
Silberoxid erhält man in Gestalt eines weifsen gelatinösen Niederschlags.
Schleimsaures Ammoniak ; MH-2AdH40 (Malaguti). — Darstel-
lung : Eine reine warme Auflösung von Schleimsäure wird mit kohlensau-
rem Ammoniak übersättigt; nach dem Erkalten kristallisirt das Salz in
vierseitigen abgeplatteten Prismen ; sie lassen sich ohne Zersetzung um-
kristallisiren und verlieren bei 110° kein Ammoniak (Malaguti).
Schleimsaures Aethyloxid ; M , 2AeO. Von Malaguti entdeckt. —
Darstellung : Man löst 1 Th. Schleimsäure in 4 Th. concentrirter Schwe-
felsäure bei gelinder Erwärmung, der schwarzgewordenen Mischung setzt
man 4 Th. Alkohol von 0,814 zu und läfst 24 Stunden stehen, nach
welcher Zeit alles zu einem Haufweike von gefärbten Kristallen erstarrt
ist, die man durch' Waschen und neue Kristallisationen aus Alkohol rein
erhält.
Eigenschaften: Farblose, durchscheinende, dreiseitige Prismen von
1,17 spec. Gewricht bei 20°, bei 158° schmelzbar, bei .135° erstarrend,
zerlegen sich bei 170° in Alkohol, Kohlensäure, Essigsäure, Brenzschleim-
säure, es bleibt Kohle im Rückstand, sie lösen sich wenig in kaltem, sehr
leicht in siedendem Wasser, die Auflösung schmeckt bitter und liefert beim
Erkalten vierseitige Prismen mit rhombischer Basis, von 1,32 spec. Ge-
808
Modificirte Schleimsäure,
wicht , bei 158° schmelzend und bei 122° erstarrend, sie lösen sich in
2,27 kaltem Wasser und 155 Th. kaltem Alkohol, in siedendem leichter,
unlöslich in Aether. Zerlegt sich beim Sieden der wässerigen Auflösung,
schneller beim Zusatz von Kalk-, Baryt- und Strontianwasser in Alkohol
und schleimsaure Salze. Trocknes Ammoniakgas wirkt unter 170° nicht
darauf ein, in Ammoniakgas der trocknen Destillation ausgesetzt erhält
man daraus ein sehr aromatisch riechendes Oel, was sich in Wasser mit
gelber Farbe löst. In Chlorgas gelinde geschmolzen entsteht daraus eine
- gelbe, nicht kristallinische, in Alkohol sehr lösliche Materie.
Modificirte Schleimsäure.
Laugier beobachtete, dafs beim Kochen und kochendheifsen Abdam-
pfen einer gesättigten Auflösung von Schleimsäure in Wasser diese Säure
neue Eigenschaften annimmt, es bleibt ein etwas gefärbter Rückstand von
viel saureren Eigenschaften, als die Schleimsäure besitzt, sie geht in mo-
dificirte Schleimsäure über. Diese modiflcirte Schleimsäure unterscheidet
sich von der Schleimsäure durch ihre grölsere Löslichkeit in Wasser und
durch ihre Löslichkeit in Alkohol, so wie durch die Verschiedenheiten in
den äusseren Eigenschaften der Verbindungen, die sie mit Basen bildet.
Aus Alkohol kann sie durch freiwillige Verdunstung in quadratischen Blätt-
chen kristallisirt erhalten werden, sie löst sich in 17,2 siedendem Was-
ser, in 73 Th. kaltem; läfst man die kochend gesättigte Auflösung erkal-
ten, so bilden sich darin Kristalle der gewöhnlichen Schleimsäure; ihre
Salze sind leichter löslich wie die schleimsauren , in ihrer wässerigen Lö-
sung sowie in Verbindung mit Basen geht sie leicht in gewöhnliche Schleim-
säure über. Eine kochend gesättigte Lösung von modificirter Schleimsäure
trübt sich bei Neutralisation mit Aetzammoniak, es schlägt ein unauflös-
liches Ammoniaksalz dieser Säure nieder, während unter gleichen Ver-
hältnissen eine Auflösung der gewöhnlichem Schleimsäure erst nach langer
Zeit Kristalle absetzt. Durch trockne Destillation liefert die modificirte
Schleimsäure die nemlichen Produkte wie die gewöhnliche.
In Beziehung auf die Zusammensetzung der kdstallisirteh veränderten
Schleimsäure hat Malaguti in beiden einerlei Mengen derselben Be-
stand th eile erhalten ; durch die Analyse des Silbersalzes der modificirten
Säure erhielt er hingegen weniger Silber als der Zusammensetzung des
gewöhnlichen schleimsauren Silbers entspricht. Das Atomgewicht der letz-
teren ist 1208,546, das durch den Versuch gefundene der modificirten
Säure 1329 und 1320, mithin um die Elemente eines Atoms Wasser gröfser.
Die nähere Ausmittelung der Elemente dieses Silbersalzes kann allein die
Frage über gleiche oder ungleiche Zusammensetzung beider Säuren zur
Entscheidung bringen.
Pyroschleimsäure . Symh. pM + aq.
Formel: C10 H6 04 -4- aq iBoussingault , Malaguti und Pelouze'). Von
Scheele entdeckt und für Benzoesäure gehalten. Bildung durch trockne
Destillation der Schleimsäure. 1 At. Schleimsäure enthält die Elemente
von 1 At. Pyroschleimsäure, 6 At. Wasser, 2 At. Kohlensäure. — Dar-
stellung: Die flüchtigen, festen und flüssigen Produkte der Destillation der
Schleimsäure werden zusammen im Wasserbade zur Trockne eingedampffc
und bei 130 — 140° der Sublimation unterworfen. Das erhaltene gelblich
weifse Sublimat reinigt man durch Kristallisation aus Wasser. — Eigen-
schaften: Weifse, lange, glänzende Blätter, bei 130° schmelzend, in et-
was höherer Temperatur ohne Rückstand verdampfend, legt sich bei der
Sublimation gewöhnlich in öligen Tropfen an, die beim Erkalten kristalli-
nisch erstarren; sie ist unveränderlich an der Luft, in 26 Th. kaltem Was-
ser (Houtton-Labillardiaire) , in 4 Th. siedendem Wasser (Trommsdorffi)
löslich. Aus Wasser kristallisirt besitzt sie das Ansehen der Benzoesäure,
von der sie sich durch ihre gröfsere Löslichkeit in kaltem Wasser unter-
scheidet; sie löst sich leicht in Alkohol und wird durch Salpetersäure nicht
zersetzt.
Schwa mmzucter,
800
Pyroschieimsaure Salze.
Io den Verbindungen der Pyroschieimsaure mit Basen wird das Hy-
dratwasser der Säure durch ein Aequivaleut der Base ersetzt; das pyro-
schieimsaure Aethyloxid, -Baryt uud -Silberoxid siud wasserfrei. Alle neu-
tralen pyroschleimsauren Salze mit metallischer Basis sind löslich, die al-
kalischen sind leichtlöslich in Wasser und zum Theil in Alkohol, die übri-
gen schwerlöslich uud kristallisirbar. Basisch essigsaures Bleioxid wird
von der Säure gefällt.
>
Pyroschleimsaures Aethyloxid pMu, AeO. Von Malayuti entdeckt. —
Darstellung : 10 Th. Pyroschieimsaure, 20 Th Weingeist (von 0,814) und
5 Th. concentrirter Salzsäure werden unter Ömaliger Cohobation der De-
stillation unterworfen. Das Produkt der letzteren Destillation liefert mit
Wasser vermischt die Verbindung; sie scheidet sich in ölartigen Tropfen
ab, welche nach einiger Zeit kristallinisch erstarren. Man wäscht sie mit
Wasser und unterwirft sie der Destillation ; das zuletzt übergehende ist
rein und wasserfrei. — Eigenschaften: Farblose, durchsichtige, breit-
gedriickte Prismen mit rhomboidaler Zuspitzung, fettig im Aofuhleu, von
aromatisch eigentümlichem Geruch und ähnlichem Geschmack und 1,21)7
spec. Gewicht, schmelzbar bei 34°, siedet bei 208 — 240°; das spec. Ge-
wicht des Dampfes ist 4,859. In Wasser wenig, in Alkohol und Aether
in allen Verhältnissen löslich, nicht entzündlich in einer Lichtflamme, färbt
sich beim Aufbewahren; in Ammoniakgas unveränderlich, zersetzbar durch
Alkalien, löslich und zersetzbar durch Schwefelsäure, Salzsäure und Sal-
petersäure. ln Chlorgas gebracht erleidet er eine eigentümliche Verän-
derung, er schmilzt darin unter Erwärmung, ohne Entwickelung von
Salzsäure oder einem andern Produkt und sein Gewicht verdoppelt sich.
Nach der Entfernung des freien Chlors hat man eine syrupartige farblose
Flüssigkeit von starkem aromatischem Geruch uud bitterin anhaltendem
Geschmack; sein spec. Gewicht ist 1,496, ohne Wirkung auf Pflanzen-
farben; iu der Wärme zersetzbar unter Salzsäureeutwickelung und Schwär-
zung, leichtlöslich in Alkohol und Aether, in Wrasser und feuchter Luft
undurchsichtig uud milchähnlich werdend; er wird hierbei unter Bildung
von Salzsäure zersetzt. Mit Kalilauge in Berührung tritt starke Erhitzung
ein, der Aether forbt sich und es bildet sich ein weifser käseähnlicher
Absatz, der bei Zusatz von Wasser und Erwärmung verschwindet, die
Auflösung entwickelt in diesem Fall Alkohol, sie ist braunroth gefärbt,
enthält Chlorkalium, aber keine Pyroschleimsäure. In Alkohol gebracht,
der mit Ammoniakgas gesättigt ist, schwärzt sich der Aether unter Bil-
dung von Salmiak und blausaurem Ammoniak. Nach Malayuti verbindet
sich das pyroschieimsaure Aethyloxid in diesem neuen Produkt mit 8 At.
Chlor (seinem gleichen Gewicht). Seine empirische Formel ist C14 H1606C18,
was mit dem Resultate seiner Analyse genau übereinstimmt. Leber die
Art, wie die Bestandteile in diesem Produkt mit einander vereinigt sind,
weifs man nichts , jedenfalls scheint die Entwickelung von Alkohol bet
seiner Zersetzung mit Alkalien darauf biuzodeuten , dafs die Pyroschleim-
säure und nicht das Aethyloxid hierbei eine Veränderung erlitten bat.
Die neue Verbindung kann nach Berzelius seyn ein Gemenge von pyro-
traubensaurem Aethyloxid mit der niedrigsten Chlorstufe des Kohlenstoffs
C4 HJ0 0, C6 H6 Oä,C4 Cl8.
Schwammzucker .
Wiggers erhielt durch Ausziehung des Mutterkorns mit Alkohol und
Behandlung des weingeistigen Extrakts mit Wasser eine süfs schmeckende
Flüssigkeit, aus der sich, zur Syrupconsisteuz abgedampft, geschobene,
vierseitige, mit zwei Flächen zugespitzte, farblose, durchsichtige Prismen
absetzten, welche sich leicht im Wasser und Alkohol, nicht in Aether
lösten und mit Hefe in Berührung Alkohol und Kohlensäure lieferten; beim
Geigers Pharmacie . I. (5(e Auß.) 5%
810
Zucker.
Erhitzen schmelzend, in höherer Temperatur sich mit Caramelgeruch ver-
kohlend ; mit Salpetersäure erhitzt lieferten sie Kleesäure , mit essigsau-
rem Kupferoxid gekocht wird kein Kupferoxidul gefällt, eine Eigenschaft,
worin sich diese Zuckerart von Rohrzucker unterscheidet. Nach einer
von Pelouze und J. L. angestellten Analyse mit nicht ganz reiner Materie
erhielten sie 38,3487 p. c. Kohlenstoff und die übrigen Bestandteile, Was-
serstoff und Sauerstoff, in dem nämlichen Verhältuifs wie im Wasser, so
dafs seine Zusammensetzung durch die Formel C12 H26 015 genau ausge-
drückt wird.
Der unter dem Namen Schwamrazucker von Braconnot beschriebene
Körper ist Mannit.
Geschmackloser Zucker,
Thenard erwähnt in seinem Handbuch der Chemie, 6. Ausg. T. 4.
S. 351, dafs er zuweilen aus dem diabetischen Haru (Diabetes insipidus)
anstatt des gewöhnlichen in seinem Verhalten mit dem Traubenzucker
identischen Zuckers, eine grofse Quantität völlig geschmackloser oder sehr
wenig süfser Kristalle erhalten habe, eine Beobachtung, die von Bouchar-
dat neuerdings bestätigt wurde. Dieser geschmacklose Zucker geht mit
Ferment in die Weiugährung über, mit yro Schwefelsäure und hinreichen-
dem Wasser gekocht nimmt er den Geschmack des Traubenzuckers an,
dessen Form und Löslichkeit er im übrigen besitzt. Dieser Körper ver-
dient eine genauere Untersuchung.
Vorkommen und Bildung des Zuckers.
Bei dem Traubenzucker sind mehrere Verfahrungs weisen angegeben,
aus denen hervorgeht, dafs Zucker aus Holzfaser und Stärke entstehen
kann , wenn diese Materien unter gewissen Bedingungen mit Säuren in
Berührung gebracht werden; es entsteht ebenfalls Zucker durch Berührung
von Stärke mit einem warmen Auszug von gekeimtem Getreide ; es ist
ferner erwähnt worden, dafs durch Zerlegung des Salicins, des Phlorid-
zins mit Sauren, dafs durch Berührung von Amygdalin mit dem Weifse'n
von süfsen und bittern Mandeln unter andern Materien ebenfalls Zucker
gebildet wird. Diese Entstehungsweisen sind für die Pflanzenphysiologte
von grofser Wichtigkeit, indem sie Aufschlufs über eine Menge von Er-
scheinungen geben. In Stärkmehl enthaltenden Früchten und Saamen ent- ,
wickelt sich beim Keiinungsprocefs Zucker, sie werden süfs , indem das
Stärkmehl verschwindet; es ist evident, dafs hierbei die Veränderung von
einer stickstoffhaltigen Materie abhängig ist, welche ein Auszug von ge-
keimtem Getreide aufgelöst enthält und die man Diastasc genannt hat.
Obwohl die eigentliche Wirkungsweise der Diastase noch nicht genügend
erforscht ist, so bleibt es eine unläugbare Thatsache, dafs der Vorgang ,
selbst kein organischer, sondern ein chemischer Procefs ist. Der Zucker
wird bei der Entwickelung der jungen Pflanze zur Bildung ihres Skeletts
verbraucht, er verschwindet bei den meisten mit der Entstehung der Holz-
faser. Holzfaser und Zucker sind bei gleichem Kohlenstoffgehalt nur durch
das Verhältuifs von einander verschieden, in welchem sie die Elemente des
Wassers enthalten. Bei dem Reifen von fleischigen Früchten, Aepfeln,
Birnen und anderm Winterobst bemerkt man die umgekehrte Erscheinung;
im unreifen Zustande bestehen sie grofseutheils aus Zellgewebe , was die
Elemente der Holzfaser enthält, in welchem ein Saft eiugeschlossen ist,
der wenig Zucker, eine gummige Materie und eine grofse Menge freie
Säure enthält; bei dem Reifen derselben verschwindet ein Thoil der Säure
durch den Einflufs des Sauerstoffs der Luft, das Zellgewebe vermindert
sich und an seiner Stelle vergröfsert sich der Gehalt au Zucker; anstatt
einer harten, holzigen, sauren Frucht hat man bei manchen Birnsorten
einige Wochen nachher, nachdem sie vom Baume genommen, einen syrup-
artigen, süfsen Saft, der von einer lederartigen Schaale umgeben ist.
Weingeistige Gährung,
81!
Weingeistige Gährung.
Mit geistiger Gährung bezeichnet man eine eigentümliche Zersetzungs-
weise der Zuckerarten, in der sich ihre Elemente zu neuen, unter den-
selben Umständen stets gleichbleibenden, Verbindungen ordnen.
Bei Berührung von vielen in Zersetzung begriffenen, faulenden oder
verwesenden Materien mit einer Zuckerlösung verschwindet bei einer
Temperatur zwischen -j-4° bis 30° nach 24 Stunden oder länger der süfse
Geschmack der Auflösung, es entwickelt sich reines kohlensaures Gas
und die Flüssigkeit erhält berauschende Eigenschaften; sie enthält Alko-
hol, den man durch Destillation daraus gewinnt. Vergleicht man die Zu-
sammensetzung der Produkte, die man bei diesem Zersetzungsprocefs er-
hält, mit der des Zuckers, woraus sie hervorgegangen sind, so findet
man in dem Kohlenstoffgehalte derselben den Kohlenstoffgehalt des Zuckers
Mieder.
Der Traubenzucker enthält, in dem bei 100° getrockneten Zustande,
die Elemente von 4 At- Kohlensäure und 2 At. Alkohol.
C4 08 ==: 4 At. Kohlensäure,
C8 H24 04 = 2 At. Alkohol.
C12 H24 Oia = 1 At. bei 100° getrocknetem Traubenzucker.
Hiernach müssen sich von 1 At. kristallisirtem Traubenzucker bei der
Gährung 2 At. Wasser trennen , und 100 Th. von diesem Zucker müssen
liefern 44,84 Kohlensäure, 47,12 Alkohol und 9,04 Wasser. Gucrin-
Varry erhielt in seinen Versuchen auf 10,572 Kohlensäure, 11,071 Al-
kohol und 10,632 Kohlensäure auf 11,066 Alkohol, in dem einen also auf
44,82 Kohlensäure 46,95 Alkohol, in dem andern auf dieselbe Menge
Kohlensäure 47,0 Alkohol. Es geht hieraus hervor, dafs in der Gährung
durch eine einfache Umsetzung der Elemente des Zuckers die neuen Pro-
dukte gebildet werden, ohne dafs die Elemente des Körpers, welcher die
Metamorphose hervorbringt, Antheil daran nehmen.
Nach der Formel, die wir für die Zusammensetzung des kristallisirten
Rohrzuckers angenommen haben, enthält derselbe die Elemente von 4 At.
Kohlensäure, 2 At. Aethyloxid und 1 At. Wasser, und es fehlen mithin
die Elemente von 1 At. Wasser, um bei seiner Zersetzung die nemlichen
Produkte zu geben, die man von 1 At. trocknem Traubenzucker erhält.
Durch genaue Versuche ist ermittelt worden, dafs von 100 Theilen
Rohrzucker 50,3 bis 51,27 Kohlensäure und 52,62 Alkohol erhalten wer-
den. Die Summe der Gewichte der Produkte beträgt 103,89, mithin mehr
als das Gewicht des der Gährung unterworfenen Zuckers. Diesen Mehr-
betrag findet man als Wasserstoff und Sauerstoff in dem Verhältnifs, wo
sie beide Wasser bilden, in dem erhaltenen Alkohol wieder. Es ist dem-
nach gewifs, dafs bei der Gährung des Rohrzuckers die Elemente von
1 At. Wasser Antheil an der Metamorphose nehmen. 100 Theile Rohr-
zucker und 5,025 Wasser (C12 Ha2 Ou 4-HjO) liefern bei der Gährung
51,298 Kohlensäure,
53,727 Alkohol.
105,023
Der Procefs der Gährung ist die Fäulnifs eines stickstofffreien Kör-
pers, das heifst eine Metamorphose, in welcher sich die Elemente eines
zusammengesetzten Atoms je nach ihren speciellen Anziehungen zu feste-
ren , innigeren Verbindungen ordnen. Sie wird beMirkt durch alle Kör-
per, deren Elemente sich an und für sich in einem Zustande der Um-
setzung befinden. Bei sehr zusammengesetzten stickstoffhaltigen Materien
fängt die Fäulnifs (Gährung) für sich bei Gegenwart von Wasser und
einer erhöheten Temperatur an und dauert von selbst bis zur Zerstörung
des Körpers fort; stickstofffreie hingegen bedürfen der Gegenwart eines
8U
Zucker.
in Fäulnifs (io Gährung) befindlichen stickstoffhaltigen Körpers; der in
Zersetzung begriffene Pflanzenleim, Kleber, das vegetabilische Eiweif s,
die man im Allgemeinen mit Ferment bezeichnet, eignen sich hierzu am
besten; faulende tierische Stoffe jeder Art können aber dieselbe Zer-
setzung hervorbriagen.
Die Rührung oder Fäulnifs findet nur bei zusammengesetzten organi-
schen Atomen einer höheren Ordnung statt. Das Verhalten dieser Verbin-
dungen gegen alle darauf einwirkende Agentien zeigt, dafs die Kraft, mit
welcher ihre Elemente zu der eigentümlichen Verbindung zusammenge-
halten sind, sehr schwach ist. Jeder darauf einwirkende Körper veran-
lafst eine neue Ordnung dieser Elemente, cs entstehen neue zusammen-
gesetzte Produkte, welche selbst in einer und derselben Zersetzungsweise
von einander verschieden sind. Man kann annebmen, dafs die Atome die-
ser zusammengesetzten Körper, zu weichen die Zuckerarten gehören, nur
durch das Beharrungsvermögen, durch die Trägheit zusammengehalten sind,
dafs jede Störung des Gleichgewichts in der Anziehung der Elemente eine
neue Ordnung derselben bedingt. Zu diesen Störungen gehört nun der
Einflufs, den ein in Zersetzung begriffener Körper auf einen andern aus-
übt, welcher der nämlichen Zersetzungsweise fähig ist. Das Ferment ist
ein faulender Körper, dessen Atome sich in einer beständigen Umsetzung,
in einer unaufhörlichen Bewegung befinden. Diese Bewegung teilt sich
den Atomen des Zuckers mit, sie hebt das statische Moment in der An-
ziehung seiner Elemente auf; indem sie aufhöreu in dem Zustande oder in
der Ordnung zu beharren, in welcher sie Zucker bilden, vereinigen sie
sich nach ihren speciellen Anziehungen. Der Kohlenstoff des Zuckers theilt
sich in den Wasserstoff und Sauerstoff, es entsteht auf der eineu Seite
eine Kohlenstoffverbindung, welche den gröfsten Theil des Sauerstoffs
(Kohlensäure), auf der andern eine Kohleustoffverbindung, die allen Was-
serstoff (Alkohol) enthält. Diese Zersetzungsweise ist bei allen faulenden
oder überhaupt bei allen in einer Metamorphose begriffenen organischen
Körpern die nämliche, nur mit dem Unterschiede, dafs die Produkte je
nach der Zusammensetzung der in Fäulnifs begriffenen Materien wechseln.
Es ist sehr wahrscheinlich, dafs der Rohrzucker, ehe er in die gei-
stige Gäfarung übergeht, bei Berührung mit Ferment sich iu Traubenzucker*
verwandelt, dafs es mithin der Traubenzucker allein ist, welcher in Koh-
lensäure und Alkohol hierbei zerfällt.
Milchzucker ist zu den Zuckerarten gerechnet worden, weil als eine
wohlbewiesene Thatfsache angesehen werden mufs, dafs derselbe in der
Milch unter denselben Erscheinungen verschwindet, welche die Gähruiig
der ander« Zuckerarten charakterisiren , wenn sie sich selbst bei einer
angemessenen Temperatur überlassen wird ; es entwickelt sich nämlich
kohlensaures Gas und in der Flüssigkeit findet sich Alkohol. Auch bei dem
Milchzucker ist es ausserordentlich wahrscheinlich , um nicht zu sagen
gewifs, dafs er vor seinem Zerfällen in die genannten Produkte in Trau-
benzucker übergeht, denn die Gährung der Milch findet erst nach ihrem
Sauerwerden statt, und zu Ende derselben findet sich in dem Rückstände
eine grofse Menge einer organischen Säure. Man weifs nun, dafs durch
die Wirkung vieler Säuren der Milchzucker in Traubenzucker verwandelt
wird und man kann kaum daran zweifeln , dafs vor oder während der
Gährung der Milch die nämliche Transformation vor sich geht.
Bei der Gährung von zuckerhaltigen Pflanzensäften scheinen die Ele-
mente anderer darin aufgelöster Bestandteile wesentlichen Anteil an der
Bildung der hierbei auftretenden Produkte zu nehmen. Durch die Einwir-
kung der Luft auf Trauben und Obst und andere Pflanzensäfte wird eine
Veränderung der aufgelösten stickstoffhaltigen Materien des Klebers, Pflan-
zenleims, vegetabilischen Eiweifses eingeleitet, in Folge deren die Zer-
setzung des Zuckers beginnt und bis zu seinem völligen Verschwinden
von selbst fortfährt. Nach dem Beginnen der Gährung dieser Pflanzensäfte
kann die Luft abgeschlossen werden, ohne dafs damit selbst die Zersetzung
aufgehaUen wird , die stickstoffhaltigen Bestandteile des Saftes schlage«
sich unaufhörlic?) als sogenannte Hefe, Ferment , nieder, man findet in J a
M a n n i t
8ia
%
gegohrnen Flüssigkeiten neben Alkohol noch andere Substanzen , Oenanth -
säureäther , Fuselöl, welche vor der Gährung in den Säften nicht vorhan-
den waren, sie sind höchst wahrscheinlich Erzeugnisse gegenseitiger Ein-
wirkungen der stickstoffhaltigen Bestandteile des Saftes auf den darin ent-
haltenen Zucker; doch ist dieser Procefs nach dieser Seite hin zu wenig
erforscht, als dafs man jetzt schon eine Erklärung versuchen könnte.
Eine ganz bestimmte Aufeinanderwirkung der aufgelösten Stoffe findet
in der sogenannten schleimigen Gährung statt, als deren Hauptprodukte
Mannit und Milchsäure auftreten.
Schleimige Gährung.
Wenn der Saft von Runkelrüben, gelben Rüben, Zwiebeln oder an-
dern zuckerhaltigen Materien, einer Temperatur von 30 — 40° ausgesetzt
wird, so stellt sich eine lebhafte Gasentwickelung ein, der Rohrzucker
geht in Traubenzucker über, es entwickelt sich kohlensaures Gas , nach
beendigter Zersetzung ist der Zucker völlig verschwunden, in .der Flüs-
sigkeit findet mau nur Spuren von Alkohol, an seiner Stelle enthält sie
aber eine reichliche Menge Milchsäure und Mannit ; sie enthält ausserdem
eiuen durch Alkohol iu Gestalt eines dicken syrupartigen Schleims fällba-
ren Körper, der genau die Zusammensetzung des arabischen Gummi’s be-
sitzt. Milchsäure und Mannit so wie der schleimige Körper scheinen
hierbei iu Folge der Einwirkung der stickstoffhaltigen eiweifsartigen Be-
staudtheile des Saftes auf den Zucker entstanden zu seyn, ausser Ammo-
niak kann kein anderer stickstoffhaltiger Körper in der gegohrnen Flüs-
sigkeit aufgefunden werden. Das arabische Gummi oder ein demselben
gleich zusammengesetzter Körper enthält aber die Elemente des Rohr-
zuckers in den nämlichen Gewichts- und Atom Verhältnissen , und Milch-
säure und Mannit enthalten zusammen die Elemente des getrockneten Trau-
benzuckers minus l At. Sauerstoff.
Mannit C6 Hi4 06
Milchsäure C6 H10 Os
Ci* H24 OiX
Es ist denkbar, dafs beide in Folge einer Desoxidation des Zuckers ent-
stehen, von welchem 1 At. Sauerstoff an die Elemente der stickstoffhalti-
gen Bestandtheile getreten ist. Die schleimige Gährung wird in reinem
Zucker hervorgerufen, wenn er in 20 Th. Wasser gelöst wird, welches
vorher mit stärkmehlfreier Bierhefe oder mit Kleber gekocht wurde und
man diese Auflösung einer Temperatur von 30 — 40° längere Zeit aus-
setzt. C Desfosses , Pelou%e.~) Verdünnte Schwefelsäure , Galiäpfelaufgufs
uud viele andere Materien verhindern diese Zersetzung. Ihres Zusammen-
hanges wegen mit dem Zucker, der zu ihrer Entstehung Veranlassung
giebt, sollen beide in dem Folgenden abgehandelt werden,
Mannit.
Formel: 06 H14 06. — Dieser Körper macht den Hauptbestandteil der
Manna aus, von welcher sein Name abgeleitet ist; er findet sich in dem
ausgeschwitzten Saft mancher Kirsch- und Aepfel - Bäume , in vielen
Schwämmen und manchen Wurzeln, namentlich im Selerie, iu dem bei
höherer Temperatur gegohrnen Saft der Runkelrüben, gelben Rüben und
Zwiebeln; er ist ferner in der Flüssigkeit enthalten, welche bei der Ver-
wandlung der Stärke in Zucker durch Kochen mit verdünnter Schwefel-
säure erhalten wird.
§. 1 47. Darstellung. Zu seiner Darstellung benutzt man
gewöhnlich seine Leichtkristallisirbarkeit aus Alkohol. Die
Materien, welche Mannit enthalten, werden mit Alkohol ko-
chend behandelt, in dem er sich leicht löst. Beim Erkalten
814- Milchsäure.
dieser Auflösung setzt er sich daraus gröfstentheils in feinen
Kristallen ab, die inan durch wiederholte Kristallisationen rein j
erhält. Um aus dem gegohrnen Saft der Runkelrüben Mannit
zu erhalten, dampft man denselben nach Vollendung der schlei-
migen Gährung bis zur Syrupconsistenz ab, und mischt ihn
noch heifs mit seinem gleichen Volumen Alkohol, wo sich ein
dicker, schlüpfriger, zäher Schleim abscheidet. Aus der al-
koholischen Lösung kristallisirt nach der Entfernung des Al-
kohols Mannit in gefärbten Kristallen, die man auf die be-
schriebene Weise reinigt.
$. 148. Eigenschaften : Der Mannit stellt sich gewöhn-
lich in dünnen, farblosen, durchscheinenden, seidenartig glän-
zenden, 4seitigen Prismen dar, von schwachem süfsein Ge-
schmack, ist leichtlöslich im Wasser, schwerlöslich in kaltem,
leichtlöslich in heifsem Alkohol. Die wässerige Lösung kann
durch faulende Stoffe nicht in Gährung versetzt werden 5 er
schmilzt in der Hitze ohne Gewichtsverlust zu einer farblosen
Flüssigkeit, die beim Erkalten kristallinisch erstarrt. Wird
durch Salpetersäure in Oxalsäure und Zuckersäure, nicht in
Schleimsäure, durch Behandlung mit übermangansaurem Kali
in kleesaures Kali verwandelt. Mit concentrirter Arsensäure
in Berührung nimmt er eine ziegelrothe Farbe an. Seine wäs-
serige Auflösung löst Bleioxid auf.
Milchsäure.
Formel der Milchsäure in dem Zinksalz: C6 H10 O*. Symb. L. Das
Milchsäurehydrat ist C6 H10 04 + aq = Lj a«j.
Entdeckt von Scheele in den sauren Molken. Als Acide nanceique
beschrieben von Braconnot. Die Milchsäure kommt nach Berzelius als
Bestandtheil vieler Flüssigkeiten des thierischen Körpers vor, namentlich
ist sie in dem Urin, verbunden mit Harnstoff, vorhanden ( Henry sie er-
zeugt sich bei dem Sauerwerden der Milch, bei der Gährung vieler Pflan-
zensäfte und bei der Fäulnifs thierischer Materien. Die Säure in dem ge-
gohrnen Runkelrübensaft, den gegohrnen weifsen Rüben (^Brassica Rapa),
dem Sauerkraut, den gegohrnen Abkochungen von Reis und Brechnüssen
(Nux vomica), in sauerer Gerberlohe (Jusee), sauer gewordenem Hafer-
schleim, Mandelemulsion, ist grofsentheils reine Milchsäure.
Darstellung : Zu ihrer Darstellung wird milchsaurer Baryt in Wasser
gelöst und durch vorsichtigen Zusatz von verdünnter Schwefelsäure zer-
legt. Die von dem Niederschlag getrennte Flüssigkeit befreit man zuerst
bei gelinder Wärme, zuletzt durch Abdampfen in der Leere über Schwe-
felsäure von allem Wasser. Man erhält auf diese Weise Milchsäurehy-
drat, was man durch Auflösung in Aether nach der Verdampfung des
Aethers vollkommen rein erhält.
Eigenschaften: Das Hydrat der Milchsäure stellt eine syrupähnliche,
farblose Flüssigkeit dar, von 1,215 spec. Gewicht bei 20°, von sehr sau-
rem Geschmack, der sich durch Verdünnen mit Wasser auffallend ver-
mindert, aus der Luft zieht sie Feuchtigkeit an, sie ist mischbar mit Al-
kohol und Aether.
Bei einer Temperatur von 250° zerlegt sich das Milchsäurehydrafc.
Das bemerkenswertheste Produkt dieser Zersetzung ist ein weifser kri-
stallinischer Körper, den man gewöhnlich sublimirte Milchsäure nannte.
Per gröfste Theil der Milchsäure verwandelt sich in diese Materie, die
Mil ch saurer Harnstoff.
815
in weifsen glänzenden Kristallen sublimirt. Durch Pressen zwischen Druck-
papier und Kristallisation aus Alkohol wird sie vollkommen rein erhalten
und stellt in diesem Zustande farblose, glänzende, rhomboidale Blätter dar,
welche bei 107* schmelzen und bei 250° unverändert sublimiren. Die er-
hitzte Substauz verflüchtigt sich an der Luft in weifsen reizenden Däm-
pfen , die sich entzünden lassen ; sie besitzt einen schwach sauren Ge-
schmack, löst sich sehr langsam in kaltem, schnell und leicht in kochen-
dem Wasser, an der Luft ziehen die Kristalle Wasser an und zerfliefsen.
Aus diesen Auflösungen können die Kristalle nicht wiedererhalten werden ;
beim Abdampfen erhält man einen Syrup, welcher die Zusammensetzung
des Milchsäurehydrats und alle ihre Eigenschaften besitzt.
Das Beinerkenswertheste in diesem Körper ist seine Zusammensetzung;
sie wird durch die Formel C6 H8 04 ausgedrückt und unterscheidet sich
von der Zusammensetzung der Milchsäure durch die Bestandteile von 2
Atomen Wasser, welche die letztere mehr enthält, was ihre Bildung aus
der Milchsäure erklärt. Als strenger Beweis für diese Zusammensetzung
kann die Verwandlung in Milchsäurehj'drat betrachtet werden, welche bei
ihrer Auflösung in Wasser vor sich geht.
Da bis jetzt durch Verbindung der Milchsäure mit Basen nur das Hy-
dratwasser des Hydrats, also nur 1 At. Wasser, abgeschieden und ersetzt
werden konnte durch Aequivalente von Metalloxiden, und die damit ver-
bundene Säure als wasserfrei zu betrachten ist, so scheint die sog. sub-
limirte Milchsäure ein Zersetzungsprodukt der wasserfreien Säure zu seyn,
von der sich die Elemente von 1 At. Wasser getrennt haben. Eine nähere
Untersuchung ihrer Eigenschaften so wie ein genaueres Studium der milch-
sauren Salze mufs diese Frage entscheiden. Jedenfalls bleibt es merk-
würdig, dafs dieses Sublimat die Fähigkeit besitzt, 2 At. Wasser wieder
aufzuuehmen, von denen nur 1 At. abscheidbar durch Metalloxide (durch
Zinkoxid) ist.
Die Milchsäure löst frisch gefällten phosphorsauren Kalk in Menge auf,
eine Eigenschaft, welche der Essigsäure abgeht; sie bringt Eiweifs zum
Gerinnen, läfst sich mit kalter Milch ohne Veränderung mischen, coagu-
lirt sie aber beim Erhitzen.
Milchsaurer Harnstoff. Formel: L,C202N2H8
Als Bestandteil des Urins von Cap und Henry entdeckt.
Darstellung. Man erhält diese Verbindung direct durch wechselseitige
Zersetzung von milchsaurem Kalk mit oxalsaurem Harnstoff; nach Entfer-
nung des oxalsauren Kalks dampft man die Flüssigkeit bei gelinder Wärme
ab und läfst sie in einer Glocke über concentrirter Schwefelsäure oder in
der Leere kristallisiren.
Aus dem Menschenharn kann man diese Verbindung direct darstellen,
wenn man ihn bis zur schwachen Syrupconsistenz abdampft, durch Zusatz
von kohlensaurem Kalk die freie Säure hinwegnimmt, die durch Abkühlen
sich abscheidenden Salze entfernt und die filtrirte Flüssigkeit im Wasser-
bade bis zur Bildung eines kristallinischen Absatzes weiter concentrirt.
Sie wird jetzt mit eiuer Mischung von 2 Th. Alkohol und 1 Th. Aether
bei gelinder Erwärmung digerirt , wo sich der milchsanre Harnstoff auf-
löst. Durch Verdampfung der Lösung erhält man ihn in gelblichen pris-
matischen Nadeln kristallisirt, die inan durch Behandlung mit Kohle entfärbt.
Eigenschaften. Der railchsaure Harnstoff kristallisirt in sechsseitigen,
farblosen Nadeln von frischem, stechendem Geschmack; die Kristalle zie-
hen Wasser aus der Luft an und zerfliefsen, sie lösen sich leicht in Al-
kohol, weniger leicht in Aether. Beim gelinden Erhitzen schmelzen sie
und verflüchtigen sich ohne Zersetzung ; bei raschem Erhitzen werden sie
zersetzt, indem ein kokliger Rückstand bleibt.
Nach der Untersuchung von Cap und Henry unterscheidet sich der
milchsaure Harnstoff in seiner Zusammensetzung von dem oxal- und sal-
petersauren Harnstoff, insofern die letzteren noch I At. Wasser in chemi-
scher Verbindung enthalten, das in dem ersfceren fehlt.
810 Milchsaures Aethyloxid, — Zinkoxid.
Milchsäure Salze.
In den neutralen milchsauren Salzeu ist das Hydratwasser der Säure
durch 1 Aeq. Metalloxid ersetzt; man kennt keine sauren Salze, wohl
aber scheint sie basische Salze zu bilden, welche nicht untersucht sind.
Die allgemeine Formel der neutralen milchsauren Salze ist L, MO. Alle
milchsauren Salze sind löslich im Wasser. Die Schwerlöslichkeit des milch-
sauren Zinkoxids in kaltem Wasser wurde von Braconnot zuerst zur Rein-
darstellung eines milchsauren Salzes und zur Scheidung von fremden Sal-
zen benutzt.
Milchsaures Aethyloxid ist nicht bekannt.
Milchsaures Ammoniumoxid , Kali , Natron , sind zerfliefslich.
Milchsaurer Baryt. Dieses Salz erhält man durch Fällung von milch-
saurem Zinkoxid mit Barytwasser; es ist im Wasser sehr löslich und trock-
net an der Luft zu einer durchscheinenden nicht kristallinischen Masse ein.
Es dient zur Darstellung der Milchsäure.
-Milchsaurer Kalk ; L, CaO. Dieses Salz ist in den Krähenaugen nach
Corriol fertig gebildet enthalten. Man kann es daraus erhalten, wenn die
geraspelten Krähenaugen mit Wasser ausgezogen, die Flüssigkeit zur Ex-
tractconsisteuz abgedampft und dieser Rückstand mit kochendem Alkohol
behandelt wird, welcher den milchsauren Kalk aofiöst. Wird der Alkohol
durch Destillation entfernt und die coucentrirte Flüssigkeit der Ruhe über-
lassen, so kristallisirt daraus das Salz in gelben körnigen Kristallen, die
man durch Behandlung mit Kohle und neue Kristallisationen reinigt. Die
Krähenaugen enthalten 2 — 3 p. c. milchsaureu Kalk. Man kann es leicht aus
saureu Molken gewinnen, wenn diese bis zur schwachen Syrupconsistenz
abgedampft, der Rückstand mit Alkohol behandelt und die alkoholische Flüs-
sigkeit, welche alle Milchsäure enthält, mit Kalkhydrat oder Kreide ge-
sättigt wird. Mau destillirt alsdann den Alkohol bis zur Trockne im Was-
serbad ab, löst den Rückstand in wenig Wasser und läfst ihn kristallisi-
ren. ( Henry. } Der milchsaure Kalk kristallisirt in weifsen concentrisch
vereinigten feinen Nadeln, die sich in kochendem leichter wie in kaltem
Wasser lösen; er enthält 29,5 p. c. Kristallwasser = 5' Atome, welche
beim Erhitzen entweichen, während das Salz schmilzt.
Milchsaures Zinkoxid; L, ZnO. Man stellt dieses Salz am besten aus
Sauerkraut auf folgende Weise dar. Das Sauerkraut wird mit Wasser zum
Sieden erhitzt und der heifsen Flüssigkeit solange kohlensaures Zinkoxid
zugesetzt als man noch ein Aufbrausen bemerkt. Die Flüssigkeit wird ge-
klärt und zur Syrupdieke abgedampft , wo das milchsaure Zinkoxid kri-
siallisirt. Die Kristalle entfärbt man durch Kohle und reinigt sie durch
wiederholte Kristallisationen. Man verfährt auf dieselbe Weise, wenn
man es aus sauren Molken oder aus Rübensaft darsteJIen will , mit dem
Unterschied jedoch, dafs man diese Flüssigkeiten bis zur schwachen Sy-
rupconsistenz abdampft, mit Alkohol mischt, wo sich die Milchsäure löst,
während Schleim, Milchzucker und fremde Substanzen Zurückbleiben.
Die alkoholische Lösung der Milchsäure behandelt man nach der Entfer-
nung des Alkohols mit Zinkoxid wie oben angeführt.
Das milchsaure Zinkoxid kristallisirt beim Erkalten der kochend heifs
gesättigten Lösung in schiefen vierseitigen Prismen , welche 3 At. Wasser
enthalten. Die wässerige Lösung giebt mit Alkohol vermischt einen weifsen
Niederschlag, welcher ein basisches Salz eingemengt enthält, was sich
im Wasser löst und daraus kristallisirt ; es scheint 3 At. Zinkoxid zu enc-
jbalten, doch bedarf diese Analyse einer Bestätigung.
Die folgenden milchsauren Salze: Milchsaures Kali , Natron , Ammo-
niumoxid, Thonerde , Nickeloxid, Bleioxid, Quecksilberoxid, sind leicht
löslich und nicht in regeimäfsigen Kristallen zu erhalten.
Methyl. — Methyloxid.
817
Milchsäure Bittererde bildet kleine Kristallblättctien, ist in 30 Th.
kaltem Wasser löslich und enthält 3 At. Wasser.
Milchsaures Eisenoxidul , L , FeO, 3aq, — Kupferoxid , L , CuO, 2aq,
— Silberoxid sind kristallisirbar.
VI) M ethyl.
Formel: C2 H6. Symb. Me.
2 At. Kohlenstoff = 1 52,88
6 At. Wasserstoff — 37,44
1 At. Methyl == 190,32
Mit Methyl bezeichnen wir das hypothetische Radikal des Holzgeistes
und seiner Verbindungen , entsprechend in seinem chemischen Charakter
dem Aethyl, von welchem es sich, wie man leicht bemerkt, durch seine
Zusammensetzung unterscheidet. Seine Verbindungen mit Sauerstoff, Chlor,
Iod, Brom, können durch Behandlung des Methyloxidhydrats mit Schwefel-
säure oder mit den entsprechenden Wasserstoffsäuren des Chlors, Broms
und Jods gebildet und dargestellt werden.
Alle Verbindungen des Methyls lassen sich aus dem Holzgeist dar-
stellen , welcher als Produkt der trocknen Destillation des Holzes zuerst
von Taylor entdeckt, wurde.
Die Ausmittelung seiner chemischen Natur, seiner Zusammensetzung
so wie die seiner Verbindungen, gehört Dumas und Veligot an, welche
ihre wichtigen Entdeckungen in den Annales de chimie Bd. LVIII. S. 5.
bekannt gemacht haben. Alles Folgende ist aus ihren Abhandlungen ent-
nommen.
Methyloxid.
Formel: C2 H6 0 = MeO. (Dumas und Veligot, Kane.l
Darstellung : Man unterwirft eine Mischung von gleichen Raumtheilen
Schwefclsäurehydrat und Methyloxidhydrat (reinem Holzgeist) der Destil-
lation und leitet die sich entwickelnden Gase zuerst in Kalkmilch, sodann
durch mehrere dreihalsige Flaschen, die mit reinem Wasser angefüllt sind.
Die wässerigen Flüssigkeiten enthalten Methyloxid in Auflösung. Man er-
hält beim gelinden Erwärmen daraus reines Methyloxid, was sich als Gas
entbindet; es wird über Quecksilber aufgefangen, und kann durch Stehen-
lassen über Kalihydrat von allem Wasser und den Dämpfen von Methyl-
oxidhydrat, von denen es begleitet ist, befreit werdeu.
Eigenschaften: Farbloses Gas, von augeuehmem Aethergeruch , leicht
entzündlich, mit blafsblauer Flamme brennend, wird bei — 16° nicht flüs-
sig, löst sich in Wasser, was 37 Volumina davon aufnimmt und einen
Aethergeruch und beifsenden Geschmack annimmt; es wird von Alkohol,
von Methyloxidhydrat und concentrirter Schwefelsäure in grüfserer Quan-
tität als von Wasser aufgenommen, durch Zusatz von Wasser trennt es
sich von der Schwefelsäure. Leitet man gleichzeitig Methyloxidgas und
die Dämpfe von wasserfreier Schwefelsäure io einen abgekühlten Ballon,
so vereinigen sich beide zu neutralem schwefelsaurem Methyloxid. (Reg-
nault.y Es vereinigt sich mit den übrigen Sauerstoffsäuren zu neutralen
und sauren Methyloxidsalzen. Seiner Zusammensetzung nach enthält es
die nämlichen Bestandthevle und in dem nämlichen relativen Verhältnisse
wie das Aethyloxidhydrat (Alkohol). Nach dem specifisciien Gewichte
des Gases 1,(5008 enthält es in 1 Vol. Eiu Vol. Kohlenstoff, 3 Vol. Was«»
serstoff und % Vol. Sauerstoffgas.
/
818
Methyl.
Methyloxidhydrat . Hotzgeist .
Formel: C2 H6 0 -f aq. Sy mb. MeO, aq.
Darstellung : Der im Handel vorkommende Holzgeist ist sehr unrein,
er enthält neben Methyloxidhydrat, was darin in gröfster Menge vorhanden
ist, Aceton und mehrere andere brennbare Flüssigkeiten. Die Fähigkeit
des Methyloxidhydrats, mit Chlorcalcium eine Verbindung einzugehen,
welche beim Siedpunkte des Wassers mir schwierig getrennt wird, be-
nutzt man vorteilhaft zu seiner Reinigung. Zu diesem Zwecke wird der
concentrirte käufliche Holzgeisfc mit einem Ueberschufs von Chlorcalcium
in einer Retorte zusammeugebracht , und die Mischung im Wasserbade bei
Siedhitze so lange erhitzt , als noch flüchtige Materien überdestilliren. Za
dem Rückstand in der Retorte bringt man ein dem Volumen des ange-
wendeten Holzgeistes gleiches Volumen Wasser und setzt die Destillation
im Wasserbade fort. Das jetzt übergehende ist wasserhaltiges reines Me-
tliyloxid , was man durch Rectifikation über gebrannten Kalk rein und
wasserfrei erhält.
Es ist zuwreilen der Fall, dafs bei dieser zweiten Destillation die er-
sten übergehenden Tropfen , wenn sie mit Wasser vermischt w erden , sich
noch milchig trüben ; in diesem Falle mufs die Vorlage gewechselt werden.
Eigenschaften : Das Methyloxidhydrat stellt eine wasserhelle , farblose
Flüssigkeit dar von eigentümlichem aromatisch brenzlichem , dem Essig-
äther und Alkohol ähnlichen Geruch , es ist leicht entzündlich und brennt
mit wenig leuchtender Flamme. Es ist mischbar mit Wasser ohne Trübung,
mit Alkohol und Aether in allen Verhältnissen, ohne Wirkung auf Pflanzeu-
farben , es siedet unter einem Luftdruck von 7ölrotu bei 66°, 5°
unter 774tnm Druck bei 00° (Kane) und hat ein spec. Gewicht von 0,798
bei 20° C. Das spec. Gewicht seines Dampfes ist 1,120.
Bei der Destillation von Methyloxidhydrat mit Braunstein und Schwe-
felsäure oder bei Berührung mit Platinschwarz und Luft entsteht eine
Reihe Oxidationsprodukte, unter welchen Ameisensäure und Formomethylel
die bemerkenswerthesten sind. Mit einem Ueberscliufs von concentrirter
Salpetersäure erhitzt wird das Methyloxid in Wasser und Oxalsäure zer-
setzt, setzt man der Mischung salpetersaures Silberoxid hinzu, und ent-
fernt durch Verdampfen die Salpetersäure, so bleibt ein weifser Rück-
stand von oxalsaurem Silberoxid. Durch Chlor wird er schnell und leicht
und mit starker Wärmeentwickelung unter Bildung von chlorhaltigen Pro-
dukten zersetzt. Mit Kalium iu Berührung entwickelt er reines Wasser-
stoffgas, es entsteht eine Verbindung von Kaliumoxid mit Methyloxid,
welche gelöst bleibt. fBoeckmann .) Das Methyloxidhydrat löst in der
Wärme geringe Mengen von Schwefel, Phosphor und viele Harze auf, ist
mischbar mit den meisten ätherischen Oelen und geht kristallinische Ver-
bindungen ein mit Baryt, Kalk und Chlorcalcium.
Methyloxidhydrat und Baryt. Formel: MeO, aq -{- BaO. fDumas .)
Reiner Baryt löst sich leicht in Methy 'oxidhydrat unter Erwärmung auf,
die Auflösung wird braun an der Luft, in der Leere abgedampft erhält
man daraus seidenglänzende Kristallnadcln , wrelche in der Wärme schmel-
zen und bei erhöheter Temperatur kohlensauren Baryt und Kohle binter-
lassen. Im Anfang dieser Zersetzung destillirt Holzgeist, zuletzt ein öl-
ähnlicher Körper über. Nach der Analyse von Dumas und Peliyot ent-
halten 100 Theiie dieser Verbindung 70,5 Baryt , woraus sich obige For-
mel entwickelt.
Methyloxidhydrat und Chlorcalcimn. Formel : 2 (.MeO , aq) -4- CI2 Ca.
(Kane.~) Chlorcalcium löst sich mit grofser Leichtigkeit und unter starker
Erhitzung in Methyloxidhydrat ; iäfst man die warm gesättigte Auflösung
erkalten, so gesteht die Flüssigkeit meistens zu einer kristallinischen Masse;
aus minder concentrirten Auflösungen erhält man beim Abkühlen breite,
sechsseitige Tafeln, welche an der Luft zerfliefsen. In der Leere über
Schwefelsäure getrocknet hinterlassen sie nach dem Giühen 46,7 p. c.
Methylchlorür,
-i odür.
81 »
Chlorcalcium. Durch Wasser wird die Verbindung unter Abscheidung des
Methyloxidhydrats zerlegt.
Methyl und Haloide.
Die Verbindungen des Methyls mit Chlor, Brom und Iod werden ent-
weder direct durch Zusammenbriugen der Wasserstoffsäuren dieser Haloide
mit Methyloxidhydrat oder durch Destillation von schvvefelsaurem Methyl-
oxid mit den correspondirenden Metallhaloiden hervorgebracht.
In dem ersteren Falle verbindet sich der Sauerstoff des Methyloxids
mit dem Wasserstoff der Wasserstoffsäure, während das Haioid (Chlor,
Brom, Iod, Fluor) an die Stelle des Sauerstoffs tritt, z. B. :
Cl2 | H2 Chlorwasserstoffsäure und
Me I O + aq Methyloxidhydrat
geben Methylchlorür j Wasser.
oder das Metall des Metall haloids oxidirt sich auf Kosten des Sauerstoffs
des Methyloxids zu Metalloxid, was sich mit der Schwefelsäure vereinigt,
während das Methyl eine Verbindung mit dem Haioid eingeht.
S03 , O | Me schwefelsaures Methyloxid und
K I F2 Fluorkalium
geben schwefelsaures I
Kali und Methylfluorür.
Die Methylhaloide sind ohue Wirkung auf die Pflanzenfarben, unzer-
setzbar durch Berührung mit Wasser und höchst schwierig durch ätzende
Alkalien , die davon nicht zerlegt werden. Durch Auflösungen von Alka-
lien iu Alkohol oder Methyloxidhydrat werden sie hingegen zersetzt; Me-
tallhaloide uud Methyloxidhydrat sind die Produkte dieser Zersetzung. In
ihren Auflösungen in Methyloxidhydrat oder Alkohol zeigen Metallsalze
die Gegenwart der Haloide nicht an, sie sind brennbar, leicht entzünd-
lich, unter den Produkten der Verbrennung findet sich stets das Haioid in
seiner Wasserstoffverbindung wieder. Methylchlorür entwickelt hierbei
Chlorwasserstoffsäure u. s. w. Durch glühende Röhren getrieben werden
diese Verbindungen zersetzt, es bilden sich Haloidwasserstoffsäuren und
brennbare Kohlenwasserstoffgase unter Absatz von Kohle.
Methylchlorür .
Formel: Me, Cl2. £Dumas und Peliyot.J
Am reinsten erhält man diese Verbindung durch Destillation von schwe-
felsaurem Methyloxid mit trocknem Kochsalz, oder durch Destillation von
Kochsalz , Schwefelsäure und Methyloxidhydrat. Die Produkte der De-
stillation müssen durch Wasser geleitet werden, welches schweflige Säure,
Methyloxid hyd rat und Methyloxid aufnimmt.
Eigenschaften: Farbloses Gas von ätherartigem Geruch und süfslichem
Geschmack; 1 Vol. Wasser löst bei 16° und 765mm Barometerstand 2,8
Vol. Methylchloriirgas auf, es ist entzündlich und brennt mit leuchtender, .
an dem Saume grüngefärbter Flamme, sein spec. Gewicht ist 1,7378, es ent-
hält % Vol. Chlor-, % Vol. Kohlen- und l1/* Vol. Wasserstoffgas; bei
— 18° C. behält es seine Gasform.
Methyliodür.
Formel: Me, I2 (^Dumas').
Zu seiner Darstellung bringt man 12 — 15 Th. Methyloxidhydrat und
8 Th. Iod in eine Retorte, setzt nach und nach 1 Theil Phosphor in klei-
nen Stücken zu und unterwirft das Ganze der Destillation. Beim Yer-
880
Methyl.
mischen des Destillats mit Wasser scheidet sich das Methyliodür ab, es
wird durch neue Destillationen über Chlorcalcium und Bleioxid rein er-
halten.
Eigenschaften: Farblose Flüssigkeit, schwer entzündlich, sie siedet
bei 40 — 50° und besitzt ein spec. Gewicht von 2,237 bei 21°.
Methyl fluorür . Me, F2 (Dumas J.
Darstellung : Durch Destillation von schwefelsaurem Methyloxid mit
Fluorkalium. Eigenschaften: Farbloses Gas von angenehmem, ätherarti-
gem Geruch und 1,180 spec. Gewicht, entzündlich , mit blauer Flamme
brennend, in Wasser löslich, was sein anderthalbfaches Volumen aufnimmt.
Methylcyanür . Me, Cy2.
Durch Destillation von schwefelsaurem Methyloxid mit Cyankalium
erhält man Methylcyanür als eine im Wasser unlösliche ätherartige Flüs-
sigkeit.
Methylsul für. Me, S.
Diese Verbindung soll durch Destillation von Schwefelcalcium mit
schwefelsaurem Methyloxid als ätherartige Flüssigkeit von knoblaucharti-
gem unangenehmem Geruch erhalten werden können.
Methylsulfür - Schwefelwasserstoff ( Sulfhydrate de Sulfur e
de melhylene).
Bei der Destillation von gleichen Theilen einer Auflösung von schwe-
felsaurem Methyloxid-Kaii und schwefehvasserstoffsaurem Schwefelkalium
geht ein äusserst flüchtiger Körper über, welcher den Geruch der ent-
sprechenden Acthyl verbin düng besitzt. Derselbe stellt eine farblose Flüs-
sigkeit dar, welche leichter wie Wasser ist und schon bei 20° siedet; ge-
gen Quecksilber und Bleioxid verhält sie sich wie das schwefelwasser-
stoffsaure Aethylsulfür. Die Quecksilberverbindung ist weifs und kann aus
Alkohol in glänzenden Blättern kristallisirt erhalten werden, welche bei
100° noch nicht schmelzen.
Methyloxidsalze.
Das Methyloxid bildet mit den Sauerstolfsäuren saure und neutrale
Salze. In den neutralen Salzen ist das Hydratwasser der Säure durch
1 Aeq. Methyloxid ersetzt. Die saureu Salze sind Verbindungen von 1
Aeq. des neutralen Salzes mit 1 Aeq. des Hydrates der Säure.
Gegen Alkalien und Salze verhalten sich die neutralen und sauren
Methyloxidsalze genau wie die entsprechenden Aetbyloxidsalze , so dafs
man dieses Verhalten kennt, wenn man in der Beschreibung des letzteren
für Aethyloxid, Methyloxid setzt.
Durch wasserfreie Metalloxide werden diese Verbindungen nicht zer-
setzt, leicht hingegen durch die Hydrate der Alkalien.
Schwefelsaures Methyloxid , neutrales.
Formel: MeO, S03 (Dumas und PeligolJ.
Beim Vermischen von Schwefelsäurehydrat mit Methyloxidhydrat wird,
ähnlich wie beim Zusammenbringen von Alkohol mit demselben Körper,
saures schwefelsaures Methyloxid gebildet, was sich beim Erhitzen unter
Schwärzung in schweflige Säure, Methyloxid und neutrales schwefel-
saures Methyloxid zersetzt; die Menge des letzteren steigt bis zu einem
82t
Methyloxid, schwefelsaures.
gewissen Grade , wenn die Menge der Schwefelsäure vermehrt wird. Alle
übrigen Erscheinungen, die man hierbei bemerkt, sind denen der Zer-
setzung von Alkohol durch Schwefelsäure vollkommen ähnlich.
Es ist schon früher bemerkt worden, dal’s nach den Versuchen von
Regnault Methyloxidgas und wasserfreie Schwefelsäure sich direct zu neu-
tralem schwefelsaurem Methyloxid vereinigen.
Darstellung : Man unterwirft eine Mischung von 1 Theil Methyloxid-
hydrat mit 8 — 10 Th. Schwefelsäurehydrat der Destillation, wo unreine»
schwefelsaures Methyloxid in Gestalt eines ölähnlichen Liquidums übergeht,
was man durch Waschen mit kaltem Wasser von Schwefelsäure, durch
Stehenlassen über Chlorcalcium von Wasser und durch Kectilikation über
gebrannten Kalk von schwefliger Säure befreit und rein erhält. Man kann
es ebenfalls durch Stellenlassen in der Leere über Schwefelsäure und Kali-
bydrat von Wasser, schwefliger Säure und freiem Methyloxidhydrat befreien.
Eigenschaften: Farblose, schwere Flüssigkeit von knoblauchartigem
Geruch und 1,324 spec. Gew. bei 22°; sie siedet bei 188° C., bei 761«“'»
und läfst sich ohne Veränderung destilliren.
Bei Berührung mit kaltem Wasser wird es allmählig, beim Erhitzen da-
mit augenblicklich zersetzt, es entsteht in diesem Falle Methjdoxidhydrat
und saures schwefelsaures Methyloxid. Durch Berührung oder Destillation
über wasserfreie Alkalien und Metalloxide erleidet es keine Veränderung,
durch die Hydrate der Alkalien wird es hingegen schnell und rasch auf
die nämliche Weise wie mit Wasser zersetzt, nur verbindet sich dai^ Al-
kali mit dein sauren schwefelsauren Methyloxid zu ein «an Doppelsalz.
Beim Erhitzen mitChlormetallen, Cyankalium, benzoesaurem, bernstein-
saurem etc. Alkali zersetzt sich das schwefelsaure Methyloxid, es entsteht
ein schwefelsaurer Salz, während Methylchlorür, -Cyanür oder Verbin-
dungen des Methyloxids mit Benzoesäure, Bernsteinsäure etc. überdestil-
liren; es kann mit Vortheil zur Darstellung der übrigen Methyloxidsalze
verwendet werden.
Die Verbindung enthält gleiche Volumina wasserfreier Schwefelsäure
und Methyloxid, die sich auf die Hälfte verdichtet haben; das spec. Ge-
wicht ihres Dampfes ist 4,3634. Beim Zusammenhängen mit Ammoniakgas
oder mit wässerigem Ammoniak entsteht Sulfomethylan .
Schwefelsaures Methyloxid , saures.
Formel: MeO, aq, 2S0$.
Diese Verbindung entsteht bei dem Vermischen von concentrirter Schwe-
felsäure mit Methyloxidhydrat oder beim Auflösen von neutralem schwefel-
saurem Methyloxid in heifsem Wasser ; sie ist von Dumas und Peligot
und Kane gleichzeitig entdeckt worden.
Darstellung: Eine Auflösung von schwefelsaurem Methyloxid -Baryt
wird mit verdünnter Schwefelsäure vorsichtig vermischt solange sich noch
ein Niederschlag bildet. Die baryt- und schwefelsäurefreie Flüssigkeit
dampft man in der Leere über Schwefelsäure ab. Man kann diese Ver-
bindung ebenfalls aus dem Schwefelsäuren Methyloxid-Bleioxid durch Zer-
setzung desselben mit SchwefeJwasserstoffgas gewinnen. Am leichtesten
und reinsten erhält man diese Verbindung durch freiwillige Verdampfung
der Auflösung des neutralen schwefelsauren Methyloxids in heifsem Wasser.
Eigenschaften: Syrupartige, farblose, sehr saure Flüssigkeit , welche
in trockner Luft zu einem Haufwerke von föiaen vveifsen Nadeln erstarrt.
Im luftleeren Raume zersetzt sich die aus dem Barytsalz dargestellte Ver-
bindung schnell unter Entwickelung von schwefliger Säure; aus schwefel-
saurem Methyloxid erhalten ist sie beständiger. Anwendung von Wärme
beschleunigt diese Zersetzung, sie ist mit Wasser in allen Verhältnissen
mischbar und löst sich in Alkohol. Mit Basen zusammengebracht verbindet
sie sich damit, es entstehen Doppelsalze, indem das Hydratwasser der
Säure ersetzt wird durch 1 Aeq. Metalloxid; sie sind ohne Ausnahme iß
Wasser löslich.
$22
Methyl.
Doppelverbindungen des Methyloxids.
Die löslichen Doppelverbindungen des Schwefelsäuren Methyloxids mit
Metalloxiden zerlegen sich beim Kochen und Abdampfen analog den cor-
respondirenden Aethyloxidverbindungen ; bei der trocknen Destillation der-
selben erhält man unter andern Produkten eine reichliche Menge von neu-
tralem schwefelsaurem Methyloxid.
Schwefelsaures Methyloxid - Ammoniumoxid so wie schwefelsaures
Methyloxid- Aethyloxid, sind nicht bekannt.
Schwefelsaures Methyloxid- Kali ; MeO, KO, 2S03 , aq ( KaneJ. —
Dieses Salz wird aus dem Baryt- oder Bleisalz durch Fällung mit kohlen-
saurem Kali erhalten; es kristallisirt in kleinen, perlmutterglänzenden,
rhomboidalen Tafeln , welche zerfliefslich sind ; von der correspondirendeu
Aethyloxidverbindung unterscheidet es sich durch den Gehalt an Kristall-
wasser, das in letzterer fehlt.
Wenn man in einer gesättigten Auflösung von Ferrocyankalium schwe-
felsaures Methyloxid -Kali auflöst und die Mischung beider abdampft, so
kristallisirt zuerst eine beträchtliche Menge eines gelben, in Alkohol un-
löslichen, zuletzt ein weifses, in Alkohol lösliches Salz; diese beiden
Salze sind von Gregory entdeckt worden, und nach seiner Untersuchung
sind es Doppelverbindungen , die gelbe von Ferrocyankalium mit Ferro-
cyanmethyl, die weifse von Methylcyaniir mit saurem schwefelsaurem Kali
und schwefelsaurem Methyloxidkali. Diese beiden Verbindungen verdienen
eine genauere Untersuchung.
Schwefelsaurer Methyloxid - Baryt ; MeO, BaO, 2S03 , 3aq. — Zu
seiner Darstellung sättigt man eine Mischung von gleichen Theilen con-
centrirter Schwefelsäure und Methyloxidhydrat, die man bis zu ihrem
Siedpunkte erhitzt und nach dem Erkalten mit Wasser verdünnt hat, mit
kohlensaurem Baryt, zuletzt mit Barythydrat, entfernt durch einen Strom
Kohlensäure den freien Baryt und dampft bei gelinder Wärme bis zur Kri-
stallisation ab.
Eigenschaften: Farblose, durchsichtige, glänzende, quadratische Ta-
feln und Blätter, welche an der Luft verwittern und in der Leere ihr
Kristallwasser vollständig verlieren. Dieses Salz dient zur Darstellung des
sauren schwefelsauren Methyloxids und vermittelst seiner gegenseitigen
Zersetzung mit andern schwefelsauren Salzen zur Darstellung von andern
Doppelsalzen des Methyloxids.
Schicefelsaures Methyloxid- Bleioxid ; MeO, PbO, 2S03, aq fKane ).
Wird auf eine ähnliche Weise wie das Barytsalz erhalten, wenn die Mi-
schuug von Methyloxidhydrat und Schwefelsäure mit Bleioxid gesättigt
wird ; es ist zerfliefslich. Kane erhielt zuweilen dieses Salz in derselben
Form kristallisirt wie das Barytsalz und 2 Atome Kristallwasser enthaltend.
Phosphorsaures Methyloxid ist bis jetzt nicht dargestellt.
Methyloxid und Salpetersäure.
Das Verhalten des Methyloxidhydrats gegen Salpetersäure ist ver-
schieden von dem des Alkohols; während der letztere sich damit äusserst
leicht zersetzt in Oxidationsprodukte des Aethers und in salpetrigsaures
Aethyioxid, erleidet das Methyloxidhydrat erst beim Kochen mit concenlrir-
ter Salpetersäure und bei einem grofsen Ueberschufs derselben eine Verän-
derung, es entsteht hierbei Ameisensäure und Kleesäure, aber kein salpe-
trigsaures oder salpetersaures Methyloxid Das salpetrigsaure Methyloxid
scheint nicht zu bestehen, das salpetersaure Methyloxid Jäfst sich hingegen
leicht erhalten.
Oxam ethylan.
823
Salpetersaures Methyloxid.
Formel: MeO, N2 05 (Dumas^).
Darstellung : Zu seiner Darstellung übergiefst man in einer Retorte
1 Th. salpetersaures Kali mit einer Mischung von 2 Th. Schwefelsäure-
hydrat mit 1 Th. Methyloxidhydrat. Die Mischung erhitzt sich stark und
das neugebildete Produkt destillirt über, ohne dafs mau die Mitwirkung
des Feuers nöthig hat. Man hat für eine gute Abkühlung des Uebergehen-
den Sorge zu tragen. In der Vorlage erhält man zwei Flüssigkeiten, von
denen die schwerere salpetersaures Methyloxid ist, dem noch eine andere
flüchtigere Materie (ameisensaures Methjdoxid ?) von Blausäuregeruch bei-
gemischt ist. Zur Reinigung wird das salpetersaure Methyloxid über Chlor-
calcium und Bleiglätte im Wasserbade rectificirt. Die zuletzt übergehen-
den Portionen sind rein.
Eigenschaften : Farblose Flüssigkeit von schwachem ätherartigem Ge-
ruch und 1,183 bei 22° spec. Gewicht. Sie siedet bei 6*6°, ist entzünd-
lich und verbrennt auf einmal mit gelber Flamme. Erhitzt man den Dampf
dieses Körpers auf eine Temperatur über 120°, so zersetzt er sich mit
einer äusserst gewaltsamen Explosion, wobei sich Kohlensäure, Wasser
und Stickoxidgas bildet. Sie ist wenig in Wasser löslich, mit Alkohol,
Aether und Methyloxidbydrat in allen Verhältnissen mischbar. Durch Am-
moniak und Kalilauge wird sie langsam, durch eine Auflösung von Kali-
hydrat in Alkohol schnell in salpetersaures Kali, was sich in Kristallen
abscheidet, und in Methyloxidhj'drat zerlegt.
Kohlensaures Methyloxid kennt man im neutralen Zustande nicht.
Doppelsalze von kohlensaurem Methyloxid und kohlensauren Alkalien las-
sen sich hingegen ganz auf dieselbe Weise wie die entsprechenden Aethyl-
oxidverbindungen erhalten.
Oxalsaures Methyloxid.
Formel: MeO, O.
Darstellung : Gleiche Theile Schwefelsäureh3’drat, Oxalsäure und Me-
thyloxidhydrat, oder 2 Theile Schwefelsäurehydrat, 1 Th. saures oxal-
saures Kali und 1 Th. Methyloxidhydrat unterwirft man der Destillation,
wo oxalsaures Methyloxid theils aufgelöst in überschüssigem Methyloxid-
liydrat theils iu fester Gestalt in reinem Zustande übergeht. Man Jäfst
das überschüssige Methyloxidhydrat an einem warmen Orte verdampfen,
prefst die erhaltenen Kristalle zwischen Papier und destillirt sie, zur Be-
freiung von der freien Säure, über Bleioxid.
Eigenschaften: Weifse, feste, glänzende, durchscheinende Masse,
die aus dünnen rhomboidaleu Tafeln besteht, bei 51° schmilzt und bei 161°
siedet, sie löst sich leicht im Wasser unter Zersetzung auf, es entsteht
Oxalsäurehydrat und Methyloxidhydrat ; löst sich in reinem Methjdoxid-
hydrat und Alkohol leicht auf, in der Wärme mehr als bei gewöhnlicher
Temperatur; aus warm gesättigten Auflösungen erhält man beim Abkühlen
grofse durchsichtige Kristalle.
Durch Behandlung mit Ammoniakgas entsteht daraus Oxamethylan ,
durch flüssiges wässeriges Ammoniak entsteht Oxamid und Methyloxid-
hydrat; die Zersetzung ist dieselbe, welche das correspondirende Oxal-
säure Aethyloxid erleidet.
Oxalsaures Methyloxid - Oxamid. Oxamethylan.
Formel: C6Hi0N206 == MeO, 0 -f C202, Ad £ DumasJ .
Darstellung : Beim gelinden Schmelzen von oxalsaurem Methyloxid in
einem Strom von trocknen» Aromoniakgas verliert es nach und nach seine
824
Methyl,
Flüssigkeit und verwandelt sich in eine weifse feste Masse von Oxamethy-
lao, das man durch Abdampfung seiner Auflösung in Alkohol in Würfeln
von Perlmutterglanz kristallisirf erhält.
Ein saures oxalsaures Methyloxid ist nicht bekannt.
Doppelt kohlenschwefelsaures Methyloxid (Sulfocarbonate
d’ oxide de methylene J. 2C$2 , MeO.
Verbindungen des Schwefelkohlenstoffs mit Methyloxid und Metalloxi-
den können auf analoge Weise wie die correspondirenden Aethyloxidver-
bindungeu erhalten werden. Kühlenschwefelsaures Methyloxidkali entsteht
nach Dumas und Peligot in Auflösung, wenn Schwefelkohlenstoff in Me-
thyloxidhydrat gelöst und dazu Kalihydrat gebracht wird.
Doppelt cyanursaures Methyloxid .
Formel: 2Cy606, 3MeO, 6aq £ MchardsonJ .
Die Darstellung, Eigenschaften und Verhalten dieses Körpers sind de-
nen der entsprechenden Aethyloxidverbindung vollkommen analog.
Benzoesaures Methyloxid .
Formel: BzO, MeO.
Darstellung : Man erhält diesen Körper am reinsten durch Destillation
eines Gemenges von trocknem benzoesaurem Kalk oder Natron mit neu-
tralem schwefelsaurem Methyloxid, oder durch Destillation von 2 Theilen
Benzoesäure , 1 Th. Schwefelsäure und 1 Th. Methyloxidhydrat.
Eigenschaften : Farblose ölartige Flüssigkeit von angenehmem balsa-
mischem Geruch, dem Benzoylwasserstoff ähnlich, schwerer wie Wasser;
sie siedet bei 198,5° bei 76lmm- Unlöslich im Wasser, mischbar mit Al-
kohol , Methyloxidhydrat und Aether. Das spec. Gewicht ihres Dampfes
ist 4,7506.
Essigsaures Methyloxid .
Formel : MeO , ÄcOs oder MeO , A.
Darstellung : Diese Verbindung wird durch Destillation von 2 Theilen
Methyloxidhydrat, 1 Th. Essigsäurehydrat und 1 Th. Schwefelsäurehydrat
erhalten, oder durch Destillation e:nes essigsauren Salzes mit einer Mi-
schung von concenrrirter Schwefelsäure und Holzgeist. Bei Digestion des
erhaltenen Destillats mit groben Stücken Chlorcalcium verbindet sich die-
ses mit allem beigemischten Methyloxidhydrat, während das essigsaure
Methyloxid als eine leichte ätherartige Flüssigkeit abgeschieden wird.
Nach Berzelius ist dieser Körper in reichlicher Menge im rohen Holz-
geist vorhanden. Reickenbach hielt denselben für eine eigentümliche Ver-
bindung, welcher er den Namen Mesit gegeben hatte. Man erhält ihn
daraus , wenn die ersten Produkte der Destillation von Holzgeist so lange
mit Kalkhydrat in feinem Pulver vermischt werden, als es noch gelb wird;
in diesem Fall entsteht eine Verbindung von Kalk mit einem beigemischten
brenzlichen Oel, welche zum grofseo Th eil hierdurch unlöslich niederfällt;
Die davon abfiftrirte Flüssigkeit ist noch gelb und enthält Kalk in Auflö-
sung; man setzt ihr nun eine kochend gesättigte Lösung von Alaun bis
zur Neutralisation zu, der Kalk und das vorhandene Ammoniak werden
hierdurch an Schwefelsäure gebunden, während das Harz und der Farb-
stoff mit Thonerde verbunden niederfallen. Unterwirft man die Flüssigkeit
nun der Destillation, so erhält man eine farblose Flüssigkeit, die man von
ihrem brenzlichen Geruch durch Schütteln mit einem fetten Oel und Fil-
Chlorkohlensaures Methyloxid.
825
tration durch Birkenkohle befreit. Nach ihrer Concentration durch fortge-
setzte Destillation bringt man sie mit Chlorcalcium in Berührung, wo sie
sich in zwei Flüssigkeiten trennt; die obere ist essigsaures Metbvloxid
Durch langes Stehen über Aetzkalk wird es von anhängender Säure be-
freit. (Berzelius
Der aus Laubholz erhaltene Theer enthält reichlich essigsaures Me-
thyloxid, von dem er seine liquide Beschaffenheit erhält.
Eigenschaften : Farblose Flüssigkeit von angenehmem, ätherartigem
dem Methyloxidliydrat ähnlichen Geruch und brennendem Geschmack*
spec. Gewicht 0,919 bei 22% Siedpunkt 58* (Dumas und Peligot), spec
Gewicht seines Dampfes 2,563. y J r '
Reichenbachs Mesit siedete bei 62° und besafs ein spec. Gewicht von
2^?5i,rdas essiSsaure Methyloxid löst % Wasser auf und mischt sich mit
2 Th. Wasser, es mischt sich in allen Verhältnissen mit Methyloxidhydrat
und Alkohol. Chlorcalcium und Kalihydrat mit diesen Auflösungen in Be-
rührung gebracht scheiden ihn davon wieder ab; geringe Mengen Chlor-
calcium werden davon gelöst.
Durch Chlorgas, was man hineinleitet, wird es zersetzt; mit concen-
trirter Schwefelsäure mischt es sich mit heftiger Wärmeentwicklung, wo-
bei es eine Veränderung erfährt. Mit Kalkhydrat in Berührung zerlegt
es sich in essigsauren Kalk und Methyloxidhydrat. Es löst viele Salze,
Pflanzensäuren , fette und flüchtige Oele und verschiedene Harze auf Es
enthalt die nämlichen Elemente in demselben Atomverhältnifs wie das
ameisensaure Aethyloxid.
Schleimsaures Methyloxid ,
Formel : MeO , Mu ( [Malaguti ).
Man verfährt zur Darstellung dieser Verbindung ganz auf dieselbe
Weise wie bei der des schleimsauren Aethyloxids, mit dem Unterschied,
dals man, anstatt Alkohol, Methyloxidhydrat an wendet. 9
Eigenschaften : Fester, farbloser, kristallinischer, durch Wärme zer-
setzbarer Körper, in Wasser und Alkohol löslich und daraus in sechs-
seitigen Prismen mit rhombischer Basis kristallisirbar. Die Kristalle , wel-
iA,5°ho1 erhalten werden, besitzen ein geringeres spec. Gewicht
J d*e .a?s1 der wasserigen Lösung (1,53). Das schleimsaure Me-
thyloxid lost sich leicht in Wasser, in 210 siedendem Weingeist von 0.814
spec, Gewicht; auf 163° erhitzt tritt Zersetzung ein.
Verbindungen des Methyloxids von ungewisser Constitution.
Chlorkohlensaures Methyloxid (Oxichlorocarbonale df oxide de
methylene).
Formel: C404C]2H6.
Entsteht beim Zusammenbringen von Chlorkohlensäure mit Methyloxid-
hydrat. Die Bildung, Darstellung und Reinigung geschieht ganz auf die-
selbe Weise wie die der entsprechenden Aethylverbindung; seine Eigen-
schaften sind denen der letzteren sehr ähnlich; es ist ein farbloses , öl-
artiges Liquidum, schwerer und flüchtiger wie Wasser, von durchdringen-
dem Geruch, es ist entzündlich und brennt mit grüner Flamme. Nach Du-
mas und Peligot kann dasselbe nach der Formel
Cl2 1 ■+• C2 H6 O
betrachtet werden^^ UUd eigenthiimIiciiei1 Saure zusammengesetzt
Geiger’ s Pharmaeie. I, ( Sie Jtuß.)
53
826
Fo rmy 1.
Bei Behandlung dieser Verbindung mit Ammoniak scheint eine ganz
ähnliche Verbindung unter denselben Zersetzungserscheinungen gebildet zu
werden, wie bei dem Zusammenbringen von wässerigem Ammoniak mit
Chlorkohlensäureäther. Dumas und Peligot überzeugten sich, dafs hierbei
Salmiak und eine zerfliefsliche kristallisirbare Materie entsteht, welche sie
Vrethylan nennen.
Transformationen und Zersetzungsprodukte des Methyls und
seiner Verbindungen.
Genaue Versuche über die Transformationsprodukte des Methyls und
seiner Verbindungen fehlen bis jetzt noch; in Beziehung auf die Existenz
einer der Isäthionsäure correspondirendcn Methionsäure habeu Dumas und
Peligot gefunden, dafs Methyloxidhydrat und wasserfreie Schwefelsäure
sich mit einander bei künstlicher Abkühlung zu einer Säure verbinden ,
welche mit Baryt ein kristallisirbares Salz liefert, vollkommen gleich in
seiner Zusammensetzung mit dem sauren schwefelsauren Methyloxid-Baryt,
allein abweichend davon durch sein chemisches Verhalten.
Oxidalionsprodukte des Methyls und seiner Verbindungen , wel-
che eine dem Methyloxid gleiche Anzahl von Kohlenstoff al om en
enthalten.
Wenn man Methyloxidhydrat und Platinschwarz in eine Glocke bringt,
zu welcher die Luft ungehindert Zutritt hat, so erleidet der Dampf des
Methyloxidhydrats eine ähnliche langsame Verbrennung wie der Alkohol-
dampf. Der Sauerstoff, den das Platin in seinen Poren condensirt enthält,
tritt an den Wasserstoff des Methyloxids, und der hinweggenommene Was-
serstoff findet sich ersetzt durch sein Aequivalent Sauerstoff. Als Resultat
dieses Oxidationsprocesses hat man eine saure Flüssigkeit, deren Säure
reine Ameisensäure ist.
1 Aeq. Methyloxidhydrat C2 H6 O -+- aq
verlieren 4 At. Wasserstoff H4
es werden 3 Aeq. Sauerstoff C2 H2 O aq
aufgenommen
und man erhält Ameisensäurehydrat C2 H2 05 aq
Es ist klar, dafs Methyloxidhydrat und Ameisensäure in derselben
Beziehung zu einander stehen wie Alkohol und Essigsäure. Man hat allen
Grund zu vermutken, dafs die Ameisensäure die Saaerstoffverbindung ei-
nes aus 3 At. Kohlenstoff und 3 At. Wasserstoff zusammengesetzten Ra-
dikals ist, dem man den Namen Formyl gegeben hat, ein Name, womit
in dem Folgenden stets ein Körper verstanden wird, der nach der Formel
C2 H2 zusammengesetzt ist.
Aehnlich, wie sich das Aethyl als eine Verbindung des Acetyls mit
Wasserstoff betrachten läfst, kann man das Methyl als die Wasserstoff-
verbindung des Formyls ansehen. Bezeichnen wir mit Fo die Verbindung
C* H9 , so wird man haben
Fo H4 = Methyl.
Fo H4 0 = Methyloxid.
Fo H4 G H- aq r: Methyloxidhydrat.
Fo 03 -f- aq = Forinylsäurehydrat.
Eine Verbindung des Formyls oder ein Zersetzungsprodukt des Me-
thyls, welches dem Aldehyd correspondirt , hat man bis jetzt nicht ent-
deckt, der Analogie nach würde dessen Zusammensetzung durch die For-
mel C2 H2 0 -+■> aq ausgedrückt werden müssen.
Eine der Aldehydsäure oder acetyligen Säure entsprechende Verbin-
dung kennt man ebenfalls nicht.
Formomethyial.
887
Die bekannten and hypothetischen
folgende :
Formyloxid
Formyloxidhydrat
Formylsäure
Formylsäurehydrat
Formylchlorid
Formylbromid
Formyliodid
des Formyls sind
unbekannt.
in dem Formomethyial,
Ameisensäure.
Ameisensäurehydrat.
dals man bei Destillation von
C4 H2 0
C2 H2.0 -+- aq
c2 b2 o3
C2 H2 03 -h aq
c, h2 c ]6
C2 Hj Brö
c2 h2 i6
Gregory machte zuerst die Beobachtung,
Braunstem, Schwefelsäure und Methyloxidhydrat eine eigenthiimliche äther-
artige Flüssigkeit erhält, welche unter dem Namen Formal von Kane
später genauer untersucht und beschrieben wurde. Kane erhielt diese
Substanz gleichzeitig mit mehreren andern Produkten bei der Destillation
einer Mischung von 2 Th. Methyloxidhydrat, 2 Th. Braunstein und 3 Th.
Schwefelsäurehydrat , die mit ihrem gleichen Gewicht Wasser verdünnt
werden. Die Einwirkung ist sehr heftig, die Destillation mufs deshalb im
Wasserbade vorgenommen und für eine gute Abkühlung Sorge getragen
werden. Das erhaltene Destillat ist ein Gemenge mehrerer Flüssigkeiten,
der Siedepunkt derselben ist anfänglich 38° und steigt zuletzt bis anf 80°.
Bei der Rectifikation geht anfänglich eine Flüssigkeit über, welche wie
der Aldehyd beim Erhitzen mit salpetersaurem Silberoxid bei Zusatz von
Ammoniak das Silber reducirt, auf diese kommt eine andere, welche bei
38° siedet. Diese ist Kane’s Formal. Mehrere Analysen führten zu der
Formel C* H10 03 , nach derselben schien es eine Verbindung von
1
und 1
At. Methyloxid
At. Formyloxidhydrat
C2 H6
c2 h2
c4 H10 05
zu seyn. Was diese Vermuthung unterstützt, war der Umstand, dafs diese
Flüssigkeit mit einer weingeistigen Auflösung von Kalihydrat gemischt,
sich in ameisensaures Kali und Methyloxidhydrat zerlegte. Malaguti, in-
dem er die Menge der gebildeten Ameisensäure zu bestimmen versuchte,
erhielt aber stets nur die Hälfte von derjenigen, die sich der Rechnung
nach hätte bilden müssen, und im Verfolg seiner Versuche stellte, sich
heraus , dafs Kane’s Formal ein Gemenge ist von einer andern Flüssigkeit
mit ameisensaurem Methyloxid.
Formomethyial.
Formel: C6 HJ6 O4 = 1 At. Formyloxidhydrat C2 O 4. H2 O
plus 2 At. Methyloxid 2(C2 H6 0).
Entdeckt von Malaguti. Darstellung : Die Produkte der Destillation
von Methyloxid l»3rdrat mit verdünnter Schwefelsäure und Braunstein wer-
den mit etwas Wasser vermischt und diese Mischung nach Zusatz von et-
was Kalilauge rectificirt. Man sättigt das Uebergehende mit Kalihydrat,
wo sich Formomethyial in Gestalt einer ätherartigen Schicht abscheidet.
Durch Zusatz von Wasser und einer wiederholten Destillation mit Kali-
lauge erhält man es rein von beigemischtem ameisensaurem Methyloxid.
Eigenschaften : Farblose, ätherartige Flüssigkeit von angenehmem aro-
matischem Geruch, mischt sich vollkommen mit 3 Theilen Wasser und wird
davon durch Kalihydrat und Chlorcalcium wieder getrennt, mischt sich mit
Mcthj'loxidhydrat , Alkohol und Aether in allen Verhältnissen. Sie siedet
bei 42® C. bei 761“°° Druck, ihr spec. Gewicht ist 0,8551, sie ist leicht-
entzündlich, brennt mit leuchtender Flamme, durch oxidirende Materien
verwandelt sie sich in Ameisensäure. Unter andern Produkten entsteht
durch die Einwirkung des Chlors auf Formomethyial anderthalb Chlorkoh-
lenstoff. ( 'Malaguti
F o r m y 1.
828
Formylsäure y Ameisensäure . Symb.: FoOs
Formel der wasserfreien Säure: C2H2O3, des Hydrats: C2H2O3
+ aq.
8 Afc. Kohlenstoff 152,875 — 32,85
2 At. Wasserstoff 12,479 — 2,68
3 At. Sauerstoff 300,000 — 04,47
1 At. wasserfreie Säure 405,354 — 100,00
1 At. wasserfreie Säure 465,354 — 80,534
1 At. Wasser 112,479 — 19,466
1 At. Formylsäurehydrat 577,833 — 100,000
Die Entstehung und Bildung dieser Säure aus dem Methyloxidhydrai,
welche zu einer genügenden Kenntnifs ihrer Constitution geführt hat, ist
S. 826 angegeben. Dem Vorkommen dieser Säure in den Ameisen fFor-
mica rufet) verdankt sie ihren Namen, ihre Eägenthümlichkeit wurde zuerst
durch Gehlen dargethan. Bobereiner entdeckte ihre künstliche Bildung
durch Destillation von Weinsäure mit Braunstein und Schwefelsäure. Alle
vegetabilische Materien liefern, wenn sie mit Salpetersäure, Ueberiod-
säure, lodsäure (Essigsäure), üebermangansäure, Chromsäure und Schwe-
felsäure mit verdünnter Schwefelsäure allein (Zucker, Stärke), oder mit
einer Mischung von Schwefelsäure und Wasser destillirt werden , als Oxi-
dations- oder Zersetzungsprodukte Ameisensäure, Kohlensäure und zuwei-
len auch Essigsäure ; sie entsteht ferner bei der Zersetzung des Chlorais
mit Alkalien, bei der Zerlegung von Cyanmetallen oder Blausäure mit
starken Säuren oder Alkalien, ferner bei der trocknen Destillation der
verwitterten Kleesäure etc.
§.149. Darstellung des Ameisensäurehydrats. Trock-
nens ameisensaures Bleioxid wird fein zerrieben in eine lange
Glasröhre gebracht, welche mit der einen Oeffnung mit einem
Kahlapparat, mit der andern mit einer Flasche in Verbindung
steht, aus welcher sich trocknes Schwefel wasserstoffgas ent-
wickelt. Die Schwefelwasserstoffsäure zerlegt sich mit dem
ameisensauren Bleioxid in Schwefelblei und Wasser, was
sich mit der abgeschiedenen Säure zu Hydrat verbindet
SH2 + Fo03 PbO = SPb + Fo0s, H*0.
Durch gelinde Wärme treibt man das abgeschiedene Ameisen-
säurehydrat aus dem Bohr in den Kühlapparat 5 sie verliert
beim Aufkochen allen freien Schwefelwasserstoff. Wenn man
bei dieser Darstellung das ameisensaure Salz zu stark erhitzt,
so zerlegt es sich und man erhält schwefelhaltige Produkte,
die nicht näher untersucht sind.
§.150. Eigenschaften: Farblose, wasserhelle, schwach
rauchende Flüssigkeit, welche aus der Luft Wasser anzieht,
von höchst durchdringendem Geruch, kristallisirt unter 0° in
breiten glänzenden Blättern, ihr Siedpunkt ist 100° bei 761 mm,
spec. Gewicht 4,2353. Der Dampf der siedenden Säure läfst
sich entzünden und brennt mit blauer Flamme. Sie läfst sich
mit Wasser in allen Verhältnissen mischen 5 setzt man ihr so-
viel Wasser zu als sie schon enthält (20 p. c.), so erhält man
das.zweite Hydrat, was die nämliehen Eigenschaften wie das
erste Hydrat besitzt, aber der Siedpunkt desselben ist höher,
Ameisensäure.
829
106° bei 27", 5'" $ sie wird bei — 15° noch nicht fest und ihr
spec. Gewicht ist geringer, 1,1104- bei 15°. Dieses zweite
Hydrat erhält man durch vorsichtige Destillation in einem
Chlorcalciumbade von 18 Theilen trocknem ameisensaurem
Bleioxid mit 6 Th. Schwefelsäure, die man mit 1 Tkeil Was-
ser verdünnt hat.
Die beiden Hydrate gehören zu den ätzendsten Materien; ein Tropfen
davon auf eine weiche Stelle der Haut gebracht verursacht unerträgliche
Schmerzen., die Stelle wird weifs, schwillt zu einer Blase an, oder zieht
sich zu einem Schorf zusammen, wie wenn die Stelle mit einem glühenden
Eisen berührt worden wäre; es entsteht eine eiternde, schwierig heilen-
de, schmerzhafte Wunde.
Eine mehr verdünnte reine Säure erhält man durch Destillation von
10 Th. trocknem ameisensauren Kalk, 8 Th. Schwefelsäurehydrat und 4
Th. Wasser. Man erhält 9 Theile Säure von 1,075 spec. Gewicht. Un-
reine verdünnte Ameisensäure kann man durch Destillation von zerstofse-
nen Ameisen mit Wasser erhalten, oder man stellt sie nach Emmet
dar, wenu man gleiche Maastheile Schwefelsäurehydrat, Wasser und
Roggen, Waizen oder Stärke zusammen bis zum Schwarzwerdeu er-
hitzt, die Mischung alsdann erkalten läfst, % von dem ganzen Volumen
der Mischung Wasser zusetzt und in einer kupfernen Blase der Destilla-
tion unterwirft. Die übergehende saure Flüssigkeit ist durch eine ölartige
Materie getrübt. Diese Methode liefert meistens ein mit schwefliger Säure
verunreinigtes Präparat. Phosphorsäurehydrat, Zinuchlorid können zu dieser
Darstellung anstatt der Schwefelsäure verwendet werden , und ihre Fähig-
keit, das nämliche Produkt zu liefern, beweist, dafs der Sauerstoff der
Schwefelsäure zur Bildung der Ameisensäure nach diesem Verfahren nicht
nöthig ist. Diese BiMungsweise ist noch unerklärt. Durch Destillation von
1 Th. Stärke mit 4 Th. feingepulvertem Braunstein, 4 Th. Wasser und 4
Th. Schwefelsäurehydrat erhält man 4 Va Theil einer verdünnten unreinen
Ameisensäure von 1,025 spec. Gewicht. 100 Theile davon sättigen 10,6
trockues kohlensaures Natron. Bei der ersten Einwirkung des Feuers ent-
steht in der Mischung ein heftiges Aufblähen von der Entwickelung von
Kohlensäure, was häufig ein Uehersteigen verursacht. Es ist deshalb gut,
deo Braunstein , die Stärke und das Wasser zuerst in die Destillirblase zu
bringen , die Temperatur der Flüssigkeit auf etwa 40° zu erhöhen und di©
4 Th. Schwefelsäure alsdann nach und nach hinzuzugielsen , man wartet
das Aufblähen ab, setzt alsdann den Helm auf und destillirt, bis 4% Th.
übergegangen sind. Die letzten Portionen enthalten häufig schweflige Säure.
Zur Darstellung im Kleinen in Glasretorteu ist folgendes Verhältnifs vor-
teilhaft. 10 Th. Stärke, 37 Th. Braunstein, 30 Th. Schwefelsäure, 30
Wasser. Die Retorte mufs wenigstens zehnmal das Volum der Mischung
fassen. Man erhält 3,35 Th. einer verdünnten Ameisensäure, von wel-
cher 100 Theile 15 Th. trockues kohlensaures Natron sättigen.
Durch ihr Verhalten gegen conceutrirte Schwefelsäure, Silberoxid und
Quecksilberoxid ist die Ameisensäure leicht erkennbar, sie zerlegt sich
nämlich mit einem Ueberschufs von Schwefelsäure mit lebhaftem Aufbrau-
sen ohne Schwärzung in reines Kohlenoxidgas und Wasser, was mit der
Schwefelsäure verbunden bleibt.
Erwärmt man sie mit überschüssigem Quecksilberoxid oder Silberoxid,
so zerlegt sie sich gänzlich in Kohlensäure, Wasser und metallisches
Quecksilber oder Silber, ohne dafs in der Flüssigkeit, wenu das Aufbrau-
sen beendigt ist, ein Quecksilber- oder Silbersaiz zurwckbleibt. Ist die
Ameisensäure mit Essigsäure gemischt, so bleibt diese uazersetzt mit Queck-
silberoxidul verbunden in Auflösung zurück. Quecksilberchlorid wird beim
Sieden mit Ameisensäure in Calomel verwandelt, wobei sich freie Salzsäure
und Kohlensäure bildet. Gegen auflösliche Quecksilber- und Silbersalze
verhält sich die freie Säure wie gegen die Oxide. Mit Hyperoxiden er-
wärmt zerlegt sie sich in Kohlensäure und in aiaeisensaures Oxidulsalz.
830
Formy I.
Ameisensäure Satze.
§. 151. Die Ameisensäure bildet mit den Basen die amei-
sensauren 8a!ze; in ihrer Verwandtschaft zu den Meta!! oxiden
ubertrifft sie die Essigsäure. Sie lassen sich leicht durch Sätti-
gen der Säure mit den entsprechenden reinen oder kohlensau-
ren Metalloxiden darstellen, sie sind ohne Ausnahme in Was-
ser löslich. Die ameisensauren Salze mit alkalischer Basis zer-
legen sich in der Wärme unter Schwärzung und Entwicke-
lung brennbarer Gase in kohlensaure Salze, die andern hin (er-
lassen unter Entwickelung von Kohlensäure, Kohlenwasser-
stoff und Wasser ein Gemenge von Kohle mit Metalloxid oder
reines Metall. Ameisensäure Salze im Ueberschufs mit Silber-
und Quecksilber- Salzen , mit Platin- und Gold-Chlorid erhitzt,
schlagen diese Metalle regulinisch unter lebhafter Entwickelung
von Kohlensäure nieder. Gegen concentrirte Schwefelsäure
verhalten sie sich wie die freie Säure, Eisenoxidsalze werden
davon dunkelgelbrotti gefärbt.
Ameisensaures Ammoniumoxid.
Formel : Fo 03 , Ad H4 0.
Die Auflösung dieses Salzes wird beim Abdampfen unter Ammoniak-
verlust sauer, es kristallisirt in rechtwinklicheu , vierseitigen, mit vier
Flächen zugespitzten Säulen, ist sehr leicht in Wasser löslich und zer-
fliefst an der Luft. Das ameisensaure Ammoniak besitzt einen frischen,
stechenden Geschmack, schmilzt gegen 120° und verflüchtiget sich in hö-
herer Temperatur ohne Rückstand. Seinen Elementen nach enthält es die
Bestandteile von 1 Aeq. CyauwasserstofFsäure und 4 At. Wasser,
C2 U2 05 +NsH80“ C* N2 H* 4-4H20;
es wird in diese beiden Produkte verwandelt, wenn man es in Dampf-
gestalt durch eine glühende Bohre treibt. (D ober einer , Pelouze.')
Ameisensaures Melamin .
Die Ameisensäure löst in der Wärme das Melamin reichlich auf, die
Auflösung giebt bei gelindem Abdampfen blätterige glänzende Kristalle,
welche an der Luft, schneller bei 100°, einen Theii ihrer Säure verlieren.
Ameisensaures Aethyloxiä.
Formel: Fo03, AeO.
Darstellung: In eine trockne tubulirte Retorte mit wohlangepafstem
Bühlapparat bringt man 7 Th. trocknes ameisensaures Natron und alsdann
eine Mischung von 10 Th. Schwefelsäurehydrat mit 6 Th. Weingeist von
90 p. c. Die Masse erhitzt sich heftig und ein grofser Theii des ameisen-
sauren Aethyloxids destillirt über, ohne dafs man nöthig hat, Feuer an-
zulegen. Das erhaltene Destillat schüttelt man mit seinem gleichen Volum
Kalkmilch, bringt den abgeschiedenen säurefreien A ether in ein verschliefs-
bares Gefäfs mit Stücken von Chlorcalcium, die man so oft erneuert, als
sie noch feucht und schmierig werden. Durch eine neue Rectifikation über
frisches Chlorcalcium erhält man ihn vollkommen rein.
Eigenschaften: Wasserhelle, durchdringend gewürzhaft nach Arrak
Gehende Flüssigkeit von 0,912 spec. Gewicht; sie siedet bei 53,4* be
Ameisen saurer Kalk.
831
76imm, schmeckt stark gewürzhaft, kühlend, lost sich in 10 Th. Was-
ser und mischt sich in allen Verhältnissen mit Aether, Alkohol, Methyl-
oxidhydrafc und vielen fetten und flüchtigen Oelen. In schlecht schliefsen-
den Gefäfsen aufbewahrt wird sie schnell sauer. Durch trocknes Ammo-
niakgas erleidet sie keine Veränderung, durch wässeriges wird sie wie von
den andern Alkalien zersetzt.
Ameisensaures Methyloxid.
Formel : FoÖ3 , MeO.
Die Darstellung dieses Körpers geschieht auf dieselbe Weise, wie die
der vorhergehenden Verbindung, nur dals man anstatt Alkohol, Methyl-
oxidbydrat nimmt.
Das ameisensaure Methyloxid ist eine farblose , leichtflüssige Flüssig-
keit, leichter als Wasser; sie siedet bei 36 — 38° und besitzt einen dem
essigsaureu Aethyioxid ähnlichen Geruch.
Ameisensaures Kali
ist ein sehr leichtlösliches Salz, schwierig in regelmäßiger Form zu er-
halten.
Ameisensaures Natron . Fo03 , NaO , Saq.
Rhombische Säulen oder Tafeln von salzig bitterm Geschmack, die
Kristalle schmelzen in der Wärme uud verlieren ihr Kristall wasser, in
höherer Temperatur (ritt Zersetzung ein. Es ist leicht im Wasser, nicht
in Alkohol löslich , zerfliel'st in feuchter Luft. Mit vielen Metalloxiden
zusammengeschmolzeu werden diese mit Leichtigkeit reducirt. ( [Gäbet .)
Döbereiner hat die Auflösung dieses Salzes vorgeschlggen , uin Quecksil-
ber, Silber, Palladium und Platin von Eisen, Maugau, Kupfer etc. und
andern Metallen zu trennen , da die ersteren in der Siedhifcze aus ihren
Salzen regulinisch niedergeschlagen werden, während die andern keine
Veränderung erleiden.
Ameisensaurer Baryt. FoOs , BaO.
Kristallisirt leicht in durchsichtigen, glänzenden, an der Luft unver-
änderlichen Säulen, von scharfem, bitterem Geschmack, löslich in 4 Th.
Wasser, unlöslich in Alkohol. CArfvedson.J
Ameisensaurer Stronlian . Fo03 , SrO.
Klare, durchsichtige, glänzende, sechsseitige, an der Luft unverän-
derliche Säulen, welche in der Wärme 4 At. Wasser verlieren. fGobel .}
Ameisensaurer Kalk. Fo03 , CaO.
Darstellung : Man erhält dieses Salz leicht durch Uebersättigen der
unreinen, aus Stärke oder andern organischen Materien durch Destillation
mit Schwefelsäure oder mit Braunstein und Schwefelsäure erhaltenen Amei-
sensäure mit Kalkmilch, wo die beigemischte schweflige Säure als schwef-
ligsaurer Kalk unlöslich abgeschieden wird. Den überschüssigen Kalk ent-
fernt man leicht durch einen Strom Kohlensäure. Da dieses Salz in heifsem
Wasser nicht viel löslicher ist als in kaltem , so erhält man es am besten
beim gelinden Abdampfen seiner Auflösung. Eigenschaften : Setzt sich
beim Abdampfen aus seiner concentrirteu Lösung in der Wärme in kur-
zen, weißen, glänzenden Nadeln ab, die beim Erwärmen verwittern; es
löst sich in 10 Th. Wasser von 19° fGübelJ, die Auflösung besitzt ei-
nen scharfen salzigen Geschmack; es ist unlöslich in Alkohol.
Der ameisensaure Kalk wird zur Darstellung einer reinen conceutrir-
ten Ameisensäure angewendet, die man zur Darstellung der andern Salze
benutzt, indem man ihn mit mehr oder weniger verdünnter Schwefelsäure
der Destillation unterwirft.
83*2
Formyl.
Ameisensäure Magnesia. F0O3 , MgO.
Kristallisirt leicht io feinen glänzenden Nadeln, die Kristalle sind luft-
beständig und wasserfrei, in 13 Th. Wasser, nicht in Alkohol, löslich.
CGöbel .) 9
Ameisensaures Ceroxidul. F0O3 , CeO.
Weifses körnig kristallinisches Pulver, verliert bei 120° sein Kristall-
wasser, kommt bei 200° in ein dem Sieden ähnliches Aufwallen, wobei
es ohne Schwärzung in kohlensaures Ceroxidul verwandelt wird. Das
ameisensaure Ceroxidul ist eins der schwerlöslichsten ameisensauren Salze,
und seine geringe Löslichkeit kann vorteilhaft zur Darstellung von rei-
nem Ceroxidul aus einer Auflösung, welche Eisenoxid, Kalk etc. enthält,
benutzt werden.
Ameisensäure Thonerde . 3FoOs, Ala03.
Eine Auflösung von Thonerdehydrat in Ameisensäure giebt beim Ab-
dampfen eine dem Gummi ähnliche, nicht kristallinische Masse ; die Auf-
lösung läfst sich ohne Veränderung zum Sieden erhitzen; setzt man der-
selben schwefelsaures Kali, Alaun etc. zu, so trübt sie sich beim Erhitzen,
der Niederschlag löst sich in der Kälte wieder auf, ein Verhalten, was
dem der essigsauren Thonerde vollkommen ähnlich ist.
Ameisensaures Bleioxid. F0O3 , PbO.
In einer gesättigten Lösung von essigsaurem Bleioxid , welche man mit
Ameisensäure versetzt, bilden sich nach einiger Zeit farblose, sehr glän-
zende, sternförmig pruppirte Nadeln, zu denen bei Ueberschufs von Amei-
sensäure die ganze Flüssigkeit erstarrt. Durch Waschen mit Wasser kön-
nen die Kristalle leicht rein erhalten werden, sie enthalten kein Kristall-
wasser und lösen sich in 36 — 40 Th. Wasser, in heifsem leichter. Die
Schwerlöslichkeit dieses Salzes wird als Erkennuugsmittel der Ameisen-
säure benutzt; da es in Alkohol nicht löslich ist, so giebt dies ein ein-
faches Mittel ab, um Ameisensäure von Essigsäure zu trennen. Die Auf-
lösung des ameisensauren Bleioxids schmeckt siifs, mit überschüssigem
Bleioxid gekocht nimmt sie eine alkalische Reaction an.
Ameisensaures Manganoxidul , Eisenoxidul, Zinkoxid, Cadmium-
oxid, Nickeloxid , Kobaltoxid sind lösliche kristallisirbare Salze. Amei-
sensaures Kupferoxid kristallisirt in grpfsen,, sehr regelmäfsigen , durch-
sichtigen , keilblauen , rhombischen Säulen , welche in der Wärme ver-
wittern.
Ameisensaures Quecksilberoxidul und Quecksilberoxid.
F0O3 , Hg20 und F0O3 • HgO
Feingeriebenes Quecksilberoxid löst sich bei gewöhnlicher Temperatur
in Ameisensäurehydrat zu einer syrupdicken Flüssigkeit , die in trockner
Luft zu einer weifsen kristallinischen Masse erstarrt. Bei der geringsten
Erwärmung zersetzt sich dieses Salz, sowohl trocken als in Auflösung,
in freie Ameisensäure, Kohlensäure und Quecksilberoxidulsalz. Eine kalte
Auflösung von Quecksilberoxid in wasserhaltiger Säure erstarrt bei gelin-
der Erwärmung zu einer glimmerähnlichen, glänzenden Kristallmasse von
reinem ameisensauren Quecksilberoxidul ; sie besteht aus dünnen silber-
glänzenden, vier- oder sechsseitigen Blättchen von Seidenglanz, die man
durch Preisen zwischen Papier in der Leere trocknen kann. Beim Er-
hitzen dieses Oxidulsalzes, trocken oder in Auflösung, wird es unter einer
schwachen Verpuffung in Metall, Ameisensäure und Kohlensäure zersetzt.
Formylchlorid.
833
4 Atome am eisensaures Quecksilberoxid zerlegen sich bei gelinder Erwär-
mung in 2 At. ameisensaures Quecksilberoxidul, 1 At. Ameisensäurehy-
drat , 2 At. Kohlensäure.
C8 H8 016 Hg4 = 4 At. ameisensaures Quecksilberoxid
geben
C4 H4 08 Hg4 2 At. ameisensaures Quecksilberoxidul
C* H4 04 Ameisensäurehydrat
Ca 04 2 At. Kohlensäure,
~C8 Hs 016 HgV
2 At. ameisensaures Quecksilberoxidul C4 H4 08 Hg4 zerlegen sich beim
Erhitzen in
2 At. Kohlensäure C* 04
1 At. Ameisensäurehydrat C2 H4 04
4 At. Metall Hg4
C4 fl4 08 Hg4
Ameisensaures Silberoxid. FoOs, AgO.
Durch wechselseitige Zersetzung von salpetersaurem Silberoxid mit
einem ameisensauren Alkali bilden sich schwerlösliche , weifse , blätterige,
glänzende Kristalle, welche sich beim Erwärmen in Metall, Ameisen-
säurehydrat und Kohlensäure zerlegen.
Verbindungen des Formyls mit Chlor.
Durch die Einwirkung des Chlors auf Methylchlorür und Methyloxid
und die der unterchlorigsauren Salze auf Methyloxidhydrat entsteht eine
Reihe von Chlorverbindungen des Formyls. Aehnlich wie Ameisensäure
als Oxidationsprodukt des Acetyloxids und vieler andern Materien auftritt,
können die der Ameisensäure, also dem Oxide des Formyls correspondi-
renden Chloride , auch durch Zersetzung von audern Substanzen durch
Chlor oder durch unterchlorigsaure Salze gebildet werden. Formylchlorid
ist z. B. ein Zersetzungsprodukt des Chlorals mit Alkalien, es entsteht
ferner, wenn Alkohol oder Aceton mit einer Auflösung von unterchlorig-
sauren Alkalien der Destillation unterworfen werden. Auf eine ähnliche
Weise entsteht Formylbromid aus dem ßromal und Forrnyliodid durch
Zersetzung des Aethyloxidhydrats vermittelst einer weingeistigeu Lösung
von Iod mit Kalihydrat.
Durch die Einwirkung von Chlor auf Methylchlorür im Sonnenlicht
entstehen drei wesentlich von einander verschiedene Produkte, sie sind
neuerdings von Regriaiilt entdeckt und untersucht worden.
Das Produkt der ersten Einwirkung des Chlors ist eine farblose Flüs-
sigkeit, welche bei 30,5° siedet und deren Dampf ein spec. Gewicht von
2,94 besitzt; ihre Zusammensetzung wird durch die Formel C*H4C14 ausge-
drückt. Dieser Körper entsteht aus Methylchlorür C2 H6 CJ2, indem davon
2 At. Wasserstoff hinweggenommen und ersetzt werden durch 2 At Chlor.
Denkt man sich das Chlor ersetzt durch sein Aequivalent von Sauerstoff,
so würde man ein Oxid des Formyls haben, welches dem Aldehyd der
Acetylreihe correspondirt C2 H4 02 = C2 H2 ö H2 0 , es würde eine
gleiche Zusammensetzung haben mit dem Essigsäurehydrat oder mit dem
ameiseasaureu Methyloxid.
Wenn man auf diese Chlorverbindung aufs neue Chlor einwirken läfst,
so geht sie unter Bildung von Chlorvvasserstoffsäure in Formylchlorid über.
Das Formylchlorid entsteht aus dem Methylchlorür durch die Einwirkung
von 8 At. Chlor.
I At. MeCl* C2 H6 Cl2* __ (C2 H* Cl6 = 1 At. FoCJ6
8 At. Chlor Cf8 S — } H4 Cl4 = 2 At. Cl2 H*
Aus der andern Verbindung entsteht das Formylchlorid auf ähnliche
Art, indem sie mit 4 At. Chlor die nämlichen Produkte liefert.
834
Formy I.
Die Entstehung des Formylchlorids aus Alkohol., Methyioxfdhydraft und
Aceton geschieht io Folge eines verwickelten Zersetzungsprozesses. Bei
dem Erhitzen einer von diesen Flüssigkeiten mit unterchlorigsaurem Kalk
bemerkt man folgende Erscheinungen : es destillirt Formylchlorid über,
die rückständige Flüssigkeit enthält ameisensauren Kalk und Chlorcalcium
und es schlägt sich eine Verbindung von Chlorcalcium mit kohlensaurem
Kalk in glänzend weifseo kristallinischen Körnern nieder. Der unterchlo-
rigsaure Kalk, der zur Darstellung des Formylchlorids gedient hat, be-
sitzt zu Anfang und zu Ende eine alkalische Reaction , ist derselbe mit
Chlor übersättigt gewesen , so erhält man kein Formylchlorid. Man be-
merkt bei dieser Darstellung keine Gasentwickelting, namentlich keine freie
Kohlensäure. Es ist sehr wahrscheinlich, dafs die Bildung des Formyl-
chlorids auf dem angegebenen Wege direkt aus dem Alkohol erfolgt, viel-
leicht dafs ihr die Erzeugung von Chloral vorausgeht; da man in dem For-
mylchlorid nur den vierten fheil des Kohlenstoffs wiedererhält, welcher
in dem Alkohol enthalten ist, so lassen sich die folgenden Verhältnisse als
Ausdruck für den Vorgang betrachten:
2 At. Alkohol
8 At. unterchlorigsaurer Kalk
C« H?, 0.
Cli6 Ca£
enthalten die Elemente von
1 At. Formylchlorid
3 At. ameisensauren Kaik
.5 At. Chlorcalcium
8 At. Wasser
C2
C6
u2
h6 o1#
H16 Os
Cl6
Ca5
C1I0 Cas
Cs H24 Daß Ci16 Cag
Bei überschüssigem unterchlorigsaurem Kalk zerlegt sich die Ameisen-
säure des ameisensauren Salzes in Kohlensäure und Wasser.
Gleiche Atomgewichte ameiseusaurer Kalk und unterchlorigsaurer Kalk
enthalten die Elemente von 2 At. Kohlensäure, 1 At. Kalk, 1 At. Chlor-
calcium und 1 At. Wasser C2 H2 03 , CaO Hh Cl2 O, CaO = Cl2 Ca -f-
C2 04 -4- CaO -f- H2 O. Die Hälfte der Kohlensäure verbindet sich mit dem
Kalk des ameisensauren Salzes, die andere Hälfte mit dem freien Kalk.
% des Kohlenstoffs von 2 At. Alkohol bilden hiernach Ameisensäure
oder Kohlensäure und % des Kohlenstoffs erhält man in dem Formylchlo-
rid wieder.
Die Bildung des Formylchlorids aus Methyloxidhydrat und Acetou be-
darf keiner besonderen Erklärung; da 4 Atome Methyloxid die nämlichen
Elemente enthalten wie 2 At. Alkohol, da mau ferner das Aceton be-
trachten kann als eine Verbindung von Acetyloxid mit Methyloxid
H6
h6
Acetyloxid
Methyloxid
C6 H12 02 = Aceton
so ergiebt sich auch für dieses die Erklärung vorx selbst.
Bei der Bildung des Formyliodids zerlegt sich 1 At. Alkohol mit iß At,
lod uud 6 At. Kali in 1 At. Formyliodid , 1 At. ameisensaures Kali, 5 At.
lodkalium und 4 At. Wasser.
1 At. Alkohol = C4j®2 of
16 At. Iod und 6 KO iü 06 II6 K6
C4 H12 08 Il6 K6 =
At. Formyliodid C2 H, f8
At. ameisensaures Kali C2 H2 04
At. lodkalium
At. Wasser
H8 04
K
c. h12 o8 ii6 k6
Formylohiorid,
885
Die Verbindungen des lods, Broms und Chlors mit Formyi werden
durch kaustische Alkalien , obwohl schwierig , zersetzt in ameisensaure
Alkalien und in Metallhaloide.
i At. Formylchlorid giebt mit 4 At. Kali 1 At. ameisensaures Kais
und 3 At. Chlorkalium.
Fo 1 30 -fr- KO ameisensaures Kali
Cl6 i 3K Chlorkaiium
Formylchlorid j Kali.
Formylchlorid.
Formel: FoC16 [Dumas).
Darstellung: Man kann das Formylchlorid leicht durch Destillation
von Chloral mit Barytwasser oder einer dünnen Kalkmilch , wie früher
angegeben, gewinnen; die folgende Methode ist aber bequemer: 1 Theil
Kalkhydrat vertheilt man mit 24 Th. Wasser und leitet durch diese Kalk-
milch Chlorgas, bis der grofste Theil des Kalkhydrats verschwunden ist,
man setzt alsdann eine kleine Quantität Kalkmilch hinzu , so dafs die
Flüssigkeit farblos wird und eine alkalische Beaction aanimrat; die durch
Absetzen klar gewordene Auflösung von unterchlorigsaurem Kalk mischt
man mit V24 ihres Volumens Weingeist, Methylosidhydrat oder Aceton , und
unterwirft das Ganze nach 24 Stunden der Destillation bei gelinder Wärme.
Um das Uebersteigen. zu vermeiden, darf die Betörte nur % von ihrem
Volumen an Flüssigkeit enthalten. Das Produkt der Destillation enthält
Formylchlorid in Gestalt einer schweren ätherartigen Flüssigkeit mit Wein-
geist gemischt und in letzterem aufgelöst; man mischt es mit Wasser und
rectificirt im Wasserbade. Durch Digestion mit groben Stücken Chlor-
calcium und eine neue Destillation mit concentrirter Schwefelsäure wird
es vollkommen rein erhalten.
Es ist oben erwähnt worden, dafs es direkt aus Methylchloriir durch
Behandlung mit Chlorgas im Sonnenlicht erhalten werden kann. Auch er-
hält man es bei Zersetzung einer Auflösung von schwerem Salzäther in
Alkohol durch eine weingeistige Auflösung von Kali. Nach dem Zusatz
von Wasser scheidet es sich als schwere ölartige Flüssigkeit ab.
Eigenschaften: Farblose, ölartige Flüssigkeit von ätherartigem ange-
nehmen Geruch und süfslichem Geschmack, von 1,480 bei 18° spec. Ge-
wicht, siedet bei 60,8°. Mit Wasser erhitzt destillirt es über, wenn das
Wasser eine Temperatur von 57,3° angenommen hat; es ist sehr schwer
entzündlich und breunt nur in einer Lichtflamme, wodurch ihr Saum grüö
gefärbt wird. Durch eine Auflösung von Kali in Alkohol wird es in amei-
sensaures Kali zersetzt. (Dumas. y Das spec. Gewicht seines Gases ist
4,1165, es enthält in 100 Th. 88,927 Chlor und 11,073 Formyi. Durch
Destillation über concentrirte Schwefelsäure, Kalium oder Kali wird es
nicht merklich angegriffen, ebensowenig durch andere Säuren; treibt man
seinen Dampf durch eine glühende Glasröhre, so setzt sich Kohle ab,
man erhält Salzsäure und einen in langen weifsen Nadeln kristallisirenden
Körper.
Mit Chlorgas dem Sonnenlicht ausgesetzt wird es unter Bildung von
Salzsäure zersetzt, es entsteht ein Körper, welcher Chlor und Kohlenstoff
enthält und nach der Formel C2 Cf8 zusammengesetzt ist, er siedet bei
78°, das spec. Gewicht seines Dampfes ist 5,30 (Regnaulty , man kann
denselben als Ameisensäure betracSiten, wrorin der Wasserstoff im Radikal
und der Sauerstoff beide durch Chlor ersetzt sind,
C2 C l2 -4- Cl6
In dieser Beziehung besitzt er eine dem anderthalb ChlorkoMenstoff , wel-
cher der Essigsäure entspricht, ähnliche Zusammensetzung. Er wird durch
schwache Glühhitze unter Entwickelung von Chlorgas in zwei neue Ver-
bindungen des Kohlenstoffs mit Chlor zersetzt, wovon die eine, wie Reg-
nault verrauthet, nach der Formel C, CI4, die andere nach der Forme«
C5 CI, zusammengesetzt ist.
836
Formyl.
Formylbromid.
Formel: FoBr6 (Dumas'). Darstellung und Eigenschaften wie bei dem
Formyl Chlorid , nur dafs man anstatt unterchlorigsauren Kalk uuterbromig-
sauren Kalk, und statt des Chlorals Bromal dazu verwendet. Das Formyl-
bromid ist schwerer wie concentrirte Schwefelsäure , spec. Gew. 2*10,
weniger flüchtig als das Formylchlorid * und zerlegt sich mit Alkalien bei
weitem leichter.
Formyliodid.
Formel: Fo I6 (Dumas, Mitscherlich). Entdeckt von Serullas, und
als Iodkohlenwasserstoff , später als Iodkohlenstoff von ihm beschrieben.
Die wahre Zusammensetzung wurde zuerst durch Dumas ausgemittelt.
Darstellung : Man giefst zu einer gesättigten Auflösung von Iod in
Alkohol eine Auflösung von Kalihydrat in Alkohol * bis die IodauflÖsung
farblos geworden ist; ein Ueberschuls von Alkali mufs sorgfältig vermieden
werden. Durch gelindes Verdampfen entfernt man den Alkohol* aus dem
sich in dem Maafse* als seine Menge abnimmt* das Formyliodid in Kri-
stallen absetzt. Durch Waschen mit Wasser entfernt man das Iodkalium.
Eigenschaften: Glänzende gelbe Blätter von schwachem* unangeneh-
mem* anhaltendem Geruch nach Safran, unlöslich im Wasser, leichtlöslich
in Alkohol, Aether und Methyloxidhydrat, sublimirbar bei 100°; auf 120°
erhitzt zersetzt sich das Formyliodid in Kohle, Iod und Iod wasserstoff-
saure. Leicht zersetzbar durch eine weingeistige Lösung von Kali, zer-
setzbar durch Chlorgas in der Wärme, in Formylchlorid und Iodchlorid.
Mit Phosphorchlorid der Destillation unterworfen erhält man eine dunkel-
rothe Flüssigkeit von 1,96 spec. Gewicht* welche Chlor, Iod uud Formyl
enthält; eine ähnliche Zersetzung erleidet es, wenn es mit Quecksilber-
chlorid destillirt wird.
Formylmlfid.
Formel: Fo S3 ( Bouchardat) ? Durch Destillation von Formyliodid
mit 3 Th. Zinnober erhält man eine orangegelbe, ölartige Flüssigkeit,
schwerer wie Schwefelsäure* unlöslich im Wasser, mischbar mit Alkohol
und Aether, zersetzbar mit Kalihydrat in Schwefelkalium und ameisen-
saures Kali.
Formylchlorilr? siehe Seite 833.
Zer Setzung sprodukte des Methyloxids und seiner Verbindungen
mit Haloiden.
Methyloxidgas, C2 H6 O , wird nach Regnault durch Chlorgas zersetzt
unter Bildung von Chlorwasserstoffsäure und einer ölartigen Flüssigkeit,
welche bei 105° siedet und nach der Formel C2 H4 Cl2 0 zusammengesetzt
ist, durch weitere Einwirkung des Chlors scheint sie in eine andere ver-
wandelt zu werden« welche keinen Wasserstoff enthält C, Cl6 O. Die
Darstellung dieser Materien ist mit grofser Gefalir verbunden , indem zu-
weilen durch heftige Explosionen der Apparat zertrümmert wird.
Das Verhalten des Chlors zu essigsaurem Methyloxid ist von Laurent
untersucht worden, aus seinen erhaltenen Resultaten, die sich durch eine
seltne Unbestimmtheit und Leichtfertigkeit auszeichnen, lälst sich kein
andrer Schlufs ziehen, als dafs hierbei ein oder zwei neue Verbindungen
entstehen, welche ölarcig sind und Chlor enthalten uud die durch Alkalien
zersetzt werden; eins der hierbei erzeugten Zersetzungsprodukte schien
Ameisensäure zu seyn, ein anderes ist ein ölartiges Liquidum.
Nach Malaguti eutsteht durch die Einwirkung des Chlors auf essig-
saures Methyloxid eine Verbindung, welche in ihrer Zusammensetzung,
Eigenschaften und Verhalten identisch mit derjenigen ist, die durch Chlor
auf ameisensaures Aethyloxid gebildet wird.
Chlormethyläther.
837
Chlor und Methyloxidhydrat.
Leitet man Chlorgas in Methyloxidhydrat bei gewöhnlichem Tages-
lichte, so wird es mit Wärmeentwickelung und Entzündung absorbirt,
welche zuweilen gefahrdrohende Explosionen nach sich zieht. In einem
vor Licht vollkommen geschützten Gefäfse läfst sich die Sättigung ohne
Unfall vollführen. Gegeu das Ende hin erhält man die Flüssigkeit zur
Austreibung der Salzsäure ihrem Siedpuukte nahe. Als Resultat der voll-
kommenen Zersetzung findet man in dem Gefäfse zwei Flüssigkeiten, eine
wässerige, welche reich ist an Salzsäure, und eine ölartige schwere
Flüssigkeit von beifsendem Geschmack, die mit Alkalien sich in ein öl-
artiges neues Produkt und in Ameisensäure zu zerlegen scheint. Kane
fand darin in 100 Theilen 31,91 Kohlenstoff, 1,34 Wasserstoff, 10,83
Sauerstoff und 66 Chlor. Da weder die Natur noch die Quantität seiner
Zersetzungsprodukte bekannt sind, so läfst sich keine Formel für seine
Zusammensetzung, noch weniger eine Erklärung seiner Bildung geben.
Chlor und Methyloxidsalze.
Durch fortdauernde Einwirkung des Chlors auf geschmolzenes oxal~
saures Methyloxid entsteht eine gelbe i auchende Flüssigkeit, welche bei
gelinder Erwärmung farblos wird ; der Destillation unterworfen erhält man
daraus mehrere flüchtige Produkte, von denen das zuerst übergehende sich
in Wasser unter Entwickelung von Kohlensäure, ein anderes unter Ent-
wickelung von Kohlenoxidgas und Abscheidung von Oxalsäure auflöst. Im
Rückstand bleibt Oxalsäure und unzersetztes oxalsaures Methyloxid. Nach
der Ansicht von Malayuti rührt die Entwickelung von Kohlenoxidgas bei
gleichzeitiger Abscheidung von Oxalsäure von einer nach der Formel
Ö+C, Cl4 -4- H* O
zusammengesetzten Verbindung her, in welcher also Oxalsäure, ein Chlor-
kohlenstoff Cl4 C2 und Wasser enthalten wäre ; durch die Zerlegung des
Chlorkohlenstoffs beim Hinzubringen von Wasser würde auf der einen
Seite Salzsäure und auf der andern Kohlenoxid gebildet.
Durch die Einwirkung von Chlor auf benzoesaures Methyloxid ent-
steht Salzsäure, Methylchlorid und ein ölartiges Liquidum, welches der
Destillation unterworfen bei 195° eine Flüssigkeit liefert, welche gröfsten-
theils aus reinem Benzoylchlorür besteht; es ist begleitet von einer andern
Verbindung, die sich bei der Destillatiou schwärzt; der Rückstand dieser
Destillationen enthält Benzoesäure, benzoesaures Methyloxid und benzoe-
saures Chlorformyloxid , was bei Zersetzung mit Kali Chlorkalium, ben-
zoesaures und ameisensaures Kali liefert.
Essigsaures Methyloxid der Einwirkung des Chlors bei steigender
Temperatur unterworfen, liefert essigsaures Chlorformyloxid. In reinem
Zustande stellt es eine farblose ölartige Flüssigkeit dar von 1,35 spec. Ge-
wicht, ohne Wirkung auf Pflanzenfarben , von stechendem Essiggeruch
und süfslichem hintennach knoblauchartigem Geruch, es siedet bei 145 —
148°, wobei es sich schwärzt; mit Wasser in Berührung zerlegt es sich
langsam in Ameisensäure, Essigsäure und Salzsäure, mit Alkalien in essig-
und ameisensaures Alkali und Chlormetall ; seine Formel ist AcOj -f- CaH2£j |
Chlormethyläther.
Eine Mischung von Braunstein , Salzsäure und Methyloxidhydrat liefert
bei der Destillation eine gelbliche, ölartige Flüssigkeit, welche in Berüh-
rung mit Wasser farblos wird. (Atme.)
lody Salpetersäure und Methyloxidhydrat.
Wenn eine Mischung von Iod, Salpetersäure und Methyloxidhydrat
lange Zeit sich selbst überlassen wird, so entstehen gelbe Kristalle. (Aime.')
sm
Lignon
Chlor y Cyan und Methyloxidhydrat .
Leitet mau Chlor durch eiue Auflösung von Cyanquecksilber in Methyl-
oxidhydrat , so bildet sich beim Erwärmen eine ölartige Materie, welche
schwerer wie Wasser ist. (AimeJ) Von den drei so eben beschriebenen
Materien sind die Eigenschaften und Zusammensetzung so gut wie unbe-
kannt.
Produkte der Destillation des Holzes , welche mit dem Methyl-
oxid in Beziehung zu stehen scheinen.
In der Untersuchung eines Holzgeistes aus einer Holzessigfabrik in
Wattwyl erhielt J. L. eine farblose, brennbare Flüssigkeit, welche in al-
len Verhältnissen mit Wasser mischbar war, bei 60° siedete und ein spec.
Gewicht von 0,864 besafs. Diese Flüssigkeit besafs einen durchdringen-
den, ätherartigeu Geruch, einen pfefferartigen Geschmack; sie brennt mit
wenig leuchtender blauer Flamme und löst Chlorcalciuin in jedem Verhält-
nifs zu einer syrupartigen Flüssigkeit auf. Bei der Destillation im Wasser-
foade kann dieselbe leicht von dem Chlorcalcium wieder getrennt werden.
Nach dem Mittel mehrerer von J. L. und L. Gmelin angestellten Analysen
enthält diese Materie in 100 Theilen
J. L. Kam L. Gmelin
Kohlenstoff 54,753 — 54,88 — 55,372
Wasserstoff 11,111 — 11,27 — 9,833
Sauerstoff 34,136 — 33,85 — 34,795
Da man keine Gewifsheit über die Reinheit der analysirten Materie
hat, so ist es schwer, eine bestimmte Meinung über die Zusammensetzung
derselben auszusprechen. Die Formel C4 HJ0 02 kommt den Resultaten
der ersteren Analysen , die Formel C8 H18 04 den Resultaten der letzteren
sehr nahe. Nach der ersteren könnte es eine Verbindung seyn von 1 At.
Acetyloxidhydrat (Aldehyd) mit 2 At. Methyloxid oder von Methyloxid mit
einem dem Acetyloxid correspondirenäen Formyloxid.
C6 H1S 03 == 3 At. Methyloxid
C2 H2 0 =: 1 At. Formyloxid
C8 H20 04 r 1 At. Lignon.
C4 Hs 02 Acetyloxid
C4 Hj 2 02 Methyloxid
cth^ö;
Zu Gunsten dieser Formel spricht der Umstand, dafs der rohe Holz-
geist freien Aldehyd enthält, welcher von Scanlan durch successive De-
stillation daraus in reinem Zustande dargestellt worden ist. Diese Be-
obachtung ist von Kane , Gregory und J. L. in so fern bestätigt worden,
als diese Chemiker durch Sättigung des von Scanlan erhaltenen Produk-
tes mit Ammoniakgas kristallisirtes Aldehyd -Ammoniak daraus erhalten
haben. Ferner liefert dieser Holzgeist mit Aetzkali in Berührung eine
dicke braune Masse, deren Auflösung in Wasser nach Entfernung des
freien Holzgeistes durch Destillation von Säuren ähnlich gefällt wird, wie
eine Auflösung von Aldehydharz in Alkalien , und nach Löwig, Weidmann
und Schweitzer soll derselbe, mit Schwefelsäure und oxalsaurem Kali der
Destillation unterworfen , schweflige Säure , oxalsaures Methyloxid und
Essigsäure liefern. In 100 Theilen würde der obenerwähnten Formel nach
dieser Holzgeist, welchen L. Gmelin Lignon , Schweitzer und Weidmann
Xylit nennen, enthalten
C8 — 611,480 — 53,83
Hao — 124,795 — 10,97
04 — 400,000 — 35,29
1136,275 — 1000
Cetyl. Aethal.
839
Diese Forme] giebt etwas weniger Kohlenstoff, als durch die Analyse
gefunden wurde , allein da dieser Körper stets von etwas Aceton begleitet*
ist, welches nahe denselben Siedpunkt wie das Lignon besitzt, so würde
sich derselbe damit erklären. Die Versuche von Löwig , welcher, wie
bemerkt, oxalsaures Methyloxid und Lignon bekam, würden in dieser Be-
ziehung entscheidend seyn, wenn dieser Chemiker das geringste Vertrauen
verdiente; sie bedürfen deshalb einer Bestätigung.
Wach der Formel Cs H18 04 oder C16 H36 08 könnte es enthalten ein
Gemenge einer Verbindung von Essigsäure mit Methyloxid, entsprechend
dem Acetal, mit Aceton.
C6 H18 03 rz 3 At. Methyloxid
C4 H6 03 rr: 1 At. Essigsäure
C6 Mi 2 02 — Aceton
Ci 6 M36 Og = Lignon.
Jedenfalls scheint dieser Körper eine Methyloxidverbindung zu ent-
halten. Nach L. Gmelin’s Versuchen enthält der Pariser Holzgeist eine
Einmischung von Essiggeist, welcher bei der Destillation über Chlorcal-
cium zuerst übergeht. Berzelias hält das Lignon für ein Gemisch von
Methyioxidhydrat mit essigsaurem Methyloxid, allein das letztere wird
von Chlorcalcium nicht aufgenommen , während das Lignon sich leicht da-
mit verbindet. Dieser Körper bedarf einer gründlicheren Untersuchung.
Die Behauptungen von Löwig, dafs die Verbindungen von Metl^loxid
mit Oxalsäure und andern Säuren bei ihrer Zersetzung mit Alkalien kein
Methyloxid hydrat lieferten, so wie seine Angaben über das Verhalten des
Kaliums zu Methyioxidhydrat , sind als falsch und unrichtig von Malaguti
und Höckmann widerlegt.
VII) Cetyl. Symb.: Ct.
32 At. Kohlenstoff = 2445,92
66 At. Wasserstoff =: 411,82
1 ÄtTCetjT“ == 1s 57,74
Mit Cetyl bezeichnen wir ein hypothetisches Radikal, ähnlich dem
Aethyl ^ welches nach der Formel C32 H66 zusammengesetzt ist.
Mit 1 Atom Sauerstoff bildet das Cetyl das Cetyloxid . Das dem Alko-
hol entsprechende Hydrat dieses Oxids ist das von Chevreul entdeckte
Aethal. Die chemische Natur des Aethals so wie seine dem Alkohol ähn-
liche Constitution wurde von Chevreul zuerst erkannt und sein Name aus
den ersten Sylben von Aethev und Alkohol abgeleitet. Die Untersuchun-
gen von Dumas und Peligot haben die Richtigkeit von ChevreuVs Ansicht
ausser Zweifel gestellt, sie stellten das Cetylchloriir und das doppelt-
Schwefelsäure Cetyloxid dar und gaben die erste rationelle Formel über
die Zusammensetzung des Wallraths, des einzigen Körpers, in welchem
man das Cetyloxid bis jetzt angetroffen hat; der Wallrath ist eine Ver-
bindung von 2 At. margarinsaurem Cetyloxid mit 1 At. ölsaurem Cetyloxid
(siehe Margarinsäure und Oelsäure).
Aethal.
Cetyloxidhydrat. Formel : C32 H66 0 “I” CtO *4" 3.(J.
Darstellung : Gleiche Theile Wallrath und Kalihydrat werden mit ih-
rem gleichen Gewicht Wasser mehrere Tage bei 50 — 90° digerirt, die
gebildete Seife durch verdünnte Schwefelsäure zersetzt und die abgeschie-
dene Fettmasse, ein Gemenge von Margarinsäure, Oelsäure und Aethal,
nach dem Auswaschen mit siedendem Wasser mit überschüssigem Baryt-
wasser gekocht, wodurch unlöslicher öl * und margarinsaurer Baryt ge-
bildet wird, aus denen kalter Alkohol das Aethal auszieht; durch Ent-
fernung des Alkohols durch Verdampfen und durch Lösung des Rück-
840
CetyL
Standes in Aether scheidet man die letzten Spuren der beigemischten Ba-
rytsalze. Nach der Verdampfung des Aethers bleibt reines Aethal. ( Che -
rreulj Nach Dumas und Peligot setzt man geschmolzenem Wallrath
Kalihydrat in grobem Pulver unter beständigem Umrühren zu, wo die
Verbindung leicht und schnell und unter W ärmeentwickelung vor sich
geht. Sobald die Masse vollkommen fest geworden ist, behaudelt man sie
zuerst mit Wasser uud zersetzt die gebildeten Seifen durch überschüssige
verdünnte kochende Salzsäure ; die auf der Oberfläche der Flüssigkeit
schwimmende ölartige Schicht wird mit Kalihydrat zum zweitenmal wie
oben behandelt, wodurch der Rest des unzersetzt gebliebenen Wallraths
vollkommen verseift wird. Man behandelt die Masse aufs neue mit Was-
ser und kochender Salzsäure, und digerirt nun das Gemenge von Qel-
säure, Margarinsäure und Aethal mit Kalkmilch, es entsteht ein Gemenge
von Aethal mit ölsaurem und margarinsaurem Kalk, was nach dem Aus-
trocknen an kalten Alkohol das Aethal abgiebt. Das durch Verdampfen
des Alkohols erhaltene Aethal reinigt man durch Auflösung in Aether und
durch Destillation nach der Verdampfung des Aethers.
Eigenschaften : Weifse, feste, kristallinische Masse, über 48° schmel-
zend, bei 48° erstarrend, beim langsamen Erkalten in glänzenden Blät-
tern, aus der heifsen Auflösung in Alkohol in kleinen Blättchen kristalli-
sirend , leicht verdampfbar für sich oder mit Wasserdämpfen , unzersetzt
destillirbar , geruch- und geschmacklos, ohne Wirkung auf Pflanzenfarben,
verbrennt an der Luft erhitzt wie Wachs, unlöslich im Wasser, mischbar
im geschmolzenen Zustande mit warmem Alkohol in allen Verhältnissen,
leicht löslich in Aether. Zersetzbar durch Salpetersäure, bildet in gelin-
der Wärme mit concentrirter Schwefelsäure saures schwefelsaures Cetyl-
oxid, geht im reinen Zustande keine Verbindung ein mit Alkalien.
Cetylchlorür.
Formel: C32 H60 Cl2 = CtCl2.
Gleiche Volumtheile Aethal und Phosphorchlorid Pa CI10 in einer Re-
torte gemengt entwickeln unter starker Erhitzung und Schmelzung eine
reichliche Menge von Chlorwasserstoffsäure , bei weiterer Erwärmung de-
stillirt Phosphorchlorür, Phosphorchlorid und zuletzt Cetylchlorür in der
Form eines ölartigen Liquidums über, was sich durch Behandlung mit kal-
tem, zuletzt init siedendem Wasser von den Chloriden des Phosphors,
obwohl schwierig, befreien läfst. In der Betörte bleibt Phosphorsäure
und phosphorsaures Cetyloxid zurück. Es ist zweckmäfsig, das erhaltene
Cetylchlorür einer zweiten Behandlung mit Phosphorchlorid zu unterwer-
fen, um einer Abwesenheit von beigemischtem Aethal gewifs zu seyn.
Die Eigenschaften dieses Körpers haben die Entdecker nicht näher ange-
geben. Zwei Analysen gaben in 100 Theilen
Theorie Versuch
Kohlenstoff 74,1 — 74,3 — 73,67
Wasserstoff 12,4 — 12,2 — 12,32
Chlor 13,5 — 12,5 — 13,70
Schwefelsaures Cetyloxid; 2S0ä , Cj, H66 O -+- aq. Diese Verbindung
ist unbekannt.
Schwefelsaures Cetyloxid-Kali. 2S03, C32H66 0, KO.
Aethal und Schwefelsäurehydrat vereinigen sich mit einander bei ge-
linder Erwärmung im Wasserbade. Wird die erhaltene Verbindung in Al-
kohol gelöst und eine Auflösung von Kalihydrat in Alkohol bis zur Neu-
tralisation zugesetzt, so scheidet sich schwefelsaures Kali ab, schwefel-
saures Cetyloxid-Kali und freies Aethal bleiben gelöst. Die bei der Ver-
dampfung des Alkohols erhaltenen Kristalle liefern nach mehrmaliger Kri-
stallisation, mit Aether ausgewaschen, welcher das Aethal löst, reines
Ceten. — Amyl.
841
echwefelsaures Cetyloxid-Kali in dünnen, vollkommen weifsen, perlmutter-
glänzenden Blättchen. Ausser der Zusammensetzung sind von diesem Salze
Dumas und Peligot erhielten in
keine näheren Eigenschaften bekannt
100 Tkeilen:
schwefelsaures Kali
Schwefelsäure
Kohlenstoff
Wasserstoff
Sauerstoff
Theorie.
23,9
11,0
53,7
9,0
2,4
Versuch.
24.0
53.1
53,1
9.1
2.1
100,0 100,0
Zersetzungsprodukt des Cetyloxidhydrats.
Ceten. Formel:
Zersetzungsprodukt des Aethals durch wasserfreie Phosphorsäure.
Darstellung: Aethal wird mit wasserfreier Phosphorsäure mehrmals
der Destillation unterworfen, wo Ceten übergeht, was in Folge einer
Bildung und Entziehung von 2 At. Wasser gebildet wird
Eigenschaften: Farblose, ölartige Flüssigkeit, macht auf Papier Fett-
flecke, unlöslich im Wasser, leicht mischbar mit Alkohol und Aether,
entzündlich, mit rufsender Flamme verbrennend. Siedpunkt nahe bei 275°
das spec. Gewicht seines Dampfes ist 7,843 (gefunden durch den Versuch
8,007), wornach es in 1 Volum enthält:
8 Vol. Kohlenstoff 6,7423
16 Vol. Wasserstoff =r 1,1008
1 Vol. Ceten 7,8431
VIII) Amyl. Symb. : Ayl.
10 At. Kohlenstoff = 764,35
22 At. Wasserstoff — 137,27
1 At. Amyl “ 901,62
Verbund, be/;e„iCHne" Wir das l;yp«t'>e«scl.e Radikal einer Reihe von
Verbindungen, von denen das Hydrat seines Oxids unter dem Namen
rnntfvil* n ar üffe n Ia"?e bekaDnt ist- Seine Zusammensetzung wu™de
Dumas ausgemittelt, seine chemischen Eigenschaften hineeeen
Amyl r- CI0 U22 = Ayl.
AylO n: C10 H22 O rzr Oxid, unbekannt.
AylO + aq = c10 ^0 + 0,0 = Fuselöl.
AylCi, = C10 H22 CJ2 = Chlorür.
Ayl Br2 rrz C10 H22 Br2 ir Bromür.
Ayl I2 C10 H22 f2 ~ Iodiir.
2S05 , AylO -h aq =r saures schwefelsaures Amyioxid.
2S03, AylO -h ffaO = schwefelsaurer Amyloxid-Baryt.
Atnyloxidhydr at . Formel : CI0 H22 0 + H2 0.
eineBweifsnr“h'^r,iiSnml,de ?*f Destil|a«on des Kartoffelhranntweins geht
eine weifsl.ch trübe Flüssigkeit über, aus der sich in der Ruhe alkohol-
Geigers Pharmacie. I. ( 5/c Auß. )
8«
A myl.
uud wasserhaltiges Amyloxidhydrat absetzt. Das rohe Oel enthält über
die Hälfte von seinem Gewichte an beiden Substanzen, es siedet bei 85 —
90°. Um es rein zu erhalten schüttelt man es mehrmals mit Wasser,
stellt es mit Chlorcalcium zusammen und unterwirft es der Destillation.
Wenn der Siedpunkt bis auf 132° gestiegen ist, wechselt man die Vor-
lage. Was von da an übergebt, ist rein. ( Cahours .)
Eigenschaften : Farbloses, ölähnliches, sehr flüssiges Liquidum, von
starkem, anfänglich nicht unangenehmen, später aber höchst ekelhaften,
widrigen Geruch; der eiugeathmete Dampf bewirkt Brustbeenguug, Er-
brechen und reizt zum Husten; von scharfem, brennendem Geschmack;
entzündlich, mit blauweifser Flamme verbrennend; es siedet bei 132° bei
761 Mill. Druck, sein sp. Gewicht ist 0,8124 fcji 15°, bei —19 bis 20° wird
es fest und kristallinisch blätterig. Auf Papier macht cs Fettflecken, wel-
che durch Verdampfen verschwinden, in lufthaltenden Gefäfseu aufbewahrt
nimmt es eine saure Reaction an. Es löst sich in geringer Menge in Was-
ser, dem es seinen Geruch mittheilt, mischbar in allen Verhältnissen mit
Aether und Alkohol, flüchtigen und. fetten Oelen und concentrirter Essig-
säure, es löst Phosphor, Schwefel und Iod ohne bemerkbare Veränderung
auf; auf ähnliche Art vermischt es sich mit Kali und Natronhydrat. Ah-
sorbirt reichlich Chlorwasserstoffsäure unter Wärmeentwickelung. Mischt
sich mit concentrirter Schwefelsäure mit violettrother Farbe, hierbei ent-
steht saures schwefelsaures Amyloxid. Durch Salpetersäure uud Chlor
wird es zersetzt. Bei der Destillation mit wasserfreier Phosphorsäure er-
hält man eine flüssige, ölartige Kohlenwasserstoffverbindung.
Amylbromür. Formel: AylBr2 £ Cahours J.
Darstellung wie Amyliodiir. Eigenschaften: Farblose, flüchtige. Öl-
artige Flüssigkeit, schwerer wie Wasser, von scharfem Geschmack und
stechendem knoblauchartigen Geruch. Unveränderlich an der Luft und im
Lichte, destillirbar ohne Zersetzung, schwerentzündlich, mit grüngesäumter
rufsender Flamme verbrennend; durch wässerige kaustische Alkalien wird
sie schwierig, leicht durch alkoholische Auflösungen dieser Körper zer-
setzt. Mischbar mit Alkohol und Aether.
Amyliodiir. Formel: Ayll2 £ Cahours ).
Darstellung : Eine Mischung von 8 Th. Iod, 15 Th. Amyloxidhydrat
und 1 Th. Phosphor unterwirft man der Destillation bei gelinder Wärme.
Das erhaltene Produkt wird durch Waschen mit Wasser, Digestion mit
Chlorcalcium und wiederholte Destillationen gereinigt.
Eigenschaften : Farblose Flüssigkeit, schwerer wie Wasser, von ste-
chendem Geschmack und knoblauchartigem Geruch ; im Dunkeln läfst es
sich ohne Veränderung aufbewahren, im Lichte nimmt es eine rothgelbe
Farbe an; es siedet bei 120° bei 761 Millim. Druck, schwer entzündlich
mit rother Flamme brennend, verhält sich gegen Alkalien wie das Amyl-
bromür. Nach dem spec. Gewicht seines Dampfes C gefunden 6,675) ent-
hält dieser Körper in 1 Volum:
2% Vol. Kohlenstoff = 2,10697
51/* Vol. Wasserstoff =r 0,37840
% Vol. Iod = 4,35055
1 Vol. Amyliodür = 6,83592
Saures schwefelsaures Amyloxid.
Wenn man schwefelsauren Amyloxid -Baryt in Wasser gelöst durch
Zusatz von verdünnter Schwefelsäure vorsichtig von dem Baryt befreit,
so erhält man saures schwefelsaures Amyloxid in Auflösung, welches sich
an der Luft und im leeren Raume bis zur Syrupconsistenz abdampfen läfst,
woraus man zuweilen diese Verbindung in sehr feinen Nadeln kristalli-
sirt erhalt.
*
843
Schwefelsaurer Amyloxid-Bary t.
Das saure Schwefelsäure Amyloxid bildet mit Basen ohne Ausnahme
lösliche Doppelverbindungen ; wird die wässerige Auflösung erhitzt, so
zersetzt sie sich in Schwefelsäure, die jetzt durch Barytsalze angezeigt
wird, und in Amyloxidhydrat, was sich als Oeischicht abscheidet.
Schwefelsaures Amyloxid - Kali.
Formel des kristallisirten Salzes: 2S05 , AylO, KO. Man erhält es
durch Zersetzung des schwefelsauren Amyloxid-Baryts mit kohlensaurem
Kali und Abdampfen bis zur Kristallisation.
Eigenschaften: Feine concentrisch gruppirte, farblose Nadeln oder
Schuppen, sehr löslich in Wasser und Alkohol, von sehr bitterem Ge-
schmack.
Schwefelsaurer Amyloxid- Baryt.
Formel des kristallisirten Salzes: 2S05, AylO, BaO 3aq; bei 100®
getrocknet: 2S03 , AylO, BaO 2aq.
Darstellung : Gleiche Gewichtstheile concentrirter Schwefelsäure und
Amyloxidhydrat werden mit einander gemischt, wo die Verbindung mit
Erhitzung und Färbung aber ohne Entwickelung von schwefliger Säure
vor sich geht. Durch Neutralisation mit kohleusaurem Baryt erhält man
unauflöslichen schwefelsauren Baryt und schwefelsauren Amyloxidbaryt,
welcher durch Thierkohle entfärbt und bis zur Kristallisation abgedampft
wird.
Eigenschaften: Perlmutterglänzende, färb- und geruchlose Blättchen
von bitterem Geschmack , leichtlöslich in Wasser, in heifsem Alkohol
leichter wie in kaltem, wenig in Aether löslich. Durch Sieden der wäs-
serigen Auflösung wird sie zersetzt in Amyloxidhydrat , freie Schwefel-
säure und schwefelsauren Baryt. Bei 200° wird es zersetzt.
Das saure schwefelsaure Amyloxid bildet mit Kalk und Bleioxid ähn-
liche Doppelverbindungeu. Die Formel der Bleioxidverbindung ist 2S05 ,
AylO, PbO 2aq ; die der Kalkverbindung 2S03 , AylO, CaO -f- 2aq.
Die letztere scheint in kaltem Wasser leichter löslich zu seyn wie bei
Siedhitze, Wo sie sich trübt. Beide in Auflösung erwärmt zersetzen sich
wie die Barytverbindung.
Zersetzungsprodukte des Amyloxidhydrats .
a) Durch wasserfreie Phosphorsäure. Bei wiederholter Destillation
über wasserfreie Phosphorsäure wird das Amyloxidhydrat zersetzt, man
erhält eine sauerstofffreie farblose Flüssigkeit, welche leichter wie Was-
ser ist und einen eigenthümlich aromatischen Geruch besitzt, sie siedet bei
160° ( Cahonrs gab ihr den Namen Amyleii) , und nach dem spec. Gewicht
ihres Dampfes, welches nach dem Versuch 5,061 (Rechnung 4,90) ist,
enthält 1 Volum:
5 Vol. Kohlenstoff = 4,2139
10 Vol. Wasserstoff == 0,6880
1 Vol. Amylen ~ 4,9019
Die procentisclie Zusammensetzung ist dieselbe wie die des Hydracetgls.
b) Durch Chlor. Amyloxidhydrat wird durch Chlor unter Schwärzung
und Salzsäureentwickeluug zersetzt. Die Verbindung, welche man nach
vollendeter Einwirkung des Chlors erhält, stellt eine braune ölartige Flüs-
sigkeit dar, schwerer wie Wasser; mit Wasser und einer Auflösung von
kohlensaurem Natron gewaschen verliert sie ihre saure Reaction, sie sie-
det bei 180°, ist unlöslich im Wasser und alkalischen Lösungen, leicht
in Alkohol und Aether ; die letzteren Auflösungen bringen anfänglich in
salpetersaurem Silberoxid keinen Niederschlag hervor, bei längerem Zu-
sammenstehen bildet sich hingegen Chlorsilber. Die folgende procentisclie
Zusammensetzung dieses Körpers wurde in zwei Analysen gefunden:
84*
Gly cery 1.
Kohlenstoff 44,17 — 44,28
Wasserstoff 6,10 — 6,00
Sauerstoff 11,85 — 11,34
Chlor 38,38 — 38,38
100,00 100,00
Andere Verbindungen oder Zersetzungsprodukte des Amyloxids sind
nicht bekannt.
IX) Glyceryl. Symb. : Gl.
6 At. Kohlenstoff = 458,61
14 At. Wasserstoff = 87,35
1 At. Glyceryl = 545,96
Unter dem Namen Glycerin kennt man längst das Hydrat eines in der
Natur fertig gebildeten, sehr häufig verbreiteten, organischen Oxids, wel-
ches in Verbindung mit den mannigfaltigsten Säuren die fetten und trock-
nenden nicht flüchtigen Oel- und Talgarten bildet.
Mit Glyceryl , C6 H14, bezeichnen wir das Radikal dieses Oxids.
Glyceryloxid ist die Verbindung dieses Radikals mit 5 At. Sauerstoff,
C6 H14 Os j beide sind bis jetzt nur in Verbindung mit Wasser oder Säuren
bekannt.
Glyceryloxidhydrat , C6 HJ4 Os -f- aq, ist der von Scheele entdeckte
O eizucker , das sog. Principe donx des huiles. Die grofse Verbreitung
dieses Körpers ist von Chevreul und seine wahre Natur von Chevreul und
Pelouze ins Klare gestellt worden.
Glyceryloxidhydrat. Formel : C6 Hi4 O5 + aq. £ Chevreul , Pelouze. }
Vorkommen und Darstellung : Das Glyceryloxidhydrat ist in den fet-
ten Oelen und Talgarten in Verbindung mit Oelsäure, Talgsäure und
Margarinsäure enthalten, und wird daraus abgeschieden, wenn diese letz-
teren mit Wasser und starken Basen, die sich mit den Säuren verbinden,
eine Zeitlang im Sieden erhalten werden. Nach der Zersetzung des talg-
sauren, ölsauren etc. Alkali’s mit Weinsäure oder Schwefelsäure bleibt
das Glyceryloxidhydrat neben einem Kalisalz im Wasser gelöst, während
die Säuren abgeschieden werden. Durch Verdampfung der Auflösung und
Behandlung des Rückstandes mit kaltem Alkohol scheidet man das Glyce-
ryloxidhydrat, was sich im Alkohol löst, von dem Kalisalz, was darin
unlöslich ist.
Am bequemsten, in gröfster Menge und sehr rein erhält man diese
Verbindung durch Verseifung des Olivenöls vermittelst Bleioxid und wenig
Wasser, wo in dem Wasser das GJyceryloxidh3'drat gelöst bleibt, was
man von dem aufgenommenen Bleioxid durch Schwefelwasserstoffsäure
trennt. Durch Behandlung mit Kohle wird es farblos erhalten. Durch
Entfernung des Wassers durch Verdampfung, zuletzt im leeren Raume
über Schwefelsäure erhält man es rein und wasserfrei.
Eigenschaften: Farbloser oder schwach gelblich gefärbter, geruch-
loser Syrup, von 1,252 bis 1,27 ( Chevreul ) spec. Gewicht, mit Wasser
und Alkohol in allen Verhältnissen mischbar, von sehr siifsem Geschmack,
unlöslich in Aether, mit Wasserdämpfen sich in geringer Menge verflüch-
tigend; wird durch Hitze zerstört, nicht destillirbar, an der Luft erhitzt
brennt es mit leuchtender Flamme ; durch Salpetersäure w’ird es in Klee-
säure, durch Manganhyperoxid und Schwefelsäure in Ameisensäure und
Kohlensäure verwandelt; fällt beim Kochen mit schwefelsaurem Kupferoxid
metallisches Kupfer.
Die wässerige Auflösung hält sich unverändert in offenen oder ver-
schlossenen Gefäfsen ; ist nicht gährungsfähig.
845
Schwefelsaurer Glyceryloxid- K alk.
Es verbindet sich mit Schwefelsäurehydrat zu saurem schwefelsaurem
Glyceryloxid und geht Verbindungen ein mit Kali und Baryt , löst in der
Wärme Bleioxid, alle zerfliefslichen Salze, schwefelsaures Kali, -Natron,
-Kupferoxid , salpetersaures Silberoxid und -Kali.
Glyceryloxidhydrat wird durch Brom und Chlor zersetzt; das Brom
löst sich darin unter Erhitzung auf, beim Erwärmen und Verdünnen mit
Wasser scheidet sich eine schwere ölartige Flüssigkeit ab von ätherarti-
gem angenehmem Geruch, welche löslich in Aether und Alkohol ist. Die
wässerige Flüssigkeit enthält Bromwasserstoffsäure.
Chlorgas mit Glyceryloxidhydrat in Berührung wird davon unter Bildung
von Chlorwasserstoffsäure und einem weifsen, festen, flockigen Körper,
von ätherartigem Geruch und saurem, bitterem, zusammenziehendem Ge-
schmack absorbirt.
Saures schwefelsaures Glyceryloxid. , C6 H14 05 -f- aq.
Bildung: Concentrirte Schwefelsäure mit der Hälfte ihres Gewichts
Glyceryloxidhydrat in Berührung gebracht, verbindet sich damit unter be-
trächtlicher Erhitzung ohne Färbung. Dieses saure Salz entsteht ebenfalls
beim Behandeln aller Gele und Talgarten mit concentrirter Schwefelsäure.
(Pelouze, Fremy
Darstellung : Eiue Auflösung von schwefelsaurem Glyceryloxid-Kalk
wird vorsichtig zur Entfernung des Kalks mit verdünnter Kleesäure gefällt.
Eigenschaften : Sehr saure Flüssigkeit, welche Baryt-, Blei- und Kalk-
salze nicht fällt, die kohlensauren Salze unter Aufbrausen zersetzt und
bei gelindem Erwärmen oder beim Aufbewahren in Glyceryloxidhydrat
und freie Schwefelsäure zersetzt wird.
Das saure Schwefelsäure Glyceryloxid giebt mit Basen neutralisirt lös-
liche Doppelsalze; die Verbindungen mit Kalk und Baryt sind leichtlöslich,
kristalüsirbar , ihre Auflösungen werden bei Siedhitze leicht zersetzt in
schwefelsaure Metalloxide und Glyceryloxidhydrat.
Schwefelsaurer Glyceryloxid-Kalk.
Formel: 2S03 , C6H1405, CaO fPelouze).
Darstellung : Beim Sättigen einer mit Wasser verdünnten Mischung
von Schwefelsäurehydrat mit Glyceryloxidhydrat, mit kohlensaurem Kalk
erhält man nach dem Entfernen des gebildeten Schwefelsäuren Kalks und
Abdampfen eine syrupähnliehe Flüssigkeit, aus der in der Kälte der schwe-
felsaure Glyceryloxid-Kalk in farblosen prismatischen Nadeln sich absetzt,
welche durch neue Kristallisationen gereinigt werden.
Eigenschaften : Farblose Blättchen oder Nadeln, löslich in ihrem hal-
ben Gewicht Wasser, unlöslich in Alkohol und Aether; die wässerige
Auflösung besitzt einen bitteren Geschmack. Zwischen 140 — 150° wird
er zersetzt unter Ausstofsung eines unangenehm riechenden, die Augen
reizenden Dampfes und unter ßücklassung eines Gemenges von Kohle mit
schwefelsaurem Kalk.
Das schwefelsaure Glycerylbleioxid besitzt nach Pelouze eine dem
Kalksalz ähnliche Zusammensetzung.
Es ist wahrscheinlich, dafs das Glyceryloxid in Verbindung mit an-
dern als fetten Säuren in der Natur vorkommt, und diese Verbindungen
verdienen aufgesucht zu werden. Benzoesaures Glyceryloxid besitzt z. B.
die Zusammensetzung des Picrotoxins etc. Mannit und Glyceryloxid sind
den Formeln nach Oxide des nemlichen Radikals etc. etc.
SiCS
Mec<! «sä« r e,
Verbindungen unbekannter Radikale .
In der vorhergehenden Abtheilung sind alle Verbindungen zusammen-
gestellt, welche mit einander in einer bestimmten Beziehung entweder auf
ihre Bildung oder Zusammensetzung stehen ; in der folgenden werden die-
jenigen organischen Materien abgehandelt werden, über deren Radikal bis
jetzt keine Untersuchungen vorliegen.
Diese Verbindungen werden in der Reihe abgehandelt, wie sie in ihrer
Zusammensetzung aufeinander folgen, in der Art, dafs durch die Anzahl
der Atome, die sie in einem Aequivalent enthalten, eine zunehmende
Reihe gebildet wird. Auf diejenigen Säuren, welche in einem Atom drei
Aenuivalente enthalten, auf die dreibasischen, folgen die zweibasischen
und zuletzt die einbasischen Säuren. Die beiden ersteren Klassen zerlegen
sich durch den Eioflufs der Wärme und geben zur Entstehung von Pyro-
gensäuren mehrentheils Veranlassung; diese werden als Zersefczungspro-
dukte derselben abgehandelt werden.
Manche von diesen Verbindungen sind Erzeugnisse der Oxidation von
andern nicht sauren Substanzen, diese sollen gleichzeitig nach diesen Säu-
ren beschrieben werden, so dafs also im Ganzen die Anordnung in der
ersten Abtheiluug befolgt wird, in der Art, dafs alle mit einander in Be-
ziehung stehenden Substanzen gruppenweise sich zusammengestellt finden.
Meconsäurc.
Dreibasische Säure. Symb.: Me.
Formel der wasserfreien Säure: C14 H2 On Me.
Formel der bei 100° getrockneten* Ci4 H* 0,, -f- 3H20 =rr Me -f- 3aq.
Formel der kristallisirten : C14 H2 O,, -h 3II20 -f- 6aq =rr Me H- Oaq.
Seguin machte zuerst die Beobachtung, dafs ein Opiumaufgufs die Fä-
higkeit besitze, Eisenoxidsatze blutroth zu färben. Sertürner stellte zu-
erst die Meconsäure aus dem meconsauren Baryt mit Schwefelsäure dar,
welche nach ihm durch Sublimation rein erhalten wurde. Robiquet zeigte
1832 den Unterschied der sublimirten von der in dem Opium enthaltenen
Säure, er bewies die Eigenthumiichkeit der letzteren und entdeckte die
Komensäure.
Darstellung : Reines meconsaures Kali wird in 16 — 20 Th eilen war-
mem Wasser gelöst und die Flüssigkeit mit 2 — 3 Th. reiner Chlorwasser-
stoffsäure versetzt, wo Meconsäure gemengt mit saurem mecoosaurem
Kali nach dem Erkalten kristallisirt, die erhaltenen Kristalle werden zum
zweitenmal auf dieselbe Weise behandelt, bis sie nach dem Glühen auf
einem Platiubleoh keinen Rückstand mehr hinterlassen. Kochen mit freien
Mineralsäuren so wie Filtriren der Auflösung durch Papier mufs gänzlich
vermieden werden.
Eigenschaften: Weifse perlmutterglänzende Schuppen oder Blätter,
weich im Anfühlen, von saurein zusammenziehendem Geschmack, verliert
in der Wärme 20,5 — 21,5 p. c. = 6 At. Kristallwasser , wobei die Kri-
stalle matt uud undurchsichtig werden. Sie ist schwerlöslich in kaltem,
leichter in heifsem Wasser. Durch Sieden ihrer gesättigten Auflösung färbt
sie sich gelb, später dunkelbraun, es entsteht hierbei Kohlensäure, Oxal-
säure, Komensäure und eine dunkelbraune Materie; sie nimmt in Berüh-
rung mit Papier (eisenhaltigem) eine röthliche Farbe an und zerlegt sich
mit kochender Salzsäure unter Aufbrausen in Kohlensäure und Komensäure.
Wenn man versucht, eine gefärbte Meconsäure durch Kohle zu entfär-
ben, so erleidet man einen beträchtlichen Verlust, insofern eine sehr be~
Meconsaures Natrou.
847
deutende Menge davon mit der Kohle verbunden bleibt, die sich davon
nur durch eine alkalische Lauge trennen läfst. Beim trocknen Erhitzen
für sich fängt sie bei 120° an sich zu zerlegen, es entweicht kohlensau-
rcs Gas, Wasser, und es bleibt Komensäure gemengt mit einer grauen
oder braunen unlöslichen Substanz in geringer Menge; bei hoher Tempe-
ratur zersetzt sich die Komensäure, es sublimirt Pyromeconsäure.
Die Möconsäure ist schwierig zersetzbar durch Schwefelsäure, sie
wird leicht und mit grofser Heftigkeit beim Erhitzen mit Salpetersäure
zerlegt. In heifser verdünnter Schwefelsäure löst sie sich mit Aufbrau-
sen, aus der Auflösung kristallisirt Komensäure. Mit Kalilauge im Ueber-
schufs erwärmt zersetzt sie sich vollständig in Oxalsäure, Kohlensäure
und eine braune Materie.
Eine Auflösung von einem Eisenoxidsalz wird durch Meconsäure blut-
roth gefärbt, ohne einen Niederschlag zu geben.
Die Meconsäure ist im Alkohol löslich.
Meconsäure und Metalloxide.
Die Meconsäure vereinigt sich mit den Basen zu den meconsauren Sal-
zen. In diesen Salzen werden ein, zwei oder drei Atome Hydratwasser
ersetzt durch 1,3 oder 3 Aequivaleute von Metalloxiden.
Die Formeln für die meconsauren Salze sind (MO bedeutet 1 Aeq.
Metalloxid ) :
einbasische Salze
MO f
2H2Of
Me,
zweibasische Salze
Me 2MOi
MG’ H20 S
dreibasische Salze
Me , 3 MO
Von den dreibasischen Salzen ist nur ein Silbersalz untersucht.
Alle löslichen ein- und zweibasischen meconsauren Salze reagiren
sauer, die löslichen dreibasischeu besitzen eine alkalische Reaction ; sie
werden ohne Entwickelung von Pyromeconsäure durch trockne Destillation
zerstört.
Die zwei- und einbasischen meconsauren Alkalien und alkalischen Er-
den sind schwerlöslich im Wasser, die dreibasischen lösen sich leichter.
Meconsaures Ammoniumoxid Die Meconsäure bildet mit Ammoniak
ueutralisirt zwei kristallisirbare Verbindungen, welche beide eine saure
Reaction besitzen. Mit Ammoniak übersättigt entsteht dreibasisches me-
consaures Ammoniumoxid von gelber Farbe.
Meconsaures Kali ; Me, 2KO, aq. Unreine, aus dem Kalksalz er-
haltene Meconsäure erhitzt man mit Wasser und setzt bis zur Erschei-
nung einer gelblich grünen Farbe Kalilauge zu. Der erhaltene Brei wird
mit etwas Wasser bis Zur Auflösung erhitzt und erkalten gelassen, wo die
concentrirte Flüssigkeit zu einem festen Brei gesteht, den man ausprefst
und durch neue Kristallisation reinigt.
Farblose seidenglänzende Nadeln oder Blättchen, schwerlöslich in
kaltem, leichter in heifsera Wasser. Durch Zusatz von Kaiihydrat zu der
Auflösung dieses Kalisalzes entsteht dreibasisches meconsaures Kali von
gelblicher Farbe. Löst man dieses Salz in Kalilauge von 1,3 spec. Gew.
bei Siedhitze auf, so erstarrt die Flüssigkeit nach dem Erkalten zu einem
Brei von Kristallen von neutralem oxalsaurem Kali, sie enthält neben dem-
selben kohlensaures Kali und eine dunkelrothbraune , färbende Materie.
Wird die kalt gesättigte Auflösung mit wenig Salzsäure versetzt, so schlägt
sich einbasisches meconsaures Kali in feinen glänzenden Nadeln nieder.
Me, K0,3H20, dem durch wiederholte Auflösung und Zusatz von Salz-
säure alles Kali vollständig entzogen werden kann.
Meconsaures Natron. Die Meconsäure verhält sich gegen Natron wies
gegen Kali, indem sie damit drei den meconsauren Kalisalzen ähnliche
Natronsalze bildet.
848 Meconsaurer Kalk, — Silberoxid.
Meconsaurer Kalk / Me, CaO, 2H20 -4- aq. Dieses Salz erhält mau
aus dem Opiumauszug, aus welchem durch vorangegangene Fällung mit
löslichen Basen die unlöslichen Aäkaloide geschieden worden sind. Man
versetzt die concentrirte rückständige Flüssigkeit von der Darstellung des
Morphins, nachdem man sie vorher mit Salzsäure' genau gesättigt oder mit
Essigsäure schwach übersättigt hat, mit einer Auflösung von Chlorcalcium
und überläfst sie der Ruhe. Meistens entsteht sogleich oder nach längerem
Stehen ein kristallinischer Niederschlag von meconsaurem Kalk, von brauner
Farbe, welcher gewöhnlich zur Darstellung der Meconsäure benutzt wird;
er enthält meistens eine gewisse Menge schwefelsauren Kalk, von dem
man denselben durch Aufkochen mit 20 Theilen Wasser, dem man etwas
freie Salzsäure zusetzt, und Kristallisation trennt. Beim Erkalten der heifs
gesättigten Auflösung erhält man gypsfreie, wiewohl gefärbte, braunglän-
zende Blätter, denen durch wiederholte Kristallisation aus heifsem Was-
ser, welches Salzsäure enthält, zuletzt aller Kalk vollkommen entzogen
wird, so dals das Endresultat dieser Zersetzung kristallisirte unreine
Meconsäure ist. Eine kalt gesättigte Auflösung von zweifach basisch me-
consaurem Kali bringt in einer Auflösung von Chlorcalcium keine Trübung
hervor. Durch Fällung von reinem zweifach basischem meconsaurem Kali
mit Chlorcalcium erhält mau bei concentrirteu heifsen Lösungen einen
weifsen Niederschlag , der sich in 20 Th. siedendem Wasser bei Zusatz
von etwas Salzsäure löst und daraus in glänzenden , weifsen , farblosen
Blättchen als einfach basisches Salz kristailisirt. Eine mit Ammoniak über-
sättigte Lösung des Kalisalzes giebt mit Chlorcalcium einen gelatinösen ,
gelblichen Niederschlag von zweifach basischem meconsaurem Kalk, Me,
SCaO, 3aq.
Meconsaurer Baryt ; Me,2Ba0,H20. Schwer in Wasser lösliches
Salz, leicht löslich in einem Ueberschufs von Barytwasser mit gelber Farbe.
Meconsäure Bittererde. Eine Auflösung von Meconsäure mit Magne-
sia alba gekocht bildet mit der Bittererde ein im Wasser schwerlösliches
Salz, was durch Zusatz von Säure leicht löslich wird. Das Salz mit sau-
rer Reaction kristailisirt in glänzenden, durchsichtigen, platten Nadeln.
Meconsaures Eisenoxidul; Me,2FeO, aq. Farbloses, leichtlösliches
Salz, welches an der Luft, schneller beim Zusammenbringen mit Salpeter-
säure, roth wird.
Meconsaures Eisenoxid ; Me,F203. Bildetein lösliches, blutrothes
Salz, welches im Sonnenlicht durch schweflige Säure und durch Zinnoxidul
seine Farbe verliert, die es aber durch oxidirende Mittel wieder erhält.
Goldchlorid zerstört seine rothe Farbe nicht , wodurch es sich von dem
Eisensulfocyanid unterscheidet, dessen rothe Farbe dadurch in Gelb über-
geht.
Meconsaures Bleioxid; Me,2PbO,aq. Weifses, im Wasser sehr
schwerlösliches Pulver; es wird durch Fällung einer Auflösung von neu-
tralem oder basisch essigsaurem Bleioxid mit Meconsäure oder durch Ver-
mischen des correspondirenden Kalisalzes mit salpetersaurem Bleioxid er-
halten.
Meconsaures Silberoxid ; Me, 2AgO, H20. Eine Auflösung von neu-
tralem salpetersaurem Silberoxid giebt beim Vermischen mit einer warm
gesättigten Lösung von Meconsäure in Wasser dieses Salz in Gestalt eines
weifsen, im Wasser unlöslichen, im Ueberschufs von Säuren löslichen Nie-
derschlags. Mit heifsem Wasser gewaschen oder damit gekocht wird die-
ses Salz dunkelgelb , es verwandelt sich in dreibasisches meconsaures
Silberoxid , während das Wasser freie Meconsäure aufnimmt. Trocken
für sich erhitzt schmilzt der Niederschlag und hinterläfst, ohne zu ver-
puffen, metallisches Silber. In verdünnter Salpetersäure löst er sich leicht
Komensäure.
849
auf, damit zum Sieden erhitzt tritt Zersetzung ein, wobei sich ein dicker
weifser Niederschlag von Cyansilber bildet; Uebcrschufs von Salpetersäure
oder Concentrat/on derselben verhindert seine Bildung.
Meconsaures Silberoxid ; Me, 3AgO. Mit Ammoniak schwach über-
sättigte Meconsäure giebt mit salpetersaurem Silberoxid einen gelben, brei-
artigen Niederschlag, welcher nach dem Auswaschen und Trocknen dunk-
ler gelb, nicht kristallinisch wird. Beim Erhitzen verpufft er schwach.
Komensäure.
Produkt der Zersetzung der Meconsäure. — Entdeckt von Robiquet. —
Zweibasische Säure. — Formel der kristallisirten Säure : C12 H4 08 -+- 2aq.
Bildung: Die Komensäure entsteht aus der Meconsäure durch die
Einwirkung der Wärme, oder in der Metamorphose, die sie durch den
Einflufs von starken Säureu erfährt. Beim Kochen der Meconsäure mit
Wasser färbt sich die Flüssigkeit nach und nach dunkelbraun, während
sich Kohlensäure entwickelt, nach ruhigem Stehen setzen sich darin harte
gefärbte Kristalle von Komensäure ab. Beim Kochen von Meconsäure oder
eines meconsauren Salzes mit einer mäfsig concentrirten Säure entsteht
eine lebhafte Kohlensäureentwickelung, nach dem Erkalten setzt sich we-
nig gefärbte Komensäure in Kristallen ab. Beim Erhitzen der getrockneten
Meconsäure für sich bis 170° geht bei 200° reine Kohlensäure über, bei
230° hört die Kohlensäureentvvickelung auf und man findet jetzt die Me-
consäure in ein graues kristallinisches Pulver verwandelt, was alle Eigen-
schaften der Komensäure besitzt. Beide Säuren stehen, was ihre Zusam-
mensetzung betrifft, in einer sehr einfachen Beziehung zu einander. Die
Meconsäure enthält 6 Atome Kristallwasser , was sie bei 120° vollständig
verliert; sie enthält ausserdem noch 3 Atome Wasser, was durch Metall-
oxide abscheidbar ist; beim Erhitzen über 120° wird ein Th eil dieses
Wassers ausgetrieben und mit diesem Wasser trennen sich die Elemente
von 2 At. Kohlensäure. Ein Atom bei 120° getrocknete Meconsäure ent-
hält die Elemente von 1 At. wasserfreier Komensäure, 2 At. Wasser und
2 At. Kohlensäure.
1 At. Komensäure C12 H4 03
2 At. Wasser H4 0*
2 At. Kohlensäure C2 04
C14 II8 014 “ 1 At. Meconsäure.
Bei Verwandlung der Meconsäure in Komensäure durch Sieden mit Was-
ser bildet sich neben einer geringen Menge Kohlensäure ein anderes nicht
näher untersuchtes Produkt von brauner Farbe.
Darstellung : Die Kristalle von Komensäure, die man auf eine der
vorher betriebenen Bildungsweisen erhalten hat, löst man durch Kochen
mit einer^schwachen Kalilauge auf und scheidet sie daraus in der concen-
trirten Lösung durch Zusatz von starker Salzsäure wieder ab, man ent-
färbt sie völlig durch Behandlung ihrer Auflösung mit Kohle.
Eigenschaften: Sehr harte Krusten oder körnige Kristalle; löst sich
in 16 siedendem Wasser, die Auflösung zersetzt die kohlensaureu Alka-
lien und besitzt schwach sauren Geschmack und die Fähigkeit Eisenoxid-
salze zu< röthen. Sie verliert bei 100° nichts an ihrem Gewichte und zer-
legt sich bei 300° in Wasser, Kohlensäure und Pyromeconsäure.
Komensäure Salze.
Als zweibasische Säure bildet die Komensäure zwei Reihen von Sal-
zen, ihre allgemeine Formel ist:
einbasische Salze zweibasische Salze
Ko -4- ( Ko -+* 2 MO
850
Pyro meconsaure.
Vou diesen Salzen weifs inan nur, dafs die einbasischen Salze der
Alkalien schwerer löslich sind als die zweibasischen. Die Auflösung der
einbasischen Alkalien ist farblos, die der zweibasischen gelb. Die Säure
bringt in Bleioxid- und Silberoxid-Salzen Niederschläge von einbasischen
Salzen hervor, die zweibasischen Alkalien bilden in den Deutlichen Salzen
gelbgefärbte Niederschläge. Das einbasische meconsaure Silberoxid ist
weifs, kristallinisch, das zweibasische gelb und gallertartig, beide verpuf-
fen beim Erhitzen nicht.
V y r o m e c o n säure.
Formel der kristallisirten Säure: C10 He Os -f- aq. Entdeckt vou Ser-
türner. Wurde lange Zeit hindurch als sublimirte Meconsaure angesehen,
bis Robiquet die eigentliche Meconsaure, deren Zersetzungsprodukt sie
ist, näher kennen lehrte.
Bildung: Diese Säure entsteht durch trockne Destillation der kristal-
lisirten Komensäure, wo sie in farblosen, breiten, glänzenden Blättern
sublimirt; die Sublimation dieser Säure ist von Entwickelung von Kohlen-
säuregas begleitet. Die Entstehung der Pyromecousäure erklärt sielt leicht
aus der Komensäure, welche die Elemente von l At. Pyromeconsäure-
hydrat und 2 At. Kohlensäure enthält.
1
At.
Pyromecousäure
c,„ IIS
0S
1
At.
Wasser
H,
0
2
At.
Kohlensäure
c.
04
1
At,
krist. Komensäure
c;! H„
Oio
Bei der Darstellung der Komensäure bleibt sie in dem Rückstand nicht
mit dem Wassergehalt zurück, den sie bei ihrer Kristallisation aus Wasser
aufnimmt, sondern wie die Entstehung von Wasser bei ihrer Bildung be-
weist , sie euthält weniger Wasser als der Formel entspricht, aus der ihre
Entstehung abgeleitet ist. Daraus erklärt sich denn das Auftreten von
andern Produkten, die man bei der Destillation der Komensäure beob-
achtet. Neben der Pyromecousäure bemerkt man dabei ein sauer reagi-
rendes Wasser, eine gefärbte ölartige Flüssigkeit und zu Ende eine in
langen mattweifsen Nudeln kristallisirende , sehr saure uud wenig in
Wasser lösliche Substanz, welche wie alle Meconsäuren die Fähigkeit
besitzt, Eisenoxidsalze zu röthen. Zwei Atome wasserfreier Komensäure
enthalten die Elemente von 1 At. wasserfreier Pyroraeconsäure uud t At.
wasserfreier Meconsaure.
1 At. Pyromecousäure C10 H6 Os
1 At. Meconsaure Ci4 H2 Qu
2 At. Kontensäure C24 Hs 016
Eigenschaften : Die bei der trocknen Destillation der Mecou- öder
Komeusäure erhaltenen Kristalle werden durch eiue neue Sublimation rein
erhalten; die Pyromecousäure stellt lange , farblose , glänzende, 4seitige
oder rautenförmige Tafeln oder sehr verlängerte Octaeder dar, sie schmeckt
stecheud sauer, hintennach bitter, schmilzt bei 120 — 125° zu einer öl-
artigen Flüssigkeit und sublimirt ohne Rückstand; löst sich leicht im Was-
ser uud Alkohol uud kristaliisirt aus einer heifs gesättigten Auflösung des
letzteren in glimrnerartigen Blättchen, sie reducirt die Goldauflösung und
färbt Eisenoxidsalze roth ; sie verflüchtigt sich mit Wasserdämpfen. Von
ihren Salzen kennt man die Eigenschaften nicht, mau weifs nur, dafs sie
Bleioxidsalze fällt und dafs der weifse Niederschlag nach der Formel
CI0 H6 Os -f- PbO zusammengesetzt ist. Nach Robiquet erhält inan aus ei-
ner Kalilauge, die mit Pyromecousäure schwach übersättigt ist, Kristall©
von Pyromeconsänre, welche kalifrei sind.
Gerb säure.
851
Gerbsäure ( Acidum tannicum).
Formel: CjgHioOg -f aq. Symb. : Qt 4. 3aq,
Zusammensetzung des bei 100° getrockneten Gerbsäurehydrats :
18 At. Kohlenstoff = 1375,83
15 At. Wasserstoff zr: 99,83
12 At. Sauerstoff rr 1200,00
1 At- Gerbsäure == 2675,66
Synonyme: Eichengerbsäure Ber%. , Gerbestoff (Acidum quercitanui-
cum , Tanuingenium ).
Vorkommen : Jm Holze, der Wurzel, Riode, den Blättern, und vor-
züglich der Rinde aller Qu ercus- Arten und vielen andern Pflanzen. Sehr
rein in den Galläpfeln.
f. 152. Darstellung : Man füllt einen verschliefsbaren
ängungsapparat , dessen untere Öeffnung mit etwas
Baumwolle verschlossen ist. mit grobgepulverten Galläpfeln an
und Riefst aut das Pulver wasserhaltigen Aether, so dafs der
ganze innere Raum dadurch ausgefiillt ist. Oie obere öeffnung
des Apparates wird luftdicht verschlossen und das Ganze meh-
rere Stunden stehen gelassen. Nach dieser Zeit lüftet man
den Stöpsel und verschafft der in dem unteren Gefäfs enthal-
tenen Luft und Aetherdampf einigen Ausgang, so dafs die
Flüssigkeit ailmählig abfliefsen kann. In der unteren Flasche
finden sich zwei Flüssigkeiten, eine schwere, syrupartige,
gelblich gefärbte, welche eine höchst concentrirte Lösung von
Gerbsäure in Wasser ist, und eine darauf schwimmende leich-
tere, grünlich gefärbte, die aus einer Auflösung von Gallus-
säure und andern Materien in Aether besteht.
Mau giefst so lange frischen Aether auf das Galläpfelpulver, als noch
zwei unterscheidbare Flüssigkeiten aus der uoteren Öeffnung ausfliefsen.
(Ein gewöhnlicher Stechheber, dessen untere Öeffnung mittelst eines Korks
auf eine Flasche eingepafst und dessen obere Öeffnung auf eine ähnliche
Weise verschliefsbar ist, ersetzen den Verdrängungsapparat vollkommen.)
Der Aether mufs vor der Anwendung zu dem beschriebenen Zwecke mit
Wasser geschüttelt, d. h. damit völlig gesättigt werden; man kann auch
das Galläpfelpulver vorher einige Augenblicke der Einwirkung von Was-
serdämpfen anssetzen. Das Befeuchten mit Wasser liefert unter denselben
Umständen eine sehr gefärbte Gerbesäure. Die erhaltene syrupartige Flüs-
sigkeit wird von dem darauf schwimmenden Aether getrennt, mit frischem
Aether mehrmals abgewaschen und im Wasserbade eingetrocknet. Man
erhält gewöhnlich eine äusserst poröse, schwammartige, gelblich gefärbte,
aufgeblähte Masse, welche eine kleine Quantität Aether hartnäckig zu-
rückhält; um sie davon zu befreien, mufs sie im Wasser gelöst und im
luftleeren Raume über Schwefelsäure zum zweitenmal verdunstet werden.
CPelouze.')
§. 153. Eigenschaften: Farblose oder schwach gelbliche,
nicht kristallinische Masse, dem eingetrockneten Gummi ähn-
lich, geruchlos, an trockner Luft unveränderlich, in feuchter
Luft färbt sie sich ailmählig dunkler. In Wasser leicht und in
grofser Menge löslich, die Auflösung besitzt einen rein zusam-
menziehenden nicht bitteren Geschmack, die wässerige Auf-
lösung röthet die blauen Pflanzenfarben, zersetzt die kohlen-^
8o%
Gerbsäure.
sauren Alkalien unter lebhaftem Aufbrausen, sie wird durch
viele alkalische Salze so wie durch Chlorkaiium und Chlor-
natrium coaguürt. Die Gerbsäure ist löslich in wasserhaltigem
Alkohol, und in dem Zustande, wie man sie aus der wässeri-
gen Auflösung beim Austrocknen erhält, sehr wenig löslich
in Aether. Zieht man Galläpfelpulver mit wasserfreiem Aether
aus, so enthält die Flüssigkeit eine reichliche Menge von Gerb-
säure so wie etwas Gallussäure 5 wird die Auflösung mit Was-
ser in Berührung gelassen, so nimmt dieses alle Gerbsäure
auf, während die Gallussäure in dem Aether gelöst bleibt.
Durch die Einwirkung der Luft auf die wässerige Lösung der Gerb-
säure^ namentlich bei erhöhter Temperatur, verwandelt sie sich in Gallus-
säure und Ellagsäure , hierbei wird Sauerstoff aus der Luft aufgenomrnen
und ein seinem Volumen gleiches Volumen Kohleosäuregas abgeschieden
fPelouze). In verschlossenen Gefäfsen hält sich die concentrirte Auflösung
unverändert. Chlor zersetzt diese Auflösung unter brauner Färbung und
Fällung eines braunen Absatzes.
Eine inäfsig concentrirte Auflösung von Gerbsäure wird durch Schwe-
felsäure, Salzsäure, Phosphor säure, Arsensäure und Borsäure zu einem
dicken breiartigen Niederschlag gefällt, welcher in reinem Wasser wie in
Alkohol leicht löslich ist. Diese Niederschläge sind Verbindungen der
Gerbsäure mit diesen Säuren, deren Zusammensetzung unbekannt ist fßer-
zelius }. Bei der Fällung von einer warmen Auflösung von Gerbsäure mit
Schwefelsäure backt der Niederschlag zu einer harzähnlichen Masse zu-
sammen. Die schwefelsaure Gerbsäure löst' sich nicht bei gewöhnlicher
Temperatur in verdünnter Schwefelsäure, leicht hingegen bei Siedhitze.
Die Auflösung nimmt eine dunkle Farbe an, einige Minuten gekocht ent-
hält sie keine Gerbsäure mehr, sondern giebt nach dem Erkalten eine
reichliche Quantität kristallisirter Gallussäure. Ganz dieselbe Veränderung
erleidet sie durch Erwärmen mit überschüssigen kaustischen Alkalien.
Essigsäure, Oxalsäure, Citronsäure, Weinsäure, Aepfelsäure, Bern-
steinsäure und Milchsäure fällen die wässerige Gerbsäurelösung nicht.
Die Gerbsäure verbindet sich mit der thierischen Haut zu einer im
Wasser unlöslichen, der Fäulnifs unfähigen Verbindung, Leder; ihrer
wässerigen Lösung wird durch eingelegte thierische Haut die Gerbsäure so
vollkommen entzogen, dafs keine Spur davon in der Flüssigkeit zuletzt
zurückbleibt fPelouze, Davg ). Aus der Gewichtszunahme der trocknen
Haut läfst sich annähernd der Gerbsäuregehalt einer Auflösung bestim-
men; sie schlägt die Leimauflösung in dicken Flocken nieder, welche in
der darüber stehenden Flüssigkeit bei Siedhitze löslich sind. Bei Ueber-
schufs von Gerbsäure vereinigt sich der gebildete Niederschlag in der
Wärme zu einer elastischen , zähen Masse. Die Gerbsäure fällt die Auf-
lösungen von Stärke und vegetabilischem und thierischem Eiweifs und
Pflanzenleim, sie verbindet sich mit der Muskelfaser. Mit Braunstein oder
Bleihyperoxid in der wässerigen Lösung erhitzt wird sie zersetzt ohne
Bildung von Gallussäure. Durch die Einwirkung der Wärme wird sie in
Meta- und Pyrogallussäure zersetzt.
Gerbsäure und Basen.
Durch die Verbindung der Gerbsäure mit den Basen entstehen die
gerbsauren Salze. Die ausgezeichnetste Eigenschaft der löslichen gerb-
sauren Salze ist ihre Fähigkeit, Eisenoxid- und -haloidauflösungen mit tief
dunkelblauschwarzer Farbe zu fällen ; im neutralen Zustande lassen sie
sich mit Leimauflösung ohne Veränderung mischen, setzt man dieser Mi-
schung eine verdünnte Säure zu, so entsteht sogleich ein dicker gelatinö-
ser Niederschlag. Gerbsaures Aethyloxid ist unbekannt. Die Auflösungen
der meisten organischen Basen werden durch Gerbsäure oder lösliche gerb-
Gerbsäure Salze.
853
saure Salze zu weifsen , in Wasser schwer , in Essigsäure leicht löslichen
Verbindungen gefällt. Eine nicht zu verdünnte Lösung von Gerbsäure im
Wasser giebt bei Neutralisation mit Kalihydrat oder kohlensaurem Kali
einen dicken breiartigen Niederschlag, welcher an der Luft zu einem
grauen nicht kristallinischen Pulver austrocknet; in IJeberschufs von Kali-
lauge ist der Niederschlag leicht löslich , damit erhitzt verwandelt sich die
Gerbsäure in Gallussäure und eine andere Materie, welche die Flüssig-
keit dunkelbraun färbt. Die in der Kälte bereitete Auflösung des gerb-
sauren Kali’s absorbirt bei überschüssigem Alkali mit grofser Schnelligkeit
Sauerstoff aus der Luft und färbt sich braun. Ammoniak verhält sich dem
Kali ähnlich; Natron bildet mit Gerbsäure ein sehr lösliches Salz; gerb-
saurer Baryt , Strontian , Kalk und Bitter er de sind sehr schwerlöslich.
Gerbsäure Thonerde ist unlöslich im Wasser; Thonerdehydrat entzieht
einer Auflösung von Gerbsäure vollkommen die Säure , indem sie sich da-
mit zu einer pulverigen unlöslichen Verbindung vereinigt.
Eisenoxidulsalze erleiden durch eine Auflösung von Gerbsäure keine
Veränderung; die Mischung an die Luft gestellt nimmt nach wenigen Stun-
den eine tief blauschwarze Farbe an. Eisenoxidsalze und Eisenchlorid- etc.
Auflösungen färbt die Gerbsäure schwarz ; der schwarze Niederschlag ,
welcher entsteht , wenn einer Gerbsäurelösung schwefelsaures Eisenoxid
zugesetzt wird, enthält auf 1 Aeq. Eisenoxid 3 At. wasserhaltige Gerb-
säure Qt, 3aq (Velouze'). Neutrale gerbsaure Alkalien schlagen aus den
Eisenoxidsalzen ein schwarzes Pulver nieder.
Essigsaures Bleioxid wird von Gerbsäure in weifsen dicken Flocken
niedergeschlagen; der Niederschlag in der Flüssigkeit, welche überschüs-
siges Bleioxid enthält , eine Zeitlang im Sieden erhalten * wird in ein gel-
bes sandiges Pulver verwandelt, welches auf 1 At. wasserfreie Gerbsäure
3 At. Bleioxid enthält, worin 3 At. Hydratwasser ersetzt sind durch ihre
Aequivalente an Bleioxid. Der Niederschlag, welcher in der Kälte durch
Zusatz von Gerbsäure zu einer Auflösung von essigsaurem Bleioxid ent-
steht, enthält 34,31 p. c. Bleioxid (Berzelius).
Gerbsaures Antimonoxid , 3Qt, Sb203 , erhält man durch Fällung einer
Brechweinsteinlösung durch Gerbsäure, wobei man einen weifsen Nieder-
schlag erhält; die rückständige Flüssigkeit enthält Gerbsäure in einer ei-
geuthümlichen Verbindung mit saurem w^einsaurem Kali.
Das Verhalten der Gerbsäure zu Basen bedarf einer neuen und gründ-
licheren Untersuchung.
Zersetzungsprodukte der Gerbsäure .
Es ist in dem Vorhergehenden erwähnt worden, dafs die Gerbsäure
aus ihren wässerigen Auflösungen durch verdünnte Schwefelsäure gefällt
wird und dafs der entstandene Niederschlag in kochender verdünnter
Schwefelsäure aufgelöst, keine Gerbsäure mehr enthält. Die concentrirte
Auflösung giebt nach dem Erkalten eine reichliche Menge kristallisirter
Gallussäure von dunkelbrauner Farbe. Bei dieser Metamorphose bildet
sich kein gasförmiges oder flüchtiges Produkt; ausser der färbenden Sub-
stanz hat mau neben der Gallussäure keine andere bekannte Verbindung
wahrgenommen.
Die Produkte der trocknen Destillation der Gerbsäure, welche iden-
tisch sind mit denen der Gallussäure, so wie einige Beobachtungen von
Robiquet gaben übrigens der Meinung, dafs Gallussäure in der Gerbsäure
fertig gebildet vorhanden sey, einiges Gewicht. Ein wässeriger Auszug
von Galläpfeln mit Wasser verdünnt, einige Monate sich selbst überlas-
sen, setzt nemlich eine reichliche Menge von kristallisirter Gallussäure
ab. Hierbei sind, wie man leicht bemerkt, alle sog. chemischen Einwir-
kungen ausgeschlossen , und da ein wässeriger Auszug von Galläpfeln nur
höchst wenig Gallussäure enthält, und die Flüssigkeit nach und nach ihr
854
Gerbsäure.
Vermögen, den Leim zu fällen, verliert, so kann kein Zweifel darüber
obwalten, dafs die Gallussäure auch in diesem Fall ein Zersetzungspro-
dukt der Gerbsäure ist. Es ist in diesem Augenblicke schwierig, wo nicht !
unmöglich, eine Meinung über den Körper auszuprechen, welcher mit \
Gallussäure die Gerbsäure constituirt. Mach Braconnot’s Beobachtungen
gehen gepulverte mit Wasser angefeuchtete Galläpfel in geistige Gährung
über, sic liefern Alkohol und Kohlensäure. Die Entstehung dieser Pro-
dukte setzt das Vorhandensein von Zucker voraus, den man bis jetzt in
den Galläpfeln nicht gefunden hat. Drei Atome Gerbsäure enthalten die
Elemente von 6 Atomen Gallussäure und 1 At. Traubenzucker.
Bemerkenswerth bleiben die Beobachtungen von Chevreul und Pelle-
tier, von denen der letztere gefunden hat, dafs Auflösungen von Gallus-
säure und Gummi mit einander vermischt die Fähigkeit besitzen, den Leim i
zu fällen, eine Eigenschaft, die jedem dieser Körper für sich allein ab-
geht.
Nach den Beobachtungen von Pelouze wird bei der Verwandlung der
Gerbsäure in Gallussäure durch die Einwirkung von Sauerstoff auf die
wässerige Lösung derselben ein dem Volumen des Sauerstoffgases gleiches
Volumen kohleusaures Gas gebildet; bei dieser Zersetzung können durch
das Hinzutreten von 8 Atomen Sauerstoff zu 1 At. Gerbsäure 4 Atome
Kohlensäure, 2 At. Gallussäure und 2 At. Wasser gebildet werden.
C18 H16 012 ) (2 At. Gallussäure C14 NI2 0IO
08 ) “ ^ 4 At. Kohlensäure C4 08
C18 H16 020 c 2 At. Wasser H4 O»
C18 h16 O20
Nach Robiquet’s Versuchen geht diese Verwandlung höchst laugsam
von statten, nach 8 Monaten Aussetzung an die Luft findet sich nur die
Hälfte der Gerbsäure in Gallussäure verwandelt. Nach Erdmann’s Beob-
achtung erzeugt sich hierbei eine grofse Menge der sogenannten Ella-
gallussüure. Durch Behandlung der Gerbsäure mit Bleihyperoxid oder
Braunstein entsteht, wie oben erwähnt, keine Gallussäure.
Löst man den durch Schwefelsäure gebildeten Niederschlag in reinem
Wasser und läfst diese Auflösung an einem warmen Orte in eiuem ver-
schlossenen Gefäfse längere Zeit stehen , so bilden sich in der Flüssigkeit
grofse durchsichtige, wiewohl dunkel gefärbte Kristalle von Gallussäure,
nach und nach verliert die Flüssigkeit vollkommen ihr Vermögen, Leim-
auflösung zu fällen. Die Menge des andern färbenden Produktes dieser
Zersetzung ist vergleichungsweise mit der bei Siedhitze entstehenden sehr
gering, und man kann wohl daraus schliefsen , dafs sie ein secundäres
Zersetzungsprodukt einer an sich farblosen Substanz ist, die hier durch
die Wirkung der Schwefelsäure auf die Gerbsäure neben der Gallussäure
gebildet wird. Die Schwefelsäure erhält man bei dieser Metamorphose
der Gerbsäure unverändert wieder.
Wenn man von 1 At. Gerbsäure die Elemente von 2 At. wasserfreier
Gallussäure abzieht, so bleibt eine Verbindung, welche Kohlenstoff und
die Elemente des Wassers in den Verhältnissen wie das Essigsäurebydrat
enthält.
Ci8 H16 012 1 At. wasserhaltige Gerbsäure,
C14 H8 08 2 At. wasserfreie Gallussäure.
c4 h8 o4
Essigsäure läfst sich aber unter den durch die Einwirkung der Schwe-
felsäure auf die Gerbsäure gebildeteu Zersetzungsprodukten nicht ent-
decken ; nimmt man die Formel C4 Hs 04 dreimal , so erhält man die Zu-
sammensetzung des getrockneten Stärkezuckers; allein dieser Körper läfst
sich mit Schwefelsäure von derselben Coucentration zum Sieden erhitzen,
ohne dafs er braun wird und Zersetzung erfährt.
Durch Erwärmung mit überschüssigen Alkalien geht die Verwandlung
der Gerbsäure eben so rasch von statten, wie mittelst Schwefelsäure,
Gallussäure.
855
Die Frage, ob <iio Gallussäure fertig gebildet in der Gerbsäure enthalten
sey, ist für die Constitution derselben von Interesse; aus dem Angeführ-
ten läfst sich diese Präexisteuz aber nicht erschliefsen , denn eine Annahme
dieser Art würde dahin führen, in der Mcconsäure Kohlensäure oder Klee-
säure, welche durch Säuren und durch wässerige Alkalien mit so grofser
Leichtigkeit daraus gebildet werden kann , vorauszusetzen. Allein eine
solche Voraussetzung entbehrt bis jetzt jeder weiteren Begründung.
*
Gallussäure ( Acidum yallicumj.
Formel der kristallisirten Säure: C7 H2 05 -|- 3aq = G -f- 3aq.
Bei 100° getrocknet: C: Ha 03 -4- 2aq = G -4- 2aq.
In dem Bleisalz A : C? H2 03 -4- aq = G -f- aq.
In dem Bleisalz B : C7 H2 03 zu G.
Von Scheele eutdeckt. Ist fertig gebildet in den Mangokörnern ent-
halten. Zersetzungsprodukt der Gerbsäure.
§. 154 . Darstellung : Eine Auflösung von reiner Gerb-
säure oder ein concentrirter Auszug von Galläpfeln mit kaltem
Wasser wird mit Schwefelsäure kalt gefällt, der erhaltene Brei
mit etwas verdünnter Schwefelsäure ausgewaschen, feucht
ausgeprefst und in diesem Zustande in verdünnte kochende
Schwefelsäure (i Th. auf 2 Th. Wasser) getragen, so lange
als er sich darin noch auflöst. Nachdem die Auflösung einige
Minuten gekocht hat, läfst man sie ruhig erkalten, reinigt die
erhaltenen gefärbten Kristalle von Gallussäure von der beige-
mischten Schwefelsäure durch neue Kristallisationen, löst die
schwarzgefärbten Kristalle in siedendem Wasser, fällt die
Auflösung durch essigsaures Bleioxid und zerlegt den gewa-
schenen Niederschlag, den man in siedendem Wasser ver-
theilt, durch Schwefelwasserstotfsäure; das gebildete Schwe-
felblei vertritt in diesem Fall die Kohle als Entfärbungsmittel.
Eine andere von Scheele zuerst angewendete Methode besteht darin,
dafs man gepulverte Galläpfel mit Wasser befeuchtet in offenen ^Scheele }
oder verschlossenen (Robiquet) Gefäfsen einige Monate sich selbst über-
läfst. Eine Erhöhung der Temperatur auf 25 — 30* befördert die Verwand-
lung der Gerbesäure in Gallussäure IBraconnot ). Die Masse wird nach
dieser Zeit ausgeprefst und der Rückstand mit siedendem Wasser behan-
delt, wodurch die Gallussäure gelöst wird. Die nach dem Erkalten er-
haltenen Kristalle werden durch Behandeln mit Thierkohle entfärbt.
§. 155. Eigenschaften : Die aus Flüssigkeiten, wrorin sie
sich nach und nach bildet, sich absetze‘*de Säure kristallisirt
in grofsen, dicken, zusammengehäuflen Säulen; aus der sieden-
den Auflösung erhält man sie beim Erkalten in feinen seiden-
artigen Nadeln, von weifser, meistens von schwach gelblicher
Farbe; sie ist geruchlos und enthält 0,25 p. c. Wasser, was
sie bei 100° verliert. Sie löst sich schwer (in 100 Th. Bra-
connol ) kaltem Wasser, in 3 Th. siedendem; die Auflösung
schmeckt säuerlich zusammenziehend. Sie ist JeiVht in Alko-
hol, schwierig in Aether löslich. Eine Leimauflösung wird
durch reine Gallussäure nicht gefällt.
856
Gallussäure.
Legt man in eine wässerige Flüssigkeit, welche Gerbsäure und Gallus-
säure enthält, thierische Haut, so wird die erstere vollständig aufgenom-
men, während die Gallussäure in der Lösung bleibt. Die wässerige Auf-
lösung erhält sich unverändert bei Abschlufs der Luft, bei Sauerstoffzu-
tritt setzt sich eine schwarzbraune Materie ab, es erzeugt sich Kohlen-
säure, die Flüssigkeit färbt sich und schimmelt. Zusatz von Mineralsäu-
ren hindern, Alkalien befördern diese Zersetzung. Sie wird zersetzt
durch Chlor; aus Goldchlorid und salpetersaurem Silberoxid schlägt sie die
Metalle regulinisch nieder. Eisenoxidsalze werden davon in der Kälte
tief dunkelblau gefärbt, damit erhitzt verliert die Flüssigkeit unter Koh-
lensäurebildung ihre Farbe, das Eisenoxid findet sich zu Oxidul reducirt.
Giefst man eine concentrirte Auflösung von Gallussäure zu einer verdünn-
ten Auflösung von Eisenoxidsalz, so entsteht in der Flüssigkeit ein tief
schwarzer Niederschlag, welcher beim Stehenlassen in der Flüssigkeit
nach und nach theilweise in Oxidulsalz übergeht. Eine Auflösung von Ei-
senoxiduloxid giebt mit Gallussäure einen tief schwarzen Niederschlag,
welcher in der Flüssigkeit keine Veränderung erfährt.
Die kristallisirte Gallussäure löst sich beim Erwärmen in concentrirter
Schwefelsäure, bei 140° anfänglich mit schwach gelbbrauner, später mit
carminrother Farbe. Läl'st man sie bei diesem Zeitpunkte erkalten und
giefst die Mischung in kaltes Wasser, so entsteht ein häufiger rothbrau-
ner kristallinischer Niederschlag, welcher keine Schwefelsäure enthält und
bei 120° 10 p. c. Wasser verliert. Diese Materie ist Gallussäure, welche
1 At. Kristallwasser und 1 At. Hydratwasser verloren hat; ihre Formel
ist im getrockneten Zustande C7 H4 04 ^Robiquet Diese Substanz ist in
Wasser unlöslich, sie löst sich in Alkalien mit Leichtigkeit, in dieser Auf-
lösung sieht man gefärbte leichtlösliche Kristalle entstehen , wenn sie der
Einwirkung der Atmosphäre ausgesetzt wird; sie verbindet sich mit orga-
nischen Stoffen, denen sie bei Anwendung ähnlicher Beizmittel dieselben
Nuancen ertheilt wie Krapp [Robiquet') ; beim trocknen Erhitzen zerlegt
sie sich unter Bildung von kleinen prismatischen Kristallen von zinnober-
rother Farbe. Erhitzt man kristallisirte Gallussäure in einer Auflösung von
Chlorcalcium in Wasser (2 Chlorcalcium in 5 Wasser), so löst sie sich
unter Kohlensäureentwickelung auf, beim Erhitzen auf 120 — 122° schlägt
sich ein körniges gelbliches Pulver nieder, welches unter dem Vergröfse-
rungsglase aus durchscheinenden Polyedern zu bestehen scheint. Diese
Kristalle röthen blaue Pflanzenfarben; auf Papier gelegt färben sich die
berührten Stellen mit der Zeit/ schwarz, bei 20 — 30° getrocknet lassen
sie sich ohne Veränderung aufbewahren. Ihre Zusammensetzung ist un-
bekannt. tRobiquet.')
Durch den Einflufs der Wärme wird die Gallussäure zersetzt in Koh-
lensäure, Pyrogaliussäure und in Melangallussäure.
Gallussäure Salze.
Durch die Verbindung der Gallussäure mit den Basen entstehen die
gallussauren Salze. Alle gallussauren Salze sind ausgezeichnet durch die
Leichtigkeit , mit der sie sich bei Gegenwart von überschüssigen Alkalien
unter Sauerstoffabsorbtion zerlegen. Die Zerlegung trifft die durch das
Alkali aufgenommene Gallussäure, welche hierbei theils in Kohlensäure,
theils in eine braune in Wasser unlösliche Materie verwandelt wird. Setzt
man einer Flüssigkeit, welche eine alkalische Reaction besitzt, eine ge-
ringe Menge Gallussäure zu, so ertheilt die Gallussäure bei ihrem Ueber-
gange in die braune Materie der Flüssigkeit eine gelbe, grüne, rothe,
zuletzt eine braune beinahe schwarze Farbe. Wird die alkalische Re-
action durch Kali oder Natron verursacht, so bleibt die Flüssigkeit klar,
bei Vorhandenseyn von Kalk oder Bittererde trübt sie sich und es entsteht
ein schw'arz gefärbter Niederschlag. Bei Mineralwassern, welche kohlen-
saure Bittererde oder Kalk aufgelöst in Kohlensäure enthalten, bleibt diese
Reaction selbst dann nicht aus, wenn sie nach anhaltendem Sieden mit
Gallussäure Salz ft.
857
Gallussäure versetzt werden. Täuschungen, wonach man diese Färbung
einem aufgelösten Metalloxid zuschrieb, sind vorgekommen. Welches die
Zersetzungsprodukte sind, die jeder der erwähnten Farbenniiancen ange-
hören, ist nicht untersucht.
Man kennt mit Gewifsheit nur die Zusammensetzung des sauren gal-
lussauren Ammoniaks und der ßleioxidsalze.
Gallussaures Ammoniak , saures, entsteht, wenn kristallisirte Gallus-
säure zur Hälfte mit Ammoniak gesättigt und an der Luft oder bei gelin-
der Wärme zur Kristallisation gebracht wird; es kristallisirt in kurzen,
schwach gelblichen Prismen, in kaltem Wasser schwer, in heifsem sehr
leicht löslich, bei 100ü verlieren die Kristalle nichts an ihrem Gewichte;
seine Zusammensetzung wird durch die Formel
Cr H* 05 , AdH4 O
C? H* 05, 2HaO
C14H16Na09
ausgedrückt.
Gallussaures Bleioxid, einbasisches. Setzt man einer wässerigen war-
men Auflösung von Gallussäure essigsaures Bleioxid zu, so dafs erstere im
Uebersckufs vorhanden ist, so entsteht ein weifser Niederschlag, der sich
beim Stehenlassen in der Flüssigkeit in ein graues glänzend kristallinisches
Pulver verwandelt. Bei 100° getrocknet enthält dieses Salz 2Cr H, Oj,
Hot)! a^‘ enthält in 100 Theilen 58,874 Bleioxid und verliert bei
100° 1 At. Wasser.
Gallussaures Bleioxid , zweibasisches. In eine kochende Auflösung
von neutralem essigsaurem Bleioxid gierst man eine Lösung von Gallus-
säure, es entsteht bei Gegenwart von überschüssigem essigsaurem Bleioxid
ein flockiger weifser Niederschlag, welcher beim Kochen grau und kri-
stallinisch wird; seine Formel ist Cr Ha Os, 2PbO; er enthält in 100 Th
76,70 Bleioxid.
Von deu übrigen gallussauren Salzen ist das gallussaure Aethyloxid
noch nicht dargestellt. Gallussaures Kali , Natron , Manganoxidul , Ei-
senoxidul , Zink-, Kobalt - und Nickeloxid sind löslich, die übrigen siud
unlöslich. *
Zersetzungsprodukte der Gerbe - und Gallussäure durch die
Wärme.
Unterwirft man Gerbesäure bei raschem Feuer der trocknen Destil-
lation, so schmilzt sie unter heftigem Aufblähen zu einer schwarzen sy-
rupdicken Flüssigkeit, welche bei fortgesetzter Einwirkung der Wärme
und bei Abnahme der Gasentwickelung fest wird. Die flüchtigen Produkte
dieser Destillation sind Kohlensäure, Wasser und eine kristallinische,
leicht schmelzbare Materie, welche man früher für reine Gallussäure hielt,
die aber, als Zersetzungsprodukt der eigentlichen Gallussäure von Pelouze
erkannt, deu Namen Pyrogallussäure erhalten hat.
Der feste Rückstand in der Retorte löst sich in Alkalien mit tief bräun-
schwarzer Farbe und wird aus diesen Auflösungen als schwarzes Pulver
gefällt; es ist dies der Körper, den Pelouze Metagallussäure. Berzelius
Melangallussäure genannt hat.
Wenn man die Gallussäure längere Zeit einer Temperatur von 210°
aussetzt, so wird sie 'in ein graues Pulver verwandelt, welches sich im
W asser vertheilt und nach und nach eine beträchtliche Menge davon ver-
schluckt. In heifsem Wasser löst es sich ohne Rückstand uud giebt beim
Erkalten röthlicb gefärbte Kristalle von zusammenziehendem Geschmack.
Bei 225 230° schmilzt die trockne Gallussäure, es bleibt in der Retorte
eine glänzende schwärzliche Masse, die sich beinahe ganz in kaltem
Gtiger’s Pharrnneic. /. (5 t* Anfl.) 55
858
Pyrogallussäure.
Wasser löst; die Auflösung besitzt einen Geschmack wie Catechu und
schlägt eine Leimauflösung sehr reichlich nieder. Von der Gerbsäure un-
terscheidet sich diese Substanz durch ihre Farbe und insofern sie organi-
sche Basen aus ihren Auflösungen nicht fällt. Bei einer noch höheren
Temperatur bleibt ein Rückstand, der sich tlieilweise im Wasser löst, und
zuletzt eine im Wasser ganz unlösliche Portion, welche Metagallussäure
ist. Die flüchtigen Produkte der trocknen Destillation der Gallussäure sind
ebenfalls, wie bei der Gerbsäure, Kohlensäure, W^asser und Pyrogallus-
säure.
Pyr ogallussäure.
In der einfachsten Form wird die Zusammensetzung dieser Säure durch
die Formel C2 H, O ausgedrückt; es ist unentschieden, ob das Aequiva-
lent derselben durch die Formel C6 H6 05 oder durch C8 H8 04 ausgedrückt
werden mufs.
Zersetzungsprodukt der Gerbsäure und Gallussäure durch die Wärme.
Von Scheele entdeckt. Bar Stellung : Man erhitzt trockne Gerbsäure oder
Gallussäure in einer Retorte bei raschem Feuer über einer Weingeist-
Jampe bis zur Erscheinung gefärbter brenzlicher Produkte, sammelt die im
Halse und der Vorlage befindlichen Kristalle und unterwirft sie zur wei-
tern Reinigung einer neuen Sublimation bei gelinder Wrärme.
Eigenschaften: Lange, glänzende, weifse Blätter oder Nadeln, von
bitterem, etwas zusammenziehendem Geschmack, röthet nieht das Lack-
muspapier, schmilzt bei 115°, siedet bei 210° und sublimirt ohne Verän~
derung. Schnell und rasch über 250° erhitzt schwärzt sie sich, sie zer-
legt sich in W\asser und Metagallussäure, bei höherer Temperatur zer-
legt sich die letztere in Kohle und brenzliche Produkte. Die Pyrogallus-
säure löst sich in 2% Wasser bei 13°, die Auflösung kann an der Luft
nicht ohne Veränderung abgedampft werden; sie färbt sich unter Sauer-
stoffaufnahme und setzt ein braunes Pulver ab ; sie ist in Alkohol und
Aether und concentrirter Schwefelsäure, in letzterer ohne Färbung, lös-
lich, die wässerige Auflösung schlägt aus löslichen Gold-, Silber- und
Quecksilberverbiudungen diese Metalle regulinisch nieder.
Eisenoxidulsalzen ertheilt sie eine schwarzblaue Farbe. Eisenoxidsalze
werden davon ohne Entwickelung von Kohlensäure zu Eisenoxidulsalzen
reducirt, wobei sich die Flüssigkeit rothbraun färbt.
Setzt man ein Eisenoxidsalz zu einem Ueberschufs von Pyrogallus-
säurelösung , so nimmt die Flüssigkeit eine blauschwarze Farbe au , wel-
che dem gebildeten Oxidulsalz angelu.vt.
WTird die braune Flüssigkeit, die man durch Zusatz von Pyrogallussäure
in überschüssiges schwefelsaures Eisenoxidsalz erhält, abgedampft, so kri-
stallisirt schwefelsaures Eisenoxidul. Fällt man den Rest dieses Salzes durch
Alkohol aus der Auflösung heraus, so bleibt Schwefelsäure und die braune
Substanz in der Flüssigkeit zurück; die letztere ist eisenfrei, sie besitzt
einen zusammenziehenden Geschmack und die Fähigkeit Leimauflösung zu
fällen. ( Da die Eisenoxidsalze bei Gegenwart von organischen Materien
nicht durch Alkalien fällbar sind und hieraus auf die Abwesenheit von
überschüssigem Eisenoxid in der Lösung vielleicht geschlossen worden ist,
so gehört möglicher Weise der Geschmack und die Fähigkeit, Leimauflö-
sung zu fällen, einem Eisenoxidsalz an.) Ueber die eigentliche Natur der
Pyrogallussäure ist man nicht im Klaren; obwohl sie nach Einigen eine
schwach saure Reaction besitzt, so weifs man von ihren Eigenschaften als
Säure wenig mehr, als dafs sie einige Metallsalze fällt; sie steht scu der
Gallussäure in einer ähnlichen Beziehung wie das Aceton zur Essigsäure.
Pyrogallussäure Salze.
Von den Verbindungen der Pyrogallussäure mit Basen ist das Bleisalz
von Berzelius, Pelouze und Campbell untersucht worden. Nach Berzelius
und Pelouze ist der Niederschlag, welcher durch eine Auflösung von Pyro-
Meta gallassäure.
859
gallussäure in essigsaurem Bleioxid hervorge bracht wird, nach der Formel
Cf H6 03 -+- PbO, nach Campbell nach der Formel C3 H8 04, PbO zusam-
mengesetzt; man weifs von diesen Salzen wenig mehr, als dafs die Salze
mit alkalischer Basis löslich, die andern mehrentbeils unlöslich sind.
Bei Gegenwart von überschüssigen Alkalien erleiden alle pyrogallus-
sauren Salze unter Sauerstoffabsorbtion eine ähnliche Zersetzung wie die
gallussauren ; unter Kohlensäurebildung färbt sich die alkalische Flüssigkeit.
Eine bis zur Neutralisation mit Kali versetzte Auflösung von Pyrogal-
lussäure schlägt Eisenoxidsalze tief blau, Eisenoxidulsalze schwarzblau
nieder. Die freie Säure mit Eisenoxidhydrat zusammengebracht vereinigt
sich damit zu einer blauen zum Theil löslichen Verbindung.
Metagallussäure .
Forme! der wasserfreien Säure : C6 H4 0* ( Pelouze ).
Wahrscheinliches Atomgewicht: C12 H6 03 -+- aq.
Zersetzungsprodukt der Gerbsäure, Gallussäure und Pyrogallussäure
durch Warme.
Darstellung : Man erhält diese Materie, wenn Gerbsäure oder Gallus-
säure einer Temperatur von 250° in einem Oelbade ausgesetzt werden,
wo nach Entfernung der flüchtigen Produkte in der Retorte eine schwarze
glänzende Substanz bleibt, welche die Metagallussäure darstellt. Durch
Auflösung in wässerigen Alkalien und Fällung mit einer Säure erhält man
sie rein.
Eigenschaften : Schwarzes, in Wasser unlösliches Pulver, löslich in
kaustischen Alkalien und daraus unverändert fällbar durch Säuren ; zer-
setzt in der Hitze die kohlensauren Alkalien, nicht die kohlensauren Er-
den. Die löslichen Verbindungen mit Alkalien besitzen eine tief schwarze
Farbe; Bleioxid- und Silberoxidsalze werden von den metagallussauren
Alkalien schwarz gefällt. Der Silberniederschlag ist nach der Formel
C13 H6 03 , AgO zusammengesetzt. CPelouze .)
Ueber die Zersetzung der Gerb - und Gallussäure in der Wärme.
Gerb- und Gallussäure, obwohl sehr verschieden in den relativen
Mengen ihrer Bestandteile, liefern nichtsdestoweniger durch den Einflufs
einer höheren Temperatur einerlei Produkte. Metagallussäure, Pyrogal-
lussäure, Wasser und Kohlensäure in ungleichen Verhältnissen werden
bei beiden gebildet. Die Gerbsäure hinterläfst eine reichlichere Menge
Metagallussäure als die Gallussäure, die Pyrogallussäure zerfällt in Meta-
gallussäure und Wasser, ohne dafs sich Kohlensäure oder ein anderes
Zersetzungsprodukt bildet. Es ist leicht, diese verschiedenen Produkte
aus den Formeln zu entwickeln, welche man angenommen hat, um die
Zusammensetzung dieser Körper auszudrücken, obwohl der Vorgang der
Natur der Sache und der Mannigfaltigkeit der Produkte nach nicht sehr
einfach seyn kann.
Die Gerbsäure läfst sich als eine Verbindung von Gallussäure mit Pjto-
gallussäure betrachten. Drei Atome der ersteren enthalten die Elemente
von 6 At. Gallussäure und 2 At. Pyrogallussäure.
Gerbsäure Gallussäure Pyrogallussäure
3(C13 H16 Oia) = 6(C: H6 Oj) -H 2 (C6 H6 03)
Da nun die Gallussäure selbst die Elemente von Kohlensäure und Py-
rogallussäure, oder von Kohlensäure, Metagallussäure und Wasser ent-
hält, so genügen diese Betrachtungen, um sich Rechenschaft über die Bil-
dung dieser Produkte zu geben. Die^Menge von dem einen oder andern
derselben wechselt je nach der Temperatur und schnelleren oder langsa-
meren Erhitzung; bei sehr rasch geführter Destillation erhält man z. B.
aus der Gallussäure nahe au 50 p. c. Pyrogallussäure und etwa 20 p. c.
Metagallussäure fRobiquet ), bei langsamer und lange dauernder Einwir-
kung der Wärme geht eine gröfsere Menge Pyrogallussäure in Metagal-
860
Ellagallussäure.
lussäure über. Die Ursache , dafs die angeführte Zersetzungsweise durch
eine einfache Formel nicht darstellbar ist, dafs es also nur höchst selten
gelingt, die Gallussäure grade auf in Kohlensäure und Pyrogallussäure
zerfallen zu machen, beruht, wie man leicht bemerkt, auf der weiteren
oder gleichzeitigen Zersetzung, welche die Pyrogallussäure durch die
Einwirkung der Wärme erfährt. In demselben Grade , als die Zersetzung
der Gerbsäure oder Gallussäure vorwärts schreitet, ändert sich, wie sich
von selbst versteht, die Natur des in der Retorte bleibenden Rückstandes.
Im Anfang ist er bei der Gallussäure braun, aber im W asser- noch löslich,
später besteht er aus einem Gemenge von einem löslichen und unlöslichen
scharzbraunen Körper, zu Ende der Zersetzung ist er im Wasser voll-
kommen unlöslich, er ist in diesem Zustande in Metagallussäure überge-
gangen.
Aus dem Vorbergegaugenen ergiebt sich unzweifelhaft, dafs Gallus-
säure, Gerbsäure und Pyrogallussäure in einer innigen Beziehung zu ein-
ander stehen. Die drei Substanzen besitzen auf Eisensalze eine wenig j
abweichende Reaction, in welcher Form aber die Kohlensäure und Pyro- ,
gallussäure in der Gallussäure und Gerbsäure vorhanden sind, darüber
müssen weitere Untersuchungen Aufklärung verschaffen.
Galläpfel. — Galläpfeltinktur. — Ellagallussäure.
Durch den Stich eines Insektes fCynips Gallae tinctoriae OlivieriJ
entstehen auf den Blättern aller Eichenarten die sogenannten Galläpfel.
Das Weibchen dieses Insektes durchbohrt mit dem Legestachel die Rinde
des Blattstiels und legt seine Eier hinein, um welche sich bald ein Aus-
wuchs bildet, der sie vollkommen einschliefst. Die besten Galläpfel lie— ;
fert die Quercus infectoria Oliv., welche in Kleinasien in bergigen Ge-
genden häufig vorkommt. Sie enthalten 30 — />0 p. c. im Wasser lösliche
Materie, deren Hauptmasse aus Gerbsäure besteht.
Unter Galläpfeltinktur versteht man den wässerigen oder geistigen
Auszug der Galläpfel, welcher stets gefärbt, je nach seiner längeren oder
kürzeren Berührung mit der Luft oder nach iängerem Stehen der wässe-
rigen Auflösung bei Abschlufs der Luft, wechselnde Mengen von Gerbsäure
und Gallussäure enthält. Dieser Auszug dient als Reagens auf Metallsalze <
und auf organische Basen; mit vielen der ersteren giebt er gefärbte, mit ■
den andern farblose Niederschläge.
Manyanoxidul- , Eisenoxidul- , Zinkoxid- , Cadmiumoxid-Salze wer-
den von Galläpfelinfusion nicht gefällt, die Salze des Eisenoxids werden
dunkel violettschwarz, des Zinnoxids gelblich, des Nickeloxids gelbgrün-
lich, Kobaltoxid weifsgelblich , Ceriumoxid gelblich, Kupferoxid grau,
Titansäure rotb, Telluroxid gelblich, Antimonoxid weifs, Chromoxid j
braun, Tantaloxid rothgelb, Molybdänoxid braun, Bleioxid weifs,
Uranoxid rothbraun , Wismuthoxid röthlich, Silberoxid schmutziggelb, ?
Platinoxid dunkelgrün, Goldoxid braun, Osmiumoxid, violett gefällt.
Frischbereitete Galläpfelinfusion schlägt Cinchonin- , Chinin- , Bru-
ein-y Strychnin -, Codein -, Narcotin- und Morphin-Salze weifs nieder,
diese Niederschläge sind löslich in Essigsäure.
Es ist schon früher erwähnt werden , dafs die wässerige Galläpfel-
infusion, in verschlossenen oder der Luft ausgesetzten Gefäfsen aufbe-
wahrt, nach und nach ihre Fähigkeit, die thieri«che Gallerte zu fällen,
verliert, und dafs bei diesem Zeitpunkte die Flüssigkeit eine reichliche
Menge Gallussäure enthält; sie setzt sich in concentrirten Lösungen kri-
stallinisch ab und ist stets mit einem grauen Pulver gemengt, von demj
man sie durch siedendes Wasser befreien kann.
Chevreul beobachtete, dafs das ebenerwähnte graue Pulver sich in
Alkalicp löst und daraus durch Säuren wieder gefällt wird , er gab ihm
den Namen Aride ellayique, den Mir mit Ellagallussäure wiedergeben, jl
Ellagailussäure.
861
Braconnot zeigte später , dafs sich diese Materie so grofserer Menge bil-
det, wenn man gepulverte Gallapfel schwach befeuchtet in gelinder Wärme
erhält, wobei man deutlich eine Reaetion wie bei der geistigen Gährung
wahrnimmt. Wird der Brei mit heilsem Wasser ausgezogen und durch
Leinwand ausgeprefst, so /liefst eine tnibe Flüssigkeit ab. Die trübende
Materie ist Ellagailussäure; man löst in Kalilauge auf, filtrirt und läfst die
klare kaum alkalisch reagirende Flüssigkeit an der Luft verdampfen, wo
sich eine kalihaltige Verbindung in perlmutterglänzenden Schuppen ab-
scheidet, ’ welche nicht in reinem Wasser, aber in überschüssigem kausti-
schem Kali löslich sind. Aus diesen Kristallen erhält man durch Behand-
lung mit einer Säure, welche das Kali auszieht, reine Ellagailussäure;
sie stellt ein bräunlichweifses geschmackloses Pulver dar, welches das
Lackmus nicht röthet und die Kohlensäure aus kohlensaureu Alkalien nicht
austreibt; sie .löst sifch nicht in Ammoniak, verbindet sich aber damit zu
einem unauflöslichen Pulver; mit Kalkwasser digerirt entzieht sie diesem
den Kalk. Ueber ihre chemische Natur weifs man , wie sich aus dem
Vorhergehenden ergiebt, sehr wenig. Nach der Untersuchung von Pe-
louze besitzt diese Säure dieselbe Zusammensetzung wie die getrocknete
Gallussäure, Cr H6 05 , sie verliert bei 100 — 120° 1 At. Wasser und
wird zu C7 H4 04. Von der Materie, welche von Robiquet durch Be-
handlung der Gallussäure vermittelst concentrirter Schwefelsäure darge-
stellt wurde und die eine vollkommen gleiche Zusammensetzung besitzt,
unterscheidet sie sich wesentlich durch ihre Farbe und durch die Unlös-
lichkeit ihrer Verbindung mit Kali. Trocken erhitzt liefert die Ellagailus-
säure einen grünlichgelben Dampf, der sich zu griinlichgelben durchsich-
tigen Nadeln verdichtet. Diese Kristalle hinterlassen durch partielle Zer-
setzung bei neuer Sublimation Kohle, sie iösen sich in concentrirter
Schwefelsäure ynd sind daraus fällbar durch Wasser, sie lösen sich in
Alkalien und werden durch Säuren daraus wieder gefällt, sie sind nicht
in Wasser, Alkohol und Aether löslich. Mit Salpetersäure gelinde er-
wärmt löst sich die Ellagailussäure mit blutrother Farbe ; damit anhaltend
erhitzt wird sie vollkommen zerstört und man erhält Oxalsäure.
Durch theilweise Auflösung der (unreinen?) Ellagailussäure in Alko-
hol (au moyen du digesteur destillatoire) zerlegte sie Chevreul in Gallus-
säure, einen gelben und rothen Farbstoff, eine stickstoffhaltige Materie
und 1,14 p. c. Kalk und Eisen. Grischon fand die Ellagailussäure io
der Tormentillwurzel.
Verbindungen von unbekannter Zusammensetzung 3 welche der
Gerbsäure in ihrem Verhalten ähnlich sind .
Die Chinarinden , das im Handel vorkommende Catechu und sogenannte
Kinogummi , die Rinden der Tannen und Fichten und viele andere Pflan-
zenstoffe enthalten mit der Gerbsäure verwandte Substanzen, insofern sie
einen rein zusammenziehenden Geschmack und die Fähigkeit besitzen,
sich mit thierischer Haut zu verbinden und Leimlösung in dicken Flocken
zu fallen ; sie unterscheiden sich aber von der eigentlichen Gerbsäure
durch die gröfsere Löslichkeit ihrer Verbindungen mit Mineralsäuren und
durch ihre Eigenschaft, Eisenoxidsalze nicht violettschwarz, sondern tief
dunkelgrün zu färben oder grau zu fällen, daher der Name eisengrünen-
der und eisengraufällender Gerbstoff, mit dem man alle diese Substanzen
zusammen1 bezeichnet hat. Gerbsäure, welche Eiseno xidsalze violett-
schwarz färbt und fällt, ist in den folgenden in der Medicin gebräuch-
lichen Pflanzen enthalten : Iris Pseud-Acorus , Sanguisorba officinalis ,
Trauben-Kerne (von Vitis vinifera) , Rhusarten , Polygonum Bistorta , Ar-
butus Uva ursi, M3'robalani, Saxifraga crassifolia, Spiraea Filipendula ,
Lythrum Salicaria, Puoiea Granatum, Potentilla-, Geuni- und Fragaria-
Artea, Rosa, Thea, Nymphaea, Paeonia, Geranium sanguineum, Ervum
Lens, Cyuomorium coccineum, Ainus glutinosa, besonders Quercus-Arteu
(Galläpfel), Poterium Sanguisorba» Der wässerige Auszug der folgenden
86$ Gerbstoff, eisenblau-, grün- und grau-fäliender.
Pflanzen färbt Eisenoxidsalze grün: Salvia , Veronica, Succisa pratensis,
Asperula odorata, Alchemilla, Pulmonaria , Symphitum off., Anagallis,
Vinca rninor, ächte Chinarinden, Kino, Kaffee, Ulmus campestris , Sani« I
cula europaea, Drosera rotondifolia, Ruraex-Arten , Aesculus Hippocasta-
num, Vaccinium Yifcis idaea, Cinnamomurn, Rhabarber, Rhododendron, j
Ledum palustre, Pyrola, Alcornoque (cort.) , Agrimonia Eupatoria, Spi-
raea Aruncus und Ulmaria, Pyrus Malus (cort.), Tormentilla , Tiliae (flo-
res), Delphinium Consolida (flores) , Aconitum , Pulsatilla, Clematis, viele
Lippenblumen, als: Ocymum, Prunella, Melissa, Thymus, Scutellaria,
Ajuga, Teucrium, Origanum, H3rssopus, Mentha, Lamium , Glechoma,
Stachys , Ballota, Betonica, Marrubium u. a.; Euphrasia, Barbaren, Si-
symbrium, Geranium robertianum, Althaea off., Catechu, Kino, Cortex
adstringens brasiliensis , und mehrere andere Leguminosen, als: Ononis,
Genista, Colutea u. s. w. ; Hypericum perforatum, Serratula tinctoria,
und mehrere Pflanzen mit zusammengesetzten Blumen, wie Eupatorium
cannabinutn , Tussilago, Tanacetum, Artemisia, Erigeron, Conyza squar-
rosa, Inula, Solidago Virgaurea, Arnica, Achillea, Hieracium, Lactuca ,
Lapsana, Betula alba, Populus; mehrere Farrenkräuter, als: Polypodium,
Aspidium, Adianthum. Die folgenden enthalten eisengrau fällende Gerb-
säure: Verbena off., Ratanhia, Artemisia vulg. und Absinthium , Bellis,
Matricaria, Calendula, Urtica dioica. — Ob jedoch alle hier genannte
Pflanzen, welche auf angezeigte Art reagiren, wirklich Gerbestoff ent-
halten, müssen weitere Versuche entscheiden.
Auf die verschiedenen Reactioneu der adstringirenden Pflanzenauszüge
gegen Eiseuooa/dsalze war man schon frühe aufmerksam, und hielt dieje-
nigen, welche eine andere Reactioo gaben, unter sich verschieden. Mit
diesen verschiedenen Eigenschaften des unreinen Gerbestofl’s ist auch in
der Regel ein etwas abweichender Geschmack verbunden. So schmeckt
der Gerbestoff der Eiche stark und sehr widerlich zusammenziehend; der j
sogenannte eisengrünonde der China, des Catechu’s u. s. w. minder unau-
genehm, mehr rein herb (übrigens auch nach den Pflanzen abweichend),
und der eiseugraufällende der Ratanhia am mindesten widerlich herb, zu-
gleich bitter. Ferner lehrte die Erfahrung, dafs Pflanzen, welche eisen-
bläuenden Gerbestoff enthalten, anders wirken als solche, die eisengrü-
nenden enthalten. Galläpfel, Eichenrinde wirken heftiger und werden viel j
weniger leicht ertragen als Catechu, Kino; noch milder ist Ratanhia, die I
am leichtesten vertragen wird. Man schlofs darum auch aus diesem ver-
schiedenen Verhalten auf verschiedene Arten von Gerbestoff. — Indessen
lehrten Erfahrungen von Geiger , dafs wenigstens die Reaction auf Eisen-
oxidsalze nichts entscheide , indem auf Zusatz von Säuren eisenbläuender |
gleichsam in eisengrüneaden umgew'andelt wird, (Gallustinktur, in Ver- i
binduug mit Weinsäure u. s. w. , schlägt Eisenoxidsalze grün nieder)
und umgekehrt eisengrün- und eisengrau-fällender Gerbestoff durch Ab-
stumpfung der Säuren in eisenbläuenden umgewandelt wird (Catechu-,
Kino-, China-, Weidenrinde-, Ratanhia-Auszug u. s. w. , die mit Eisen- :
oxidsalzen grüne Verbindungen gebildet haben, verwandeln die grüne
Farbe unter starker Verdunklung in blau , durch Zusatz von kohlen- 1
saurem Kalk-haltigen Pump wasser; sehr geringe Mengen Kalkwasser, Kali,
Ammoniak u. s. w. bewirken dasselbe. Digerirt man die Auszüge mit Ei- 1
senfeile, so fällen sie, wie schon Waltl beobachtete, sämmtlich die Eisen-
oxidsalze blauschwarz). Es schien, dafs die grüne (und graue) Reaction j
des Gerbestoffs wenigstens grofsentheils von der Gegenwart freier Säure j
abhänge, und dafs aller Gerbestoff im reinsten Zustande identisch sey, #
und es erklärte sich hiernach auch das Vorkommen (sogenannter) ver- *
schledener Arten in derselben Pflanze, z. B. in der Wurzel von Potentilla «
argentea und auserina ist eisenbläuender, in dem Kraut eisengrünender,
eben so in den Blättern von Ainus glutinosa der bläuende, in der Rinde
der grünende gefunden worden. Auch kann wohl in denselben Pflanzen-
theilen einmal eisengrünender, ein andermal eisenbläuender Gerbestoff ge-
funden werden, und die (zum Theil) verschiedene medicinische Wirksam-
keit Gerbestoff-haltiger Pflanzen möchte wohl mit von der gröfsern oder
Catechin.
863
geringem Reichhaltigkeit derselben an Gerbestoff oder von andern Theileu
abzuleiten seyn ; da auch Pflanzen, welche denselben (eisenbläuenden u.
s. w.) Gerbestoff enthalten, oft sehr verschieden wirken (Quercus, Ge um
urbanum u. s. w. — Vergl. hierüber Geiger’ s Erfahrungen im Magazin für
Pharmacie ßd. 25. Heft 1 u. 3.). Berzelius zeigte später, dafs die grüne
Farbe, welche der schwarzblaue Niederschlag von gerbestoffhaltigem Ei-
senoxid aus Gallustinktur auf Zusatz von Weinsteinsäure an nimmt, von
gelbem weinsteinsauren Eisenoxid herrührt, und er konnte die grüne Farbe
des Chinagerbestoff- Eisenoxids nicht in blau umändern (vergl. hierüber
Magazin für Pharm. Bd. 31. S. 262.).
C a t e c h u.
Unter dem Namen Catechu kommt im Handel das wässerige trockne
Extract der Acacia sive Mimosa Catechu ( Wilden .) in braunen viereckigen
Stücken vor, welche einen stark zusammenziehenden, bittern, hintennach
schwach süfslichen Geschmack besitzen. Dieses Extract enthält eine be-
trächtliche Menge mit kaltem Wasser ausziehbarer Gerbsäure, sehr wenig
in ihren Eigenschaften von der aus den Galläpfeln abweichend. Man er-
hält sic nach Ber%elius rein, wenn ein concentrirter kalter Auszug mit
Schwefelsäure gefällt, der erhaltene Brei mit verdünnter Schwefelsäure
ausgewaschen , zwischen Papier geprefst und alsdann noch feucht in heis-
sem Wasser gelöst wird. Digerirt man nun die Flüssigkeit mit feingerie-
benem kohlensauren Bleioxid, bis kein Aufbrausen mehr entsteht und Ba-
rytsalze davon nicht mehr gefällt werden , so ist die aufgelöste Gerbsäure
rein. Durch Abdampfen der kaum gelblich gefärbten Flüssigkeit im leeren
Raume erhält man eine durchsichtige, zusammenziehende, nicht kristalli-
nische Masse, welche im Wasser und Alkohol leichtlöslich ist und im
Uebrigen die Eigenschaften der Eichengerbsäure besitzt. An der Luft färbt
sich die wässerige Lösung roth , schneller beim Erhitzen derselben; sie
verliert beim Abdampfen an der Luft, indem die Farbe zunimmt, ihre
Wiederauflöslichkeit im Wasser. Trocken erhitzt wird sie zersetzt , ohne
dafs man übrigens hierbei ähnliche Produkte wie bei der Eichengerbsäure
wahrgenommen hat. Ihr Verhalten in der Hitze so wie gegen Alkalien
nnd Säuren bedarf einer genaueren Untersuchung.
Catechin .
Der in kaltem Wasser unlösliche Theil des Catechu enthält eine eigen-
thümliche Materie, das Catechin (Tanningensäure , Catcchusäure), welche
die Fähigkeit besitzt, mit Bleioxid eine Verbindung einzugeheu. Sie ist
von Büchner entdeckt worden. Sie läfst sich leicht durch heifses Wasser
oder warmen Alkohol aus dem Rückstand ausziehn. Dieser Auszug ist
stets gefärbt und kann vod den färbenden Theilen leicht durch Behandlung
der kochenden Flüssigkeit mit essigsaurem Bleioxid befreit werden. Man
setzt so lange von diesem Salze zu , bis die Flüssigkeit fast wasserhell
erscheint, scheidet alsdann durch Zusatz von schwefelsaurem Natron das
in der Flüssigkeit enthaltene Blei ab uud läl'st nach Absonderung des Nie-
derschlags die klare Flüssigkeit erkalten , wo nach mehreren Stunden da3
Catechin kristallisirt ( Winkler ). Man kann es zur weiteren Reinigung
in kochendem Wasser lösen, die Auflösung durch basisch essigsaures Blei-
oxid vollkommen fällen und aus dem Niederschlag durch Vertheilung des-
selben in warmem Wasser und Zersetzung vermittelst Schwefelwasser-
stoffsäure das Catechin abscheiden; durch das gebildete Schwefelblei wird
es vollkommen entfärbt. Das zum Filtriren dienende Papier rnufs durch
Salzsäure vollkommen ausgewaschen werden, indem sich durch Berührung
mit Kalk, Eisen oder einer Base das Catechin bei Zutritt der Luft färbt.
Das Catechin stellt ein äusserst feines, aus kleinen seidenglänzenden
Nadeln bestehendes weifses Pulver dar, welches bei gelinder Erwärmung
zu einer ölartigen Flüssigkeit schmilzt uud bei höherer Temperatur leicht
braun gefärbt und zerlegt wird, Bis zum Braunwerden erhitzt soll es
864
Japon- und Rubin -Säure.
nach Büchner in Gerbsäure verwandelt werden. Es ist in kaltem Wasser
sehr schwer (nach Büchner in 16000 Th eilen) , in heifsern sehr leicht lös-
lich. Die gesättigte wanne Lösung gerinnt beim Erkalten zu einem dicken
Kristallbrei. Es löst sich in 2 — 3 Th. heifsern und in 6 Th. kaltem Alko-
hol, in 7 — 8 Th. kochendem und 180 Th. kaltem Aetber. Die wässerige
Losung besitzt eine schwach saure Reaction auf Lackmus; sie zerlegt
nicht die kohlensauren Alkalien und geht in trocknem Zustande eine Ver-
bindung ein mit Ammoniakgas, welches im leeren Raume sich wieder
davon trennt ( Scanberg ). Bleibt die Auflösung in kaltem Wasser meh-
rere Wochen an der Luft sich selbst überlassen, so trocknet sie bei
dem Abdampfen in der Wärme zu einer rotheu gesprungenen Masse ein,
die sich mit Leichtigkeit wieder im Wasser löst. Eisenoxidsalze werden
durch die Auflösung des Catechius intensiv grün gefärbt, essigsaures Blei-
oxid und Sublimatiösung werden davon gefällt, bei Zusatz von Ammoniak
schlägt das Catechin das salpetersaure Silberoxid schwarz metallisch nie-
der; Kalk wasser wird davon nicht getrübt, es hebt seine alkalischen Ei-
genschaften nicht auf (Büchner) ; nach Svanberg schlägt es den essigsau-
ren Kalk nieder. Leim- und Stärkelösung, Chinin-, Morphinsalze und
Brechweinstein werden davon nicht gefällt. Nach der Analyse von Svan-
berg , welche der Bestätigung bedarf, enthält das Catechin in 100 Theilcn
62,53 Kohlenstoff, 4,72 Wasserstoff, 32,75 Sauerstoff, wonach er die
Formel C1S HJ206 berechnet; nach der letzteren würde es 62,94 Kohlen-
stoff, 4,1! Wasserstoff, 32,95 Sauerstoff enthalten.
Durch Behandlung mit reinen oder kohlensauren Alkalien färbt sich
das Catechin bei Gegenwart von Luft unter Sauerstoffabsorbtion, es ent-
stehen bei Anwendungen der ersteren schwarze , bei dem kohlensauren
Kali rothe Lösungen. Es sind dies nach Svanberg Verbindungen des Al-
kali’s mit neuen durch die Zersetzung des Catechins gebildeten Säuren;
die eine nennt er Japonsäure , die andere Rubinsäure.
Die Japonsäure erhält man nach Svanberg, wenn man Catechin in
überschüssiger Kalilauge auflöst, die Auflösung an der Luft mehrere Tage
in gelinder Wärme stehen läfst, sodann mit Essigsäure übersättigt und zur
Trockne abdampft. Der troekne Rückstand enthält saures japonsaures Kali,
von schwarzer Farbe und essigsaures Kali, welches letztere durch Wa-
schen mit Weingeist entfernt wird. Das in Alkohol unlösliche saure japon-
saure Kal) löst man in heifsern Wasser und fällt die Japonsäure aus dieser
Lösung durch Zusatz von Salzsäure.
In trocknem Zustande stellt die Japonsäure ein schwarzes Pulver dar,
frisch niedergeschlagen -und feucht löst sie sich in heifsern Wasser und
setzt sich daraus in schwarzen Körnern nach dem Erkalten wieder ab;
sie löst sich in Alkalien , ohne damit kristallisirbare Salze zu bilden. Die
Salze der Erden und schweren Metalloxide werden von japonsauren Al-
kalien gefällt. Nach der Analyse von Svanberg wird die Zusammensetzung
der Japonsäure durch die Formel C12 ö8 ö4 -4- aq , die ihrer unlöslichen
sauren Silberverbindung durch die Formel C24 H16 08 -1- AgO ausgedrückt;
hiernach würden 2 At. Säure 2 At. Wasser verlieren, indem sie sich mit
einem Atom Silberoxid verbinden.
Durch Anwenduug von kohlensaurem Kali erhält man aus dem Cate-
chin die Rubinsäure auf einem dem so eben beschriebenen ganz gleichen
Wege. Von ihren Eigenschaften ist nichts bekannt; sie bildet ein saures
im Weingeist unlösliches Kalisalz von rother Farbe, welches Erd- und
Metallsalze roth niederschlägt. Die Zusammensetzung der freien Säure ,
deren Eigenschaften mit denen der Japonsäure bis auf die Farbe überein-
stimmen, ist die nemliche wie die der Japonsäure; der Aualyse der Silber-
oxidverbiudung nach ist ihre Formel im wasserfreien Zustande Ci8 H12 09.
Die Bildung dieser Produkte ist bis jetzt unerklärt.
Nach einer Angabe von Pelouze zieht Aetber aus dem trocknen Ca-
techu eine Gerbsäure aus, die nach der Formel CJ8 H18 08 zusammenge-
setzt ist. Es bleibt einer näheren Untersuchung Vorbehalten , zu entschei-
den, ob diese Materie identisch mit dem Catechin ist, von dem sie in
Hinsicht auf die Zusammensetzung abweicht.
Citrousaure.
865
Citr onsäur e ( Acidum citricum).
Breibasische Säure.
A. Formel der Säure in dem Silbersalz: C12 H10 On zr: Ci.
B. Formel der bei 100° getrockneten Säure D : CJ2 H10 Ou -f- 3Ha0 m
Ci -f* 3jtq,
C. Formel der durch Abkühlung kristallis. Säure: C12H10 -j- 3H20 , aq.
B. Formel der bei 16° durch Verdunsten kristallisirten Säure: C13 H10 Oa
H S— 3H20 — J— 3aq i— . Ci -4— 5nq.
Entdeckt 1784 von Scheele. Sie ist fertig gebildet in dem Saft von
Citrus medica , Aurantium , Prunus Padus, Vaccinium Vitis Tdaea und
Oxicoccos , Rosa canina , Sotanum dulcamnra , Ribes Grossularia und
rubrum, Vaccinium Myrtillus , Crataegus Aria , Prunus Cerasus, Fra-
garia vesca, Rubus idaeus , Chamaemorus , Aconitum lycoctonum , Capsi-
cum annuum , Asarum europaeum , Helianthus tuberosus , AUium Cepa ,
Isatis tinctoria u. s. w. enrhalten.
§. 156. Darstellung : Aus dem citronsauren Kalk mit
verdünnter Schwefelsäure. Man nimmt gewöhnlich ein dem Gewicht
der Kreide, welche zur Darstellung des citronsauren Kalks aus Citronsaft
oder aus Johaonisheerensaft gedient hat, gleiches Gewicht Schwefelsäure-
hydrat, das man mit 5 Th. Wasser verdünnt; der citronsaure Kalk wird
mit Wasser zu einem dünnen Brei angerührt und die Schwefelsäure lang-
sam hinzugegossen. Durch gelinde Erwärmung wird die Zersetzung be-
schleunigt, ein Gehalt von citronsaurem Kalk erschwert die Kristallisation
der Citronsaure, ein kleiner Ueberschufs von Schwefelsäure erleichtert sie.
Der gebildete Gyps wird von der Flüssigkeit getrennt und
diese bei gelinder Wanne zur Kristallisation, anfänglich in
Gefäfsen von Blei über freiem Feuer, zuletzt im Wasserbade*
abgedampft. Die erhaltenen Kristalle werden durch Behand-
lung mit Kohle und neue Kristallisationen farblos erhalten.
15?. Eigenschaften : Farblose, regelmäfsige, durch-
sichtige, rhombische, durch 1- Flächen zugespitzie Prismen
von sehr saurem, angenehmen Geschmack; leicht löslich in
ihrem gleichen Gewicht Wasser zu einer syrupdicken Flüssig-
keit. Beim ruhigen Stehen und Verdampfen der kalt gesättig-
ten concentrirten Auflösung bilden sich darin regelmäfsige Kri-
stalle, weiche bei 100° 9,-1 p. c. (=2 At.) Wasser verlieren
und nach der Formel Ci, 5aq zusammengesetzt sind. Aus
einer bei 106° gesättigten Auflösung erhält man beim Abküh-
len Kristalle, welche bei 160° nichts am Gewichte verlieren
und ihre Durchsichtigkeit behalten, ihre Formel ist Ci, 4aq.
Die verdünnte wässerige Auflösung zersetzt sich nach und
nach unter Schimmelbifdung, sie wird zu Essigsäure, wenn
sie einige Wochen mit Weingeist digerirt wird. ( Bergmann.)
Die Kristalle der Säure D schmelzen in der Wärme unter Wasser-
verlust. Die Kristalle der Säure C schmelzen bei 130° ohne an Gewicht
zu verlieren, über 150° tritt bei beiden Zersetzung ein. Wenn man die
Schmelzung in dem Augenblicke unterbricht, wo man neben Wasserdäin-
pfea andere flüchtige Produkte wahrnimmt, so bleibt im Rückstand eine
durchsichtige, kaum gelblich gefärbte Masse, die an der Luft Feuchtigkeit
anzieht; sie ist bei diesem Zeitpunkte in ein Gemenge von Aconitsäure
und Citronsaure verwandelt. Bei steigender Temperatur tritt Zersetzuog
866
Citronsäure.
ein, es entwickelt sich Kohlenoxidgas, Kohlensäure, Aceton, Essigsäure
und zwei Pyregeusäuren ; es bleibt bei rascher Destillation nur eine
Spur kohliger Materie im Rückstand , bei langsamer Destillation bleibt ge-
gen Ende eine rothbraune, durchsichtige, pechartige Masse, von dem I
Ansehen der Aloe, zuletzt eine voluminöse Kohle.
Mischt man 1 Th. kristallisirte Säure mit 4 Th. Schwefelsäurehydrat,
so entwickelt sich bei gelinder Wärme eine reichliche Menge Kohlenoxid-
gas, setzt mau später Wasser zu und unterwirft die Mischung der Destil-
lation, so erhält man Essigsäure. Die bei 100° getrocknete Citronsäure |
enthält in 1 At. die Elemente von 2 At. Kohlenoxid, 2 At. Kohlensäure
und 2 At. Essigsäurehydrat.
C* 04 = Kohlensäure.
Ca 02 Kohlenoxid.
C8 Hn 06 ~ 2 At. Essigsäure.
H4 Oa = 2 At. Wasser
1 At. Citronsäure CI2 H16 014 rz: Cia Hi0 On -f- 3aq.
Beim Schmelzen mit einem Ueberschufs von Kalihydrat zerlegt sie sich in
Kleesäure und Essigsäure. 1 At. Citronsäure enthält die Elemente von
2 At. Essigsäure, 2 At. Kleesäure und 2 At. Wasser.
C8 H12 06 =2 At. Essigsäure.
C4 06 ~ 2 At. Kleesäure.
H4 O, z=z 2 At. Wasser.
1 At. krist. Citronsäure = Cia H16 0I4 =E C12 H10 ()„ -+- 3aq.
Die Auflösung der Säure reducirt Goldchlorid ohne Gasentwickelung, mit
Manganhyperoxid erwärmt entwickelt sich reichlich Kohlensäure und Es-
sigsäure ; mit Quecksilberoxid erwärmt entsteht unter lebhaftem Auf brau-
sen eine weifse feste Masse, welche nach Vauquelin Essigsäure enthält.
Die Citronsäure mufs sich ohne Rückstand in Alkohol ;lösen und darf
in Kalkwasser keinen Niederschlag hervorbringen. Kalkwasser mit einigen
Tropfen Citronsäure versetzt, giebt damit eine klare Flüssigkeit, die sich >
beim Erhitzen trübt und ein weifses in Säuren ohne Aufbrausen lösliches
Pulver absetzt.
Citronsäure Salze.
Die Citronsäure bildet mit den Basen neutrale und basische Salze. Die
Formel der neutralen dreibasischen Salze ist:
Ci H- 3MO -h aq
sie sind hiernach der Säure C analog zusammengesetzt, indem darin das
Hydratwasser vertreten ist durch 1 Aeq. Metalloxid sie enthalten noch
1 Aeq. Wasser, was sie bei gewöhnlicher (Silbersalz) oder in höherer
Temperatur verlieren ; ihre Zusammensetzung ist alsdann analog der Säure B.
Ci -1- 3MO.
In den basischen citronsauren Salzen ist das Kristall wasser der vorher-
gehenden Salze ersetzt durch 1 Aeq. Metalloxid,
Ci -+- 3MO -1- MO
oder sie enthalten aufser 1 Aeq. Basis, was das Kristall wasser in der
Säure C vertritt, noch 1 At. Kristallwasser, und sie besitzen in diesem
Fall eine der Säure D ähnliche Zusammensetzung,
Ci -h 3MO H- MO /
H20 5
Von zweibasischen citronsauren Salzen ist nur das ßleisalz unter-
sucht, in diesem Salz sind nur 2 At. Hydratwasser der Säure D ersetzt.
Die citronsauren Salze entwickeln beim Erhitzen unter Äufschäumen
und Schwärzung eine saure Flüssigkeit.
Ci trollsaures Natron.
867
Wenn mau ein trocknes citronsaures Salz, Ci -f- 3MO, durch eine
Auflösung von Chlorwasserstoffsäure in Alkohol zersetzt, in der Art also,
dafs der sich abscheidenden Säure nur 3 At. auf Kosten des Sauerstoffs des
Metalloxids und des Wasserstoffs der Chlorvvasserstoffsäure gebildeten Was-
sers riargeboten werden, so zerlegt sie sich in Aconitsäurehydrat und in
die Säure C, neinlich das Citronsäurehydrat, was 1 At. Kristallwasser
enthält. CBerzelius.J Nemlich:
in 3 At. Aconitsäurehydrat C12 H12 012 m 3(C4 H2 03 -f- aq)
und 2 At. Citronsäurehydrat C24 H36 030 2(CI2H10Q11 -j- 3H20 -f- aq)
C36 H48 042 = 3(C12 H10 On -+- 3aq)
Dies ist die nemliche Zersetzung, die sie in höheren Temperaturen durch
Wasserverlust erfährt.
Citronsaures Ammoniak ist ein sehr lösliches kristallisirbares Salz ;
es ist nicht untersucht.
Citronsaures Aethyloxid .
Formel: Ci, 3AeO fDumas^) Zuerst dargestellt von Thenard.
Darstellung : Malaguti giebt folgende Vorschrift zu seiner Darstellung:
90 Th. kristallisirte Citronsäure, 110 Alkohol von 0,814 spec. Gewicht
und 50 Th. Schwefelsäurehydrat werden mit einander gemischt und so-
lange in einer Retorte erwärmt, bis Aethyloxid uberzugehen anfängt; bei
diesem Zeitpunkt mischt njan den Rückstand mit Wasser, wo citronsaures
Aethyloxid in Gestalt eines ölartigen Körpers zu Boden fällt; durch Wa-
schen mit Wasser wird er von der freien Säure, durch Auflösung in Al-
kohol und Behandlung mit Blutkohle von färbenden Materien befreit. Aus
der Auflösung in Alkohol bleibt er nach dem Verdunsten rein zurück.
Eigenschaften: Oelartige Flüssigkeit von schwachem, dem Olivenöl
ähnlichen Geruch und unangenehm bitterem Geschmack, von 1,142 spee.
Gewicht, färbt sich bei 270°, kommt bei 283° ins Sieden, wobei ein
grofser Th eil zersetzt wird ; neben unzersetztem citronsaurem Aethyloxid
geht hierbei ein brauner ölartiger Körper (Pyrocitrousäure), Alkohol und
brennbare Gase über, im Rückstand bleibt Kohle. Durch kaustische Kali-
und Natronlauge wird er in citronsäure Alkalien und Alkohol zersetzt;
durch Chlorgas und Brom erleidet er keine merkliche Veränderung, lod
scheint eine chemische Verbindung damit einzugehen. In der Kälte lösen
Schwefelsäurehydrat, Salpetersäure und Salzsäure das citronsäure Aethyl-
oxid auf, durch Zusatz von Wasser wird es ohne Veränderung wieder ge-
fällt, beim Erwärmen der Auflösungen tritt Zersetzung ein.
Einbasisches oder zweibasisches citronsaures Aethyloxid , d. h. ein so-
genanntes saures Salz ist nicht bekannt.
Citronsaures Methyloxid , Glyceryloxid etc. sind nicht bekannt.
Citronsaures Kali.
Formel: Ci, 3KO; Ci, ; Ci, Diese Salze sind nicht
untersucht, man weifs nur, dafs sie leichtlöslich und schwierig kristalli-
sirbar sind.
Citronsaures Natron.
Formel des dreibasischen Salzes: Ci, 3NaO, 11 aq fBerzelius ). —
Dieses Salz kristallisirt beim freiwilligen Verdampfen an der Luft in gro-
fsen, regelmäl’sigen , an der Luft unveränderlichen Kristallen, welche tt
At. Kristallwasser enthalten; bei 100° verlieren sie 17% P- c., nemlich
7 At. Wasser, es bleibt Ci, 3NaO, 4aq. Die Citronsäure und das Kri-
868
Citronsäure.
staUwasser dieses Salzes enthalten beide eine gleiche Anzahl von Sauer-
stoffarmen. Bei 190 — 200° werden die vier letzten Atome Wasser aus-
getrieben. Meistens verwandelt sich hierbei eine kleine Quantität dieses
Salzes in acouitsaures Natron, bei 230° wird es gelb. In Alkohol ist die-
ses Salz unlöslich.
Zweibasisches citronsaures Natron ; Ci, | — Dieses Salz erhält
mau durch freiwilliges Verdunsten einer Auflösung des dreibasischeö Sal-
zes, der man halb so viel Citronsäure zugesetzt hat, als es bereits ent-
hält. Die Flüssigkeit erstarrt zuletzt zu einem Haufwerke von feinen
prismatischen Kristallen von angenehm säuerlichem Geschmack.
Einbasisches citronsaures Natron; Ci, — Seim Abdampfen
einer Auflösung des dreibasischen Natronsalzes , der man noch einmal so
viel Citronsäure zugesetzt hat, als sie enthält, erhält man eine klare,
dem Gummi ähnliche, nicht kristallinische Masse, welche in der Wärme
kristallinisch wird. Dieses Salz verändert sich nicht an der Luft und löst
sich in kochendem Alkohol in geringer Menge, aus der erkalteten gesät-
tigten Auflösung setzt es sich in kristallinischen Körnern ab.
Citronsaurer Baryt. Formel: Ci, 3BaO, 7aq (^ersefta.s'). — Wird
eine Lösung von citronsaurem Natron iu eine Auflösung von Chlorbarium
getropft, so erhält mau ein weifses Pulver von der angegebenen Zusam-
mensetzung; bei 150° verliert es im Ganzen 6 Atome Wasser, es bleibt
citronsaurer Baryt mit 1 At. Wasser Ci,3BaO,aq. Dieses letzte Atom
Wasser wird durch eine Temperatur von 190° vollständig ausgetriebeo.
Vermischt man eine siedendheifse Auflösung von Chlorbarium und freier
Citronsäure mit einer heifsen Auflösung von citronsaurem Natron solange
der entstandene Niederschlag wieder aufgelöst wird und läfst nun die Flüs-
sigkeit erkalten, so setzt sich ein leichtes kristallinisches Pulver ab, was
nach der Formel 2Ci, -h 7aq zusammengesetzt ist und das als
eine Doppelvcrbindung von 1 Atom kristallisirtem dreibasischen citronsau-
ren Baryt Ci, 38aO, 7aq mit 1 Atom zweibasischem Salz Ci, H ^ £
angesehen werden muPs. Das nemliche Salz bildet sich beim Abdampfen
einer mit Citronsäure übersättigten heifsen Lösung von essigsaurem Baryt.
Citronsaurer Kalk; Ci,3CaO,4aq (BerzeliusJ. — Dieses Salz ent-
steht durch Vermischen einer Auflösung von Chiorcalciuin mit citronsaurem
Natron in Gestalt eines weifsen Niederschlags, der bei 100° 3 At. Wasser
in höherer Temperatur den letzten Atom verliert. Der Niederschlag, der
.sich beim Erhitzen von Citronsäure mit überschüssigem Kalkwasser bildet.
ist ein basisches Salz und nach der Formel Ci, 3CaO
CaO >
aqj.
zusam-
mengesetzt, bei 100° verliert es 1 Atom Wasser und wird zu Ci, 3CaO,
CaO. Beide Niederschläge lösen sich io einem Ueberschufs von Säure auf,
die Auflösung giebfc bei vollständiger Sättigung nach dem Erkalten blät-
terige Kristalle, die beim Waschen Säure verlieren uud basisches Salz
zurücklassen.
Durch Sättigung von Citrousaft mit kohlensaurem Kalk erhäU man ein
Gemenge des neutralen und basischen Salzes in unreinem Zustande; es
wird in Sicilien und Frankreich benutzt zur Darstellung der Citronsäure.
Zu diesem Zwecke wird der Saft von gewöhulich gefaulten oder in Fäul-
nifs begriffenen Citronen sich selbst überlasseu, wo er bald in Gähruug
gerath und vollkommen klar wird. Er wird von dem schleimigen Bodeu-
satz durch Fiitriren getrennt uud in der Warme mit Kreide zuletzt mit
Kalkmilch gesättigt. Der erhaltene Niederschlag wird mit heifsem Wasser
so lange behandelt als dieses noch gefärbt wird. Wenn dieses Auswaschen
869
Citron saures Bleioxid, -Silberoxid.
nicht mit. grober Sorgfalt geschieht, so erhält man daraus durch Zer-
setzung mit Schwefelsäure eine gefärbte Citronsäure , die nur mit Schwie-
rigkeit kristallisirt.
Tillay wendet mit Yortheil den Saft der Johannisbeeren zur Darstel-
lung des citronsaureu Kalkes au; er wird der Cährung überlasseu , der
Alkohol abdestiliirt uod die rückständige Flüssigkeit wie Citronsaft behan-
delt. 100 Th. Johannisbeeren liefern 10 Th. Alkohol von 20° B. und 1 Th.
Citronsäure.
Talkerde, Thunerde und Manganoxidul bilden mit der Citronsäure
ein unlösliches neutrales und ein lösliches sauer reagirendes Salz.
Citrunsaures Eisenoxidul ist kristalüsirbar, schwerlöslich, wird durch
kaustisches Kali nicht gefällt und löst sich in citronsaurem Natron auf.
Das Eiseuoxidsalz ist löslich mit brauner Farbe.
Citrunsaures Zinkoxid ist schwerlöslich.
Breibasisches citrunsaures Bleioxid, Ci, 3PbO,aq, entsteht, wenn
eine Auflösung von citronsaurem Natron mit überschüssigem essigsaurem
Bleioxid gemischt und der erhaltene Niederschlag mit Alkohol ausgewa-
schen wird. Man erhält ein weiises Pulver, was sich beim Waschen mit
Wasser in zweibasisches Salz, das sich auflöst, und in uberbasisches ci-
troosaures Bleioxid zersetzt , was unauflöslich zurückbleibt; es ist in Am-
moniak löslich.
Zw eibasisches citrunsaures Bleioxid, Ci, | -f- 2aq. Giefst mau
eine heifse Auflösung von essigsaurem Bleioxid in eine gleichfalls heifse
Lösung von Citronsäure, so löst sich der anfänglich gebildete Niederschlag
nach und nach wieder auf und man erhält beim Erkalten der Flüssigkeit
dieses Salz in Körnern. Es enthält 2 At. Wasser, welche bei 110° nicht
ausgetrieben werden. Es zerlegt sich beim Waschen mit Wasser. Wenn
man umgekehrt Citronsäure zu einer Lösung von essigsaurem Bleioxid
bringt, so entsteht ein überbasisches Salz.
U eberbasisches citrunsaures Bleioxid, Ci, 6PbO. Bei Digestion eines
der beschriebenen Bleisalze mit einem Ueberschufs von basisch essigsau-
rem Bleioxid entsteht dieses Salz; es ist ein weifses in Wasser unlösliches
Pulver.
Uebergiefst man dreibasisches citronsaures Bleioxid mit weniger Am-
moniak, als zu seiner völligen Auflösung erforderlich ist, so bleibt ein
citronsaures Bleioxid, welches auf 1 Atom Säure 4 At. Bleioxid enthält,
Ci, 3PbO,
Ueberbasisches citronsaures Kupferoxid , Ci, 4CuO. Eine Auflösung
von essigsaurem Kupfefoxid, der man Citronsäure zugesetzt hat, trübt
sich beim Erhitzen, es fällt ein grünes kristallinisches Pulver nieder, wel-
ches beim Erhitzen unter Wasserverlust hellblau wird.
Citronsaures Silberoxid; Ci, 8AgO, aq. — Durch Fällung eines
löslichen Silbersalzes mit einem cifronsauren Salz erhält man einen blen-
dend weifsen , pulverigen Niederschlag, welcher unter 1 6° gewaschen und
getrocknet 1 Atom Wasser enthält, was es bei 20 — 25° schon verliert.
Mit einem glühenden Körper berührt verbrennt das Salz unter Rücklas-
sung von kohlehaltigem Silber mit einer schwachen Verpuffung.
Citronsaures Antimonoxid-Kali ; Ci, Sb20s -f* Ci, 3KO H- 5aq (Thau-
low ). Blendend weifse prismatische Kristalle, hart und leicht in Pulver zu
verwandeln; sie verlieren bei 190° ihr Kristall wasser.
870
Pyrocitron säure.
Zersetzungsprodukte der Citronsäure durch Wärme.
Wenn inan kristallisirte Citronsäure über ihren Schmelzpunkt hinaus
erhitzt , so verliert sie eine Zeitlang Wasser, ohne dais sich brenzliche
Produkte bilden. Wenn man die Schmelzung in der Periode unterbricht,
wo man die Erzeugung von gasförmigen oder sauren flüchtigen Produkten
bemerkt, so bleibt im Rückstände eine gelbliche nichtkristallinische Masse,
welche nach Dahlström und Berzelius identisch in ihrer Zusammensetzung
und ihrem Verhalten mit einer in dem Aconitum napellus verkommenden
Säure ist, welche davon den Namen Aconitsäure erhielt. Obwohl diese
Identität bis jetzt nicht mit Gewifsheit dargethan ist, so soll nichtsdesto-
weniger die Aconitsäure in dem Folgenden beschrieben werden.
Wenn man kristallisirte Citronsäure bei sehr raschem Feuer der trock-
nen Destillatiou unterwirft, so färbt sich der Rückstand dunkler, zuletzt
braunschwarz; unterbricht man die Destillation, wenn derselbe pechartig
geworden ist und man das Uebergehen von braun gefärbten Dämpfen be-
merkt, so hat man in der Vorlage zwei Flüssigkeiten, eine schwere, öl-
artige, schwach gelblich gefärbte, und eine darüber schwimmende farb-
lose; beide sind äusserst sauer und von ätzendem Geschmack; die obere
leichtere läfst sich mit Wasser mischen, die andere ölartige sinkt im Was-
ser zu Boden. Mischt man die obere, leichtere, mit ihrem lOfachen Vo-
lum Wasser und iiberläfst sie dem Verdampfen an der Luft, so setzen
sich daraus rhombische Octaeder oder rhombische Prismen mit aufgesetzten
Octaederflächen ab, welche in allen ihren Eigenschaften identisch sind mit
der von Baup unter dem Namen Citricicsäure beschriebenen Verbindung.
Die ölartige Materie löst sich ohne Rückstand in heifsem Wasser und
diese Auflösung giebt beim Erkalten oder Verdampfen an der Luft Kristalle
von anderer Form wie die so eben erwähnten ; die ölartige Substanz ist
nach Robiquet’s Analyse wasserfreie Pyrocitronsäure.
Bei sehr langsam geleiteter Destillation von 150 — 175° setzen sich
bei 150° in dem obern Theile der Retorte weilse kristallinische Nadeln an,
bei 175° erscheinen farblose oder gelbliche Tropfen von einer geringen
Menge wässeriger Produkte begleitet, bei 210 — 240° geht eine ölartige,
sehr saure, mit Wasser mischbare Flüssigkeit über, bei 270° bläht sich
der Rückstand auf, es erscheinen dunkelgelb gefärbte Dämpfe und als
letztes Produkt erhält man eine gelbe Substanz von weicher, gleichsam
fettartiger Consistenz. Das spec. Gewicht der übergehenden flüssigen Pro-
dukte nimmt mit der Dauer der Destillation zu, das ölartige Produkt, was
sich von der sauren Flüssigkeit, ohne sich damit zu mischen, in Gestalt
eines schweren, dunkel gefärbten Oeles trennt, besitzt ein spec. Gewicht
von 1,242 bis 1,300. Während der ganzen Dauer der Destillation ent-
wickelt sich ein Gemenge von Gasarten, welche aus Kohlensäuregas,
Kohlenoxidgas und Aceton bestehen. (Robiquet .)
Die sauren wässerigen Flüssigkeiten enthalten zwei in ihren Eigen-
schaften verschiedene, in ihrer Zusammensetzung hingegen gleiche Pyro-
gensäuren.
Wenn man das bei möglichst rascher Destillation erhaltene flüssige
Produkt mit vielem Wasser vermischt und einige Zeit ruhig stehen läfst,
so erhält man anfänglich beim Verdampfen Kristalle, die sich in 17 Th. Was-
ser bei 10° lösen. Später erhält man die andere Pyrogensäure. Werden
aber die flüssigen Produkte dieser Destillation sich selbst überlassen, so
erstarrt die ganze Flüssigkeit nach und nach zu einer festen Kristälimasse,
welche sich viel leichter in kaltem Wasser löst und stets eine schmierige
Beschaffenheit behält.
Es ist nun evident, dafs die Destillationsprodukte der Citronsäure keine
Pyrocitronsäure enthalten, sondern eine Materie, aus der sich diese Säure
durch Wasseraufnahme bildet. Der Wassergehalt dieser Produkte reicht
nemlich bei weitem nicht hin, um die kristallisirte Säure, welche daraus
nach Wasserzusatz erhalten wird, bei gewöhnlicher Temperatur aufgelöst
Aoo nitsäure.
871
zu erhalten; demohngeachtet behalten sie lange Zeit hindurch ihre flüssige
Beschaffenheit, und da eins derselben ganz die Zusammensetzung der was-
serfreien Pyrocitronsäure besitzt, so ist es möglich, dafs die leicht lös-
lichen Krisialle sich nur durch einen verschiedenen Hydratzustand von der
Acide citricique des Hrn. Baup unterscheiden. Es ist übrigens denkbar,
dafs die Verschiedenheit der erhaltenen Destillationsprodukte abhängig ist
von dem Zustande der Säure, die man der Destillation unterworfen hat.
Man weifs, dafs irn Handel zwei Arten von kristallisirter Citronsäure Vor-
kommen. Die eine davon enthält 4 Atome Wasser und verliert bei 100°
nichts an ihrem Gewichte, die andere enthält 5 Atome und verliert bei
100° 2 Atome Wasser. In diesen beiden Hydratzuständen besitzt die Ci-
tronsäure offenbar eine verschiedene Constitution ; denn es läfst sich we-
nigstens nicht erklären, warum die Säure mit 4 Atomen Wasser das vierte
Atom Wasser unter denselben Umständen nicht verliert, in welchen es
die andere mit so grofser Leichtigkeit abgiebt. Dieser Gegenstand bedarf
jedenfalls einer neuen und gründlichen Untersuchung.
Die Kristallform der löslicheren Modifikation der Pyrocitronsäure ist
unbekannt, nach Baup löst sich 1 Theil in 0,48 Wasser; die Salze, wel-
che diese Säure bildet, sind verschieden von einander, oft durch ihre
Zusammensetzung, immer durch ihre Kristallform und ihre andern Eigen-
schaften ; sie giebt mit Ammoniak ein saures Salz , welches stets nur 2
Aeq. Wasser enthalt; mit Kali bildet sie ein doppelt und ein vierfach sau-
res Salz, und mit Silberoxid bildet sie eine Verbindung, welche mit l At.
Wasser kristallisirt, ein, wie Baup bemerkt, bei den Silbersalzen höchst
seltner Fall. Wenn aber aus der Analyse ihrer andern Salze sich her-
ausstellen sollte, dafs dieses Silbersalz die wasserfreie Verbindung der
Säure ist, so würde daraus hervorgehen, dafs die Zusammensetzung die-
ser Säure durch die Formel C10 H6 04 -h aq ausgedrückt werden mufs.
Alle diese Angaben sind einer Notiz von Baup (Biblioth. univ. B. 32. aoüt
1838) entnommen.
Aconitsäure.
Formel : C4 H2 03 + aq. Symb. : At.
Diese Säure ist von Peschier in dem Aconitum napellus entdeckt
worden ; ihre Analyse so wie die Kenntnifs der Zusammensetzung ihrer
Salze verdankt man L. A. Büchner (Sohn). Die Aconitsäure scheint iden-
tisch mit der in dem Equisetum fluviatile , limosum etc. vorkommenden
Säure zu seyn, welche darin von Braconnot zuerst beobachtet und von
Megnault näher untersucht worden ist.
Die Aconitsäure entsteht nach Berzelius und Dahlström durch gelindes
I Schmelzen der Citronsäure bis zum Erscheinen von brenzlichen Produk-
I ton ; sie bildet sich ferner, wenn wasserfreie citronsäure Salze durch eine
Auflösung von Chlorwasserstoffsäure in Alkohol zersetzt werden. (Siehe
citronsäure Salze.)
Dar Stellung aus dem Aconitum Napellus nach Büchner. Man vertheilt
aconitsaures Bleioxid in seinem SOfachen Gewichte Wasser und leitet so-
lange Schwefelwasserstoff durch das Gemenge, bis die vollkommene Zer-
setzung erfolgt und freies Schwefel wasserstoffgas bemerkbar ist. Man
filtrirt die Flüssigkeit von dem gebildeten Schwefelblei ab und dampft sie
bei gelinder Wärme bis zur Syrupdicke ein, wo sie nach einigen Tagen
zu einer kristallinischen Masse erstarrt. Durch Auflösung in Aether und
Verdampfen au der Luft wird sie gereinigt. Auf dieselbe Weise verfährt
man mit dem ßleisalz , welches aus dem Safte des Equisetum fluviatile
oder limosum erhalten wurde. Bei der Behandlung der Säure mit Aether
bleiben acouitsaurer Kalk oder Bittererde, die derselben beigemischt seyn
können, aufgelöst zurück.
872
A c o n i t s ä u r e.
Eigenschaften: Aus dem Aconitum napellus dargestellt. Weifse,
warzig kristallinische Masse, welche beim Abdämpfen leicht efflorescirt
und an den Wänden in die Hohe steigt; sie kann nicht in regelmälsigen
Kristallen erhalten werden, sondern bildet stets nur ein Haufwerk von
feinen Kristallen; sie ist luftbeständig , geruchlos, leicht im Wasser lös-
lich, von angenehm saurem, leicht zusammenziehendem Geschmack; sie
ist in Aether und Alkohol leicht löslich, beim Verdunsten dieser Auflösun-
gen kristallisirt sie in derben Krusten oder zarten Verästelungen , sie
bräunt sich bei 130°, schmilzt bei 140° und kommt ins Sieden bei 160°,
die schmelzende Säure ist rothhraun gefärbt; lange Zeit im Schmelzen er-
halten sublimireh ölartige Tropfen, welche kristallinisch erstarren, wäh-
rend eine braune zähe Masse zurückbleibt von sehr bitterem Geschmack,
welche nicht kristallisirbar und an der Luft zerfliefslich ist. In einer Re-
torte einer raschen Destillation unterworfen, destillirt eine hellgelbe sauer-
schmeckeode Flüssigkeit über, begleitet von ölartigen braunen Tropfen
von scharfem Geschmack und e tn py r c u m a tis ehern Geruch. Durch Verdam-
pfen des Destillats erhält man daraus kleine kurze Prismen von saurem
Geschmack, welche mit Bleioxid ein im Wasser schwer, doch leichter als
aconitsaures Bleioxid , lösliches Salz geben.
Die von Regnault aus dem Equisttum fliwiatile dargestellte Säure be-
sitzt die nemlichen Eigenschaften wie die aus dem Aconitum napellus , mit
dem einzigen Unterschied, dafs sie sich vollkommen ohne Zersetzung ver-
flüchtigt, wenn die Hitze gemäfsigt erhalten wird; bei höheren Tempera-
turen scheint sie dennoch zersetzt zu werden. Regnault beschrieb diese
Säure als Maleinsäure, mit welcher sie eine gleiche Zusammensetzung
besitzt; allein da die Maleinsäure nicht im Schmelzen erhalten werden
kann, ohne dals sie hierdurch in Fumarsäure übergeht und diese Ver-
wandlung nicht an der Equisetsäure beobachtet worden ist, so fehlt der
Hauptbeweis für diese Identität. Die durch Schmelzen der Citronsäure
erhaltene Aconitsäure, welche Raup Citridic säure nennt, kristallisirt
»ach diesem Chemiker in sehr kleinen Füttern oder vierseitigen Blättchen,
welche sich gewöhnlich mit ihren entgegengesetzten Winkeln vereinigen
und dann dünne an ihren Rändern gezähnte Platten bilden. Sie löst sich
in 3 Th. Wasser von 15* und in 2 Th. Alkohol von 88 p. c.
Aconitsaure Salze.
Mit den Basen bildet die Aconitsäure die aconitsauren Salze; sie sind
von Büchner Sohn näher untersucht worden. Die Salze mit alkalischer
Basis sind im Wasser löslich, alle übrigen sind schwer oder unauflöslich.
Werden Kalk-, Baryt- oder Bittererde- und Zinkoxid-Salze mit einer Auf-
lösung eines löslichen aconitsauren Salzes vermischt, so erhält man keinen
Niederschlag ; beim langen Stehen oder Abdampfen einer eoncentrirten
Auflösung eines Kalksalzes mit einem löslichen aconitsauren Salze bilden
sich kurze glänzende Säulen von aconitsaurem Kalk, welche im Wasser
nicht, leicht in Mineralsäuren löslich sind. Beim Erhitzen dieser Salze
tritt Schwärzung und Zersetzung ein, bei dem Silbersalz bleibt eine Ver-
bindung von Kohle mit Silber, es entwickelt sich reine Kohlensäure und
geringe Mengen einer sauren kristallinischen Materie.
Sättigt man geschmolzene Citronsäure mit koblensaurem Natron, so
bleibt nach Abscheidung des citrousauren Natrons eine Mutterlauge, welche
nichtkristallisirbares aconitsaurcs Natron enthält, durch Behandlung der
eingetrookneten Masse mit Weingeist von 0,833 spec. Gewicht löst sich
das aconitsaure Natron auf, das citronsäure Natron bleibt zurück. Die
aus Citrousäure dargestellte Acouitsäure bildet nach Raup mit Kali und
Natron saure Salze, welche sich kristalüsiren lasseu. Mit Ammoniak
entsteht ein saures Salz von körniger Beschaffenheit, löslich in 6 Theilen
Wasser von 15°. Essigsaures Blei und salpetersaures Quecksilberoxidul
werden von der Säure weifs niedergeschlagen , das Eisenchlorid in gelati-
Aconitsaurer Baryt, — Bleioxid.
873
nösen zimmtfarbigen Flocken. Das Silbersalz verpufft. Das neutrale Am-
moniak-; Kali- und Natronsalz sind nach Büchner schwierig kristallisirbar,
im Wasser sehr leicht löslich. Doppelt aconitsaures Ammoniak ist leicht
in Foren kleiner warzig zusammengehäufter Prismen zu erhalten. Aconit -
saures Eisenoxid ist ein brauner; unlöslicher, dem bernsteinsauren Eisen-
oxid ähnlicher Niederschlag *).
Aconitsaurer Baryt Formel: At, BaO. — Wenn die Säure aus dem
Aconitum napellus mit Barytwasser im Ueberschufs vermischt wird, so
entsteht anfänglich eine leichte Trübung, nach einiger Zeit gerinnt aber
die Flüssigkeit zu einer gallertartigen Masse, die sich in freier Säure leicht
wieder lost. Dieser Niederschlag wird durch Stehen in der Flüssigkeit
oder beim Trocknen nicht kristallinisch (j Büchner). Die Säure aus dem
Equisetum fluviatile verhält sich gegen Barytwasser ganz ähnlich , nur
verwandelt sich die entstandene Gallerte nach dem Auspressen und Trock-
nen in glänzende kristallinische Blättchen ( Reynault ). Von den letzteren
lösen sich bei 20° 11,1 7 vin 100 Th. Wasser ( Reynault). Die Zusammen-
setzung des über Schwefelsäure getrockneten Barytsalzes wird nach Reg -
nault durch die Formel At, BaO, aq ausgedrückt. Der berechnete Was-
sergehalt beträgt 6,665 p. c. (gefunden 7,297). Nach Büchner verloren
100 Th. Salz 13,75 Wasser = 2 Atome.
Aconitsaurer Kalk. In dem Safte des Aconitum napellus ist dieses
Salz fertig gebildet vorhanden, beim Abdampfen scheidet es sich als
schmutzig weifser körniger Absatz ab. Manches Aconitum ist so reich an
diesem Salze, dafs seine Menge dem Gewicht nach so viel als der im
Wasser lösliche Tbeil des Extracts beträgt. Nach der Behandlung des Ex-
tractes mit Wasser bleibt dieses Salz zurück. Es dient zur Darstellung
des aconitsauren Bleioxids.
Aconitsatire Bittererde. In dem Safte des Equisetum fluviatile findet
sich eine reichliche Menge von aconitsaurer Bittererde.
Aconitsaures Bleioxid; At, PbO, aq C Büchner ~). Neutrales essig-
saures Bleioxid erzeugt in wässeriger Aconitsäure oder einem löslichen
aconitsauren Salze einen blendend weifsen Niederschlag, welcher keine
kristallinische Beschaffenheit annimmt $ er ist wenig löslich in siedendem
Wasser, die bei dieser Temperatur gesättigte Auflösung setzt beim Erkal-
ten keine Kristalle ab. Das getrocknete Salz verliert bei 140" 5,29 p. c.
Wasser 1 Atom. Aus dem unreinen aconitsauren Kalk erhält man die-
ses Salz, indem man seine Auflösung in verdünnter Salpetersäure mit es-
sigsau re tn Bleioxid vermischt. Aus dem Safte des Equisetum fluviatile
dargestellt ist es sehr unrein, gemengt mit phosphorsauren und Bittererde-
Salzön. Reynault sättigte deshalb den Saft mit etwas überschüssigem koh-
lensaurem Natron, sodann mit essigsaurem Baryt, wodurch Schwefel- und
phosphorsaurer Baryt gefällt werden. Nach der Scheidung dieses Nieder-
schlags durch Filtration bringt essigsaures Bleioxid in dieser Flüssigkeit
einen häufigen schwach gelblich gefärbten Niederschlag von aconitsaurem
Bleioxid hervor. Man zersetzt dieses unreine Salz durch Schwefelwasser-
stoff und digerirt die erhaltene Säure mit Thierkohle, sättigt sie sodann
mit kohlensaurem Kalk und verwandelt den gebildeten aconitsauren Kalk
durch kohlensaures Ammoniak in aconitsaures Ammoniak, welches aufs
neue mit essigsaurem Bleioxid gefällt ein blendend weifses aconitsaures
*) Die Beschreibung der Eigenschaften der aconitsauren Salze, in welcher als
Beobachter Büchner angeführt ist, beziehen sich auf die Aconitsäure aus
dem Aconitum napellus ; die von Regnault dargestellten Salze waren aus
Equisetsäure erhalten.
Geiger' s Pharmfieie. /♦ ( 5 te Aufl.)
06
874
Pyrocitrocsäur©.
Bleioxid liefert. Die Behandlung der unreinen Säure mit Kalk bezweckt
eine vollständige Trennung der Phosphorsäure , die sich an Basen gebun-
den in dem Saft des Equisetum fluviatile vorfindet.
Aconitsaares Kupferoxid; At, Cuö. Lösliches Salz von grüner Far-
be, welches beim Sieden seiner wässerigen Auflösung Kupferoxidul fallen
iäfst. C Büchner J
Aconitsaures Quecksilberoxid; At,HgO. Eine Auflösung von Queck-
silberchlorid wird erst nach längerer Zeit vou aconitsanrem Natron schwach
getrübt. Durch Behandlung des rothen Oxids mit wässeriger Aconitsäure
erhält man ein weifses schwerlösliches Salz, was beim anhaltenden Ko-
chen mit Wasser sich grau färbt. Das Oxidulsalz entsteht als ein weifser
körnig kristallinischer Niederschlag, wenn aconitsaures Natron mit einem
löslichen Quecksilberoxidulsalz vermischt wird. {Büchner,')
Aconitsaures Silberoxid ; At, AgO. Salpetersaures Silberoxid wird
durch freie Aconitsäure nicht gefällt, durch lösliche aconitsaure Alkalien
erhält man daraus einen weiften pulverigen Niederschlag , welcher sich
nicht wie das maleinsaure Salz io kristallinische Blättchen verwandelt. Es
wird trocken erhitzt mit einer schwachen Verpuffung unter Entwickelung
brauner Dämpfe zersetzt, im Rückstände bleibt eine Verbindung von Sil-
ber mit Kohle. Durch Kochen mit Wasser wird es unter Abscheidung ei-
nes grauen Pulvers zersetzt; hierbei bemerkt man keino Gasentwickelung.
Das rückbleibende Silbersalz scheint eine eigentümliche Säure zu enthal-
ten {Büchner). Das aconitsaure Silberoxid aus dem Equisetum fluviatile
bildet einen weafsen käsigen Niederschlag, der bei 120° sein Gewicht
nicht ändert, bei 148 — 150° tritt Zersetzung unter schwacher Verpuffung
ein. Es bleibt eine Verbindung von Kohle mit Silber (C2 Ag), weiche
dunkclgrau metallisch glänzend ist, und es geht neben Kohlensäure eine
kristallinische saure Materie über, welche in Bleisalzen einen Nieder-
schlag hervorbriugt. {Regnault.)
P y r o c i t r o n s ä u r e.
Synonyme: Acide citricique {Baup). — Symb.: Cic aq. Formel:
Cj H4 Oj -4- aq.
Darstellung : Bei der Destillation der Citronsäure erhält man in der
Vorlage zwei Flüssigkeiten ^ von denen sich die obere mit Wasser mischen
Iäfst," wahrend sich die andere, ölartige, nur nach und nach damit ver-
bindet, indem sie zu einer kristallinischen Masse erstarrt. Mau trennt die
letztere von der darauf schwimmenden, mischt diese mit ihrem dreifachen
Volum Wasser und Iäfst sie an der Luft verdampfen , wo sich nach eini-
gen Tagen harte durchsichtige Kristalle absetzen. Sobald sich ihre Quan-
tität nicht mehr vermehrt, trennt man sie von der Flüssigkeit, in der sie
sich gebildet haben, und reinigt sie durch mehrmalige Kristallisation aus
der heifs gesättigten wässerigen Auflösung.
Eigenschaften : Diese Säure kristallisirt in rhombischen Blättern mit
zugespitzten Rändern, oder in Rhombenoctaedern, deren Grundform die
gerade rhombische Säule ist; die Kristafle sind in einer durch die. stum-
pfen Eudkanten des Octaeders parallelen Ebene leicht in glänzenden Blät-
tern spaltbar; sie ist geruchlos, von stark saurem Geschmack. Sie löst
sich bei 10° in 17 Th., bei 20* in 12 Th. Wasser, in Iieifserem Wasser
löst sie sich reichlicher; 1 Th. löst sich in 4 Th. Alkohol von 88 p. c.;
sie ist in Aether löslich. Sie verlieren bei 120° nichts an ihrem Ge-
wichte, schmelzen bei 160°, wobei weifse reizende Dämpfe entweichen,
bei fortgesetztem Erhitzen sind sie ohne Rückstand flüchtig; schnell und
rasch erhitzt schwärzt sich die Säure.
Pyroc j tron saures Ammoniak, — Bleioxid. 675
Pyrocitronsäure Salze.
Die Pyrocitronsäure schlägt die sauren und basischen Bleisalze nieder
und ertheilt den Eisensalzen eine röthliche Färbung 5 ihre löslichen Salze
bewirken in Blei-, Silber und Quecksilber-Salzen weifse Niederschläge,
in Eisenoxidsalzen einen rothen Niederschlag; sie bildet neutrale und saure
Salze.
Pyrocitronsaures Ammoniak. Die Auflösung des neutralen Salzes ver-
liert beim Verdampfen Ammoniak und giebt Kristalle von saurem Salz.
Das saure Ammoniaksalz , Cic, AdH40, kristallisirt in zweierlei Formen,
welche durch einen verschiedenen Wassergehalt bedingt werden. Die Kri-
stalle, welche sich in einer concentrirten Auflösung bei 20° bilden, ent-
halten 1 At. Wasser (Cie, AdH40, aq), sie bilden tafelförmige oder
prismatische, durchsichtige, an der Luft unveränderliche Prismen, welche
sich bei 12,5° in 1% Th. Wasser lösen. Bei gewöhnlicher oder niedrige-
ren Temperaturen gebildet enthalten die Kristalle 3 At. Kristallwasser, Cie,
Adll4 0 , 3aq, von welchen sie an der Luft, indem sie zerfallen, 2 At.
verlieren. Diese Kristalle bilden lange, an den Enden zugespitzte Pris-
men oder lange Nadeln. ( 'Baup .)
Pyrocitronsanres Aetliyloxid ; Cic, AeO (C9 H14 04) ( ’Malaguti j. Zu
seiner Darstellung löst man Pyrocitronsäure in 4 Th. Alkohol und leitet
durch die Auflösung einen Strom trocknen salzsauren Gases, während
man sie im Wasserbade der Siedhitze des Alkohols aussetzt. Sobald die
Hälfte des Alkohols überdestillirt ist, mischt man den Rückstand mit Was-
ser, wo sich eine grofse Menge pyrocitronsaures Aetliyloxid niederschlägt,
was man durch Waschen mit Wasser reinigt.
Eigenschaften : Farblose, durchsichtige Flüssigkeit von bitterem durch-
dringendem Geschmack und aromatischem, dem Calrnus ähnlichen Geruch,
von 1,040 spec. Gewicht bei 18,5°, mischbar in allen Verhältnissen in
Alkohol und Aether, unlöslich in Wasser, bei gewöhnlicher Temperatur
nicht entzündlich , der erhitzte Dampf brennt mit weifser Flamme ; nicht
flüchtig, kommt bei 225° ins Aufwallen, wobei die Temperatur unter Zer-
setzung steigt. Das Verhalten gegen Alkalien ist dem der andern Aethyl-
verbindungen ähnlich. Durch concentrirte Schwefelsäure wird die Ver-
bindung unter Absatz von Kohle geschwärzt. (Malaguti.')
Pyrocitronsaures Kali und Natron sind sehr leicht in Wasser lös-
liche, in Alkohol unlösliche, nicht in regelmäfsigen Formen zu erhal-
tende Salze. Das saure Natronsalz kristallisirt in undurchsichtigen, fase-
rigen, sehr löslichen Kristallen.
Pyrocitronsaurer Baryt; Cic, BaO. Das neutrale Salz wird beim
Verdampfen in kristalIinischen_Krusten ^erhalten und ist löslicher als das
Kalksalz. Das saure Salz, 2Cic, BaO, 2aq ( Bauj kristallisirt in klei-
nen rhombischen, an der Luft unveränderlichen Tafeln.
Pyrocitronsaurer Strontian. Strontian bildet mit der Pyrocitronsäure
dem sauren und neutralen Barytsalze ähnliche Verbindungen.
Pyrocitronsaurer Kalk , neutraler; Cic, CaO, aq ( Baup ). Kristalli-
sirt in kleinen Prismen, löst sich bei 18° in 45 Th. Wasser, unlöslich in
Alkohol. Das saure Salz, 2Cic, CaO, 3aq ( Baup ), besteht aus kleinen
blätterigen, an der Luft unveränderlichen Kristallen, welche hei 12° in
13 — 14 Th. Wasser löslich sind.
Pyrocitronsäure Magnesia. Das neutrale Salz ist nicht kristallisirbar.
Das saure ist leicht löslich und kristallisirt in glänzenden Blättchen.
Pyrocitronsaures Bleioxid; Cic, PbO, aq fBaup'). Weifser, pulve-
riger, in Wasser unlöslicher Niederschlag.
876
Weia säure.
Das Manyanoxidulsalz ist blafsroth, ziemlich löslich; das Nickeloxid -
salz ist blafsgrünlichblau, schwerlöslich; das Kupferoxidsalz bildet kleine
regelmäfsige , blaugrüne, wenig lösliche Kristalle; das Silber salz ist ein
weifses kristallinisches Pulver, es besteht aus Cic, AgO (BaupJ.
Es ist unentschieden, zu welcher Klasse von Säuren die zweite Pyro-
citronsäure gerechnet werden rauS's. Sie bleibt in der Mutterlauge, aus
der die beschriebene Pyrocitronsäure sich abgeschieden hat, und wird
daraus durch Abdampfen kristallisirt erhalten, nachdem die Auflösung Sy-
rupdicke angenommen hat. Die Salze so wie die Eigenschaften dieser
Säure sind sehr wenig bekannt, da man sie in reinem Zustande bis jetzt
nicht dargestellt hat. Siehe S. 871.
Zweibasische Säuren.
W einsäure. Symb. T.
Synonyme: Weinsteinsäure (Acidum tartaricum), wesentliches Wein-
steinsalz (Sa! essentiale Tartari).
Formel der kristallisirten Säure: C8 H, O10 2aq.
Formel der Säure in den zweibasischen Salzen: C8 ü8 Oi0. Symb. T.
Formel der Säure in dem Brechweinstein : C8 H4 08.
Von Scheele zuerst 1770 dargestellt. Vorkommen : In dem Saft der
Weintrauben, den Tamarinden, Ananas, Pfeffer, Maulbeeren, Sauer-
ampfer, in den Wurzeln von Triticum repens , Leontodon Taraxacum ,
in den Beeren von Uhus Coriaria , Ehe um rhaponticum, Agave americana,
in dem Krapp, den Kartoffeln, als weinsaurer Kalk in den Früchten von
Rhus Typhinum, der Meerzwiebel, Krappwurzel, Quassiaholze, den
Knollen des Helianthus tuberosus.
§. 158. Darstellung: Die gewöhnlichste Methode der
Darstellung der Weinsäure beruht auf der Zersetzung des
weinsauren Kalks durch verdünnte Schwefelsäure. Den wein-
sauren Kalk erhält man durch Behandlung des sauren wein-
sauren Kaii’s mit kohlensaurem Kalk, oder durch Zersetzung
des neutralen weinsauren Kaii’s durch Chlorcalcium. Ein Theil
Schwefelsäurehydrat reicht genau hin zur Zersetzung von 2.6
trocknem weinsaurem Kalk 5 gewöhnlich nimmt man zur Zer-
setzung des weinsauren Kalks auf 5 Theile verbrauchten
Weinstein 3 Theile concentrirte Schwefelsäure.
Die Schwefelsäure wird mit 6 — 8 Th. Wasser verdünnt und mit dem
noch feuchten weinsauren Kalk einige Minuten gekocht oder längere Zeit
in gelinder Wärme erhalten. Indem sich die Schwefelsäure mit dem Kalk
vereinigt, entsteht Gyps und Weinsäurehydrat, das sich im Wasser löst.
Nach dem völligen Erkalten wird die Flüssigkeit abfiltrirt, der Rückstand
sorgfältig ausgewaschen, die concentrirten Flüssigkeiten in gelinder Wärme
verdampft, wobei der sich abscheideude Gyps stets aus der Flüssigkeit
entfernt wird. Gewöhnlich werden die durchs Auswaschen des Gypses
erhaltenen, an Säure armen, Flüssigkeiten anstatt des Wassers benutzt,
um die Schwefelsäure, welche zur Zersetzung des weinsauren Kalks
dient, zu verdünnen.
Die bis zur Syrupdicke in Gefäfsen von Blei, anfänglich über freiem
Feuer, zuletzt im Wasserbade concentrirte Weinsäure läfst man an einem
warmen Orte stehend kristallisiren.
Weinsäure.
877
Die erhaltenen Kristalle werden durch neue Kristallisationen von an-
hängender Schwefelsäure gereinigt; bei Auwendung von rohem Weinstein
zur Darstellung des weinsauren Kalks sind die ersten Kristalle braun ge-
färbt, bei diesen wird mit Vortheil die Kohle und namentlich frisch nie-
dergeschlagenes Schwefelblei, was als Nebenprodukt bei vielen andern
Prozessen gewonnen wird, als Entfärbungsmittel angewendet. Die Mut-
terlauge der ersten Kristallisation giebt bei gelindem Verdampfen eine neue
Kristallisfition von gefärbten Kristallen ; die letzte Mutterlauge wird im
Grofsen zur Zersetzung von frischem weinsaurem Kalk wieder benutzt.
Ein Ueberschufs von Schwefelsäure befördert im hohen Grade die Kristal-
lisation der Weinsäure.
Minder rein (nemlich etwas kalihaltig), wiewohl zu technischen Zwek-
ken vollkommen anwendbar, erhält man die Weinsäure direct aus dem
Weinstein auf folgende Weise: Man löst in Gefäfsen von ßiei 1 % Theil
Weinstein in 1 Theil siedender concentrirter Salzsäure von 1,24 spec.
Gewicht und läfst erkalten, wo die Hälfte des Kali’s im Weinstein als
Chlorkalium herauskristallisirt ; man dampft nun die Flüssigkeit zur mög-
lichsten Entfernung der freien Salzsäure bis zur Syrupdicke über freiem
Feuer ab, mischt diese Flüssigkeit mit ihrem gleichen Volum Wasser,
wodurch % der andern Hälfte des Kali’s als Weinstein wieder abgeschie-
den wird. Nach Absonderung dieses Niederschlags, der zu neuen Opera-
tionen zur Anwendung kommt, dampft man die Flüssigkeit zur schwachen
Syrupconsistenz ab uud setzt derselben noch warm die Hälfte des Ge-
wichtes vom verbrauchten Weinstein concentrirte Schwefelsäure zu. Die
noch vorhandene Salzsäure wird hierdurch ausgetrieben uud man erhält
nach dem Erkalten eine reichliche Kristallisation von Weinsäure, die man
wie oben reinigt.
§. 159. Eigenschaften: Die Weinsäure kristallisirt in
farblosen, durchsichtigen, schiefen rhombischen, mit zwei
Flächen zugeschärften Säulen mit abgestumpften Seitenkan-
ten, oder in sechsseitigen, mit drei Flächen zugeschärften
Prismen von 1,75 spec. Gewicht; gewöhnlich entstehen bei
langsamer Kristallisation tafelförmige Kristalle, indem zwei
parallele Flächen sich stärker als die andere ausbilden. Die
Kristalle sind luftbeständig, geruchlos, von angenehmem, stark
saurem Geschmack; sie lösen sich in iy2 Th. kaltem, leichter
in heifsem Wasser, sie lösen sich in Alkohol. Die verdünnte
wässerige Auflösung zersetzt sich beim Aufbewahren unter
Schimmelbildung, die weingeistige verwandelt sich beim Er-
hitzen in einbasisches weinsaures Aeihyloxid. Die Weinsäure
erleidet durch Schmelzen eine besondere Zersetzung und lie-
fert eine Heihe von neuen Produkten.
Die kristallisirte Weinsäure enthält ihrer Zusammensetzung nach die
Elemente von 1 At. Essigsäurehydrat, 2 At. Kleesäurehydrat, oder von
2 At. Ameisensäurehydrat und 1 At. wasserfreier Aepfelsäure. Durch
Behandlung mit überschüssigen, wässerigen, coucentrirten Alkalien bei
erhöhter Temperatur zerfällt sie vollständig in essigsaures und kleesaures
Alkali (^Gaif-Lussac^) 5 mit Hyperoxiden in Ameisensäure, Kohlensäure und
in weinsaures Oxidulsalz, sie schlägt aus Goldchlorid und Goldoxid-Ver-
bindungen metallisches Gold, ohne Entwickelung von Kohlensäure, nieder
( Pelletier ~). In concentrirter Schwefelsäure löst sie sich in der Kälte
schwierig, in der Wärme unter Schwärzung und Entwickelung von Koh-
lenoxid und schwefliger Säure; sie liefert durch Destillation mit verdünn-
ter Schwefelsäure eine reichliche Menge Ameisensäure.
Die Weinsäure schlägt Kalk-, Baryt- und Strontian-Wasser und essig-
s aures Bleioxid weifs nieder, diese Niederschläge lösen sich in überschiis-
878
Weinsaure Salze.
siger Säure, eie fällt nicht eine Lösung von Chlorcalcium, -Barium oder
Strontium. In nicht zu verdünnten Kalisalzen bringt sie einen kristallini-
schen Niederschlag von Weinstein hervor, der sich nicht in überschüssiger
Säure, aber leicht in Salzsäure löst.
Einer Menge von Metallsalzen zugesetzt, verlieren diese ihre Fähig-
keit durch Alkalien gefällt zu werden.
Sie dient als Reagens auf Kali.
Prüfung auf ihre Reinheit: Die reine Weinsäure darf an der Luft
nicht feucht werden und im Wasser oder Weingeist gelöst keinen Rück-
stand hinterlassen; ihre wässerige Lösung darf mit Barytsalzen und Schwe-
felwasserstoffsäure keinen Niederschlag geben.
Weinsaure Salze.
§. 160. Die Weinsäure bildet mit den Basen zwei Reihen
von Salden. Die eine Reihe enthält ein Aeq. Metalloxid und
I Aeq. Wasser, die andere enthält zwei Aeq. Metalfoxid. Die
letaleren sind neutral, die ersteren besitzen eine sauere Re-
action. Die beiden Atome Basis, welche nöthig sind, um mit
1 At. Säure ein neutrales Salz zu bilden , können seyn 2 Aeq.
einer und derselben Basis, oder zwei Aeq. verschiedener Ba-
sen; hieraus ergiebt sich eine neue Reihe von Salzen, welche
zwei verschiedene Basen enthalten. Mit Antimonoxid und
Kali vereinigt sich die Weinsäure in verschiedenen Verhält-
nissen; der sogenannte Brechweinstein enthält 8 Aeq. Anti-
monoxid (=1 Atom) und 1 Aeq. Kali auf i At. Säure; er
mufs als ein basisches Salz betrachtet werden. Beim trocknen
Erhitzen der weinsauren Salze zerlegen sie sich unter Ver-
breitung eines eigentümlichen, dem gebrannten Zucker ähn-
lichen, Geruches. Der trockne Brech Weinstein verliert, auf
200° erhitzt, ohne seine Farbe zu verändern, 2 At. Wasser,
welches aus den Bestandteilen der wasserfreien Weinsäure
oder auf Kosten des Sauerstoffs des Oxids und des Wasser-
stoffs der Säure gebildet wird ; er tritt in Beziehung auf seine
Zusammensetzung in diesem Zustande aus der Reihe der
weinsauren Salze heraus; bei Berührung mit Wasser wird das
abgeschiedene Wasser wieder aufgenommen und der Brech-
weinstein seinen Eigenschaften nach wieder hergesteilt. Bei
300° erleidet der Brech Weinstein die nemliche Zersetzung,
welche die übrigen weinsauren Salze erfahren.
Die im Wasser leichtlöslichen neutralen weinsauren Salze
werden durch Zusatz von Säure schwerlösiich, die schwer-
oder unlöslichen werden löslicher. Die unlöslichen weinsau-
ren Salze unterscheiden sich von allen andern dadurch, dafs
sie sich in Kalilauge oder Ammoniak vollkommen lösen. Aus
den löslichen Verbindungen der Weinsäure mit Kali und An-
timon- oder Eisenoxid schlagen verdünnte Säuren basische
Salze von Antimon- oder Eisenoxid nieder.
Die Verbindungen der Weinsäure mit Basen gehören zu den merk-
würdigsten in der organischen Chemie, sie sind bei weitem nicht gründ-
lich genug erforscht, und es ist zu erwarten, dafs ein genaues Studium
Licht über zahllose andere Verbindungen ähnlicher Art verbreiten wird.
Weinsaures Ammoniak,
Methyloxid. 879
TT "einsaures Ammoniak, a) Neutrales ; T, 8AdH40 -4- 2aq (Hulk").
Man erhält dieses Salz beim gelinden Verdampfen einer mit kohlensaurem
Ammoniak neutralisirten Auflösung von Weinsäure, der man zu Ende etwas
überschüssiges kohlensaures Ammoniak zusetzt. Es kristallisirt in ge-
schobenen vierseitigen Säulen mit vorherrschenden schiefen Endflächen.
Die Auflösung verliert beim Abdampfen in der Wärme Ammoniak und geht
in saures Salz über.
b) Saures; T, AdH40, aq ( Dulk). Durch Zusatz von Säure zu dem
neutralen Salze entsteht in concentrirten Dosungen ein wcifser Brei, der
sic?i in kaltem Wasser schwierig, in heifsem leicht lost und daraus in
glänzenden Schuppen beim Erkalten kristallisirt.
Weinsaures Aethyloxid , saures; T, AeO, aq tGuerin Varrp. Ent-
steht beim Contact von kristallisirter Weinsäure mit Alkohol m der Kalte,
schneller und vollständiger in der "Wärme. Darstellung : Man fallt wem-
saures Aethyloxid- Bar ut vorsichtig mit verdünnter Schwefelsäure und
dampft die vom Schwefelsäuren Baryt abfiltrirte Flüssigkeit im leeren
Raume über concentrirter Schwefelsäure ab. Eigenschaften : Verlängerte
rhombische Prismen, oder weifse, geruchlose, kristallinische Masse, von
süfslich saurem Geschmack, zieht Feuchtigkeit aus der Luft an, leichtlös-
lich in Wasser uud Alkohol, unlöslich im Aether. Die verdünnte wässe-
rige Lösung lange Zeit im Sieden erhalten zerlegt sich m Alkohol, wel-
cher überdestillirt , und in Weinsäure, die in der Flüssigkeit bleibt. Aut
einem Piatinblech erhitzt verbrennt sie mit dem Geruch der W einsam e
und einer leuchtenden Flamme; sie wird bei SO0 weich, bei 80 zu einem
flüssigen Syrup, bei 140° dünnflüssiger, bei 105* tritt Zersetzung ein;
bei höherer Temperatur erhält man als Produkte der Zersetzung Alkohol,
Wasser, Essigsäure, essigsaures Aethjioxid, Kohlensäure und brennbare
Gase , ein empyreumatisches Ocl und eine dem Aceton ähnliche , brenn-
bare, flüchtige Flüssigkeit; sie hinfcerläfst Kohle. Eine verdünnte wässe-
rige Lösung zersetzt sich beim Aufbewahren unter Schimmelbildung. Con-
centrirte Schwefelsäure löst die Verbindung bei 66° ohne Schwärzung,
bei höherer Temperatur tritt Zersetzung ein. _ A . _
Zink und Eisen lösen sich in der wässerigen Auflösung mit Entwicke-
lung von Wasserstoffgas; Zinn wird davon nicht angegriffen. Barytwasser
wird davon anfänglich getrübt, der Niederschlag verschwindet, wenn die
Flüssigkeit der Neutralität sich nähert, und kommt durch einen Uefcer-
scliufs von Säure wieder zum Vorschein. Strontian wasser wird davon
nicht gefällt. Kalkwasser wird davon getrübt, der Niederschlag ver-
schwindet durch Zusatz von Säuren. Essigsaures Bleioxid wird in ver-
dünnter Auflösung davon nicht getrübt, in concentrirten Mischungen setzen
sich perJmuttergiänzende in Salpetersäure lösliche Kristalle ab.
Kalisalze werden davon nicht zersetzt. (Guerin Varry.)
Weinsaures Aethyloxid- Ammoniumoxid ; T, AeO, AdH40. Glän-
zende, leichtlösliche, seidenartig faserige Masse. fGuerm f arry.)
Weinsaures Methyloxid , saures ; T , MeO , aq. Darstellung : Ein
Theil kristallisirte Weinsäure wird in ihrem gleichen Gewichte Methyloxid-
hydrat (Holzgeist) gelöst und mehrere Stunden im Wasserbade erhitzt.
Das freie Methyloxidhydrat wird alsdann durch Verdampfen entfernt, der
Rückstand in seinem halben Gewichte Wasser gelöst. Durch Verdampfen
dieser Auflösung an der Luft erhält man kristalüsirtes weinsaures Methyl -
oxid. Eigenschaften : Weifse kristallinische Masse, die aus feinen Pris-
men mit geraden Endflächen besteht. Die Kristalle sind geruchlos, von sau-
rem nicht süfsem Geschmack; wird an der Luft nicht feucht und ist in kal-
tem Wasser leicht, in kochendem in allen Verhältnissen löslich; sie losen
sich in Alkohol und Holzgeist, wenig in Aether. Das übrige \ erhalten
ist dem des wreinsauren Aethyioxids ähnlich. Kalk-, Baryt- und tetron-
tianwmsser werden von ihrer wässerigen Lösung getrübt, der Niederschlag
verschwindet durch überschüssige Säure. vMit Kalilauge erhalt man bei
880
Saures weinsaures Kali.
Ueberschufs von Saure einen nicht kristallinischen, milchigen Niederschlag,
der in vielem Wasser löslich ist. Mit Natronlauge erhält man unter den-
selben Umständen einen körnigen Niederschlag. Kali- und Natronsalze
erleiden davon keine Zersetzung. Essigsaures Bleioxid wird in weifsen
Flocken gefällt, die bei einem Ueberschufs des Fälluugsmitteis kristalli-
nisch werden. Salpetersaures Silberoxid wird davon weifs gefällt, der
Niederschlag ist wenig löslich im Wassher. CGuerin Varry.J
Saures weinsaures Kali (Kali bilartaricum).
Formel: T, KO, H20.
Synonyme: Weinstein (Tartarus, Bitartras kalicus cum aqua, Tarfcras
kalicus seu Potassae acidulus).
Der Weinstein ist wohl so lange bekannt als der Wein aus Trauben.
Die Reinigung des Weinsteins erfand man aber erst im 18ten Jahrhundert;
Scheele entdeckte zuerst 1769 seine Bestandteile.
Vorkommen : Findet sich in vielen Pflanzensäffcen, besonders reichlich
in dem Traubensaft; der Gehalt des Saftes an diesem Salze wechselt je
nach der Zeit der Reife, in unreifen Trauben ist eine gröfsere Menge
enthalten als in reifen; es setzt sich aus dem Wein beim Aufbewahren ab
und bildet auf dem Holz der Fässer mehr oder weniger dicke, steinartige,
von weifsem Wein gelbe oder bräunliche, von rofchem Wein rothe Kru-
sten, roher Weinstein. Gewöhnlich ist der junge Wein mit diesem Salze
nicht gesättigt, allein beim Aufbewahren verdunstet eine gewisse Menge
Flüssigkeit, und mit dem Wein, den man zugiefst um das Fafs voll zu
erhalten , kommt zu dem schon dariü enthaltenen Weinstein eine neue
Quantität hinzu, nach 1 bis 2 Jahren ist der Wein damit gesättigt und
von diesem Zeitpunkte an setzt sich bei weiterem Verdunsten und Auf-
füllen Weinstein ab. Weine von schlechten Jahrgängen setzen übrigens
schon im ersten Jahre Weinstein ab.
§. 161. Darstellung : Die Darstellung des Weinsteins
geschieht im Grofsen niemals direct aus seinen Bestandteilen,
sondern beschränkt sich auf eine Reinigung des im Handel
vorkommenden durch eine neue Kristallisation, wobei man die
färbenden Theile durch Thonerde, Kohle, Eiweifs hinweg-
nimmt. Beim Erkalten grofser Quantitäten heifs gesättigter
Auflösungen von Weinstein scheiden sich beim ruhigen Stehen
Kristalle an der Oberfläche der Flüssigkeit ab und bilden eine
feste Decke, daher der Name Weinsteinrahm , Cremor lartari.
162. Eigenschaften: Weifse, durchsichtige oder
durchscheinende , meistens matte, ziemlich harte, schiefe
rhombische Säulen mit abgestumpften Seitenecken und schar-
fen Seitenkanten, oder ungleich sechsseitige Säulen mit zwei
Flächen zugeschärft; die Flächen sind meistens sehr ungleich
ausgedehnt und die Kristalle bilden unsymmetrisch zusammen-
hängende Krusten, sie knirschen zwischen den Zähnen und
besitzen einen schwach säuerlichen Geschmack, röthen Lack-
mus und sind luftbeständig; für sich erhitzt schmelzen sie un-
ter Aufblähen, verbreiten den eigentümlichen Geruch, der alle
weinsauren Salze charakterisirt, und liefern bei der trocknen
Destillation feste brenzliche Weinsäure, Der Weinstein ist
in Alkohol unlöslich, leichtlöslich in concentrirten Mineralsäu-
a N
Neutrales weinsaures Kali. 881
ren. Ein Theil Weinstein löst sich in 18 Theilen siedendem
und 184 Th. Wasser von 20» C.
Seiner Schwerauflöslichkeit wegen wird dieses Salz überall gebildet,
wo neutrale weinsaure Salze, welche Kali enthalten, mit andern Säuren
oder überhaupt Kalisalze mit überschüssiger Weinsäure in nicht zu ver-
dünnter Lösung mit einander in Berührung gebracht werden. Zusatz von
Alkohol befördert die Abscheidung des Salzes/
Der Weinstein enthält stets weinsauren Kalk (1 bis ty2 p. c.); er
dient im gereinigten Zustande zur Darstellung des reinen kohlensauren
Kali’s, was mau durch Glühen und Auslaugen des kohligen Rückstandes
(schwarzen Flufs) erhält. 100 Weinstein hinterlassen ein Gemenge von
8,75 Kohle mit 31,25 kohlensaurem Kali (Brunner). Bei Anwendung von
rohem Weinstein enthält der Rückstand Cyankalium. Eine Mischung von
2 Theilen Salpeter und 1 Th. Weinstein verbrennt beim Anzünden mit ei-
ner glühenden Kohle zu einer weifsen Masse von kohlensaurem Kali
(weifser Flufs), Der Weinstein dient in der Färberei als Beizmittel, er
besitzt die Eigenschaft, eine grofse Menge Metalloxide zu lösen.
In der Medicin dient der Weinstein als Purgirmittel, entweder allein
oder in Verbindung mit Borax.
Neutrales weinsaures Kali (Kali tartaricum ). Formel: T, 2K0.
Synonyme: Tartarisirter Weinstein, auflöslicher Weinstein (Tartarus
tartarisatus, Tartarus solubilis, Sal vegetabile , Tartras kalicus seu Po-
tassae).
Das neutrale weinsaure Kali war im 17ten Jahrhundert schon Lemery
bekannt.
163. Man erhält das neutrale weinsaure Kali, wenn
eine wässerige erhitzte Lösung von kohlensaurem Kali (i Theil
in 6—8 Theilen Wasser) so lange mit gereinigtem Weinsteinpul-
ver versetzt wird, als noch Aufbrausen entsteht, und bis die
Flüssigkeit vollkommen neutral ist (d. h. weder Lackmus noch Rha-
barber ändert u. s. w.). Die klare reine Lösung wird zur Kri-
stallisation oder gewöhnlicher zur Trockne verdampft. Beim
Sättigen der Kalilösung mit Weinstein mufs ein geräumiges Gefäfs (von
Zinn, Porcellan u. s. w.) genommen, und der Weinstein nur in kleinen
Mengen unter Umriihren zugesetzt werden; man prüft die Flüssigkeit öf-
ters, ob sie neutral ist; im Fall sie sauer reagirt, versetzt man sie wie-
der mit wenig Kali, bis sie neutral ist (zu 1 Theil einfach kohlensaurem
Kali braucht man fast 2% Theile Weinstein). Die neutrale Flüssigkeit
verdünnt man noch mit 6 — 8 Theilen Wasser und erhitzt sie zum Sieden,
scheidet den gebildeten Niederschlag von weinsaurem Kalk durch Filtra-
tion und stellt sie 24 Stunden an einen kühlen Ort. Die klare Flüssigkeit
verdunstet man, zuletzt unter fleifsigem Umriiliren, bis sie eine noch
feuchte bröckelnde Masse ist, welche, auf Papier ausgebreitet, bei mäfsi-
ger Wärme (in der Dörre) ausgetrockuet wird. Oder man verdampft sie
bis zur Syrupsdicke und iiberläfst sie bei mäfsiger Wärme der Kristalli-
sation , welche namentlich bei überschüssigem Alkali leicht nach mehrern
Tagen erfolgt. Das trockene Salz mufs in verschlossenen Gefäfsen auf-
bewahrt werden.
§. 164. Die Eigenschaften des neutralen weinsauren
Kali’s sind : Es kristallisirt in farblos durchsichtigen , gera-
den rhomboidischen Säulen, mit zwei Flächen zugeschärft.
Nach Bernhardi ist die Kernform das Tetraeder (in Apotheken
wird es gewöhnlich als eine weifse pulverige Salzmasse er-
882 Weinsaures Kali- Ainmoniiimoxid.
halten). Schmeckt milde salzig, etwas bitterlich. — wird durch
Hitze zerstört. Säuren schlagen daraus Weinstein nieder. — An der
Luft ist es in reinem Zustande unveränderlich , in feuchter
Luft zieht es Wasser an, ohne völlig* zu zerfliefsen; löst sich
bei gewöhnlicher Temperatur in seinem gleichen Gewicht
Wasser, ln Weingeist ist es wenig löslich.
Prüfung auf seine Reinheit: Das Salz mufs schön weifs seyn, sich
leicht und vollständig in der angegebenen Menge Wasser lösen; die Lö-
sung mufs neutral seyn, sie darf beim Verdünnen mit 10 Theilen Wasser
nach einiger Zeit keinen weifsen pulverigen Niederschlag bilden , mit
Hydrothionsäure sich nicht färben; Silbersolutioa und Chlorbariumlösung
dürfen in der mit freier Salpetersäure versetzten, und von dem nieder-
gefallenen Weinstein abgesonderten Flüssigkeit keine Niederschläge bilden
(geringe Trübungen schaden jedoch der medicinischen Anwendung nichts).
Medicinische Anwendung : Das neutrale weinsaure Kali wird in Lö-
sungen gegeben. (Es io Pulver- oder Pillen-Form zu geben, ist, wegen
dem Feuchtwerden desselben, weniger angemessen; wenigstens mufs es
dann in wohlverschlossenen Gefäfsen an trockenen Orten aufbewahrt wer-
den.) Das Salz ist leicht zerlegbar; Säuren, mehrere Neutral- und Mit-
tel-Salze, Glaubersalz, Kochsalz, Bittersalz u. s. w. zerlegen es.
Weinsaures Kali - Ammoniumoxid.
Formel: T, KO, AdH40 + aq.
Synonyme: Ammoniakhaltiger auflöslicher Weinstein (Tartarus amrco-
niatus, Tartarus solubilis ammoniacaiis, Tartras Potassae et Ammoniae,
Tartras kalico-ammonicus cum aqua).
Der wahre auflösliehe Weinstein war schon im 17ten Jahrhundert be-
kannt. Bucholz lehrte ihn aber erst 1805 in reiner Gestalt, in Kristall-
form, bereiten.
* 0
§. 165. Zur Darstellung' des Weinsäuren Kali- Am-
moniaks wird Weinstein mit Ammoniak gesättiget, und die
neutrale Verbindung kristallisirt. Am einfachsten löst inan gepul-
verten Weinstein geradezu in starkem ätzenden Salmiakgeist unter fleifsi-
gem Schütteln in verschlossenen Gefäfsen auf, unter vorsichtigem Erwär-
men, bis nichts mehr aüfgenommen wird, wobei aber das Ammoniak noch
etwas verwalten mufs. Oder man bringt Weinsteinpulver mit seinem dop-
pelten Gewicht Wasser bis fast zum Kochpunkte, und setzt so lange
trockenes kohlensaures Ammoniak zu, als noch Brausen entsteht, und bis
letzteres selbst durch den Geruch zu bemerken ist. — Die Lösung wird
hes'fs durchs dichte Leinwand koiirt und erkalten gelassen, wo das Salz
nach einigen Tagen anschiefst. Die von den Kristallen abgegossene Flüs-
sigkeit wird schnell verdampft, und wenn sie sich trübt, wieder mit Am-
moniak versetzt und kristallisirt. So verfährt man, so lange noch Kristalle
zu erhalten sind. Diese werden zwischen Fliefspapier , so schnell als
möglich, bei gewöhnlicher Temperatur getrocknet und in wohlverschios-
senen Gefäfsen an einem kühlen Orte aufbewahrt. — Gempt übergiefst
die Auflösung des Weinsteins in Aetzammoniak mit Weingeist von 85 p. c.,
nach der Art, wie man beim schwefelsauren Kupferammoniak verfährt.
Es schiefsen nach einigen Tagen schöne Kristalle von weinsaurem Am-
moniak-Kali an (Archiv des Apothekervereins im nördl. Deutschland,
Bd. XI. S. 370). Nach Buflos und Geigers Erfahrung ist dieses bei An-
wendung von starkem concentrirten Salmiakgeist unnöthig; das Salz schei-
det sich auch aus der wässerigen Lösung binnen 24 Stunden in der Kälte
in schönen Kristallen aus. — Das Abdampfen der gesättigten Flüssigkeit
zur Trockne ist weniger zu empfehlen, weil während desselben immer
©in Theii zerlegt wird und Weinstein sich ausscheidet.
Weinsaurcs Kali -Methyloxid. 883
t
166. Die Eigenschaften dieses Doppelsalzes sind : Es
kristallisirt in geraden rhombischen oder ungleich sechsseiti-
gen Säulen, mit 2 auf den stumpfen Seitenkanten aufgesetz-
ten Flächen zugeschärft. Schmeckt kühlend, stechend salzig.
An trockener warmer Luft verwittert es und läfst einen Theil Ammoniak
und Wasser fahren. Säuren scheiden daraus Weinstein ; fixe Alkalien
entwickeln Ammoniak. In der Hitze wird es zerlegt. Es ist in 2 Th ei-
len kaltem und fast seinem gleichen Gewicht kochendem
Wasser löslich.
Prüfung auf seine Reinheit : Der ammoniakhaltige Weinstein mufs
neutral und in Wasser leicht löslich seyn; fixe Alkalien müssen Ammoniak
entwickeln, er mufs sich übrigens wie reines weinsteinsaures Alkali ver-
halten.
Anwendung : Wie das neutrale weinsaure Kali. Säuren, fixe Alkalien
und die bei weinsaurem Kali bemerkten Salze müssen vermieden werden.
W einsaures Kali-Aethyloxid.
Formel: T, KO, AeO -f aq ( Guerin Varry).
Darstellung : Man erhält dieses Salz durch wechselseitige Zersetzung
von weinsaurem Aethyloxid-Baryt mit etwas überschüssigem schwefelsau-
rem Kali. Man dampft die von dem schwefelsauren Baryt abgeschiedene
Flüssigkeit zur Syrupconsistenz ab und mischt sie in diesem Zustande mit
Alkohol, wodurch alles schwefelsaure Kali abgeschieden wird. Die alko-
holische Lösung läfst man an der Luft verdampfen, wo das Salz kristal-
lisirt. fGuerin Varry.Ji
Eigenschaften : Seiner Kristallform nach ist dieses Salz isomorph mit
dem vorherbeschriebenen Salz, nach Guerin Varry kristallisirt es in rhom-
boidalen Prismen von 124° und 56*, welche auf den spitzen Seitenkauten
zugeschärft sind. Der Winkel der Zuschärfungsfläche beträgt 112° 30'.
Die Kristalle sind färb- und geruchlos, von schwach bitterem Ge-
schmack, im luftleeren Raume verlieren sie 4 p. c. Wasser ” 1 Atom,
sie lösen sich in ihrem gleichen Gewicht Wasser bei 15°, in jedem Ver-
hältnifs in kochendem. In Alkohol ist es unlöslich. Trocken erhitzt wird
es bei 200* weich und schmilzt bei 205°. Eine Auflösung dieses Salzes
zum Sieden erhitzt zerlegt sich in saures weinsaures Kali, was sich nie-
derschlägt, und in Alkohol. Guerin Varry erwähnt noch einer zweiten
Verbindung der Weinsäure mit Kali und Aethyloxid, welche alkalisch
reagirt, und in achtseitigen Prismen kristallisirt. (Aon. de chirn. et de
phys. T. LXII. p. 610
Weinsaures Kali-Methyloxid .
Formel: T, MeO, KO -f- aq f Guerin Varry').
Die Darstellung geschieht ganz wie die des vorhergehenden Salzes
aus weinsaurem Baryt-Methyloxid.
Eigenschaften: Rechtwinkliche, färb- und geruchlose Säulen, leicht-
löslich in Wasser, unlöslich in Alkohol und Holzgeist. Zerlegt sich bei
200° in Kohlensäure, ölbildendes Gas, und liefert eine Flüssigkeit, welche
essigsaures Methyloxid, Holzgeist, Essigsäure, Wasser und eine syrup-
artige Materie enthält. Zerlegt sich beim Sieden der wässerigen Auflösung
in Methyloxidhydrat (Holzgeist) und saures weinsaures Kali.
884
W e i n s a u r e s N a t r’o n.
Weinsäure Kali-Boraxsäure . Formel: T , KO, BOs ( Duftos ).
Synonyme: Löslicher Weinstein der franz. Pharmacopoe.
Darstellung : 47% Th. saures weiusaures Kali (1 At.) und 15% Th.
kristallisirter Boraxsäure (t Atom) werden mit heifsem Wasser längere
Zeit in Berührung gelassen, bis völlige Auflösung erfolgt ist, und die
Flüssigkeit im Wasserbade bis zur Trockne abgedampft.
Eigenschaften: Weifse, feste , an der Luft unveränderliche nicht kri-
stallinische Masse, von saurem Geschmack, löst sich in % seines Ge-
wichts siedendem, in % kaltem Wasser; in Alkohol unlöslich.
Wie man aus obiger Formel ersieht, verlieren die Borsäure und der
Weinstein, indem sie sich mit einander verbinden, alles Wasser, was sie
im kristallisirten Zustande enthalten; die Borsäure spielt in dieser Verbin-
dung dieselbe Rolle wie das Antimonoxid in dem Brechvveinstein, mit wel-
chem sie eine gleiche Anzahl von Sauerstoffatomen gemein hat; so wie
der Brechvveinstein reagirt die Verbindung sauer. Nach dem franz. Codex
sind zur Darstellung derselben 5 Theiie saures weinsaures Kali und 1 Th.
Borsäure vorgeschrieben. Nach Soubeiran sind 4 Th. Weinstein und 1 Th.
Borsäure zu nehmen. In der nach der letzteren Vorschrift dargestellten
Verbindung enthalten die Borsäure und das Kali gleiche Sauerstoffmengen,
ihre Formel würde hiernach seyn: T3 , 5 KO , &ü3. Verglichen mit den
analogen Antimonoxidverbiodungen würde dieses Salz dem neutralen wein-
sauren Antimonoxid- Kali entsprechen, wenn nemlieh der Brechvveinstein
als das basische Salz betrachtet wird.
Bei dem Abdampfen mufs Sieden vermieden werden, indem sich sonst
Boraxsäure verflüchtigt. Zuweilen erhält man eine trockne Masse, die
sich in kaltem Wasser nicht löst; in diesem Fall stellt die Berührung mit
siedendem Wasser die Löslichkeit wieder her.
Miueralsäureu fällen aus der heifsen Auflösung Borsäure, welche nach
dem Erkalten kristaliisirt; Zusatz von neutralem weinsaurem Kali fällt
Weinstein. Eine Auflösung des ersten Salzes (T, KO, ß03 ) löst beim
Sieden noch einmal so viel Weinstein auf, als es schon enthält, ohne dafs
sich das gelöste beim Erkalten abscheidet; wird die Flüssigkeit stark con-
centrirt, so kristaliisirt der aufgelöste Weinstein vollkommen wieder her-
aus. Das nach Duftos dargestellte Salz enthält 61,834 Weinsäure, 16,333
Borsäure und 31,953 Kali.
Weinsäure Kali-arsenige Säure.
Arsenige Säure bildet nach Mitscherlich mit saurem weinsaurem Kali
ein dem Brechvveinstein in seiner Form und Zusammensetzung analoge
Verbindung. Die Art der Darstellung derselben ist nicht bekannt.
Weinsaures Natron.
Saures. Formel: T, NaO, Ha0, 3aq ( Bucholz ). — Darstellung :
Aus der mit der Hälfte Weinsäure vermischten heifsen Auflösung des neu-
tralen Salzes bilden sich beim Erkalten eine reichliche Menge Kristalle des
sauren Salzes.
Eigenschaften: Sechsseitige farblose Prismen von sehr saurem Ge-
schmack, in 9 Th. kaltem, in 1,8 kochendem Wasser löslich, nicht in
Alkohol.
Dient zur Darstellung des chlorsauren Natrons aus chlorsaurem Kali,
indem gleiche Atomgewichte von beiden (19 saures weinsaures Natron und
13 Th. chlorsaures Kali) sich in Weinstein und chlorsaures Natron zer-
legen. Saures weiusaures Natron bildet mit Borsäure eine leichtlösliche
Verbindung, T, NaO, B05 (J Duftos).
Weinsaures N a tro u ~ K al i.
885
Neutrales. Formel : T , 2NaO , 4aq (Bucholz). — Darstellung : Di-
rect durch Weinsäure, die man mit kohlensaurem Natron neutralisirt, oder
durch wechselseitige Zersetzung von neutralem weinsaureir« Kali mit über-
schüssigem schwefelsaurem Natron.
Eigenschaften : Wasserhelie Prismen , an der Luft unveränderlich , in
der Wärme verwitternd, lost sich in 5 Th. kaltem, in jedem Verhältnifs
in siedendem Wasser, nicht in Alkohol.
Unter dem Namen Soda Sedlitz powder , oder carbonated effervescing
Cheltenliam Salt , versteht man ein inniges Gemenge von gleichen Theilen
Weinsäure mit doppelt kohlensaurem Natron, in dem Verhältnifs, dafs
sich beim üebergielsen mit Wasser neutrales weinsaures Natron bildet;
während dem heftigen Aufbrauseu wird die Mischung getrunken. Die
Weinsäure und das Natronsalz werden vor der Vermengung fein pulveri-
sirt und in der Wärme von aller Feuchtigkeit vollkommen befreit. Unge-
trocknet vermischt tritt Zersetzung ein.
Weinsaures Natron- Ae thyloxid,
Formel: T , NaO, AeO , 2aq (Guerin Varry ). Weifse, farblose,
rhomboidale Blättchen. (Guerin Varry).
Weinsaures Natron-Kali.
Formel: T, KO, NaO -f lOaq £ Schulze J.
Synonyme : Seignettesalz (Tartarus natronatus, Sal polychrestum Seig-
nette, Tartras Potassae et Sodae, Tartras kalico-natricus cum aqua).
Der natronisirte Weinstein wurde 16*73 von Seignette entdeckt, aber
geheim gehalten. Geoffruy und Boalduc entdeckten ihn 1731 aufs neue.
§. 167. Die Verbindung der Weinsäure mit Kali und
Natron wird durch Sättigung* des Weinsteins mit Natron und
Kristallisiren der neutralen Lösung erhalten. Eine wässerige
Losung von kohlensaurem Natron wird mit Weinstein, nach der beim ein-
fach weinsauren Kali angeführten Art neutralisirt. Zu einem Theil kri-
stallisirten einfach kohlensauren Natrons bedarf man gegen anderthalb
Theile Weinstein. Der neutralen Lösung setzt man noch 1/32 des ange-
wendeten kohlensaures Natron zu, reinigt sie eben so durch Verdünnen
und Hiustellen, und dampft sie zum Kristallisationspunkt ab. Die Kristalte
schiefsen nach einigen Tagen an; die Lauge wird ferner verdampft, so
lange sie Kristalle liefert. — Durch doppelte Wahlverwandtschaft
läfst sich Seignettesalz bereiten, wenn Weinstein mit Kali
neutralisirt und mit seinem gleichen Mischungsgewichte Glau-
bersalz oder Kochsalz versetzt wird. Durch Kristallisation
trennt man den vitriolisirten Weinstein oder das Digestivsalz
von dem Seignettesalz.
Erklärung bedarf die erste Bereitungsart kaum. Es entsteht, wie bei
Zusatz von Kali oder Ammoniak, durch Versetzen des Weinsteins mit
kohlensaurem Natrou ein neutrales Doppelsalz, die Kohlensäure entweicht.
Der Ueberschul's von kohlensaurem Natron dient dazu , den rückhaltigen
weinsauren Kalk zu zerlegen und ausgezeichnetere Kristalle zu bilden,
welche man bei völlig neutraler Flüssigkeit schwierig erhält. Wird neu-
trales weinsaures Kali mit einem Natronsalz vermischt, so tauschen beide
Salze die Hälfte ihrer Basen, es entsteht Seignettesalz.
886
Borax Weinstein,
§. 168. Die Eigenschaften des weinsauren Natronkalks
sind: Es kristallisirt in ansehnlichen, wasserheilen, geraden
rhombischen, 6-, 8- und 10-seifigen Säulen; hat einen nicht
unangenehmen, mildesalzigen Geschmack. — An der Luft ver-
wittert es schwach , schmilzt io der Hitze leicht iu seinem Kristallisations-
wasser , und wird in stärkerer Hitze zerlegt. Gegen Säuren u. s. w. ver-
hält es sieh wie die übrigen Weinsäuren Neutralsalze. — Bei gewöhn-
licher Temperatur erfordert es 1% Theiie, bei 30° R. nur ys
Wasser zur Lösung; in höherer Temperatur schmilzt es in
seinem Kristallisationswasser. [ Brandes .)
Prüfung auf seine Reinheit : Es mufs die angegebene äussere Beschaf-
fenheit haben, neutral seyß, leichtlöslich in Wasser $ im üebrigen wird es
wie neutrales weinsaures Kali geprüft.
Weinsaures Natron-Kali mit meinsaurem Borax säure- Kali.
Formel : ¥, KO, NaO -f »(T, KO, B03) CBuflos).
Hoppelsalz 5 enthält ein Atom Seignefctesalz in Verbindung mit Sä At.
weinsaurem Kali-Borsäure.
Synonyme: Boraxweinstein i, auflöslicher Weinsteinrahm (Tartarus bo-
raxatus, Crentor Tartari solubilis, Tartras Potassae boraxatus).
Der Boraxweinstein wurde von le Fevre 1733 entdeckt.
§. 169. Man bereitet den Boraxweinstein, indem ein
Gemenge von 1 Theil Borax und 3 Theilen gereinigtem
Weinstein in 20 Theilen heifsem Wasser gelöst, die Lösung
einige Tage zum Ablagern an einen kühlen Ort hingestellt,
und die klare, vom Bodensatz abgegossene Flüssigkeit zur
Trockne verdampft wird. Auch kann man das Gemenge in weniger
Wasser lösen, die Lösung zur Syrupdicke verdampfen, dann mit 4 — 6
Theilen kochendem Wasser vermischen und ablagern lassen. Man ver-
dampft hierauf die Lösung in einem gläsernen, steinernen oder silbernen
Gefäfse so weit, bis sie eine zähe, schwer knetbare Masse bildet, die
beim Erkalten schnell erhärtet. Diese wird, noch wärm, schnell zerrie-
ben und noch eine Zeitlang derselben Temperatur ausgesetzt, dann das
feine Pulver in wohlverstopften Gefäfsen aufbewahrt.
Erklärung : Borax und Weinstein bilden mit einander eia leichtlös-
liches Zwiliingssalz. Das Verdünnen und Ablagern der Flüssigkeit dient
zur Abscheidung des in dem Weinstein enthaltenen, von dieser Verbin-
dung schwierig zu trennenden, Weinsäuren Kalks.
§. 170. Die Eigenschaften des Boraxweinsteins sind:
Es ist eine durchscheinende Masse von gummiartigem Ausehn ;
unkristallisirbar ; schmeckt sauer und salzig, reagirt sauer,
zerfliefst an der Luft. Hat die fatale Eigenschaft, wenn er nicht län-
gere Zeit im gepulverten Zustande unter ümrühren ziemlich erwärmt
wurde, nach einiger Zeit fest zusammenzubacken, so dafs er, ohne die
Gefäise zu zerbrechen, oft nicht aus denselben herausgebracht wei den kann.
Ist in gleichen Theilen kaltem und J/2 heifsem Wasser löslich.
Die Lösung schimmelt leicht, und die concentrirte setzt in kurzer Zeit
eine beträchtliche Menge eines weifsgrauen Niederschlags ab, welcher von
Bucholz für saures weinsaures Natron , von Vogel für weinsauren Kalk
angesehen wurde. Th. Martins zeigte jedoch, dafs es ein Gemenge von
Weinsaures Lithion.
887
Weinstein und weinsaurein Kalk sey. Die sehr concentrirte Lösung von
ganz reinem (kalkfreiem) Boraxweinstein bildet selbst nach Jahren keinen
Niederschlag. Schwefel-, Salpeter- und Salz-Säure zerlegen den Borax-
weinstein kaum; schlagen nur Boraxsäure daraus nieder; keinen Weinstein;
Weinsäure aber bildet damit Weinstein. In Weingeist ist der Bo-
raxweinstein fast unlöslich 5 er entzieht ihm nur spuren von Wein-
und Borax-Säure.
Seine Reinheit erhellt aus den angegebenen Eigenschaften. Er mufs
schön weifs und leicht in Wasser löslich seyn; die Lösung darf auch
durch Hj'drothionsäure nicht gefärbt werden.
Anwendung : Wird in wässerigen Lösungen innerlich gegeben. Den-
selben in Pulver- oder Pillen -Form zu verschreiben , ist wegen seiner
Zerfliefslichkeit nicht angemessen. Als Pulver läfst mau besser ein blofses
Gemenge von 1 Theil Borax und 3 Theilen Weinstein verfertigen; jedoch
wird auch dieses bald feucht.
Weinsaures Lithion.
Saures , T, LiO; H20, 3aq CDulk ). Durch Auflösung von kohlen-
saurem Lithion in überschüssiger Weinsäure erhält man beim Abdampfen
kleine, weifse, glänzende, im Wasser leichtlösliche Kristalle von obiger
Zusammensetzung.
Neutrales. T, SLiO CDulk ). Durch Sättigung des vorhergehenden
Salzes mit kohlensaurem Natron erhält man eine weifse, keine kristallini-
sche, an der Luft unveräutfcefliche Salzmasse.
Weinsaures Lithion- Kali. Formel: T, KO, LiO, 2aq ( DulkJ .
Durch Sättigung des Weinsteins mit kohlensaurem Lithion erhält man
grofse, gerade, schwach geschobene vierseitige Säulen von salzig bitterem
Geschmack, wenig verwitternd, leicht in Wasser löslich.
Weinsaures Litliion-Natron. Formel: T, LiO, NaO, 4aq £DulkJ.
Durch Sättigung von saurem weinsaurem Natron mit kohlensaurem Li-
thion und Abdampfen der Lösung an der Luft erhält man lange rechtwink-
liche Säulen mit oft schief aufgesetzten Endflächen; schwach trüb werdend
an trockner Luft, leicht in Wasser löslich.
Weinsaurer Baryt. Formel: T, 2BaO, 2aq ( Bulk J.
Durch Zusatz von Weinsäurelösung zu Barytwasser erhält man einen
weifseu , pulverigen, in Wasser schwerlöslichen Niederschlag, der sich in
einem Ueberschufs von Weinsäure löst.
Weinsaures Baryt- Aethyloxid.
Formel: T, BaO, AeO -f 2aq (Guerin VarryJ.
Darstellung : 1 Theil kristallisirter Weinsäure wird in ihrem gleichen
Gewichte Alkohol gelöst und mehrere Stunden einer Temperatur von 65
bis 70° ausgesetzt Die erkaltete Flüssigkeit wird mit dem vierfachen
Volum Wasser verdünnt, mit kohlensaurem Baryt neutralisirt, der gebil-
dete weinsaure Baryt durch Filtriren getrennt und die Flüssigkeit bei ge-
linder Wärme, zuletzt an der Luft, verdampft, wo die Verbindung nach
und nach kristallisirt. ( Guerin Varry.~)
888
Weinsaures Bary t-Methy 1 oxid.
Eigenschaften : Concentrisch gruppirte, farblose Blätter (schiefe rhom-
bische Prismen) von bitterem Geschmack. 100 Theile Wasser lösen bei
23° 38,12 Salz, bei 100° 127,6*4 Salz; unlöslich in Alkohol und Holz-
geist, sehr wenig löslich in Weingeist von 95 p. c. , verliert im leeren
Baume sein Kristall wasser , wird bei 190° weich, schmilzt bei 200° und
zersetzt sich in höherer Temperatur.
W einsaures Baryt-Methyloxid.
Formel: T, BaO, MeO, aq (Dumas Peligot ).
Darstellung : Beim Vermischen von Auflösungen von Baryt und Wein-
säure in Methyloxidhydrat (Holzgeist) schlägt sich dieses Salz nieder (Du-
mas Peligot ). Man verschafft es sich am besten durch Neutralisation
von saurem weinsaurem Methyloxid mit kohlensaurem Baryt.
Eigenschaften: Kristallisirt in farblosen, glänzenden, geraden, zuge-
schärfteu Prismen von bitterem Geschmack, sehr löslich im Wasser, die
wässerige Auflösung zersetzt sich besonders leicht beim Erhitzen. Einer
Temperatur von 150 — 160° ausgesetzt wird das Salz zersetzt, es geht
eine Flüssigkeit von knoblauchartigem Gerüche über, welche Wasser,
Holzgeist, essigsaures Methyloxid und eine fcristaUisirende nicht unter-
suchte Materie enthält. (Guerin Varry.)
Weinsaures Baryt-Kali . Formel: T, BaO, KO, 2aq (Bullt).
Beim Zusatz von Barytwasser zu einer lieifsen Auflösung von Wein-
stein bis zur Neutralisation und Abdampfen erhält man ein pulveriges,
neutrales, im Wasser schwerlösliches Salz (DulkJ.
Weinsaures Baryt-Natron. Formel: T, BaO, NaO, 2aq (Dulle).
Eine Auflösung von Seignettesalz giebt mit Chlorbarium vermischt die-
ses Salz in Gestalt eines aus feinen kurzen Nadeln bestehenden Nie-
derschlags; löst sich schwer im Wasser, leichter in Chlorbarium und
Seignettesalzlösungen (Kaiser ).
Weinsaurer Strontian. T, 2SrO, 8aq (Dulle).
Durch Neutralisation von Strontianwasser mit Weinsäure und langsa-
mes Verdunsten erhält man kleine, rechtwinklich vierseitige Tafeln mit
zugeschärften Rändern; verliert in der Wärme und Leere 21,51 p.c. Wasser
(= 8 Atome). Durch Vermischen lieifser Auflösungen von salpetersaurem
Strontian und weinsaurem Kali erhält man ein weifses kristallinisches Pul-
ver, welches weinsauren Strontian und salpetersaures Natron enthält.
Weinsaures Strontian-Kali. T, SrO, KO, 2aq (Dulle).
Darstellung und Eigenschaften wie die des entsprechenden Barytsalzes.
Weinsaures Strontian-Natron. T, SrO, NaO, 2aq (Dulle).
Dem Boraxweinstein ähnliche, gummiartige Salzmasse, in 1,4 Th. kal-
tem, in jedem Verhältnifs in siedendem Wasser löslich.
889
Weinsanres Kalk-Kali.
Wein saurer Kalk .
Saurer. Formel: T, CaO, H,0 (Dulle). Durch Auflösung des neu-
tralen Salzes in wässeriger Weinsäure und rasches Verdampfen erhält man
das saure Salz in geschobenen vierseitigen Säulen mir zu einem schief auf-
gesetzten Octaeder zugespitzten Endkanten; in 140 Theilen kaltem, leich-
ter in heifsem Wasser löslich. Setzt man zu Kalkwasser einen Ueberschufs
von Weinsäure , so löst sich der anfangs sich bildende Niederschlag wie-
der auf zu saurem Salz, aus dieser verdünnten Flüssigkeit scheiden sich
bei langem Stehen dünne, harte , durchscheinende Kristalle von neutralem
Salz aus.
Neutraler. Formel: T, SCaO, 8aq (Berzelius, Gay-Lussac fr The -
nard). Macht einen Bestandtheil des rohen und gereinigten Weinsteins
aus, findet sich auf rohem Weinstein in glänzenden, durchscheinenden,
regelmafsigen Octacdern kristallisirt. Eigenschaften : Weifses, geschmack-
loses Pulver oder seidenglänzende Nadeln, in 600 Th. siedendem, nicht
in kaltem Wasser, leichter in allen löslichen weinsauren Salzen, in Kali-
lauge, Essigsäure und Mineralsäuren löslich, und wird aus letzteren Auf-
lösungen durch Ammoniak nicht gefällt. Dieses Salz dient zur Darstellung der
Weinsäure , die man daraus durch Digestion mit überschüssiger verdünnter
Schwefelsäure neben schwerlöslichem Gyps erhält. Man erhält es zu die-
sem Zweck stets aus Weinstein, den man mit Wasser zum Sieden erhitzt
und durch Zusatz von Kalkmilch , zuletzt von kohlensaurem Kalk zer-
setzt. Der siedenden Flüssigkeit setzt man gegen das Ende Kreide zu.
so lange als man noch ein Aufbrauseu bemerkt, in diesem Fall entsteht
neutrales weiusaures Kali, was in der Auflösung bleibt, und unlöslicher
weinsaurer Kalk, welcher niederfällt. Zu der Flüssigkeit setzt man letzt
eine Auflösung von Chlorcalcium hinzu. (Durch Zersetzung von Mangan-
chlorur mit Kalk bereitet.) ö
Das in Auflösung sich befindende neutrale weinsaure Kali zerleg sich
mit Chlorcalcium in Chlorkalium und weinsauren Kalk. Das Chlorkalium
wird bei Darstellung im Grofsen durch Abdampfen der nickbleibenden
Lauge mit Vortheil wieder gewonnen. Alle Weinsäure des Weinsteins
ist auf diese Weise an Kalk gebunden worden. Der erhaltene weinsaure
Ka.k wird vereinigt, mit W asser gewaschen und mit verdünnter Schwefel-
saure bei gelinder Wärme digerirt. Auf 1 Th. Kreide nimmt man gewöhn-
lich 4 Th. Weinstein, und zur Zersetzung des gebildeten weinsauren Kalks
et^as mehr als das doppelte Gewicht der Kreide an concemrirter Scfnve
feisaure. Da der weinsaure Kalk in überschüssiger W einsäure löslich ist
und dieses Salz die Kristallisation der Weinsäure sehr erschwert so ist
es, um seiner vollkommenen Entfernung gewils zu seyn, zweckmäfsig
hinreL?tehr Schvvefelsäure xa nehmen, als zu seiner Zersetzung gerade
Der weinsaure Kalk wird beim trocknen Erhitzen unter Aufblähen
zerstört, es bleibt ein graues Gemenge Kohle mit kohlensaurem Kalk.
Weinsaures Kalk-Kali .
Bei D.jSestioa von neutralem weinsaurem Kalk mit Kalilauge
oder beim Zusammeubriogen von Kalkhydrat mit einer Auflösung von neu-
tralem weinsaurem Kali erhält man eine klare, dünnflüssige, stark alka-
lisch reagirende, sehr ätzend schmeckende Flüssigkeit, welche sich bei
Verdünnung mit Wasser durch Fällung von weinsaurem Kalk trübt. Es
scheint sich hierbei ,n der Kälte eine basische Verbindung von Weinsäure
aUDdu>a * •*“ b,lden' welche die Eigenschaft vieler Kaiksalze
zn lU-n *“ geringerer Menge in Wasser als in der Kälte löslich
zu sejn. Erhitzt man sie zum Sieden, so gerinnt sie zu einer kleister-
artigen Masse, welche beim Erkalten wieder klar und flüssig wird. Koh-
lensaures Kali der Auflösung zugesetzt fällt in der Wärme allen Kalk.
Geiger’ s Pharmacie. /. ( 5 te Aufl. )
57
890
Weinsäure» Kalk-Natron.
Der Niederschlag, der sich beim Erhitzen bildet, soll nach Lasonne und
Osann basisch weinsaurer Kalk seyn, T -f- 3CaO.
Neutrales. Eine Auflösung von 1 Th. weinsaurem Kali im gleichen
Gewicht Wasser löst beim Sieden 27 p. c. Weinsäuren Kalk. Die klare
Auflösung erstarrt nach dem Verdampfen bis zur Syrupdicke zu einer aus
Nadeln bestehenden Masse, die in der Wärme schmilzt; beim Abdampfen
zur Trockne bleibt eine nicht kristallinische Masse, welche Feuchtigkeit
aus der Luft anzieht, sich in siedendem Wasser völlig löst, durch kaltes
Wasser aber zerlegt wird. Beim Uebergieiscn mit dem gleichen Gewicht
Wasser bleibt iy3 p. c. weinsaurer Kalk in Auflösung, die bei Zusatz
von 9 Wasser vollständig abgeschieden werden. (Hornemann .)
Weinsaures Kalk-Natron.
Basisches. Eine wässerige Lösung von 4,01 ätzendem Natron löst
13 Th. weinsauren Kalk bei gelinder Digestion auf. Die Auflösung verhält
sich wie das basisch weinsaure Kalk-Kali.
Neutrales. Beim Vermischen von weinsaurem Natron-Kali mit Chlor-
calcium bildet sich ein weifser, flockiger, in der Flüssigkeit kristallinisch
werdender Niederschlag, welcher wenig in Wasser löslich, leichter von
überschüssiger weinsaurer Kali-Natron-Lösung aufgenommen wird.
Weinsaure Bittererde.
Saures Salz. Formel: T , MgO , H30 CBulk'). Durch Auflösung von
neutraler weinsaurer Bittererde in einer angemessenen Menge Weinsäure
erhält man beim Verdunsten kristallinische Krusten von saurem Salz; es
ist farblos; 100 Th. Wasser lösen 1,893 Th. Salz. ( Dulk .)
Neutrales Salz. Formel: T,2MgO,8aq (Dulk). Kohlensäure Mag-
nesia im Ueberschufs mit Weinsäure behandelt liefert beim Erwärmen eine
Auflösung des neutralen Salzes, welche beim Verdunsten eine weifse, ge-
schmacklose, im Wasser schwerlösliche Salzkruste hinterläfst, die in der
Wärme und in der Leere 39,3 p. c. Wasser verliert. Bittererdesalze mit
Weinsäure versetzt werden nicht durch reines und kohlensaures Ammo-
niak, Kali und Natron gefällt.
Weinsaures Bittererde-Kali. Formel: T, MgO, KO, 8aq (Dulk).
Eine siedende Auflösung von Weinstein mit kohlensaurer Bittererde
neutralisirt setzt dieses Salz beim Verdampfen in kleinen nicht hygrosco-
pischen Kristallen ab, es bleibt ein nicht kristallisirendes, gummiartiges,
nicht untersuchtes Salz in der Mutterlauge. Die Kristalle verlieren beim
Trocknen in der Wärme 35,333 Wasser (8 Atome).
Weinsaures Bitter er de- Natron. T, MgO, NaO, lOaq (Dulk).
Beim Verdunsten einer Auflösung von Chlormagnesium mit Seignettesalz
scheidet sich dieses Salz in geschoben vierseitigen Säulen aus; die Kri-
stalle verwittern an der Luft und verlieren bei fOO* 33,74 p. c. Wasser.
Weinsaures Ceroxidul.
Neutrale Ccroxidulsalze geben mit neutralen weinsauren Alkalien weifse
Niederschläge, die durch Zusatz von überschüssiger Weinsäure nicht ver-
schwinden und in kaustischen Alkalien löslich sind.
Weinsäure Yttererde ist ein schwerlösliches Salz.
Weinsaure Glucinerde und Thonerde sind leichtlöslich , schwierig kri-
stallisirbar.
Weinsaures Eisenoxid-Kali
891
Weinsaures Thonerde- Kali.
Saures weinsaures Kali löst in der Wärme eine grofse Men*e Thon-
erdehydrat und giebt eine unkristallisirbare , nicht durch Alkalien’fällbare
Salzmasse; dieselbe Eigenschaft er«, eilt den Thonerdesalzen da“ ne"S
weinsaure Kali uud die übrigen löslichen weinsauren Salze
Der Weinstein, der zur völligen Auflösung 15 Theile siedendes Was-
ser bedarf, lost sich in 4 Theilen, wenn der Flüssigkeit die Hälfte seines
Gewichts Alaun zugesetzt wird. Hie erhaltene sehr saure Auflösung dient
als Reizmittel für Metalle, namentlich um die Oberfläche derselben von
dorldf 1 iBtim ÄbdamPlen erl‘ält man daraus eine weifse, an
der Luft feucht und klebrig werdende, sehr lösliche Salzmasse.
Weinsaure Zirkonerde. Zirkonerdesalze werden durch weinsaures
Ammoniak gefallt, der Niederschlag ist in Kali und Säuren löslich, durch
Alkalien aus letzteren nicht fällbar. > rLO
Weinsaures Manganoxidul.
«o» ^iUS einer bei^sen Mischung von neutralem weinsaurem Kali mit Man»
FrS « S1Ch Z,Ue,rst saure® weinsaures Kali, nachher beim völligen
(kalihaItiSes?> Manganoxidul in kleinen weifsen Kri-
sirh ™etf*saures Manganoxidul - Kali. Kohlensaures Manganoxidul löst
Vordln r « WaSSKri^em ™einsteia> die farblose Auflösung giebt beim
Verdampfen eine schwierig knstallisirende Salzmasse. S ö
Weitem ”rauöstein 1öst bei Digestion mit
kef „«fi? aad Wasser brauner Farbe; beim Sieden wird die Flüssig-
far',l0S’ UnÜ “an hat in ** Auflösung
Weinsaures Eisenoxidul. Formel : ~T, gFeO (Dulk).
Dampft man an der Luft eine Auflösung von schwefelsaurem Fisen
0X!du m!t Zusatz von Weinsäure ab, so sdilägt sich ei^
knstalhmsches Pulver von obiger Zusammensetzung nieder, in der Flüs
dieses1 SaU^ nich^WC .^senox^d* Abschfufs der Luft bUdet sich
*V^®e? - nicht. 100 Th* Hasser von 15° lösen 0,887 Salz es löst
Tal ZZT, Th. S,Alkaiien mit grÜDer Farbe> ÄS
Weinsaures Eisenoxidul- Kali. Formel : "T, FeO KO
Beim Erhitzen von Weinstein mit seinem halben Gewicht
Eisen in dünnen Blechen und einer hinreichenden Menge WaLer lö,t S
das Eisen unter Wasserstoffgasentwickelung auf und es scS «1
weftses kristallinisches Pulver nieder, welches an der I,u 1 1 ,i e
2-“ SChWarZ Wird’ CS Ifet sici kaus^ctntd koh'lensauren
Weinmure. Eisenoxid-Kali ( Kali ferro-tartaricum).
chal^^tus^eTa^a“^a*iicoe^erricus^taia*rSSp<ftas^e^Uoxydl^Perriev
Im unremeo Zustande Eisenkugeln (Globuli martiales). * Fern)*
lahi.KenwElfenW.^inifce,n beschrieb zuerst Angelus Sala im Anfane des 17
ÄSSX— " d“ '“““-'S
_ S* *71. _ Das reine weinsaure Eisenoxid-Kali bereitet man
stei^eimHr’wnde,n trisehgefölltes Eisenoxidhydrat mit Wein-
stein und W asser so lange erhitzt werden , bis die Verbindung
892
Weinsaures Eisenoxid-Kali.
erfolgt ist ? worauf man verdampft. Nach der neuen preußischen
Pharmacopöe wird das von 1% Unzen Eisenöl mittelst Kali erhaltene ,
wohlgewaschene Eisenoxidhydrat mit 1 Unze Weinstein und 8 Unzen Was-
ser bis auf die Hälfte eingekocht, dann in gelinder Warme zur Extract-
dicke verdunstet, dieses wieder in 3 Unzen Wasser gelöst, filtrirt, und
das Filtrat in gelindester Wärme zur Trockne verdunstet. Oder man
kocht 1 Theil Eisenfeile mit 4 Theilen gereinigtem Weinstein
und 6 Theilen Wasser anhaltend, unter dem Luftzutritt, unter
beständiger Ersetzung des verdunstenden Wassers, bis das
anfangs entstandene weifse, schwer lösliche, weinsaure Eisen-
oxidul-Kali sich in weinsaures Eisenoxid -Kali umge wandelt
hat, und eine dunkelbraune vollkommene Lösung entstanden
ist. Diese wird filtrirt und bei gelinder Wärme zur Trockne
verdunstet. Nach Hänle wird die Auflösung sehr befördert,
wenn in das Gemenge einige reine Silbermünzen (Kronentha-
ler) geworfen werden. Man erhitzt fast bis zum Sieden, es entsteht
bald beträchtliche Gasentwickelung, die Bildung von weinsaurem Eisen-
oxidul-Kali, und unter Luftzutritt Eisenoxid, ist in weit kürzerer Zeit
vollendet (Magaz. f. Pharmacie Bd. 12. S. 153).
Die Stahlkugeln werden entweder durch ein ähnliches
Verfahren aus 1 Th. EisenfeiSe und 3 Th. rohem Weinstein
erhalten, oder man rührt das Gemenge mit Wasser in einem
irdenen Geschirr zu Brei an, setzt es, unter öfterm Umrühren
und Erneuerung des verdunsteten Wassers, der Einwirkung
der Luft in gelinder Warme (am besten der Sonnenwärme oder in
einer Dörre) aus, bis eine schwarzbraune, ^ähe, gleichsam
harzartig glänzende Masse daraus geworden ist, welche bei
gelinder Wärme zur Pillenmasseconsistenz verdampft wird,
woraus man noch warm Kugeln von 1— r2 Lotb formt, die
vollends ausgetrocknet werden.
Erklärung : Eisen bildet mit Weinstein zuerst, unter Wasserstoffgas-
entwickelung, weinsaures Eisenoxidul- Kali , welches eine graugrünlich-
weifse, schwerlösliche Verbindung ist; unter dem Zutritt der Luft zieht
das Eisen allmählig noch Sauerstoff an, wandelt sich in Oxid um, wel-
ches nun mit Weinsäure und weinsaurem Kali den officinellen Stahlwein-
stein bildet. Die Beförderung der gegenseitigen Einwirkung der Stoffe
durch hinzugesetztes Silber gründet sich auf die Wirkung der galvani-
schen Kette. Das Silber bildet den negativen Pol, und Eisen den positi-
ven. Hierdurch wird letzteres mehr geneigt sich zu oxidiren. — Auf
ähnliche Art liefse sich wohl die Auflösung mancher andern Metalle be-
schleunigen.
§. 172. Die Eigenschaften des weinsauren Eisenoxid-
Kali’s sind: Es ist eine dunkelgelbbraune, zum Theil mehr
oder weniger ins Olivengrüne gehende Salzmasse, von süfs-
lich, schwach alkalischem, nicht merklich zusammenziehend
eisenhaltigem Geschmack ; reagirt alkalisch , wird an der Luft
etwas feucht; löst sich in 4 Th. Wasser zu einer dunkelgelb-
braunen Flüssigkeit. Ist in Weingeist fast unlöslich, säuren
schlagen aus ihm basisch weinsaures Eisenoxid nieder und bilden keinen
Weinstein (ausgenommen Weinsäure, vergi. Magaz. für Pharm. Bd. 7. S.
287 und Dulk a. o. a. 0.). Ueberschüssig zugesetzte Säuren lösen das
Salz wieder auf, die Flüssigkeit schmeckt jetzt sehr herb adstringirend.
Alkalien verhalten sich damit wie gegen Brechweinstein.
Weinsaures Zinnoxidul.
893
Die Stahlkugeln sind mehr braunschwarz, von, aus dem ro-
hen gerbstoffhaltigen Weinstein herrührenden, gerbstoffhaltigem Eisenoxid.
Sind etwas weniger löslich in Wasser; bilden mit 8 — 10 Th.
desselben ein gallertartiges Magma, und lassen, bei Zusatz
von mehr Wasser, etwas Eisen und Unreinigkeiten zurück.
Die Reinheit dieser Präparate erhellt aus ihren Eigenschaften. Der
Eisenweinstein mufs leicht und vollkommen in Wasser löslich seyn. Auch
die Eisenkugeln, die ein glänzendes schwarzes Ansehn haben müssen,
dürfen beim Lösen in 12 — 16 Theilen kaltem Wasser nur wenig Unlös-
liches zurücklassen. Auf Kupfergehalt prüft man den Eisenweinstein , wenn
etwas davon eingeäschert, und die Asche, mit Ammoniak iibergossen,
diesem eine blaue Farbe ertheilt.
Anwendung : Der Stahlweinstein wird innerlich in Pulver- und Pillen-
Form, auch in Lösungen, gegeben; darf nicht mit Substanzen vermischt
werden, welche die Eisenoxidsalze uud die neutralen weinsauren Salze
zerlegen. — Die Sfcahlkugeln werden, in Wasser gelöst, zu Bädern ge-
braucht.
Die tartarisirte oder Ludwig7 s Eisentinktur ( tinct . Martis tartarisa -
ta, Ludorici ) ist zum Theil eine Lösung des Eisen Weinsteins in wässeri-
gem Weingeist. Nach der ältesten Vorschrift, von Bucholz verbessert,
werden 4 Th. Eisenvitriol und 8 Th. Weinstein mit Wasser bis zur Trockne
eingekocht, die Masse einige Zeit der Luft ausgesetzt, dann mit Zinimt-
wasser und reetificirtem Weingeist, von jedem 12 Theile, digerirt und
filtrirf. Die neueste preufsische Pharmacopöe läfst gleiche Theile Vitriol
und Weinstein mit dem tSfachen Gewicht Wasser zur Honigconsistenz
einkochen und den Rückstand mit dem läfachen Gewicht der einzelnen
angewendeten Ingredienzien französischen Weingeist digeriren. Van Mons
giebt in seiner Pharmacopöe usuelle folgende Vorschrift: 1 Theil Stahl-
weinstein wird in 6 Th. weifsem Wein gelöst, 2 Th. Branntwein zuge-
setzt, uud dann filtrirt. — Da der Wein wegen seinem Säuregehalt zer-
legend auf den Stahlweinstein einwirkt, so wäre es besser, denselben in
Wasser zu lösen, 1 Th. in 6 Th., und zur Haltbarkeit der Tinktur 2 Th.
schwachen Weingeist zuzusetzen, der aber die Lösung nicht trüben darf.
Weinsaures Kobaltoxidul. Rothes kristallisirbares Salz, nicht fällbar
durch Alkalien.
Weinsaures Kobaltoxidul-Kali. Beim Vermischen eines löslichen Ko-
baltoxidulsaizes mit neutralem weinsaurem Kali erhält man grofse rhom-
boidale Kristalle.
Weinsaures Nickeloxid. Blafsgrünes Pulver, in Weinsäure und Al-
kalien löslich.
Weinsaures Nickeloxid - Kali. Durch Kochen von Weinstein mit
Nickeloxid erhält man eine grüne, nicht kristallisirende Auflösung von
süfsem Geschmack {Wühler).
Weinsaures Zinkoxid. Dieses Salz bildet sich durch Behandlung des
Metalls mit wässeriger Weinsäure und schlägt sich als schwerlösliches Pul-
ver nieder. Kohlensaures Kali zerlegt dieses Salz, die Hälfte des Zink-
oxids abscheidend; die Auflösung enthält das folgende Salz.
Weinsaures Zinkoxid-Kali. Durch Behandlung von metallischem Ziufc
mit Weinsteinauflösung. Farblose Flüssigkeit, ein gummiartiges Salz beim
Abdampfen liefernd, was durch Alkalien keine Zersetzung erleidet. Aus
Zinksalzen, die mit Weinsäure versetzt sind, schlagen Alkalien einen
Theil Zinkoxid nieder, eine andere Portion bleibt in Lösung.
Weinsaures Zinnoxidul. Schwer in Wasser lösliche Nadeln , in Al-
kalien löslich.
894
Weinsaures Bleioxid.
Weinsaures Bleioxid. T, 2PbO ( Berzelius ). Die löslichen Bleisalze
geben mit freier Weinsäure einen weifsen kristallinischen, in Wasser sehr
schwer, leichter in überschüssiger Weinsäure und Salpetersäure löslichen
Niederschlag; die saure Auflösung wird durch Alkalien nicht gefällt.
Eine Auflösung von neutralem weinsaurem Kali giebt mit neutralem
essigsaurem Bleioxid einen weifsen körnigen Niederschlag von weinsaurem
Bleioxid ~Kalif welches weder durch schwefelsaure Salze noch durch
kohlensaure Alkalien zerlegt wird.
Weinsaures Kupferoxid. Sehr lösliches, schwierig kristallisirbares
Salz. Alkalien verursachen in seiner wässerigen Lösung einen Nieder-
schlag, der bei einem Ueberscliufs des Alkali’s wieder verschwindet. Wein-
säure bildet in der Auflösung des weinsauren Kupferoxids einen bläulich
weifsen Niederschlag.
Weinsaures Kupferoxid-Kali. Blaue in Wasser leicht lösliche Kri-
stalle von siifsem Geschmack ; aus der wässerigen Auflösung wird das
Salz durch Alkohol gefällt. Durch Behandlung von Grünspan mit Wein-
säure erhält man eine (essigsäurehaltige) Lösung dieses Salzes von schön
blauer Farbe, welche als durchsichtige Malerfarbe zum llluminiren von
Landkarten gebraucht wird.
Weinsaures Wismuthoxid. Weifses, kristallinisches, unauflösliches
Pulver, in Alkalien nicht löslich, sie entziehen ihm die Säure und hinter-
lassen reines Oxid.
Weinsaure Titansäure. Titanchlorid wird durch Weinsäure in Gestalt
eines weifsen Niederschlags gefällt; in verschlossenen Gefäfsen trocken
erhitzt wird er schwarz metallisch glänzend.
Titansänre löst sich im frisch niedergeschlagenen Zustande in über-
schüssiger Weinsäure und Weinstein auf; diese Auflösungen werden durch
Alkalien nicht gefällt ( Berz.} H . Rose).
Weinsaures Tantalsäure-Kali. Das Hydrat der Tanfcalsäure löst sich
reichlich in siedender Weinsteinlösung, die gesättigte Flüssigkeit erstarrt
beim Erkalten {Berzelius ).
Weinsaures Molybdänoxidul-Kali. Legt man in eine Auflösung von
Molybdänsäure in saurem weinsaurem Kali metallisches Zink, so wird die
Säure zu Oxid reducirt, man erhält eine gelbe Flüssigkeit, die mit Salz-
säure versetzt bei weiterer Berührung mit Zink weinsaures Molybdänoxi-
dul-Kali als schwarzes schwerlösliches Pulver fallen läfst, was sich in
reinem Wasser mit schwacher Purpurfarbe auflöst. Ammoniak löst es mit
dunkler Purpurfarbe ohne Veränderung ( Berzelius).
Weinsaures Molybdänoxid. T , Mo02. Blafsrothe gummiartige Masse,
die eine bemerkensvverthe Neigung hat grün und blau zu weiden. In Al-
kalien mit dunkelrother Farbe löslich; die Farbe verschwindet beim Ste-
hen an der Luft.
Weinsaures Molybdänoxid-Kali . Gelbe Salzmasse, in Wasser leicht
löslich, giebt mit Molybdänoxidhydrat erhitzt ein schwer auflösliches Salz
von brauner Farbe.
Weihsaure Molybdänsäure. Farbloses, nicht kristallisirendes Salz;
löst sich vollkommen in Weingeist. Die wässerige Auflösung wird beim
Verdunsten blau {Berzelius ).
Weinsaures Molybdänsäure- Kali. Saures weinsaures Kali ist das
beste Auflösungsmittel für Molybdänsäure, sowohl die sublirairte als die
geschmolzene Säure wird davon im Sieden leicht aufgenommen. Die Auf-
lösung trocknet zu einer gummiähnlichen Salzmasse ein.
Weinsaures Anti monoxid- Kali.
895
Weinsäure s Vanadinoxid. Beim Erhitzen von Vanadinsäure mit Wein-
säure entsteht unter Reduction der Vanadinsäure und Aufbrausen eine
mittelblaue Flüssigkeit , welche nach dem Abdampfen eine blaue durch-
scheinende Salzmasse hinterläfst , die sich sehr langsam in Wasser wieder
löst; sie wird von Ammoniak leicht mit Purpurfarbe aufgenommen ( Ber -
%elius). Die Vanadinsäure löst sich unter Zersetzung, wenn sie mit Was-
ser und Weinstein zum Sieden erhitzt wird; die Auflösung ist blau.
Weinsaures Chromoxid. Das Chromoxidhydrat löst sich in der Wärme
in verdünnter Weinsäure und giebt eine in reflektirtem Lichte grüne, bei
durchfallendem Lichte violettrothe Flüssigkeit, welche beim freiwilligen
Verdampfen violettrothe Octaeder liefert. Die Kristalle verwittern an der
Luft und sind leicht in Wasser löslich (Moser).
Weinsaures Chromoxid-Kali. Erhitzt man saures chromsaures Kali
mit Weinsäure, so entsteht unter lebhaftem Auf brausen durch Reduction
der Chromsäure weinsaures Chromoxid- Kali von dunkelgrüner Farbe;
die Flüssigkeit giebt abgedampft eine gummiartige Salzmasse, die sich in
Alkalien löst. Man benutzt die Eigenschaft der Chromsäure, durch Wein-
säure oder weinsaure Salze reducirt zu werden, bei der Prüfung der
chromsauren Kalisalze auf schwefelsaures Kali. Chromsäure und Schwe-
felsäure fällen beide die Barytsalze ; dieser Niederschlag ist bei geringen
Mengen von Schwefelsäure in Salpetersäure vollkommen löslich. Wird
aber das chromsaure Kali vor dem Zusatz von Barytsalzen mit etwas
Weinsäure bis zum Verschwinden der gelben Farbe erwärmt, so schlagen
Barytsalze beim Vorhandenseyn von schwefelsauren Salzen reinen schwe-
felsauren Baryt nieder.
Weinstein löst bei anhaltender Digestion Chromoxidhydrat mit grüner
Farbe zu derselben Verbindung auf.
Weinsaures Antimonoxid .
Das neutrale weinsaure Antimonoxid ist so gut wie unbekannt, man
weifs nur, dafs sich Antimonoxid in Weinsäure zu einer in Wasser leicht
löslichen, schwierig kristallisirbaren Verbindung vereinigen. Die concen-
trirte Auflösung wird nicht durch Alkalien, aber durch verdünnte Mineral-
säuren weifs gefällt; sie setzt zuweilen ein weifses Pulver ab, was mit
Alkohol gewaschen sich leicht in Wasser löst und Lakmus röthet (Sou-
beiran). Bekannter und genauer untersucht sind die Verbindungen der
Weinsäure mit Antimonoxid und andern Basen.
Weinsaures Antimonoxid-Kali.
Man kennt drei Verbindungen der Weinsäure mit Antimonoxid und
Kali. Die eine derselben ist der in der Arzneikunde so hochgeschätzte
Brechweinstein , den man durch Behandlung von Antimonoxid mit saurem
weinsaurem Kali erhält. Dieses Salz unterscheidet sich von den übrigen
weinsauren Salzen durch seine Zusammensetzung und sein chemisches
Verhalten. Die Weinsäure, als eine zweibasische Säure, bedarf, um ein
neutrales Salz zu bilden, entweder 1 At. einer Basis, die 2 At. Sauerstoff
enthalten, oder 2 Atome Basis, die zusammen 2 At. Sauerstoff enthalten.
Der Formel’ nach, weiche die Zusammensetzung des bei 100° getrock-
neten Brechweinsteins ausdrückt,
T -t- KO , Sb205
enthält derselbe in 1 Atom zwei Basen , die zusammen 4 At. Sauerstoff
enthalten, mithin in den Basen 2 At. Sauerstoff mehr, als dem Verhältnifs
in den neutralen weinsauren Salzen entspricht, und er wäre demnach als
ein basisches Salz oder als ein Doppelsalz von neutralem weinsaurem Kali
mit basisch weinsaurem Antimonoxid zu betrachten ,
T , ÄKO + T, 281)* Os ;
896 Weinsaures Antimonoxid-Kali.
2 Atome Antimonoxid bedürfen aber, um neutrales Salz zu bilden, 3 At.
Weinsäure (3T); der Brechweinstein enthält mithin 2 At. Weinsäure
weniger als die eigentlich neutrale Verbindung.
Nach der bisherigen Annahme haben die neutralen Salze eine den Hy-
draten der Säuren analoge Zusammensetzung, in der Art, dafs man die-
jenigen Verbindungen neutrale nennt, in welchen ein oder mehrere Aequi-
valente Wasser in dem Hydrate der Säure ersetzt und vertreten sind durch
eine gleiche Anzahl von Aequivalenten eines Metalloxids. Basische Salze
sind hiernach Verbindungen von neutralen Salzeu mit Metalloxiden, oder
Verbindungen von Säuren mit Metalloxid, in welchen das Hydratwasser
der Säure vertreten ist durch eine gröfsere Anzahl von Aequivalenten
von Metalloxid.
Von dieser Klasse von basischen Salzen unterscheidet sich der Brech-
weinstein sehr wesentlich ; bei 200° verliert er nemlich , ohne seine Farbe
zu ändern, eine Quantität Wasser, welche, auf die Formel T , KO, Sb203
berechnet, 2 Atome und auf die andere Formel 4 Atome ausmacht.
In der einfachsten Form ausgednickt bezeichnet mau mit neutralen
Salzen gewisse Verbindungen einfacher oder zusammengesetzter Körper
mit einer gleichen Anzahl von Aequivalenten von Metallen, und in so fern
verschieden von einander, als sie verschiedene Metalle enthalten. Denkt
man sich die Metalle in diesen Verbindungen ersetzt durch eine gleiche
Anzahl von Aequivalenten Wasserstoff, so hat inan genau die sogenannten
Hydrate der Säuren. Eine gewisse Anzahl von Metalloxiden enthält in
einem Atom 3 Aeq. Sauerstoff, und diese ersetzen nach der gewöhnlichen
Annahme, wie das Antimonoxid z. B., in ihren sogenannten neutralen
Salzen 3 Atome einer andern Basis, welche zusammen ebenfalls 3 Atome
Sauerstoff enthalten. Vergleicht man die Anzahl der Atome der Metalle
mit einander, die sich in diesen Salzen zu vertreten vermögen, so ergiebfc
sich, dafs hierin 2 Atome Antimon aequivalent sind 3 Atomen von einem
andern Metall (dessen Oxid nur 1 At. Sauerstoff aufnimmt) oder 6 Atomen
Wasserstoff verglichen mit dem Hydrat der Säure. Die Anzahl der Atome
der Metalle ist sich in diesen Salzen ungleich , alle übrigen Elemente sind
aber in den nemlichen Verhältnissen zugegen. Diese Klasse von Oxiden
bildet noch eine zweite Reihe von Salzen, in welchen, verglichen mit
dem Hydrate der Säure, die Anzahl der Atome aller Elemente bis auf
den Sauerstoff gleich ist, in denen also z. B. der Wasserstoff der Säure
vertreten ist durch eine gleiche Anzahl von Atomen Metall.
Wenn man 3 Atome Weinsäure durch die Formel 3(C8 H8 012) -+* 12H
ausdrückt, so ist 3(C8 H8 012) -H 4Sb die Formel für das sogenannte neu-
trale weinsaure Antimonoxid. In der andern Reihe sind in einem Atom
Weinsäure 4 At. Wasserstoff ersetzt durch 4 At. Antimon, oder die bei-
den Atome Hydratwasser der Säure sind ersetzt, nicht durch ihre Aequi-
valente au Antimonoxid, sondern durch eine gleiche Anzahl Atome Anti-
monoxid.
C8 Hs 012 -4- 4H Weinsäure
C8 HS 012 -+- 4Sb -H 40
Für jedes Atom Sauerstoff, was bei andern Salzen in der Form eines
Metalloxids eine Verbindung mit dem Hydrate einer Säure eingeht, wird
eine gleiche Anzahl von Sauerstoff-Atomen in der Form von Wasser aus-
geschieden.
Wie man leicht bemerkt, gehen in die Zusammensetzung des eben-
erwähnten Salzes mit den 4 At. Antimon 6 Atome Sauerstoff in die Ver-
bindung ein, während nur 2 Atome Sauerstoff als Wasser abgeschieden
und ersetzt werden.
Die nemliche Verbindung ist in dem Brechvveinstein enthalten. Das
eine Atom Wasser der Weinsäure ist durch Kali, das andere durch Anti-
monoxid ersetzt, oder die beiden Basen enthalten zusammengenommen 2
Atome Sauerstoff mehr, als den neutralen Salzen entspricht,
C* H8 012 -4- -f- 0,
Weinsaures Antimonoxid-Kali.
897
Der Brechweinstein bietet nun die bemerkenswerfche Fähigkeit dar,
beim Erhitzen auf 200° in den Zustand überzugehen, in welchem er in
Beziehung auf die Sauerstoffquantität eine, den andern weinsauren Salzen
gleiche Form annimmt; es scheiden sich nemiich bei dieser Temperatur,
ohne dafs sich Farbe und Eigenschaften ändern, die beiden Atome Sauer-
stoff, die hier als ausserhalb des Radikals bezeichnet stehen, in der Form
von Wasser ab, und seine Zusammensetzung ist folgende:
CsH4013 + sKbi
Es haben sich mithin von dem Körper, den man als Radikal der Säure be-
zeichnet, 4 At. Wasserstoff abgeschieden, und man findet sie ersetzt durch
2 Aeq. Antimon (1 At. Antimon zz: 3 Aeq. Antimon) ; ob der Sauerstoff dessel-
ben von dem Autimonoxid oder von den Bestandtheilen der Säure genommen
worden ist, kann natürlich nicht entschieden werden, nur soviel kann mit
Gewifsheit vorausgesetzt werden, dals dieses Wasser nicht fertig gebildet
in dem bei 100° getrockneten Brechweinstein vorhanden war, und da die
andern neutralen weinsauren Salze bei Erhitzung über 100° kein Wasser
ohne Zersetzung abgeben , also die ßestandtheile der Säure für sich an
der Bildung dieses Wassers keinen Antheil zu nehmen scheinen, da dieses
Wasser nur bei dem Brechweinstein abgeschieden wird, bei einem Salze
also, dessen Basen 2 Atome Sauerstoff mehr enthalten, also gerade soviel
mehr, als in der Form von Wasser abgeschieden wird, so bleibt es immer
am wahrscheinlichsten, an zunehmen, dafs an dieser Wasserbildung diese
beiden Atome Sauerstoff Antheil haben , diese Wasserbildung mithin einer
Reduktion des Oxids zuzuschreiben. CSiehe Annalen der Pharmacie Bd.
XXVI. S. 157.)
Wenn eine Auflösung von Weinsäure mit Brechweinstein im Sieden
erhalten wird, so löst sich darin bei weitem mehr auf, als ein gleiches
Volum Wasser aufgenommen haben würde. Läfst man die Auflösung kalt
werden und den überschüssigen Brechweinstein herauskristallisiren, so
bleibt eine saure Flüssigkeit, welche bei Syrupconsistenz zu farblosen
Kristallen erstarrt. Dies ist, wenn man den Brechweinstein basisches Salz
nennt, die neutrale Verbindung der Weinsäure mit Kali und Antimonoxid.
2T -f-
+ Sb203
Die beiden Basen enthalten zusammen 4 Atome Sauerstoff, die nemliche
Quantität, welche alle Basen enthalten, die zur Neutralisation von 2 At.
Weinsäure erforderlich sind. Dieses Salz ist stets in der Mutterlauge ent-
halten, welche bei der Darstellung des Brechweinsteins übrig bleibt. Beim
Kochen des Antimonoxids mit Weinstein löst sich nemiich nur ein Theil
davon auf, ein anderer Theil bleibt als Antimonoxid-Kali ungelöst.
Der Brechweinstein verbindet sich mit saurem weinsaurem Kali zu ei-
nem Doppelsalz, welches 3 Atome saures weinsaures Kali auf 1 Atom
Brechweinstein enthält.
3(T, KO, RjO) T, KO, H205.
Dieses Salz bildet sich stets bei der Darstellung des Brechweinsteins, wenn
die Mischung anhaltend im Sieden erhalten wird.
Neutrales weinsaures Antimonoxid - Kali.
Formel: 2T, KO, Sb2 Os -f 7aq £ Knapp') .
Darstellung : 9 Theile Brechweinstein und 4 Th. kristallisirte Wein-
säure werden zusammen in siedendem Wasser gelöst uud die Auflösung
bei gelinder Wärme abgedampft. Die beim Concentriren und Abdampfen
sich absetzenden Kristalle von Brechweinstein trennt man von der Mutter-
lauge und stellt diese zum Kristallisiren an einen mäfsig warmen Ort.
Eigenschaften: Kristallisirt aus einer syrupdicken Auflösung bei ruhi-
gem Stehen an einem warmen Orte in concentrisch vereinigten Gruppen ;
die einzelnen Kristalle sind nicht deutlich bestimmbar, sie zeigen übrigens
898
Brecli Weinstein.
unter schiefen Winkeln zu einander geneigte Axen. Sie verwittern in
warmer Luft und verlieren im luftleeren Raume 5 At. Wasser (9,3 p. c.),
2 Atome bleiben in der Verbindung zurück, sie lösen sich sehr leicht im
Wasser, die Auflösung reagirt stark sauer. Wird eine heifse Auflösung
dieses Salzes über den Kristallisationspunkt hinaus abgedampft und rasch
erkaltet, so erstarrt sie zu einer durchsichtigen zähen Masse, welche
nach einiger Zeit undurchsichtig und milch weifs wird, es entstehen in der-
selben weifse Punkte, welche bei Bewegung rasch zunehmen; zuletzt hat
man eine blendendweifse Masse, die mit Wasser zusammengebracht eine
sehr sauer reagirende Flüssigkeit und einen weifsen, in kaltem Wasser
sehr schwer löslichen Niederschlag giebfc. Die Flüssigkeit enthält weinsau-
res Antimonoxid und der Niederschlag eine Verbindung von saurem wein-
saurem Kali mit Brechweinstein.
Vermischt man eine Auflösung von neutralem weinsaurem Antimonoxid-
Kali mit Alkohol , so schlägt sich Brechweinstein als feines Pulver nieder,
iu der Flüssigkeit hat man eine Antimonoxid- und Kali-freie Auflösung von
Weinsäure.
Brech Weinstein.
Formel: T, Sb203, KO + 2aq C Wallquist, Dutte).
T, Sb203, KO, aq ( Dumas ).
Synonyme : Weinsteinsaures Autimonoxid-Kali (Kali stibiato-tartari-
cum, Tartarus stibiatus, Tartras Kalico-stibicus, Tartras oxyduli Stibii
et Potassae).
Der Brechweinstein wurde 1681 von Mynsicht entdeckt.
§. 173. Die einfachste Bereitungsart des Brechweinsteins
(deren es eine sehr grofse Menge giebt) ist die von Bucholz , hier in
den Mengenverhältnissen etwas abgeänderte. Es werden 3 TheÜC
reines Spiefsglanzoxid mit 4 Theilen gepulvertem gereinigtem
Weinstein, oder 4 Theile schwefelhaltiges mit 5 Th. Wein-
stein in einer steinernen lleib- oder Abrauch-Schaale mit Was-
ser zu einem dünnen Brei angerieben, das Gemenge -bis auf
60 — 70° R. erhitzt, und einige Stunden, unter Ersetzung des
verdunstenden Wassers, oder überhaupt so lange erhitzt, bis
dasselbe sich nicht mehr sandig anfühlt, und eine Probe sich
bei Anwendung von reinem Oxid bis auf eine geringe Spur
(sich ausscheidenden weinsauren Kalksl, oder bei Anwendung von
schwefelhaltigem Oxid bis auf den Schwefel in 15 Theilen kal-
tem Wasser löst, dann wird es mit 6 — 8 Theilen kochendem
Wasser übergossen, % bis 1 2 Stunde gekocht und heifs filtrirt.
Die von den, nach dem Erkalten, angeschossenen Kristallen
abgegossene Flüssigkeit wird ferner verdampft, so lange sie
Kristalle liefert, und die unkristallisirbare Mutterlauge wegge-
schüttet. Sämmtliche, mit wenig kaltem Wasser gewaschene,
Kristalle werden in 15 Theilen Wasser bei gewöhnlicher Tem-
peratur gelöst, und das klare Filtrat langsam zur Kristallisa-
tion verdampft. Fallen die zuletzt erhaltenen Kristalle gelb
aus , so müssen sie durch wiederholtes Lösen und Kristallisiren
gereinigt werden. Eben so leicht erhält man mit Antimon-
chlorür (Spiefsglanzbutter) oder mit Algarotbpulver einen sehr
Biech Weinstein
899
schönen Brech Weinstein. Es werden nach Henry 100 Theile
Algarothpulver mit 245 Theilen Weinstein und der nöthigen
Menge Wasser in einem gufseisernen (auch kupfernen, nur nicht
zinnernen) Gefäfse hinreichende Zeit gekocht und die bis auf
1,21 spec. Gew. verdampfte Flüssigkeit heifs flltrirt. Auch
kann man das mit Wasser zu Brei angerührte Gemenge nur
wie vorher angegeben, hinreichend lange digeriren. — Oder
man behandelt reines oder noch mit etwas Schwefel gemengtes
basisch schwefelsaures Antimonoxid eben so mit seinem glei-
chen Gewicht Weinstein und verfährt wie vorher. Die schwie-
rig kristaJiisirenden sauren Mutterlaugen werden weggeschüt-
tet, die Kristalle mit wenig Wasser abgespült, nochmals ge-
löst und kristallisirt. Auf gleiche Art verfährt mau mit Spiefsglanzglas
oder Spiefsglanzsafran ; nur ist dieser Brechvveinstein etwas schwieriger
zu reinigen. Das Abdampfen der Lauge zur Trockne liefert ein unsiche-
res , ja selbst des im gewöhnlichen Antimon enthaltenen Arsengehalts we-
gen gefährliches Präparat. (Heber Brechweinsteinbereitung vergl. übrigens
noch Magaz. f. Pharmacie Bd. 7. S. 256, Bd. 9. S. 107 u. Bd. 15. S.
243 ff.)
Erklärung: (siehe S. 895 ff.) Die unkristallisirbare , oder schwierig
kristallisirbare Lauge enthält, bei Anwendung von unreinem Oxid, die
fremden Metalle, Arsenik u. s. w., und mufs schon aus dem Grunde vom
Brechweinstein entfernt werden.
§. 174. Die Eigenschaften des Brechweinsteins sind:
Er kristallisirt in weifsen, glänzenden, durchscheinenden,
rectangulären Säulen, mit 4 auf den Endkanten aufgesetzten
Flächen (oft an beiden Enden) zugespitzt, die Zuspitzung ist ge-
wöhnlich unvollständig, so dafs die beiden breiten Zuspitzungsflächen noch
eine Kante bilden. Oft bleibt noch ein Rest der Endfläche der Säule.
Nach Bernhardt ist die Kernform des Brechweinsteins das
rhombische Octaeder. (Ueber eine von Wurzer beobachtete eigen-
thümliche Kristallform des Brechweinsteins s. Magaz. f. Pharmacie Bd. 26.
S. 48.) An der Luft werden die Kristalle porcell anartig, un-
durchsichtig und mürbe, ohne zu zerfallen. Der Geschmack
ist eigenthumlich, schwach süfslich, hintennach stechend, me-
tallisch, ekelhaft. Er bewirkt in geringen Dosen (von 1 — 4
Gran) Erbrechen 5 wirkt in gröfsern (zu V2 Unze) selbst tödtlich.
(Als Gegenmittel gegen Vergiftung mit Brechweinstein schlägt Saiweton
China vor. Magaz. f. Pharmacie Bd. 13. S. 199.) ilöthet Lackmus.
Für sich in einem verschlossenen Gefäfse der Weifsglüh-
hitze ausgesetzt, erhält man eine Legirung von Kalium mit
Antimon als Regulus, welcher in Wasser gebracht geruchloses
Wasserstoffgas entwickeln mufs 5 ein Knoblauchgeruch zeigt
Arsenik an (SernllasJ.
Der Brechweinstein löst sich in 14 bis 15 Theilen kaltem
und 2 Theilen kochendem Wasser. Nach Brandes erfordert
er bei 7° R. 18,9944, bei 17° 12,658, bei 25° 8,256, bei 80°
7,092, bei 48° 5,6, bei 50° 4,88, bei 60° 8,2t, bei 70° 3,02,
bei 80° 2,78 Theile Wasser zur Lösung. — Salpeter-, Salz- und
Schwefel-Säure schlagen aus der kalten concentrirten wässerigen Lösung
basisches Salpeter-, salz- und schwefel-saures Antimonoxid, in Verbin-
dung mit basisch weinsaurem Antimonoxid, nieder; es bleibt neutrales
900
B rech Weinstein,
weinsaures Antimonoxid-Kali in Auflösung; weshalb kein Weinstein gefallt
wird. Setzt man der Brechweinsteinlösung; so lange als Trübung entsteht; I
Schwefelsäure ZU; filtrirt und dampft in gelinder Wärme ab; so trübt sich
die Flüssigkeit aufs Neue; durch Absetzen von basisch schwefelsaurem
und weinsaurem Antimonoxid; und zuletzt kristallisirt in undeutlichen Kör-
nern ein leicht lösliches Salz; aus saurem schwefelsaurem Kali und neu-
tralem weiusaurem Antimonoxid-Kali bestehend. Essigsäure trübt die
Brechweinsteinlösung nicht und erzeugt auch keinen Weinstein. Beine
und kohlensaure Alkalien fällen die Brechweinsteinlösung anfangs nicht; mit
der Zeit entstehen aber weifse Niederschläge; Kalkwasser fällt sie so-
gleich. (Aus dem Grunde darf zur Lösung von Brechweinstein kein ge-
wöhnliches Kalk- und Magnesia-haltiges Quellwasser, sondern nur reines
[destillirtes] Wasser genommen werden.) Wässerige Hydrothionsäure färbt
die verdünnte Lösung braunroth; hydrothionsaures Gas, so wie die mit
stärkere Säuren versetzte wässerige Hydrothionsäure fällen ein Gemenge
von saurem weinsaurein Kali und Schwefelaotimonhydrat. Auf glühende
Kohlen geworfen, bilden sich metallische Kügelchen von AutinioD.
Prüfung auf seine Reinheit: Der Brechweinstein mufs schön weifs und
luftbeständig seyn, sich bei gewöhnlicher Temperatur vollständig in 15
Theilen Wasser lösen (bedarf er mehr, so enthält er freien Weinstein oder
weinsauren Kalk u. s. w.). Wässerige Hydrothionsäure darf die verdünnte
Lösung desselben anfangs nur braunroth färben, die völlig klare Flüssig-
keit trübt sich erst nach einigen Stunden an der Luft; fällt sie sogleich
rothe Flocken, so enthält er freien Weinstein. Die mit Säuren versetzte
Lösung darf durch Ferrocyaokaliuin nicht blau gefällt werden. (NB. nur
schwächere Säuren, wie Wein- und Essig-Säure, dürfen in geringer Menge
zugesetzt werden, der blaue Niederschlag mufs sogleich erscheinen; er-
scheint er erst nach einiger Zeit, so kann er auch von dem Eisenoxidul
des zerlegten Ferrocyankaliums herriihreu Die Prüfung des
Brech Weinsteins auf Arsenikgehalt ist wie bei den übrigen Antimon -Prä-
paraten. Der kristallisirte ist immer frei non Arsenik ( Serullas ). (Vgl.
jedoch Elsner in Kästner’ s Archiv für Chemie und Meteorologie Bd. 1.
S. 326.)
Anwendung : Als Brechmittel u. s. w. innerlich in Lösungen. Darf
nicht mit den oben, und bei den Spiefsglanzoxid- so wie bei den weinsau-
ren Salzen angezeigten , ferner mit China und allen gerbstoffhaltigen Sub-
stanzen, welche zerlegend auf ihn einwirken, vermischt werden. Wird
auch äusserlich in Lösungen, und mit Fett vermengt, augewendet, und
dient unter andern als Mittel zur Beförderung und Wiederherstellung des
Haarwuchses.
Doppelrate von Brechweinstein mit saurem weinsaurem Kali.
Formel: 4T, 4KO, Sb203 + 3aq oder T-, KO, Sb203 + 3(T, KO,
H20) f Knapp).
Entdeckt von Knapp.
Darstellung : Entsteht durch Zersetzung des neutralen weinsauren
Antimonoxid-Kali’s bei Concentration der Auflösung über ihrem Kristalli-
sationspunkt; man erhält die Verbindung leicht, wenn 10 Theile (1 Atom)
Brechweinstein und 16 Theile (3 Atome) saures weinsaures Kali zusam-
men in kochendem Wasser gelöst werden , beim Erkalten der Flüssigkeit
oder wenn man 1 Vol. einer Auflösung von neutralem weinsaurem Antimon-
oxid-Kali einem gleichen Volum der nemlichen Auflösung zusetzt, die man
vorher genau mit Kali neutralisirt und von dem niedergefallenen Antimonoxid
abfiltrirt bat; nach einigen Augenblicken sondert sich eine grofse Menge
dieses Salzes in Füttern ab; oder wenn eine Auflösung von saurem wein-
saurem Kali zur Hälfte mit Kali neutralisirt und mit einer Auflösung von
neutralem weinsaurem Antimonoxid-Kali vermischt wird. Entsteht ferner
beim Kochen von Weinstein mit Antiraonoxid neben Brechweinstein.
Verhalten der Weinsäure in der Wärme. 901
Eigenschaften : Perlmutterglänzende Blättchen , sehr schwer löslich in
kaltem , leichter in heifsem Wasser, sie verlieren -weder an der Luft noch
im leeren Raume von ihrem Gewichte. Setzt man seiner gesättigten heis-
sen wässerigen Lösung solange kohlensaures Sali hinzu, als noch ein
Aufbrausen entsteht, so erhält man ein neues sehr lösliches Salz, welches
nach dem Abdampfnn zu einer strahligen Masse gesteht; Säuren fällen
daraus das wiederhergesfcellte Doppelsalz. Manche Mutterlaugen, die nach
der Bereitung des Brechweinsteins übrig bleiben, bestehen grofsentheils
aus diesem löslichen, an Kali reicheren Salze.
Weinsaures Antimonoxid-Bleioxid.
Formel: T,Sb203,Pb0 fBnmas'). Durch Vermischung einer Brech-
weinsteinlösung mit einem löslichen Bleisalze erhält man einen weifsen
Niederschlag, der bei 100° die durch obige Formel angegebene Zusammen-
setzung besitzt; bei 200° verliert derselbe, wie der Brechweinstein, 2
Atome Wasser ( Dumas}.
Weinsaures Quecksilberoxidul .
Weinsaures Kali fällt die löslichen Quecksilberoxidulsalze in weifsen
glänzenden Schuppen, die sich am Lichte gelb färben; wird durch Kali
nur zur Hälfte zersetzt.
Weinsaures Quecksilberoxid.
Essigsaures Quecksilberoxid wird durch freie Weinsäure vollständig ge-
fällt. Kocht man Quecksilberoxid mit Weinstein, so löst sich dann eme
beträchtliche Menge auf.
Weinsaures Silberoxid.
Formel: T -f- 2AgO. Weifse glänzende Schuppen, leicht in Ammo-
niak löslich, damit erwärmt erfolgt Zersetzung unter Abscheidung von
metallischem Silber. Mit überschüssiger Kalilauge behandelt scheidet sich
die Hälfte des Silberoxids ab. Nach H. Rose werden Silbersalze, denen
Weinsäure zugesetzt werden , durch Alkalien vollständig gefällt.
Weinsaures Silber oxid- Antimonoxid.
Brechweinsteinlösung wird durch salpetersaures Silberoxid wfeifs ge-
fällt. Der Niederschlag ist ein Gemenge von Antimonoxid und weinsaurem
Silberoxid. Nach Wallquist ist derselbe dem BrechwTeinstein proportional
zusammengesetzt.
Weinsaures Palladiumoxid.
Salpetersaures Palladiumoxid giebt mit weinsauren Alkalien einen hell-
gelben Niederschlag ( Berzelius~).
\ erhalten der Weinsäure in der Wärme.
Die kristallisirte Weinsäure schmilzt bei 130 — 140° zu einer wasser-
hellen Flüssigkeit, welche stärker erhitzt ins Sieden geräth ; bei 100°
färbt sie sich. Läfst man sie vor diesem Zeitpunkte erkalten, so gesteht
sie zu einer wreifsen, durchscheinenden, harten Masse, welche aus der
Luft Wasser anzieht und zerfliei’st ; sie giebt mit Basen Salze, welche
sich in ihren Eigenschaften von den weinsauren unterscheiden. Für sich
in Wasser gelöst verwandelt sich die geschmolzene Säure nach und nach
wieder in gewöhnliche Weinsäure ißraconnot ). Durch die Einwirkung
603 Verhalten der Weinsäure in der Wärme.
der Wärme verliert die Weinsäure im Anfang %, sodann die Hälfte, zu-
letzt alles Hydratwasser.
Durch den Verlust von V4 Wasser entsteht Tartratsäure , bei weite-
rer Erhitzung Tartrelsäure. Schnell und rasch auf 180° erhitzt, bläht
sich die Weinsäure zu einer gelblichen, glänzenden, schwammigen Masse
auf, welche in kaltem Wasser unlöslich ist und die Zusammensetzung der
Weinsäure in dem Zustande, wie in den trocknen Weinsäuren Salzen,
besitzt.
Verdoppelt man die Formel der Weinsäure, so lassen sich alle Ver-
änderungen, die sie durch Schmelzen erleidet, in einer einfachen Form
ausdriicken :
Wasserfreie Weinsäure = C16 Hi6 O,0
Tartrelsäure = C16 HJ6 040 -+- 2aq
Tartralsäure =r C16 H16 020 ■+• 3aq
Kristallisirte Weinsäure = C16 11J6 O30 -f- 4aq
Die drei ersteren Modifikationen der kristallisirten Weinsäure verwandeln
sich beim Erhitzen mit Wasser schnell und kehren in den Zustand der
gewöhnlichen Weinsäure zurück ; ihre Bildung beruht höchst wahrschein-
licher Weise darauf, dafs ein Theil der kristallisirten Säure durch Ver-
lust von Wasser zu wasserfreier Säure wird, die ähnlich wie die Borsäure
und die arseuige Säure eine Verbindung mit der noch wasserhaltigen ein-
geht.
Betrachtet man die Formel C4 H4 Os als den Ausdruck der Zusammen-
setzung der wasserfreien Säure, so ist
kristallisirte Weinsäure = 2(C4 H4 Os) -j- 2aq
Tartralsäure ~ 8(C4 H4 Os) Hh- 2aq
Tartrelsäure = 4(C4 H4 04) 2aq
Als WasserstofFsäure betrachtet würde die wasserfreie Weinsäure,
welche als solche ihre Sättiguugscapacität verloren hat, als eingehend in
das Radikal der kristallisirten betrachtet werden müssen.
Das Wasser, was in obigen Formeln als Hydratwasser angegeben ist,
würde die Aequivalente der Basen bezeichnen, durch die es in den Wein-
säuren Salzen vertreten wird.
Die nemlichen Veränderungen, welche die Weinsäure beim Schmelzen
erfährt, werden hervorgebracht, wenn sie mit dem 3 — 4fachen Volum
concentrirter Schwefelsäure erhitzt wird, in dem Moment, wo beide auf
einander zersetzend wirken , wo man anfängt schweflige Säuren zu be-
merken, ist die Veränderung vor sich gegangen. Neutraüsirt man die mit
Wasser verdünnte Masse mit kohlensaurem Baryt oder Kalk, so bleiben
tartralsaurer Baryt oder Kalk in Auflösung.
Unterwirft man die Weinsäure, für sich oder zum Theil an Basen ge-
bunden, der trocknen Destillation, so erhält man neben Wasser und flüch-
tigen gasförmigen und ölartigen Produkten zwei Pyrogensäuren ; die eine
ist flüssig und nicht kristallisirbar, sie wird aus der kristallisirten Wein-
säure erhalten; die andere ist fest und kristallisirbar, man gewinnt sie am
reichlichsten aus sauren Weinsäuren .Salzen mit alkalischer Basis.
Die Zusammensetzung der flüssigen wird durch die Formel C6 H6 05
-f- aq, die der festen durch die Formel Cs H6 Os -4- aq ausgedrückt. Die
zweite unterscheidet sich von der erstem durch die Elemente von 1 At.
Kohlensäure, die sie weniger enthält.
Aus dem Vorhergehenden folgt, dafs diese beiden Pyrogensäuren nicht
Zersetzungsprodukte der kristallisirten Weinsäure seyn können, sondern
dafs sie aus dem Körper entstehen, dem man den Namen wasserfreie
Weinsäure gegeben hat.
2 At. wasserfreie Weinsäure enthalten die Elemente von
1 At. fester wasserfreier Pyroweinsäure C4 Hs 04
1 At. flüssige — — C6 H6 Os
5 At. Kohlensäure Cs 010
2 At. Wasser H4 O.
2 At. wasserfreie Weinsäure C16H1$080
Tartral sänre.
903
Bei dieser Zersetzung bleibt eine grofse Menge Kohle im Rückstand;
über deren Abscheidung obige Zusammenstellung keine Rechenschaft giebt.
Wenn das rohe Destillat der kristallisirten Weinsäure im Wasserbade
concentrirt, sodann in einer Retorte bei 110° der Rectifikation unterwor-
fen wird , so steigen Dämpfe auf; die sich in der Wölbung der Retorte
zu feinen Nadeln verdichten. Diese Kristalle bilden sich ebenfalls bei der
trocknen Destillation des weinsauren Kupferoxids ; sie verflüchtigen sich
bei der geringsten Erwärmung in weifsen, stechenden; Husten erregen-
den Dämpfen; die sich wieder zu Kristallen verdichten; schnell und rascli
erhitzt tritt Zersetzung ein. Diese Materie löst sich nicht in Wasser, aber
in wässerigen Alkalien und wird daraus durch Säuren wieder gefällt; sie
löst sich in Alkohol, Aether, flüchtigen Oelen und Essigsäure; die alko-
holische Auflösung röthet Lackmus; ihre Auflösung in Essigsäure fällt das
essigsaure Bleioxid weifs fGruntrJ.
T a r t r a l s ä u r e.
Formel: C12 H12 Oi5 -f 2aq. Nach Fremy : Ci6 H16 020 -f 3aq.
Darstellung: Kristallisirte Weinsäure wird in kleinen Portionen unter
beständigem Umriihren im Schmelzen erhalten; man hört mit dem Erhitzen
vor dem Zeitpunkte auf, wo sie anfängt eine schwach gelbliche Farbe an-
zunehmen. Die rückbleibende Masse ist Tartralsäurehydrat, verunreinigt
mit geringen Mengen Weinsäure. In verdünnter Auflösung und frei von
Weinsäure erhält man sie, wenn die geschmolzene Masse in Wasser ge-
löst mit kohlensaurem Baryt neutralisirt wird, wo sich weinsaurer Baryt
abscheidet. Tartralsaurer Baryt bleibt in Auflösung ; durch vorsichtige
Fällung des Baryts erhält man eine wässerige Lösung von Tartralsäure-
hydrat.
Eigenschaften: Unkristallisirbare, sehr zerfliefsliche, durchsichtige
oder durchscheinende Masse, die wässerige Auflösung reagirt und schmeckt
rein sauer, weniger sauer wie Weinsäure; sie löst sich in Alkohol. In
kaltem Wasser gelöst zerlegt sie sich langsam, schnell und rasch beim
Erhitzen; sie verwandelt sich wieder in gewöhnliche Weinsäure.
Fartralsaure Salze.
In den tartralsauren Salzen sind die in obiger Formel aufgeführten
2 Atome Hydratwasser der Säure ersetzt durch ihre Aequivalente Metall-
oxid, sie bildet mit Ammoniak, Kali, Natron, Baryt, Strontian, Kalk,
lösliche Salze; tartralsaures Bleioxid ist unlöslich in Wasser. Alle diese
Salze verwandeln sich bei Berührung mit Wasser nach und nach in freie
Weinsäure und weinsaure Salze. Schnell und rasch geschieht diese Ver-
wandlung beim Erwärmen und Kochen mit Wasser.
Tartralsaurer Baryt und Kalk w7erden erhalten , vvenu man die Flüs-
sigkeit, die man durch Sättigung der geschmolzenen Weinsäure mit kohlen-
saurem Baryt oder Kalk erhalten hat, mit Alkohol vermischt, so lange
noch ein Niederschlag gebildet wird. Mit Alkohol gewaschen und unter
der Luftpumpe getrocknet erhalten sie sich unverändert. Tartralsaures
Bleioxid wird am besten durch Fällung von salpetersaurem Bleioxid mit
freier Tartralsäure bereitet; der Niederschlag, den man vermittelst Wech-
selzersetzung von löslichen neutralen tartralsauren Salzen und Bleisalzen
erhält, wechselt in seiner Zusammensetzung.
Tartrelsäure .
Formel: Ci# Hi6 020 + 2aq. Nach Fremy : C8 H8 OJ0 4* aq.
Entdeckt von Fremy.
Darstellung : Entsteht beim längeren Schmelzen der Tartralsäure,
ohne die Temperatur zu erhöhen.
904
Wasserfreie Weinsäure.
Eigenschaften: Schwach gelbliche oder bräunliche Masse, weniger
zerfliefslich wie die Tartralsäure, unkristallisirbar, von saurem Geschmack,
leicht in Wasser und Alkohol löslich. Verwandelt sich mit Wasser schnell
in Tartralsäure und in Weinsäure. Die wässerige Auflösung bildet in es-
sigsaurem Baryt und Kalk flüssige syrupartige Niederschläge; mit Kali,
Natron und Ammoniak bildet sie lösliche Salze, die durch Alkohol aus
ihrer wässerigen Lösung gefällt werden. Alle diese Salze erleiden durch
Berührung mit Wasser ähnliche Verwandlungen wie die Tartralsäure. Das
Kalksalz ist nach der Formel C8 H8 0JO Hh CaO, das Barytsalz nach der
Formel C8 H8 010 -f- BaO zusammengesetzt fFremy).
Wasserfreie Weinsäure.
Wasserfreie Tartralsäure? Wasserfreie Tartrelsäure ?
Den einfachsten Ausdruck der Zusammensetzung dieses Körpers giebt
die Formel: C4 II* Os.
Darstellung : 15 bis 20 Grammen kristallisirte Weinsäure werden in
einer Porzellanscliaale rasch auf 180 — 200° erhitzt. Unter Entwickelung
von Wasserdämpfen bläht sie sich zu einer weifsen sehr porösen Masse
auf, die man ablöst und im Oelbade eine Zeitlang einer Temperatur von
150° aussetzt; man wäscht sie alsdann im gepulverten Zustande so lange
mit kaltem Wasser aus, bis das Waschwasser auf hört sauer zu reagiren,
und trocknet sie bei gewöhnlicher Temperatur im luftleeren Raume. Wird
die Masse, ohne sie in das Oelbad zu bringen, sogleich mit Wasser zu-
sammengebracht, so nimmt sie einen gallertartigen Zustand an, der das
Waschen erschwert; wird sie feucht an einen warmen Ort zum Trocknen
gebracht, so erleidet sie die beschriebenen Metamorphosen der Weinsäure
rückwärts und verwandelt sich in gewöhnliche kristallisirte Säure.
Eigenschaften : Die wasserfreie Weinsäure ist ein weifses Pulver,
unlöslich in Wasser, Alkohol und Aether, von sehr schwach saurem Ge-
schmack; sie absorbirt. Ammoniakgas und geht in Berührung mit Wasser
oder löslichen Basen in Tartrel-, Tartral- und gewöhnliche Weinsäure über.
JP yroweinsäure y flüssige.
Formel der wasserfreien Säure : C6 H6 04 ; Symb. : pR. ( Berzelius.")
Formel des Pyroweinsäure-Hydrats : pR HaO = pR -f- aq.
Bildung: Durch trockne Destillation der kristallisirten Weinsäure und
Traubensäure. Wir nehmen als Symbol für diese Säure pR an, weil sich
diese .Säure ebenfalls durch trockne Destillation der Traubensäure (Acidum
racemicum) bildet, und namentlich um sie von der festen Pyro Weinsäure
zu unterscheiden.
Darstellung : Kristallisirte Weinsäure wird in einer geräumigen tubu-
lirten Retorte, am besten über einer Spirituslampe, bei 200° der Destil-
lation unterwarfen. Wenn das Schmelzen eine Zeitlang gedauert hat,
bläht sich die Masse heftig auf uud droht überzusteigen, was man durch
häufiges Umrühren, durch die OefFnung des Tubulus hindert. Es destillirt
eine schwere saure Flüssigkeit über, w-elche nach starker Essigsäure
riecht; sie ist begleitet von einem fortwährenden Strom kohlensaurem Gas.
Wenn das Destillat stark gefärbt erscheint, unterbricht man die Destilla-
tion; der Rückstand in der Retorte ist alsdann halbflüssig, von tiefschwar-
zer Farbe; er ist unlöslich in Wasser, löslich in Alkohol und Alkalien;
bei fortgesetzter Erhitzung desselben bilden sich brennbare Gase und ein
brenzliches gefärbtes Oel.
Das Destillat riecht nach brenzlicher Essigsäure , es besitzt eine gelbe
Farbe und eine dickflüssige Consistenz; man bringt es in eine Retorte und
unterwirft es einer neuen Destillation im Wasserbade, wo ein Gemenge
P y r o w e i n s a u r e s A e t h y 1 o x i d.>
905
*
von Essigsäure und Brenzweinsaure übergeht, während ein dunkelbrauner
Syrup zurückbleibt, in dem sich zuweilen Kristalle bilden ; mit Wasser
vermischt trübt sich dieser Syrup und setzt eine harzähnliche Materie ab.
Die reinste Säure erhält man durch Zersetzung des brenzweinsauren
Bleioxids durch Schwefelwasserstoffsäure , es wird noch feucht mit wenig
Wasser übergossen und Schwefelvvasserstoffsäure bis zur vollständigen
Zerlegung hineingeleitet; die von dem Schwefelbiei getrennte Flüssigkeit
dampft man ins leeren Raume über Schwefelsäure bei gewöhnlicher Tem-
peratur ab.
Eigenschaften : Dicker, schwach gelblicher Syrup, in der Kälte ge-
ruchlos, beim Erwärmen stechend sauer, salzsäureartig riechend, von
scharf saurem, hintennach bitterem Geschmack. Mischt sich mit Wasser,
Alkohol und Aether in allen Verhältnissen; sie scheint nicht destillirt oder
verdunstet werden zu können ohne eine partielle Zersetzung; bei neuen
Destillationen bleibt stets ein brauner, wenig harzartiger Rückstand.
Pyroweinsaure Salze.
In den Verbindungen der Pyro Weinsäure mit Basen ist das Hydrat-
wasser der Säure ersetzt durch ein Aequivalent Metalloxid; die pyro-
weinsauren Salze sind zum Tlieil kristallisirbar und schwierig rein zu er-
halten. Bei der Sättigung der Säuren mit Alkalien und stärkeren Basen
färbt sich die Mischung gelb oder braun, indem die Säure eine Verände-
rung erleidet. Viele der löslichen Salze sind, wenn bei ihrer Darstellung
Erhitzung soviel wie möglich vermieden wurde, kristallisirbar, sie verlie-
ren aber die Fähigkeit regelmäfsige Formen anzunehmen, wenn ihre Auf-
lösung gekocht und in der Wärme verdunstet wird; man erhält in diesem
Falle das Salz in Gestalt eines Gummi’s. Wird das Verdunsten vermieden
und eine kochend gesättigte Auflösung eines kristallinischen Salzes erkal-
ten gelassen, so erhält man es wieder in der kristallinischen Modifikation.
Die trocknen pyroweinsauren Salze werden , auf 100° erhitzt, gelb, ohne
am Gewicht zu verlieren ; die Säure wird daraus durch conceutrirte Schwe-
felsäure nur schwierig abgeschieden, bei der Destillation geht ein Gemenge
von Pyroweinsäure und Essigsäure über, bei höherer Temperatur tritt
Zersetzung der Säure ein.
Der gröfste Theil der Salze dieser Säure mit Erden und Metalloxiden
ist löslich in kaustischen und kohlensauren Alkalien ; sie sind wenig lös-
lich in Alkohol, nicht in Aether.
Eine wässerige Auflösung der pyroweinsauren Salze nimmt durch Eisen-
oxidulsalze eine tief rothe Farbe an. In concentrirten Lösungen bildet sich
mit hineingelegtem schwefelsaurem Kupferoxid ein weifser Niederschlag.
Die Pyroweinsäure bildet saure Salze ; sie stellen im trocknen Zu-
stande durchscheinende, gummiähnliche, farblose Massen dar, welche
Lackmus röthen, aber nicht sehr sauer schmecken. Viele darunter, na-
mentlich die in neutralem Zustande unlöslichen, werden durch Wasser
zersetzt , andere von Alkohol ; die sauren Salze mit alkalischen Salzen
erleiden von beiden keine Veränderung.
Pyroweinsaures A elhyloxid .
Symb. : pR , AeO fMalaguti'). In eine Auflösung von 1 Th. Pyro-
weinsäure in 2 Th. Alkohol, die man in gelinder Wärme erhält, leitet
man getrocknetes salzsaures Gas, bis die Flüssigkeit mit Wasser vermischt
eine reichliche Menge pyroweinsaures Aethyloxid fallen Jäl’st ; durch Wa-
schen mit Wasser und Digestion mit Bleioxid erhält man es frei von Säure.
Das pyroweinsäure Aethyloxid stellt eine farblose, nach Calmiis rie-
chende, mit Wasser nicht mischbare Flüssigkeit dar, von scharfem bitte-
rem Geschmack; ihr spec. Gewicht bei 15° ist 1,016, siedet bei 218° bei
0,758™t Barometerst. , wobei Färbung und Zersetzung eintritt ( Malaguti ).
Geigtrs Pharmacie. U ( 5 te Aufi.) 58
906
Feste Pyrowei »säure.
Pyroweinsaures Bleioxid,
Formel des kristallisirten bei 100° getrockneten Salzes: pR, PhO, aq.
( Berzelius }. Man erhält dieses Salz, wenn concentrirte Pyroweinsäure
mit neutralem essigsaurem Bleioxid gemischt wird, wo es sich nach eini-
ger Zeit in Gestalt eines weifsen körnigen Pulvers, zu dem sich die ganze
Masse verdickt, absetzt. Durch Waschen läfst es sich von der anhängen-
den Mutterlauge und essigsauren Salzen befreien und mufs ohne alle Hülfe
von Wärme getrocknet werden.
Eigenschaften: Weifses, nicht zusammenhängendes Pulver, im Was-
ser schwierig löslich, wird bei 100° gelb ohne am Gewicht zu verlieren,
bei 130° nimmt es unter Verlust seines Kristallwassers eine brandgelbe
Farbe an. Das gelb gewordene Salz giebt, mit kohlensaurem Natron zer-
setzt, citrongelbes kohlensaures Bleioxid und eine gelbe Auflösung des Na-
tronsalzes , was in diesem Zustande in die gummiähnliche Modifikation
übergegangen ist. Behandelt man das neutrale Salz mit verdünntem Am-
moniak, so erhält man ein basisches Salz, pH, 3PbO, aq.
Pyroweinsaures Silber oxid.
Formel: pR, AgO ( Berzelius'). Reine Pyroweinsäure wird mit frisch-
gefälltem feuchtem Silberoxid gesättigt, wo sich das Salz sogleich in Ge-
stalt einer kristallinischen blätterigen Masse abscheidet. Man löst sodann
die Kristalle in siedendem Wasser und läfst nach dem Abfiltrircn erkalten.
Bei Anwendung von kohlensaurem Silberoxid wird die Säure unter Re-
duktion des Oxids zersetzt.
Eigenschaften : Glänzende, der Borsäure ähnliche Schuppen, fühlt sich
sanft an wie Talk, wird im Sonnenlicht leberbraun, und erträgt 100° ohne
sich zu gelben; das Salz ist schwerlöslich in kaltem Wasser, die Auflösung
kann ohne Veränderung nicht abgedampft werden. Wird ein lösliches
pyroweinsaures Salz der guminiähulichen Modifikation in Wasser gelöst
und mit salpetersaurem Silberoxid vermischt, so erhält man einen weifsen
flockigen Niederschlag, ohne Zeichen von Kristallisation; er löst sich leich-
ter :n heifsem Wasser als in kälterem und verträgt die Erhitzung weniger
leicht als das andere Silbersalz ; wird leicht gelb und setzt reducirtes
Silber ab.
Platinchloriir und -Chlorid erleiden durch Pyroweinsäure oder deren
Salze keine Veränderung, Goldchlorid wird hingegen leicht und schnell
vollständig beim Sieden reducirt.
Pyroweinsäure , feste.
Formel der wasserfreien Säure: C3 H6 03. Symb. : pT.
Formel des Hydrats: Ct H6 03 + H20 = pT, aq ( Peloune ).
Bildung : In geringer Menge bei der Destillation der kristallisirten
Weinsäure, in gröfserer Quantität bei Destillation von saurem weinsaurem
Kali ( Weniselos ).
Darstellung : Eine gläserne Retorte wird zu % mit reinem Weinstein
angefüllt und der Destillation unterworfen. Die als Destillat erhaltene
saure gefärbte Flüssigkeit wird im Wasserbade bis zum Kristallisations-
punkt abgedampft, wo nach dem Erkalten und weiteren freiwilligen Ver-
dampfen die Brenzweinsäure sich absetzt. Die Mutterlauge behandelt man
zur Zerstöruug des vorhandenen brenzlichen Oels mit etwas rauchender
Salpetersäure bei gelinder Wärme, raucht die freie Salpetersäure im Was-
serbade ab und reinigt die erhaltenen Kristallmassen durch neue Kristal-
lisationen.
Eigenschaften : Weifse, kristallinische, aus schiefen rhombischen Säu-
len bestehende Masse, von saurem, der Bernsteinsäure ähnlichen Ge-
schmack; sie schmilzt bei 107 — 110°, fängt bei 140 — 150° an zu sie-
Pyro wein saure Salze.
907
den und sich zu verflüchtigen ; auf einem Platinblech erhitzt verdampft sie
ohne Rückstand; in einer Retorte erhitzt hinterläfst sie Kohle; sie ist
leicht in 3 Th. Wasser ; Alkohol und Aether löslich. Schwefelsäure ist
ohne Wirkung in der Kälte auf die kristallinische Säure, in der Wärme
wird sie zersetzt; mit Salpetersäure erwärmt löst sie sich anfangs ohne
Veränderung; damit in concentrirtem Zustande gekocht wird die Brenz-
weinsäure zersetzt. Salzsäure zeigt keine zersetzende Einwirkung. Kalk-
und Baryt- Wasser; Chlorcalciumauflösung so wie salpetersaures Bleioxid
werden davon nicht gefällt; mit essigsaurem Bleioxid vermischt bilden sich
nach einiger Zeit weifse, sehr schwerlösliche Nadeln von brenzweinsau-
rem Bleioxid ( Weniselos'). In AViderspruch mit diesen Angaben stehen
nie Beobachtungen Gruner’s. Derselbe erhielt die Säure durch Destillation
des AVeinsteins, Sättigung des Destillats mit kohlensaurem Baryt und Fäl-
lung der erhaltenen Auflösung in der Kälte mit Alkohol. Der Niederschlag
wurde nach dem Auswaschen mit verdünnter Schwefelsäure vorsichtig zer-
setzt und die Flüssigkeit zum Kristallisiren durch Verdampfen gebracht.
Die von Grüner erhaltene Säure stellte vierseitige farblose Säulen oder
sternförmig vereinigte Blättchen dar, von angenehm saurem Geschmack;
sie schmelzen bei 100° und verlieren hierbei 8 p. c. AAfasser. Die Auf-
lösung in der Sonne verdunstet wird zum Theil in eine gelbe zähe Masse
verwandelt. Eine ähnliche Abänderung erfolgt beim Aufbewahren einer
verdünnten Auflösung; mit Salpetersäure erhitzt tritt Zersetzung unter
Bittermandelölgeruch ein, bei Destillation dieser Mischung erhielt er eine
blausäurehaltige Flüssigkeit. Die Zusammensetzung der Säure ist nach
Grüner’ s Analyse C4 H6 04. Sie bildet nach demselben Doppelsalze von
Bargt mit Kali , Baryt mit Natron, Bleioxid und Ammoniak , und liefert
durch Behandlung mit Chlor eine der Citronsäure in ihrem Verhalten ähn-
liche Säure.
Pyroweinsaure Sal%e.
Die Angaben von Pelouze, Grüner und Weniselos sind in Hinsicht
auf die Eigenschaften der pyroweinsauren Salze so verschieden, dafs sie
sich nicht mit einander vereinigen lassen. Nach Weniselos bildet diese
Säure vorzugsweise saure kristallisirbare Salze, und neutrale, welche
nicht kristallisiren. Nach Pelouze wird die Zusammensetzung des Bleisal-
zes durch die Formel Cs H6 03 H- PbO ausgedruckt. Das saure Kalisalz
besteht nach Weniselos aus 20s H6 03 KO, H*0. (Man sehe Aun. de
chimie et de phys. T. 56. p. 397. Ann. der Pharm. XV. S. 151. Tromms-
dorffs N. Journal XXIV. S. 55.1
Neue Säure y durch Zersetzung aus Weinsäure ? gebildet.
In einer Fabrik in Pforzheim wurde von Beimann und Nöllner die
Beobachtung gemacht , dafs eine Weinsteinmutterlauge, welche eine Menge
fremder Stoffe und Salze enthielt, nachdem sie u ährend eines Sommers
sich selbst überlassen geblieben war, durch Zusatz von Schwefelsäure
einen starken Geruch nach Essigsäure entwickelte. In Folge des Ver-
suches, die vermeintliche Essigsäure hieraus darzustelleu, erhielt man eine
saure Flüssigkeit von dem Geruch nnd allen Eigenschaften der Essigsäure,
nur darin von ihr wesentlich verschieden, dafs sie Salze von anderer
Form und Zusammensetzung bildete. Die neutrale Verbindung dieser Säure
mit Bleioxid kristallisirt z. B. nur schwierig in der syrupdicken Auflösung
in blumenkohlähnlichen Vegetationen, die basische hingegen leicht in
grofsen, regelmäßigen , durchsichtigen Octaedern, welche in der AVärine
der Hand in ihrem Kristallwasser schmelzen und sich in ein Skelett von
wasserfreiem Salz und in eine gesättigte Lösung des nemlichon Salzes
verwandeln. Diese Kristalle enthalten 35,6 p. c. Bleioxid und 43,8 Kri-
stallwasser. Eine ähnliche Verschiedenheit zeigen die Verbindungen dieser
908
Trauben säure.
Säure mit andern Basen , das Silbersalz enthält z. B. 61,3 p. c. Silberoxid
und stellt feine dünne Nadeln dar , während das essigsaure Silberoxid in
breiten glänzenden Blättern kristallisirt und 70 p. c. Silberoxid enthält.
Eine nähere Untersuchung dieser Säure bereitet sich so eben vor, sie wird
bald entscheiden , ob sie in der That eine oigenthümliche Säure oder ein
Gemenge von Essigsäure mit einer andern Materie ist.
Traubensäure.
Formel die nemliche wie bei der kristallisirten Weinsäure. Symb. K.
Die kristallisirte Säure ist R -+- 2aq. Die bei 100° getrocknete R -f- aq.
Entdeckt von Kestner in Thann , von John als eigenthiimliche Säure
unter dem Namen Voghesische Säure beschrieben. Die Zusammensetzung
der Säure wurde durch Gay-Lussac und Berzelilus ermittelt , die Gleich-
heit in den Verhältnissen der Elemente der Wein - und Traubensäure gab
Berzelius Veranlassung zur Aufstellung der Klasse von chemischen Ver-
bindungen , die man isomere nennt.
Darstellung : Bis jetzt ist diese Säure nur als Nebenprodukt bei der
Darstellung der Weinsäure erhalten worden. Wenn nemlich die Flüssig-
keit, die durch Zersetzung des Kalkniederschlags vermittelst Schwefel-
säure erhalten wurde, abgedampft und im concentrirten Zustande der
Winterkälte ausgesetzt wird , so scheiden sich lange vorher , ehe sich
Kristalle von Weinsäure bilden, kristallinische Krusten von Traubensäure
aus , die man durch neue Kristallisationen leicht reinigt. Dasselbe ge-
schieht, wenn die Mutterlauge von der Darstellung der Weinsäure stark
abgekiihlt wird.
Berzelius giebt zu ihrer Bereitung folgende Methode au, die sich auf
die Unkristaliisirbarkeit des Doppelsalzes gründet, was diese Säure mit
Kali und Natron bildet. Gewöhnlicher Weinstein wird mit kohlensaurem
Natron neutralisirt, das Seignettesalz auskristallisirt uud die riiokbloibende
Mutterlauge gerade so wie bei der Darstelluug der Weinsäure behau Jelfc.
Die Traubensäure kristallisirt zuerst, erst wenn die Flüssigkeit Syrupeon-
sistenz erlangt hat, erhält man Kristalle von Weinsäure.
Eigenschaften : Die kristallisirte Traubensäure bildet asserklare
schiefe rhombische Prismen, welche in trockner Luft verwittern. Sie be-
sitzt einen stark sauren Geschmack, ist geruchlos. Durch die Einwirkung
der Wärme schmilzt sie (über 200°) zu einer farblosen Flüssigkeit, die
in höheren Temperaturen sich gelb färbt und Produkte liefert, welche
vollkommen analog sind denen, welche aus der Weinsäure uuter denselben
Verhältnissen gebildet werden.
Die kristallisirte Traubensäure enthält 2 Atome (31,306 p. c.) Was-
ser, von welchen sie die Hälfte bei der Verwitterung in der Wärme ver-
liert; sie löst sich in 5,7 Wasser von 15° C. (Walchner ) und ist in Alko-
hol weniger löslich als in Wasser; die verdünnte wässerige Lösung zer-
setzt sich beim Aufbewahren unter Schimmelbildung.
Die Traubensäure bildet in der Auflösung des salpetersauren, schwe-
felsauren Kalks und Chlorcalciums einen Niederschlag von (raubensaurera
Kalk. Der traubensaure Kalk ist in Chlorwasserstoffsäure löslich und wird
daraus wieder durch Ammoniak gefällt, durch beide Reactionen unter-
scheidet sich die Traubensäure wesentlich von der Weinsäure.
Traubensaure Salze.
Die Traubensäure bildet mit den Basen die traubensauren Salze; die
bis jetzt untersuchten sind das traubensaure Aethyl- und Methyloxid , das
saure traubensaure Kali , das traubensaure Bleioxid , das traubensaure
Antimonoxid-Kali und traubensaure Silberoxid ; sie besitzen genau die
Zusammensetzung der weinsauren Salze der nemlichen Basen, ihre Eigen-
schaften und Verhalten sind nur unvollständig bekannt.
Trauben sau res Silber Oxid.
909
Saures traubensaures Aethyloxid.
Formel: R, AeO, 2aq f Guerin Varry ). — Darstellung wie die des
entsprechenden weinsauren Salzes.
Eigenschaften : Farblose * geruchlose Prismen von saurem , hintennach
süi'slichem Geschmack, in ihrem Verhalten an der Luft, im Wasser etc.
analog der entsprechenden Weinsäuren Verbindung.
Mit Kalkwasser erhält man damit einen in Wasser und einem lieber-
schufs des sauren traubensauren Aethyloxids unlöslichen, aber in Salpe-
tersäure löslichen Niederschlag, mit Strontianwasser einen im Ueberschufs
des Fällungsmittels löslichen Niederschlag j Kali und Natron werden davon
gefällt, die Niederschläge sind schwerlöslicli. Essigsaures Bleioxid wird
davon weifs niedergeschlagen.
Die Zusammensetzung des traubensauren Aethyloxid-Kali}s wird durch
die Formel R, AeO, KO,2aq, die des traubensauren Aethyloxid- Baryts durch
R, AeO, öaO, 2aq, die des traubensauren Aethyloxid -Silber oxids durch
R, AeO, AgO ausgedrückt (Guerin Varry).
Saures traubensaures Methyloxid.
Formel: R,MeO,2aq ( Guerin Varry). — Darstellung und Eigen-
schaften wie die entsprechende weinsaure Verbindung, sie unterscheidet
sich von letzterer durch ihr Verhalten zu Kalkwasser und Natron. Mit
Kalkwasser vermischt entsteht nemlich ein im Ueberschufs des Fällungs-
mittels unlöslicher Niederschlag, und in reinem oder kohlensaurem Natron
verursacht sie keine Trübung.
Das traubensaure Methyloxid- Kali ist R, MeO, KO, aq, trauben-
saures Methyloxid- Baryt R, MeO, BaO, aq.
Traubensaures Bleioxid.
Formel des trocknen Salzes wie die des weinsauren Bleioxids. Giefst
man essigsaures Bleioxid in eine heifse Auflösung von Traubensäure bis
der Niederschlag nicht mehr verschwindet, und filtrirt die Flüssigkeit ab,
so scheidet sich daraus traubensaures Bleioxid in glänzenden Körnern ab^
welche beim Erhitzen unter Wasserverlust verkuistern.
Traubensaures Antimonoxid- Kali.
Darstellung, Zusammensetzung und chemisches Verhalten wie das des
Brechweinsteins ; in seiner Kristallform weicht es hingegen ab, indem es
in feinen meistens gruppenförmig vereinigten Nadeln kristallisirt, die aus
vierseitigen Prismen mit rhombischer Basis bestehen. Die Mutterlauge, au»
der sich dieses Salz abgesetzt hat, giebt bei weiterem Verdunsten kurze,
weifse, leichte Kristallnadeln , welche an der Sonne getrocknet milchweifs
werden.
Traubensaures Silberoxid.
Darstellung, Eigenschaften und Zusammensetzung wie das entspre-
chende weinsaure Salz.
Die Traubensäure verliert in gelinder Wärme die Hälfte ihres Hydrat-
wassers, eine Eigenschaft, welche der Weinsäure abgeht, sie bildet nach
den übereinstimmenden Untersuchungen von Gmelin und Ber%elius kein
Doppelsalz mit Kali und Natron , wonach man sie als einbasische Säure
betrachten inufs.
910
A e p f e 1 s ä 11 r e.
Wirkung der Wärme auf die Traubensäure.
Nach den Versuchen von Fremy verhält sich die Traubensäure, wenn
man sie der Einwirkung einer Temperatur aussetzt, bei welcher sich noch
keine empyreumatischen Produkte bilden, genau wie die Weinsäure; es
entstehen zwei neue Säuren, von denen die eine die Eigenschaften und
Zusammensetzung der Tartralsäure , die andere die Eigenschaften, Zu-
sammensetzung und Sättigungscapacität der Tartrelsäure besitzt; sie hinter-
läfst ferner in höheren Temperaturen eine mit der wasserfreien Weinsäure
in ihren Eigenschaften identische Materie, und zersetzt sich bei der trock-
nen Destillation wie die Weinsäure in zwei Pyrogeusäuren , von denen
die eine von Berzelius entdeckt und untersucht und als flüssige brenzliche
Weinsäure beschrieben worden ist.
Aepfelsäure.
Formel der wasserfreien Säure: C8 H8 08. Symb. : M.
Formel des Aepfelsäurehydrats: C8 H8 08 -f- 2aq. Symb.: M, 2aq.
Vorkommen und Geschichte : ln der Natur ist die Aepfelsäure sehr
häufig verbreitet, sie findet sich in vielen sauer- oder säuerlichschmecken-
den Früchten und Pflanzensäften , begleitet von Citronsäure und Wein-
säure; sie wurde zuerst von Scheele in dem Saft der Aepfel entdeckt,
woher ihr Name abgeleitet wurde. Donavan fand sie in den Vogelbeeren
(Sorbus aucuparia') , er hielt sie für eine eigentümliche von der Aepfel-
säure sich unterscheidende Säure und nannte sie Spiersäure facide sor-
bique'). Hraconnot bewies später ihre Identität mit der Aepfelsäure.
Darstellung : Das Aepfelsäurehydrafc gewinnt mau stets aus äpfelsau-
rem Bleioxid, was man mit warmem Wasser vertheilt und durch einen
Strom Schwefelwasserstoffgas zersetzt. Sobald die Flüssigkeit beim Um-
schütteln Geruch von freiem Schwefelwasserstoff zeigt, wird sie von dem
gebildeten Schwefelblei abfiltrirt, und anfänglich über freiem Feuer, zu-
letzt im WasserbaJe bis zur Consistenz eines Syrups abgedampft.
Eigenschaften : Das Aepfelsäurehydrat setzt sich aus einer concen-
trirten Auflösung, wenn sie längere Zeit an einem warmen Orte stehen
gelassen wird, in körnig, undeutlich kristallinischen Krusten ab, die bei
gewöhnlicher Temperatur an der Luft zerfliefsen. Die bei 120° getrock-
neten Kristalle enthalten kein Kristallwasser (Pelouze'). Die wässerige
Auflösung schmeckt sehr sauer , im unreinen Zustande aufbewahrt zersetzt
sie sich unter Schimmel- und Schleimbildung, sie reducirt Goldsalze und
wird durch Salpetersäure iu Kleesäure verwandelt. Mit Schwefelsäure-
hydrat erwärmt zerlegt sie sich unter Entwickelung von brennbarem Gas
und einer stechend sauren Flüssigkeit. Sie löst sich in Alkohol ohne
Rückstand.
Läfst man die kristallisirte Säure in einem Glas- oder Porcellangefäfs
längere Zeit an einem nicht über 130 — 140° warmen Orte stehen, so
schmilzt sie zuerst, nach einiger Zeit bilden sich in dieser Flüssigkeit feine
kristallinische Blättcheu, welche beständig zunehmen, zuletzt verwandelt
sie sich in eine trockne Masse oder dicken kristallinischen Brei, aus wel-
chem man durch kaltes Wasser unveränderte Aepfelsäure ausziehen kann.
Die letztere Auflösung zur Syrupdicke abgedampft und auf dieselbe Weise
behandelt, zeigt ganz die nemlichen Erscheinungen, d. h. sie verwandelt
sich durch den Einflufs der Wärme in eine in kaltem Wasser schwerlös-
liche Substanz , von stark sauren Eigenschaften. Der auf diese Weise aus
Aepfelsäure sich bildende Körper ist Fumarsäure.
Bringt man Aepfelsäurehydrat in eine kleine Retorte, welche zu %
damit angefüllt ist, und unterwirft sie einer raschen Destillation bei leb-
haftem Feuer, so destillirt im Anfang Wasser über, später kommt eine
flüchtige kristallisirende Säure; bei einem gewissen Zeitpunkte trübt sich
die in der Retorte schmelzende und siedende Säure, sie wird dicker und
Aepfelssiure Salze.
911
zäher. Entfernt man nun das Feuer, so geht die Destillation noch einige
Augenblicke fort, aber plötzlich erstarrt der Rückstand in der Retorte zu
einer kristallinischen , ganz trocknen, weichen Masse, welche ebenfalls
Fumarsäure ist.
Je schneller und rascher die trockne Destillation der Aepfelsäure ge-
leitet wird, desto mehr erhält man von der ebenerwähnten flüchtigen kri-
stallisirbaren Säure. Die so eben beschriebenen Zersetzungserscheinungen
und die dabei auftretenden Produkte sind von Pelouze zuerst beobachtet
und untersucht worden , die flüchtige Säure erhielt von ihm den Namen
Maleinsäure. Die Maleinsäure ist, wie aus dem Verhalten ihrer Silber-
salze hervorgeht, eine zweibasische Säure, woraus geschlossen werden
muls, dafs die Aepfelsäure ebenfalls zweibasisch ist.
Aepfelsäure Salze.
Die meisten Verbindungen der Aepfelsäure mit Basen sind im Wasser
löslich, die unlöslichen lösen sich in Salpetersäure.
Neutrales äpfelsaures Kali, Natron, Ammoniak und Manganoxydul
sind zerfliefslich , schwierig kristallisirbar, die sauren Salze dieser Basen
lassen sich in regelmäfsigen Formen erhalten.
Aepfelsaurer Baryt und Kalk verwandeln sich in erhöhter Temperatur
in fumarsaure Salze. ( Hagen.')
Vermischt man wässerige Aepfelsäure mit kohlensaurem Kalk und Ba-
ryt, so verbinden sich unter Entwickelung von Kohlensäure diese Metall-
oxide mit der Aepfelsäure , ohne aber dafs die Flüssigkeit selbst beim ge-
linden Erwärmen mit einem Ueberschufs der Basen ihre saure Reaction
verliert. Bei der wechselseitigen Zersetzung auflöslicher äpfelsaurer Salze
mit andern Metallsalzen fällt häufig mit dem unauflöslichen Salze, was
sich bildet, eine Portion des zugesetzten Salzes oder seiner Basis nieder,
so dafs der Niederschlag häufig eine Doppelverbindung enthält. Aepfel-
saures Kali, Natron und Ammoniak bilden mit unauflöslichen äpfelsauren
Metalloxidverbindungen Doppelsalze, welche in kaustischen Alkalien wie
die entsprechenden weinsauren Salze löslich sind. Die Gegenwart von
Aepfelsäure in einer Eisen- oder Kupferoxid- Auflösung verhindert z. B.
die Fällung dieser Oxide durch Alkalien. Unter den äpfelsauren Salzen
ist nur das äpfelsaure Eisenoxid in Weingeist löslich.
Kalkwasser mit Aepfelsäure neutralisirt bleibt in der Kälte und Wärme
klar, und bei fortgesetztem Abdampfen scheidet sich kristallinischer äpfel-
saurer Kalk ab, der sich beim Kochen mit Wasser wieder löst. Dieses
Verhalten unterscheidet sie hinlänglich von Kleesäure, Traubensäure,
Weinsäure und Citronsäure. Ein anderes Kennzeichen ist die ausgezeich-
nete Form, welche das frisch niedergeschlagene äpfelsaure Bleioxid beim
ruhigen Stehen in der Flüssigkeit annimmt. Der gebildete Niederschlag ist
nemlich weifs und im Anfang käseartig, nach und nach bilden sich aber
darin, von einem Mittelpunkte ausgehende, concentrisch gruppirte perl-
mutterglänzende Nadeln, io die sich nach und nach der ganze Niederschlag
verwandelt.
Aepf eisaures Ammoniak, saures. M, AdH40, aq fJ. LJ. Zur Dar-
stellung dieses Salzes bedient man sich am besten des unreinen äpfelsau-
ren Bleioxids, was man durch Fällung von Aepfelsaft oder besser des
Saftes der Vogelbeeren (welche im Anfang August gesammelt werden
müssen oder zu der Zeit, wo die grünen Beeren anfangen roth zu wer-
den) mit essigsaurem Bleioxid erhält. Das kristallinische äpfelsaure Blei-
oxid übergiefst man mit Wasser, erhitzt es damit auf 60 bis 70° und setzt
nun nach und nach so lange verdünnte Schwefelsäure zu, bis eine Probe
der Flüssigkeit, von dem gebildeten schwefelsauren Bleioxid abfiltrirt, mit
Barytsalzen einen schwachen Gehalt von freier Schwefelsäure zu erkennen
giebt, man setzt nun eine verhältnifsmäfsig kleine Menge überschüssiges
912
Ä e p f e 1 s ü u r e.
äpfelsaures Bleioxid hinzu , kocht eine Viertelstunde laug, und filtrirt die
tiefrothe saure Flüssigkeit von dem schwefelsauren Bleioxid ab, das man
mit Wasser auswäscht. Die erhaltenen sauren Flüssigkeiten, welche un-
reine Aepfelsäure enthalten, werden vereinigt und auf die Hälfte abge-
dampft. Man theilt sie alsdann in zwei gleiche Theile (dem Volumen
nach), sättigt den einen Theil mit kolilensaurem Ammoniak, schüttet so-
dann den ungesättigten Theil zu der andern Hälfte der neutralisirten Flüs-
sigkeit, dampft zur schwachen Syrupconsistenz ab und läfst sie ruhig er-
kalten. Es bildet sich nach 24 Stunden eine reichliche Kristallisation von
grofsen regelinäfsigen gefärbten Kristallen von saurem äpfelsaurem Am-
moniak, von denen man durch Verdampfen der Mutterlauge noch mehr
erhält. Die gefärbten Kristalle werden in heilem Wasser gelöst und der
Auflösung so lauge frischgeglühtes, mit Wasser wohlausgewaschenes Holz-
kohlenpulver zugesetzt, bis die Auflösung farblos ist. Beim Abdampfen
und Kristallisireu dieser Flüssigkeit erhält man vollkommen klares, farb-
loses saures äpfelsaures Ammoniak.
Man mufs sich hüten, Eisen oder Materien, welche Eisen enthalten,
in Berührung mit der Flüssigkeit zu bringen, denn man erhält in diesem
Fall gelblich gefärbte Kristalle, denen man durch Kohle oder durch ein
anderes Mittel die Farbe nicht entziehen kann. Enthält die Auflösung die-
ses Salzes bei seiner Darstellung saures schwefelsaures Ammoniak, so
wird dadurch eine sehr beträchtliche Menge saures äpfeisaures Salz un-
kristallisirbar gemacht.
Das saure äpfelsaure Ammoniak kristallisirt in wasserhellen Kristallen
von der Form des Bergkristalls; sie lösen sich in 8 Th. kaltem, in weni-
ger siedendem Wasser und sind unlöslich in Alkohol.
Aepfelsaures Aethyloxid. Thenard erhielt durch Destillation der
Aepfelsäure mit Schwefelsäure und Alkohol im Rückstände eine gelbliche
ölartige Flüssigkeit, schwerer wie Wasser. Bei Destillation von saurem
äpfelsaurem Ammoniak, Schwefelsäure und Alkohol, bis zum Schwarz-
werden des Rückstandes, erhält man ein höchst angenehm riechendes De-
stillat, aus welchem Wasser fumarsaures Aethyloxid in Gestalt einer öl-
artigen, ätherartigen Flüssigkeit abscheidet Man erhält die nemliche äther-
artige Substanz, wenn eine Auflösung von Aepfelsäure in starkem Alkohol
mit salzsaurem Gas gesättigt und bis zur Trockne abdestillirt wird , wobei
sehr geringer schwarzer Rückstand bleibt. Es geht bei dieser Destillation
zuerst ein salzsäurehaltiger Alkohol , sodann eine schwere ölartige saure
Flüssigkeit über, die, mit Wasser vermischt, sich zum grofsen Theil darin
löst, \vrobei ebenfalls fumarsaures Aethyloxid zurückbleibt.
Aep felsaurer Baryt. M, SBaO und M,2BaO,4aq. Eine Auflösung
von kohlensaurem Baryt in Aepfelsäure, welche bei gewöhnlicher Tem-
peratur gemacht ist, setzt beim Verdampfen an der Luft dünne durchsich-
tige Blätter von wasserhaltigem neutralem äpfelsaurem Baryt M, 2BaO, 4aq
ab, die sich in kaltem Wasser mit grofser Leichtigkeit lösen. Die Flüs-
sigkeit, in der sich diese Kristalle gebildet haben, reagirt stark sauer.
Erhitzt man die gesättigte Auflösung dieses Salzes in kaltem Wasser zum
Sieden, so trübt sie sich und es bildet sich ein starker Niederschlag von
wasserfreiem Salz M, 2BaO, was sich bei anhaltendem Kochen in mehr
Wasser wieder löst. Eine sauer reagirende Auflösung von koh’ensaurem
Baryt in Aepfelsäure setzt wasserfreies Salz beim Abdampfen in der W’ärme
in weifsen farblosen, in kaltem Wasser sehr schwerlöslichen Krusten ab.
Aepf eisaurer Kalk. Die Aepfelsäure bildet mit Kalk ein »saures, in
heifsem Wasser sehr lösliches, leicht kristallisirbares und ein neutrales
schwerlösliches Salz. Da man sich des sauren Kalksalzes zur Darstellung
des äpfelsauren Bleioxids und damit zur Darstellung der Aepfelsäure arn
vorteilhaftesten bedient, so soll seine Gewinnung aus Vogelbeersaft aus-
führlich beschrieben werden. Die im August gesammelten, rosenroth ge-
wordenen unreifen Vogelbeeren werden in einem Mörser von Eisen zer-
Aepfelsäure S a 1 » e.
913
stampft , der Saft ausgeprefst durch ein Tuch filtrirt und in einem kupfer-
nen Kessel so lange mit einer dünnen Kalkmilch versetzt, bis die Flüs-
sigkeit anfängt ihre Farbe zu ändern. Der rothe Saft wird beim Ueber-
sättigen mit Kalk dunkelgrün , beinahe schwarz. Der Kalk darf nicht bis
zur Erscheiuung dieser Farbe zugesetzt werden* sondern die Flüssigkeit
mufs eine schwach saure Reaction behalten und eine dunkelbraunrothe
Farbe besitzen. Wird sie bei diesem Zeitpunkte zum Sieden erhitzt und
im Kochen erhalten, so schlägt sich weifser, grobkörnig kristallinischer,
neutraler äpfelsaurer Kalk in grofser Menge nieder, den man mit durch-
löcherten grofsen Löffeln beständig aus der Flüssigkeit herausnimmt.
Wenn sich von diesem Niederschlag nichts mehr absetzt, setzt man wie-
der Kalkmilch mit der nemlichen Vorsicht zu und verfährt wie vorher, wo
man eine neue Quantität Niederschlag gewinnt.
Aller gewonnene neutrale äpfelsaure Kalk wird mit kaltem Wasser
abgewaschen und feucht in eine kochende Mischung von 1 Theil Salpeter-
säure mit 10 Theilen Wasser getragen, so lange sich darin noch auflest,
die heifse conceutrirte Auflösung läfst man alsdann erkalten, wo man eine
reichliche Portion von farblosem saurem äpfelsaurem Kalk in grofsen re-
geJmäfsigen Kristallen erhält. Man reinigt sie durch Auflösung in reinem
Wasser , ein Zusatz von Kohle ist hierbei nur selten nöthig. Die salpeter-
sauren Mutterlaugen sättigt man zuletzt mit Kreide und dampft sie ab , wo
wieder neutraler äpfelsaurer Kalk gewonnen wird , den man wie vorher
behandelt.
Unreifer Vogelbeersaft giebt nahe an 12 p. c. sauren äpfelsauren Kalk,
welcher 64,74 Aepfclsäurehydrat , 13,67 Kalk und 21,59 Kristall wasser
enthält.
Die Zusammensetzung des kristallisirten sauren äpfelsauren Kalks wird
durch die Formel M, | 6aq ausgedrückt, bei 100° verlieren die
Kristalle 2 Atome Wasser, bei 185° 5 Atome und werden zu M,
Die Kristalle sind durchsichtig und farblos, sie lösen sich in 20 Th. kaltem,
in ihrem gleichen Gewicht siedendem Wasser.
Neutraler äpfelsaurer Kalk. M, 2CaO. Beim Sättigen von Aepfel-
säure mit kohlensaurem Kalk erhält mau eine saure Auflösung, welche,
zum Sieden erhitzt, zu einem kristallinischen Brei gerinnt. Das sich ab-
scheidende pulverförmige Salz löst sich sehr schwer im Wasser, diese ge-
ringe Löslichkeit wird durch Aepfelsäure nicht vermehrt ; es enthält 2 At.
Wasser, was bei 200° weggeht.
Neutralisirt man Kalkwasser mit Aepfelsäure und läfst die Flüssigkeit
unter der Luftpumpe verdampfen, so erhält man grofse glänzende, in kal-
tem Wasser leicht lösliche Blätter; sie enthalten auf I Aeq. Kalk zwei
Atome Wasser, von denen bei 150° die Hälfte weggeht, wodurch das
Salz seine Löslichkeit verliert, bei 200° wird es wasserfrei; beim Er-
hitzen seiner concentrirtcn Auflösung schlägt sich das erstbeschriebene
Salz nieder.
Aepfelsäure Bittererde. M,2MgO, lOaq. Schöne durchsichtige, an
der Luft verwitternde Würfel, löslich in 28 — 29 Th. kaltem, leichter in
siedendem Wasser, welche bei 120° 8 At. Wasser verlieren.
Aepfelsaures Eisenoxid ist im unreinen Zustande als Eisenextract
Qextractum Ferri pomatum et eydoniatum') offlcinell. — Man bereitet es
am zweckmäfsigsten nach Michaelis und Bucholz , indem Quitten oder
säuerliche Aepfel auf einem Reibeisen zerrieben, und der zerriebene Brei,
mit dem 6ten Theil Eisenfeile gemengt, so lange (2 — 3 Tage) in gelinder
Wärme unter öfterm Rühren in Berührung gelassen wird, bis eine schwarz-
braune, stark eisenhaft schmeckende Masse entstanden ist, und sich kein
Wasserstoffgas mehr entwickelt. Da« Gemenge wird dann aoeh % bis %
914
A e p f e 1 s ä u r e.
Stunde in einem eisernen Gefälse gekocht * kolirt und gepreßt; der Rück-
stand nochmals mit etwas Wasser erhitzt, geprefst, alles Flüssige klar
geseiht und in gelinder Wärme, am besten im Wasserbad, zur Extract-
dicke verdampft. — Auch erhält man das Eisenextract durch anhaltendes
Digeriren und Kochen von 1 Theil Eisenfeile mit 4 Theilen Aepfel- oder
Quitten -Saft, und Abdunsten der klaren Flüssigkeit zur Extractdicke. —
Auf letztere Art wird weit schwieriger eine gesättigte Verbindung erhal-
ten, als auf die erste; denn der Saft wirkt nur sehr schwach auf das me-
tallische Eisen, wenn nicht zugleich Luft zutreten kann. Der Brei gestat-
tet aber den Luftzutritt weit mehr, die Oxidation des Eisens erfolgt darum
viel schneller, und man erhält eine möglichst mit Eisenoxid gesättigte,
äpfelsaure Verbindung. Die gegenseitige Einwirkung der StolFe liefse sich
wohl durch Silber, wie beim Eisenweinstein , befördern. — Das Eisen-
extract ist eine schwarzbraune, mit der Zeit öfters körnig- kristallinisch
werdende, an der Luft zerfliefsliche Salzmasse, von süfsem und zusam-
menziehend eisenhaftem Geschmack. — Enthält aufser äpfelsaurem Eisen-
oxid, Zucker, Gummi und sonstige extractive Theile. — Seine Güte er-
kennt man an seinem süi'sen und stark eisenhaften Geschmack, es darf
nicht brandig riechen und schmecken. Ein polirtes Eisen in dasselbe ge-
steckt, darf sich nicht verkupfern; oder etwas davon eingeäschert, Am-
moniak blau färben. Mufs sich in Wasser leicht lösen, die Lösung ist je-
doch immer etwas trübe. — Wird für sich in Pillenform und Mixturen
gegeben. — Darf mit keinen gerbestoffhaltigeu u. s. w. Substanzen gegeben
werden. — Ist Bestandteil der Tinct. Martis pomata und eydoniata.
Aepf eisaures Bleioxid. M, 2PbO, 6*aq fPelouxe'). Beim Vermischen
einer Auflösung vou saurem äpfelsaurem Ammouiak oder saurem äpfelsau-
rem Kalk mit essigsaurem Bleioxid entsteht ein Ammoniak- oder Kalk-
haltiger Niederschlag, blendend weifs, von käsiger Beschaffenheit. Beim
längeren Stehen in der, überschüssiges essigsaures Bleioxid enthaltenden,
Flüssigkeit, am besten an einem warmen Orte, verliert er seinen Ammo-
niak- oder Kalkgehalt und verwandelt sich in glänzend vveifse, durchschei-
nende, concentrisch gruppirte vierseitige Nadeln; diese Kristalle sind neu-
trales Salz mit 6 Atomen Kristall wasser, was durch erhöhte Temperatur
vollständig entfernt werden kann; saures äpfclsaures Bleioxid ist unbe-
kannt. Das äpfelsaure Bleioxid schmilzt in siedendem Wasser zu einer
durchscheinenden fadenziehenden Masse, es ist in kaltem Wasser sehr
schwer, in heifsem Wasser etwas leichter löslich, aus der gesättigten
wässerigen Auflösung setzt es sich nach ruhigem Stehen in glänzend
weifsen langen Nadeln ab. In Salpetersäure ist es leicht löslich.
Man wendet häufig zur Darstellung des sauren äpfelsauren Ammoniaks
das unreine gefärbte kristallinische äpfelsaure Bleioxid an, was man direct
durch Fällung von Aepfelsalt oder Vogelbeersaft mit äpfelsaurem Bleioxid
erhält.
Aepf eisaures Zinkoxid. M, 2ZuO, 6aq. Das neutrale Salz kristalli-
sirt in sehr glänzenden , harten, durchsichtigen, vierseitigen, geraden ab-
gestumpften Säulen mit zwei Flächen zugeschärft, in kaltem Wasser
schwierig, in 10 Th. siedendem löslich, wobei ein weifses Pulver zurück-
bleibt, was nach Braconnot 48,11 p. c. Oxid enthält. Das neutrale Salz
verliert bei 100° die Hä* Se, bei 120° alles Wasser. Das saure äpfel-
saure Zinkoxid M, £ H- 3aq C Braconnot) kristallisirt in Quadrat-
octaedern und ist im Wasser leichter löslich als das neutrale , beim
Schmelzen verliert es 2 At. Wasser.
Aepfelsaures Kupferoxid. Kohlensaures Kupferoxid löst sich in
wässeriger Aepfelsäure in grofser Menge zu einer schön grünen Flüssig-
keit auf, welche, bei 40 — 50° unter der Luftpumpe abgedampft, dunkel-
grüne wohlausgebildete Kristalle liefert; die Mutterlauge, in der sie sich
bilden, ist kaum gefärbt, sehr sauer. Die Kristalle lösen sich leicht iu
Maleinsäure.
915
kaltem Wasser; unter der Luftpumpe über Schwefelsäurehydrat werden
sie blau unter Wasserverlust. Wird ihre concentrirte Auflösung im Was-
ser zum Sieden erhitzt, so wird sie dick wie Brei, und es schlägt sich ein
grünes, in Wasser und Säure unlösliches Pulver nieder. Wird die wäs-
serige Auflösung mit Weingeist gemischt, so scheidet sich ein bläulich
grünes Salz ab, was nach dem Trocknen sich wieder leicht in Wasser
löst, beim Kochen verwandelt es sich in das unlösliche Salz, das letztere
ist M, 30u 0, 4aq , das mit Weingeist gefällte M,3CuO,5aq, das aus
der wässerigen Auflösung kristallisirte M, 3CuO, 6aq.
Aepf eisaures Silberoxid. M, 2AgO. Wasserfreier, glänzend weifser,
pulveriger Niederschlag, in Aepfelsäure, Salpetersäure und heifsem Was-
ser löslich.
Aepf eisaures Antimonoxidkali, Regelmäfsige Kristalle von unbestimm-
ter Zusammensetzung.
Maleinsäure.
Formel der wasserfreien Säure: C8 H4 06 (Pelou%e, J.L.J. Symb.: Ma.
Formel des Maleinsäurehydrats : C8 tl4 06 -+- 2aq. Symb. : Ma 2aq.
Entdeckt von Pelouze. Zweibasische Säure, siehe maleinsaures Sil-
beroxid.
Bildung siehe Aepfelsäurehydrat.
Darstellung. Das bei rascher Destillation von Aepfelsäurehydrat über-
gehende saure kristallinische Produkt löst sich gewöhnlich in dem Wasser,
was sich in der Vorlage sammelt, auf, und wird daraus durch Verdampfen
im Wasserbade rein und kristaliisirt erhalten. Wenn die Destillation des
Aepfelsäurehydrats über den Punkt hinaus fortgesetzt wird, wo die Masse
in der Retorte von gebildeter Fumarsäure fest wird, so erhält mau ge-
färbte brenzliche Produkte.
Eigenschaften. Das Maleinsäurehydrat scheidet sich beim Verdampfen
seiner concentrirten Auflösung in der Wärme in farblosen durchsichtigen
Blättern oder schiefen rhombischen Säulen ab , in gewöhnlicher Temperatur
verdampft efflorescirt es an den Gefäfswändeu zu blumeukohlähulichen Ve-
getationen; es ist in Wasser, Alkohol und Aether leicht löslich, die Auf-
lösungen sind sauer, hintennach ekelhaft, etwas metallisch schmeckend.
Der Hauptcharakter des Maleinsäurehydrats, wodurch es sich von dem
Hydrate der Aconitsäure unterscheidet , mit dem es eine gleiche Zusam-
mensetzung besitzt, ist sein Verhalten gegen die Wärme. Einer raschen
Destillation unterworfen zerlegt sich nemlich das Maleinsäurehydrat in
Wasser und in eine weifse , bei 57° schmelzende und bei 176° siedende
flüchtige Materie , welche die Zusammensetzung der wasserfreien Malein-
säure besitzt ( Pelouze ); diese Materie wird, über ihren Siedpunkt erhitzt,
zersetzt, sie färbt sich braun, liefert brennbare Gasarten und im Rück-
stände Kohle. Erhält man das Maleinsäurehydrat längere Zeit im Schmel-
zen , so zeigt es ganz ähuliche Erscheinungen wie das Aepfelsäurehydrat,
es verwandelt sich nemlich die flüssige Masse nach und nach in einen festen
kristallinischen Brei von reinem Fumarsäurehydrat, von dem man durch
Abspülen mit Wasser die unzerlegte Maleinsäure leicht trennen kann. Die
Maleinsäure unterscheidet sich in ihrer Zusammensetzung von der Aepfel-
säure durch die Bestandtheile von 2 Atomen Wasser, welche sie weniger
enthält, was ihre Bildung leicht erklärt.
Maleinsaure Salze.
Die maleinsauren Alkalien sind in Wasser sehr löslich , schwierig kri-
stallisirbar. Kalkwasser wird durch Maleinsäurehydrat nicht getrübt, in
Barytwasser bringt sie einen weifsen Niederschlag hervor, der sich sehr
916
Fumarsäure.
bald in kristallinische Blättchen verwandelt, der Niederschlag ist in reinem
Wasser löslich. Aus einer Mischung von maleinsaurem Kalk mit Chlor-
calciumlosung setzen sich nach mehreren Tagen kristallinische Nadeln ab,
die sich sehr schwer in Wasser lösen. Essigsaures Bleioxid wird durch
Maleinsäure käseartig getrübt, der weifse Niederschlag ist wasserhaltiges
maleinsaures Bleioxid Ma, 2PbO -b öaq ( Pelouze), das sieh beim ruhigen
Stehen in der Flüssigkeit in glänzende glimmerar tige Blättchen verwan-
delt. Sehr concentrirle Auflösungen von beiden zusammengemischt, geben
eine durchscheinende gallertartign Masse , die sich nach und nach ebenfalls
in kristallinische Blätter verwandelt. Lösliche maleinsaure Alkalien brin-
gen in Silbersalzen einen weifsen , beim trocknen Erhitzen verpuffenden
Niederschlag hervor, in der Flüssigkeit verwandelt sich dieser Nieder-
schlag in ein körniges kristallinisches Pulver Ma, 2AgO. Vermischt man
eine mäfsig coucentrirte Auflösung von Maleinsäure mit salpetersaurem
Silberoxid, so bilden sich sehr bald in der Flüssigkeit weifse, feine, glän-
Formel der wasserfreien Säure: C4 H2 03. Sy mb. : Fu.
Formel des Fumarsäurehydrats: C4 H2 03 -4- aq. Symb. : Fu, aq.
Zuerst beobachtet als Destillationsprodukt der Aepfelsäure von Las-
saigne , uutersucht und analysirt von Pelouze . Diese Säure wurde in der
Fumaria officincilis entdeckt von Winckler , ihre Identität mit dem Zer-
setzungsprodukt der Aepfelsäure wurde von Demarcay nachgewiesen; in
dem isländischen Moos entdeckt und untersucht von Schödler.
Bildung und Darstellung. Wie bei dem Aepfelsäurehydrat erwähnt
ist, entsteht die Fumarsäure, wenn man das erstere längere Zeit einige
Grade über seinen Schmelzpunkt erhitzt. Das Aepfelsäurehydrat verwan-
delt sich nach und nach in ein trocknes Haufwerk von Kristallen von Fu-
marsäurehydrat, von dem man die anhängende Aepfelsäure durch Waschen
mit kaltem Wasser entfernt.
Es entsteht ebenfalls Fumarsäure, wenn äpfelsaure Salze mit alkali-
scher Basis einer erhöhten Temperatur ausgesetzt werden.
Aus dem Safte der Fumaria officinalis, den man zum Kochen erhitzt
und filtrirt, erhält man, durch Fäliuug mit essigsaurem Bleioxid, fumar-
saures Bleioxid, aus dem mau durch Zersetzung vermittelst Schwefelwas-
serstoffsäure die Fumarsäure abscheidet. Digerirt man isländisches Moos
mit einer schwachen Kalkmilch mehrere Tage laug, prefst die Flüssigkeit
sodann aus und verdampft sie nach dem Filtriren bis auf die Hälfte, macht
sie sodanu durch Essigsäure sauer und versetzt sie siedend so lange mit
basisch es*igsaurem Bleioxid , bis der entstehende braunröthliche Nieder-
schlag (welcher den Farbstoff des alkalischen Auszugs enthält) anfängt
weifs zu werden , filtrirt die klare Flüssigkeit von dem Niederschlage ab
und läfst sie erkalten, so scheidet sich fumarsaures Bleioxid in weifsen
glänzenden, oder bräunlich gefärbten Nadel» ab. Diese Kristalle werden
gesammelt, mit heifsem Wasser übergossen und durch Schwefelwasserstoff-
gas, was man durch die Mischung leitet, zersetzt. Durch Auflösung der
gefärbten Kristalle von Fumarsäurehydrat in heifser Salpetersäure und
Abkühlung erhält man sie rein und farblos.
Das Fumarsäurehydrat stellt feine, weiche, glimmerartige, weifse
Blättchen dar, aus wässerigen Auflösungen kristallisirt es in blumenkohl-
artigen Verästelungen, es besitzt einen schwach sauren Geschmack, löst
sich in 200 Th. kaltem Wasser, leichter in heifsem Wasser und in Al-
kohol, so wie in heifser Salpetersäure, aus letzterer kristallisirt sie ohne
Veränderung. In einer Retorte erhitzt schmilzt das Hydrat, ein kleiner
Theil sublimirt, der gröfsfce Thoil wird unter Zurücklassung von Kohle
zende Nadeln von saurem
Fumarsäure .
Chinasäure. 917
zersetzt; auf einem Piatinblech au der Luft erhitzt, verdampft es ohne
Rückstand.
Fumaramid.
Formel C4 H, 02 + Ad (Hagen}. Man erhält diesen Körper, wenn
man fumarsaures Aethyloxid mit wässerigem Ammoniak in einem verschlos-
senen Gefäfse bei gewöhnlicher Temperatur sich selbst überläfst; nach und
nach verschwindet der Fmnaräther und an seiner Stelle entsteht Fumar-
amid. Dieser Körper stellt ein blendend weifses, nicht kristallinisches
Pulver dar, was in kaltem Wasser und Alkohol beinahe unlöslich ist, in
siedendem Wasser löst es sich bei fortgesetztem Kochen , die Auflösung
ist ohne Wirkung auf Pflanzenfarbeu und wird durch Metallsalze nicht ge-
fällt; durch Alkalien und Säuren wird das Fumaramid auf gewöhnliche
Weise zersetzt; für sich erhitzt wird es zersetzt, es entwickelt sich Am-
moniak und es bleibt ein kohliger Rückstand.
Fumarsäure Salze .
Die Fumarsäure bildet mit Kali und Natron leichtlösliche kristallisir-
bnre Salze, rnit Ammoniak ein in langen, durchsichtigen, schönen prisma-
tischen Säulen kristallisirendes saures Salz, 2Fu, AdH40,aq; ihre Ver-
bindungen mit Kalk, Baryt, Strontian sind schwerlöslich , leicht in regel-
snäfsigen Kristallen zu erhalten. Das fumarsaure Bleioxid kristallisirt aus
Wasser in feinen glänzenden Nadeln, lösliche fumarsaure Alkalien geben
mit essigsaurem Bleioxid dicke Niederschläge, welche nach und nach eine
kristallinische Beschaffenheit annehmen. Das kristallisirte Bleisalz ist ge-
nau wie das entsprechende maleinsaure zusammengesetzt. Das Silbersalz
Fu, AgO ist weifs, pulverförmig, sehr schwerlöslich, wasserfrei, es ver-
pufft beim Erhitzen.
Fumarsaures Aethyloxid erhält man , wenn eine Auflösung von Fu-
marsäurehydrat in Alkohol mit trocknem Chlorwasserstoffgas gesättigt und
bis zur Trockne destillirt wird. Im Anfang geht Chlorwasserstoffsäure und
Alkohol, zuletzt Fumaräther in Gestalt einer ölartigen Flüssigkeit über
von schwach aromatischem Geruch, schwerer wie Wasser. (Hagen.}
Säuren von unbekannter Constitution.
In dem Folgenden werden die Säuren beschrieben, deren Zusammen-
setzung bekannt, von denen es aber ungewifs ist, ob sie zu den ein- oder
mehrbasischen Säuren gerechnet werden müssen.
Chinasäure .
Formel der Säure in dem basischen Bleisalz : C? H8 ©4.
Formel der Säure in dem basischen Kupfersalz: C7 H10 04.
Formel der kristallisirten Säure: C: Hi2 06.
Die Chinasäure wurde 1790 von Hoff mann entdeckt und von Henry
§T Plisson , Baupy J. L. und Woskresensky untersucht; der letztere be-
richtigte ihre Zusammensetzung.
Darstellung. 6 Vs Th. kristallisirter reiner chinasaurer Kalk werden
mit 1 Th. Schwefelsäurehydrat und 10 Th. Wasser bei gelinder Wärme
einige Stunden digerirt, die über dem gebildeten schwefelsauren Kalk
stehende saure Flüssigkeit abfiltrirt und mit Alkohol versetzt, wo sich
der gelöst gebliebene Gyps abscheidet. Die klare Flüssigkeit wird gelinde
abgedampft und bei Syrupconsistenz sich selbst überlassen, wo die China-
säure in grofsen voluminösen Kristallen nach und nach anschiefst.
918
Chinasäure.
Die erhaltenen Kristalle von Chinasäurehydrat sind Combinationen
einer schiefen rhombischen Säule, sie sind farblos, durchsichtig, dem An-
sehen nach der Weinsäure sehr ähnlich, sie sind unveränderlich an der
Luft, bei 100°, in 2 Theilen Wasser sowie in Alkohol Jeich i löslich , von
1,637 spec. Gewicht. Bei der trocknen Destillation von kristallisirter
Chinasäure erhielten Pelletier und Caventou eine flüchtige kristallinische
Säure, ausgezeichnet durch die Eigenschaft, in Eisenoxidsalzen einen
schon grün gefärbten Niederschlag zu bilden ; sie ist nicht näher unter-
sucht.
Die Chinasäure weicht in ihren Verbindungsverhältnissen zu Baseo
von allen übrigen organischen Säuren ab, sie bildet vier Reihen von Sal-
zen , welche von Woskrescensku untersucht wurden. In einer ihrer Ver-
bindungen mit Bleioxid sind nemlich 2 Atome Wasser in der kristallisirten
Säure vertreten durch 2 Atome Bleioxid, es kann demnach nicht als ba-
sische« Salz betrachtet werden. Von diesem Salze ausgehend, wäre die
Chinasäure eine zweibasische Säure C. H8 04 -f- 2uq und das Bleisalz
c: h8 o4 -h ypbo.
Das sog. basische chinasaure Kupferoxid würde durch die Formel
Silberoxids und die des Kalksalzes führt zu andern Verhältnissen. Der
bei 120° getrocknete chinasaure Kalk enthält nemlich auf 1 Aeq. Kalk
eine Quantität Säure, welche der Formel CJl4 H22 0M entspricht; eine ähn-
liche Zusammensetzung besitzt das Silbersalz C14 II22 On -b AgO. Diese
beiden Salze sind in Wasser äul'serst löslich und ihre Auflösung reagirt
vollkommen neutral. Es ist denkbar, dafs die Chinasäure in dem oben-
erwähnten Blei- und Kupfersalz eine Veränderung erlitten hat, dals sie
bei ihrer Verbindung mit einer gröfseren Proportion Basis als wie der
Quantität im Silbersalze entspricht, die nernliche Modifikation erleidet wie
die Meta- oder Pyrophosphorsäure , w^enn diese mit überschüssigen Basen
der Glühhitze ausgesetzt werden.
Alle chinasauren Salze sind, bis auf das sog. basische ßleisalz, in
Wasser löslich, durch Alkohol werden sie aus der wässerigen Auflösung
gefällt, sie hinterlassen beim Glühen eine voluminöse Kohle. Vergleicht
man die Zusammensetzung der Chinasäure in dem Bleisalz mit der der
getrockneten Gallussäure, so crgiebt sich iusoferne eine Aehnlichkeit , als
sie eine gleiche Anzahl von Atomen enthalten. Die Gallussäure ist nem-
lich C7 H6 Os , kann mithin als Chinasäure betrachtet werden , worin l Aeq.
Wasserstoff ersetzt ist durch 1 Aeq. Sauerstoff. Die Chinasäure findet
sich nach Berzelius , wie die Gallussäure,, in der Rinde und dem Splint
vieler Bäume.
Chinasaurer Kalk. Dieses Salz ist fertig gebildet in allen China-
rinden enthalten und macht den Hauptbestandteil des kaltbereiteten China-
extracts aus. Man gewinnt es als Nebenprodukt bei der Bereitung des
Chinins und Cinchonins; wenn der salzsaure oder schwefelsaure Auszug
der Chinarinde mit überschüssiger Kalkmilch gefällt worden ist, bleibt der
chinasaure Kalk in Auflösung. Wird diese Flüssigkeit bis zur schwachen
Syrupconsistenz abgedampft und der Ruhe überlassen, so kristallisirt der
chinasaure Kalk heraus; durch Zusatz von Alkohol, in welchem der
chinasaure Kalk unlöslich ist, entfernt man das Chlorcalcium und die in
Alkohol löslichen Farbstoffe. Der rück bleibende chinasaure Kalk wird
durch Behandlung mit Knochenkohle und durch fortgesetzte Kristallisatio-
nen rein erhalten. Der chinasaure Kalk ist blendend wreifs, von Seiden-
glanz, in kleinen durchsichtigen, rhomboidalen, an der Luft unveränder-
lichen Blättchen kristallisirt, welche zu Krusten Zusammenhängen; erlöst
sich in 9 Th. kaltem Wasser, leichter in heifsem. Im kristallirten Zu-
Chi na saure Salze.
auszudrücken seyn. Die Untersuchung des Chinasäuren
Chinoyl. 919
stände ist er nach der Formel C14 H22 On , CaO, lOaq (29,5 p. c.) zu-
sammengesetzt.
Chinasaurer Baryt, kristallisirt in sechsseitigen kurzen Prismen, an
der Luft verwitternd, er enthält 17,42 p. c. Kristallwasser (6 At.).
Chinasaures Bleioxid . Chinasäure mit Bleioxid gesättigt, giebt eine
neutrale Flüssigkeit, welche, zur Syrupdicke abgedampft, zu kleinen
zarten, an der Luft unveränderlichen Nadeln erstarrt; durch Zusatz von
Ammoniak zu seiner siedenden Auflösung entsteht ein weifser häufiger, in
Wasser sehr wenig löslicher Niederschlag, welcher an der Luft Kohlen-
säure anzieht; dieses Salz enthält Wasser, was es bei 200° vollständig
verliert, ohne bei dieser Temperatur seine Farbe zu wechseln. Das ge-
trocknete Salz gab in der Analyse 73,36 Bleioxid, 13,8 bis 15,12 Koh-
lenstoff und 1,25 bis 1,48 Wasserstoff, entsprechend der Formel Cr H8 04,
2PbO. ( Woskrescensky .)
Chinasaures Kupferoxid. Die mit kohlensaurem Kupferoxid gesät-
tigte, etwas saure Lösung von Chinasäure giebt beim Abdampfen hell-
blaue Nadeln, die 16,981 Kristallwasser enthalten und an der Luft ver-
wittern; es ist schwierig, hierbei die Bildung von basischem Salz zu ver-
meiden. Dieses Salz bereitet man am besten aus chinasaurem Baryt, den
man durch schwefelsaures Kupferoxid zersetzt. Setzt man zu der Auf-
lösung des neutralen Kupfersalzes etwas Barytwasser, ohne aber dafs ein
Niederschlag entsteht, und dampft in gelinder Wärme ab, so schlägt sich
ein körnig kristallinisches, seladongrünes Pulver nieder, welches in trock-
ner Luft 2 Atome, bei 150° getrocknet 4 Atome, bei 155° noch l Atom,
im Ganzen 5 Atome Wasser bei dieser Temperatur verliert. Das kristal-
lisirte Salz ist 014 H20 010 , 2Cu O H- 5aq. ; das kristallisirte hinterläfst
26,4 p. c. Kupferoxid, das bei 155° getrocknete 31,1 p. c. fWoskres-
censky.)
Chinasaures Silberoxid. Durch Sättigen einer Auflösung von China-
säure mit kohlensaurem Silberoxid bei sehr gelinder Wärme erhält man
eine neutrale Auflösung, die uuter der Luftpumpe zu weifsen, warzenför-
migen Kristallen anschiefst; sie enthalten 38,8 p. c. Silberoxid, und ihre
Formel ist Ci4 H22 Ou, AgO ( Woskrescensky ). Bringt man eine Auflö-
sung von Chinasäure oder von einem ihrer löslichen Salze mit salpetersau-
rem Silberoxid zusammen, so wird sie Mischung durch Abscheidung von
metallischem Silber schwarz.
Zersetzungsprodukte der Chinasäure.
Chinoyl.
Wenn ein chinasaures Salz bei gelinder Hitze verbrannt wird, so be-
kommt man mit den Wasserdampfen einen Anflug von goldgelben subli-
mirharen Nadeln. Dieser Körper wird bequemer und in gröfscrer Menge
erhalten, wenn kristallisirte Chinasäure mit vier Theilen Braunstein und
einem Theil, mit seinem gleicheu Gewichte Wasser verdünnten, Schwe-
felsäurehydrat in einer Betörte gelinde erwärmt wird. Die Mischung bläht
sich stark und heftig auf, es entwickeln sich dicke Dämpfe, die sich in
der Vorlage zu feinen goldglänzenden Nadeln, mit einer sauren ameisen-
säurehaltigen Flüssigkeit, verdichteu. Durch Pressen zwischen Papier und
Sublimation W’ird diese merkwürdige Substanz rein erhalten; sie ist von
Woskrescensky entdeckt und mit Chinoyl bezeichnet w7orden.
Das Chinoyl ist goldgelb, glänzend, schwerer wie Wasser, ohne
Zersetzung sublimirbar in feinen Nadeln, es schmilzt bei 100° und ver-
flüchtigt sich in durchdringenden, die Augen zu Thräuen reizenden Däm-
pfen; in kaltem Wasser ist es schwer, in Alkohol und Aether leicht lös-
lich ; mit wässerigen Alkalien in Berührung löst es sich zu einer schwarz-
Buttersäuren.
920
braunen Flüssigkeit, wobei es vollständig zersetzt wird; diese alkalischen
Auflösungen hinterlassen nach dem Verdampfen eine schwarze 31asse,
welche, in kochendem Wasser gelöst, mit Säuren und Metallsalzen ver-
setzt, braune Niederschläge giebt.
Das Chinoyl wird durch Schwefelsäurehj'drat verkohlt, mit verdünn-
ter Schwefelsäure verwandelt es sich in braune unlösliche Flocken. Sal-
petersäure und Salzsäure lösen es mit gelber Farbe; in Blei-, Silber- und
Kupfersalzen verursacht seine wässerige Lösung keinen Niederschlag, ba-
sisch essigsaures Bleioxid gerinnt damit zu einer gelatinösen blalsgelben
Masse. Mit trocknem Chlorgase erwärmt , vereinigt es sich damit zu einer
blalsgelben flüchtigen kristallinischen Verbindung, welche, mit Ammoniak-
gas in Berührung, eine smaragdgrüne Farbe annimrnt.
Buttersäuren.
In der Butter der Kuh und Ziege sind drei flüchtige Säuren enthalten,
verschieden in ihrer Zusammensetzung und durch die Salze , welche sie
bilden ; sie sind von Chevreul entdeckt und mit Buttersäure , Caprinsäure
und Capronsäure bezeichnet worden. Zu ihrer Darstellung w'endet man
ihre Barytsalze an, welche gleichzeitig gewonnen und durch folgendes
Verfahren von einander geschieden werden.
Mau verseift Butter mit verdünnter Kalilauge und setzt dem klaren
Seifenleim, mit heifsem Wasser verdünnt, so lange im Ueberschufs eine
Auflösung von Weinsäure zu, bis die fetten, in der Flüssigkeit unlöslichen
Säuren abgeschieden sind. Buttersäure, Caprin- und Capronsäure bleiben
in diesem Fall in der wässerigen Flüssigkeit in Auflösung. Die abgeschie-
denen fetten Säuren werden in der W'ärme mit Wasser abgewaschen , das
Waschwasser and die ebenerwähnte weinsäurehaltige Flüssigkeit in eine
Retorte gegeben, und so lange destillirt , als die Wasserdämpfe noch Ge-
ruch zeigen. Das Destillat enthält Buttersäure, Caprin- und Capronsäure ge-
löst , es wird mit Barythydrat gesättigt und zur Kristallisation abgedampft,
man läfst die coucentrirte Flüssigkeit von Zeit zu Zeit erkalten, und
trennt die sich bildenden Kristalle von der Mutterlauge. Die Kristalle der
ersten Kristallisation bestehen aus caprinsaurem, die der letzten aus butter-
saurem Baryt. Ein Theil buttersaurer Baryt bedarf 2%, ein Theil capron-
saurer Baryt IS1/*, und ein Theil caprinsaurer Baryt 200 Theile Wasser
zu seiner Auflösung. Wenn man mithin ein Gemenge von capronsaurem
und buttersaurem Baryt mit 23/4 Wasser bei gewöhnlicher Temperatur
übergiefst, so löst sich nur eine Spur capronsaurer Baryt auf, den man
durch fortgesetzte Behandlung auf diese Weise zuletzt rein erhält.
Das Buttersäurehydrat löst sich in allen Verhältnissen in Wasser, Ca-
pron- und Caprinsäurehydrat sind hingegen in Wasser schwerlöslich und
scheiden sich bei Zersetzung ihrer Salze durch Säuren ölartig auf der
Oberfläche ab. Man kann demnach das Buttersäurehydrat leicht darstellen,
w’enn ihr Barytsalz in 6 Theilen Wasser gelöst und mit verdünnter Schwe-
felsäure mit der Vorsicht versetzt wird, dafs noch ein kleiner Theil des
Barytsalzes unzersetzt bleibt, den man zusetzen mufs, wenn die Säure
vorwaltet. Man erhält auf diese Weise eine etwas barythaltige Auflösung
von Buttersäure in Wasser, aus welcher man reines wasserhaltiges Butter-
säurehydrat durch Rectification erhält; waren dem Barytsalz Spuren von
Caprin- oder Capronsäure beigemengt, so bleiben diese in der Retorte an
Baryt gebunden zurück, sie sind beide weniger flüchtig als die Buttersäure.
Das Buttersäurehydrat wird aus seiner wässerigen Auflösung durch Sätti-
gung derselben vermittelst Chlorcalcium in der Form einer Oelschicht ab-
geschieden. Man kann die partielle Zersetzung durch Schwefelsäure bei
einem buttersäurehaltigen capronsauren Baryt benutzen, um im Rückstände
der Destillation reinen capronsauren Baryt zu gewinnen.
Zur Darstellung des Caprin- und Capronsäurehydrats werden ihre
trocknen Salze in einem hohen Glascylinder mit etwas mehr als ihren»
Buttersäure.
92i
halben Gewicht verdünnter Schwefelsäure (aus gleichen Theilen Wasser
und Säure) übergossen, und an einem mäfsig warmen Orte stehen gelas-
sen, wo sich die Hydrate dieser Säuren in Gestalt eines Oels auf der
Oberfläche der Flüssigkeit ablagern , welches abgenommen wird ; man
wiederholl den Zusatz von Schwefelsäure zu dem Rückstände so lange,
als man noch eine Scheidung von Oeltropfen bemerkt. Durch Berührung
mit groben Stücken geschmolzenen Chlorcalciums entzieht man diesen
Hydraten das beigemengte Wasser.
Buttersäure.
Formel der wasserfreien Buttersäure: C3 Hu 03 (?) fChevreuf).
Formel des Buttersäurehydrats: C8 Hn Oä ~b aq (?) (iChevreul).
Durch die Analyse fand Chevreul 62,83 Kohlenstoff, 7,01 Wasserstoff
und 30,17 Sauerstoff.
Eigenschaften des Buttersäurehydrats : Wasserklare, ölartige Flüs-
sigkeit von saurem Geruch nach ranziger Butter und beifsend saurem äther-
artigem Geschmack; auf der Zunge verursacht sie einen weifsen Fleck.
Ihr spec. Gewicht ist bei 25° 0,976*5; sie wird bei —9° nicht fest,
macht auf Papier, einen verschwindenden Fettfleck, verdunstet leicht au
freier Luft, siedet oberhalb 100°; absorbirt, an der Luft aufbewahrfc,
Sauerstoffgas und verharzt zum Theil ; sie ist entzündlich und brennt mit
rufsender Flamme, läfst sich in jedem Verhältnifs mit concentrirter Schwe-
felsäure und Salpetersäure, Wasser, Alkohol, Aether , flüchtigen und
fetten Oelen mischen ; starke Mineralsäuren scheiden das Hydrat aus seiner
wässerigen Auflösung zum Theil ab, mit verdünnter Schwefelsäure destil-
lirt zersetzt sich eine Portion davon.
Buttersaure Salze,
Alle buttersauren Salze besitzen einen schwachen Geruch nach Butter-
säure. Buttersaures Kali, Natron und Ammoniak sind in Wasser sehr
löslich , schwierig kristallisirbar. Buttersaures Aethyloxid wird nach Si-
mon durch Destillation von Buttersäurehydrat, Alkohol und Zusatz von
etwas Schwefelsäure erhalten. Das vou Simon dargestellte buttersaure
Aethyloxid ist farblos, ölartig, von durchdringendem äthe rar tigern Geruch
nach altem Käse, (eine Portion desselben, welche Simon zum Behufe einer
Analyse mittheilte, gab über 67 p. c. Kohlenstoff, anstatt 63,6 p. c. , was
es der Rechnung nach geben sollte); es wird häufig angeweudet, um dem
gewöhnlichen Kartoffel- und Getreidebranntwein einen Rumgeschmack zu
er theilen.
Buttersaures Glyceryloxid siehe Butter.
Buttersaurer Baryt. Lange, abgeplattete, biegsame, durchscheinende
Prismen von Wachsglanz , unveränderlich in der Leere, schmeckt alka-
lisch, nach frischer Butter, löslich in 2,77 Wasser bei 10°. Ein Stück-
chen Salz auf Wasser geworfen , bewegt sich wie Kampher auf der Ober-
fläche des Wassers, bis zur vollendeten Auflösung. Die Auflösung reagiri
schwach alkalisch , wird durch die Kohlensäure der Luft theilweise zer-
setzt, verliert Buttersäure beim Sieden mit Alkohol, zersetzt sich bei der
trocknen Destillation; unter Rücklassung von wenig Kohle destillirt hier-
bei eine gelbe, durchdringend riechende Flüssigkeit; das trockne Salz ent-
hält 49,375 Baryt CChevreul).
Buttersaurer Kalk, kristallisirbar in feinen Nadeln, löslich in 5,69
Wasser, in heifsem bei weitem schwieriger, so dafs eine kalt gesättigte
Auflösung beim Sieden zu einem Brei gerinnt. 2 Theile buttersauier Kalk
und 3 Th. buttersaurer Baryt, zusammen in Wasser gelöst, geben, an der
Geiger s Pharmacie. L (5 te Aufl.)
Mg
Capron- und Cap rin säure.
922
Luft verdampft, cctaedrische Kristalle, welche diese beiden Basen enthal-
ten; (zweibasische Säure?).
Mit Bleioxid bildet die Buttersäure ein neutrales leichtlösliches und
ein basisches schwerlösliches Salz mit 3 At. Bleioxid. Das buttersaure
Kupferoxid zerlegt sich beim Sieden der wässerigen Auflösung unter Bil-
dung eines blauen, bald braun werdenden Niederschlags.
Nach einer Angabe in Lüwig’s Chemie der organischen Verbindungen
I. Bd. S. 115 ist die Formel der Buttersäure in dem trocknen Barytsalz
C: Hia 05. Durch Destillation desselben erhält inan Butyron, zusammen-
gesetzt nach der Formel C6 H^ 0. (K raus.') (?)
Caprons ä u r e [Aride caproique ).
Das Capronsäurehydrat stellt eine wasserklare ölartige Flüssigkeit dar,
riecht sauer, nach Schweifs, schmeckt beifsend, hintennach süfslicli' nach
Aepfeln, ein Tropfen davon auf die Zunge gebracht hinterläfst einen w ei fsen
Fleck; spec. Gewicht bei 26° ~ 0,922, wird bei — 9° nicht fest, ver-
dampft an der Luft, von höherem Siedpunkt als Wasser. Für sich destil-
lirt wird sie zersetzt, sie löst sich in 96 Wasser von 7°. Mit Alkohol,
Aether, Oelen mischbar, sowie in concentrirter Schwefelsäure und Sal-
petersäure, wiewohl in geringer Menge löslich; entzündlich , .mit rufsen-
der Flamme verbrennend. Durch die Analyse derselben erhielt Chevreul
68,33 Kohlenstoff, 9,00 Wasserstoff, 22,67 Sauerstoff für die Zusammen-
setzung derselben im ßleisalz, was der Formel Cia H16 03 entspricht; das
Hydrat enthält 1 At. Wasser.
Capronsaure Salze.
Die capronsauren Salze besitzen den Geruch der Säure, sie werden
durch trockne Destillation unter Rücklassung von Kohle zersetzt; das
Kali-, Natron Ammoniak Strontian- und Barytsalz sind in Wasser
löslich.
Capronsaurer Baryt. Dieses Salz kristallisirt in sechsseitigen Blätt-
chen von Perlmutterglanz im feuchten Zustande, beim Liegen an der Luft
werden sie unter Wasserverlust undurchsichtig und talkartig; das Salz
schmilzt und zersetzt sich unter Schwärzung in der Hitze, 100 Th. Was-
ser von 10,5° lösen 8,02 capronsauren Baryt.
Caprinsäur e.
Formel der Säure in dem Bleisalz: C,8 H28 03 (Chevreul).
Das Caprinsäurehydrat ist bei 18° in seinen Eigenschaften den vorher-
beschriebenen ähnlich; ihr spec. Gewicht ist bei dieser Temperatur 0,9103;
bei 11,5° geschüttelt gerinnt sie zu einer Masse von feinen Nadeln, wel-
che bei 16,5° ihren Zustand behaupten und bei 18° vollkommen flüssig
werden; sie riecht wie die Capronsaure, mit einem Beigeruch nach Ziegen-
böcken; sie löst sich in , 6 Th. AVasser von 20°, in Alkohol in allen Ver-
hältnissen. 100 Theile an Bleioxid gebundene Caprinsäure geben 74 Koh-
lenstoff, 9,75 Wasserstoff und 16,25 Sauerstoff (Chevreul).
Caprinsaurer Baryt kristallisirt aus kaltgesättigten Auflösungen an
der Luft in hanfkörnergrofsen rundlichen Kristallen, aus gesätiigt heifsen
Auflösungen in feinen glänzenden, sehr leichten Schuppen, von Fettglanz,
welche in der Leere ihren Glanz behalten; die Kristalle besitzen einen
schwachen Geruch nach Caprinsäure; schmeckt schwach alkalisch, bitter, >
nach Caprinsäure; löst sich in 200 Th. Wasser von 20°, die Auflösuag
reagirt alkalisch und wird an der Luft durch Bildung von kohlensaurem
Baryt trübe, in verschlossenen Gefäfsen zersetzt sie sich, es schlägt sich
kohlensaurer Baryt nieder und die rückständige Flüssigkeit riecht genau
wie Boqueforter Käse; das Salz enthält 36,08 Baryt (Chevreul),
Phocensäure.
923
H i r ein säur e.
Zusammensetzung unbekannt. Entdeckt von Chevreul in dem Bockstalg.
Man verfährt zur Darstellung der Hircinsäure genau, wie bei der vor-
hergehenden Bereitung der Buttersäuren angegeben ist. Das wässerige
Destillat der nach Zersetzung der Bockstalgseife erhaltenen sauren Flüs-
sigkeit wird mit Baryt gesättigt, die Auflösung abgedampft und das trockne
Salz durch verdünnte Schwefelsäure zersetzt, wo sich Hirciusäurehydrat
in Gestalt eines Oels abscheidet. Dieses Hydrat ist noch bei 0° flüssig,
leichter als Wasser, von saurem Bocksgeruch, wenig löslich in Wasser,
bildet mit Baryt und Kali lösliche Salze,
Phocensäur e .
Synonyme : Delphinsäure.
Formel der Saure im Bleisalz: C10 H14 0, (.Chevreul),
Formel des Delphinsäurehydrats: C,0 H14 Os •+» aq.
Entdeckt von Chevreul in dem Fischthran und den Beeren von Vibur~
num Opulus.
Zur Darstellung der Phocensäure wird die Fischthranseife mit einem
Ueberschufs von Weinsäure zersetzt und die wässerige, hierbei erhaltene
Flüssigkeit, nachdem sie von den abgeschiedenen fetten Säuren getrennt
ist, der Destillation unterwarfen; aus dem Destillate stellt man sich durch
Sättigung mit Barytwasser phocensauren Baryt dar, aus dem sich durch
Behandlung mit verdünnter Phosphorsäure oder Schwefelsäure Phocensäure-
hydrat abscheidet. Durch Rectifikation im Wasserbade erhält man es rein,
wiewohl wasserhaltig. Durch Digestion mit geschmolzenem Chlorcalcium
wird es vom Wasser befreit.
Das reine Delphinsäurehydrat ist farblos, dünnflüssig, ölartig, von
stark saurem Geruch nach Thran und ranziger Butter (keinen Käsgeruch),
und brennend saurem, ätherartigem Geschmack, es bringt auf der Zunge
einen weifsen Fleck hervor, wird bei — 9° nicht fest, von 0,932 spec.
Gewicht bei 28°, sein Siedpunkt liegt über 100°, es brennt wie ein flüch-
tiges Oel. Wird bei längerer Berührung mit der Luft verändert, ebenso
bei Destillation in lufthaltigen Gefäfsen ; es löst sich in 18 Th. Wasser von
30° und wird durch concentrirte Phosphorsäure und Chlorcalcium daraus
wieder abgeschieden. Die wässerige Auflösung zersetzt sich bei Luitzu-
tritt und nimmt den Geruch von eingeschmiertem Leder an ; es löst sich
in der Kälte in concentrirter Schwefelsäure, wenig in starker Salpeter-
säure, in beiden, dem Anschein nach, ohne Veränderung.
Phocensäure Salze.
Metallisches Eisen löst sich bei Luftzutritt in wässeriger Phocensäure
mit brauner Farbe. Das Barytsalz kristallisirt in regeimäfsigen , oft zoll-
grofsen , durchsichtigen, farblosen, fettglänzenden, leicht zerreiblichen,
zwischen den Zähnen knirschenden Kristallen, von schwachem, der Säure
ähnlichem Geruch und stechend erwärmendem, alkalinischem , süfslichem
Geschmack nach Phocensäure ; es löst sich in seinem gleichen Gewicht
Wasser bei 20°, leichter in heifsem; verliert im leeren Raume über Schwe-
felsäure 2,41 p. c. Wasser und damit seine Durchsichtigkeit, in diesem Zustande
enthält es 44 p. c. Baryt. Der trocknen Destillation unterworfen erhält
man unter Schwärzung ein gelbes, in Kalilauge unlösliches, stark riechen-
des flüchtiges Liquidum , sodann kohlensaures Gas und Kohlenwasserstoff.
Phocensaures Kali, Natron , Strontian , Kalk und Bleioxid besitzen
eine dem Barytsalz ähnliche Zusammensetzung. Das Natronsalz ist zer-
fliefslich ; die Phocensäure bildet mit Bleioxid ein basisches Salz mit 3 A4.
Basis.
921
Sabadill- und Camphor säure.
Die Analyse des neutralen Bleisalzes lieferte Chevreul für die Zu-
sammensetzung der an Bleioxid gebundenen Säure 65 Kohlenstoff, 8,25
Wasserstoff und 26,75 Sauerstoff.
• $ abadillsä u- re.
Von Pelletier und Caventou entdeckt.
Der Same von Veratrum Sabadilla giebt, in der Wärme mit Aether
behandelt, an diesen ein fettes Oel ab, was nach der Verdampfung des
Aethers zurückbleibt. Wird dieses Oel mit kaustischem Kali verseift, die
Seife mit Weinsäure zersetzt, und die wässerige Flüssigkeit, von deren
Oberfläche man die abgeschiedenen fetten Säuren entfernt, der Destilla-
tion unterworfen, so erhält man in der Vorlage eine Auflösung von Sa-
badillsäure in Wasser, welche, mit Barytwasser gesäitigt und zur Trockne
verdampft, sabadillsauren Baryt hinterläfst. Wird dieses Salz mit syrup-
dicker Phosphorsäure destillirt, so sublimirt die Sabadillsäure in weifsen,
perlmutterglänzenden, bei 20° schmelzbaren Nadeln; sie besitzen den Ge-
ruch der ßuttersäure und lösen sich in Wasser, Alkohol und Aether. Ihre
Zusammensetzung ist unbekannt.
Crotonsäure.
Sy 7i. : Jatrop ha säure. Acide jatrophique. Entdeckt von Pelletier
und Caventou.
Das in dem Samen von Croton tiglium enthaltene fette Oel giebt, ganz
auf die nemliche Weise wie das Oel des Sabadillsamens behandelt, eine
feste, äul'serst flüchtige Säure von durchdringendem ekelhaftem, Nase und
Augen heftig reizendem Geruch; sie röthet Lackmus, schmeckt scharf,
bewirkt Entzündung und äufsert giftige Wirkungen. Das Crotonöl enthält
freie Crotonsäure.
Man kann zur Darstellung dieser Säure nach Büchner und v. Valta
die zerstofsenen Samen geradezu mit Kali verseifen, und aus dieser Flüs-
sigkeit, nach Zusatz von Schwefelsäure in schwachem Ueberschufs und
Destillation, wässerige Crotonsäure erhalten.
Die crotonsauren Salze sind geruchlos; das Barytsalz kristallisirt in
perlmutterglänzenrien Blättchen, die sich leicht in Wasser und Alkohol lö-
sen. Crotonsaures Kali kristallisirt in rhomboidalen, an der Luft unver-
änderlichen Prismen; es ist in Alkohol schwerlöslich. Crotonsäure Magne-
sia ist in Wasser sehr schwerlöslich, körnig, kristallinisch. Blei-, Kupfer-
und Silbersalze werden von den löslichen crotonsauren Alkalien gefällt.
Camp h o r s ä u re.
Formel der wasserfreien Säure: C10 H14 05. Symb. : Ca tMalaguti,
Laurent , Walter').
Formel des Camphorsäurehydrats: CI0 II14 03 -4- aq. Symb.: Ca, aq.
Entdeckt von Kosegarten. Die wasserfreie Säure wurde zuerst dar-
gestellt und untersucht von Malaguti und Laurent. Die Camphorsäure
entsteht durch Behandlung des Camphors mit Salpetersäure.
Darstellung. Uebergiefst man in einer Retorte Camphor mit seinem
zehnfachen Gewicht concentrirtcr Salpetersäure, so schmilzt er beim Er-
wärmen zu einer dunkelgelben ölartigen Flüssigkeit, welche bei fortge-
setzter Digestion, unter häufiger Erneuerung der Säure, nach und nach
völlig verschwindet. Die Salpetersäure hinterläfst alsdann beim Abdampfen
oder Abkühieu kristallisirte Camphorsänre, die man mit Wasser zum Sie-
den bringt und nach und nach so viel kohlensaures Kali zusetzt, bis die
Flüssigkeit nicht mehr aufbraust. Es scheidet sich hierbei meistens eiue
Camphorsaure Salze.
925
Portion nicht oxidirten Campltors ab, don man von derselben trennt; man
concentrirt die Flüssigkeit durch Abdampfen, vermischt sie mit überschüs-
siger Salpetersäure und läfst erkalten , wo Camphorsäure auskristallisirt.
Man wäscht die Kristalle mit Wasser ab und reinigt sie völlig durch wie-
derholte Kristallisationen.
Eigenschaften des Camphor säurehydrats. Das Camphorsäurehydrat
kristaliisirt aus Wasser in kleinen, feinbiättrigen , durchsichtigen, farblosen
Blättchen oder vereinigten Nadeln, von saurem, hintennach bitterm Ge-
schmack; es ist in kaltem Wasser sehr wenig, in heifsem leichter löslich.
In Alkohol und Aether ist es sehr löslich, sowie in flüchtigen und fetten
Gelen. Es schmilzt beim Erhitzen bei 170° C. , ohne Verlust zu erleiden.
Bei trockner Destillation wird es zersetzt in Wasser uud eine kristallini-
sche Substanz , welche die Zusammensetzung der wasserfreien Camphor-
säure besitzt; es bleibt hierbei ein schwacher Rückstand von Kohle. Das
Camphorsäurehydrat löst sich in concentrirter Salpeter- und Schwefelsäure
ohne Veränderung.
Camphorsaure Salze.
Die in Wasser löslichen camphorsauren Salze geben bei Zusatz von
Säuren, im concentrirten Zustande, einen weifsen kristallinischen Nieder-
schlag von Camphorsäurehydrat. Camphorsaures Kali und Natron sind
äufserst löslich , schwierig kristallisirbar. Camphor saurer Bargt , Stron-
tian, Bittererde , Manganoxidul sind leicht löslich, kristallisirbar. Die
meisten übrigen Metallsalze geben mit camphorsauren Alkalien schwer-
lösliche Niederschläge.
Camphorsaures Ammoniak. Ca, Ad H4 0 ( Mataguti ). Man erhält
dieses Salz durch gelindes Erwärmen von Camphorsäurehydrat in trock-
nem Ammoniakgas; es ist leichtlöslich in Wasser, geschsnack- und geruch-
los, die wässerige Auflösung reagirt schwach sauer.
Sättigt mau eine kochende Auflösung von Camphorsäurehydrat mit
doppelt kohlensaurem Ammoniak und dampft gelinde ab , so erhält man
kleine, sehr weifse, in kaltem Wasser leichtlösliche Prismen, von saurer
Reaction und Geschmack; es ist nach der Formel SCa, | -+• 9aq
zusammengesetzt und verliert in einem trocknen Luftstrom bei 100®
9 Atome = 19 p. c. Wasser. C Mataguti .)
— Ae O )
Camphorsaures Aethyloxid , saures. 2Ca, £ ( [Mataguti ). Zur
Darstellung des sauren camphorsauren Aethyloxids werden 10 Theile Cam-
phorsäurehydrat, 20 Theile Alkohol uud 5 Th. Schwefelsäure in einer Re-
torte der Destillation unterworfen , bis die Hälfte der Masse iiberdestiliirt
ist, man giefst alsdann Wasser auf den Rückstand in der Retorte, wo sich
die Verbindung in Gestalt einer ölartigen syrupdicken Flüssigkeit nieder-
schlägt; sie kann durch Auflösung in einer schwachen Kalilauge, in der
sie löslich ist, und Zusatz von Salzsäure, wodurch sie gefällt wird.
Waschen mit Wasser und Stehenlassen in der Leere über Scliwefelsäure-
bydrat rein erhalten werden.
Bei gewöhnlicher Temperatur ist das saure camphorsaure Aethyloxid
durchscheinend, farblos, von Syrupconsisfenz ; sein spec. Gewicht ist 1,095
bei 20,5°; es besitzt einen schwachen eigentluimlichen Geruch und bittern
unangenehmen , nicht sauren Geschmack ; es röthet nach längerer Zeit
Lackmus, ist wenig in Wasser löslich, mit Alkohol und Aether mischbar.
Durch Kochen mit Wasser wird es in Camphorsäurehydrat und Camphor-
äther zersetzt. Es verliert bei 130° nichts an seinem Gewichte, geräfch
bei 196° ins Sieden, wobei es bei immer steigender Temperatur unter
Schwärzung zersetzt wird. Es destilliren Alkohol und brennbare Gase
uud ein flüchtiger weifser kristallinischer Körper von der Consistenz der
Spiesglanzbutter über, welcher, in siedendem Alkohol gelöst, beim Er»
926
Wasserfreie Camphorsäure
kalten Kristalle van sog. wasserfreier Camphorsäure giebt, wärend eine
Mutterlauge bleibt, die neutrales camphorsaures Aethyloxid enthält.
Das saure campborsaure Aethyloxid bildet mit Alkalien und Metall-
oxiden eine Reihe Doppelverbindungen, in denen das Atom Wasser, was
sie enthalten, durch ein Aequivaleot Metalloxid ersetzt wird. Die Salze
mil alkalischer Basis sind löslich , die übrigen können in Gestalt von
schwerlöslichen Niederschlägen erhalten werden.
Camphorsaures Aethyloxiä-Kupferoxid , was man durch Fällung von
schwefelsaurem Kupferoxid mittelst camphorsaurein Aethyloxid-Ammoniak
erhält, ist ein anderthalb basisches Salz mit 4 At. Wasser (?).
— A 6 O )
Camphorsaures Aethyloxid- Silb er oxid, 2Ca, £ (Malayuti ), ist
wasserfrei; es stellt einen weifsen, gallertartigen, in Wasser etwas lös-
lichen Niederschlag dar.
Camphorsaures Aethyloxid , neutrales. Ca, AeO (Malayuti). Das
in heifsem Alkohol gelöste Destillat des sauren camphorsauren Aethyl-
oxids setzt beim Erkalten, wie oben erwähnt, Kristalle von wasserfreier
Camphorsäure ab ; werden die alkoholhaltigen Mutterlaugen weiter ver-
dampft, und, wenn sie keine Kristalle mehr geben, mit Wasser ver-
mischt, so schlagt sich ein schwerer ölartiger Körper nieder; diefs ist neu-
trales camphorsaures Aethyloxid. Zu seiuer völligen Reinigung von an-
hängender Säure mufs es mit einer schwachen Kalilauge gekocht, mit
Wasser gewaschen, durch Stehenlassen über Chlorcalcium getrocknet und
einer Rectifikation unterworfen werden.
Reines camphorsaures Aethyloxid ist flüssig, ölartig, von etwas dunk-
ler Farbe und höchst unangenehmem bittenn Geschmack, sein Geruch ist
eigentümlich , in Dampfgestalt unerträglich eckelhaft; sein spec. Gewicht
bei 16° ist 1,029; es siedet bei 285 — 287°, wobei ein kleiner Theil zer-
setztwird; es ist schwer entzündlich, mit rufsender Flamme verbrennend;
leichtlöslich in Alkohol uud Aether, unlöslich in Wasser, ohne Wirkung
auf Pflanzenfarben. Brom, Iod und Ammoniakgas, die sich im Carnphor-
äther reichlich lösen , scheinen keine zersetzende Wirkung auszuüben.
Mit Chlor behandelt, entsteht Chlorcamphoräther, C10 Hi4 05 H- C4 H6 CJ4 O
(Malayuti).
Camphorsaures Silberoxyd. Ca, AgO (Malayuti). Weifser, in Was-
ser unlöslicher Niederschlag.
Wi asserfrei e Camphorsäure.
Formel der kristallisirten Säure: C10 H14 05 (Malayuti, Laurent).
Was die Constitution der sog. wasserfreien Camphorsäure betrifft, so
fehlen alle Untersuchungen darüber. Die Existenz von wasserfreien or-
ganischen Säuren ist höchst unwahrscheinlich, uud ihre Annahme offenbar
daraus entsprungen, dafs man die wahre Constitution ihrer Hydrate nicht
kennt. Aus dem Verhalten des Brechweinsteins und der Existenz des von
Fehling entdeckten bernsteiusauren Bleioxids geht offenbar hervor, dafs
die als wasserfrei betrachtete Weinsäure und Bernsteiusäure noch eine
gewisse Quantität durch Basen ersetzbares Wasser enthalten. Auf ähnli-
che Weise mag es sich mit der sog. wasserfreien Camphorsäure verhalten.
Alle diese sog. wasserfreien Säuren stehen zu ihren Hydraten offenbar in
einem ähnlichen Verhältnifs wie die Metaphosphorsäure zur Phosphorsäure;
es geht wenigstens aus der Untersuchung von Malayuti hervor, dafs die
sog. wasserfreie Camphorsäure mit Basen Salze mit andern Eigenschaften
bildet.
Darstellung. Man erhält reine wasserfreie Camphorsäure, wenn das
feste butterartige Destillat des Camphorsäurebydrats oder des sauren
Wasserfreie C araphorsäure. 9^7
camphorsauren Aethyloxids mit kaltem Alkohol abgewaschen , der Rück-
stand in siedendem Alkohol gelöst und erkalten gelassen wird.
Eigenschaften. Die wasserfreie Camphorsäure bildet farblose, glän-
zende, lange, platte, prismatische Kristalle mit rhombischer Basis, von
1,194 spec. Gew. bei 20,5°; sie ist nicht sauer, geschmacklos, verursacht
beim Verschlucken ein Kratzen im Schlunde wie Benzoesäure; in kaltem
Wasser sehr wenig, etwas leichter in heifsem löslich: die siedend gesät-
tigte wässerige Auflösung setzt den üeberschufs in kleinen weifsen was-
serfreien Kristallen beim Erkalten wieder ab. Mit Wasser zwei Stunden
lang gekocht, wird sie nicht in Hydrat verwandelt (Malaguti) ; setzt man
das Kochen mehrere Stunden lang fort, so löst sie sich zuletzt auf und
verwandelt sich in Camphorsäurehydrat ( [Laurent ). Sti kaltem Alkohol ist
sie leichter wie in Wasser, in siedendem in grofser Menge löslich. Sie
schmilzt bei 217° , sublimirt aber schon bei 130° in schönen weifsen Na-
deln ohne Rückstand. Beim Pulvern werden die Kristalle sehr elektrisch.
In einen Strom Ammoniakgas destillirt, giebt sie eine nicht weiter unter-
suchte gelbliche Flüssigkeit, die zu einer durchscheinenden, leicht in
Wasser und Alkohol löslichen Masse erstarrt , welche um so mehr einer
Untersuchung werth ist, da sie, mit Kali gekocht, kein Ammoniak ent-
wickelt. Dasselbe gilt von ihrer (nicht untersuchten) Verbindung mit
Aethyloxid.
Verbindungen der sogenannten wasserfreien Camphorsäure mit
Basen.
Die Salze der wasserfreien Camphorsäure unterscheiden sich von denen
des Camphorsäurehydrats in ihrer Form und in vielen ihrer Eigenschaften.
Eine weingeistige Auflösung von wasserfreier Camphorsäure fällt z. B.
nicht das essigsaure Bleioxid, so wie dies von dem Hydrate geschieht;
Kupfer-, Blei- und Silbersalze werden von dem Ammouiaksalz der was-
serfreien Säure ebenfalls nicht gefällt.
Das Ammoniaksalz der wasserfreien Säure erhält man bei der Auf-
i lösung der letzteren in kohlensaurem oder ätzendem Ammoniak bei gelin-
dem Abdampfen in der Form einer syrupartigen Flüssigkeit, welche nach
! einigen Tagen zu einer kristallinischen Masse erstarrt ; ihre Zusammen-
setzung wird genau durch die Formel C10H1403 -f- Ad H4 O C10 H22 04 Nä
ausgedrückt (Malaguti). Diese Verbindung ist schmelzbar bei 100°, leicht-
j löslich in Wasser; bei Zusatz von Mineralsäuren wird kein Camphorsäure-
hydrat daraus gefällt, sondern eine terpentinähnliche saure Masse, wel-
che bald erhärtet und sich leicht in Alkohol löst.
Das Kalisalz der wasserfreien Säure besitzt alle chemischen Eigen-
schaften des gewöhnlichen camphorsauren Kali’s, allein es kristallisirt in
breiten perlrnutterartigeu Füttern, während das letztere in feinen zarten,
zu Gruppen vereinigten Nadeln anschiefst. Die Verbindung der wasser-
freien Säure mit Kupferoxid, welche man durch Fällung des Kalisalzes
mit schwefelsaurem Kupferoxid erhält, ist nach der Formel C10H14Os, CuO
zusammengesetzt (Malaguti').
Verhalten der wasserfreien Camphorsäure zu rauchender Schwe-
felsäure.
Walter beobachtete , dais feingepulverte wasserfreie Camphorsäure
sich in rauchender Schwefelsäure unter Entwickelung von schwrefligetf
Säure zu einer farblosen, zuweilen strohgelben Flüssigkeit löst. Wird
diese gesättigte Auflösung im Wasserbade erwärmt, so stellt sich eine
heftige Entwickelung von reinem Kohlen oxidgase ein; wenn die Entwicke-
lung dieses Gases völlig aufhört, so läfst sich die saure Flüssigkeit mit
Wasser ohne Trübung mischen, vor diesem Zeitpunkte scheidet sich beim
928
Ca mp hör und Camphoröl.
Zusatz von Wasser Camphorsäure aus. Nach Walter entsteht hierbei eine
eigentümliche Säure , welche die Elemente von gleichen Atomen wasser-
freier Schwefelsäure und Campborsäure minus 1 At. Kohlenoxid enthält,
eine Verbindung, welche die Eigenschaften einer starken Säure besitzt;
es trennt sich nach seiner Voraussetzung 1 At. Kohlenstoff von der Cam-
phorsäure, die sich mit einem Atom Sauerstoff aus der Schwefelsäure zu
Kohlenoxidgas verbindet. Diese Entwickelung erklärt das Freiwerden von
schwefliger Säure nicht, welche sich bei der ersten Auflösung bildet.
Die bis zur beendigten Gasentwickelung erhitzte Auflösung der Cam-
phorsäure in rauchender Schwefelsäure ist braun oder blaugrün gefärbt;
mit Wasser gemischt und mit kohlensaurem Baryt gesättigt, bleibt das
Barytsalz der ebenerwähnten neuen Säure in Auflösung; wird aus dieser
Flüssigkeit der Baryt mittelst verdünnter Schwefelsäure vorsichtig gefällt,
so hat mau eine saure Flüssigkeit, welche beim Abdampfen Kristalle giebt,
sie wird übrigens beim Abdampfen in der Wärme «der in der Leere zer-
setzt und freie Schwefelsäure gebildet, von der man nicht weifs, wo sie
herkommt.
Die Zusammensetzung der Säure in den Salzen wird von Walter
durch die Formel C9 H14 Os S02 ausgedrückt , hiermit stimmt weder die
Analyse des Kali- noch des Kalksalzes überein. Das Barytsalz gab bald
11 — 19 — 20 — 27 — 28 p. c. Kohlenstoff (berechnet 28,01 p. c.) , das
Bleäsalz 22,1 — 23,5 (berechnet 23,9), das Kalisalz 31,31 p. c. (berech-
net 33,3 p. c. Kohlenstoff), das Kalksalz 34,6 (anstatt 37,5) p. c. Koh-
lenstoff. Die Quantität der in allen diesen verschiedenen Salzen durch
die Analysen erhaltenen Basen stimmte genau mit der berechneten Menge.
Die Salze sind nicht kristallisirbar, in Wasser löslich, die Auflösung des
Baryt- und Bleisalzes reagirt sauer, beide werden beim Abdampfen zer-
setzt, indem Schwefelsäure frei wird. Es ist wahrscheinlich, dafs man
durch die Einwirkung der Dämpfe von wasserfreier Schwefelsäure auf was-
serfreie Camphorsäure eine beständigere und hauptsächlich reinere Ver-
bindung erhält.
Anhang zu Camphorsäure.
Camphoröl und Camphor.
In dem auf Sumatra und Borneo wachsenden Camphorbaum (Dryoöß-
lanops camphora) , so wie im Camphorbaum von Japan (Persea Camphora')
findet sich kristallinischer Camphor und Camphoröl , gewöhnlich an den
Stellen in dem Innern der Bäume, die bei harzreichen mit Harz ausgefüllt
sind. Der Camphor führende Baum wird in Stücke gespalten, und der
Camphor herausgenommen ; die gröfsien Mengen gewinnt man durch De-
stillation des zerschnittenen Holzes mit Wasser. Ganz auf gleiche Weise
wird das Camphoröl erhalten.
Camphoröl. Formel C20 H33 O ( Martius , Macfarlane). Das im Han-
del vorkommende rohe Del ist gefärbt und enthält Camphor gelöst, den
es beim Verdunsten an der Luft in Kristallen absetzt. Durch oft wieder-
holte Rectifikationeu erhält mau es wasserklar, dünnflüssig, von stark
lichtbrechender Kraft , und starkem Geruch zwischen Camphor- und Caje-
putöl; sein spec. Gewicht ist 0,910, sein Siedpunkt ist höher wie der des
Wassers, es hinterläfst beim Verdunsten keine Camphorkristalle, absor-
birt an der Luft Sauerstoffgas. Mit Salpetersäure lange bei gelinder
Wärme digerirl, entwickelt sich salpetrige Säure und es geht bei der
Destillation kristallisirter Camphor über Camphoröl und kristallisirter
Camphor unterscheiden sich beide durch 1 At. Sauerstoff, den der letztere
mehr enthält. Durch fortgesetzte Behandlung mit Salpetersäure erhält
man Camphorsäure. Das Camphoröl verbindet sich mit Chlorwasserstoff-
säure zu einerschweren, butterartigen, wachsgelben, neutralen, in Was-
fer unlöslichen, mit Alkohol mischbaren, durch Destillation zersetzbaren
C a m p h o r.
929
Verbindung. Das Camphoröl mischt sich mit eoncentrirter Schwefelsäure,
Essigsäure, fetten und ätherischen Oelen, Aether und Alkohol. Es löst
Phosphor, Iod und Schwefel auf, vereinigt sich mit gepulvertem Copal
zu einer festen Gallerte.
Camphor.
Formel: C10 H16 0 (Dumas , Blanchet fr Seil).
Die aus Lavendelöl sich absetzende kristallinische Substanz ist nach
Dumas identisch mit dem gewöhnlichen Caniphor.
$• i-To. Der im Handel vorkommende gereinigte Camphor
stellt eine weifse, feste, zusammenhängende, etwas zähe,
durchscheinende, in kleinen Stücken durchsichtige, häufig
kristallinische Masse dar von starkem eigenthümlichen Ge-
ruch ; er kristalüsirt bei der Sublimation oder aus gesättigten
alkoholischen Auflösungen in Octaedern oder sechsseitigen
Octaedersegmenten; er ist schwer für sich, leicht bei Be-
netzung mit Alkohol zu Pulver zu zerreiben : sein spec. Ge-
wicht ist 0,1)857 — 0,996; er schmilzt bei 175° und siedet
bei .01° , wobei er ohne Rückstand subfimirt; das spec. Ge-
wicht seines Gases ist 5,817 COitmasJ. Au der Luft verdampft
er Imcht, bei 15,5° ist seine Tension im leeren Raume 4 Millimeter. Auf
Wasser geworfen verdampfen Camphorstiicke schneller wie an der Luft,
sie kommen in eine ziemlich rasche rotirende Bewegung, eine Folge der
gleichzeitigen Bildung von Wasser und Camphorgas: angezündet brennt er
mit rulsender Flamme.
Der Camphor löst sich in 1000 Th. Wasser; aus der gesättigten Auf-
lösung schlägt Kalilauge Campbor nieder. Unter einem hohen Druck mit
Wasser im Sieden erhalten soll er sich vollständig lösen, 10 Theile Alko-
hol von 0,806 lösen 13 Th. Camphor bei 13°, die Auflösung wird durch
Wasser gefällt; er löst sich ebenfalls in gewöhnlichem Branntwein (Cain-
phorspiritus), in Aether, flüchtigen und fetten Oelen, in Schwefelkohlen-
stoff, und läfst sich mit Schwefel und Phosphor zusammenschmelzen. Mit
Iod vereinigt er sich zu einer braunen, in Wasser und Alkohol löslichen
Verbindung. In Chlorgas wird er flüssig, ohne bemerkbare Zersetzung zu
erleiden. Der Camphor löst sich in eoncentrirter Schwefelsäure in grofser
u.nd ke* Zusatz von Wasser zum grofsen Theil wieder ge-
fallt. Beim Erwärmen der Auflösung entwickelt sich schwefligsaures Gas
und es destiUirt ein nach Pfeffermiinze und Camphor riechendes leichtflüs-
e!r, . slc!l ia Salpetersäurehydrat ohne Veränderung zu einem
olahnljchen Gemisch, aus welchem Wasser Camphor fällt. Beim Sieden
mit Salpetersaure entsteht Cainphorsäure , welche sich im Wasser löst.
Die Mutterlauge, welche nach dem Auskristallisiren der Cainphorsäure
bleibt, ist syrupartig; mit Ammoniak neutraiisirt schlägt sie Bleisalze nie-
der, hei der Destillation geht eine ölartige Flüssigkeit, zuletzt wasser-
freie Cainphorsäure über ( Laurent ). Die ersten Kristalle von Camphor-
saure, die sich aus der Salpetersäure absetzen, riechen in ihrer, heifsen
wasseiigen Losung nach Camphor; sie ändern ihre Zusammensetzung bei
weiterm Kochen mit Salpetersäure, bis dann zuletzt Camphorsäurehydrat
entsteht , was durch Salpetersäure nicht weiter verändert wird. Berzelhis
bemerkt hierzu, da>s der Camphorsäure wahrscheinlicher Wreise die Bil-
emer intermediären Oxidationsstufe z. B. C10 H16 02 vorangehe, die
* rei*lcj1 au® * ^t. Camphor und 1 At, Camphorsäure zusammen-
ta s tzt betrachten könne. Da der Camphor im Allgemeinen die Fähigkeit
besitzt, Verbindungen mit Säuren einzugehen, in denen seine Löslichkeit
Mi Wasser zunimmt, so ist wohl letztere Ansicht die wahrscheinlichste.
930
Camphröii.
Der Camphor löst: sich in seinem halben Gewicht Eisessig, absorbirt,
indem er flüssig wird, 144 Vol. Chlorwasserstoff; er läfst sich mit Aetz-
sublimat zusammenschmelzen zu einem in Alkohol leicht löslichen Gemisch.
Prüfung auf seine Reinheit. Er mufs schön weifs und durchsichtig*,
nicht gelb gefärbt seyn, sich leicht und vollständig verflüchtigen, und die
übrigen angeführten Eigenschaften besitzen.
Anwendung. Der Camphor wird innerlich in Pulverform und Mixturen
gegeben. Mau mufs ihn mit wenig Weingeist abreiben, und zu wässeri-
gen Mixturen mufs er mit Gummischleim , Eidotter u. s. w. gebunden wer-
den. Aeufserlick wird er für sich, oder mit Species gemengt, oder auf
Leinwand u. s. w. gerieben, angewendet.. Wird aufserdem öfters Salben,
Pflastern zugesetzt, oder in Essig, Weingeist (s. o.) , Aether u. s. w. ge-
löst, angewendet. — Er vermehrt die Löslichkeit des Sublimats in Alkohol
und Aether; auch die Löslichkeit des Copals in Alkohol, daher man ihn
dem geistigen Copalfirnifs zusetzt.
Camphron.
Treibt mau die Dämpfe von Camphor über gebrannten Kalk, welcher
zur schwachen Rothgiühhitze erwärmt wird, so erhält man unter andern
Produkten eine schwachgefärbte ölige Flüssigkeit, welche bei fortgesetz-
ten Rectifikationen von einem constanten Siedpuukt erhalten wird; sie ist
in diesem Zustande farblos, leichtflüssig, siedet bei 75°, von starkem, von
dem Camphor verschiedenen Geruch fFrerngf. Ihre Zusammensetzung
wird durch die Formel C50 H42 O ausgedrückt. Fremy erhielt in der Ana-
lyse 85,9 Kohlenstoff, 10,24 Wasserstoff, 3,86 Sauerstoff und berechnet
hierauf die Formel C30 H44 O, welche mehr Wasserstoff als die Analyse
giebt (10,3 p. c.). Wahrscheinlich ist diese Flüssigkeit identisch mit dem
ölartigen Produkt, was man durch Destillation des Camphors mit 6 Theilen
Thon, oder beim Durchtreiben des Camphors durch eine glühende Porcel-
lanröhre erhält.
Wird Camphor über Aetzkalk bei einer der Weifsglühhitze nahen
Temperatur geleitet, so erhält man Kohlenoxidgas, Kohlenwasserstoff und
als bemerkenswerthestes Produkt eine grofse Menge farbloses und reines
Naphtalin. Das Naphthalin enthält auf die nemliche Menge Kohlenstoff
halbsoviel Wasserstoff wie der Camphor. Vier Atome Camphor C40 H64 04
enthalten die Elemente von 1 At. Naphtalin C20 Hi6, 8 At. ölbildendem
Gas C8 H16, 8 At. Sumpfgas C8 H31 und 4 At. Kohlenoxid C4 04. {Fremy .)
Baldriansäure .
Synonyme : Valeriansäure, Acidum valerianicum
Formel der wasserfreien Säure: C10H18 03. Symb. Va ( Ettling, Dumas J.
Formel des Baldriansäurehydrats: C10 H18 03 -f- aq. Symb. Va -f- aq.
Die Baldriansäure findet sich in dem wässerigen Destillate der Bal-
drianwurzel. Durch Behandlung des Kartoffelfuselöls (siehe Amyloxid-
hydrat) mit kaustischen Alkalihydraten in der Wärme entsteht baldrian-
saures Kali ( Dumas 6p Stass), indem zwei Aequivalente Wasserstoff in
dem Amyloxid C10 H22 O abgeschieden und ersetzt werden durch 2 Aeq.
Sauerstoff C10 H„ O -4- 02 — H4 rr: CI0 H13 03. Der Sauerstoff wird bei
dieser Zersetzung von dem Wasser des Alkalihydrats geliefert, dessen
Wasserstoff sich ebenfalls als Gas entwickelt.
Zur Darstellung des Baldriansäurehydrats aus Baldrianwurzeln werden
diese '(50 — 100 ) auf gewöhnliche Weise mit einer gehörigen Menge
Wasser der Destillation so lange unterworfen, als die übergehende Flüs-
sigkeit noch Lackmus röthet. Das Destillat wird sodann bei gelinder
Wärme mit gebrannter Bittererde oder kohlensaurem Natron genau neu-
tralisirt und zur Trockne , zuletzt im Wasserbade abgedampft. Das trockne
t
Baldriansäure.
931
Salz übergiefst mau in einem hohen Cylinderglase mit zur Zersetzung
hinreichendem , mit seinem gleichen Gewicht Wasser verdünntem Schwe-
felsäurehydrat, wo sich bei gelindem Erwärmen Baldriansäure in Gestalt
einer ölartigen Schicht abscheidet 5 sie wird abgenonmsen und für sich der
Destillation unterworfen. Man wechselt die Vorlage, sobald die Säure
unbegleitet von Wasser übergeht. (Trommsdorff.)
Aus Kartoffelfuselöl wird sie nach Dumas und Stass dargestellt, in-
dem 1 Theil Kartoffelfuselöl und 10 Th. eines Gemenges gleicher Theile
Kalihydrat und gebranntem Kalk in einem verschließbaren Glasgefäfs einer
Temperatur von 170° so lange ausgesetzt wird, als sich noch Wasserstoff-
gas entwickelt. Man läfst das Gefäfs im verschlossenen Zustande erkal-
ten, benetzt die Masse mit Wasser (im trocknen Zustande an die Luft
gebracht erhitzt sich die Masse, entzündet sich und brennt wie Zunder
[ Duvicts Ar StassJ) , setzt nach und nach verdünnte Schwefelsäure in
schwachem Ueberschufs hinzu, bringt die ganze Masse nun in eine Re-
torte und destiliirt, so lange Baldriansäure übergeht. Das Destillat wird
mit kohlensaurem Natron gesättigt, zur Trockne abgedampft und aus dem
erhaltenen trocknen Rückstand von baldriausaurem Natron die Säure, wie
oben erwähnt, oder durch Destillation mit wässeriger Phosphorsäure ab-
geschieden.
Eigenschaften. Die Baldriausäure bildet zwei Hydrate. Aus der con-
centrirten wässerigen Lösung von einem ihrer Salze durch eine stärkere
Säure abgeschieden enthält sie 3 At. Wasser, von denen sie 2 Atome ver-
liert, wenn sie für sich der Destillation unterworfen wird. Man erhält
im Anfang reines Wasser, was später milchig wird, zuletzt kommt reines
farbloses Baldriansäurehydrat, Va -+- aq.
Das Baldriansäurehydrat ist eine farblose, ölartige, leichtflüssige Flüs-
sigkeit von durchdringendem eigentümlichen, etwas saurem Geruch nach
Baldrianwurzelü ; sie besitzt einen scjiarfen, sauren, stechenden, in der
wässerigen Auflösung hintennach süfslichen Geschmack, macht auf der
Zunge einen weifsen Fleck, wird bei —-21° nicht fest, und löst sich in
30 Th. Wasser von 12° C. Das spec. Gewicht des Baldriansäurehydrats
ist 0,937 (Dumas), 0,944 ( Trommsdorff ); es siedet bei 175° (Dumas),
(das wasserhaltige?) bei 132° ( Trommsdorff es ist entzündlich, brennt
mit rufsender Flamme. Das spec. Gewicht seines Dampfes ist 3,55 (Du-
mas §r Stass). Das zweite Hydrat der Baldriansäure Va, 3aq zerlegt bei
der Destillation das Ghlorcalcium ; es mischt sich in jedem Verhältnis
mit Aether, Alkohol und Eisessig; nicht mischbar (das 2te Hydrat?) mit
Terpentin- und Olivenöl; es lost lod und Camphor auf. Wird durch Schwe-
felsäurehydrat braun , durch Kochen mit Salpetersäure dem Anschein nach
nicht verändert. Durch Chlor wird sie in Chlorvalerosinsäure verwandelt.
Baldriansaure Salze.
Die baldriansauren Salze sind gröfstentheils löslich , sie besitzen einen
schwachen Geruch nach Baldriausäure, und einen stechenden, hintennach
süfslichen Geschmack. Baldriansaures Ammoniak erhält man durch Sätti-
gung der Säure mit trocknem Ammoniakgas; es ist weiß , federartig kri-
stallisirt, verliert in der wässerigen Auflösung abgedampft Ammoniak und
wird sauer.
Baldriansaures Aethyloxid. Va , AeO (Otto, Grote). Unterwirft man
eine mit Schwefelsäurehydrat versetzte Auflösung vou Baldriansäure oder
eines baldriansauren Salzes in Alkohol der Destillation, und setzt dem
Destillate Wasser zu, so scheidet sich eine reichliche Menge Baldrian-
äther ab, den man auf gewöhnliche Weise reinigt. Das baldriansaure Ae-
thyloxid ist eine farblose, ölartige Flüssigkeit von durchdringendem Obst-
und Baldriangeruch; sein spec. Gewicht im flüssigen Zustande ist bei 13°
0,894, im Dampfzustände 4,534 ( Otto ); in Wasser unlöslich; mit Alkohol,
Aether und Oelen mischbar.
€hlorvalerisinsäure.
98£
Baldriansaures Amyloxid. Syn.: Valerianaldehyd. Entdeckt von
Dumas Sr Stass. Dieser Körper , dessen Constitution ungewifs ist ^ schei-
det sich als ölartige neutrale Flüssigkeit aus einem Gemenge von Schwe-
felsäurehydrat, ßaldriansäurehydrat und saurem chromsaurem Kali ab.
Seine Analyse gab für 100 Theile 69,6 — 69,7 — 70,6 Kohlenstoff, 11,6
— 11,5 - 11,7 Wasserstoff, 18,5 — 18,8 — 17,7 Sauerstoff ( Dumas Sr
Stass), was mit der Formel Cao H40 04 = C10 H1S 05 -h C10 Haa O über-
einstimmt. Das spec. Gewicht seines Dampfes wich von dieser Formel
ab. Dieser interessante Körper scheint ebenfalls durch Einwirkung von
Salpetersäure auf Kartoffelfuselöl gebildet zu werden ( Dumas Sr Stass).
Durch Behandlung mit Kalihydrat in der Wärme wird er unter Entwicke-
lung von Wasserstoffgas in ßaldriausäure verwandelt.
Baldriansaures Kali und Natron Va, KO und Va, NaO sind leicht lös-
lich, zerfliefslich, schwer kristallisirbar. Baldriansaurer Kalk Va, CaO
und Baryt Va, BaO ( Trommsdorff , Ettling) sind leichtlöslich, kristallisir-
bar, an der Luft unveränderlich, in Alkohol sehr schwerlöslich , leichter
in wässerigem Weingeist. Baldriansaure Bittererde Va, MgO; verwit-
ternde weifse Nadeln. Baldriansäure bildet mit Bleioxid ein neutrales
und ein basisches Salz. Das Kupfersalz ist nach der Formel Va, CuO
zusammengesetzt (Ettling).
Baldriansaures Silberoxid. Va, AgO ( Ettling , Dumas). Dieses Salz
erhält man als kristallinischen Niederschlag, wenn mäfsig concentrirte
Lösungen von baldriansaurem Ammoniak und salpetersau rem Silberoxid
mit einander gemischt werden. Es ist in warmem Wasser löslich und kri-
stallisirt daraus bei gelindem Verdampfen in feinen silberglänzenden
Blättchen.
Quecksilberoxid in ßaldriansäurehydrat getragen, löst sich darin zu
einem rothen durchsichtigen Oel auf, was in der Kälte erstarrt. Mit Was-
ser gekocht, läfst die Flüssigkeit beim Erkalten zarte weifse Nadeln fal-
len, und es bleibt beim Abdampfen der Mutterlauge eine rothe, in Wasser
nicht, in ßaldriansäure lösliche unbekannte Verbindung.
Chlorvalerisinsäure.
Wenn man Baldriansäure im Dunkeln zuerst bei Abkühlung, später
bei schwacher Erwärmung mit trocknem Chlorgas behandelt, so lange
noch Chlorwasserstoffsaure weggeht, und das aufgelöste Chlorgas durch
einen Strom kohleasaures Gas vertreibt, so erhält man reine Chlorvaleri-
sinsäure (Dumas Sr Stass). Man erhält sie in der Form eines durchsich-
tigen, geruchlosen Syrups, schwerer wie Wasser, von scharfem brennen-
den Geschmack, welcher bei — 18° nicht fest, bei 30° leichtflüssig und
bei 110 — 120° unter Entwickelung von Chlorwasserstoffsäure zersetzt wird.
Mit Wasser zusammengebracht bildet die Chlorvalerisinsäure eine sehr
flüssige, schwach riechende Verbindung, welche bei 100° im leeren Raum
einen Th eil des aufgenommenen Wassers nicht abgiebt. Die frischberei-
tete wässerige Auflösung dieser Säure schlägt salpetersaures Silberoxid
nicht nieder; das Hydrat giebt damit einen reichlichen, in Salpetersäure
völlig löslichen Niederschlag. Sie löst sich leicht in Alkalien und wird
daraus durch Säuren wieder gefällt ( Dumas Sr Stass') C?3.
Nach drei sehr übereinstimmenden Analysen ist die Formel der Chlor-
valerisinsäure C10 Hi4 CI6 04 ; vergleicht man diese Formel mit der des Bal-
driansäurehydrats C10 H20O4, so ergiebt sich, dafs die Chlorvalerisinsäure
aus dem ßaldriansäurehydrat entsteht, indem in dem letzteren 6 At. Was-
serstoff ersetzt werden durch 6 At. Chlor.
Chlorvaierosinsaure,
933
Chlorvalerosinsäure .
Wenn man Baldriansäurehydrat anstatt im Dunkeln , im Sonnenlicht
der Einwirkung des trocknen Chlorgases aussetzt , so erhält man unter
denselben Umständen eine an Chlor reichere Säure , die Chlorvalerosin-
säure 5 sie ist halbflüssig, von scharfem brennenden , etwas bittern Ge-
schmack und schwerer wie Wasser; sie bleibt bei — 18° flüssig und wird
beim Erhitzen zersetzt. Sie löst sich ziemlich leicht in Wasser und bildet
mit 3 Atomen Wasser ein Hydrat. Die wässerige Auflösung dieser Säure
fällt salpetersaures Silberoxid erst nach einiger Zeit; sie zerlegt die koh-
lensauren Alkalien.
Mit den Alkalien bildet die Chlorvalerosinsäure neutrale, den bal-
driansauren Salzen ähnliche Verbindungen; bei Gegenwart von überschüs-
sigem Alkali wird sie übrigens augenblicklich zersetzt in Chlornietall und
eine bräunliche, nicht untersuchte Materie. Aus mäfsig concentrirten wäs-
serigen chlorvalerosinsauren Salzen scheiden stärkere Säuren Chlorvale-
rosinsäurehydrat mit 3 At. Wasser aus, welches bei — 18° sich unter
Scheidung des Wassers trübt. Das chlorvalerosinsaure Silberoxid bildet
einen weifsen kristallinischen, in Wasser wenig, leicht in Salpetersäure
löslichen Niederschlag, der, im Dunkeln aufbewahrt , sich nach und nach
in Chlorsilber und einen ölartigen Körper verwandelt.
Aus der Analyse des Silbersalzes und des Hydrates dieser Säure er-
giebt sich für die Formel des ersteren C10 H10 Cl3 04 Ag, oder Ci0 H10 CI*
05 -4- AgO. Die Chlorvalerosinsäure läfst sich hiernach als Baldriansäure
betrachten , in welcher 8 At. Wasserstoff, ohne Aenderung ihrer Consti-
tution, vertreten sind durch 8 At. Chlor. Das Hydrat dieser Säure ist
nach der Formel C10 H10 Cl8 03 -f- 3HaO zusammengesetzt.
Die beiden eben beschriebenen, in ihren Eigenschaften überaus merk-
würdigen Zersetzungsprodukte der Baldriansäure sind von Dumas fr Stass
entdeckt worden.
Anhang*.
In LÖwig’s Chemie der organischen Verbindungen findet sich angege-
ben, dafs man aus baldriansaurem Kalk durch trockne Destillation ein öl-
artiges Produkt erhält, was nach der Reinigung durch fortgesetzte Recti-
fikationen farblos, dünnflüssig, leichter wie Wasser und nach der Formel
c9 hj8 0 zusammengesetzt ist; Löwig nennt es Valeron. Derselbe be-
merkt ferner, dafs nach seinen Untersuchungen die Baldriansäure in der
Wurzel mit Glyceryloxid zu einem eigentümlichen Fette vereinigt ent-
halten sey, indem man durch Behandlung der Wurzeln mit kaltem Aether
nur Spuren von Baldriansäure ausziehen kann, aber dafs der weingeistige
Auszug der mit Aether behandelten Wurzeln bei der Destillation im Ver-
gleich zu den Wurzeln eine nicht unbedeutende Menge Baldriansäure gebe.
Ob hierbei in der rückständigen Flüssigkeit in der That Glyceryloxid bleibt,
wurde nicht untersucht.
Oe n an th säure.
Formel der wasserfreien Säure: C14 H26 0, {Velouze fr J. L ).
Formel des Oenanthsäurehydrats : C14 H26 02 -f- aq.
Diese Säure findet sich in vielen gegohrnen Flüssigkeiten, in dem Ge-
treide-Fuselöl {Mulder} , namentlich im Wein, in Verbindung mit Aethyl-
oxid. Bei der Destillation des Weins und der Weinhefe (aus Lagerfässern)
geht zuletzt mit Wasser eine ölartige leichte Flüssigkeit über, häufig grün
gefärbt durch aufgelöstes Kupferoxid; diefs ist önanthsaures Aethyloxid,
aus dem man nach seiner Reinigung (siehe diese Verbindung) önanthsaures
Kali und daraus die Oenanthsäure darstellt.
934
Oenanthsäure.
Der Name Oenanthsäure ist abgeleitet von dem Geruch; der den Aether
dieser Säure charakterisirt.
Zur Darstellung des Oenanthsäurehydrats wird önanthsaures Kali in
concentrirter Auflösung mit einer Mineralsäure zersetzt und die Mischung
gelinde erwärmt , wo sich Oenanthsäurehydrat in Gestalt eines geruch-
losen Qels auf der Oberfläche der Flüssigkeit sammelt; man reinigt sie
durch Waschen mit heifsem Wasser und durch Stehenlassen in Berührung
mit Chlorcalcium.
Oenanthsäurehydrat ist bei 13,5° butterartig weich , blendend weif*;
geruch- und geschmacklos; über 12,5° schmilzt es zu einem farblosen
Oele; was Lackmus rötbet und sich in Alkalien mit Leichtigkeit zu seifen-
artigeu Verbindungen löst. Die Oenanthsäure ist nicht in Wasser löslich ,
leicht mit Alkohol; Aether und Oelen mischbar.
Unterwirft man Oenanthsäurehydrat der Destillation; so zerlegt es sich
in Wasser, was zuerst; und in sog. wasserfreie Oenanthsäure; welche
zuletzt übergeht; der Siedpunkt des Hydrats steigt von 260° bis 293 —
294°; wobei sich der Rückstand bräunlich färbt. Die wasserfreie Oenanth-
säure ist weifs; fester wie das Hydrat; sie schmilzt bei 31° C. Fine Auf-
lösung von Oenanthsäurehydrat in Alkohol zerlegt sich beim Abdampfen
an der Luft in wasserfreie Oenanthsäure; welche sich in Kristallen absetzt
und in ein Hydrat mit zwei Atomen Wasser ( Mulder ).
Oenanthsäure Sal%e .
Unter den Verbindungen dieser Säure mit Basen ist nur das önanth-
saure Aethyloxid mit einiger Genauigkeit untersucht. Versetzt man eine
Auflösung von Oenanthsäurehydrat, mit Kali; bis zum Verschwinden aller
sauren Reaction , so gesteht die Flüssigkeit zu einem Brei von feinen sei-
denglänzenden Nadeln ; von saurem öuanthsaurem Kali. Oenanthsaures
Aethyloxid wird durch Behandlung mit kaustischer Kalilauge vollkommen
zersetzt in Alkohol und önanthsaures Kali; aus welchem letzteren man
das Hydrat der Säure darstellt.
Oenanthsaures Aethyloxid. C18 H?6 Oj ~ C14 H26 02 -+- C4 HJ0 O ( Pe -
louze §r J. L.; Mulder ). Die ölartige Flüssigkeit; welche bei der Destil-
lation von Weinbranutweiu übergeht, ist önanthsaures Aethyloxid; ge-
mengt mit Oenanthsäurehydrat und gefärbt durch Kupferoxid. Zur Reini-
gung von der freien Säure erhitzt man diese ölartige Flüssigkeit mit einer
schwachen Auflösung von kohlensaurem Natron zum Sieden; wo sich der
reine Aether auf die Oberfläche der Flüssigkeit begiebt. Durch Destillation
erhält man ihn farblos und in den letzten übergehenden Portionen was-
serfrei.
Der reine Oenanthsäureäther ist farblos ; dünnflüssig; von starkem; in
der Nähe betäubendem Geruch nach Wein und scharfem unangenehmen
Geschmack; er ist in Aether; Alkohol und schon in sehr verdünntem
Weingeist leicht löslich; sein spec. Gewicht ist 0,862 im flüssigen und
10;4769 im Gaszustande; er siedet bei 225 — 230°. Aetzende Alkalien
zersetzen diesen Aether leicht; Kohlensäure; sowie Ammoniak; sind ohne
bemerkbare Wirkung darauf.
Es verdient besonders bemerkt zu werden ; dafs der Geruch dieses
Aethers keineswegs der sog. Weinblume gleicht; sondern dafs es derje-
nige ist; der allen Weinen gemein ist; ein Geruch; der uns in leeren
Weinfässern oder leeren Flaschen sogleich erkennen läfst, dafs Wein und
keine andere Flüssigkeit darin vorhanden war.
Durch Erwärmen von Oenanthsäurehydrat mit Schwefelsäuren! Aethyl-
oxid-Kali entsteht saures schwefelsaures Kali und önanthsaures Aethyloxid.
V e r & t r « m s ä 11 r e.
935
Roccellsäure.
I
Formel der wasserfreien Säure (?).
Formel der kristallisirten Säure: C1? H52 04 (J. L.~).
Entdeckt von Heeren in der Hoccella tinctoria.
Zur Darstellung der Roccellsäure wird die zerkleinerte Flechte mit
eoncentrirtem kaustischem Ammoniak vollständig extrahirt, mit Wasser
verdünnt und eine Auflösung von Chlorcalcium zugesetzt , wo rocccllsau-
rer Kalk niederfällt, den mau mit schwacher Salzsäure erwärmt , wo sich
die Säure abscheidet. Durch Auflösung in Aether und Verdampfen an der
Luft erhält man Roccellsäurehj drat in farblosen, seidenglänzenden feinen
Nadeln^ welche die Form quadratischer Blättchen besitzen. Sie ist unlös-
lich in kaltem und heifsem Wasser , äufserst leicht in Alkohol; von wel-
chem 100 Theile von 0,819 spec. Gewicht bei Siedliitze 55 Th. lösen; in
Aether ist sie ebenfalls leicht löslich. Sie schmilzt bei 130° und erstarrt
bei 133°. Sie verhält sich in ihren übrigen Eigenschaften den fetten Säu-
ren analog.
Die roccellsauren Alkalieu lösen sich in Wasser zu dünnen schäumen-
den Flüssigkeiten , im concentrirten Zustande bilden sie keinen Seifenleim.
Das Kalisalz kristallisirt in feinen Blättchen. Das Kalksalz ist ein weis-
ser, in Wasser unlöslicher Niederschlag; welcher 15,9 p. c. Kalk enthält
( Heeren ). Das Silbersalz ist nicht untersucht.
V e r a t r u m s ä u r e.
Formel der an Silberoxid gebundenen Säure: CI8 H18 0: tSchrötter').
Formel des bei 100° getrocknete]/ Veratrumsäurehydrats: C,8 Ui8 Of
H- aq.
Entdeckt von Merck.
Zur Darstellung dieser Säure wird Sabadillsaamen durch Behandlung
mit Weingeist und Schwefelsäure von allen in beiden löslichen Stoffen be-
freit und der erhaltene weingeistige Auszug mit Kalkhydrat versetzt; wo
unter andern das aufgelöste Veratrin gefällt wird; die Veratrumsäure
bleibt in Verbindung mit Kalk in Auflösung; man filtrirt sie von dem Nie-
derschlage ah; trennt durch Destillation den Weingeist und setzt nun der
rückbleibenden wässerigen Flüssigkeit nach gehöriger Concentration in der
Wärme einen schwachen Ueberschufs von Salzsäure oder Schwefelsäure
zu, wonach beim Erkalten die Veratrumsäure kristallisirt. Durch Abwa-
schen mit kaltem Wasser; Auflösen in Weingeist und Behandlung der letz-
teren Auflösung mit kalkfreier Thierkohle erhält man sie durch Kristallisa-
tion völlig rein.
Die kristallisirte Veratrumsäure stellt kurze; feine; vierseitige; farb-
lose, durchsichtige Prismen dar, von schwach saurem Geschmack; sie ist
wenig in kaltem, leichter in heifsem Wasser löslich; sie löst sich in war-
mem Alkohol leicht und kristallisirt daraus beim Erkalten; sie ist unlös-
lich in Aether. Rauchende Salpetersäure und Schwefelsäurehydrat sind
ohne zerstörende Wirkung auf die Säure, in einer Mischung von Salpeter-
säure und Schwefelsäure färben sich die Kristalle gelb. Bei 100° verlieren
die Kristalle Wasser und werden mattweifs, in höherer Temperatur schmel-
zen sie zu einer farblosen Flüssigkeit und sublimiren ohne Rückstand.
Mit den Alkalien geht diese Säure leicht in Wasser und Weingeist
lösliche und kristallisirbare Verbindungen ein, deren Auflösung Silber-
und Bleisalze fällt. Diese Niederschläge lösen sich in Weingeist ( Merck ).
Das veratrumsaure Silberoxid ist ein in Wasser etwas löslicher weifser
Niederschlag.
Veratrumsaures Aethyloxid, CI8 H18 0* , AeO ( Will'). Sättigt maß
eine nicht zu concentrirte Auflösung von Veratrumsäure in starkem Al-
936
Cu rainsäure.
koliol mit salzsaurem Gas, erwärmt dann zur Entfernung des überschüs^
sigen salzsaureu Gases und des Chlorwasserstoffäthers, und vermischt den
Rückstand mit Wasser, so scheidet sich der Veratrumsäureälher als eine
dicke, ölartige Flüssigkeit ab, die nach und nach kristallinisch erstarrt.
Durch Waschen mit einer Auflösung von kohlensaurem Natron und Was-
ser, und Trocknea im leeren Raume über Schwefelsäure wird er rein er-
halten. Er bildet eine leicht zerreibliche, strahlig kristallinische, fast ge-
ruchlose, etwas bitterlich schwach aromatisch schmeckeude Masse, die
sich kaum in Wasser, leicht aber in Weingeist löst und schon bei 42° 0.
schmilzt. Der Aether hat ein spee. Gewicht von 1,141, ist unter theiJ—
weiser Zersetzung flüchtig und verbrennt mit leuchtender gelber Flamme.
Durch Erhitzen mit Aetzkali liefert er Dämpfe von Alkohol, von Ammo-
niak wird er nicht zersetzt.
C u m i n säur e .
Formel der wasserfreien Säure : C20 H12 03 ( Gerhardt §r Cahours').
Formel des Cuminsäurehydrats : C2ü H2, 05 -+- aq.
Entdeckt von Gerhardt und Cahours bei Behandlung des Römisch-
Kümmelöls mit Kalihydrat. Man läfst, um diese Säure darzustellen. Rö-
misch - Kümmelöl ( Essence de cumiri) tropfenweise in geschmolzenes Kali-
hydrat fallen, wo sich unter Wasserstoffgasentwickeluug sehr rasch cu-
minsaures Kali bildet, was man in Wasser löst und mit einer Mineralsäure
vermischt, wodurch Cuminsäurehydrat gefällt wird.
Das Cuminsäurehydrat ist in reinem Zustande fest, farblos, in langen
prismatischen Nudeln kristallisirbar, schwer löslich in Wasser, leicht lös-
lich und kristallisirbar aus Alkohol; cs ist flüchtig ohne Zersetzung, und
besitzt einen säuerlichen brennenden Geschmack.
Destillirt mau die Cuminsäure mit vier TheiSen Aetzbaryt, so erhält
man ein dem Benzol ähnliches sauerstofffreies Oel, was bei 144° siedet.
Salze der Cuminsäure sind nicht bekannt.
Anhang zu Cuminsäure.
Das Römisch-Kümmelöl ist nach Gerhardt und Cahours ein Gemenge
von zwei flüchtigen Oelen, deren Trennung ihnen gelungen ist. Das eine
dieser Oele ist sauerstofffrei, das andere eine dem Ben zoyl Wasserstoff
ähnliche Verbindung, zusammengesetzt nach der Formel C20 H22 02 -f- H2.
Das eine Aequivalent Wasserstoff wird durch Chlor, Brom und Sauerstoff
vertreten. G. C. neunen das Radikal dieses Oels Cumyl. Die Eigen-
schaften von diesen Verbindungen sind nicht bekannt.
Nach Vülkel enthält das gewöhnliche Kümmelöl (von Carum Carin ) zwei
Oele; das rohe Oel siedet bei 205°, wobei im Anfang ein Oel mit geringem
Sauerstoffgehalt (86,1 Kohlenstoff, 11,1 Wasserstoff, 2,8 Sauerstoff), zu-
letzt ein zweites, was eine gröfsere Quantität Sauerstoff enthält ^ übergeht
(78,603 Kohlenstoff, 9,217 Wasserstoff, 12,180 Sauerstoff), von denen
keins mit obiger Formel sich vereinigen läfst. Das Römisch-Kümmelöl ver-
wandelt sich an der Luft, so wie durch ein Gemenge von saurem chrom-
saurem Kali und Schwefelsäurehydrat, in Cuminsäure; es wird durch
Destillation für sich verändert, was sich durch einen Strom Kohlensäure
verhindern läfst.
Ne Ikensäure .
Formel der wasserfreien Säure (?). ,
Formel des Nelkensäurehydrats (?).
Entdeckt von Bonastre; zuerst rein dargestellt von Ettling .
Das durch Destillation der Gewürznelken mit Wasser erhaltene flüch-
tige Oel besteht aus einem Gemenge von Nelkensäure mit einem nach der
Neikensäure.
937
Formel C10 HJ6 zusammengesetzten Kohlenwasserstoff. Mischt mail das
rohe Gewürznelkenöl mit seinem gleichen Volum einer starken Kalilauge,
so erstarrt es zu einer butterartigen kristallinischen Masse, aus der sich
bei Zusatz von Wasser und gelinder Erwärmung das flüssige sauerstoff-
freie Oel abscheidet , während sich das nelkensaure Kali im Wasser löst.
Durch Destillation dieser alkalischen Flüssigkeit läfst sich der letzte Rest
des sauerstofffreien Oels entfernen , und durch Zusatz von einer Mineral-
säure zu dem Rückstand und Destillation das Hydrat der Nelkensäure ge-
winnen. Es geht bei dieser Destillation mit den Wasserdämpfen über.
Man scheidet es von dem Wasser und reinigt es durch eine neue Destil-
lation ^ wo das zuletzt übergehende frei von Wasser ist.
Das Nelkensäurehydrat ist eine farblose , ölartige Flüssigkeit von
1/179 spec. Gewicht , von gewürzhaftem Nelkengeruch , sie röthet Lack-
mus, schmeckt scharf gewürzhaftr^brennend, und siedet bei 243°; sie neu-
tralisirt die Alkalien vollkommen und bildet mit Baryt und Kali kristalli-
nische neutrale Salze , die sich iß Wasser lösen und beim Abdampfen eine
alkalische Reaction annehmen. Das direct mit Barytwasser und Säure dar-
gestellte Barytsalz enthält nahe an 83 p. c. Säure , wird es mit Weingeist
behandelt und die Flüssigkeit-äbgedampft, so scheiden sich Kristalle eines
Salzes aus, welches 68 p. c. Säure enthält. Mit Bleioxid bildet die Nel-
kensäure ein überbasisches Salz, welches aus 62,61 Bleioxid und 37,39
Säure besteht. Wenn man annimmt, dafs das letztere Barytsalz (mit 32
p. c. Baryt) , das neutrale und das Bleisalz auf 2 Atome Säure 5 At. Blei-
oxid enthält , so ist das Atomgewicht der wasserfreien Säure 2033. Durch
die Analyse des Hydrats haben Ettling und Boeckmann erhalten :
Boeckmann. Ettling .
Kohlenstoff 72,696 — 72,633
Wasserstoff 7.344 — 7,437
Sauerstoff 19,870 — 19,920
Nimmt man an, dafs das Nelkensäurehydrat 1 At. Wasser enthält, was
in dem Barytsalz durch 1 At. Baryt vertreten ist, so ist die Formel des
Hydrats dieser Säure und ihre theoretische Zusammensetzung demgemäfs
20 At. Kohlenstoff 1528,7 — 73,55
24 — Wasserstoff 149,7 — 7,20
4 — Sauerstoff 400,0 — 19,25
2078,4 — 1 00,00
Mit Ettling’ s und Boeckmann’ s Analyse stimmt genau die empirische
Formel C24 HJ0 Os.
Behandelt man nach Dumas die Gewürznelken mit Alkohol, um das
Caryophillin daraus zu gewinnen, und destillirt sodann das ätherische Oel
(daraus ab, so erhält man eine Nelkensäure, welche kein sauerstofffreies
Oel enthält; diese Nelkensäure, durch Rectifikation von allem Wasser be-
freit, gab bei der Analyse 69,97 — 70 Kohlenstoff, 7,1 — 7,23 Wasser-
stoff und 22,9 — 22,8 Sauerstoff, aus welchen Verhältnissen sich die For-
mel C*o H#6 Os berechnet. Diese Säure wäre hiernach von der von Boeck-
mann und Ettling untersuchten durch 1 Atom Wasser verschieden, was
sie mehr enthält; ihr Siedpunkt ist bei weitem niedriger, nemlich 158 —
155° ( Dumas ). Nach Dumas verbindet sich diese Säure, welche, wie alle
übrigen ähnlichen, ein Hydrat ist, mit Kali zu einem aus Alkohol kristal-
lisirbaren sauren Salz, ohne ein Aequivalent Wasser abzugeben; seine
Formel ist C40 H48 010 -f- KO; es enthält 12 p. c. Kali. Richtiger berech-
net wahrscheinlich C40 Hi0 09 -J- KO = 2Ct0 H24 04 -4- ^ ^ ; das spec.
Gewicht des Dampfes dieser Säure wurde von Dumas gefunden zu 6,4,
berechnet 6,07.
Die von Dumas analysirte Nelkensäure hinterläfst bei der Destillation
einen immer mehr sich färbenden Rückstand ; in einem Strome Kohlen-
Goigcr’s Pharmacie , I. (Sie Au fl.) 60
938
Cocinsäure.
säur« rectificirt wird sie vollkommen farblos , sie färbt sich in Berührung
mit der Luft.
Anhang' zu Nelkensäure.
Das durch Destillation aus Gewürznelken erhaltene rohe ätherische
Oel gab in der Analyse 74,628 Kohlenstoff , 8,154 Wasserstoff und 17,218
Sauerstoff ( Ettling ). Das flüchtige sauerstofffreie Oel enthielt auf 88,38
Kohlenstoff 11,76 Wasserstoff. Drückt man die Zusammensetzung des
letzteren durch die Formel Cao aus, welche genau damit überein-
stimmt, so läfst sich die Entstehung der von Ettling untersuchten Säure
durch Aufnahme von 4 At. Sauerstoff entwickeln, durch welche in dem
sauerstofffreien Oel 8 At. Wasserstoff vertreten worden sind.
Behandelt man Gewürznelken mit heifsem Weingeist und läfst die
Flüssigkeit erkalten, so scheiden sich daraus Kristalle von Caryophilliu
ab. Mit Wasser destillirt geben sie, wie oben erwähnt, ein Gemenge
von zwei flüchtigen Oelen, und aus dem Wasser setzen nach längerer
Zeit sich perlmutterglänzende Blättchen von Eugenin ab; die Zusammen-
setzung beider Stoffo scheint in einer gewissen Beziehung zu stehen zu
der des flüchtigen sauerstofffreien Oels und der Nelkensaurc.
Caryophillin. Dieser Körper ist nicht iu allen Gewürznelken in glei-
cher Menge enthalten , die ostindischen scheinen daran am reichsteu zu
seyn QLodibert ). Beim Stehen mit kaltem Alkohol bedecken sich die Ge-
würznelken mit feinen Kristallen, die beim Sieden sich lösen und beim
Erkalten sich wieder ausscheiden. Vom Harz werden sie durch Behand-
lung mit Natron befreit ( Bonastre'). Das Caryophillin kristallisirt in zu
Kugeln vereinigten feinen Nadeln, welche farblos, geruch- und geschmack-
los und rauh im Anfühlen sind ; es schmilzt schwierig und wird zum Theil
hierbei verändert ( Dumas ). Nach Bonastre ist es zum Tlieil in weifsen
Kristallen sublimirbar. Es ist wenig in kaltem, leichter in heifsem Alko-
hol und Aether löslich. In Schwefelsäurehydrat löst es sich in der Kälte
mit rother Farbe, beim Erhitzen tritt Zersetzung unter Schwärzung ein,
Zusatz von Wasser zu der rothen Lösung fällt rothe Flocken. Conceu-
trirte Salpetersäure verwandelt das Caryophillin in eine harzartige Sub-
stanz; es ist in wässerigen Alkalien in der Wärme etwas löslich.
Nach der von Dumas angestellten Analyse, welche durch Ettling be-
stätigt ist, enthält das Caryophillin 79,5 — 79,10 Kohlenstoff, 10,5 — 10,46
Wasserstoff, 10 — 10,44 Sauerstoff, Verhältnisse, welche sehr nahe der
Formel Cao H52 02, welche identisch mit der des gewöhnlichen Camphors
ist, entsprechen.
Eugenin. Dieser Körper wurde iu der Form von gelblichen perlmut-
terglänzenden Blättchen aus destillirtem Nelkenwasser von Bonastre erhal-
ten. Dumas fand das Eugenia zusammengesetzt aus 72,25 Kohlenstoff,
7,64 Wasserstoff und 20,11 Sauerstoff, genau entsprechend der empiri- :
sehen Formel der Nelkensäure, so wie sie von Ettling erhalten worden
ist, Cä4 H30 Oj ; Diimas berechnet diese Verhältnisse nach der Formel
C20 H 24 04, wonach sie in ihrer Zusammensetzung identisch mit der ange-
nommenen theoretischen Formel der Nelkensäure (nach Ettling ) ist.
Cocinsäure.
Formel der wasserfreien Säure in dem Silbersalz: C27 HS1 03 CBromeis).
Formel des Cocinsäurehydrats: C2f H51 03 -+- aq.
Die Cocinsäure ist die in der Butter der Cocosnufs enthaltene kristal-
lisirbare Säure. Man erhält die Cocosnufsbutter durch heifses Auspressen
der getrockneten Mandeln, oder durch Auskochen mit Wasser. Die Co-
cosnufsbutter ist weifs, von Schmalzconsistenz, schmilzt hei 20 bis 22°
und erstarrt bei 18°; sie besitzt einen unangenehmen Käsgeruch und ahn-
i
Myriein säure. 989
liehen Geschmack , wird leicht ranzig, und unterscheidet sich von andern
Fetten durch ihre leichte Löslichkeit in Alkohol.
Zur Darstellung der Cocinsäure wird die Cocosbutter mit Alkali wie
gewöhnlich verseift, die erhaltene Seife durch Mineralsäuren zersetzt, die
abgeschiedenen fetten Säuren nach dem Erstarren zwischen Fliefspapier
stark ausgeprefst, bis dieses keine flüssige fette Säure mehr aufnimmt.
Der feste Rückstand wird alsdann zum zweitenmal in Natronseife ver-
wandelt, diese in Wasser wiederholt aufgelöst, durch Kochsalz wieder
abgeschieden, zuletzt durch Weinsäure zersetzt, und die abgeschiedene
fette Säure so lange in Alkohol uinkristallisirt , bis ihr Schmelzpunkt con-
stant ist. {Bromeis.)
Die reine Cocinsäure ist vollkommen geruchlos, blendend weifs, sie
schmilzt bei 35° und erstarrt nach dem Erkalten zu einer porcellanartigen,
durchaus nicht kristallinischen, an den Rändern durchscheinenden Masse;
sie läfst sich ohne Veränderung destilliren. Durch ScSimelzen mit Bleioxid
verliert das Hydrat 4 p. c. Wasser.
Die Cocinsäure verbindet sich mit den Alkalien zu Salzen, welche den
Seifen der fetten Säuren ähnlich sind. Das cocinsäure Silber oxid ist ein
weifser, in Wasser unlöslicher Niederschlag.
Cocinsaures Aethyloxid . Beim Sättigen einer Auflösung von Cocin-
säurehydrat in Alkohol mit Chlorwasserstolfgas scheidet sich cocinsaures
Aethyloxid aus. Durch Schütteln mit einer Auflösung von kohlensaurcm
Natron, Waschen mit Wasser, Destilliren oder längeres Stehen über
Chlorcalcium wird dieser Aether rein erhalten. Das cocinsäure Aethyloxid
ist farblos, dünnflüssig und besitzt einen angenehmen Geruch nach Aepfeln.
Durch seine Analyse wurde in 100 Th. gefunden 74,88 Kohlenstoff , 18,84
Wasserstoff und 13,28 Sauerstoff. {Bromeis.')
Myr ist insäur e.
Formel der Säure in dem getrockneten Baryt- und Kalisalz : Cag Hs* 05 .
Sy mb. My.
Formel der kristallisirten Säure: C28 H54 O, aq {Play fair).
Diese Säure findet sich in Verbindung mit Glyceryloxid in dem festen
Theil der Muskatbutter. Die Muskatbutter, welche man durch heifses
Auspressen und Auskochen des Kerns der Myristica moschata erhält, ent-
hält ein röthliches, weifses, schmieriges und ein festes, weifses, kristallini-
sches Fett. Von ähnlichen ausgeprefsten starren Fetten unterscheidet sich
die Muskatbutter leicht durch ihre vollkommene Löslichkeit in 4 Th. kochen-
dem Alkohol, aus welcher Lösung sich beim Erkalten seidenglänzende feine
Nadeln von myricinsaurem Glyceryloxid abscheiden (Myristin). Durch Be-
handlung mit Kalihydrat wird aus dem gereiuigten Atyristin aiyricinsaures
Kali und aus diesem durch Zersetzung mit Mineralsäuren Myn^tiusäiirehy-
drat gewonnen. Man reinigt sie durch häufige Kristallisationen aus Alko-
hol oder Aether.
Das aus Alkohol kristallisirte Myristinsäurehydrat stellt glänzendweifse
Blättchen von Seidenglanz dar, es schmilzt bei 48 — 49° und erstarrt zu
einer «ehr deutlich kristallinischen Masse. Es ist in Alkohol leicht löslich,
eben so in Aether, aus dessen gesättigter warmer Lösung der gröfste
Theil des gelösten beim Erkalten kristallisirt. Die Myricinsäiire wird von
Salpetersäure heftig angegriffen, die hierbei ungelöste fette Säure besitzt
alle Eigenschaften und die Zusammensetzung der nicht mit Salpetersäure
behandelten. Durch Destillation wird sie zersetzt, {Playfair.)
Die Verbindungen der Myricinsäure mit Alkalien zeichnen sich von
andern Seifen durch ihre Löslichkeit in Alkohol aus, ihre concentrirteu
Auflösungen in Wasser bilden keinen Seifenleim, auch worden sie durch
Zusatz von vielem Wasser nicht getrübt. (Playfair.)
940
Myricinsäure.
Myricinsaures Aethyloxid stellt eine durchsichtige, farblose, ölartige
Flüssigkeit dar von 0,864 spec. Gewicht, mischbar mit Alkohol und Ae-
ther, unlöslich in Wasser. Durch die Analyse desselben wurde erhalten
74,30 — 74,34 Kohlenstoff, 12,48 — 12,34 Wasserstoff, 13,22 — 13,32
Sauerstoff, entsprechend am nächsten der Formel 2My
aq. >
Myricinsaures Glyceryloxid. Myricin. Zur Darstellung dieses Kör-
pers wird Muskatbutter mit kaltem Alkohol behandelt, der unreine unlös-
liche Rückstand zwischen Papier geprefst, sodann in warmem Aether
mehrmals gelöst, filtrirt und erkalten lassen; die ätherische Auflösung er-
starrt meistens zu einem Brei von feinen Kristallen, die mau sammelt,
zwischen Papier prefst, so lauge dieses noch flüssiges Fett annimmt, und
umkristallisirt.
Das reine Myricin stellt feine seidenglänzende Nadeln dar, welche
bei 31° zu einem durchsichtigen Oele schmelzen; es ist in allen Verhält-
nissen in heifsem Aether löslich und kristallisirt daraus beim Erkalten. In
absolutem Alkohol löst es sich minder leicht. Das Myricin unterscheidet
sich von ähnlichen Verbindungen des Glyceryloxids durch die Schwierig-
keit, mit der es von wässerigeu kaustischen Alkalien verseift wird. Nur
durch Schmelzen mit Kalihydrat läfst es sich vollkommen zersetzen; dies
geschieht ebenfalls durch eine anhaltende Digestion desselben mit basisch
©ssigsaurem Bleioxid, wodurch basisches myricinsaures Bleioxid gebildet
wird; in der von dem überschüssigen Bleioxid durch Schwefelwasserstoff
befreiten Flüssigkeit läfst sich Glyceryloxidhydrat nachweisen. Durch
trockne Destillation liefert das Myricin Acrolein, keine Fettsäure. Play-
fair erhielt in der Analyse dieses Körpers 75,55 Kohlenstoff, 12,18 —
12,22 Wasserstoff und 12,27 — 12,23 Sauerstoff. Diese Zusammensetzung
läfst sich mit der angenommenen Formel des Glyceryloxids in keine Ueber-
einstimmung bringen, und es zeigt sich hier, wie bei allen in der Natur
vorkommenden Glyceryloxidverbiudungen (fetten Oelen und Fetten), dals
nemlich ihr KohlenstofFgehalt höher ist als der Kohlenstoffgehalt der Hy-
drate der Säuren, was nicht der Fall seyn könnte, wenn sie mit einem
Oxide verbunden wären , was 5 At. Sauerstoff enthält. Nimmt man als
die wahrscheinlichste Zusammensetzung für das Glyceryloxid die Formel
Cs H4 0 = Gly an , so stimmt My -f- GJy am nächsten mit dem erhaltenen
Kohlenstoff; 2My -f- GJy stimmt mit dem Kohlenstoff und Wasserstoff
eben so wie 2(My, aq) -+- 2(My, Gly); (Playfair).
Das Kalisalz enthält 17,39 Kali Das Barytsalz My, BaO ( Playfair )
ist weifs und unlöslich, es enthält 28,97 p. c. Baryt. Das Silbersalz ent-
hält 34,67 Silberoxid (berechnet 84,32 p. c.) (Playfair) , es löst sich in
Ammoniak und kristallisirt daraus in feinen glänzenden Tafeln.
Nimmt man die Zusammensetzung der Oenanthsäure doppelt und ver-
gleicht sie mit der der Myricinsäure , so bemerkt man, dafs die letztere
2 At. Wasserstoff mehr und 1 At. Sauerstoff weniger enthält, als die
Oenanthsäure. (Play fair.)
Anhang“ zu Myristinsäure.
Der Alkohol, womit man die Muskatbutter behandelt bat, enthält ein
festes und ein flüssiges Fett, beim Abdampfen desselben erhält mau eine
butterartige Masse, welche, mit Wasser der Destillation unterworfen, ein
flüchtiges aromatisch riechendes Oel liefert. Wird der Rückstand für sich
destillirt, so geht noch etwas flüchtiges Oel über, sodann ein weifser kri-
stallinischer, dem Paraffin ähnlicher Körper, und es bleibt in der Retorte
eine kohlschwarze Substanz, die sich mit Alkali verseift, in Alkohol und
Wasser mit gleicher Leichtigkeit löst. Löst man den Rückstand in schwa-
chem Weingeist und läfst an der Luft verdampfen, so scheidet sich zuerst
ein schwarzer ölartiger Körper ab, später bilden sich weifse Kristalle
eines andern von sauren Eigenschaften. (Play fair.)
Palmitinsäure.
941
Palmitin säur e.
Formel der wasserfreien Säure: C32 H6a 05
Formel des Hydrats der Palmitinsäure : C32 H6J
Entdeckt von Fremy in der Palmbutter.
05 + aq \ c Frei7ly> Stenkouse ) .
Zur Darstellung der Palmitinsäure wird die im Handel vorkommende
Palmbutter durch ätzende Alkalien verseift und die gebildete Seife mit
Weinsäure oder Salzsäure zersetzt. Das abgeschiedene Gemenge von
Palmitin- mit Oelsäure wird in heifsem Alkohol gelöst, aus dem sich beim
Erkalten Palmitinsäurehydrat abscheidet. Die gebildeten Kristalle werden
zwischen Fliefspapier geprefst und Wiederholt aus Alkohol kristallisirt, bis
sich ihr Schmelzpunkt nicht mehr ändert. Sie kann auch durch Behand-
lung des Palmöls vermittelst Schwefelsäurehydrat erhalten werden. (.Fremy. )
Das Palmitinsäurehydrat kristallisirt aus Alkohol in glänzenden Blät-
tern und ist der äul'seren Beschaffenheit nach von dem Hydrate der Mar-
garinsäure nicht zu unterscheiden, auch besitzt es genau den nemlichen
Schmelzpunkt wie dieses (60°).
in den Lösungen der kohlensauren Alkalien löst sich das Palmitin-
säurehydrat zu durchsichtigen Seifenleimen auf, aus deuen mau nach dem
Abdampfen zur Trockne und Behandlung des Rückstandes mit kochendem
Alkohol neutrale palmitinsaure Alkalien erhält. Die Lösungen der letzte-
ren mit salpetersaurem Silberoxid vermischt, geben dicke weifse Nieder-
schläge vou palmitinsaurem Silberoxid, welches trocken vom Lichte nicht
geschwärzt wird und im Mittel 31,3 ( Fremy ), 31,45 ( Stenkouse ) Silber-
oxid enthält. Hieraus berechnet sich das Atomgewicht der Säure zu 3165.
Das H3rdrat gab bei der Analyse ( Stenkouse ) 75,46 — 75,69 Kohlenstoff
und 13,41 — 13,51 Wasserstoff. Fremy erhielt 75,1 Kohlenstoff und 13,4
— 13,5 Wasserstoff. Die wasserfreie Säure im Silbersalz gab 78,08 — ■
78,19 Kohlenstoff, 12,4 — 12,5 Wasserstoff, was mit oben angegebener
Formel sehr nahe übereinstimmt.
Wasserhaltige Säure.
32 At. Kohlenstoff 3446 — 75,37;
64 «— Wasserstoff 399 — 12,40;
4 — Sauerstoff 400 — 13,23;
Palmitinsäureliydrat 3345 100,00;
Wasserfreie Säure.
32 At. Kohlenstoff 2446 — 78,08
63 — Wasserstoff 387 — 12,35
3 — Sauerstoff 300 — 9,57
Palmitinsäure 3133 100,00
Fremy beobachtete, dafs wenu das Palmitinsäureliydrat auf 300° er-
hitzt wird, dals es aus Alkohol nicht mehr in Blättern, sondern warzen-
förmig ohne Aenderung der Zusammensetzung kristallisirt. Das Palmitin-
säurehydrat ist destillirbar, nach Fremy ohne Zersetzung (?); die destil-
lirte Säure ist durch ein Oel verunreinigt, von dem sie durch Behandlung
mit Alkohol getrennt werden kann; Fremy erhielt bei ihrer Analyse 75,38
Kohlenstoff und 12,90 Wasserstoff (demnach 1 Aeq. Wasserstoff mehr
als in der nicht destillirten Säure).
Durch Chlor wird die Palmitinsäure in der Wärme zersetzt und, je
nach der Dauer der Behandlung, ein oder mehrere Aequivalente Wasser-
stoff durch Chlor ersetzt. Die erhaltenen Produkte sind mehr oder weni-
ger flüssig, sie besitzen die Eigenschaften einer Säure, verbinden sich
mit Alkalien zu neutralen Gemischen, in denen das Chlor der Säure durch
das Alkali nicht eliminirt ist.
Palmitin. Palmitinsaures Glyceryluxid. Mar gar in von Pelouze und
Boudet. Wird die Palmbutter zur Abscheidung der flüssigeren Gemeng-
tbeile zwischen Leinwand geprefst, der Rückstand sechs- bis siebenmal
mit siedendem Alkohol behandelt, so bleibt Palmitin ungelöst zurück; be-
handelt inan das Ungelöste mit warmem Aether und filtrirt, so bleiben die
Unreinigkeiten zurück, und es setzen sich beim Erkalten des Aethers
Kristalle von Palmitin ab, die man zwischen Fliefspapier prefst und durch
Wiederholung dieses Verfahrens reinigt. Das reine Palmitin ist glänzend
weifs, kristallinisch, es ist sehr wenig löslich in kochendem Alkohol, in
943
C e t y 1 - , Margarin-Säure.
jedem Verhältnifs io heifsem Aether und kristallisirt daraus in sehr feinen
microscopischen Kristallen. Es schmilzt bei 48° und gesteht beim Erkalten
zu einer wachsähnlichen Masse, welche keine Spur von Kristallisation
zeigt 5 das erstarrte Palmitin ist hart, zu Pulver zerrelblich, es liefert beim
Verseifen Palmitinsäure , welche bei 60° schmilzt. Die Analyse dieses
Körpers lieferte Stenhouse 7ö, 58 — 76,78 Kohlenstoff, 11,99 — 12,29 Was-
serstoff, welche Verhältnisse mit der Formel C35 H66 04 übereinstimmen.
Diese Formel giebt 76,73 Kohlenstoff und 11,80 Wasserstoff. Das Pal-
mitin besteht hiernach aus 1 At. wasserfreier Palmitinsäure C32 H62 03 , ver-
bunden mit 03 H4 0. Die letztere Formel drückt aus ein halbes Atom
q U q u 0
wasserfreies Glyceryloxid , minus 3 Atomen Wasser — — — — s- 6 — —
«
Bei der Destillation liefert das Palmitin Akrolein, aber keine Fett-
säure. Das rohe Palmöl giebt letztere in reichlicher Menge , was beweist,
dafs es Oelsäure enthält.
Cetylsäure.
Syn.: Aethalsäitre. Symb. : Cet.
Formel und Zusammensetzung identisch mit Palmitinsäure.
Bildung. Die empirische Formel des Cetyioxidhydrats ist C32 U68 02,
die des Hydrats der Cetylsäure C32 H64 04. Bei der Bildung der letzteren
sind demnach 2 Aeq. Wasserstoff des Cetyioxidhydrats ausgetreten und
ersetzt in der Cetylsäure durch 2 Aeq. Sauerstoff; der letztere stammt
von dem Wasser des Kalihydrats und es müssen demnach 4 Aeq. Wasser-
stoff (zwei aus dem Cetyloxidhydrat und 2 von dem zersetzten Wasser)
frei werden. ( Dumas $r StassJ
Entdeckt von Dumas und Stuss. (Siehe Cetyloxidhydrat.)
Wenn mau einen Theil Cetyloxidhydrat (Aethal) mit sechs Theilen
eines der Glühhitze ausgesetzten Gemenges von gleichen Theilen Kali-
hydrat und gepulvertem Kalk bei einer Temperatur von 210 bis 220° er-
hitzt, so entwichelt sich reines Wasserstoffgas und es entsteht Cetyl-
säure, die sich mit dem Alkali verbindet. Bei Zusatz von Wasser löst
sich cetylsaures Kali, nebst etwas Cetyloxidhydrat auf. Die Auflösung
versetzt man im concentrirten Zustande mit Kochsalz, wo sich cetylsaures
Alkali in Gestalt einer festwerdenden Seife abscheidet; sie wird wieder-
holt in Wasser gelöst und ausgesalzen, bis die wässerige Flüssigkeit nicht
mehr gefärbt ist. Die erhaltene Seife wird zuletzt in reinem Wasser ge-
löst, die Auflösung mit einem Barytsalz gefällt, der erhaltene Niederschlag
getrocknet und mit kochendem Alkohol ausgezogen, wo sich das beige-
mischte Aethal löst. Aus der rückständigen Barytverbindung scheidet man
die Säure durch Behandlung in der Wärme mit verdünnter Salzsäure.
Durch Auflösung in Aether wird sie rein erhalten. Die Cetylsäure ist
fest, färb- und geruchlos, leichter als Wasser, sie gesteht im geschmol-
zenen Zustande bei 55° in glänzendeu, strahlig vereinigten Nadeln. Sie
ist unlöslich in Wasser, leicht in heifsem Alkohol und Aether. Sie de-
stillirt ohne Rückstand.
Cetylsaures Kali. Cet, KO ( Dumas Sr Stass). Dieses Salz ist weifs,
perlmutterglänzend, seine concentrirte Auflösung in Wasser wird durch
Zusatz von viel Wasser zersetzt, es löst sich nicht in Aether.
Cetylsaures Natron kristallisirt fn grofsen perlmutterglänzenden
Blättern.
Margarinsäure.
Symbol der wasserfreien Säure: Mr.
Symbol des Hydrats: Mr, 2aq. üeber die Zusammensetzung s. S. 950.
Entdeckt von Chevreul. Entsteht durch trockne Destillation des Talgs
and der Talgsäure.
Margarinsäure,
943
§. 176. Man erhält Talgsäurehydrat mit seinem gleichen
Gewichte Salpetersäure von 33° B. einige Minuten im Sieden,
läfst die Flüssigkeit nach erfolgter Einwirkung erkalten,
prefst die auf der Oberfläche schwimmende feste fette Säure
zwischen trocknem Papier und reinigt sie durch wiederholte
Kristallisationen aus Alkohol , bis ihr Schmelzpunkt sich nicht
mehr ändert. Der Niederschlag, den man durch Fällung von
Olivenöl- oder Menschenfettseife durch essigsaures Bleioxid
erhält, hinterläfst nach seiner Behandlung mit kaltem oder
kochendem Aether reines margarinsaures Bleioxid, aus dem
man die Margarinsäure leicht durch Erhitzen mit einer ver-
dünnten Mineralsäure abscheiden kann. Ebenso aus reinem
margarinsaurem Kalk. (Siehe dieses Salz.)
§. 177. Die Margarinsäure besitzt in ihrem Ansehen und
ihren Eigenschaften im Allgemeinen eine grofse Aehnlichkeit
mit Talgsäure. Die Mauptverschiedenheit in beiden liegt in
ihrem Schmelzpunkt und ihrer Zusammensetzung. Sie schmilzt
bei 60°. Eine eben so grofse Aelmlichkeifc besitzen die margarinsauren
Salze mit den talgsauren.
Das margarinsaure Aethyloxid, Mr,2AeO {V arrentrapp') , erhält man
durch Sättigung einer Auflösung von Margarinsäurehydrat in Alkohol und
Entfernung der Salzsäure durch Waschen mit siedendem Wasser; es wird
durch kohlensaure und reine Alkalien, so wie durch Destillation zersetzt
und schmilzt bei 22°. ( Varrentrapp .)
Zur Darstellung des margarinsauren Kali’s und Natron’s werden die
durch Behandlung mit Kali- oder Natronhydrat zur völligen Auflösung ge-
brachten Fette des Menschen, der Gans oder von Olivenöl durch Säuren
zersetzt, wo sich Gemenge von Margarin- und Oelsäure ausscheiden.
Nach dem Gestehen und Auswaschen erhitzt man sie mit dem achtfachen
Gewichte Wasser und setzt so lange reine Kali- oder Natronlösung zu*
bis völlige Auflösung erfolgt ist, sie wird alsdann mit ihrem 50fachen Vo-
lum Wasser gemischt, wodurch saures margarinsaures Kali oder Natron
gefällt werden. Werden diese beiden Salze mehrmals auf die nemliche
Weise wie die unreine Söure in Auflösung gebracht und durch Wasser
gefällt, so erhält mau sie frei von Oelsäure.
Unterwirft man Talgsäurehydrat, Hammel- oder Ochsentalg der trock-
nen Destillation, so verwandelt sich die Talgsäure in ein Gemenge von
Margarinsäure mit mehreren andern nicht sauren, fetten Körpern. Löst
man die erste Hälfte des übergehenden Destillats in schwacher Kalilauge
auf, fällt diese Auflösung mit Chlorcalci.um und behandelt den wohlgewa-
schenen und getrockneten Niederschlag wiederholt mit frischem Aether,
bis ein Tropfen davon verdampft keinen Rückstand mehr hinterläfst, so
bleibt reiner mar gar insaurer Kalk zurück.
Margarinsaures Glyceryloxid ist in reinem Zustande unbekannt, es
findet sich in dem Menschenfett und dem Olivenöl in Verbindung oder ge-
mengt mit ölsaurem Glyceryloxid. Bei der Auflösuug von Menschenfett in
kochendem Alkohol erhielt Chevreul nach dem Erkalten weifse Gruppen
von geringem Glanze, welche, durch neue Kristallisationen aus Alkohol
gereinigt, leicht schmelzbar sind und bei 41° erstarrten, wobei die Tem-
peratur des flüssigen Theils auf 49° stieg. Dieses Margarin kristallisirt in
feinen Nadeln, in Masse erstarrt von glatter Oberfläche. Zerlegt sich bei
der trocknen Destillation. 100 Theile Alkohol losen 21,5 Margarin , in
der Kälte Kristalle absetzend. Leicht in Aether löslich. Beim Verseifen
desselben erhielt Chevreul ein Gemenge von Oelsäure mit Margarinsäure,
944
Talgsäure.
welches bei 51° schmolz. Der bei niederer Temperatur kristallisireude
Bestandteil des Olivenöls ist nach Velouze und ßoudet eine chemische
Verbindung von margarinsaurem und ölsaurein Glyceryloxid. Wenia die
bei 3 — 4° gestandene feste Masse durch Pressen zwischen Papier von allem
Flüssigen befreit ist, kann man sic durch Auflösung und Kristallisation aus
Alkohol rein erhalten; sie schmilzt bei 20° ( Velouze und Boudet) , bei 22°
(.Saussure); von 0,968 spec. Gewicht. Nach Saussure enthält es in 100
Theilen: Kohlenstoff 82,170, Wasserstoff 11,232, Sauerstoff 6,302.
Mar gar insaures Kali.
Saures mar gar insaures Kali. Mr, KO, H20 ( Chevreul). Kleine
Blättchen , von geringerem Glanz wie beim entsprechenden talgsauren
Salze; kaltes und siedendes Wasser entziehen ihm eine Spur Kali; fällt
inan seine weingeistige Lösung mit Wasser, so erhält man einen Nieder-
schlag, der nur 7,8 p. c. Kali enthält.
Neutrales mar gar insaures Kali. Mr, 2KO ( Chevreul ). Scheidet sich
aus der weingeistigen Lösung in Schuppen ab, von geringerem Glanz als
das talgsaure Kali. Aus einer heifsen Auflösung von gleichen Theilen
Margarinsäurehydrat und Kali in 5 Th. heifsem Wasser setzt sich das Salz in
Krümchen ab. 100 Th eile des trocknen Salzes nehmen aus feuchter Luft
55 Th. Wasser auf, 1 Th. bildet mit 10 Wasser einen durchscheinenden
zähen Schleim, bei 70° durchsichtig werdend, diese Auflösung zerlegt sich
theilweise beim Erkalten , indem sich saures Salz abscheidet. Zusatz von
viel Wasser zerlegt das Salz ähnlich wie das neutrale talgsaure Kali.
Beide sind leicht in Weingeist löslich.
Die Eigenschaften des sauren und neutralen margarinsauren Natrons ,
des margarinsauren Baryts , Strontians und Kalks sind denen der corre-
spondirenden talgsauren Salze sehr ähnlich.
Die Margarinsäure bildet mit Bleioxid ein saures, neutrales und basi-
sches Salz; das saure Salz schmilzt bei 75°, das neutrale bei 106 — 112°,
das basische bei 120°; die drei Bleisalze losen sich in Terpentin- und
Steinöl, das saure und neutrale Salz löst sich in 30 — 40 Th. Alkohol.
Talgsäure.
Zweibasische Säure. Ueber die Zusammensetzung der Talgsäure siehe
S. 950. Symb. : St -f- 2aq.
Von Chevreul 1811 entdeckt.
Vorkommen : Vorzugsweise in den festen und weichen thierischen und
vegetabilischen Talgartcn, iu der Galle vieler Thiere, meistens in Verbin-
dung mit Glyceryloxid (Glycerin).
§. 178. Darstellung : Die im Handel vorkommende Tal^-
säure wird durch häufige Kristallisationen aus Alkohol von bei-
gemengter Oel- und Margarinsäure befreit, der Schmelzpunkt
der reinen Talgsäure (70—75°) zeigt, ob diese Reinigung
weit genug getrieben wurde. Man kann sie ferner erhalten
durch Zersetzung des sauren talgsauren Kalis oder der ge-
wöhnlichen Talgseife durch Erhitzen mit Salzsäure, indem
man wie vorher die abgeschiedene unreine Talgsäure durch
Auflösung in siedendem Alkohol und häufige Kristallisationen
von den sie begleitenden löslicheren Säuren trennt.
Die im Handel vorkommende zur Fabrikation der Stearin-
kerzen dienende Talgsäure wird aus dem talgsauren Kalk
Talgsaure Salze.
945
durch Zersetzung mit verdünnter heifser Schwefelsäure abge-
schieden und durch vorsichtiges Fressen zwischen erwärmten
Platten von der Oelsäure getrennt. Oie erhaltenen festen
weifsen Kuchen von Talgsäure enthalten nur geringe Mengen
von Oelsäure und Margarinsäure.
Man kann auch Talg mit der Hälfte seines Gewichts concentrirter
Schwefelsäure sorgfältig mischen und durch Schmelzen der erhaltenen
Masse in heifsom Wasser, welches schwefelsaures Glyceryloxid aufnimmt,
unreine Talgsäure erhalten. In Verbindung mit Oelsäure scheidet sie sich
nach dem Erkalten der Flüssigkeit auf der Oberfläche ab und wird durch
vorläufiges Pressen im erwärmten Zustande von dem gröSsten Theil der
Oelsäure und sodann durch Kristallisation aus Alkohol vollkommen gereinigt.
§. 179. Eigenschaften: Gesteht nach dem Schmelzen
zu einer aus glänzenden weifsen Nadeln bestehenden Masse,
welche fettig anzufühlen, pulverisirbau und unlöslich in Was-
ser ist. Aus Alkohol kristalläsirt, in welchem sie in allen Ver-
hältnissen in der Wärme löslich ist, stellt sie perlmutterglän-
zende Blätter und Nadeln dar; geschmolzen ist ihr spec. Ge-
wicht 0,854, im festen Zustande 1,01 (föaussure). »Schmilzt
bei 75° und gesteht bei 70° (ChevreuQ. Löslich in ihrem
gleichen Gewicht Aether und in ihrem gleichen Gewicht Wein-
geist von 0,727 spec. Gewicht. Sie ist geschmack- und ge-
ruchlos, röthet im geschmolzenen Zustande und in der wein-
geistigen Auflösung das Lackmuspapier. An der Luft erhitzt
verbrennt sie wie Wachs.
Durch trockne Destillation zerlegt sie sich in Margarylsäure und Mar-
garyloxid. Durch Behandlung mit Salpetersäure in der Wärme wird sie
zersetzt, bei der ersten Einwirkung in Margarylsäure, bei fortgesetztem
Kochen bis zur völligen Auflösung in Korksäure und Bernsteinsäure.
Mit ©oucentrirter Schwefelsäure in Berührung löst sich die Talgsäure
bei sehr gelinder Erwärmung ohne Färbung auf; Zusatz von Wasser fällt
hieraus die Talgsäure in weifsen Flocken. Beim Erwärmen der schwefel-
sauren Auflösung scheidet sich auf der Oberfläche eine Verbindung ab ,
welche bei 44° gesteht, die untere Schicht setzt hei gewöhnlicher Tem-
peratur Talgsäure in concentrisch gruppirten Nadeln ab.
Talgsaure Salze.
§. 180. Die Talgsäure als zweibasische Säure bildet zwei
Reihen von Salzen; in der einen Reihe sind die beiden als
Hydratwasser aufgeführten Atome Wasser vertreten durch 2
Aequivalente Metalloxid ,
St -j- 2MO. Allgemeine Formel der neutralen talgsauren
Salze.
In der andern Reihe ist nur 1 At. Wasser ersetzt durch 1 Aeq.
Metalloxid
St -f- ||^ ^ Formel der sauren talgsauren Salze.
Die Talgsäure zerlegt in der Kälte die kohlensauren Alkalien
zur Hälfte, es entsteht doppelt kohlensaures und doppelt talg-
saures Alkali; in der Wärme wird die Kohlensäure vollständig
ausgetrieben.
946
Talgsäure.
Die neutralen talgsauren Alkalien sind in 10—20 Theileu
heifsem Wasser ohne Veränderung löslich, durch Zusatz von
vielem Wasser zu einem aufgelösten neutralen talgsauren Al-
kali wird hingegen Zersetzung bewirkt, es scheidet sich sau-
res Salz ab und die Flüssigkeit wird stark alkalisch, diese
Zersetzung tritt theilweise beim Erkalten einer heifsen Auf-
lösung in wenig Wasser ein und sie nehmen in diesem Falle
eine dicke brei- oder gallertartige Beschaffenheit an.
Die weingeistige Auflösung der sauren talgsauren Salze
röthet die Lackmustinktur; setzt man dieser Flüssigkeit Was-
ser zu, so verschwindet die liöthung und sie nimmt wieder
eine blaue Farbe an ( [ChevreulJ .
Alle löslichen talgsauren Alkalien zerlegen sich mit den
Salzen der andern Metalloxide, indem theils saure, theils neu-
trale unlösliche talgsaure Verbindungen der letzteren gebildet
werden.
Die verdünnten Mineralsäuren zerlegen die talgsauren
Salze mit alkalischen Basen in der Wärme vollkommen unter
Abscheidung reiner Talgsäure.
Talg saures Ammoniumoxid.
Formel: St, 2AdH40 ( Chevreul). Das Talgsäurehydrat absorbirt ohue
Abscheidung von Wasser 2 Aeq. Ammoniak im Gaszustande, es entsteht
eine weifse feste geruchlose Verbindung, die in der Wärme Ammoniak
verliert und zu saurem Salze wird ; sie ist in ammoniakhaltigem heifsem
Wasser löslich, beim Abkuhlen tritt Zersetzung ein, indem sich Kristalle
von saurem talgsaurem Ammoniumoxid (St, AdH4 O , aq) in perlmutter-
glänzenden Blättchen abscheiden.
Talgsaures Aethyloxid .
Formel: St, QRedtenbacher ); St, 2AeO ( Lassaigne ). Beim
aq )
Kochen und Erhitzen einer Auflösung von 1 Th. Talgsäurehydrat in 4 Th.
Weingeist von 90 p. c. und 4 Th. Schwefelsäurehydrat scheidet sich nach
20 — 25 Minuten auf der Oberfläche der Flüssigkeit talgsaures Aethyloxid
in Gestalt eines farblosen Oeles ab, welches beim Erkalten erstarrt. Durch
fortgesetztes Schmelzen in zu erneuerndem heifsen Wasser, bis alle saure
Keaction verschwunden ist, erhält mau es rein. Beim Sättigen einer Auf-
lösung in Alkohol mit ChlorwasserstofFgas scheidet sich saures talgsaures
Aethyloxid ab (Redtenbacher') .
Eigenschaften: Weifse, feste, dem gebleichten Wachse ähnliche
Masse, geruch- und geschmacklos, ohue Wirkung auf die Pflanzenfarben,
schmilzt bei 30 — 31°, siedet bei 165°, wobei es sich vollständig zersetzt.
In Wasser unlöslich und beim Kochen damit unzersetzbar, löslich in Al-
kohol und daraus in feinen weifsen seideoglänzenden Nadeln kristallisirbar,
sehr löslich in Aether. Durch Kochen mit wässerigen Alkalien wird es
zersetzt.
Talgsaures Methyloxid.
Formel: St, 2MeO ( Lassaigne ). Darstellung: i Theil Talgsäure, 2
Th. Methyloxidhydrafc und 2 Th. coucentrirte Schwefelsäure werden 30 —
40 Minuten lang im Sieden erhalten, wonach sich die Verbindung auf der
Oberfläche der Flüssigkeit ausscheidet.
Talgsaures Glyceryloxid.
94?
Eigenschaften : Bei gewöhnlicher Temperatur stellt das talgsaure Me-
thyloxid eine schwach gelbliche, halbdurchsichtige, kristallinische Masse
dar, welche bei 85° schmilzt, leichter als Wasser und darin unlöslich ist;
durch Alkalien wird es zersetzt.
Talgsaures Glyceryloxid, saures .
Formel : St* , GlyO -f 2aq ( Velouze Sc J. L.).
Synonyme: Reiner Talg, Stearin.
Besfcandtheil der meisten sogenannten Talgarten.
§. 181. Darstellung ; Am leichtesten und reinsten erhält
man diese Verbindung, wenn reiner Hammeistalg im Wasser-
bade geschmolzen und dann das 8- bis lOfache Volum Aether
zugesetzt und dem Erkalten überlassen wird, wo die Flüs-
sigkeit meistens zu einem festen Brei von Kristallen erstarrt;
er wird ausgeprefst und mit Aether ausgewaschen.
182. Eigenschaften: Das erhaltene talgsaure Gly-
ceryioxid stellt im trocknen Zustande weifse perimutterglän-
zende, feine, geruch- und geschmacklose Blättchen dar, wel-
che sich weich aber nicht fettig anfühlen; es schmilzt bei 60
bis 62° zu einer farblosen Flüssigkeit, welche nach dem Er-
kalten eine feste, pulverisirbare, nichtkristallinische Masse
darstellt. Das talgsaure Glyceryloxid löst sich nicht im Was-
ser, in 6 — 7 Theilen siedendem Alkohol, weniger leicht in
wasserhaltigem. Bei dem Erkalten der alkoholischen Auflö-
sung setzt sich beinahe alles Aufgelöste in weifsen Flocken
wieder ab. Siedender Aether löst die Verbindung in grofser
Menge, in der Kälte bleibt nur V225 in Auflösung.
Für sich im leeren oder lufterfüllten Baume der Destil-
lation inner werfen erhält man Zersetzungsprodukte des Gly-
ceryloxids und im Destillate ein Gemenge von Margarinsäure
mit Margarom
Durch Salpetersäure erleidet das saure talgsaure Glyceryloxid eine
ähnliche Zersetzung wie die Talgsäure und das Glyceryloxid für sich;
mit concentrirter Schwefelsäure gemischt entsteht unter Färbung saures
schwefelsaures Glyceryloxid unter Abscheidimg der Talgsäure.
Das saure talgsaure Glyceryloxid besitzt schwach saure Eigenschaf-
ten, es zersetzt in der Kälte die löslichen kohlensauren Alkalien; eine
Auflösung desselben in Aether, der man soviel Alkohol zusetzt bis sie
anfäogt sich zu trüben, wird sogleich klar, wenn eine weingeistige Auf-
lösung von Kali damit gemischt wird; dampft man diese Flüssigkeit ab,
so erhält mau eine syrupartige Flüssigkeit, in der sich feine nadelförmige
Kristalle bilden. Zusatz von Säuren scheidet hieraus unverändertes saures
talgsaures Glyceryloxid ab.
Mit kaustischen Alkalien bis zur Auflösung gekocht wird die Verbin-
dung zersetzt, es entsteht talgsaures Alkali unter Abscheidung von Gly-
ceryloxidhydrat (Glycerin, Oelsüfs). Aus 100 Theilen saurem talgsaurem
Glyceryloxid, welches bei 44° schmolz, erhielt Chevreul 103,6 Talg-
säurehydrat und Glyceryloxidhydrat zusammen; das Gewicht des letzte-
ren betrug 8 Theile. Die von Chevreul erhaltene Talgsäure schmolz bei
54° und enthielt alle noch eingemischte fremde Säuren. Wenn bei dieser
Zersetzung 3 At. Wasser aufgenommen werden, wovon 2 Afc. von der
948
Ta] g säure.
Hälfte der Talgsäure gebunden werden , und das dritte Atom sich mit Gly-
ceryloxidhvdrat vereinigt, so sollte man der Rechnung nach erhalten 103,3
an Gesammtge wicht aller Produkte und 7,9 Glyceryloxidhydrat.
Das aus Alkohol kristallisirte saure talgsaure Glyceryloxid hält auch
nach langem Schmelzen Alkohol zurück CSaussure'); es löst etwas Phos-
phor und Schwefel, reichlich die Benzoesäure auf; es ist in Holzgeisfc und
Aceton und flüchtigen und fetten Oelen löslich.
Das talgsaure Glyceryloxid constituirt in Verbindung mit ölsaurem
Glyceryloxid den festen Theil der Kakaobutter ( Pelouze Boudet ).
Talgsaures Kali .
Saures. St, KO, aq ( Chevreul ). Darstellung : Man vermischt die
Lösung von 1 Theil neutralem talgsaurem Kali mit 1000 Theilen kaltem
Wasser, wo sich saures talgsaures Kali niederschlägt, was nach dem
Auswaschen und Trocknen durch Auflösung in siedendem Weingeist und
Erkalten rein erhalten wird.
Eigenschaften : Weifse, perlglänzende, geruch- und geschmacklose,
zart anzufühlende Blättchen, bei 100° weich werdend ohne zu schmel-
zen, sehr wenig löslich in kaltem, leicht in siedendem Weingeist und
daraus ohne Veränderung kristallisirend. Seine Auflösung in Alkohol rö-
tliet nicht Lackmus und hat keine Wirkung auf Hämatin. Zusatz von we-
nig Wasser bewirkt bei ersterem eine saure, bei letzterem eine alkalische
Reaction.
Die Einwirkung von heifsem Wasser auf dieses Salz ist nicht minder
bemerkenswert!! ; 1000 Th. siedendes Wasser bilden mit 1 Th. saurem
talgsaurem Kali eine trübe, schleimige, milchähniiche Flüssigkeit, welche
bei 75° durchscheinend und dünnflüssig, bei 67° durchscheinende Flocken und
von 59 — 26° perlmutterglänzeHde Blättchen fallen läfst. Nachdem völligen
Erkalten besitzt die wässerige Flüssigkeit eine alkalische Reaction ; hier-
bei zerlegen sich drei Atome saures Salz 3(St, KO, aq) in 1 At. neutra-
les talgsaures Kali St, 2KO, was sich löst, und in 1 At. doppelt talg-
saures Kali 2St, KO, 3aq, was in der Lösung suspendirt bleibt. Beim
Erkalten der Lösung des neutralen Salzes scheidet sich saures talgsaures
Kali ab, indem die Hälfte seiner Basis im Wasser gelöst bleibt. Das nach
dem Erkalten der Lösung des saureu talgsauren Kali’s in siedendem Was-
ser erhaltene Gemenge von doppelt und saurem talgsaurem Kali enthält
auf 100 Talgsäure 6,18 Kali, es schmilzt unter 100° und gesteht bei 70
bis 71° zu einer durchscheinenden wachsähnlichen Masse, welche an sie-
dendes Wasser durch weitere Zersetzung des beigemengten sauren talg-
sauren Kali’s (St, KO, aq) reines doppelt talgsaures Kali 2St, KO, 3aq
abgiebt, was auf 100 Säure 4,47 Kali enthält, in der Wärme zu eisern
farblosen Oele schmilzt, welches zu einer weifsen mit Wasser aufschwel-
lenden Masse erstarrt ( Chevreul ).
Siedender Aether entzieht dem sauren talgsauren Kali ein Drittel Talg-
säure, neutrales Salz hinterlassend; seine Auflösung in Alkohol zerlegt
»ich durch Wasserzusatz ähnlich wie durch siedendes Wasser.
Neutrales. St, 2KO ( Chevreul ). Darstellung: Aus einer Auflösung
von gleichen Theilen Talgsäure und Kalihydrat in 10 Th. heifsem Wasser
scheidet sich beim Erkalten neutrales talgsaures Kali in weifsen undureb'
sichtigen Krümchen ab; durch Pressen zwischen Fliefspapier , Auflösen
in 18 Th. heifsem Weingeist von 0,821, Erkalten, Sammeln des Absatzes
auf einem reinen Filter und Auswaschen mit kaltem Weingeist erhält man
es rein.
Eigenschaften : Aus Weingeist kristallisirt stellt es glänzende , zart
anzufühlende Nadeln, Schuppen und Blättchen dar, von schwach alkali-
schem Geschmack. Das trockne Salz absorbirt an feuchter Luft 10 p. c.
Talg saure Salze.
949
Wasser; es bildet mit 10 Theilen kaltem Wasser einen undurchsichtigen
Schleim, der bei .99° schmilzt und beim Erkalten perlglänzend wird; löst
sich in 25' Tb. siedendem Wasser , leichter in alkalischem. Aus der sie-
dend gesättigten alkalischen Losung scheidet sich bei Zusatz von Chlor-
kaliuni alles neutrale talgsaure Kali in Gestalt eines undurchsichtigen
Schleims ab, der zu einer festen Seife gesteht. Wird die alkalische heifs
gesättigte Lösung mit Kochsalz bis zur Sättigung versetzt, so scheidet
sich alle Talgsäure als neutrales talgsaures Natron in Gestalt einer nach
dem Erkalten harten Seife ab.
Eine gesättigte Lösung des Salzes in 100 heilsern Wasser wird beim
Erkalten theilweise zersetzt , indem % der Basis im Wasser gelöst bleibt
und ein Gemenge von neutralem und saurem Salze auskristallisirt; bei mehr
Wasser ist die Zersetzung des neutralen Salzes vollkommen, mit 1000
siedendem oder 5000 kaltem Wasser behandelt bleibt die Hälfte des Kali’s
in der Auflösung und alle Talgsäure als saares. talgsaures Kali nach dem
Erkalten ungelöst.
Das neutrale Salz löst sich wenig in kaltem, leicht in heifsem Wein-
geist, nach dem Erkalten gallertartig erstarrend. Kochender Aether ist
ohne Wirkung darauf ( Chevreul ).
Talysaures Natron.
Saures. St, NaO, aq (Chevreul). Darstellung: Eine Auflösing von
1 Th. neutralem talgsaurem Natron in 2000 Th. siedendem Wasser läfst
man erkalten, sammelt und behandelt die gebildeten Kristalle wie bei der
Darstellung des sauren talgsauren Kali’s.
Eigenschaften wie die des sauren talgsauren Kali’s.
Neutrales . Man verfährt mit 20 Th. Talgsäure, 13 Natron und 300
Wasser auf dieselbe Weise, wie bei der Darstellung des neutralen talg-
sauren Kali’s.
Eigenschaften : Glänzende geruch- und geschmacklose Blättchen oder
durchscheinende harte Seife, welche an feuchter Luft 7,5 p. c. Wasser
anzielit; löst sich höchst wenig in kaltem Wasser und wird von heifsem
bei weitem weniger leicht zersetzt als das Kalisalz; giebt mit 10 Theilen
Wasser eine dicke beinahe durchsichtige Lösung, die bei 62° zu einer
weifsen festen Masse gesteht; löst sich in 50 Th. heifsem WTasser zu einer
noch unter 100° filtrirbaren Flüssigkeit, welche mit 2000 Theilen Wasser
versetzt saures talgsaures Natron in perlglänzenden Schuppen fallen läfst.
Leicht und vollkommen in 20 Th. heifsem Weingeist von 0,821 löslich,
die gesättigte Auflösung gesteht beim Erkalten zu einer durchscheinenden,
durch die Bildung glänzender Kristalle undurchsichtig werdenden Gallerte
(Sternchen im Opodeldok). Kochender Aether hat keine Wirkung auf das
Salz (Chevreul).
Talgsauren Baryt St,2BaO, talgsauren Strontian St, 2SrO, talg-
sauren Kalk St, 2CaO, talgsaures Bleioxid St, 2PbO erhält man als
unlösliche, weifse, geschmacklose Niederschläge, durch Fällung von lös-
lichen Kalk-, Baryt-, Strontian- und Blei-Salzen mit neutralem talgsau-
rem Kali oder Natron.
Basisch talgsaures Bleioxid , St, 4PbO (Chevreul), entsteht durch
Kochen von Talgsäure mit basisch essigsaurem Bleioxid oder bei Vermi-
schung einer Auflösung von Talgsäure in Alkohol mit einer kochenden
Lösung von basisch essigsaurem Bleioxid, und stellt eine bei 100° schmel-
zende, nach dem Erkalten durchsichtige Seife (Pflaster) dar.
Saures talgsaures Bleioxid bildet sich beim Zusammenschmelzen von
100 Talgsäure mit 21 Th. Bleioxid. Die Verbindung ist weifs, bei 100°
schmelzbar, nach dem Erkalten durchscheinend, wird von siedendem Al-
kohol partiell in neutrales Salz, was zurückbleibt, und in freie Säure
zersetzt.
950
Margarin- und Talgsäure.
Neutrales und saures talgsaures Bleioxid lösen sich beide in lieifsem
Terpentinöl vollkommen auf, die Auflösung erstarrt beim Erkalten zu einer
Gallerte.
Ueber die Zusammensetzung der Margarin- und Talgsäure .
Nach den neuesten Untersuchungen der Margarin- und Talgsäure von
Varrentrapp , Redtenbacher , Bromeis und Stenhouse ist die Zusammen-
setzung der ersteren:
in 100 Theilen
68 At. Kohlenstoff . 5197,58 — 75,92
136 — Wasserstoff 848,60 — 12,39
8 — Sauerstoff 800,00 — 11,69
2 At. Margarinsäurehydrat 6846,18 — 100,00
Die Zusammensetzung der Talgsäure stimmt mit der folgenden aufs
vollkommenste überein :
68 At. Kohlenstoff 5197,6 — 77,04
136 — Wasserstoff 848,6 — 12,58
* 7 — Sauerstoff 700,0 — 10,38
1 At. Talgsäure 6746,2 — 100,00
Die Margarinsäure verbindet sich mit Basen , indem von ihren Bestand-
teilen sich die Elemente von 1 At. Wasser trennen, welches ersetzt
wird durch 1 Aequivalent Basis $ die Talgsäure vereinigt sich in ähnlicher
Weise mit 2 Aeq. Basis.
Aus der Untersuchung der Silbersalze beider Säuren ergab sich für
ihre Zusammensetzung im wasserfreien Zustande :
Margarinsäure, wasserfrei.
68 At. Kohlenstoff 5197,6 — 78,50
132 — Wasserstoff 823,6 — 12,44
6 — Sauerstoff 600,0 — 9,06
2 At. Margarinsäure 6621,2 — 100,00
Talgsäure, wasserfrei.
68 At. Kohlenstoff 5197,6 — 79,70
132 — Wasserstoff 823,6 — 12,63
5 — Sauerstoff 500,0 — 7,67
1 At. Talgsäure 6521,2 — 100,00
Vergleicht man den Kohlenstoff- und Wasserstoffgehalt beider Säuren
mit einander, so ergiebt sich, dafs sie einerlei Verhältnis beider Elemente
enthalten, dafs sie also nur insofern von einander abweichen, als ihr
Sauerstoffgehalt ungleich ist. Als einbasische Säure betrachtet sind auf
34C -4- 66H in der Margarinsäure 3 Atome, auf 2(34C -+- 66H) sind in
der Talgsäure 5 At. Sauerstoff enthalten.
Aus dieser Aehnlichkeit scheint sich ein sehr naher Zusammenhang
zwischen beiden Säuren zu ergeben , sie lassen sich nemlich betrachten
als Oxidationsstufen eines und desselben Radikals. Bezeichnen wir in der
That die Kohlenstoff- und W7asserstoffmengen C5* H66 mit R und nennen wir
dieses Radikal Margaryl, so ist
R -+- 03 Margarylsäure und
2R -4- 03 Untermargarylsäure.
Diese Verhältnisse entsprechen den Oxidationsstufen des Schwefels, der
Schwefelsäure und ünterschwefelsäure S03 und S*Oj.
Das Verhalten der Talgsäure gegen oxidirende Mittel, gegen Salpeter-
säure und Chromsäure, entfernen jeden Zweifel über diesen nahen Zu-
sammenhang; es bedarf nur einer mehrere Minuten dauernden Einwirkung
der Salpetersäure auf Talgsäure, um sie unter Entwickelung von Stick-
oxidgas in Margarinsäure überzuführen , dasselbe geschieht , wenn sie mit
Mar gar in- und Talg säure.
951
einer Auflösung von saurem chromsaurem Kali in concentrirter Schwefel-
säure erwärmt wird; es bedarf nur, wie obige Formeln ergeben, des
Hinzutretens von t At. Sauerstoff, um die Talgsäure in Margarinsäure
überzuführen. (Siehe Annalen der Chem. u. Pharm. Bd. XXXV. S. 87.)
Das Verhalten der Talgsäure in der trocknen Destillation mufs als ein
neuer Beweis für die Richtigkeit der obigen Zusammensetzung angesehen
werden.
Nach früheren Analysen von Chevreul ist die Zusammensetzung der
beiden Säuren folgende:
Wasserfreie Margarinsäure.
Rechnung.
Versuch ( Chevreul )„
35
At.
Kohlenstoff
2675,222 —
78,67
— 79,053
65
—
Wasserstoff
405^583 —
12,26
— 12,010
3
—
Sauerstoff
300,000 —
8,07
— 8,937
1
At.
Margarinsaure
3380,805 —
100,00
— 100,000
Wasserfreie Talgsäure.
Rechnung.
Versuch ( Chevreul J,
70
At.
Kohlenstoff
5350,444 —
79,963
— 80,145
134
—
Wasserstoff
836,126
12,574
— 12,478
5
—
Sauerstoff
500,000 —
7,630
— 7,377
1 At. Talgsäure 6686,570 — 100,000 — 100,000
In der Analyse des Stearins (talgsauren Glyceryloxids) sind von Pe-
lonze und J. L. in 5 Analysen erhalten worden 75,081 bis 76,60 Kohlen-
stoff, ferner 12,24 bis 12,37 Wasserstoff. Diese Verhältnisse entsprechen
einer Verbindung von 1 At. Untermargarylsäure (C68 HIJ2Os), 1 At. Gly-
ceryloxid (C5 H4 0) und 2 At. Wasser. Diese Formel giebt 76,43 Koh-
lenstoff, 12,30 Wasserstoff und 12,17 Sauerstoff. Das analysirte Stearin
war übrigens nicht völlig rein, indem es bei seiner Verseifung Untermar-
garylsäure gab, die schon bei 64 — 65° schmolz.
Die Atomgewichte der wasserfreien Säuren sind von Chevreul abge-
leitet aus der Wassermenge, welche sie im Zustande des Hydrates ver-
lieren, weun sie mit Bleioxid zusammengeschmolzen werden, sowie aus
der Zusammensetzung der sauren und neutralen Salze, die sie mit den
alkalischen Basen bilden. Chevreul fand, dafs 0,500 Grm. Margarylsäure
mit Bleioxid erwärmt 0,017 Grm. und eine gleiche Menge Untermargaryl-
säure ebensoviel verlor; nach diesen Bestimmungen besäfsen sie gleiches
Atomgewicht. Wenn man nun erwägt, dafs ein Fehler von % Milligramm
Wasser mehr oder weniger das Atomgewicht dieser Säuren um x/lk erhöht
oder erniedrigt, und dafs es in Folge dieses Fehlers um das Gewicht eines
Aloms Sauerstoff gröfser oder kleiner wird, so läfst sich diesen Bestim-
mungen kein unbedingtes Zutrauen schenken.
Zersetzungsprodukte der Mar gar in- und Talgsäure durch trockne
Destillation .
Wenn man Margarin- oder Talgsäure der trocknen Destillation in Ge-
fäfsen utsterwirft, die bis zu 2/5 damit ungefüllt sind, so erhält man als
erste Hälfte des Destillats eine feste Masse von blendender Weifse, deren
Schmelzpunkt kaum um einen Grad niedriger, als der der Säuren vor der
Destillation ist; die letzte Hälfte ist gewöhnlich weicher, sie ist von brenn-
baren Gasen begleitet, der Riickständ färbt sich zuletzt schwarz und nimmt
eine theerartige Beschaffenheit an. Die Menge dieser Produkte ändert sich
mit der Temperatur und der Schnelligkeit der Destillation; je langsamer
die Destillation vor sich geht, je länger also die Einwirkung des Feuers
dauert, desto weicher ist das erhaltene Destillat.
Aus der geringen Abnahme des Schmelzpunktes der destillirten Säu-
ren schien hervorzugehen , dafs diese Säuren zum grofsen Theil ohne
Veränderung destillirbar seien, wiewohl Chevreul schon beobachtete, dafs
die Produkte dieser Destillationen sich in alkalischen Laugen nicht mehr
958
Margaron.
vollkommen lösen, sondern dals ein Rückstand bleibt , welcher schmelz-
bar bei gewöhnlicher Temperatur, fast weifs und perlmutterglänzend ist.
Die Veränderungen, welche beide Säuren bei der trocknen Destillation
erfahren, sind neuerdings von Rcdtenhacher und Varrentrapp einer ge-
nauen Untersuchung unterworfen worden.
Reine Talgsäure liefert ein festes weifses Destillat, was bei 69° ge-
steht. Die Talgsäure wird hierbei zersetzt und in ein Gemenge von rei-
ner Margarinsäure, welche bei 60°, und von einem nicht sauren kristal-
linischen Produkt, was bei 77° schmilzt, verwandelt. In alkalischen Lau-
gen lösen sich beide zu einer nicht ganz klaren Flüssigkeit. Wird diese
mit einer Auflösung von Chlorcalcium gefällt, der Niederschlag gewaschen
und nach dem Trocknen mit Aether in der Kälte behandelt, so läfst dieser
reinen margarinsauren Kalk zurück, und löst eine flüssige und eine feste
Materie auf, welche letztere beim Verdampfen des Aethers kristallisirt.
Das flüssige Produkt ist ein Kohlenwasserstoff, das feste besitzt alle Ei-
genschaften und die Zusammensetzung dfes von Bussy beschriebenen Mar-
garons, es schmilzt bei 77°.
Wird Talgsäure mit dem vierten Theil ihres Gewichtes gebranntem
Kalk destillirt, so erhält man ein festes oder weiches Produkt, was zum
gröfsten Theil aus einem flüssigen Kohlenwasserstoff und einem festen kri-
stallinischen Körper besteht , sehr ähnlich dem ebenerwähnten in seinen
Eigenschaften und seiner Zusammensetzung, allein abweichend davon in
seinem Schmelzpunkt. Von anhängender Säure wird dieses Produkt durch
Behandlung mit Kalilauge in der Wärme, und von dem anhängenden öligen
Kohlenwasserstoff durch Kristallisation aus Aether gereinigt. Werden ^die
Produkte der Destillation der Margarinsäure und Talgsäure mit Wasser
ausgekocht, so löst dieses keiue bemerkliche Quantität davon auf, na-
mentlich enthält das Destillat keine Spur Fettsäure.
Maryaron .
Entdeckt von Bussy.
Entsteht als Produkt der Destillation der Margarin- und Talgsäure für
sich, oder mit Kalk; kann ebenfalls aus Hammelstalg und Ochsentalg er-
halten werden.
Das Margaron ist weifs, perlmutterglänzend, leicht zu pulvern, wird
beim Reiben sehr elektrisch, schmilzt und verflüchtigt sich auf einem Pla-
tinblech ohne Rückstand , in einer Retorte der Destillation unterworfen
wird es zersetzt und hinterläfst Kohle , löst sich in 50 Weingeist von
36° B., in 6y2 absolutem und kristallisirt daraus beim Erkalten. Aether
löst in der Wärme mehr wie % seines Gewichts; es ist löslich in starker
Essigsäure, Terpentinöl und fetten Oelen, nud läfst sich mit Camphor in
allen Verhältnissen zusammenschmelzen. Durch Alkalien wird es nicht
verändert, beim Erwärmen mit Schwefelsäurehydrat wird es unter Schwär-
zung zersetzt, wird durch Salpetersäure wenig angegriffen, und durch
Chlorgas, was davon absorbirt wird, in eine farblose dickflüssige Materie
verwandelt.
Aus reiner Margarinsäure und reiner Talgsäure durch Destillation ohne
Kalk dargestellt ist sein Schmelzpunkt 77° ( [Redtenbacher , Varrentrapp );
aus reiner Margarinsäure und aus gewöhnlicher Talgsäure durch Destilla-
tion mit % ihres Gewichts Kalk erhalten, schmilzt es ebenfalls bei 77°
CBussy). Aus reiner Talgsäure mit Kalk erhielt es Redtenbacher von 83°
Schmelzpunkt, welcher durch zahlreiche Kristallisationen nicht erhöht
w erden konnte ; Bussy erhielt es aus Talgsäure unter denselben Umstän-
den bei 86° schmelzend. Diese Verschiedenheit zeigt offenbar an, dafs
man hierbei Körper von ungleicher Zusammensetzung erhält, wiewohl sie
sich in ihren übrigen Eigenschaften nicht von einander unterscheiden lassen.
Das bei 77° schmelzende Margaron enthält nach Bussy , Redtenbacher
und Varrentrapp :
Talg- und Margarinsäure.
Bussy. Rcdtenbacher. Varrentrapp.
Kohlenstoff 83,34 — 83,18 — 82.98
Wasserstoff 13,51 — 13,82 — 13,78
Sauerstoff 3,15 — 3,00 — 3,24
100,00 — 100,00 — 100,00
Auf diese Verhältnisse lassen sich zwei Formeln berechnen, welche
die Bildungs- und Entstehungsweise dieser Körper gleich gut erklären.
Nach der Formel C33 H66 O entsteht das Margaron aus der wasserfreien
Margarinsäure, von der sich die Elemente von 1 At. Kohlensäure trennen;
sie giebt:
33 At. Kohlenstoff 2522,4 — 83,13
66 — Wasserstoff 411,8 — 13,57
1 — Sauerstoff 100,0 — 3,30
3034,2 — 100,00
Es ist erwähnt worden, dafs dieser Körper ebenfalls durch Destilla-
tion von reiner Talgsäure gebildet wird, indem diese in Margarinsäure
übergeht. Während in einem Versuche Chevreul’s reine Margarinsäure
bei der Destillation nur % p. c. einer in schwacher Kalilauge unlöslichen
fetten Materie hinterliefs , gab ihm eine Talgsäure-haltige Margarinsäure,
welche bei 56,5° schmolz, unter denselben Umständen 25 p. c. unreines
Margaron. Die Bildung des Margarons nach obiger Formel läfst sich in
folgender Weise versinnlichen:
4 At. Talgsäurehydrat C272 H344 038 geben:
6 At. Margarinsäurehydrat C204 H408 024
1 — Wasser H3 O
1 — Margaron C33 H66 O
1 — Kohlensäure C 02
1 — Kohlenwasserstoff C34 H68
i Hiernach würde man von 4 At. Talgsäurehydrat = 26984 erhalten müs-
sen 3034 Margaron (nahe an 11% p. c.l und 276 Kohlensäure. Nach
Chevreul’s Versuchen erhält man aus 1000 Grm. Talgsäure bei der De-
stillation etwa 3 Grm. Kohlensäure, wonach 26984 Talgsäure liefern wür-
den 81 Grm. Kohlensäure. Diefs ist nur % der berechneten Quantität.
Chevreul erhielt, wie erwähnt, 25 p. c. unreines Margaron, was aus
nahe gleichen Ge wichtsth eilen reinem Margaron und Kohlenwasserstoff
besteht.
Diese Erfahrung macht eine andere Bildungsweise und Constitution des
Margarons nicht unzulässig; es ist denkbar, dals die Kohlensäure aus der
Zersetzung des Margarons entsteht, in Folge welcher Kohle im Rückstände
bleiben mufs, und dafs die Talgsäure bei ihrer Destillation in zwei Oxide
des nemlichen Radikals, in Margarinsäure und in einen Körper C34 H66 O,
den wir Margaryloxid nennen wollen , zerfällt. Bezeichnen wir C34
mit R, so werden 2 At. Talgsäurehydrat R4 0IO 4- 4aq zerfallen in
3R 4- 90 4- 3aq Margarinsäure
R 4- O = Margaryloxid
4- aq
4R -f- ioO 4- 4aq.
Zwei Atome Margaryloxid enthalten die Elemente von 1 At. Kohlen-
säure, 1 At. Kohle und Kohlenwasserstoff,
^66 H132 1
C oj=3(c34 hm 0).
Die Zerlegung der Margarinsäure, mit oder ohne Kalk destillirt, er-
klärt sich hiernach eben so einfach.
Geiger' $ Pharmacia. /* (Ute Aufl.)
61
954
Talg- und Margarinsäure.
2 At. Margarinsäure und 2 At. Kalk geben
Margaryloxid C34 H66 O
2 At. kohlens. Kalk C2 04 -j- 2CaO
1 At. Wasser H2 O
Polymerischen Koh-
len wassersJ^off_____jD32 JR^
Ces H,3, 06 =r 2 At. Margarinsäure.
Die Zusammensetzung des Margaryloxids würde seyu :
34 At. Kohlenstoff 2.598,8 — 83,55
6*» — Wasserstoff 411,8 — 13,23
1 — Sauerstoff 100,0 — 3,22
3110.6 100,00
Die Zusammensetzung der von Redtenbacher aus reiner Talgsäure mit
Kalk erhaltenen, bei 82° schmelzenden Materie wurde gefunden:
Kohlenstoff 83,77
Wasserstoff 1 3,8 1
Sauerstoff 2,42
entsprechend sehr nahe der Formel:
46 At. Kohlenstoff 3511,0 — 84,17
90 — Wasserstoff 561,6 — 13,44
1 — Sauerstoff 100,0 — 2,39
4172.6 100,00
Diese Formel entspricht einer Verbindung von
1 At. Margaryloxid CS4 H66 O mit
1 — Kohlen Wasserstoff C12 H24
c47h97o
Bussy erhielt in der Analyse des von ihm Stearon genannten und hei
86° schmelzenden Körpers:
Kohlenstoff 84,78
Wasserstoff 13,77
Sauerstoff 1,45
entsprechend der Formel:
68 At. Kohlenstoff 5197,6
132 — Wasserstoff 823,6
1 — Sauerstoff 100,0
6121,2
in 100 Th«
— 84,92
— 13,45
— 1,63
Diese Verbindung ist durch die Formel 2R O (R = 34C H- 66H) eben-
falls ausdrückbar.
Der ölartige Körper, welcher in Redtenbacher’ s Versuchen bei dem
Auskristallisiren des Margarons im Aether zurückblieb, gab bei der Ana-
lyse in 100 Theilen 85,15 Kohlenstoff, 14,08 bis 14,18 Wasserstoff (Ver-
lust 0,77). Die Kohlen- und Wasserstoffmengen entsprechen sehr nahe
einer Verbindung dieser beiden Elemente zu gleichen Aequivalenten. Der
Verlust (Sauerstoff?) rührt offenbar von eingemengtem und nicht abscheid-
barem Margaron her.
Zersetzungsprodukte der Talgsäure und Margarinsäure durch
Salpetersäure.
Erhitzt man Talgsäurchydrat mit seinem gleichen Volum Salpetersäure
von 32° B., so entstehen nach der Dauer der Einwirkung verschiedene Pro-
dukte. Im Anfang bemerkt man, sobald die Mischung siedet, eine lebhafte
Entwickelung von Stickoxidgas und salpetriger Säure. Läfst man die
Mischung bei diesem Zeitpunkte erkalten, so scheint die Talgsäure keine
Ko rksäure.
935
Veränderung erlitten zu haben , die Salpetersäure enthält keine bestimm-
bare Menge einer fremden Substanz gelöst , und die darüber schwimmende
erstarrte fette Säure ist fest und kristallinisch, allein ihr Schmelzpunkt
ist bei weitem niedriger als wie der der Talgsäure. Wird diese fette
Säure mit Wasser mehrmals umgeschmolzen, zwischen Papier nach dem
Erstarren wohl ausgeprefst und durch mehrmaliges Umkristallisiren aus
Alkohol gereinigt, so zeigt sie alle Eigenschaften der Margarinsäure. Sie
schmilzt bei 60° und besitzt in ihrem Hydrate, sowie in ihrem Silbersalze
genau dieselbe Zusammensetzung wie die Margarinsäure.
Läfst man die Salpetersäure auf die aus Talgsäure erzeugte Margarin-
säure, oder auf reine Margarinsäure lange ein wirken, so löst sie sich
nach und nach bei öfterer Erneuerung der Salpetersäure völlig auf. Die
Auflösung enthält Korksäure, Bernsteinsäure und einen in Salpetersäure
löslichen flüssigen ölartigen Körper.
Korksäure.
Formel der wasserfreien Säure: C8 H12 05. Symb.: Sii.
Formel der kristallisirten Säure: C8 H12 05 -4- aq. Symb.: Su -+- aq
(Bussy , Boussingault , Laurent , Bromeis ).
Entdeckt von Brugnatelli durch Behandlung des Korks mit Salpeter-
säure Als Produkt der Einwirkung der Salpetersäure auf Oelsäure und
Olivenöl, von Laurent, auf Talg- und Margarinsäure von Bromeis.
Barstellung. Dampft man die Auflösung der Talg- oder Margarin-
säure in Salpetersäure bis zur Hälfte ab und läfst die Flüssigkeit ruhig
erkalten, so erstarrt sie nach 24 Stunden zu einer beinahe festen Masse,
die man auf einem Glastrichter durch Abspülen mit kaltem Wasser einer
ersten Reinigung unterwirft. Durch Auspressen und Trocknen und mehr-
maliges Umkristallisiren erhält man reines Korksäurehydrat.
Aus dem Kork und der Rinde fle tissu de Vepiderme~) von Birken-,
Kirschen- und Pflaumenbäumen erhält man die Korksäure auf gleiche
Weise, wiewohl minder rein und gelblich gefärbt. Durch Behandlung mit
Kohlenpulver oder einfacher durch Destillation der getrockneten Säure
wird sie weifs erhalten.
Eigenschaften. Eine heifs gesättigte wässerige Auflösung von Kork-
säurehydrat gerinnt zu einem körnigen Brei von feinen körnigen Kristallen,
welche nach dem Trocknen ein poröses , blendend weifses Pulver dar-
stellen ; aus verdünnter Salpetersäure kristallisirt sie in regelmäßigen har-
ten Körnern. In feuchtem, frisch aus Wasser kristallisirtem Zustande er-
hitzt, schmilzt sie bei 50 bis 54° fChevreul , Bromeis~) , ihr Schmelzpunkt
erhöht sich in dem Grade als das Wasser entfernt wird. An der Luft
oder im luftleeren Raume getrocknet schmilzt sie zwischen 118 — 120°.
Bei höheren Temperaturen destillirt sie ohne Veränderung in kleinen Tropfen
zu einer Flüssigkeit über, welche beim Erkalten in langen eisartigen Na-
deln erstarrt. Das Korksäurehydrat löst sich schwer in kaltem, in 1,87
siedendem Wasser, in 0,87 siedendem Alkohol, in 10 Th. kaltem und fi
Th. siedendem Aetber; es ist löslich in fetten und flüchtigen Gelen.
Korksaure Salze.
In den korksauren Salzen ist das Hydratwasser der Säure ersetzt durch
ein Aequivalent Metalloxid.
Korksaures Aethyloxid. Su, AeO ( Laurent , Bromeis .) Am einfach-
sten und reinsten erhält man diese Verbindung durch Sättigung einer Auf-
lösung von Korksäure in warmem Alkohol mit ChIorwrasserstofFgas. Der
Korksäureäther scheidet sich im Verlauf der Operation auf der Oberfläche
der Flüssigkeit ab. Durch Behandlung mit siedendem "Wasser wird er von
der freien Salzsäure und dem beigemengten Aetbylclilorid , und durch Be-
9 o6
B ernsteinsäure.
rührung mit Chlorcalcium von dem anhängenden Wasser befreit (Brom»
eis). Man kann diese Verbindung ebenfalls durch Behandlung von Kork-
säure, Schwefelsäure und Alkohol darstellen (Laurent).
Das korksaure Aethyloxid ist farblos, sehr flüssig, ölartig, von 1,003
spec. Gewicht, von schwachem Geruch und ranzigem unangenehmen Ge-
schmack; es mischt sich in allen Verhältnissen mit Aether und Alkohol,
siedet bei 260° destillirt ohne Veränderung. Durch Salpetersäure, Schwe-
felsäure und weingeistige Kalilauge wird es zersetzt ; die Korksäure bleibt
hierbei unverändert. Chlor zerlegt das korksaure Aethyloxid, in der
neuen Verbindung findet sich 1 Aeq. Wasserstoff ersetzt durch 1 Acq
Chlor (Laurent).
Korksaures Methyloxid. Su, MeO (Laurent). Darstellung und Ei-
genschaften wie die entsprechende Aetliyloxidverbinduug.
Die Salze der Korksäure mit alkalischen Basen sind in Wasser löslich.
Korksaures Ammoniak mit den Auflösungen von Chlorbarium, Chlor-
strontium und Chlormagnesium vermischt, giebt keinen Niederschlag; setzt
man diesen Mischungen Alkohol zu, so entsteht ein Niederschlag von
korksaurem Kalk, Baryt, Strontian, welcher frischgebildet durchschei-
nend ist (Laurent, Bromeis ).
Aus den concentrirten Lösungen der löslichen korksauren Salze fällen
Mineralsäuren Korksäurehydrat. Korksaures Silberoxid , Su, AgO, ist
ein weifses unauflösliches Pulver. Bleioxid bildet mit Korksäure ein neu-
trales und ein basisches Salz, Su, 3PbO (Bromeis).
Zersetzungsprodukte der korksauren Salze durch trockne De-
stillation.
Unterwirft man korksauren Kalk mit einem Ueberschufs von Kalk der
trocknen Destillation, so erhält man unter andern Produkten mehrere flüs-
sige ölartige Körper, welche, bis zu 186° erwärmt, eine Flüssigkeit hin-
terlassen, die erst bei dieser Temperatur überd estillirt. Es ist in reinem
Zustande farblos und flüssig bei — 12° C., von stark aromatischem Ge-
ruch ; es besitzt die merkwürdige Eigenschaft Sauerstoff aus der Luft auf-
zunehmen und zu einem weifsen kristallinischen Körper zu erstarren ,
welcher Korksäurehydrat ist. Die nemliche Umwandlung erleidet es
durch Salpetersäure. Nach Boussingault , seinem Entdecker, wird seine
Zusammensetzung durch die Formel C8 Hi4 0 ausgedrückt, welche mit dem
spec. Gewicht seines Gases genau übereinstimmt. Korksäurehydrat und
dieser flüssige Körper unterscheiden sich durch 3 Atome Sauerstoff von
einander, welcher in dem ersteren mehr enthalten ist. Es ist bis jetzt
nicht entschieden, ob dieser Körper als das Oxid oder die Wasserstoff-
verbindung eines besonderen Radikals zu betrachten ist. Boussingault
vergleicht es mit dem Benzoylwasserstoff , seine Analyse gab übrigens
anstatt 10,945 p. c. Wasserstoff, welche Quantität der Formel entspricht,
nur 10,8 p. c., was es nicht unwahrscheinlich macht, dafs diese Verbin-
dung dem wasserfreien Acetyloxid entspricht.
Bernsteinsäure .
Formel der wasserfreien Säure: C4 H4 05, Symb.: S.
Formel der sublimirten Säure: 2C4 H4 05 -+- aq. Symb.: 2S_-h aq.
Formel des Bernsteinsäurehydrats: C4 H4 05 -}- aq. Symb.: S -+- aq.
Synonyme : Sal succini, Bernsteinsalz.
Schon im löten Jahrhundert bekannt, ln dem Bernstein fertig gebildet
erhalten. Entsteht durch Oxidation von Talg- und Margarinsäure vermit-
telst Salpetersäure. In altem sehr sauer reagirendem Ol. Cumini erhielt
Bernsteinsäure.
957
Chevalier (Journal de chim. med. , Janv. 1828) durch Behandlung mit Blei-
oxid und Zersetzung des gebildeten Bleisalzes eine in Wasser leicht lös-
liche^ sublimirbare Säure , welche er für Bernsteinsäure hielt. Auch soll
diese Säure nach Unverdorben , Lecanu und Serbat in dem Harze einiger
Coniferen Vorkommen.
§. 183. Darstellung : Die flüssigen Produkte der Destillation
des Bernsteins werden mit den festen, die sich in den ersteren
lösen, zusammengebracht und durch ein mit Wasser befeuchtetes
Filtrum von dem beigemischten brenzlichen Oele befreit, zur
Kristallisation abgedampft. Die erhaltenen Kristalle (welche
zum pharmaceutischen Gebrauche dienen) sind gelb gefärbt, SIC wer-
den zur weiteren Reinigung getrocknet und in einer zu 2/s
damit angefüllten Retorte einer raschen Destillation unter-
worfen. Im Anfänge geht Wasser und ein bräunlich ge-
färbtes Oel über, später kommt farblose, kaum gelblich ge-
färbte Säure, zuletzt bleibt (von den beigemischten Unreinigkeiten)
etwas Kohle. Die destiilirte Säure wird zum zweitenmale in
Wasser umkristalfisil t. (Man kann auch eine braun oder gelb ge-
färbte Säure durch Behandlung ihrer wässerigen Auflösung mit Kohle oder
Chiorgas farblos und rein erhalten, oder man zerlegt ihr Bleisalz durch
SchwefeJwasserstofFsäure , in welchem Fall das Schwefelblei als Entfär-
bungsmittel dient.) Die bei der Darstellung der Korksäure aus Talg- oder
Margarinsäure mit Salpetersäure erhaltene Mutterlauge enthält Bernstein-
säure, verunreinigt durch Korksäure. Sie wird mit dem erhaltenen Wasch-
wasser der Korksäure bis zur Kristallisation abgedampft, die erhaltenen
getrockneten Kristalle durch Behandlung mit kaltem Aether, welcher die
Korksäure leicht, die Bernstemsäure nur wenig löst, und durch Sublima-
tion gereinigt.
$. 184. Eigenschaften des Bernsteinsäurehydrats : Es
kristailisirt in geruch- und farblosen Blättern oder Tafeln,
oder in dreiseitigen oder rechtwinkiichen Prismen mit aufge-
setzten Octaederflächen , von S,55 spec. Gewicht. Es besitzt
einen sauren, etwas erwärmenden Geschmack und ist ohne
Rückstand flüchtig. (Das gefärbte unreine Hydrat liinterlälst Kohle.)
Unterwirft man es bei gelinder Wärme der Sublimation, so
kristailisirt es in schneeweifsen Nadeln, welche auf 2 Aeq.
wasserfreie Säure nur 1 Aeq. Wasser enthalten. In einer
Retorte wiederholt und zwar so lange destiilirt, bis sich in
dem Retortenhalse kein Wasser mehr verdichtet, erhält man
es wasserfrei. Durch Kristallisation aus Wasser nimmt es
das Wasser wieder auf. Das Hydrat löst sich in 2 Theilen
kochendem und 5 Theilen kaltem Wasser, es ist löslich in
Aether und Alkohol. Es schmilzt bei 180° und verliert bei
140° (Temperatur, bei welcher es subiimirt) die Hälfte seines Was-
sergehalts, es siedet bei 235° ( D’Arcet ). Die sublimirte
Säure schmilzt bei 160° und siedet bei 242°. Die wasser-
freie Säure schmilzt bei 1 45° und siedet bei 250° (D’Arcet).
Die wasserfreie Säure löst sich leichter in Alkohol und Aether
als das Hydrat. Durch Chlor und Salpetersäure erleidet das
Bernsteinsäurehydrat keine bemerkliche Veränderung. Beim
Erhitzen mit Schwefelsäure und Braunstein erhält man Koh-
958
Beriisteinsäure.
lensäure und Essigsäure (?). Mit Kalihydrat geschmolzen
erhält man Oxalsäure.
Leitet man den Dampf von wasserfreier Schwefelsäure auf Bernstein-
säurehydrat, so verbinden sich beide , es entsteht Schvvefelsäurehydrat
und eine neue Säure, deren Bleisalz nach der Formel C8 H4 S2 010 «4- 4PbO,
2BaO )
das Barytsalz nach der Formel C8 H4 S2 010 H“ a(j ( zusammengesetzt
ist. Die Säure in diesen Salzen ist hiernach entstanden, indem bei der
Vereinigung von 2 At. Schwefelsäure mit 1 At. Bernsteinsäure C8 H6 Os
die Bestaudtheile von einem Atom Wasser ersetzbar geworden sind durch
Bleioxid.
Prüfung auf ihre Reinheit: Die officinelle Bevnsteinsäure mufs die
angegebenen Eigenschaften besitzen ; sie mui's sich beim Erhitzen unter
weifsen reizenden Dämpfen, bis auf eine geringe Spur Kohliges (von
Bernsteinöl herrührend), vollständig verflüchtigen, mit Kalk oder Kali zu-
sammengerieben darf sie kein Ammoniak entwickeln. Die concentrirte
wässerige Lösung darf, mit wenig Kali oder Chlorkalium versetzt,
keinen krystallinischen Niederschlag (Weinstein) bilden, mit Chlorcal-
cium darf sie ebenfalls keinen Niederschlag (klec- oder schwefelsauren
Kalk) geben« noch den salpetersauren Baryt fällen. Zum medicinischen
Gebrauch darf die Bernsteinsäure nicht völlig von ßernsteinöl befreit seyn,
indem ihre Wirksamkeit mit von diesem abhängt; doch darf auch nicht zu
viel damit vermengt seyn ; sie mufs den Gehalt desselben durch den Ge-
ruch zu erkennen geben, übrigens aber fast weifs oder nur gelb, nicht
braun gefärbt seyu.
Anwendung : Die Bernsteiusäure wird innerlich in Pulverform und in
Lösungen gegeben, sie darf, wenn sie als freie Säure wirken soll, nicht
mit Basen in Verbindung kommen.
Succinamid.
Wenn man bernsteinsaures Aethyloxid in einem verschliefsbaren Ge-
räts e mit seinem doppelten Volum concentrirtein wässerigen Ammoniak
übergielst und eine Zeitlang sich selbst überläfst, so verwandelt sich der
Bernsteinäther in ein Haufwerk von blendendweifsen körnigen Kristallen,
welche mit Wasser gewaschen reines Succinamid darstellen. Das Succin-
amid ist schwer in kaltem Wasser löslich, leichter in heifsem und kri-
stallisirt aus letzterer Lösung in undurchsichtigen, weifsen, harten Kri-
stallen, die Auflösung ist ohne Wirkung auf Metallsalze. Aetzende Alka-
lien entwickeln daraus Ammoniak. Beim Erhitzen für sich schmilzt es ,
entwickelt Ammoniak und einen kristallinischen Körper, im Rückstand
bleibt Kohle. Die Analyse dieses Körpers gab 4t p. c. Kohlenstoff, 24
p. c. Stickstoff, 7,84 Wasserstoff, 37,16 Sauerstoff, genau entsprechend
der Formel C4 H4 02 -h N2 H4 oder dem bernsteinsauren Ammoniumoxid
minus 2 At. Wasser. Man hätte hiernach die Formel C4 H4 02 als das
Radikal der Bernsteinsäure zu betrachten. Ob die in dem Folgenden als Bi-
succinamid beschriebenen Verbindungen dieses Radikal noch enthalten, ist
nicht entschieden.
Bisuccinamid.
Erwärmt mau wasserfreie Bernsteinsäure in trocknen» Ammoniakgas,
so schmilzt sie unter Erhöhung der Temperatur, man beobachtet eine Ab-
scheidung von Wasser, und die Bildung eines blendend weifsen, in Rhom-
ben sublimirenden Körpers, welchen D’Arcet, der ihn entdeckte, Suc-
cinamid nennt. Die Analyse desselben führte zu der Formel C8 H6 04 -+*
N2 H4, welche zeigt, dafs sich von der als wasserfrei betrachteten Säure
1 At. Wasser und 1 At. Sauerstoff, sowie 1 Aeq. Wasserstoff von dem
Ammoniak getrennt haben. Das Bisuccinamid ist in Aether wenig löslich.
Bernsteinsaure Salze.
959
leichter iü Alkohol , es kristallisirt aus diesen Auflösungen in regelmälsi-
geu Kristallen. Durch Erhitzen mit Kalilauge entwickelt es schwierig Am-
moniak.
Löst mau diesen Körper in Wasser auf und läfst die Flüssigkeit an
der Luft verdampfen, so erhält man daraus schöne farblose , durchsichtige
fhomboedrische Kristalle, verschieden in ihrer Zusammensetzung von dom
Succinamid durch zwei Atome Wasser, welche mehr darin vorhanden
sind, C8 H6 -f- N? H3 O oder C8 H14 N2 06. Die Auflösung dieser Ver-
bindung ist ohne Wirkung auf Metalisalze. Bleisalze werden namentlich
nicht dadurch gefällt.
Bernsteinsaure Salze.
lieber die Constitution der berasteinsauren Salze herrscht einige Un-
sicherheit. Nach der gewöhnlichen Ansicht ist in den Salzen der Bern-
steinsäure das Hydratwasser derselben vertreten durch ein Aequivalent
Metalloxdid, 8 H- MO; allein neuere Untersuchungen von Fehling scheinen
zu beweisen, dafs die ßernsteiusäure eine dreibasische Säure ist, zusam-
mengesetzt nach der Formel C8 H6 -h 3aq. Die Analyse des bei 220°
getrockneten basisch bernsteinsauren Bleioxids führte ihn nemlicli zur For-
mel C8 H6 Os -f- 3PbO , iu welcher also noch ein Atom der seither als
wasserfrei angenommenen Säure vertreten ist durch 1 At. Bleioxid. Nach
Fehling ist die Constitution der Bernsteinsäureverbindungen folgende :
C8 H6 Os -j- AdR40 (kristallisirtes Succiuamid, ähnlich dem meta-
phosphorsauren Ammoniak).
C8 H6 Oä -f- 3PbO basisches Bleisalz.
2PhO J
C3 U6 Os -+- ~ aq > SewöbnliChes Bleisalz.
Ca H6 -f- ^ | Aminoniaksaiz.
C8 H6 05 -h 2AJ*°\ Silbersalz.
Durch trockne Destillation werden alle bernsteinsaareü Salze mit metalli-
scher Basis zersetzt.
Bernsteinsaures Ammoniak ( Ammoniacum succinicum ).
Synonyme : Bernsteinsäurehaltiger Hirschhorngeist (Spiritus sen Liquor
Cornu Cervi succinatus, Liquor Ammonii succinici, Liquor Succinatis am-
monici , Succinas Ammoniae liquidus).
Diese Verbindung wurde bereits im 17ten Jahrhundert als Arzneimittel
eingeführt.
185. Das flüssige, zum medicinischen Gebrauche be-
stimmte, bernsteinsaure Ammoniak erhält man durch Neu-
tral isiren der Bernsteinsäure mit Hirschhorngeist. Man er-
wärmt das Gemenge gelinde zur leichtern Entwickelung der Kohlen-
säure. Die Bernsteinsäure darf in keinem Fall vorherrschen. Zn diesem
Mittel soll immer das duich trockne Destillation thierischer Theile erhal-
tene flüssige , brenzliche , kohiensaure Ammoniak genommen werden; dieses
durch sogenanntes künstliches zu ersetzen, ist unrecht. Die preufsische Phar
macopüe läfst i Theil Bernsieinsäure! iü 8 Th. Wasser lösen und die Flüssigkeit
mit trocknen^ Hirschhornsalz neutralisirem. Ist wohl auch ein anderes Produkt?
— Hie Eigenschaften dieser Flüssigkeit sind : 8ie ist hell
weingelb, riecht nach Bernstein- oder Hirschhorn - Oel ,
schmeckt salzig und brenzlich. Reines bernsteinsaures Ammonium-
oxid erhält man durch Neutralisation der farblosen reinen Säure mit ätzen»
960
B er nsteins äure.
dem oder kohiensaurem Ammoniak. Die neutrale Auflösung wird beim
Abdampfen sauer und liefert luftbeständige, sublimirbare Kristalle. Neu-
trales bernsteinsaures Ammoniak dient in der Analyse zur Scheidung des
Eisenoxids von Manganoxidul und andern Metalloxiden; Bedingung zur
vollkommenen Scheidung ist, dafs das Fällungsmittel und die zu fällende
Flüssigkeit keine freie Säure enthalten , weil man sonst als Niederschlag
ein bernsteinsaures Eisenoxid erhält, was sich beim Auswaschen wieder
löst. Salpetersaures Natron hindert die Fällung des bernsteinsauren Ei-
senoxids.
Prüfung auf Reinheit und Güte: Das flüssige bernsteinsaure Ammoniak
mufs klar, nicht zu stark gefärbt und neutral seyn. (Wenn Ammoniak
sehr wenig vorherrscht, so ist dieses kein Fehler.) Mit concentrirter
Schwefelsäure versetzt, darf es nicht den Geruch nach Essig- oder Salz-
säure entwickeln. Weinsteinsäure darf damit keinen Weinstein bilden;
eben so wenig darf Kali, wenn die Flüssigkeit mit Essigsäure versetzt ist,
Weinstein bilden; salzsaures Eisenoxid mufs einen braunrothen Nieder-
schlag bilden , essigsaures Bleioxid einen weifsen , der auf Zusatz von Es-
sigsäure wieder verschwinden rnufs; Tuchen. Beim Abdampfen mufs sich
alles bis auf eine Spur Kohle verflüchtigen.
Medicinische Anwendung : Als Tropfen oder in Mixturen. Wird durch
die meisten Säuren und Basen, sowie durch viele Salze zersetzt, soll
daher mit diesen Substanzen nicht vermischt gegeben werden.
Bernsteinsaures Aethyloxid, S, AeO f D’Arcet}. Bei der Sättigung
einer Auflösung von Bernsteinsäurehydrat mit Chlorwasserstoffsäure schei-
det sich auf der Oberfläche der Flüssigkeit und bei Zusatz von Wasser
reines bernsteinsaures Aethyloxid ab, was man durch Waschen mit Wasser
etc. reinigt. Es stellt eine farblose, ölartige, leichtflüssige Flüssigkeit dar
von 1,036 spec. Gewicht in flüssigem und 6,06 im Gaszustande, sie be-
sitzt einen scharfen brennenden Geschmack und einen schwachen aromati-
schen Geruch, sie siedet bei 214° (R’ Arcet}. Durch Chlor und flüssiges
Ammoniak wird dieser Aether zersetzt; mit letzterem soll sich nach
D’Arcet eine weifse, dem Oxamethan ähnliche kristallinische Materie
bilden.
Die bernsteinsauren fixen Alkalien sind leicht löslich, kristallisirbar,
die Verbindungen der Säure mit alkalischen Erden sind schwerer löslich.
Mit Bleioxid bildet die Bernsteinsäure ein (sog.) neutrales S, PbO und ein
basisches Salz, beide unlöslich in neutralen Flüssigkeiten; mit Silberoxid
ein weifses kristallinisches, in Wasser unlösliches Pulver, S, AgO. Zink-
salze werden durch bernsteinsaures Ammoniak gefällt; in Mangan-,
Kupfer-, Kobaltoxidul-, Nickelsalzen bringen bernsteinsaure Alkalien
keinen Niederschlag hervor.
Die mit Ammoniak neutralisirte wasserfreie Säure D’Arcet’s fällt nicht
die Bleisalze.
Succinon.
Unterwirft man bernsteinsauren Kalk oder ein Gemenge von Bernstein-
säure mit Kalk der trocknen Destillation , so erhält man ein braungefärbtes
Liquiduni, welches bei wiederholten Destillationen seinen empyreumati-
schen Geruch verliert und farblos wird. Man erhält als Ausbeute etwa
Viooo von dem Gewicht des Kalksalzes von diesem Körper. In einer Ana-
lyse erhielt D’Arcet 79,31 Kohlenstoff, 8,37 Wasserstoff, 13,43 Sauer-
stoff, in einer andern 80,41 Kohlenstoff, 9,53 Wasserstoff, 10,06 Sauer-
stoff, Resultate, die im Wasserstoffgehalte nicht vereinbar sind.
Bernstein.
961
Anhang zu Bernsteinsäure.
Bernstein.
Syn. : Agtstein , Succinum , Ambra flava, Electrum.
Ueber den Ursprung dieses merkwürdigen, schon im höchsten Alter-
thum bekannten Körpers hat man nur Vermuthungen. Gewöhnlich hält
man den Bernstein für einen ursprünglich flüssigen, später verhärteten
Balsam. Die Entstehung der ßernsteinsäure aus fetten Säuren macht es
nicht unwahrscheinlich, dal’s er ein durch einen langen Verwesungspro-
cefs verändertes Wachs oder ein ursprünglich den Fetten ähnlicher Kör-
per ist.
Man findet ihn vorzüglich im eigentlichen Preufsen an den Küsten der
Ostsee, theils im aufgeschwemmten Lande, theils im Meere. Er wird aus
ersterem durch Bergbau gewonnen, oder aus dem Meere mit Netzen ge-
fischt. Nach Stürmen im Spätherbste wird er an dem Ufer des Meeres
aufgesucht, wo er sich in Seepflanzen (Seetangen) eingewickelt findet.
Beim bergmännischen Betriebe findet inan gewöhnlich unter einer Sand-
schicht ein Lehmlager, die beide keinen Bernstein führen, unter dem Lehm
stöfst man auf Schichten fossilen Holzes, in deren Nähe der Bernstein vor-
kommt, begleitet von Schwefelkies und Alaunerzen.
Man hält den Bernstein für ein von gewissen Coniferen abstammendes
Baumharz, welche den Früchten und Zapfen nach, die man aufgefunden
hat , nicht mehr existiren. In dem Bernstein finden sich verschiedene In-
sectenarten, namentlich mehrere Gattungen von Spinnen (Archaea para-
doxal), von denen keine Species mehr lebend angetrofien wird. Nur ein
einziges, den jetzt lebenden ähnliches Insect ist bis jetzt im Bernstein ent-
deckt worden (Lepisnm sacharinnm) , welches aus Amerika stammt. Von
den andern untergegangenen Gattungen von Insecten finden sich ähnliche
in Neuholland und Brasilien.
Aufser an der Küste der Ostsee hat man Bernstein in der Nähe von
London in Kieslagern, in einem Thonlager bei Paris (Becquerel) , an der
seeländischen Küste, im Schieferthon in Frankreich, begleitet von bitumi-
nösem Holze, in Steinkohlen, ferner im Hennegau, Schweden, Polen,
Italien, Sicilien, Spanien, in Sibirien und in Nordamerika angetroffen.
§. 186. Der Bernstein ist hart, spröde, von inuschligem
Brach und glänzend glatter Oberfläche, die Stücke sind von *
sehr ungleicher Gröfse, farblos, gelb, gelbbraun, milchweils,
halbdurchsichtig, durchscheinend oder undurchsichtig, von
1,065 — 1,070 spec. Gewicht, er ist geschmacklos, geruchlos
bei gewöhnlicher Temperatur, verbreitet beim Schmelzen einen
ganz eigenthümÜchen angenehmen aromatischen Geruch.
Durch Reiben mit Wollenzeug wird er negativ elektrisch,
eine Eigenschaft, die schon den Griechen bekannt warf der
griechische Name fileatpav wurde ihm von seiner Farbe ge-
geben. Der Bernstein wird bei 280 — 290° vollkommen flüs-
sig, wobei er eine Zersetzung und eine Aenderung in seinen
Eigenschaften erleidet.
In Wasser ist der Bernstein unlöslich, Alkohol damit in
Berührung färbt sieh gelb und zieht etwas Bernsteinsäure
und ein gelbes weiches Harz aus. Durch Salpetersäure wird
er zuerst in ein gelbes Harz verwandelt, was sich bei län-
gerer Behandlung darin auflöst. Flüchtige und fette Oele
lösen davon in gewöhnlichem Zustande nur wenig auf. In
962
B ernstein.
kochendem Leinöl wird er weich und biegsam; trüber und
wolkiger Bernstein wird hierbei häufig durchscheinend oder
halbdurchsichtig.
Nach Berzelius enthält der Bernstein ein flüchtiges Oel, Bernstein-
säure , zwei in Alkohol und Aetlier lösliche Harze und seiner Hauptmasse
nach einen in allen Lösungsmitteln unlöslichen eigenthiimlichen bituminösen
Stoff. Durch die erwähnten Lösungsmittel verliert der Bernstein 10 — 12
p. c. von seinem Gewichte , der Rückstand ( Bernsteinbitumen } schmilzt
an der Luft erhitzt mit dem Geruch nach verbräuntem Fett, in verschlos-
senen Gefäfsen fliefst er zu eiuer dunkelbraunen Masse zusammen, welche
durchsichtig wie Colophonium, leicht puiverisirbar und beim Reiben höchst
elektrisch ist. Bei diesem Schmelzen geht ein gelbes flüchtiges Oei über,
das anfänglich nach Wachsöl, zuletzt nach Bernsteiuöl riecht. Von dem
geschmolzenen Bernsteinbitumen löst sich ein sehr kleiner Theil in Alkohol,
eine gröfsere Menge in Aether, Terpentinöl und fetten Oelen. Wenn es
nicht hinreichend geschmolzen ist, bleibt bei Anwendung der letzteren
eine weiche elastische Masse zurück, ßernsteiupulver löst sich in kalter
concentrirter Schwefelsäure nach Unverdorben mit brauner Farbe, die
Auflösung wird durch Wasser gefällt, der Niederschlag enthält chemisch
gebundene Schwefelsäure. Hünefeldt Q$chivei(/g. Jahrb. f. Chem. u. Phys.
IX.) fand , dafs Chlorwasserstoffsäure aus Bernstein neben Berusteinsäure
eine der Honigsteinsäure sehr ähnliche Säure auszog.
Beim Schmelzen des Bernsteinbitumens mit Kalthydrat erhält man unter
Verflüchtigung eines brenzlichen Oels eine feste Masse, die sich in Was-
ser mit brauner Farbe löst. Die alkalische Lösung enthält nur dann Bern-
steinsäure, wenn die vorhergegangene Behandlung mit Aether und Alkohol
unvollständig war; sie giebt mit Säuren vermischt einen schleimigen Nie-
derschlag, der beim Schmelzen Wasser abgiebt und zu einem harten,
durchscheinenden, dunkelgelben Harze zusammenschmilzt , was wenig in
Alkohol, in gröfserer Menge in Aether, vollkommen in flüchtigen Oeieä
löslich ist.
Trockne Destillation des Bernsteins.
Man füllt eine Retorte, kupferne oder eiserne Blase mit gläsernem
Helm versehen, bis 3/4 mit Bernstein an, lutirt eine, mit pneumatischer
Röhre versehene Vorlage an, oder legt eine gewöhnliche unlutirt vor,
und giebt nach und nach verstärktes Feuer, bis zum Schmelzen des In-
halts, erhält dasselbe mäfsig stark* bis der Bernstein nicht mehr schäumt,
sondern mit einer spiegelnden Fläche fliefst, läfst dann erkalten. Auch
dient zweckmäfsig ein kupferner Cylinder, der einen durchlöcherten Bo-
den hat, und unter welchem ein sich in eine lange weite Röhre endigen-
der Trichter befestigt ist. Man setzt den mit Bernstein gefüllten Cylinder
in einen Windofen, dessen Rost und Boden eine Oeffnung haben, durch
welche die Röhre geht, die in ein Gefäfs mit Wasser taucht, setzt einen
Helm auf mit einer uniutirteu Vorlage , und umgiebt den Cylinder mit
Kohlen. Der Bernstein schmilzt, geht durch die Oeffnungen des Bodens
und die Röhre in das untergesetzte Gefäfs. ßernsteiusäure und Oel subli-
rniren und destilliren gröfstentheils über. Der geschmolzene und erkaltete
Rückstand ( Colophonium succini } dient zur Darstellung des Bernsteiu-
firnisses, den man durch Auflösung desselben in Terpentinöl unter Zusatz
von y5 vom Gewicht des Bernsteins Leinölfirnifs erhält. Gewöhnlich wird
der ßernsteinfirnifs auf die Weise bereitet, dafs man von dem Destillir-
gefäfs, worin der Bernstein geschmolzen worden ist, den Helm abuimmt,
den flüssigen Bernstein etwas abkühleo läfst, sodann das vorher zum Sie-
den erhitzte Leinöl und zuletzt in kleinen Portionen das Terpentinöl unter
beständigem Umrühren der flüssigen Masse zusetzt. Bei diesem Verfahren
bleibt kein Rückstand.
Bei der Destillation des Bernsteins geht mit der Bernsteinsäure ein
flüchtiges Oel und, wenn keine Säure mehr kommt, ein gelber wachs-
Oelsäure.
963
ähnlicher Körper über, welcher , von der anhängenden Säure und dem
Oele gereinigt, gelbe glimmerartige Blättchen bildet , die weder in Was-
ser , noch in Alkohol , sehr wenig in Aether löslich sind, sie schmelzen
bei 80 bis 100° und hinterlassen beim starken Erhitzen Kohle ( Vogel’s
Bernsteincamphor).
Bernsteinöl (_0L SucciniJ wird bei der Bereitung der Bernstein-
säure erhalten. Im rohen Zustande dunkelbraun, ins Grünliche,
von starkem unangenehmem Geruch. — Durch vorsichtige Recti-
fication desselben mit frischgegliiliter Holzkohle wird es gereinigt. Das
rectiücirte ist blafsgelb, fast wasserhell, dünnflüssig, von
durchdringendem Geruch und scharfem brenzlich ätherischem
Geschmack 5 reagirt sauer, wird an der Luft braun und dick-
flüssig. Ist wahrscheinlich stark kreosothaltig. — Wird inner-
lich als Oelzucker, oder in Weingeist und Aether gelöst gegeben. Ist Be-
standteil der Aqua Luciae (Eau de Luce ). Ein milchiges Gemenge aus
1 Theil reinem Bernsteinöl in 24 Th. Alkohol gelöst, und 96 Th. Salmiak-
geist. — Dient als belebendes Mittel zum Riechen, bei Ohnmächten u. s. W.
— Mit Salpetersäure bildet es ein orangefarbenes Harz,
künstlichen Bisam £ Moschus arlificialis ). Er wird bereitet,
indem 1 Theil reines rectificirtes Bernsteinöl mit 8 Theilen
mäfsig concentrirter Salpetersäure in einer geräumigen, glä-
sernen oder steinzeugenen Reibschale gemischt werden. Es
entsteht Erhitzung und Aufblähen, und es bildet sich ein
orangegelbes, weiches, zähes Harz (vergl. auch die Wirkung der
Salpetersäure auf Kreosot, welches mit Wasser wohl aus-
gewaschen wird. Dieses hat einen eigentümlichen bisam-
artigen Geruch. — Ein Theil hievon in 8 Theilen Alkohol
gelöst, liefert die künstliche Bisamtinktur £ TincL Moschi
artificiatis). — Beide sind officinell.
Oelsäure. /
Formel : s. S. 968.
In vorwaltender Menge in den flüssigen, fetten, nicht trocknenden
Oelen, in geringerer in den Schmalz- und Talgarten, in der Galle des
Menschen (L. Gmelirf) , im alten Käse und in den Kokkelskörnern. In den
fetten , an der Luft sich verharzenden Gelen ist nach Pelouze und ßoudet
eine besondere in ihren Eigenschaften abweichende Oelsäure enthalten.
§. 187. Darstellung aus Mandelöl: Die aus Mandelöl-
seife durch Zersetzung mit einer Säure erhaltene fette Säure
wird mit ihrem halben Gewichte feingeriebenem Bleioxid meh-
rere Stunden lang im Wasserbade digerirt, das Gemenge mit
seinem doppelten Volum Aether gemischt und in der Kälte
2± Stunden lang stehen gelassen. Es entsteht hierbei unlös-
liches margarinsaures Bleioxid und saures ölsaures Bleioxid,
was sich im Aether löst. Die letztere Auflösung wird nun
mit verdünnter Salzsäure zersetzt, wodurch die Oelsäure ab-
geschieden wird, die sich mit dem Aether als klare ölige
Schicht auf der Oberfläche der Flüssigkeit sammelt. Der
Aether wird durch Verdampfen entfernt, die erhaltene Säure
mit Alkali zu einer Seife vereinigt, der erhaltene Seifenleim,
964
Öelsäure.
unter Zusatz von etwas kohlensaurem Natron, mit Kochsalz
vermischt, wo sich auf der Oberfläche ölsaures Natron ab-
scheidet, was man durch wiederholtes Lösen in Wasser um!
Aussalzen von fallen im Wasser löslichen färbenden Substan-
zen reinigt. Zuletzt wird die reine farblose Natronseife durch
Weinsäure zerlegt, wo sich kaum gefärbtes Oelsäurehydrat
abscheidet, welches man durch Waschen mit siedendem Was-
ser von anhängender Säure, und durch Erwärmung im Was-
serbade von anhängendem Wasser befreit. Ganz auf gleiche
Weise verfährt man bei der Darstellung der öelsäure aus
der rohen Öelsäure, welche bei der Fabrikation der Stearin-
säurekerzen abfällt, sowie mit der öelsäure, welche in dem
Alkohol gelöst bleibt, in welchem man die aus Olivenöl-,
Menschenfett- etc. Seifen durch eine Säure abgeschiedenen
fetten Säuren bei Siedhitze gelöst und dem Erkalten über-
lassen hat.
§. 188. J Eigenschaften: Farbloses oder gelblichgefärb-
tes, Lackmus stark röthendes Oel von schwachem Geruch
und scharfem Geschmack, leichter als Wasser, bei einigen
Graden unter 6° zu einer aus Nadeln bestehenden Masse ge-
stehend. Unlöslich in Wasser, mischbar mit Weingeist von
0,8^^, mit Talg- und Margarinsäure, fetten und flüchtigen
Gelen in allein Verhältnissen.
Bei gewöhnlicher Temperatur läfst sich das Oelsäurehydrat mit Schwe-
felsäure nicht ohne Färbung mischen , welche beim Erwärmen zunimmt.
Giebt durch Salpetersäure Korksäure und eine Reihe von andern Zer-
setzungsprodukten , keine Kleestiure.
Mit salpetersaurem Quecksilberoxidul oder salpetriger Säure iu Berüh-
rung verwandelt sich die Öelsäure in Elaidinsäure ; s. diesen Körper.
Öelsäure Salze.
§. 189. Die Öelsäure zersetzt die kohlensauren Alkalien
und theil weise viele andere Salze, mit deren Basen sie unlös-
liche Verbindungen eingeht. Die ölsauren Salze sind weich
oder mäfsig fest, schwierig in der Wärme zu einem Oele
schmelzbar, seifenartig, in Alkohol leichter als in Wasser
löslich.
Oelsaures Ammoniumoxid. Mit wässerigem Ammoniak zusammenge-
bracht bildet die Öelsäure eine gallertartige, in kaltem Wasser lösliche
Masse. ( Chevreulf)
Oelsaures Aethyloxid. Darstellung : 2 Theile Öelsäure, 1 Th. con-
centrirte Schwefelsäure und 4 Th. Alkohol werden mehrere Stunden lang
der Siedhitze nahe erhalten, der Rückstand in der Retorte wird alsdann
mit siedendem Wasser bis, zur Entfernung aller freien Schwefelsäure und
sodann mit schwacher Kalilauge behandelt; durch letztere wird die freie
Öelsäure hin weggenommen. Durch Steheniassen über Chlorcalcium befreit
man das neutrale ölsaure Aethyloxid von anbängendem Wasser.
Eigenschaften: Färb- und geruchlose, ölartige Flüssigkeit von 0,871
spec. Gewicht bei 18°, siedet und destillirt bei einer hohen Temperatur
Oelsalire Salze.
965
ohne Veränderung, unzersetzbar durch wässerige Alkalien, leicht und
schnell durch eine alkoholische Auflösung von Kalihydrat, wobei sich öl-
saures Kali und Alkohol bildet.
Mit salpetersaurem Quecksilberoxidul in Berührung verwandelt sich
das ölsaure Aethyloxid in elaidinsaures Aethyloxid. ( Laurent .)
Oelsaures Methyloxid. Flüssigkeit von derselben Beschaffenheit und
ähnlichem Verhalten wie die vorhergehende Verbindung 5 spec. Gewicht
bei 18° 0,879. ( Laurent. )
Oelsaures Glyceryloxid.
Synon. : Olein. Formel, und Zusammensetzung im reinsten Zustande
unbekannt.
Bestandteil der fetten Oele und der meisten in der organischen Natur
vorkommenden Fettarten.
Darstellung : Die meisten fetten Oele sind Gemenge von talg- oder
margarinsaurem Glyceryloxid mit ölsaurem Glyceryloxid, bei starker Kälte
scheiden sich die beiden ersteren in festem Zustande ab, beim Pressen in
niederer Temperatur fliefst ölsaures Glyceryloxid aus, aber in diesem Zu-
stande ist es niemals rein.
Bei Schmalz- und Talgarten ist es besser sie mit kochendem Alkohol
zu behandeln, aus dem sich beim Erkalten fast alle kristallisirbare Materie
absetzt, während die ölsaure Verbindung gelöst bleibt. Wenn diese Auf-
lösung abdestillirt, mit Wasser gemischt und eine Zeitlang im Sieden er-
halten wird, so nimmt dieses riechende und färbende Substanzen auf und
das' sich abscheidende Oel kann als rein betrachtet werden, wenn es bei
starken Kältegraden keine feste Substanz mehr absetzt. Nach Kerwyk
erhält man aus Olivenöl das reinste Ölsaure Gtyceryloxid , wenn man 2
Theile reines Olivenöl mit einem Th eil einer mäfsig starken Natronlauge
vermischt und unter öfterem Umschütteln des Gemisches 24 Stunden in
Berührung läfst. Zur Scheidung der gebildeten festen Seife von dem un-
verseiften Oel setzt man schwachen Weingeist hinzu und erhitzt; indem
sie sich auflöst scheidet sich das Olein auf der Oberfläche der Flüssigkeit
ab. Nach dem Abgielsen unterwirft man es einer zweiten Behandlung mit
Weingeist und läfst es eine Zeitlang mit groben Stücken Chlorcalcium in
Berührung. Nach Pelouze Sr Boudet besteht der flüssige Theil der Fette
und Talgarteo aus zwei von einander verschiedenen Materien, der flüssige
Theil der fetten nicht trocknenden Oele und Talgarten unterscheidet sich
von dem flüssigen Theil der trocknenden Oele durch seine ungleiche Lös-
lichkeit in Lösungsmitteln, und vorzüglich dadurch, dafs der erstere durch
salpetrige Säure in Elaidin und Elaidinsäure verwandelt wird und damit
eine feste Consistenz annimmt, während das Olein der trocknenden Oele
durch diese Säure keine in die Augen fallende Veränderung erleidet.
Eigenschaften: Da man bis jetzt kein ölsaures Glyceryloxid absolut
rein darzustellen im Stande war, so sind die Eigenschaften, die man von
ihm kennt, je nach dem Zustande der Reinheit, in dem es von verschie-
denen Beobachtern erhalten wurde, höchst verschieden angegeben. Es ist
färb-, geruch- und geschmacklos, von 0,90 bis 0,92 spec. Gewicht; es
erstarrt bei sehr hohen Kältegraden, um so früher, je mehr Stearin oder
Margarin beigemengt ist. Durch Alkalien und andere Metalloxide wird es
zerlegt in Glyceryloxidhydrat COelsüfs) und ölsaure Salze. Mit Hyper-
oxiden erhält man ölsaure Salze und Zersetzungsprodukte des Glyceryl-
oxids , ziemlich Ameisensäure und Kohlensäure. Mit salpetersaurem Queck-
silberoxidul oder salpetriger Säure in Berührung verwandelt es sich in
elaidinsaures Glyceryloxid und einen gelben Körper. Durch Behandlung mit
starker Salpetersäure bis zur völligen Zersetzung liefert es Korksäure
und eine Reihe anderer von Laurent entdeckter Zersetzungsprodukte.
Durch concentrirfce Schwefelsäure wird es unter Schwärzung zersetzt,
hierbei entsteht schwefelsaures Glyceryloxid und freie Oelsäure, durch
966
Oelsäure.
concentrirte Salzsäure erleidet es keine bemerkliche Veränderung, Bei
der Destillation wird es zerlegt und liefert Oelsäure und Zersetzungspro-
dukte derselben, so wie Zersetzungsprodukte des Glyceryloxids
Durch die Einwirkung der Luft nimmt es unter Sauerstoffabsorbtion
und Kohlensäurebildung eine dickliche Beschaffenheit an; mit Aether, fet-
ten und flüchtigen Oelen mischt es sich in allen Verhältnissen. Einer Mi-
schung von gleichen Theilen Aether und Alkohol entzieht damit geschüt-
teltes ölsaures Glyceryloxid den Aether, indem der Alkohol beinahe rein
abgeschieden wird ; es löst Benzoesäure und die meisten sublimirbaren
organischen Säuren auf.
Oelsaures und talgsaures Glyceryloxid.
Diese Doppelverbindung ist in dem festen Theil der Kakaobutter von
Pelouze und Boudet entdeckt worden; sie ist weifs , ziemlich hart und
schmilzt bei 39°. Durch Behandlung mit Alkalien zerfällt sie in talg- und
ölsaures Alkali und Glyceryloxidhydrat.
Gelsaures Kali.
Saures. Beim Erhitzen von 400 Theilen Wasser, welches 9,21 Th.
Kaliumoxid gelöst enthält, mit 103,5 Th. Oelsäurehydrat erhält man eine
gallertartige Masse, welche mit 1000 Th. Wasser verdünnt sich nicht auf-
löst. Durch Filtration, welche schwierig vor sich geht, scheidet man das
VFasser von dem Salz. Das saure ölsaure Kali ist unlöslich in Wasser,
leichtlöslich in kaltem und w’armem Alkohol.
Neutrales. Durch Erhitzen von gleichen Theilen Oelsäurehydrat und
Kalihydrat mit 5 Theilen Wasser erhält man ölsaures Kali in Gestalt einer
weichen Masse, die sich von der wässerigen alkalischen Flüssigkeit trennt
und fester wird. Zur völligen Reinigung löst man es in Weingeist von
0,821 , trennt das ungelöste kohlensaure Kali und dampft die wein-
geistige Lösung zur Trockne ab. In trocknem Zustande stellt es eine
weifse, geruchlose, zerreibliche Masse dar von bitterem alkalischem Ge-
schmack.
Nimmt man zur Darstellung dieses Salzes die doppelte Menge Oel-
säurehydrat, so erhält man bei Digestion in der Wärme eine gleichför-
mige, durchscheinende, fadenziehende Gallerte, welche bei Zusatz von
starker Kalilauge und Erhitzen von der wässerigen Flüssigkeit sich voll-
kommen scheidet. WTird ihre Auflösung in heifsem Weingeist an der Luft
verdampfen gelassen, so bleibt eine durchsichtige Gallerte.
Man kann sich ölsaures Kali zur Darstellung von Oelsäure verschaf-
fen, wenn durch Kali verseifte fette Oele oder Talgarten in heifsem Was-
ser gelöst und diese Auflösungen mit vielem Wasser verdünnt werden, wo
sich saures talg- und margarinsaures Kali abscheidet; durch vorsichtige
Neutralisation mit einer verdünnten 8äure und weiteres Verdünnen wird
ein neuer Niederschlag von diesen Salzen erhalten. Mau wiederholt diefs
so lange als noch Trübung erfolgt, wo in der Flüssigkeit ölsaures Kali
gelöst bleibt, aws dem man durch überschüssige Säuren die (etwas Mar-
garin- und Talgsäure enthaltende) Oelsäure abscheidet.
Das trockne Salz schwillt in 2 Th. Wasser zu einer durchsichtigen Gal-
lerte auf und ist in 4 Th. Wasser vollkommen zu einem fadenzichenden
Syrup löslich; bei gröfserem Ueberschufs von Wasser wird es zersetzt
unter Abscheidung von saurem ölsaurem Kali.
In einem mit Feuchtigkeit gesättigten Raum zerfliefst das ÖJsaure Kali.
Es löst sich in seinem gleichen Gewachte Alkohol von 0,821 bei 50°, bei
dem Erkalten wrird die Auflösung fasrig , bei Zusatz einer gleichen Menge
Alkohol löst sich Alles wieder auf, ohne beim Erkalten bis 13° sich zu
trüben; bei 10° setzt sich alles ölsaure Kali ab. 100 Theile Aether lösen
Oelsäure Salze.
967
3,45 ölsaures Kali. Das Salz ist unlöslich in einer Auflösung von Chlor-
Kalium und Kalihydrat und wird durch beide aus der wässerigen Auflösung
geschieden.
Alle Säuren , selbst Kohlensäure , zerlegen das ölsaure Kali und schei-
den Oelsäure oder saures ölsaures Kali ab. Mit Baryt-, Kalk- und Stron-
tian- Salzen giebt seine Auflösung Niederschläge von ölsaurem Baryt,
Strontian, Kalk. Eben so verhält sich seine Lösung gegen die übrigen
Metalloxidsalze.
Oelsaures Natron. Man verfährt mit 3 Theilen Oelsäurehydrat , 2 Th.
Natronhydrat und 15 Th. Wasser wie bei der Darstellung des ölsauren
Kali’s.
Eigenschaften : Färb- und geruchlose feste Masse von bitterem alka-
lischem Geschmack. Eine alkoholische Auflösung an der Luft verdampft
hinterläf'st das Salz in Gestalt einer halbdurchsichtigen, festen, brüchigen,
dem äusseren Ansehen nach vollkommen trocknen Masse; in der Wärme
getrocknet zieht sie Feuchtigkeit aus der Luft an ohne zu zerfliefsen , löst
sich in 10 Th. kaltem Wasser bei 33°, in 10 Theilen Weingeist von 0,821
spec. Gewicht. 100 Theile Weingeist lösen in der Kälte 4,84. In Aether
sehr wenig löslich.
Wird durch dieselben Substanzen zersetzt wie das ölsaure Kali,
O eisaurer Baryt , Strontian , Kalk , Bitterer de , Chromoxid , Zink-
oxid, Eisenoxid, Nickeloxid , Kupferoxid sind in Wasser unlösliche, in
der Wärme schmelzbare, in Weingeist leichtlösliche Yerbiudungen.
Oelsaures Bleioxid. Darstellung: Menschenfett-, Olivenöl- oder
Mandelölseife wird durch Behandlung mit einer Auflösung von Weinsäure
zerlegt, das abgeschiedene Gemenge von Oelsäure und Margarinsäure mit
Bleioxid in gelinder Wärme digerirt, man setzt nach einiger Zeit ein glei-
ches Volum reinen Aether hinzu und erwärmt, wo sich margarinsäure-
freies saures ölsaures Bleioxid auflöst, was man durch Verdampfen des
Aethers gewinnt. Oder man löst die genannten Seifen in siedendem Was-
ser und fällt diese Lösung mit neutralem essigsaurem Bleioxid. Der Nie-
derschlag ist ein Gemenge von margarinsaurem mit ölsaurem Bleioxid. Man
trocknet ihn nach dem Auswaschen und behandelt ihn mit Aether in der
Kälte , wo sich das neutrale ölsaure Bleioxid löst, während das margarin-
saure Bleioxid zurückbleibt.
Die ätherische Auflösung dampft man ab und wäscht den Rückstand
mit Wasser.
Das neutrale ölsaure Bleioxid stellt eine graue durchscheinende Masse
dar, welche in der Wärme der Hand sich erweicht und bei 60 — 65°
schmilzt; es löst sich in Alkohol, Terpentinöl und Petroleum leicht auf;
es ist ferner in Aether löslich, leichter in siedendem als in kaltem. Das
Bleioxid bildet mit Oelsäure noch ein saures und basisches Salz.
lieber die Zusammensetzung der Oelsäure.
Nach den Untersuchungen von Chevreul und Varrentrapp wird es
höchst w-ahrscheinlich , dafs die flüssigen, nicht flüchtigen Säuren in den
verschiedenen Oelen eine ungleiche Zusammensetzung besitzen. Chevreul,
welcher die Oelsäure aus dem Hammeltalg einer Analyse unterwarf,
stellte sie nach dem beim ölsauren Kali angegebenen verschiedenen Ver-
fahren dar. Er versetzte eine Auflösung von Hammeltalgseife in 6 Thei-
len warmem Wasser mit weiteren 45 Th. Wasser, und liefs das Gemisch
bei 12° so lange stehen, als sich noch kristallinische Niederschläge bilde-
ten (saures talg- und margarinsaures Alkali) ; die klar abgegossene Flüs-
sigkeit wurde concentrirt, das freie Kali durch Weinsäure neutralisirt und
wieder mit vielem Wasser verdünnt, und auf diese Weise fortgefahren, bis
er eine Flüssigkeit erhielt, die keinen Niederschlag mehr absetzte. Sie
968
Oelsäure.
wurde nun abgedampft, mit überschüssiger Weinsäure die Oelsäure abge-
schieden , durch Waschen mit Wasser, Auflösung in Alkohol und Fällung
mit Wasser gereinigt und einer immer niedrigeren Temperatur ausgesetzt,
so dafs sie theilweise kristalüsirte. Der flüssig bleibende Theil wurde als-
dann von den entstandenen Kristallen (Oelsäure und beigemengte Marga-
rinsäure) abfiltrirt. Dieses Oelsäurehydrat besafs bei 19° ein spec. Ge-
wicht von 0,898 und gab in der Analyse in 100 Theilen 77,866 Kohlen-
stoff, 11,350 Wasserstoff und 10,784 Sauerstoff. Beim Zusammenbringen
mit Bleioxid verlor dieses Hydrat 3,8 p. c. Wasser; der Sauerstoff der
Basis in den ölsauren Salzen verhielt sich zu dem der damit verbundenen
Säure sehr nahe wie 2 : 5. Nach Chevreul ist die Formel der wasserfreien
Säure hiernach C:o H117 Os ; das Hydrat enthält zwei Atome Wasser mehr,
von denen in den sauren Salzen das eine Atom , in den neutralen beide
Atome vertreten werden durch ihr Aequivaleut Basis. Das Gewicht von
2 Aeq. = 1 At. der wasserfreien Säure aus dem Hammelfett beträgt hier-
nach 6587.
Nach Laurent1 s Analyse eines nach Chevreul1 s Methode aus Schweine-
schmalz dargestellten Oeisäurehydrats enthielt dieses 77,19 — 77,35 Koh-
lenstoff, 12,20 — 12,31 Wasserstoff und 10,61—10,34 Sauerstoff. Hieraus
berechnet Laurent die Formel C:o H;28 Os 2aq, Atomgewicht 6675;
allein die analysirte Oelsäure war von ihm im leeren Raum destillirt wor-
den, was ohne Zersetzung nicht geschehen kann, so dafs diese Analyse
keine Bürgschaft für die Zusammensetzung der nicht destillirten Säure
seyn kann.
In der neuesten Zeit unternahm Varrentrapp eine Untersuchung der
Oelsäuren in dem Oel der siifsen Mandeln und des Ochsenfetts, beide wa-
ren frei von jeder Spur von eingemengter Margarin- oder Talgsäure. In
10 Analysen wurden im Maximo 77,18, im Minimo 76,35 Kohlenstoff
— 12,18 — 11,74 Wasserstoff ge-
funden. Aus den Analysen der in den Barytsalzen enthaltenen Säure er-
gaben sich für ihr Atomgewicht und ihre Zusammensetzüng folgende Ver-
hältnisse :
44 At. Kohlenstoff 3363,14 — 79,13
78 — Wasserstoff 486,70 — 11,45
4 — Sauerstoff 400,00 — 9,42
1 At. wasserfreie Oelsäure 4249,84 — 100,00
Das von Chevreul analysirte ölsaure Barytsalz enthielt 22,97 p. c.,
das von Varrentrapp untersuchte 18,38 p. c. Baryt. Für 100 Th. wasser-
freier Säure verhalten sich beide = 4:3.
Das Oelsäurehydrat enthält hiernach 1 At. Wasser, welches in den
neutralen Salzen vertreten ist durch ein Aeq. Metalloxid, und in 100 Thei-
len 77,10 Kohlenstoff und 11,44 Wasserstoff.
Das ölsaure Aethyloxid enthält nach dieser Formel 77,76 Kohlenstoff
und 11,64 Wasserstoff, es wurden von Varrentrapp in 4 Analysen
77,80—77,95 Kohlenstoff und 11,81 — 12,09 Wasserstoff erhalten.
Das Natronsalz der von Varrentrapp untersuchten Säuren kristallisirt
aus seiner heifs gesättigten Auflösung in Alkohol in weifsen Rinden und
rundlichen Körnern; die Bar3rt~ und Silbersalze sind weifs, unlöslich in
Wasser. Das letztere wird beim Trocknen schwarz, es schrumpft unter
der Luftpumpe über Schwefelsäure zu einer pflasterähnlichen Masse zu-
sammen, die ihren weichen Zustand nicht verliert, beim gelindesten Er-
wärmen schmilzt das Silbersalz, es läfst sich in diesem Zustand auf Glas
und Porcellan verbreiten und hinterläfst nach dem Glühen einen spiegeln-
den Ueberzug von 26 — 27 p. c. metallischem Silber.
Verhalten der Oelsäure hei der trocknen Destillation.
Oelsäurehydrat in einer zu V3 damit angefüllten Retorte erhitzt, kommt
erst in einer hohen Temperatur zum Sieden , bei der Destillation erhält
Fettsäure»
969
man gasförmige und flüssige und feste Produkte, im Rückstände bleibt eine
beträchtliche Menge Kohle. Das Gas, was sich entwickelt, ist durch
Kali zum Theil absorbirbar , das darin nicht lösliche ist entzündlich und
brennt mit hell leuchtender Flamme , wie ölbildendes Gas.
Wenn man das flüssige Produkt der Destillation der Oelsäure zu unglei-
chen Zeiten auffängt, so bemerkt man, dafs das zuerst übergehende zum
grofsen Theil beim Erkalten erstarrt, das zuletztkommende bleibt flüssig.
Im Ganzen ist das flüssige Produkt wenig gefärbt und setzt in der Kälte
eine Menge kristallinischer Flocken und Nadeln ab. Der feste kristalli-
nische Theil des Destillats ist vollständig in heifsem Wasser löslich, der
flüssige Theil löst sich zum Theil in Alkalien, der gröfste Theil davon ist
darin nicht löslich und besteht aus mehreren Kohlen wasserstoffverbindun-
gen von ungleichem Siedpunkt. Durch anhaltende Destillation mit Wasser
gehen diese KohlenwasserstofFverbindungen mit den Wasserdämpfen über,
es bleibt das nicht flüchtige Oelsäureliydrat in dem Destillirapparat zurück.
Der flüssige Kohlenwasserstoff ist sehr flüssig, das Licht stark brechend,
für sich der Destillation unterworfen fängt er an bei 160° zu sieden, die
Temperatur erhöht sich zuletzt auf 280°, wo alles ohne Rückstand über-
destillirt.
Die in Wasser lösliche kristallisirbare Säure, welche in der Destilla-
tion der reinen Oelsäure als das einzige feste Produkt auftritt , ist Fett-
säure. Alle Oelsäuren, die aus Menschenfett, Hammelsfett, Ochsenfett,
Olivenöl und den trocknenden Oelen, verhalten sich bei der trocknen
Destillation vollkommen gleich, eben so alle Fette, Talge etc., welche
eine flüssige Säure enthalten , sie liefern bei der trocknen Destillation Fett-
säure, erkennbar an ihrer Löslichkeit in Wasser und an der Eigenschaft
ihrer wässerigen Auflösung, in Bleisalzen einen weifsen Niederschlag zu
bewirken.
Fettsäure £acidum sehacicurn).
Formel der wasserfreien Säure C10 H16 03 ; des Hydrats C10 H16 0,
•4- aq. (Rumas, Redtenbacher.') Sy mb. : Se •+• aq.
Entdeckt von Tlienard .
Zur Darstellung der Fettsäure werden die flüssigen und festen Pro-
dukte der Destillation der Oelsäure, oder von allen fetten Körpern, wel-
che Oelsäure enthalten, mit Wasser wiederholt so lange ausgekocht, als
dieses beim Erkalten noch Kristalle absetzt. Die erhaltenen Kristalle sind
Fettsäurehydrat, sie werden auf einem Trichter gesammelt, mit kaltem
Wasser ausgewaschen, wiederholt in kochendem Wasser gelöst, filtrirt
und erkalten lassen , bis die sich absetzenden Kristalle farblos sind und
allen brenzlichen Geruch verloren haben.
Das Fettsäurehydrat erhält man auf diese Weise in weifsen perlmut-
terglänz eo den , nadelförmigen und schmalblättrigen, äufserst lockern Kri-
stallen , dem Benzoesäurehydrat sehr ähnlich. Es schmeckt und reagirt schwach
sauer, verliert bei 100° nichts am Gewicht, schmilzt bei 127° zu einem
farblosen Oel , was beim Erkalten zu einer kristallinischen Masse erstarrt;
bei höherer Temperatur sublimirt es ohne Veränderung; sein Dampf ver-
ursacht Kratzen im Schlunde, und besitzt den Geruch von verdampfendem
Fett. Es ist in kaltem AVasser sehr wenig, in kochendem leicht löslich,
sowie in Alkohol und Aether.
Fettsaure Salze .
Die kalte wässerige Auflösung der Fettsäure bringt in Blei- und Silber-
salzen weifse Niederschläge hervor, ln ihren Salzen ist das Hydrat-
wasser der Säure vertreten durch 1 Aeq. Metalloxid. Fettsaures Kali
Geiger s Phnrma.de , 1. (5 te Au fl.)
970
Elaidinsäure.
(Se, KO) ist in Wasser sehr leichtlöslich, kristallisirbar in kleinen körni-
gen nicht zerfliefslichen Kristallen, welche sehr wenig in Alkohol löslich
sind. Das Natron- und Ammoni&ksalz sind beide sehr löslich ; die löslichen
fettsauren Salze bringen in Kalksalzen einen schwerlöslichen Niederschlag
hervor (Se, CaO [Redtenbacher] ).
Fettsaures Silberoxid, Se, AgO, ist ein weifser, käsiger, in Wasser
schwerlöslicher Niederschlag, welcher trocken erhitzt 51,64 p. c. Metall
hinterläfst und ein weifses kristallinisches, der Fettsäure ähnliches Subli-
mat giebt.
Fettsaures Aethyloxid. Se, AeO (Redtenbacher ). Beim Einleiten
von Chlorwasserstoffsäuregas in eine alkoholische Lösung von Fettsäure-
hydrat scheidet sich fettsaures Aethyloxid ab. Auf gewöhnliche Weise
von Wasser und anhängender Säure gereinigt stellt es eine ölartige, färb*
lose, sehr flüssige Flüssigkeit dar, von sehr angenehmem Melonengeruch,
sie ist leichter als Wasser, wird bei — 9° fest und kristallinisch, siedet
über 100° und destillirt ohne Veränderung über.
Das Vorhandenseyn der Fettsäure in dem Destillationsprodukt irgend
eines fetten Körpers kann als Beweis von der Gegenwart einer, den be-
kannten Oelsäuren ähnlichen Säure in letzterem angesehen werden. Es
ist diefs die bestimmteste chemische Verschiedenheit der bei gewöhnlicher
Temperatur festen fetten Säuren, welche keine Spur Fettsäure erzeugen,
von den flüssigen Oelsäuren, durch deren Zersetzung in liöhertr Tempe-
ratur sie ausschliefslich gebildet wird.
Verhalten der Oelsäure gegen salpetrige Säure und Salpetersäure.
Elaidinsäure.
Ueber die Entdeckung der Elaidinsäure und des Elaidins siehe das Ver-
halten der fetten Oele zu salpetriger Säure.
Bildung der Elaidinsäure. Beim Zusammenbringen von fetten, nicht
trocknenden Oelen mit kalt bereitetem salpetersaurem Ouecksilberoxidul
oder salpetriger Säure verlieren sie ihre flüssige Beschaffenheit und wer-
den fest und hart. Die Aenderung in ihrer Beschaffenheit, welche sie
hierbei erleiden, ist abhängig von der Einwirkung der salpetrigen Säure
auf die in den Oelen enthaltene Oelsäure, welche dadurch in eine feste
kristallinische Säure , in Elaidinsäure verwandelt wird. Die fetten Oele
enthalten ölsaures Glyceryloxid, gemengt oder verbunden mit margarin-,
oder talgsaurem Glyceryloxid. Das ölsaure Glyceryloxid geht durch Be-
rührung mit salpetriger Säure in elaidinsaures Glyceryloxid über, welches
bei gewöhnlicher Temperatur fest und kristallinisch ist; aus Olivenöl und
andern Oelen dargestellt ist das elaidinsäure Glyceryloxid nicht rein,
sondern mehr oder weniger gemengt mit margarinsaurem Glyceryloxid.
Durch Kochen mit kaustischen Alkalien wird es wie alle festen Fette ver-
seift, die alkalische Lösung enthält ein Gemenge von Elaidinsäure mit
Margarinsäure. Man kennt keine zuverlässige Methode, um beide von
einander zu trennen.
Darstellung der Elaidinsäure. Man leitet durch reines margarinsäure-
freies Oelsäurehydrat, welches in einem mit kaltem Wasser umgebenen
Gefäfse enthalten ist, vier bis fünf Minuten lang einen Strom von salpe-
triger Säure, die man aus einem Gemisch von Kartoffelstärke mit Salpeter-
säure entwickelt. Nach einiger Zeit gerinnt die Oelsäure zu einer in
grofsen Blättern kristallisirten Masse, welche mit kochendem Wasser von
anhängender Salpetersäure getrennt, sodann in ihrem gleichen Volum Al-
kohol gelöst, der Ruhe überlassen wird. Gewöhnlich erstarrt diese Auf-
lösung nach 84 Stunden zu einer aus perlmuttergjänzeuden tafelförmigen
Elaidinsaure Salze.
971
Kristallen bestehenden Masse, die man durch Filtration von der einge-
mengten gelbgefärbten Mutterlauge trennt , zwischen Fliefspapier ausprefsfc,
und durch wiederholte Kristallisation aus Alkohol reinigt. CMeyer.J
Reine Elaidinsaure stellt silberglänzende, weiche, der sublimirten
Benzoesäure ähnliche Kristallblätter dar, sie schmilzt bei 44 — '45° C. zu
einer farblosen Flüssigkeit, welche beim Erkalten kristallinisch erstarrt.
Öie ist in Alkohol aufserordeutlich löslich^ bei ihrem Schmelzpunkt in jeder
Quantität damit mischbar; Weingeist von 60 p. c. löst bei gewöhnlicher
Temperatur das fünffache seines Gewichts an Eiaidinsäure ihre
alkoholische Auflösung besitzt auf Lackmuspapier eine stark saure Reaction;
in Aether ist sie weit weniger als in Alkohol löslich, sie ist unlöslich in
Wasser. Die kristallisirte Eiaidinsäure ist Elaidinsäurehydrat, welches
beim Schmelzen mit Bleioxid 3,56 p. c. Wasser verliert. Der trocknen
Destillation unterworfen geht sie, dem Anschein nach, zum grofsen Th eil
unzersetzt über. Das Destillat der reinen Säure gieht beim Auskochen
mit Wasser eine Flüssigkeit, welche Blei- und Quecksilbersalze trübt,
ohne beim Erkalten Kristalle von Fettsäure abzusetzen. (Meyer.^
Elaidinsaure Salze .
Das Elaidinsäurehydrat zersetzt die kohlensauren Alkalien und bildet
mit ihren Basen Salze, die sich in 6 — 8 Th. Wasser zu einem wasser-
hellen, sehr dicken Seifenleime lösen. Wird die Auflösung des elaidin-
sauren Natrons im Wasserbade zur Trockne eingedampft und der trockne
Rückstand mit heifsem Alkohol behandelt, so löst sich reines neutrales
elaidinsaures Natron auf, was beim Erkalten der Flüssigkeit in grofsen
breiten, sehr glänzenden Blättern, dem kristallisirten Elaidinsäurehydrat
sehr ähnlich, herauskristallisirt. Die Auflösung dieses Salzes in Wasser
trübt sich beim Vermischen mit vielem Wasser und setzt ein saures kri-
stallinisches Salz ab.
Elaidinsaures Silheroxid enhält man in Gestalt eines weifsen volumi-
nösen Niederschlags beim Vermischen des neutralen elaidinsauren Natrons
mit einem löslichen Silbersalze. Frisch gefällt ist dieser Niederschlag in
geringer Menge löslich in Wasser, Alkohol und Aether, er löst sich in
Aetzammouiak mit bräunlicher Farbe, und scheidet sich daraus in der Kälte
in kleinen säulenförmigen Kristallen wieder ab. (Afei/er.)
Elaidinsaures Bleioxid und Baryt erhält man auf ähnliche Weise, sie
stellen beide unlösliche weifse Niederschläge dar.
Elaidinsaures Aethyloxid. Zuerst dargestellt von Laurent . Nach
' Meyer erhält man es am besten beim Sättigen einer Auflösung von Elai-
| dinsäurehydrat in Alkohol mit Chlorwasserstoffgas, wo es sich in Gestalt
i eines farblosen Oels abscheidet. Das elaidinsaure Aethyloxid ist bei ge-
i wohnlicher Temperatur geruchlos, leichter wie Wasser, mit Aether und
Alkohol mischbar, unlöslich in Wasser, schwerlöslich in Weingeist von
| 60 p. c., mit welchem man es von der beigemischten Eiaidinsäure reini-
gen kann. Wird durch Destillation und wässerige Alkalien zersetzt.
(Meyer.y Nach Laurent, welcher diesen Aether durch Erwärmen einer
Mischung von Schwefelsäurehydrat, Alkohol und Elaidinsäurehydrat dar-
stellte, ist dieser Aether ölähnlich und gelb, sein spec. Gewicht ist bei
18° 0,868, er siedet bei 370°, wobei er unverändert überdestillirt , nicht
zersetzbar durch wässerige Alkalien und löslich in concentrirter Schwe-
felsäure.
Elaidinsaures Methyloxid ist von Laurent dargestellt und in allen
Eigenschaften ähnlich der vorherbeschriebenen Verbindung.
Elaidinsaures Glyceryloxid , Elaidin. Ueber seine Darstellung und
Eigenschaften siehe Seite 1000 u. s. f.
972
Elaidinsäure.
lieber die Zusammensetzung der Elaidinsäure .
Die Erzeugung der Elaidinsäure aus Oelsäure vermittelst salpetriger
Säure ist Ms jetzt unerklärt. Die Elaidinsäure ist nemlich nicht das ein-
zige Produkt, was hierbei auftritfc, sondern ihre Bildung ist stets begleitet
von einem gelben ölartigen Körper, dessen Zusammensetzung unbekannt ist.
Die bei der Darstellung der Elaidinsäure erhaltenen Mutterlaugen lie-
fern abgedampft nach fortgesetzter Trennung der sich bildenden Kristalle
zuletzt ein dunkelrothes dickflüssiges Oel, was sich wenig in Wasser mit
gelber, leicht in Alkalien mit blutrother Farbe löst, in letzteren ohne einen
Seifenleim zu bilden. Aus dieser Auflösung wird diese Substanz durch
Säuren, dem Ansehen nach unzersetzt, wieder abgeschieden. ( Meyer.
Laurent machte die Beobachtung, dafs ölsaures Aethyloxid bei Be-
rührung mit einer kalt bereiteten Auflösung von salpetersaurem Quecksil-
beroxidul, ohne seine äufsere Beschaffenheit zu ändern, in elaidinsaures
Aethyloxid übergehe, und er erklärte die Verwandlung der Oelsäure in
Elaidinsäure durch eine einfache Aufnahme von Sauerstoff aus der salpe-
trigen Säure. Oelsäure und Elaidinsäure sind nach ihm Oxidationsstufen
eines und desselben Radikals. Nach seiner Analyse eines Klaidinsäure-
hydrats, welches aus Elaidin dargestellt war und bei 42° schmolz, enthält
diese Säure 76,40 Kohlenstoff, 13,37 Wasserstoff und 11,33 Sauerstoff,
Verhältnisse, welche mit der Formel Cro H136 1*8 sehr nahe übereinstimmen.
Das elaidinsäure Aethyloxid gab ihm 77,18 Kohlenstoff, 13,36 Wasser-
stoff und 10,46 Sauerstoff, woraus sich die Formel C78 Hisa 08 ~ C70
Uj 52 06 -f- 2C4 Hio O entwickeln läfst. Die Formel C70 H132 06 fand eine
weitere Stütze in seiner Analyse des Natronsalzes. Vergleicht man die
Formel der Elaidinsäure, zu welcher Laurent gelangt ist, mit derjenigen,
welche er für die Oelsäure annimrrrt (siehe S. 968), so ergiebt sich in der
Thafc eine sehr bestimmte Beziehung zwischen beiden; denn die wasser-
freie Oelsäure enthält darnach 1 At. Sauerstoff weniger als die wasserfreie
Elaidinsäure ;
die Oelsäure ist nach Laurent C70 Ul52 0S 2aq
die Elaidinsäure C70 H132 06 -f- 2aq.
So einfach der Schlüssel zur Erklärung der Verwandlung der Oelsäure
in Elaidinsäure sich auch hiernach darstellt, so stehen seiner Wahrheit
dennoch eine Menge Thatsachen entgegen. Die analysirte Elaidinsäure
und Oelsäure waren nemlich beide nicht rein (die reine Elaidinsäure schmilzt
bei 44 — 45°, nicht bei 42°) und die Oelsäure war destillirt worden, durch
welche Operation sie zersetzt wird ; zuletzt spricht gegen diese Entwicke-
lung die Analyse der Oelsäure von Varrentrapp und die der Elaidinsäure
von Meyer,
Aus Elaidinsäurehydrat, welches aus reinster margarinsäurefreier Oel-
säure bereitet worden war und was bei 44 — 45° schmolz, erhielt Meyer
in der Analjse 77,5 — 77,6 Kohlenstoff, 12,12 — 12,2 Wasserstoff und
10,2 Sauerstoff. In seiner Analyse des elaidinsauren Silberoxids erhielt er
für das Aequivalent der wasserfreien Säure die Zahlen 3405,8 — 3436,0
— 3407,8 — 3428,4, welche sehr nahe mit einer Analyse des nemlichen
Salzes von Boudet, 3406, dessen Säure den nemlichen Schmelzpunkt be-
safs, übereinstimmen. In dem Silbersalze fand Meyer ferner auf 29,772
Silberoxid im Mittel 55,5 Kohlenstoff und 8,5 — 8,6 Wasserstoff, was auf
2 Atome Silberoxid 72 At. Kohlenstoff und 132 At. Wasserstoff ausmacht.
Hieraus entwickelt Meyer folgende Formeln :
Für die -wasserfreie Säure iniooTh. Wasserhaltige Elaidinsäure in»ooTh.
72 At. Kohlenstoff 5503,32 — 78,040 ; 72 At. Kohlenstoff 5503,32 — 80,611
136 — Wasserstoff 848,60—12,034; 132 — Wasserstoff 823,64—12,065
7 — Sauerstoff 700,00— 9,926; 5 — Sauerstoff 500,00— 7,324
7051,92 100,000 6826,96 100,000
Die Zusammensetzung des elaidinsauren Aethyloxids stimmte in Meyer’s
Versuchen sehr genau mit der hier angenommenen Formel.
Oxidatiorasprodekte der Oe! säure. 978
Meyer beobachtete ferner, dafs die Verwandlung des ölsauren Aefchyl*
oxids in elaidinsaures von einer ähnlichen gelben Materie begleitet ist,
wie die Bildung der Elaidinsäure aus Oelsäurehydrat; es gelang ihm nichts
aus E laiditi (siehe diesen Körper) eine Säure zu erhalten , deren Schmelz-
punkt höher als 42° war, und diese letztere Säure gab ihm ein Silbersalz,
welches 28,2 — 28,3 anstatt 27,7 bis 27,8 p. c. metallisches Silber hinter-
liefs, deren Atomgewicht demgemäfs nur 3327 oder 3316 betrug.
Wenn man von 2 At. Oelsäurehydrat nach Varrentrapp’ s Analyse
die Elemente von l At. Eiaidinsäurehydrat abzieht, so bleibt ein Körper,
welcher Kohlenstoff und Wasserstoff in dem nemlichen Verhältnisse wie
in dem Acetyl enthält.
2 At. Oelsäurehj'drat C38 H160 O10
ab 1 - Eiaidinsäurehydrat C72 Bi56 Of
c16h24 o5.
Heim Hinzutreten von Sauerstoff aus der salpetrigen Säure zu den Ele-
menten des Oelsäurehydrats kann sich mithin Elaidinsäure und Essigsäure
bilden. Die Entstehung der Essigsäure ist bei dieser Verwandlung nicht
nachgewiesen; wie oben erwähnt bildet sich hierbei ein gelber oder rother
ölartigei* Körper, welcher Stickoxid oder eine ähnliche Stickstoff Verbin-
dung zu enthalten scheint, da er mit Kali neutralisirt und mit Eisenvitriol
versetzt schwarzbraun gefärbt wird. Die gleichzeitige Entstehung dieses
gelben Oels scheint eine Bedingung zur Bildung der Elaidinsäure zu seyn,
da durch keinen anderen Oxidationsprocefs (Behandlung der Oelsäuro z. B.
mit übermangansauren Salzen und Schwefelsäure, oder schwefelsaurer
Chromsäure) die Verwandlung der Oelsäure bewirkt wird.
Oxidationsprodukte der Oelsäure.
Das Verhalten der Oelsäure gegen Salpetersäure ist von Laurent be-
schrieben worden, seine Untersuchung führte ihn zur Entdeckung einer
Anzahl von neuen Säuren, von denen bis zu ihm nur eine einzige, nem-
lich die Korksäure, bekannt war. Seine Versuche sind von Bromeis wie-
derholt und in ihren Hauptresultaten vollkommen bestätigt worden. Die
Oelsäure, welche Laurent in seinen Versuchen anwandte, war aus Oli-
venöl ohne weitere Reinigung dargestellt, sie enthielt eine nicht unbe-
trächtliche Menge Margarinsäure, so dafs der Ursprung der gleich zu be-
schreibenden Verbindungen aus der Oelsäure allein nicht abgeleitet werden
kann. Bromeis bediente sich der rohen talgsäurehaltigen Oelsäure , so wie
sie bei der Stearinsäurefabrikation erhalten wird. Bei der Behandlung der
Oelsäure mit Salpetersäure von 1 ,42 mufs die letztere mit ihrem halben
Gewichte Wasser verdünnt werden ; im concentrirten Zustande wirkt sie
so heftig ein, dafs durch die entstehende Gasentwickelung ein grofser
Theil der Masse aus den Gefäfsen herausgeschleudert wird. Die Verdün-
nung der Salpetersäure über das angegebene Verhältnifs hinaus hat keinen
nachtheiligen Einflufs, nur wird dadurch die Einwirkung verlangsamt. Nach
der ersten jedesmal heftigen Einwirkung der Salpetersäure wird der Gang
der Operation ruhig und gleichförmig. Laurent beobachtete bei Anwen-
dung von concentrirter Säure eine Verdickung der Oelsäure zu einer har-
zigen Masse, was Bromeis nicht bemerkte; die Oelsäure wird bei fortge-
setzter Digestion mit Salpetersäure immer dünnflüssiger, wobei ihr Volumen
nach und nach abnimmt, und zuletzt verschwindet sie bei gehöriger Er-
neuerung der Salpetersäure völlig.
Die bei dieser Operation überdestillirende Salpetersäure besitzt einen
eignen , die Respirationswerkzeuge heftig angreifenden Geruch , welcher
durch Neutralisation der Säure mit einer Basis nicht verschwindet. Wird
das mit kohlensaurem Natron gesättigte Destillat einer neuen Destillation
unterworfen, so geht mit dem Wasser ein flüchtiges, auf dem Wasser
schwimmendes , sehr dünnflüssiges Oel in geringer Menge über , dem dieser
Geruch angehört.
974
Oxidationsprodukte der Oelsäure.
Läfst inan nach der ersten Einwirkung der Salpetersäure auf die talg-
säurehaltige Oelsäure die Mischung über Nacht ruhig au einem kalten Orte
stehen, so findet man die Oelsäure zu einer halbfesten kristallinischen
Masse erstarrt, welche durch Pressen zwischen trocknem Papier und Rei-
nigung durch häufige Kristallisation aus Alkohol etc. bei 60° schmilzt und
genau die Eigenschaften, sowie die Zusammensetzung der Margarinsäure
zeigt. (Bromeis). In einem andern Versuche erhielt Bromeis aus ganz
reiner Oelsäure durch die nemliche Behandlung eine sehr geringe Menge
einer weifsen festen Masse, die erst bei 80° schmolz und bei 70° erstarrte,
in Kali sich mit rother Farbe löste. Bei Zusatz einer Säure zu dieser al-
kalischen Lösung schied sich eine sehr kleine Menge eines dicken braunen
Oels ab , was bei gewöhnlicher Temperatur flüssig blieb.
Laurent erhielt aus margariusäurehaltiger Oelsäure, nach der ersten
Einwirkung der Salpetersäure, eine feste kristallinische Säure, welche er
für Elaidiusäure erklärt. Schmelzpunkt und Zusammensetzung dieses Pro-
* dukts sind von ihm übrigens nicht untersucht worden.
Die salpetersaure Auflösuug der Oelsäure enthält Korksäure , Azelain-
säure (?)_, Pimelinsäure , Adipinsäure, Lipinsäure und ein in Salpeter-
säure lösliches Oel ; Korksäure ist, der Menge nach, das Hauptprodukt.
Bei der Darstellung der Oxidationsprodukte der Oelsäure verfährt man
am besten auf die Weise, dafs man die Oelsäure mit ihrem doppelten Vo-
lum Salpetersäure im Anfang zum Sieden erhitzt und nach erfolgter hef-
tiger Einwirkung die Mischung auf einem Sandbade in gelinder Wärme
digerirt, so lange man noch Gasentwickelung bemerkt; die salpetersaure
Auflösung wird alsdann von der obenaufschwimmenden öligen Flüssigkeit
getrennt und mit stets erneuerten Portionen Salpetersäure auf die nemliche
Weise behandelt, bis dafs die Oelsäure ganz oder beinahe gänzlich ver-
schwunden ist.
Die in diesen auf einander folgenden Operationen erhaltenen salpeter-
sauren Auflösungen werden auf die Hälfte abgedampft und sich selbst über-
lassen, oder geradezu einer Temperatur unter 0° ausgesetzt, wo sie zu
einer gelblich weifsen kristallinischen Masse erstarren. Man bringt den Brei
auf einen grofsen Glastrichter , in dessen Spitze mau etwas Asbest ein-
legt, läfst die Mutterlauge abfliefsen und verdrängt sie völlig durch fort-
gesetztes Aufgiefsen von kleinen Quantitäten kalten Wassers.
Die auf dem Trichter bleibende Korksäure vereinigt man sodann durch
wiederholte Auflösung in siedendem Wasser; gewöhnlich scheidet sich bei
der ersten und zweiten Auflösung im Wasser eine geringe Menge eines
im "Wasser zu Boden sinkenden unlöslichen, in Salpetersäure löslichen
fettartigen Körpers ab, welcher bei 80° kristallinisch erstarrt und sich in
Alkalien mit blutrother Farbe löst. Aus Alkohol kristallisirt besitzt der-
selbe die Eigenschaften einer weifsen sehr schmelzbaren fetten Säure.
Nach den Versuchen von Bromeis ist die auf dem angegebenen "Wege
tfargestellte Korksäure völlig rein und von constanter Zusammensetzung
(siehe S. 955) Nach Laurent hingegen ist sie gemengt mit Azelainsäure,
die sich vod der Korksäure durch ihre gröfsere Löslichkeit in Aether un-
terscheidet. Die kristallisirte Azelainsäure ist nach der Analyse von Lau-
rent der procentischen Zusammensetzung nach identisch mit dem Kork-
säurehydrat, sie ist aber nach ihm schmelzbarer wie Korksäure und zeigt
nach dem Erkalten nicht die deutlich kristalliuische Beschaffenheit dersel-
ben; ihr Aequivalent ist nach Laurent 1202,..., demnach um das Gewicht
eines Atoms Wasser höher als das Atomgewicht der kristallisirten Kork-
säure (1098,83). Laurent berechnet hiernach für die kristallisirte Aze-
lainsäure die Formel C10 H16 04 -f- aq. Azelainsaures Ammoniak giebfc
beim Zusatz von Chlor-Barium, -Strontium und -Magnesium bei Zusatz
von Alkohol keine Niederschläge , was sie von der Korksäure ebenfalls
unterscheiden soll (Laurent). Diese Reactionen können nicht als zuver-
lässig angesehen werden, da Laurent selbst bemerkt, dafs die von ihm
dargestellte Azelainsäure sehr viel Korksäure enthielt, da die Korksäure
nicht unlöslich im Aether ist.
97Ö
Ädlpin- aud Li pinsau re.
Pimelinsäure.
Formel Cf Hl0 Of + nq. (Laurent, Bromeis.)
Entdeckt von Laurent.
Zur Darstellung dieser Säure werden die sauren Mutterlaugen , aus
denen sich die Korksäure abgesetzt hat, abgedampft und von Zeit zu Zeit
erkalten lassen. Die ersten Kristallisationen bestehen grofsentheils aus
Korksäure, später erhält man Pimelinsäure , leicht unterscheidbar von der
Korksäure, insofern diese in fettartigen weichen Nadeln oder Blättcheu
aiischielst, während die Pimelinsäure kristallinische harte Körner bildet,
deren Härte durch Reiben mit einem Glasstabe leicht bemerkbar ist. Man
mufs, um alle Pimelinsäure zu erhalten, die Flüssigkeit, aus der sie sich
abgesetzt bat, mehrere Tage ruhig stehen lassen ; durch Concentriren und
Abdampfen würde man sie gemengt mit Adipinsäure erhalten.
Zur Reinigung der erhaltenen Kristalle der Pimelinsäure von der Kork-
säure werden sie zuerst mit Wasser, sodann mit Alkohol rasch abgespült,
in welchen Flüssigkeiten sich die Korksäure bei weitem schneller löst als
die körnigen Kristalle der Pimelinsäure. Man reinigt die letztem alsdann
vollkommen durch wiederholte Kristallisationen aus heifsem Wasser.
Die reine Pimelinsäure stellt weifse, harte Körner dar, welche unter
dem Vergröfserungsglase eine strahlige Beschaffenheit zeigen; sie ist ge-
ruchlos, schmeckt stärker sauer als Korksäure, unveränderlich an der
Luft und bei 100°. Sie schmilzt bei 134° (Bromeis) , bei 114° (Laurent)
und sublimirt ohne Rückstand in schönen weifsen, federförmigen, seiden-
glänzenden Blättchen. Sie löst sich bei 18° in 35 Th. Wasser, leichter
in heifsem, und ist löslich in Alkohol, Aether und ohne Veränderung in
concentrirter Schwefelsäure.
Pimelinsaures Ammoniak bringt in Auflösungen von Baryt - , Stron-
tian-, Kalk- und Kupfersalzen keinen Niederschlag hervor. Pimelinsaures
Silberoxid, C7 H10 03 ~f- AgO ( Bromeis , Laurent), ist ein weifser, in
Wasser unlöslicher Niederschlag.
Adipinsäure find Lipinsäure.
Die Mutterlaugen, aus denen sich die beschriebenen Verbindungen ab-
gesetzt haben, enthalten noch andere in Wasser lösliche kristallisirbare
Säuren; man erhält sie durch vorsichtige Entfernung der Salpetersäure ,
in der sie gelöst sind; diefs mufs bei sehr gelinder Wärme geschehen, in-
dem sonst der Fall ein! ritt, dafs sich die Masse plötzlich zersetzt und
schwarz wird. Man mufs deshalb nach zeitweiliger Verdampfung die Flüs-
sigkeit zwei bis drei Tage zum Kristallisiren hinstellen, die abgesetzten
Kristalle von der Mutterlauge trennen, ab waschen und die Flüssigkeiten
weiter verdampfen, bis sie aufhören Kristalle zu geben. (Laurent.)
Man vereinigt alle erhaltenen Kristalle und reinigt sie durch neue Kri-
stallisationen; bei der ersten Auflösung in reinem Wasser scheidet sich stets
eine geringe Menge eines in Salpetersäure löslichen öligen Körpers ab,
den man von den Flüssigkeiten sorgfältig trennt. Die Mutterlaugen, wel-
che übrig bleiben, enthalten eine im Wasser sehr lösliche Säure, welche
nicht untersucht ist (Laurent). Die Kristalle bestehen aus Adipin- und
Lipinsäure , sie sind braun gefärbt, wodurch sie sich von der Pimelinsäure
unterscheiden. Zur Trennung beider Säuren löst man sie in Aether und
läfst die fil trirte Auflösung verdunsten. Die Kristalle, welche sich abge-
setzt haben, wenn die Hälfte des Aethers sich verflüchtigt hat, trennt man
von der überstehenden Flüssigkeit und läfst sie weiter verdampfen ; man
behandelt die zwei erhaltenen Kristallisationen, eine jede für sich, mit
kochendem Alkohol und erhält einerseits eine in abgerundeten Körnern
kristallisirte Säure, die Adipinsäure , und eine andere, welche in schönen
verlängerten Lamellen kristallisirt , die letztere ist Lipinsäure. Durch wei
fere Kristallisationen erhält man beide vollkommen rein.
976
Adipin» und Lipinsänre,
Adipinsäure .
Die Adipinsäure kristallisirt in rundlichen, zuweilen halbkug eiförmigen
strahligen Massen; sie ist meistens bräunlich gefärbt, sehr löslich in sie-
dendem Wasser, von weniger saurem Geschmack als die Pimelinsäure;
sie löst sich leicht in Alkohol und Aether. Bei 130° schmelzen die Kri-
stalle, in höherer Temperatur destilliren sie ohne Veränderung; die ge-
schmolzene Säure erstarrt beim Erkalten zu einer Masse ziemlich langer
abgeplatteter Nadeln.
Das adipinsaure Ammoniak kristallisirt in Nadeln; Chlorbarium, -Stron-
tium, -Calcium, schwefelsaure Bitterde, -Manganoxidul, -Nickeloxid, -Cad-
miumoxid, salpetersaures Blei- und Kupferoxid werden von seiner Auflö-
sung nicht gefällt. Durch die Nichtfällung der Blei- und Kupfersalze un-
terscheidet sich die Adipinsäure von der Pimelinsäure.
Ein Ueberschufs von salpetersaurem Silberoxid bringt in adipinsaurem
Ammoniak einen vveifsen Niederschlag hervor.
Eisenchlorid wird davon mit schwach ziegelrother Farbe gefällt.
Nach der Analyse des adipinsauren Baryts ist das Aequivalent der
wasserfreien Säure 806, . . . ( Laurent ).
100 Theile enthalten ( Laurent"):
Kohlenstoff 50,10 — 49,77
Wasserstoff 6,97 — 6,88
Sauerstoff 42,93 — 43,35
Hieraus entwickelt Laurent die Formel C6 H8 03 für die wasserfreie und
C6 HI0 04 = C6 H8 03 -4- aq für die kristaliisirte Säure. Sie besitzt im
kristallisirten Zustande die nemliche Zusammensetzung wie der Oxaläther.
(Laurent.)
Auf diesem von Laurent angegebenen Wege erhielt Bromeis eine im
Aeufsern der eben beschriebenen ganz ähnliche Säure, doch von abwei-
chender Zusammensetzung. Sie schmilzt nicht wie diese bei 130° C. (Lau-
rent) , sondern erst bei 145° C.
Nach 2 Analysen ihres Silbersalzes ist das Aequivalent der wasser-
freien Säure nach Bromeis 1886, nach dem Barytsalz 1800.
100 Theile der wasserhaltigen Säure enthalten:
Gefunden. Berechnet.
Kohlenstoff 50,25 — 50,79
Wasserstoff 7,06 — 6,50
Sauerstoff 42,69 — 42,71
100,00 100,00
Hieraus ergiebt sich für die Zusammensetzung dieser Säure folgende For-
mel: C14 H18 0? -+- 2aq, und verglichen mit der Pimelinsäure entsteht sie
aus dieser, indem in zwei Atomen derselben 1 Aeq. Wasserstoff ersetzt
wird durch 1 Aeq. Sauerstoff. (Bromeis.)
Lipinsäure .
Die Lipinsäure kristallisirt in verlängerten , stumpf zugespitzten Blätt-
chen, sie sind gewöhnlich in Gruppen vereinigt, unter welchen man ein-
zelne dickere, unregelmäfsige , abgerundete Kristalle findet, die man von
den andern trennt.
Die Lipinsäure ist in Wasser löslicher als die beschriebenen andern
Säuren, sie löst sich in Aether und Alkohol, und kristallisirt aus letzte-
rem in besonderer Schönheit. Beim Erhitzen schmilzt und verflüchtigt sich
die Lipinsäure und erstarrt nach dem Erkalten zu einer faserigen Masse.
Während dem Erkalten setzen sich auf den festgewordenen Theilen schöne
rechtwinkliche Nadeln an. In einer Retorte erhitzt, destillirt sie unver-
Azoleinsäure. 977
ändere über, in dem oberen Theile des Gefäfses sublimirt sie in langen
Nadeln.
Wird die kristallisirte Säure allmäblig erhitzt , so verliert sie Wasser
und schmilzt bei 140 — 145°. Der Dampf , den sie verbreitet , ist erstickend
und reizt zum Husten.
Das lipinsaure Ammoniak kristailisirt in Nadeln; Chlorbarium, -Stron-
tium und -Calcium werden durch seine Auflösung anfänglich nicht gefällt,
nach einiger Zeit bildeu sich aber in den Mischungen Kristalle. Es giebt
mit Mangan- und Bittererdesalzen keine Niederschläge. Eisen-, Kupfer-
und Silbersalze werden davon gefällt. 100 Theile Lipinsäure enthalten
im kristallisirten Zustande sublimirt
Kohlenstoff 41,15 — 46,59
Wasserstoff 5,50 — 4,39
Sauerstoff 53,35 - — 49,12
Für die Zusammensetzung der ersteren entwickelt hieraus Laurent die
Formel Cs H8 Os , für die der sublimirten die Formel Cs H6 04.
Sie ist ganz auf demselben Wege von derselben Form erhalten, doch
nicht näher untersucht und besitzt in ihrem Aeufsern die gröfste Aehnlich-
keit mit der Oxalsäure, von welcher sich bei diesem ganzen Procefs übri-
gens keine Spur bildet. ( Bromeis.~)
Azoleinsäure.
Die ölige Flüssigkeit, welche auf der Salpetersäure bei der Behand-
lung des Olivenöls mit Salpetersäure schwimmend zurückbleibt, zeigt bei
der Destillation für sich eine Zersetzung unter Schwärzung; gegen das
Ende hin sublimirt eine welfse, wenig schmelzbare pulvrige Substanz.
Wird der ölige Rückstand mit Alkohol und Schwefelsäure gekocht, so
erhält man eine Aethyloxidverbindung der Azoleinsäure. Durch Zersetzung
derselben mittelst einer weingeistigen Auflösung von Kali und Zusatz von
Salzsäure scheidet sich Azoleinsäure ab; sie ist flüssig und ölartig, un-
löslich in Wasser, löslich in kochender Salpetersäure und daraus fällbar
durch Wasser, durch sehr langes Kochen damit wird sie in eine lösliche
kristallisirbare Säure verwandelt.
Obwohl kein Grund vorhanden ist, diese Säure für rein anzusehen, so
hat Laurent nichtsdestoweniger ihre Zusammensetzung bestimmt. Sie ent-
hielt in 100 Theilen:
Kohlenstoff 63,68
Wasserstoff 10,71
Sauerstoff 25,61
100,00
Hieraus entwickelt Laurent die Formel C13 Ha6 04.
Das auf der Salpetersäure zurückbleibende Oel ist nach dem Waschen
mit Wasser ganz klar, ziemlich dünnflüssig und von äufserst intensiv feit—
term Geschmack. Es besteht aus mehrern fetten Säuren , wovon sich eine
nur, mit Alkohol gelinde erwärmt und längere Zeit stehen gelassen, sehr
leicht ätherificirt, welches schneller vor sich ‘geht bei Zusatz von wenig
Schwefelsäure. Das Destillat dieser alkoholischen Flüssigkeit trübt sich
bei Zusatz von Wasser und scheidet eine geringe Menge eines entschieden
nach buttersaurem Aethyloxid riechenden sehr flüchtigen ätherartigen Kör-
pers aus, der bei Zusatz von mehr Schwefelsäure durch gewöhnlichen
Schwefeläther verunreinigt ist. Er zeigt destillirt und über geschmolzenes
Chlorcalcium gestellt eine constaote Zusammensetzung, die sich jedoch mit
der von Laurent in der Azoleinsäure angegebenen bis jetzt nicht vereini-
gen läfst. Hat man bei der Destillation der alkoholischen Auflösung ein
wenig einer unorganischen Säure zugesetzt, so schwärzt sich der Rück-
stand in der Retorte. Hat man Schwefelsäure zugesetzt, so bekommt man
zuletzt deutlich Schwefeläther, Aetherin und schwefelige Säure. 0 Bromeis.')
978 Oel- und Elaidinsäure , Verhalten gegen Alkalien.
r
Bei Digestion gleicher Gewichtstheile Oelsäure und Salpetersäure ent-
steht nach Laurent unter andern Produkten Oenanthsäure. Wird nach
2 — 3 Stunden die Salpetersäure von dem ungelösten Theil der fetten Säu-
ren abgegossen , die letzteren mit Wasser ausgewaschen , dann in Alkohol
gelöst, der Auflösung ihr halbes Gewicht Alkohol zugesetzt und eine Zeit-
lang in einer Retorte im Sieden erhalten, so verwandeln sich die fetten
Säuren in Aethyloxidverbindungen. Der hierbei überdestillirende Alkohol
trübt sich bei Wasserzusatz, es scheidet sich ein Ölartiger Körper aus,
welcher den Geruch und die Eigenschalten des Önanthsauren Aethylpxids
besitzt, für was ihn Laurent auch hält. Allein die Zusammensetzung dieser
Materie weicht von der des önanthsauren Aethyloxids ab, und da der
Buttersäure-Aether, so wie die Aetherarten, welche die Säuren in dem
Ricinusöl bilden, den Geruch und die Eigenschaften des Oenanthäthers
ebenfalls besitzen , so bleibt die Entstehung der Oenanthsäure auf diesem
Wege zweifelhaft. (Bromeis). Buttersäure und Pimelinsäure unterschei-
den sich von einander durch 1 Aeq. Wasserstoff, was die erstere mehr
enthält.
Verhalten der Oel - und Elaidinsäure bei Berührung mit Alkalien
in hohen Temperaturen.
Wenn man Oelsäure- oder Elaidinsäurehydrat mit dem dreifachen Vo-
lum einer starken Lauge von Aetzkali unter beständigem Umrühren in
einer Silberschale bis zu dem Zeitpunkte erhitzt, wo das Wasser entfernt
ist und das Kalihydrat zu schmelzen beginnt, so bemerkt man ein starkes
Aufblühen, verursacht durch eine Entwickelung von reinem Wasserstoff-
gas. Das Freiwerden von Wasserstoffgas beweist auf eine evidente Weise,
dafs in dieser Operation Wasser zersetzt wird, dessen Sauerstoff zu den
Bestandtheilen der Oelsäure tritt. Unterbricht man bei diesem Zeitpunkte
die Operation, so hat. man eine brauogelbe Masse, welche eine neue aus
der Oelsäure entstandene fette Säure und eine beträchtliche Menge Essig-
säure enthält. Uebergiefst mau die Masse mit wenig kaltem Wasser, so
löst sich das freie Kali, so wie das cssigsaure Kali auf, und die Verbin-
dung der neuen Säure mit Kali begiebt sich auf die Oberfläche der alkali-
schen Lauge, in der sie nur bei einem gewissen Grade der Verdünnung
mit Wasser löslich ist. Man kann auf diese Weise den gröfsten Theil des
Alkali’s von der entstandenen Seife entfernen. Diese Lauge giebt, mit
etwas Schwefelsäure im Ueberschufs versetzt und destillirt, eine reichliche
Quantität von Essigsäure. Die obenaufschwimmende Seife wird alsdann
in reinem Wasser gelöst und zur weiteren Reinigung wiederholt durch
Zusatz von Kochsalz zu dieser Auflösung abgeschieden.
Durch verdünnte Salz- oder Weinsäure scheidet man zuletzt die fette
Säure vom Kali, und reinigt sie durch wiederholte Kristallisationen aus
Alkohol. Sie kristallisirt aus Alkohol in feinen glänzendvveifsen Nadeln,
welche bei 02° schmelzen und nach dem Erkalten grobblätterig kristalli-
nisch erstarren; sie fühlt sich trocken wie Talgsäuro an, und läfst sich in
einem Mörser zu Pulver zerreiben.
Die Elaidinsäure liefert, auf die nemliche Weise behandelt, eine in
ihren Eigenschaften und Zusammensetzung identische Materie.
Varrentrapp , weicher diese Säure entdeckte und einer Untersuchung
unterwarf, erhielt bei der Analyse 75,3 bis 75,5 Kohlenstoff und 12,2
Wasserstoff. Das Silbersalz dieser Säure enthielt 31,3 — 31,63 Silber-
oxid, wroraus sich für ihr Atomgewicht die Zahl 3162 berechnet. Hieraus
entwickelt sich folgende Formel für die Zusammensetzung des Hydrates
dieser Säure:
32 At. Kohlenstoff 2445 — 75,69
63 — Wasserstoff 386 — 11,97
4 — Sauerstoff 400 — 12,34
100,00
3231
II i ein säuren.
1)79
Die wasserfreie Säure ist hiernach C3a H60 04 , das Silbersalz C59 H60 Oä
-f- AgO. Der Formel nach unterscheidet sich diese Säure von der von
Fremy und Stenhouse entdeckten Palmitinsäure durch 2 At. Wasserstoff,
den die letztere mehr enthält.
Das Natronsalz dieser Säure stellt, aus Alkohol kristailisirfc, ein sei-
denglänzendes sehr feinschuppiges Pulver dar, in 6 Th. Wasser gelöst
bildet es einen zähen durchsichtigen Seifenieim. Das Silbersalz ist blen-
dend weifs , sehr locker und etwas gallertartig, wenn es aus kalten Lö-
sungen gefällt ist; aus heifsen Flüssigkeiten scheidet es sich körnig kri-
stallinisch ab.
Wenn man von der Formel der Oelsäure, so wie sie von Varren-
trapp festgestellt worden ist, die Formel der eben beschriebenen neuen
Säure abzieht, so bleibt Kohlenstoff und Wasserstoff in dem nemlichen
Verhältnils wie im Radikal der Essigsäure.
1 At. Oelsäure C44 H78 04
ab 1 At. der neuen Säure C32 H60 05
- bieibt ^CialJ^ O oder 3(C4 H6) 0.
Beim Hinzutreten von 8 Atomen Sauerstoff aus 8 Atomen Wasser müssen
hierbei 3 Atome Essigsäure 3(C4 H6) -j- 90 gebildet und 8 Aeq. Wasser-
stoffgas abgeschieden werden.
Die Entwickelung der Entstehung dieser Säure aus Elaidinsäure stellt
sich in einer nicht minder einfachen Form dar. Ein Atom Elaidinsäure
und 7 At. Sauerstoff enthalten die Elemente von 2 Atomen der neuen
Säure und 2 At. Essigsäure.
1 At. Elaidinsäure C:2 HI3a Oj ) _ ( 2 At. der neuen Säure C64 Hia0 06
7 — Sauerstoff 0f > ( 2 — Essigsäure C8 Hn 06
0?* Hl32 0i2 C?a H152 012
Ri c in säure n.
Durch Zersetzung von Ricinusölseife mit Mineralsäuren oder Wein-
säure erhält man ein Gemenge von zwei fetten Säuren, von denen die
eine fest und kristallisirbar ist, während die andere eine ölartige Beschaf-
fenheit besitzt. Dieses Gemenge ist bei gewöhnlicher Temperatur flüssig,
von rothgelber Farbe, geruchlos, von sehr scharfem Geschmack. Sich
selbst überlassen trübt es sich und es scheidet sich daraus eine kristalli-
nische Materie in geringer Menge aus, welche, zwischen Papier geprefst
und durch Kristallisation aus Alkohol gereinigt, perlmutterglänzende, ge-
ruch- und geschmacklose Blättchen darstellt, welche in ihrem Ansehen
der Fettsäure ähnlich sind. Diese Substanz, welche Bussy und Lecanu
mit Margaritinsäure bezeichnen, schmilzt erst bei 130°, kommt bei einer
höheren Temperatur ins Sieden, wobei sie zersetzt wird. Sie verbindet
sich mit den Alkalien zu seifenartigen Salzen, und mit Magnesia zu einer
in Alkohol unlöslichen Verbindung. Sie enthält in 100 Th. 70,50 Koh-
lenstoff, 10,81 — 11,00 — 10 Wasserstoff und. 18,69 — 18,50 — 18,60
Sauerstoff ( Bussy Lecanu), welches Verhältnils Laurent durch die
Formel C5S H63 06 ausdrückt. Die Sättigungscapacität dieser Säure ist
unbekannt.
Die ölartige fette Säure, von welcher man die Margaritinsäure ge-
trennt hat, wird bei —6° fest; es ist eine eigentümliche Säure, fähig
mit Basen Salze zu bilden, welche sich durch ihre Löslichkeit in Alkohol
auszeichnen; ihre Eigenschaften, Zusammensetzung und Verhalten sind
unbekannt.
Destillationsprodukte des Ricinusüls siehe Verhalten der fetten Oele
bei der Destillation.
Palminsäure , Palmin , siehe Verhalten der fetten Oele gegen salpe-
trig© Säure.
980
Natürliche Fett arten.
Anhang' zu Ricinussäure.
Ricinusöl (Ol. Ricini, Palmae Christi, de Kernet). Aus den Samen
von Ricinus communis L. durch Auspressen zu erhalten. Blafsgelbes,
fast weifses (oft im Handel braun vorkommendes), zähes, dickflüssiges
Oel. Geruchlos und von mildem Geschmack. Spec. Gewicht 0,954. In
der Kälte erstarrt es langsam. Besteht aus leicht schmelzbarem Stearin
(Margarin) und Elain, von anderer Zusammensetzung als die der übrigen
fetten Oele. Das ganze Oel besteht nach Saussure aus 74,18 Kohlenstoff,
11,03 Wasserstoff und 14,79 Sauerstoff. Ist also eins der sauerstoffreich-
sten Fette. Wird bald rancid und nimmt dann einen äufserst scharfen,
kratzenden Geschmack an, der im Schlunde lange auhält. Hierbei und bei
der Verseifung, so wie bei der trocknen Destillation (wobei sich ein eigen-
thümlicher Geruch entwickelt) bilden sich die S. 979 erwähnten eigenthiim-
lichen Säuren. Trocknet langsam an der Luft aus. Mit salpetriger Säure
und kaltbereiteter Quecksilbersolution wird es, obwohl sehr langsam, fest
und in eine von Elaidin verschiedene Substanz verwandelt. — Das Ri-
cinusöl ist mit absolutem Alkohol und Aether in jedem Verhältnifs misch-
bar. Mit gebrannter Magnesia läfst sich ihm die Schärfe nehmen. — Seine
Verfälschung mit einem andern fetten Oel läfst sich leicht entdecken, wenn
man es mit gleichen Theilen absolutem Weingeist schüttelt, wo sich nichts
ausscheiden darf. Soll auch zuweilen mit Crotonöl verfälscht Vorkommen.
Der äufserst scharfe Geschmack, und wenn es hellgelb ist, auch der scharfe
Dunst, den es beim Erwärmen entwickelt, so wie seine heftige purgirende
Eigenschaft und die geringere Löslichkeit in Alkohol, zeigen diese Ver-
unreinigung an. — Wird innerlich, als Laxirmittel, gegen deu Bandwurm
u. s. w. , gegeben. — lieber sogenanntes künstliches Ricinusöl s. Magaz.
für Pharmac. Bd. 7. S. 59.
Anhang.
ln der Natur vorkommende Fellarten*
Unter fetten Körpern begreift man im Allgemeinen eine Klasse von
Verbindungen, welche organische Säuren enthalten in Verbindung mit
Glyceryloxid. Sie stellen eine eigentümliche Art von Salzen dar, welche
künstlich noch nicht hervorgebracht werden konnten. In den animalischen
Körpern finden sie sich vorzüglich häufig in dem Zellgewebe ; im Pflanzen-
reich in dem Samen, Samenlappen und in dem den Samen umgebenden
Fleische (Oliven) 5 sehr selten in der Wurzel ( Cyperus esculentus ). Im
flüssigen oder geschmolzenen Zustande durchdringen sie Papier und Zeuge
und machen es durchscheinend. Diese Flecken verschwinden nicht durch
Liegen an der Luft. Sie werden durch Säuren , Alkalien und Metalloxide
zerlegt; durch erstere, insofern sie sich des Glyceryloxids bemächtigen
oder dasselbe, zerstören ; durch die Alkalien, indem diese sich mit den orga-
nischen Säuren verbinden und Glyceryloxid abscheiden, was sich in dein
Moment des Freiwerdens mit Wasser zu Glyceryloxidhydrat verbindet.
Die letztere Zersetzungsweise hat man früher für einen eigentümli-
chen Zersetzungsprocefs gehalten und Verseifung , Verseifung sprocefs ge-
nannt, bis Chevreul durch eine Reihe bewundernswürdiger Untersuchungen
den wahren Vorgang aufkiärte und seine Aehnlichkeit mit den gewöhnli-
chen Zersetzungsweisen der Salze nachwies.
Die am häufigsten vorkommeuden Fettarten sind Verbindungen des
Glyceryloxids mit Talgsäure, Margarin- und Oelsäure; sie finden sich stets
gemengt mit einander in den mannigfaltigsten Verhältnissen. Bis jetzt hat
man keine einzelne dieser Verbindungen, ohne von einer andern begleitet
zu sej n, in der organischen Natur angetroffen.
981
*
Natürliche Fettarte n.
Wie sich aus den Eigenschaften des taigsauren Glyceryloxids, was
wir Stearin , des margarinsauren Gly ceryloxids , was wir Margarin, und
des ölsauren Glyceryloxids , was wir Olein in dem Folgenden nennen
wollen, von selbst ergiebig so ist der Zustand dieser Gemenge je nach
dem Vorwalten der einen oder andern dieser Verbindungen verschieden.
Die bei gewöhnlicher Temperatur festen Gemenge heifsen Talgarten , sie
enthalten Stearin oder Margarin in überwiegender Menge? die flüssigen
Verbindungen heifsen fette Oele, in diesen ist das Olein vorherrschend;
zwischen beiden stehen die Schmalz arten, welche bei gewöhnlicher Tem-
peratur eine weiche und salbenartige Beschaffenheit haben.
Gewöhnlich sind die fetten Körper geruchlos; bei allen , welche sich
durch einen eigentümlichen Geruch vor den andern auszeichnen , ist von
Chevreul bewiesen wordea, dafs derselbe abhängig ist von der Beimi-
schung einer Glyceryloxidverbindung einer eigentümlichen flüchtigen
Säure; diels ist namentlich der Fall bei der Butter, dem Bockstalg und
den Thranarten; ihre Eigenschaften sind bei der Buttersäure , Hircin-
und Delphinsäure angegeben worden.
Die Talgarten schmelzen ohne Ausnahme leichter als die Säure oder
das Säuregemenge , welches sie enthalten; in der Kälte werden sie här-
ter; im etwas erwärmten Zustande zwischen Papier oder Tuch einem
starken Druck unterworfen , läfst sich ein grofser Theil des Oleins davon
trennen. Der auf diese Weise behandelte Talg ist weniger schmierig.,
fester, härter und minder leicht schmelzbar.
Die fetten Oele verhalten sich in niederen Temperaturen den Talgarten
vollkommen ähnlich; die kriställisirbaren festen Verbindungen, die sie in
Olein gelöst enthalten , scheiden sich entweder rein oder mit Olein ver*
bunden aus; sie werden in hohen Kältegraden fest oder erhalten die Con*
sistenz der Schmalzarten. Im festen oder weichen Zustande geprefst läfst
sich das Olein , als das Auflösungsmittel , wie eine Mutterlauge eines Sal-
zes ^ von den festgewordenen Theilen trennen, und diese behalten alsdann
bei gewöhnlicher Temperatur ihren festen Zustand bei. Auf diesem me-
chanischen Wege gelingt es, alle fetten Oele in Gemenge von kristallisir-
baren Glyceryloxid Verbindungen und in flüssigbleibende Verbindungen zu
trennen.
Die erhaltenen festen Verbindungen schmelzen bei verschiedenen
Wärmegraden, und diese Verschiedenheit wird bei übrigens grofser Aehn-
lichlceit in den äufseren Eigenschaften entweder durch beigemengtes Olein
bedingt, oder es sind chemische Verbindungen in bestimmten Verhältnissen
von Olein mit Margarin oder Stearin. Diels ist namentlich bei dem kri-
stallisirbaren Bestandtheil des Olivenöls und dem festen Theil der Cacao-
butter, wie von Velouze und Bouäet bewiesen worden, der Fall.
Die Oele trennen sich durch ihr Verhalten an der Luft, gegen salpe-
trige Salpetersäure oder gegen salpetersaures Quecksilberoxidul in zwei
wohl unterschiedene Klassen.
Die eine dieser Klassen umfafst die sogenannten trocknenden Oele ,
die andern heifsen eigentliche fette Oele. Die trocknenden Oele besitzen
die Fähigkeit, Sauerstoff mit grofser Begierde aus der Luft anzuziehen
und sich damit zu eigenthümlichen Verbindungen zu vereinigen, welche
keine ölartige Beschaffenheit mehr besitzen; sie stellen feste, zähe, durch-
scheinende, in dünnen Lagen durchsichtige Massen dar, welche zum grofsen
Theil in Wasser, Alkohol und Aether unlöslich sind.
Bei der Veränderung, welche durch die Sauerstoffaufuahme bewirkt
wird, bemerkt man keine Wasserbildung und die Abscheidung einer ver-
liältnifsmäfsig nur geringen Quantität Kohlensäure. Mit salpetersaurem
Quecksilberoxid in Berührung werden sie nicht in Elaidin verwandelt, d. h.
sie werden nicht verdickt oder fest.
Ueber die chemische Constitution dieser Verbindungen weifs man höchst
wenig, die einzige Analogie, die sie mit den eigentlichen Fetten darbieten,
besteht darin, dafs sie durch Alkalien verseift werden, dafs die wässerige
98$ Wirkung der Wärme auf fette Körper,
Flüssigkeit einen Gehalt von Glyceryloxid erhält und sich ein alkalisches
Salz von mehrentheils weicher, salbenartiger Beschaffenheit bildet. Die
Säure dieser Salze durch andere Säuren abgeschieden , besitzt eine ölartige
Beschaffenheit , allein ihre Zusammensetzung und ihr Verhalten weicht we-
sentlich von der eigentlichen Oelsäure ab. Sie läfst sich nicht in Elaidin-
säure verwandeln, und erleidet au der Luft durch die Einwirkung des
Sauerstoffs eine ähnliche Veränderung, wie sie das trocknende Oel, aus
dem sie erhalten worden , für sich erfährt. Manche dieser trocknenden
Oele halten Margarin Oder Stearin in Auflösung, die sich bei niederen
Temperatur-Graden daraus absetzen. Von diesen Stoffen rührt ohne Zwei-
fel die Bildung von Margarin- oder Talgsäure her , die mau neben der er-
wähnten eigentümlichen Oelsäure als ßestandfcheil ihrer Seifen findet.
Die fetten Körper in dem Zustande, wie sie aus Theilen von Thieren
oder Vegetabilien erhalten wurden, sind höchst selten rein, sie enthalten
eingemengtes Zellgewebe, vegetabilischen Eiweifsstoff oder Schleim. Die
Beimischungen erteilen den fetten Körpern die Fähigkeit , beim Zutritt i
der Luft eine eigentümliche Zersetzung zu erleiden, wobei sich unter
andern Produkten ein flüchtiger, widrig schmeckender Körper bildet von
sauren Eigenschaften. Mit Ranzigiverden bezeichnet man diese Verän-
derung.
Die beigemeugten fremden Materien wirken auf die Fette bei dem i
Ranzigwerden in einer ähnlichen Weise, wie das Ferment bei der Gäh-
rung zuckerhaltiger Flüssigkeiten; die Veränderung, die es für sich er-
fährt, veranlafst eine Trennung der talg-, margarin- und ölsauren Ver-
bindung, es werden die fetten Säuren in Freiheit gesetzt und Glyceryl-
oxidhydrat entweder für sich abgeschieden (wie beim Palmöl) oder es
wird ebenfalls zersetzt, wie bei den meisten andern Fettarten. Die neu-
gebildeten Produkte, welche das Rauzigwerden bedingen, entstehen dem-
nach auf Kosten der Bestandteile des Glj'ceryloxids und der fremden
Stoffe durch die Einwirkung des Sauerstoffs. Reines Stearin, Margarin
oder Olein ist dem Ranzigwerden nicht unterworfen, und die Fette, deren
Gemengtheile sie sind, werden um so weniger leicht ranzig, je weniger
fremde Beimischungen sie enthalten. Durch Auskochen mit Wasser und
Behandlung mit sehr geringen Mengen alkalischer Flüssigkeiten in der Kälte
wird das übelriechende und -schmeckende Produkt des Ranzigwerdens
hin weggenommen.
Wirkling der Wärme auf die fetten Körper ♦
Durch die Einwirkung der Wärme erleiden die fetten Körper eine sehr
merkwürdige Veränderung.
Beim anhaltenden Erhitzen zum Sieden entwickeln die fetten Körper
kohlensaures Gas, begleitet von geringen Mengen brennbarer Gase und
einem flüchtigen, äufserst durchdringend riechenden, die Augen zu Thrä-
nen reizenden Körper, Akrolein ; sie färben sich dunkler und nehmen beim
Erkalten eine weiche, oft salbenartige Beschaffenheit an.
Bei den trocknenden Oelen verändert sich damit ihre Löslichkeit in
Alkohol, Aether, fetten und flüchtigen Oelen, sie werden terpentinähnlich
und dick, sie erleiden in diesem Zustande, der Luft ausgesetzt, bei wei-
tem schneller die Veränderung, welche das Oel für sich erfährt (Oel-
firnisse).
Bei den fetten Oelen, die man eine Zeitlang einer ihrem Siedpunkt
nahen Temperatur ausgesetzt hat, bemerkt man häufig nach dem Erkalten
bei gewöhnlicher Temperatur Ausscheidungen von kristallinischen fetten
Säuren. Bei den festen Fetten, den Talgarten, tritt der umgekehrte Fall
ein; eine Zeitlang zum Sieden erhitzt, sind sie nach dem Erkalten wei-
cher, als sie vorher waren, und schmelzen jetzt bei niederen Wärme-
graden.
Eben so merkwürdig ist dus Verhalten der Fette bei der trocknen
Destillation.
Wirkung der Wärme auf fette Körper.
983
Die fetten Oele kommen weit über dem Schmelzpunkte des Blei’s ins
Sieden. Bei dieser hohen Temperatur wird das Giyceryloxid , dem alle
Flüchtigkeit abgeht, zersetzt; man erhält neben den Produkten, die hier-
aus hervorgehen, die freigewordenen fetten Säuren und ihre Zersetzungs-
produkte. Es entwickeln sich geringe Mengen kühlensaures und brenn-
bares Gas und das oben erwähnte flüchtige, durchdringend riechende
Produkt.
Die Beschaffenheit der übergehenden Produkte ist je nach der Dauer
der Destillation verschieden. Wenn das übergegangene Produkt dem Vo-
lumen nach die Hälfte oder % des Oels beträgt, was man der Destillation
unterworfen hat, so bleibt ein dunkelbrau» oder schwarz gefärbter Rück-
stand, welcher halbfest oder weich is?, in der Kälte fester und elastisch
wird: er löst sich in Alkalien zu einer schäumenden Flüssigkeit auf, wel-
che keine Margarin- oder Talgsäure enthält.
Die erste Hälfte des übergehenden Destillats ist bei gewöhnlicher
, Temperatur weich, von der Consistenz der Butter; das zuletzt kommende
ist flüssiger. Je langsamer die Destillation vorgenommen wurde, d. h. je
niedriger die Temperatur war, bei der sie vor sich ging, desto fester ist
das erhaltene Destillat. Das Destillat besitzt einen höchst durchdringenden
Geruch, der von einem andern, nach ranzigem Fett, begleitet ist. Durch
Schmelzen und Kochen mit Wasser lassen sich beide hinwegnehmen. Das
Wasser nimmt damit eine saure Reaction an, und erhält die Fähigkeit,
essigsaures Bleioxid in weifsen Flocken za fällen.
Die erste Hälfte des Destillats löst sich in wässerigen Alkalien voll-
kommen auf und liefert eine feste weifse Seife; die letzten Produkte hin-
terlassen bei der Behandlung mit Alkalien ein flüchtiges farbloses Oel.
Werden die bei gewöhnlicher Temperatur festen Fette der Destillation
unterworfen, so sind die flüchtigen Produkte identisch mit den aus den
fetten Oelen erhaltenen. Die sich verdichtenden Produkte werden bei ge-
wöhnlicher Temperatur fest, aber sie besitzen stets eine weichere Beschaf-
fenheit als der Talg, aus dem sie erhalten wurden. Die schnellere oder
langsamere Destillation, d. h. die höhere oder niedere Temperatur, zeigt
auch hierauf einigen Einflufs. Gegen Alkalien verhält sich dieses Destillat
ähnlich wie das von fetten Oelen; es besteht grofsentheils aus fetten Säu-
ren, denen ein flüchtiges Oel beigemischt ist, was mit Alkalien keine Ver-
bindung eingebt. Die letzten Produkte dieser Destillation enthalten am
meisten von diesem Oel, die ersten sind frei davon.
Unterwirft man die festgewordene Masse einem starken Druck, so
werden die flüssigen Theile davon getrennt und man behält eine feste
Masse, die 36 — 45 p. c. des Talgs ausmacht.
Wie aus dem Vorhergehenden sich ergiebt, besitzen die Produkte der
Destillation flüssiger und fester Oele eine verschiedene Beschaffenheit; die
flüssigen Fette, die Oele, liefern ein festes oder weiches Produkt, die
festen Fette oder Talgarten geben ein Produkt von minder fester Beschaf-
fenheit, als sie vorher besafsen.
In beiden findet sich eine feste und eine flüssige, der Oelsäure in
ihren Eigenschaften ähnliche Säure. In der Menge, in welcher man die
erstere aus den Produkten der Zersetzung der festen Fette erhält, war
sie vorher nicht darin nachweisbar, alle Talgsäure, welche einen Haupt-
bestandteil vor der Destillation ausmachte , ist nach derselben ver-
schwunden.
Die andern Produkte der Destillation fetter Körper sind Fettsäure
und eine höchst durchdringend riechende, die Augen heftig reizende, höchst
flüchtige Substanz, welche die Gase begleitet und den flüssigen Produkten
beigemischt ist. Berzelius hat diese Substanz mit dem Namen Akrolein
bezeichnet, sie ist in reinem Zustande noch nicht dargestellt. Werden,
b«i der Destillation von Schweineschmalz oder Olivenöl, die flüchtigeren
Produkte in mehreren wohl abgekühltrn , mit Wasser halb gefüllten Fla-
schen aufgefangen , so findet sich in der Sten und 3ten Flasche das meiste
984
Wirkung der Wärme auf fette Körper.
Akrolein ; auf dem darin enthaltenen Wasser schwimmt eine ölartige Flüs-
sigkeit; welche eine grofse Menge davon enthält; allein auch iD ’ero
Wasser ist eine beträchtliche Portion gelöst. Schüttelt man das auf-
schwimmende flüchtige Oel mit seinem zwanzigfachen Volum Wasser; so
verschwindet der gröfste Theil davon und das Wasser erhält den Geruch
des Akroleins. Wird das aufschwimmende Oel getrennt und die klare
wässerige Auflösung im Wasserbade der Destillation unterworfen; so geht,
lange vor dern Siedpunkt des Wassers (öS0); eine ölartige, wieder in
Wasser lösliche Materie über; welche den furchtbaren Geruch des Akro-
leins im höchsten Grade besitzt. Diese Materie ist ausgezeichnet durch
die Leichtigkeit, mit der sie Sauerstoff aus der Luft anzieht, wobei sie
eine saure Keaction annimmt; sie läfst sich selbst in hermetisch verschlos-
senen Gefäfsen nicht ohne Zersetzung aufbewahren, sondern sie geht nach
und nach in einen weifsen flockigen Körper über , welcher im trocknen
Zustande nicht die geringste Aehnlichkeit mit Fetten besitzt, er ist ge-
schmack- und geruchlos, in Aether, WTasser, Schwefelkohlenstoff, fetten
und flüchtigen Oelen, Säuren und alkalischen Laugen völlig unlöslich und
unzersetzbar, und wird kaum durch schmelzendes Kalihydrat verändert.
Die nemliche Veränderung erleidet das Akrolein beim Aufbewahren in sei-
ner wässerigen Auflösung. Setzt man der frischen wässerigen Akrolein-
lösung Kalilauge zu, so färbt sie sich braun; bringt man Akrolein in
Aether, welcher mit Ammoniakgas gesättigt ist, so verschwindet augen-
blicklich sein Geruch, es entsteht ein vveifser Niederschlag einer Ammo-
niakverbindung, aus der sich das Akrolein nicht mehr darstellen läfst.
Keine der bis jetzt bekannten fetten Säuren liefert, wenn sie in rei-
nem Zustande destillirt werden, die kleinste Spur von diesem Akrolein;
es bleibt deshalb nichts anderes übrig, als die Entstehung desselben von
einer Zersetzung des Glyceryloxids abzuleiten, aus dem man in der That
bei der Destillation im Hydratzustaude diesen riechenden Stoff erhält.
Keine der bis jetzt bekannten kristallisirbaren fetten Säuren liefert bei
trockner Destillation Fettsäure, oder, wenn man will, ein Destillat, was
eine in Wasser lösliche kristallisirbare , Bleisalze in weifsen Flocken fäl-
lende Säure enthält; wohl aber entsteht Fettsäure durch Destillation von
allen Oelsäuren und allen Fetten, welche Oelsäure enthalten.
Das Auftreten des Akroleins bei Destillation irgend eines Fettes kann
als strenger Beweis für die Gegenwart einer Glyceryloxidverbindung, und
das Auftreten der Fettsäure bei derselben Operation als Beweis für die
Gegenwart einer Oelsäure angesehen werden. Nur das Ricinusöl macht in
Beziehung auf die Fettsäure die einzige bekannte Ausnahme.
Die feste kristallisirbare, in dem Destillationsprodukt des Ochsen-,
Hammeltalgs, Schweineschmalz, Olivenöl, Mohnöl, Leinöl und Mandelöl
enthaltene fette Säure ist Maryarinsäure.
Das Ricinusöl, ausgezeichnet von allen andern fetten Oelen durch seine
grofse Löslichkeit in Alkohol, giebt bei seiner trocknen Destillation eben
so abweichende Produkte. Es siedet bei 265°, wobei sich Akrolein ent-
wickelt und flüssige Produkte übergehen, welche im Anfang aus einem
flüchtigen in Alkalien unlöslichen , zuletzt in fetten Säuren bestehen , wel-
che mit Alkalien lösliche Seifen bilden. Wenn etwa % von dem Volumen
des Ricinusöls an Produkten abgegangen ist, so erstarrt plötzlich die Masse
in der Retorte zu einer schwammigen, elastischen, gelben, nach Behand-
lung mit Alkohol zerreiblichen, in der Hitze, ohne zu schmelzen, sich
zersetzenden Substanz, welche sich weder in fetten und flüchtigen Oelen,
noch in Aether, Alkohol, Wasser und Säuren löst. Nur in- kaustischen
Alkalien ist es in der Wärme löslich zu seifenartigen Gemischen, welche
bei Zusatz von Säuren eine zähe, in Wasser unlösliche, in Alkohol leichc
lösliche Substanz fallen lassen , die alle Eigenschaften einer Säure besitzt.
Unterwirft man die flüchtigen Produkte der Zersetzung des Ricinusöls
durch den Einflufs der Wärme einer Destillation mit Wasser, so erhält
man ein Gemenge mehrerer flüchtigen Substanzen, in Gestalt eines färb-
O e 1 g a s.
985
losen Oels, von eigentümlichem Geruch und ätherischem , hintennach
scl.arfem Geschmack; dieses Oelgemenge siedet fiir sich bei 100° bei stets
steigender Temperatur , es ist mischbar mit Alkohol und Aether. Bei einer
Temperatur von — 5° längere Zeit sich selbst überlassen , erstarrt es zu
einer kristallinischen Masse, welche beim Pressen zwischen Papier ein
flüssigbleibendes Oel abgiebt, während ein fester weifser kristallinischer
Rückstand bleibt, welcher, in warmem Alkohol oder Aether gelöst, nach
dem Erkalten in feinen Flocken kristallisirt. Dieser kristallinische Körper,
von welchem Bussy und Lecanu nicht bemerken, ob er mit Wasser noch
destiilbar ist, schmilzt bei 37 — 40° und erstarrt nach dem Erkalten zu
einer harten, glänzenden, brüchigen, klingenden Masse; Aether löst ins
Sieden % seines Gewichts, er löst sich in Eisessig und wird durch Kalium
zersetzt. In Schwefelsäure und Salpetersäure werden die Kristalle flüssig,
ohne sich aufzulösen.
Unterwirft man das von den flüchtigen Theilen befreite Produkt der
Destillation des Ricinusöls einer zweiten Destillation für sich, so geht im
Anfang eine feste weifse butterartige Substanz von sauren Eigenschaften
über, die, durch Pressen zwischen Papier von dem flüssigen Theil befreit,
bei 22° schmilzt und in höherer Temperatur ohne Zersetzung sich ver-
flüchtigt. Diese Säure ist in Alkohol und Aether löslich und daraus kri-
stallisirbar, sie verbindet sich mit den Basen zu seifenartigen Salzen, ihre
Verbindung mit Bittereide ist ausgezeichnet durch die Leichtigkeit, mii
welcher sie aus ihrer alkoholischen Auflösung kristallisirt. Die Sättigungs-
capacität dieser Säure ist nicht bekannt, sio gab bei der Analyse 73,56
Kohlenstoff, 9,86 Wasserstoff und 16,58 Sauerstoff. Diese feste Säure
ist begleitet von einer ölartigen [Elaiodin$äure~) , deren Eigenschaften sehr
wenig erforscht sind.
Philosophenöl (Ol. philo sophor um) , aus fettem Oel durch trockne De-
stillation zu erhalten. Man tränkt Ziegelpulver mit Baumöl oder einem
andern fetten Oel, setzt wohl auch noch Kalk zu und destillirt. — Ein
hell- oder dunkelbraunes, etwas dickflüssiges, stinkendes Oel; reagirfc
sauer. Enthält aufser Paraffin, Eupion und Kreosot, viel Oel- und Mar-
garinsäure, Fettsäure und Essigsäure. — Wird in der Thierarzneikunde
verwendet. — Durch wiederholte Rectifikation wird es in ein fast wasser-
lielles, sehr durchdringend riechendes Oel; reich an Eupion, umgewandeit,
welches nach Büchner, innerlich genommen, giftige Eigenschaften (von
Kreosotgehalt) besitzt.
Oelgas .
Treibt man die Dämpfe von fetten Körpern durch glühende Röhren,
oder läfst man sie im geschmolzenen Zustande tropfenweise in glühende
Gefäfse fallen , so werden sie vollständig zersetzt. Mit Hinterlassung
eines sehr geringen Rückstandes an Kohle zerfallen sie gänzlich in luft-
fÖrmige und bei niederer Temperatur flüssige Produkte, die auf der einen
Seite aus Kohlenoxid- und auf der andern aus Kohlenwasserstoffverbin-
dungen bestehen. Auf dieser Zersetzungsweise beruht die Anwendung
sehr geringer Sorten fetter Oele; zur Gasbeleuchtung namentlich werden
in England hierzu Stockfischthran und Abfälle von andern fetten Materien,
die zu anderweitigem Gebrauch kaum mehr dienen können, benutzt. Das
Verfahren der Oelgasbereitung ist von Taylor erfunden und in Anwendung
gebracht worden
Der Apparat, welcher hiezu benutzt wird, ist sehr einfach. Er be-
steht aus einem Cylinder von Gufseisen, in welchen man in schwach glü-
hendem Zustande das in Gas zu verwandelnde Oel fliefsen läfst; um die
zersetzende Oberfläche des Cyiinders zu vermehren, ist derselbe mit
Steinen oder gewöhnlich mit Coaks locker angefüllt; an dem einen Ende
des Cyiinders fliefst das Oel ein , es verdampft in dem glühenden Raume
Geiger’ s Phnrnutcie. L ( 5 ie Aufl. ) 63
986
O e 1 g* a s.
und der Dampf wird zersetzt, indem er durch die ganze Lange des Cy-
linders streicht. Eine Bohre an dem entgegengesetzten Ende des Cylinders
führt das Gas durch ein mit Oel angefülltes Gefäfs, worin sich das nicht
in Gas verwandelte Oel verdichtet; aus diesem Gefäfs wird es ohne wei-
tere Reinigung in einen Gasbehälter geleitet , aus dem es durch Röhren an
die Orte geführt wird, wo es zur Beleuchtung dieuen soll. Die Produkte
der Zersetzung der fetten Körper auf dem angegebenen Wege sind je
nach der Temperatur höchst verschieden. Bei mäfsiger Rothglühhitze wird
das Oel beinahe ohne Rückstand in Kohlenoxid, ölbildendes Gas, dampf-
förmige höchst flüchtige Kohlenwasserstoffverbindungen , Sumpfgas und ge-
ringe Mengen von freiem Wasserstoffgas zersetzt, bei höheren Tempera-
turen setzt sich mehr Kohle ab, die Menge des ölbildenden Gases und der
dampfförmigen Kohlenwasserstoffe nimmt ab, die Menge des Sumpfgases
nimmt zu, wodurch sich die Leuchtkraft des Gases vermindert.
Das specifisclie Gewicht der Gase steht in umgekehrtem Verhältnifs
zu der Temperatur, bei der sie erzeugt worden sind, es wechselt von
1,110 bis 0,464. Dasjenige, was zur Beleuchtung am vorteilhaftesten
befunden wurde, ist 0,900. 100 Vol. eines Gases der letzteren Qualität
bedurften zur Verbrennung 160 Vol. Sauerstoff und bestanden aus 38 Vol.,
die durch Chlor condensirt wurden (ölbildendes Ga* oder demselben ähn-
liche Verbindungen), 46 Vol. Sumpfgas, 9,5 Vol Kohlenoxid, 3 Vol. Was-
serstoffgas und 3 Vol. Stickstoff. Die Leuchtkraft des Oelgases von 0,900
spec. Gewicht ist nahe die doppelte des besten Steinkohlengases von 0,600
spec. Gew\ (aus Cannelkohle) , sie beträgt das drei- bis drei und einhalb-
fache, verglichen mit dem Steinkohlengase aus gewöhnlicher Backkohle.
Als Mittel, um dampfförmige Kohlen wasserstofl’verbindungen den gasför-
migen Produkten der trocknen Destillation fetter und anderer Materien zu
entziehen, kann mit Vortheil conceutrirte Schwefelsäure oder Olivenöl
angew'endet werden, die sich damit beide verbinden und eine Condensation
zu Wege bringen QFaraday^). 100 Vol. Oelgas verminderten sich, mit
concentrirter Schwefelsäure in Berührung, um 22, 76 Vol., die man von
den obigen 38 Vol. abzuziehen hat, um das Volumen des beigemischten
ölbildenden Gases zu bekommen.
Für eine gleiche Menge Licht ergeben sich folgende Wertho für Oel,
was in einer wohlconstruirten Lampe mit coustantem Oel-Niveau gebrannt
wird, Steinkohlengas und Oelgas:
Dauer der Beleuchtung. Verbrauch.
1 Stunde 43 Grammen Oel.
do. 106 — 1 10 Litres *) Steinkohlengas.
do. 28 — 30 Litres Oelgas.
Der Verbrauch des Steinkohlengases beträgt für die Böhrenöffnungen
der gewöhnlichen Gasflammen 138 Litres, für Oelgas 38 Litres auf die
Stunde. Die damit erzeugten Lichtmengen stehen zu einer Oelflamme (Ar-
gand’sche Lampe mit consfantem Oelniveau), wrelche 42 Grrn. Oel in einer
Stunde verbraucht, in dem Verhältnifs wie 127 : 100. Eine Gasflamme
dieser Art besitzt die Leuchtkraft von 12 Talgkerzen (6 auf das ££ ) und
von 9 Wachskerzen (5 auf das Die Röhren, aus denen das Gas
herausströmt und brennt, besitzen die Form von Argand’schen Lampen;
die Oeffnung, in welcher bei diesen der Docht eingelassen wird, ist durch
einen Ring von Stahl geschlossen, der mit sehr feinen Löchern durch-
bohrt ist.
1 Kilogramm Oel giebt im Durchschnitt 830 Litres Gas. Da nun 42
Grm. Oel dieselbe Lichtmenge erzeugen, wie im Mittel 29 Litres Oelgas,
so entsprechen diese 830 Litres Gas 1202 Grm. Oel. Es bedarf mithin 1202
Grm. Oel in Lampen gebrannt, um denselben Effect hervorzubringen, wie
1000 Grm. Oel, was in Form von Gas gebracht worden ist. Es stellt sich
*) i Litre m % Darmstädter Maas.
987
Kohlenwasserstoff aus Oelgas.
demnach bei der Verwandlung des Oels in Gas ein Gewinn an Leuchtkraft
in dem Verhältnifs wie 1000 : 1202 heraus; dieser Gewinn ist aber nur
für sehr wenige Orte grofs genug, um die Kosten der Darstellung (Auf-
wand an Feuer-Meterial etc., Interessen des Kapitals) zu decken- er be
ruht ausschliefslich auf dem Unterschied der Preise der zur Gasgewinnung
angewandten und zur Beleuchtung in Lampen dienenden Oele (Dumas
Traite de Chimie I. p. 640 etc.) v
Die im Vorhergehenden erwähnten dampfförmigen Kohlenwasserstoff-
Verbindungen sind von der verschiedensten Beschaffenheit. Versuche di©
man m London angestellt hatte, um zusammengeprefstes Oelgas in trag-
baren Gasbehältern zur Beleuchtung zu benutzen, gaben Faraday zur
Entdeckung von wenigstens drei, bestimmt durch ihren Zustand und ihre
Flüchtigkeit von einander verschiedenen Kohlenwasserstoffverbindungen
Veranlassung.
Aus 1000 Kubikfuis Oelgas condensiren sich, wenn sie bis auf V,
ihres Volumens bei gewöhnlichem Luftdruck zusammengeprefst werden
etwa 4 Litres (2 Darmstädter Maas) flüchtige Flüssigkeiten. Setzt man
dieselben einer sehr gelinden Wärme aus, welche 35 — 36° nicht überstei-
gen darf, und leitet man den sich bildenden Dampf durch eine bis —18° er-
kältete Röhre, so verdichtet er sich zu einer leichtbeweglichen Flüssig-
keit, die über dieser Temperatur wieder Gaszustand 'annimmt, sie besteht
aus doppelt condensirtem Kohlenwasserstoff.
Die fortgesetzte Destillation erfordert, um den Rückstand im Sieden
zu erhalten, höhere Temperaturen. Von der Wärme der Hand steigt der
Siedpunkt zuletzt bis auf 120°. Zwischen 80 bis 87° hält sich der Sied-
punkt am längsten unverändert; wird das bei diesen Temperaturen erhal-
tene Destillat in eine Kältemischung gebracht, so erstarrt ein grofser Theil
davon zu einer weifsen kristallinischen Masse, von der man eine ein^e-
mcngte Flüssigkeit durch Abgiefsen und Pressen zwischen Fliefspapier be-
freien kann. Diese Substanz ist reines Benzol (s. S. 676).
Das flüssige Oel, aus welchem das Benzol sich abgesetzt hat, besitzt
den nemlichen Siedpunkt wie das Benzol, allein es läfst sich bis auf —18°
abkühleu ohne zu erstarren, bei 15,5° besitzt es in flüssigem Zustand ein
spec. Gewicht von 0,86, im Gaszustand von 2,96; nach seiner Gewin-
nungsweise ist es bei — 18° mit Benzol, was darin löslich ist, gesättigt«
was einige Ungewifsheit über seine Zusammensetzung läfst. Faraday er-
hielt beider Analyse Wasserstoff und KohlenstofF in dem Verhältnifs wie
1 : 8,764. Da nun das Benzol diese beiden Elemente in dem Verhältnifs
wm 1 : 12 enthält und eine Beimischung desselben den Kohlenstoffgehalfc
des Oels vergröfsern mufste , so ist es höchst wahrscheinlich , dafs es beide
Bestandteile zu gleichen Aequivalenten (1 : 6), also in dem Verhältnifs
wie m dem olbildendeu Gas enthält. Durch sein Verhalten gegen concen-
tnrte Schwefelsäure unterscheidet sich dieser Körper wesentlich von dem
Benzol, die Schwefelsäure wird unter Erhitzung schwarz und es scheidet
eich eine gelbe leichtere Flüssigkeit ab , die von Schwefelsäure bei ge-
wöhnlicher Temperatur keine Veränderung mehr erfährt.
Das Destillat, welches bei 93,3° überging, enthielt Wasserstoff und
Kohlenstoff im Verhältnifs wie 1 : 9,17; bei 98,9°
beide — — 1 : 8,91 ; bei 104,4°
— — — — 1 : 8,46.
Das J>ei niedrigen und den höchsten Siedpunkten abgeschiedene Pro-
dukt nähert sich in seiner Zusammensetzung dem ölbildenden Gas. Die
an Kohlenstoff reichsten Produkte liegen in Hinsicht auf ihre Flüchtigkeit
m der Mitte zwischen beiden. Alle diese Produkte widerstehen der Ein-
wirkung von Alkalien und werden von Schwefelsäure heftig angegriffen.
Was die flüchtigsten Produkte betrifft, so beobachtete Faraday , dafs
nre bei 10—15° gebildeten Dämpfe eine Materie enthalten, die, in einen
kü- ~1?° aI)gek,illltea Ballon geleitet, sich zu Nadeln verdichtet, welche
Dei 14 bis — 13° wieder verschwinden.
988
Sch wefelbalsam.
Vierfach verdichteter Kohlenwasserstoff.
Das flüchtigste Produkt der Zersetzung von fetten Oelen in der Glüh-
hitze besitzt die nemliche Zusammensetzung wie das ölbildende Gas und
unterscheidet sich von diesem bei gewöhnlicher Temperatur dadurch , dafs
es in 1 Yol. die doppelte Menge Kohlenstoff und Wasserstoff enthält.
Bei — 18° stellt dieser Kohlenwasserstoff eine farblose, äufserst leicht
bewegliche Flüssigkeit dar, von 0,627 spec. Gewicht bei 12° im flüssigen
und 1,9607 im Gaszustande. Bei 0° besitzt er die Beschaffenheit eines
permanenten Gases, er ist leicht entzündlich und brennt mit hellleuchten-
der Flamme, wird von Wasser, alkalischen und sauren Flüssigkeiten in
geringer Menge, reichlich in Alkohol aufgenommen. Olivenöl absorbirt
sein Ofaches, concentrirte Schwefelsäure nahe ihr lOOfaches Volum; die
Säure erhitzt und schwärzt sich, ohne übrigens schwefelige Säure zu
entwickeln, Zusatz von Wasser verursacht Trübung ohne Gasentwicke-
lung. Mit Chlorgas vereinigt er sich zu einer dem Oel der holländischen
Chemiker in seiner Zusammensetzung und Eigenschaften , bis auf den Ge-
schmack, welcher hintenuach bitter ist, gleichen Verbindung; aber mit
einem Ueberschufs von Chlor dem Sonnenlichte ausgesetzt, wird er nicht
in anderthalb CJilorkohleustoff, sondern in eine zähe Flüssigkeit verwan-
delt, welche Chlor, Kohlenstoff und Wasserstoff enthält.
Verhalten der fetten Körper gegen einfache Körper.
Die Wirkung des Sauerstoffs auf die flüssigen und festen Fette ist
S. 981 erwähnt worden.
Die trocknenden und eigentlichen fetten Oele lösen in der Wärme
Schwefel auf, wobei sich, wenn die Temperatur sehr hoch steigt, mei-
stens Schwefelwasserstoffgas entwickelt; geschieht die Auflösung bei ge-
linder Wärme, so scheidet sich beim Erkalten ein Theil des Schwefels
wieder ab; im ersteren Fall, wo eine Zersetzung des Oels stattgefunden
bat, findet diese Abscheidung nicht statt. Eine Verbindung von Schwefel
mit Leinöl, verdünnt mit Terpentinöl, wird in der Arzneikunde unter dem
Namen Schwefelbalsam angevvendet.
Schwefelbalsam . ( Oleum Lini sulphuratum. Corpus pro
balsamo sulphuris.)
§. 190. Zur Darstellung dieser Verbindung wird Leinöl
bis zum schwachen Sieden in einem irdenen Gefäfse erhitzt
und nach und nach unter schwachem Umrühren y4 seines
Gewichtes Schwefel in kleinen Portionen zugesetzt; wobei
Vorsicht angewendet werden mufs, um Entzündung zu verhüten. Mit
einem gut schliefsenden Deckel lälst sich die Flamme des brennenden Oels
leicht ersticken.
Bei vollkommener Auflösung des Schwefels erhält man
nach dem Erkalten eine dicke, klebende, gelatinöse Masse
von dunkelbrauner Farbe und widerlichem Geruch.
Ein Theil dieser Masse in zwei Theilen Terpentinöl ge-
löst, giebt das schwefelhallige Terpentinöl ( Balsamus sul-
phuris lerebinlhinalusj : es dient zum äufseren Gebrauche.
Wird statt des Terpentinöls Anisöl genommen , so erhält man
das schwefelhaltige Anisöl (Oleum Anisi sulphuratum , Bal-
samus sulphuris anisatusj , welches zum inneren Gebrauche
dient.
989
Verhalten der Fette gegen Säuren.
Die Verbindung des Schwefels mit Leinöl giebt in siedendem Alkohol
Schwefel und unverändertes Oel ab , und hinterläfst eine Substanz von
dunklerer Farbe und stärkerer Consisteuz. Sie wird durch Alkalien nicht
verändert und ist in Aether uud Oelen löslich. An der Luft wird diese
Schwefelverbindung härter und elastisch, sie verliert damit ihre Löslich-
keit in Aether. Die nemliche Veränderung erleidet ihre Auflösung in fet-
ten Oelen. Dem Lichte ausgesetzt wird sie gebleicht. Der trocknen De-
stillation ausgesetzt bleibt zuletzt eine schwarze poröse Masse, welche
44,66 Schwefel und 55,34 Kohlenstoff enthält, was einer Verbindung von
3 At. Kohlenstoff mit 1 At. Schwefel nahe entspricht. Durch Behandlung
mit Aether färbt sie sich, und hinterläfst nach dem Verdampfen schwarze
glänzende Blättchen. ( [Radig .)
Die fetten Oele lö?en in der Hitze das Selen , die Auflösung desselben
in Olivenöl ist im durchfallenden Lichte pomeranzengelb, im reflectirten
blafsroth und opalisirend, bei gewöhnlicher Temperatur ist sie salbenartig,
sie wird im Moment des Gesteh ens farblos und besitzt keinen Geruch.
C Berzelius .)
Die fetten Körper lösen Phosphor, wiewohl in geringer Menge; 100
Theile Mandel-, Mohn- und Olivenöl lösen nach Buchholz in der Kälte
2,8, bei 100° 4 Theile Phosphor. Zum Lösen des Phosphors in den Oelen
wirft man denselben in ganzen Stücken in die Oele, welche in einem ver-
schliefsbaren Gefälse bis zur Siedhitze des Wassers mehrere Stunden da-
mit erwärmt werden. Durch häufiges Schütteln wird die Auflösung be-
schleunigt; nach dem Erkalten trennt man die Flüssigkeit von dem abge-
schiedenen oder ungelösten Phosphor und bewahrt sie vor der Luft ge-
schützt auf. Eine gesättigte Auflösung von Phosphor in Olivenöl enthält
etwa 4 p. c. Phosphor, unter dem Namen Vkuile phosphoree wird sie in
Frankreich in der Medicin augewendet.
Die phosphorhaltige Pomade (_ Pommade phosphoree ) wird aus Phos-
phor und Schweinefett bereitet. In einen bis zum Schmelzpunkte des
Phosphors erwärmten Mörser bringt man 1 Theil Phosphor und so viel
Schweinefett, dafs derselbe nach dem Schmelzen davon bedeckt wird.
Durch anhaltendes Reiben wird derselbe in dem Oel aufs sorgfältigste
vertheilt, man setzt alsdann so viel Schweinefett hinzu, dafs die Quantität
desselben 50 Th. beträgt. Man kann das Ganze nun in einer Schale bis
auf 100° erhitzen, wo aller Phosphor verschwindet. Während dem Er-
kalten wird durch beständige Bewegung die Abscheidung des Phosphors in
gröfseren Massen verhindert.
Die phosphorhaltigen Fet,te leuchten im Dunkeln, diese Eigenschaft
wird durch Zusatz von Terpentinöl und andern flüchtigen Oelen augen-
blicklich vernichtet.
Chlor und Brom üben auf alle fetten Körper einen zersetzenden Ein-
flufs aus, es wird Chlor- oder ßroinwasserstoffsäure gebildet, welche ent-
weicht, und es entsteht eine Chlor- und Brom Verbindung, sie sind bis jetzt
nicht näher untersucht.
lod löst sich in den meisten Fetten unter brauner Färbung auf, die
sich nach einiger Zeit verliert.
Verhalten der Fette gegen Säuren.
Durch die Einwirkung der Schwefelsäure auf die fetten Körper tritt
Zersetzung ein. Ist die Menge der Schwefelsäure gering, so erstreckt
sich die Zersetzung auf eine Trennung des Glyceryloxids , was sich mit
der Schwefelsäure verbindet ( acide sulfoadipique^ , von den damit ver-
bundenen fetten Säuren. Talg und Schweineschmalz, welche mit % Schwe-
felsäurehydrat gemischt werden , geben eine röthliche Verbindung, die mit
siedendem Wasser ausgewaschen ein Gemenge von Talg- und Oelsäure
hinterläfst. Bei mehr Schwefelsäure entstehen bei fetten Oelen sehr merk-
990
Schwefelsäure und fette Oele.
würdige Veränderungen, welche in Beziehung auf Olivenöl von Fremy
einer Untersuchung unterworfen worden sind.
Produkte der Einwirkung des Schwefelsäurehydrats auf fette Oele.
Riiböl, Mandelöl und Olivenöl lassen sich mit Schwefelsäurehydrat,
wenn es in kleinen Portionen zugesetzt wird, in jedem Verhaltnifs mi-
schen , es entstehen hierbei Verbindungen besonderer Art, die man früher
saure Seifen nannte, indem sie sich bei einem gewissen Verhältnifs Schwe-
felsäure in Wasser lösen.
Läfst man zu Olivenöl, nach Fremy, bei niederer Temperatur und
Vermeidung aller Erhitzung, nach und nach tropfenweise sein halbes Vo-
lum Schwefelsäurehydrat unter beständigem Uinruhren zufliefsen, so wird
das ölsaure Glyceryloxid und das margarinsaure Glyceryloxid , welche die
Bestandtheile des Olivenöls ausmachen, zersetzt. Eine Portion Schwefel-
säure verbindet sich mit dem Glyceryloxid zu saurem schwefelsauretn
Glyceryloxid, eine andere vereinigt sich mit Oelsäure und Margarinsaure
zu schwefelsaurer Oel- und Margarinsaure. Die Mischung färbt sich
schwach, wird dickflüssig und zähe. Wenn sie 24 Stunden sich selbst
überlassen und mit ihrem doppelten Volum kaltem Wasser vermischt wird,
so tritt eine Scheidung ein. Schwefelsäure Margarin- und Oelsäure sind
beide in verdünnter Schwefelsäure nicht löslich, und begeben sich deshalb,
wenn nicht zuviel Wasser zugesetzt wurde, auf die Oberfläche der Mi-
schung, wo sie sich in Gestalt eines Syrups sammeln; die darunter schwim-
mende sehr saure Flüssigkeit enthält freie Schwefelsäure und schwefel-
saures Glyceryloxid.
Wenn das aufschwimmende Gemenge von schwefelsaurer Margarin-
und Oelsäure mit wenig Wasser gewaschen , sodann mit mehr Wasser zu-
sammengebracht wird, so löst sich alles auf. Die Auflösung besitzt einen
sauren öligen, hinteunach bitteru Geschmack, sie kanu mit Alkalien ohne
Fällung neutralisirt werden und diese Mischungen geben mit audern Me-
tallsalzeu Niederschläge, welche unlöslich in Wasser, schwcrlöslich in
Alkohol sind.
Die schwefelsaure Margarinsaure ist bis jetzt nicht von der schwefel-
sanren Oelsäure getrennt worden.
Bildung und Darstellung der Metamar garin- , Hydromaryaritin-,
Hy dromar garin- , Meto lein- und Hy dr Oleinsäure.
Das Gemenge von schwefelsaurer Margarin- und schwefelsaurer Oel-
säure erleidet fär sich eine Zersetzung, wenn sie in wässeriger Auflösung
sich selbst überlassen bleiben. Diese Zersetzung erfolgt augenblicklich
durch Sieden der wässerigen Lösung; in beiden Fällen sind die erhaltenen
Produkte verschieden von einander.
Bei dieser Metamorphose trennt sich die Schwefelsäure von der Mar-
garin- und Oelsäure, und aus jeder von beiden letzteren entstehen zwei
neue in ihren Eigenschaften von einander abweichende Verbindungen.
Aus der Margarinsaure entsteht Metamargarin- und Hydromargari-
tinsäure.
Aus der Oelsäure entsteht Metolein- und Hydr Oleinsäure.
Geschieht die Zersetzung der wässerigen Auflösung bei Siedhitze, so
scheiden sich auf der Oberfläche der Flüssigkeit die vier so eben genann-
ten Säureu in Form einer Oelschicht ab. Durch Behandlung derselben mit
heifsem Alkohol lost sich eine Verbindung von Metamargarinsäure und
Hydromargaritinsäure sowie Hydroleiusäure auf, es bleibt die Metolein-
säure grofsentheils ungelöst. Beim Erkalten der alkoholischen Auflösung
kristallisirt die Verbindung von Metamargarin- und Hydromargaritinsäure
aus und Hydroleinsäure bleibt gelöst. Die Verbindung der beiden ersten
Metamarga rinsäure.
991
Spuren besitzt alle Eigenschaften einer eigentümlichen Säure , sie können
durch Lösungsmittel nicht von einander geschieden werden und bilden mit
Basen eine besondere Reihe von Salzen. Fremy gab ihr dieses eigen-
tümlichen Verhaltens wegen den Namen Hydromargarinsäure.
Wird das Gemenge von schwefelsaurer Margarin- und Oelsäure bei
gewöhnlicher Temperatur in Wasser gelöst und sich selbst überlassen , so
scheidet sich sehr bald ein Gemenge von Metamargarinsäure mit Metolein-
säure ab, während Hydromargaritinsäure gelöst bleibt.
Wird diese Lösung , d. h. die Verbindung dieser beiden Säuren, mit
Schwefelsäure zum Sieden erhitzt, so trennen sie sich von der Schwefel-
säure und begeben sich in geschmolzenem Zustande auf die Oberfläche der
heifsen Flüssigkeit.
Zur Darstellung und Scheidung der Metamargarin- und Metoleinsäure
unterwirft man das Gemenge dieser beiden Säuren , was sich aus der Auf-
lösung der schwefelsauren Margarin- und Oelsäure in kaltem Wasser
beim ruhigen Stehen abgeschieden hat, einem starken Drucke zwischen
Fliefspapier und erhitzt die rückbleibende feste Masse mit Weingeist von
36° B. Die Metamargarinsüure löst sich darin mit Leichtigkeit auf, wäh-
rend von diesem Lösungsmittel nur wenig Metoleinsäure ausgenommen wird.
Die beim Abdampfen und Erkalten erhaltenen Kristalle der Metamargarin-
säure werden durch weitere Behandlung und Kristallisation aus Alkohol
rein und frei von Metoleinsäure erhalten. i
Der Metoleinsäure entzieht man die aufgelöste Metamargarinsäure durch
mehrmalige Behandlung mit heifsem Alkohol und Aussetzen einer Tempe-
ratur von mehreren Graden unter 0°, wo sich die letzten Spuren der Me-
tamargarinsäure absetzen.
Die Trennung der Hydromargaritiu- von der Hydroleinsäure läfst sich
noch leichter bewerkstelligen; die erstere ist nemlich in kaltem Alkohol
sehr wenig löslich, während die letztere beinahe in allen Verhältnissen
davon aufgenommen wird.
Man vertheilt deshalb das Gemenge beider Säuren , was mau beim
Kochen der Flüssigkeit erhält, aus der sich keine Metamargarin- und
Metoleinsäure mehr abgesetzt hat, in kaltem Weingeist und wäscht sie
damit so lange aus, bis die ablaufende Flüssigkeit nichts Oeliges mehr
hinterläfst; die letzten Spuren von Hydroleiusäure trennt inan von dein
Rückstände, indem man ihn mehrmals aus heifsem Alkohol kristallisiren
läfst. Die zuletzt erhaltenen Kristalle sind reine Hydromargaritiusäure.
Die Hydroleinsäure schlägt man durch Zusatz von Wasser aus ihren
weingeistigen Auflösungen nieder und befreit sie durch Aussetzen einer
niederen Temperatur von der gelösten Hydromargaritinsäure , die sich in
diesem Falle kristallinisch abscheidet.
Metamargarinsäure.
Symb.: mMr H- 3aq. Bildung und Darstellung s. das Vorhergehende.
Eigenschaften : Beim Erkalten der geschmolzenen Metamargarinsäure
erhält man farblose, durchsichtige, verfilzte Nadeln von geringer Härte;
aus Alkohol und Aether kristallisirt sie in warzigen Kristallen oder in
glänzenden glimmerähnlichen Blättchen. Sie ist unlöslich iu Wasser, lös-
lich in Alkohol und Aether ; sie schmilzt und gestellt bei 50° zu einer
durchscheinenden Masse. Für sich der Destillation unterworfen verflüch-
tigt sie sich unter Zeichen von Zersetzung.
Die Metamargarinsäure verbindet sich mit Basen zu den metamargarin-
sauren Salzen; mit einem Ueberschufs von Bleioxid zusammengeschmolzcn
verliert sie 3 At. Wasser, welche durch 2 Aeq. Metalloxid ersetzt wer-
den, ein Verhalten, was ungewöhnlich ist. Erhitzt mau Metamargarin-
säure mit etwas überschüssiger Kalilauge, so erhält mau eine durchsichtige
993
Hydro marga rinsäure.
Masse, welche mit Alkohol ausgekocht nach dem Erkalten desselben kör-
nige, ziemlich harte Kristalle liefert.
Nach Fremy ist dieses Salz saures metamargarinsaures Kali, es ist
löslich in heifsem, sehr wenig in kaltem Wasser, leicht in heifsem Wein-
geist; die letztere Lösung röthet die Lackmustinktur, die Röthung ver-
schwindet bei Zusatz von Wasser. Wird die Metamargarinsäure mit einem
grofsen Ueberschufs von Kalilauge behandelt, so erhält man, wenn die
Verbindung mit geringen Quantitäten Alkohol behandelt wird, ein Salz,
welches sich aus seinen Auflösungen stets in Form einer Gallerte absetzt.
Fremy betrachtet es als neutrales Salz.
Löst man das saure metamargarinsaure Kali in Alkohol auf uud setzt
nach und nach geringe Mengen Wasser zu, so schlägt sich reine kalifreie
Metamargarinsäure in perlmutterglänzenden Schuppen nieder.
Eine Auflösung des nemlichen Salzes in 100 Th. Wasser nimmt nach j
einigen Tagen eine alkalische Reaction an, indem sich ein übersaures me-
tamargarinsaures Kali zu Boden setzt. Natron und Ammoniak verhalten
sich gegen die Metamargarinsäure ähnlich wie Kali.
Hydromargaritinsäure.
Symb. : hMt -f- 2aq. Farblose rhombische Prismen von ziemlicher
Härte, leicht in Pulver zu zerreiben und in ihrem Ansehen verschieden
von den fetten Säuren, unlöslich in Wasser, löslich in Aether und Alko-
hol; die Kristalle schmelzen und gestehen bei 08° C. Durch trockne De-
stillation zerlegt sie sich in Wasser und Metamargarinsäure.
Mit den Basen bildet sie die hydromargariünsauren Salze, von denen
die mit alkalischer Basis löslich sind und ein den correspondirenden mefca-
margarinsauren Salzen ähnliches Verhalten zeigen, alle andere hydro-
margaritinsaure Salze sind unlöslich.
Uydromargarinsäure.
Symb. : hMr -f- 2aq. Am einfachsten und reinsten erhält man diese
Säure durch Zusammenschmelzeu von gleichen Atomgewichten der vor-
herbeschriebenen Säuren und Kristallisationen der erhaltenen Masse aus
Alkohol.
Aus conceutrirten alkoholischen Auflösungen erhält man diese Verbin-
dung zuweilen in kleinen, wenig glänzendeu Nadeln, meistens in grofsen
halbkugeligen Massen abgesetzt ; sie ist in Alkohol weit leichter löslich
als die Metamargarin- uud Hydromargaritinsäure, sie schmilzt und gesteht
bei 60° zu einer undurchsichtigen Masse, welche keine Aehnlichkeit mit
den beschriebenen Säuren besitzt. Mit Basen bildet diese Säure eine Reihe
von eigentümlichen Salzen, deren Verhalten im übrigen analog ist dem
Verhalten der metamargarinsauren. Die Verbindungen der Säure mit den
Alkalien sind löslich, die andern unlöslich in Wasser.
Hydroraargarinsaures Kali kristallisirt aus Alkohol in warzigen Kri-
stallen und reagirt in dieser Lösung sauer; in 500 Theilen Alkohol gelöst
scheidet Zusatz von Wasser reine Hydromargarinsäure ab.
Die Hydromargarinsäure wird durch die trockne Destillation in Meta-
margarinsäure verwandelt.
Ueber die Zusammensetzung der Metamargarin- , Hydromarga -
ritin- und Hydromargarinsäure.
Die drei Säuren, welche durch die Einwirkung der Schwefelsäure auf
Olivenöl entstehen, sind von Fremy analysirt worden. Das Resultat die-
ser Analysen ist folgendes :
Hydromargaritinsäure.
993
Metamar gar insäure.
Kristallisirte Säure.
Wasserfreie Säure.
I.
II.
I.
II.
III.
Kohlenstoff
74,906
— 75,2
— 78,6
— 78,6
— 77,6
Wasserstoff
12,650
— 12,7
— 12,9
— 13,3
— 13,4
Sauerstoff
12,444
- 12,1
— 8,5
- 8,1
— 9,0
100,000
— 100,0
— 100,0
— 100,0
— 100,0
Die als wasserfrei angenommene Säure wurde in ihrer Verbindung mit
Blei- und Silberoxid analysirt.
Hieraus entwickelt Fremy, mit Zugrundelegung der Analyse des sau-
ren Kalisalzes, eine theoretische Zusammensetzung, welche, um Bruch-
zahlen zu vermeiden, die nach den Regeln der Proportionen unzulässig
sind, doppelt genommen die folgende ist:
Wasserhaltige Säure :
70 At. Kohlenstoff 5350,450 — 75,109
140 — Wasserstoff 773,565 — 12,263
9 — Sau erst off 900,000 — 13,639
1 At. Matamargarinsäure 7124,015 — 100,000
Wasserfreie Säure in dem Blei- und Silbersalz:
70 At. Kohlenstoff 5350,450 — 78,840
134 — Wasserstoff 836,126 — 12,320
6 — Sauerstoff 600,000 — 8,840
1 At. Säure 6786,576 — - 100,000
Nach dieser Formel neutralisirt 1 At. Metamargarinsäure 2 At. Basis und
sie gehört zu den zweibasiseben Säuren. Die Formel C3i Hro 041/2 wäre
demnach der Ausdruck für 1 Aequivalent Säure.
Wie man leicht bemerkt, entfernt sich der Wasserstoffgehalt in dem
theoretischen Resultat in dem Grade von dem des direkten Versuches, dafs
das erstere ohne weitere Bestätigung nicht angenommen werden kann.
Nach der Formel C3S II6? 03 , welche 1 Aeq. wasserfreie Säure be-
zeichnet, sollten sich 3393,3 Metamargarinsäure verbinden mit einem Atom
Silber- oder Bleioxid. Nach den von Fremy angestellten Analysen ist das
Atomgewicht der mit beiden Oxiden verbundenen Säure
in dem Bleisalz in dem Silbersalz
I. II.
4460,.. 3644 — 3403
Nach der Bestimmung des Kaligehaltes in dem sauren metamargarin-
sauren Kali beträgt die Quantität der mit 1 Atom Kali vereinigten Säure
6783.
Nach der Bestimmung des Wassergehaltes der kristallisirten Säure
giebt sie nach Fremy’ s Versuchen 3 Atome Wasser ab, indem sie sich mit
2 Atomen Bleioxid verbindet; nach der Analyse des sauren Kalisalzes sind
darin 3 Atome Wasser ersetzt durch 1 At. Kali, was lauter ungewöhn-
liche Verhältnisse sind.
Hydromargaritinsäure.
Fremy’ s Analyse der kristallisirten Hydromargaritinsäure gab in 100
Th eilen :
kristall. S wasserfreie S.
Kohlenstoff 71,86 — 72,1 — 73,73
Wasserstoff 12,32 — 12,3 — 12,20
Sauerstoff 15,92 — 15,6 — 14,07
100,00
100,00
100,0
994
Hydromargaritinsäure.
Hierauf berechnet Fremy folgende theoretische Zusammensetzung, welche,
um halbe Aequivalenfce zu vermeiden, doppelt genommen ist:
Kristallisirte Säure.
70 At. Kohlenstoff 5350,450 — 71,71
146 — Wasserstoff 911,003 — 12,22
12 — Sauerstoff 1200,000 — 16,07
7461,453 — 100,00
ln der an Basen gebundenen Säure sind zwei Atome Hydratwasser er-
setzt durch 2 Aeq. Metalloxid, sie enthält nach Fremy :
70 At. Kohlenstoff 5350,450 — 73,93
142 — Wasserstoff 886,044 — 12,24
10 — Sauerstoff 1000,000 — 13,83
7236,494 — 100,00
Die üebereinstimmung dieser theoretischen Resultate mit denen der
Versuche ist sehr grofs, nameistlicli hätte darnach die Analyse der was-
serhaltigen Säure mehr Kohlenstoff und die der wasserfreien etwas weni-
ger Wasserstoff gegeben als die Rechnung verlangt.
Nach der angeführten Formel gehört die Hydromargaritinsäure zu den
zweibasischen Säuren, ihr Aequivalent würde durch die Zahl 3618 ent-
sprechend der Formel C5> U72 05 -f- aq zu bezeichnen seyn. Allein nach
der vou Fremy angeführten Analyse des Silbersalzes enthalten 0,31.9 Sil-
bersalz 0,231 wasserfreie Säure, woraus die Aequivalentenzahl der Säure
3809 ist.
Berechnet man hiernach die Zusammensetzung der Säure in dem Sil-
bersalze, so erhält man als theoretisches Resultat:
74 At. Kohlenstoff 5656,19 — 74,62
148 — Wasserstoff 923,48 — 12,19
10 — Sauerstoff 1000,00 — 13,19
7579,67 100,00
Die wasserhaltige Säure würde enthalten :
74 At. Kohlenstoff 5656,19 — 72,47
152 — Wasserstoff 948,44 — 12,15
12 — Sauerstoff 1200,00 — 15,38
7804,63 — 100,00
Wenn man die Zusammensetzung der Hydromargaritinsäure nach die-
ser Formel mit den Zahlen vergleicht, welche durch die Analyse der an
Basen gebundenen Metamargarinsäure erhalten worden sind, so ergiebt
sich eine Art von Zusammenhang zwischen beiden.
Nach Fremy* s Beobachtung kann die Hydromargaritinsäure durch De-
stillation übergeführt werden in Metamargarinsäure, wobei er kein ande-
res Produkt als Wasser bemerkte.
Wenn man nun von der Formel C?* H1S2 Ol2 die Elemente abzieht von
2 At. Kohlensäure und 2 At. Wasser,
H152 012
minus C2 H4 06
so bleiben C:2 H14S 06
Diese Verhältnisse drücken aber genau die Zusammensetzung der wasser-
freien Metamargarinsäure aus, nernlich:
72 At. Kohlenstoff 5503,32 — 78,31
148 — Wasserstoff 923,48 — 13,15
6 — Sauerstoff 600,00 — 8,54
7026,80 —100,00
Wie früher schon angedeutet worden, ist die Analyse der kristalli-
sirten Metamargarinsäure mit einem Fehler behaftet, welcher mit dieser
jede weitere Vergleichung ausschliefst. Was nun zuletzt die Zusammen-
Meta- und Hydromargarinsäure.
995
setzung der Hydromargarinsäure betrifft, die als eine Verbindung der
Hydromargaritinsäure mit Metamargarinsäure angesehen werden mute, so
entspricht die Formel Cr5 H1S0 09 (in 100 Th. 75,25 Kohlenstoff, 12,62
Wasserstoff, 12,13 Sauerstoff) sehr genau der Zusammensetzung der
wasserfreien, und die Formel C?3 H]S4 0X1 (in 100 Th. 73,03 Kohlenstoff,
12,57 Wasserstoff, 14,40 Sauerstoff) derjenigen der wasserhaltigen Säure.
Nimmt man die letztere doppelt = C146 Hä0g 022
und zieht davon ab die Elemente
von 1 At. Metamargarinsäure — C72 IJ143 06 ) __ fi
und 1 At. Hydromargaritinsäure = Cr4 H148 O10 ) ^146 296 Ul6
so bleiben die Elemente von 6 At. Wasser ~ H12 06
Fremy’s Ansicht über die Zusammensetzung dieser Säuren entfernt
sich sehr wesentlich von der so eben entwickelten. Er betrachtet nach
den von ihm gewählten Formeln diese Säuren als entstanden aus Marga-
rinsäure, zu deren Elemente die Elemente von Wasser in einer Form ge-
treten sind, wo sie aufhören abscheidbar durch Basen zu seyn. Als Grund-
lage seiner Schlüsse nimmt er die Formel C?0 H138 08 für den Ausdruck
der Zusammensetzung der Margarinsäure an , gegen deren Richtigkeit die
Analysen von Varrentrapp sprechen. Das Verhalten des Schwefelsäure-
hydrats gegen Oelsäure- und Margarinsäurehydrat gab ihm den ersten
Ausgangspunkt zu einer Erklärung.
Oelsäurehydrat und Schwefelsäurehydrat vereinigen sich nemlich zu
einer in Wasser löslichen Doppelsäure. Margarinsäurehydrat löst sich in
Schwefelsäure, ohne aber eine feste Verbindung damit einzugehen.
Löst man hingegen eine gewisse Menge Margarinsäure in Oelsäure-
hydrat auf und behandelt dieses Gemisch mit Schwefelsäurehydrat, so ver-
einigen sich beide mit der Schwefelsäure zu schwefelsaurer Margarin- und
Oelsäure.
Nach Varrentrapp läfst sich Oelsäurehydrat mit Schwefelsäurehydrat
nicht ohne Schwärzung und Zersetzung vermischen, und nach den Ana-
lysen Miller9 s , angestellt mit den Hydraten der von Fremy entdeckten
und von ihm selbst dargestellten Säuren , weicht ihre Zusammensetzung
von der von Fremy gefundenen ab. Miller erhielt:
Metamargarinsäure. Hydromargaritinsäure. Hydromargarinsäure.
Kohlenstoff 76,21 — 76,23 — 72,73^- 73,83 — 73,54 — 74,00
Wasserstoff 12,86 — 12,59 — 12,25 — 12,32 — 12,30 — 11,66
Sauerstoff 10,93 — 11,18 — 15,02 — 13,85 — 14,16 — 14,34
Die Hydromargaritinsäure schmilzt nach Miller bei 73°, wird aber
erst bei 51° fest. Die Hydromargarinsäure schmilzt bei 70° und erstarrt
bei 51°. Aus der ungewöhnlichen Differenz in dem Schmelz- und Erstar-
rungspunkt läfst sich vermuthen , dafs beide Säuren Gemenge von unglei-
cher Zusammensetzung enthalten. Die Metamargarinsäure schmilzt bei
51,5° C. und erstarrt bei 49° C.
Abgesehen hiervon entsteht nach Fremy die Metamargarinsäure , in-
dem zu 1 At. Margarinsäure die Elemente von 1 At. WTasser treten.
1 At. Margarinsäure Cro Hiss 08
1 At. Wasser H2 0
Metamargarinsäure nach Fremy C70 H140 09
Die Hydromargaritinsäure entsteht auf ähnliche Weise durch Aufnahme
von 4 At. Wasser in die Formel der Margarinsäure.
1 At. Margarinsäure C:o H138 03
4 At. Wasser Hs 04
Fremy’s Formel der Hydromargaritinsäure C70 H146 012
Bei der Bildung der Hydromargarinsäure aus Hydromargarltin - und
Metamargarinsäure würden sich von den Elementen beider die Bestand-
theile eines Atoms Wasser trennen.
996
Metolein- und Hydroleinsäure.
Hydromargaritinsäure Hl46 0lt
Metamargarinsäure ^?o H14Q Q9
^140 H28 6 ^21
minus 1 At. Wasser H2 0
2 At. Hydrouiargarinsäure C140 H284 O20
Diese Entwickelung in der Form, so wie sie von Fremy gegeben ist,
giebt ein deutliches Bild über die Entstehung dieser Säuren und über die
Metamorphosen, die sie durch die Einwirkung der Wärme erfahren; allein
die Analysen können nicht als genügende Begründung dieser Ansicht an-
gesehen werden. Dasselbe gilt von der vorbererwäbuten Ansicht, wel-
cher eine feste Basis in den unbestimmten Atomgewichten mangelt, so wie
sie nemlich aus den Analysen der Salze dieser Säuren sich ergeben haben.
Eine von beiden abweichende Ansicht über die Constitution dieser
Säuren ist von Berzelius aufgestellt worden, er betrachtet sie als ver-
schiedene Oxidationsstufen eines aus Kohlenstoff und Wasserstoff nach der
Formel C3S Hro zusammengesetzten Radikals, was er Piotin nennt, und
man würde in diesen drei Säuren eiue piotinige Säure, Unterpiotinsäure
und Piotinsäure haben. Bezeichnet man dieses Radikal mit 2R, so ist
2R -4- 30 Metamargarinsäure, =r Piotinige Säure,
2R -f- 40 Hydromargarinsäure, = Unterpiotinsäure,
2R -f- 50 Hydromargaritinsäure, =r Piotinsäure.
Die Uebereinstimmung der von Fremy durch die Analyse gefundenen
Zahlen der als wasserfrei betrachteten Säuren, von denen man, wie be-
merkt, allen Grund hat zu glauben, dafs sie sich nur der Wahrheit nä-
hern mit den nach diesen Formeln berechneten, ist überraschend: allein
mit der Annahme dieser Constitution hört alle Einsicht in ihre Metamor-
phosen auf, und noch viel weniger kaun man hieraus Rechenschaft über
ihre Bildung geben; diefs ist aber der eigentliche Zweck einer analytischen
Untersuchung.
Wie wenig die Uobereinstimmung solcher Berechnungen als Maafsstab
für die Beurtheilung eines analytischen Resultates angenommen werden
dürfen , ersieht mau z. B. aus der folgenden Formel für die Hydromarga-
ritinsäure, welche nach derselben als saures margarinsaures Aethyloxid
angesehen werden kann. Die Formel C:4 H1S0 012 giebt in 100 Theilen
Fremy gefunden
Kohlenstoff 72,5 — 72,1
Wasserstoff 12,0 — 12,3
Sauerstoff 15,5 — 15,6
100,00 — 100,00
und sie enthält die Elemente von
1 At. Margarinsäure C70 HJ34 0„
1 — Aether C4 H10 O
3 — Wasser 116 03
1 At. Hydromargaritinsäure = C:4 H1S0 Oi*
Metolein - und Hydroleinsäure.
Beide Säuren werden als Produkte der Metamorphose der Oelsäure
oder des Oleins in dem Olivenöl erhalten, wenn letzteres mit Schwefel-
säurehydrat in Berührung gebracht wird. Die Metoleinsäure bleibt bei der
Darstellung der Metamargarinsäure, wenn das Gemisch beider mit Alkohol
behandelt wird, zum gröfsten Theil ungelöst zurück; durch Kochen mit
frischem Alkohol und Aussetzen einer niederen Temperatur , wo sich die
letzten Spuren Metamargarinsäure in festem Zustande ausscheiden , bleibt
zuletzt reine Metoleinsäure.
Die Hydroleinsäure bleibt bei der Darstellung der Hydromargaritin-
säure im Alkohol gelöst, woraus sie durch Zusatz von Wasser gefällt
Oleen.
997
wird. Wenn man sie lange Zeit einer Temperatur von einigen Graden
unter 0 aussetzt, so scheidet sich die noch gelöste Hydromargaritinsäure
kristallinisch ab.
Metoleinsäure .
Symb. : mOl -4- 2aq.
Die Metoleinsäure stellt eine schwach gelblich gefärbte Flüssigkeit dar,
welche mischbar in allen Verhältnissen mit Aether, unlöslich in Wasser
und sehr schwerlöslich in Alkohol ist. Dieser letztere Charakter unter-
scheidet sie sehr wesentlich von der Oelsäure und Hydroleinsäure.
Durch Destillation wird sie zersetzt in Kohlensäure und einen flüssi-
gen Kohlenwasserstoff. Mit Bleioxid erhitzt verliert die Metoleinsäure 2
Aeq. Wasser. In den übrigen Yerbiudungen der Metoleinsäure mit Basen
wird nach Fremy 1 Aeq. Wasser ersetzt durch 2 Aeq. Basis , ein Ver-
hältnifs, was ungewöhnlich ist; die meisten metoleinsauren Salze sind
saure Salze , die mit alkalischer Basis sind löslich , alle übrigen unlöslich
und schwierig kristallisirbar.
Hydroleinsäure.
Symb. : hOl -f- Saq.
Die Hydroleinsäure ist eine wenig gefärbte ölartige Flüssigkeit, un-
löslich in Wasser, leichtlöslich in Aether und Alkohol, im unreinen Zu-
stande besitzt sie oft einen schwachen aromatischen Geruch.
Mit Bleioxid zusammen erhitzt verliert sie 2 Aeq. Wasser, die übri-
gen salzartigen Verbindungen dieser Säure enthalten 2 Aeq. Metalloxid
und 1 Aeq. Wasser, so dafs mithin nur 1 Aeq. Hydratwasser ersetzt ist
durch die metallische Basis.
Zerset%unysprodukte der Me lolein- und Hydroleinsäure.
Wenn man diese beiden Säuren der Destillation unterwirft, so zer-
legen sie sich in Kohlensäure, in zwei sauerstofffreie Kohlenwasserstoff-
verbindungen, in Elaen und Oleen, und in eine andere ölartige Flüssig-
keit. Oleen und Elaen besitzen eine dem ölbildenden Gase gleiche Zu-
sammensetzung. Sie können von einander durch ihren ungleichen Sied-
punkt getrennt werden. Unterwirft man da.* Produkt der Zersetzung der
beiden Säuren einer neuen Destillation bei 130°, so geheu die beiden
Kohlenwasserstoffverbindungen über, während das beigeinischte dritte öl-
artige Produkt zurückbleibt.
Wenn man nun das Uebergegangene mit etwas Kalilauge von beige-
y mischten fetten Säuren befreit und eine Zeitlang mit groben Stücken Chlor-
calcium in Berührung läfst, so hat man ein reines Gemenge vou Oleen mit
Elaen. Beide können vou einander durch vorsichtige Destillation getrennt
werden. Das Oleen siedet bei 55° und destillirt zuerst über, das Elaen
bleibtim Rückstand; wird dieser eine Zeitlang einer Temperatur von 100®
ausgesetzt und zuletzt über trockues Kalihydrat rectificirt, so wird ihm
das beigemischte dritte ölartige Produkt, was Fremy empyreumatisches
Oel nennt, entzogen.
Oleen.
Farblose, ätherartige Flüssigkeit, leichter als Wasser, von schwach
knoblauchartigem, durchdringendem, ekelhaftem Geruch, sehr entzündlich
mit weifser schwach ins Grünliche spielenden Flamme brennend , kaum
löslich im Wasser, sehr löslich in Alkohol und Aether; es scheint auf den
Organismus eine giftige Wirkung zu haben, indem Vögel seinem Dampf
998
E lae n.
ausgesetzt davon sterben. Der Siedpunkt des reinen Oleens ist 55° , das
spec. Gewicht seines Dampfes nach dem Versuch 2,875.
Elaen.
Farblose, ölartige Flüssigkeit, schwerer wie Wasser, siedet bei 110°,
von ähnlichem Geruch wie Oleen , unlöslich im Wasser , mischbar mit Al-
kohol und Aether. Das spec. Gewicht seines Dampfes ist 4,488 , brennt
mit weifser leuchtender Flamme. Erleidet durch concentrirte Schwefel-
säure keine Veränderung. Verbindet sich mit Chlor unter Entwickelung
von Chlorwasserstoffsäure. Die neue Chlorverbindung ist flüssig und ent-
hält 55,64 Kohlenstoff, 9,04 Wasserstoff, 35 Chlor.
lieber die Zusammensetzung der Metolein - und Hy dr Oleinsäure.
Fremy erhielt durch die Analyse des Metoleinsäurehydrats und des
metoleinsauren Silberoxids folgende Zahlen für ihre Zusammensetzung :
Metoleinsäurehydrat. Metoleinsäure im Silbersalz.
Kohlenstoff 75,8 — 77,2
Wasserstoff 11,9 — 12,2
Sauerstoff 12,3 — 10,6
100,0 100,0
Hieraus berechnet er folgende theoretische Zusammensetzung:
Hydrat.
C70 — *75,9 ;
Hi a8 - 11,3 5
09 — 12,8;
100,0
Wasserfreie Säure.
C:o - 77,3
H126 - 11,3
08 - 11,4
100,0
Der Quantität des Wassers nach, welche aus der Metoleinsäure durch
Behandlung mit Bleioxid abgeschieden wird (2 Atome), würde, wrie man
sieht, das Silbersalz neben 2 Aeq. Silberoxid noch 1 At. AVasser enthal-
ten. Das Atom der wasserfreien Säure w ürde seyn , das Wasseratom
abgezogen, C70 H124 07 = 3412,2. Fremy erhielt aber bei der Analyse
des Silbersalzes auf 213 Säure, 70 Silberoxid, und hiernach berechnet
ist das Aequivalent der Säure 4415. Zieht man hiervon 1 At. Wasser ab,
so bleibt die Zahl 4303, . . , welche stets noch um % höher ist als ffie
Zahl, welche Fremy annimmt.
Berechnet man nach dem Atomgewicht der Säure, so wie es aus dem
Silbersalz erhalten worden , die Zusammensetzung der wasserfreien und
der wasserhaltigen Metoleinsäure, so erhält man
90 At. Kohlenstoff 6879,150 — 76,98
170 At. Wasserstoff 1060,750 — 11,83
10 At. Sauerstoff 1000,000 — 11,19
8939,90Ö”^~TÖ0,00~
Nach diesem Atomgewicht wäre die Metoleinsäure eine zweibasische
Säure , d. h. sie würde in ihren neutralen Salzen sich mit 2 At. Basis
verbinden. Das Hydrat dieser Säure wäre demnach nach der Formel
C90Hir4012, die wasserfreie nach der Formel C90 H170 O10 zusammenge-
setzt. Diese Formeln geben in 100 Theilen
Hydrat.
Kohlenstoff 75,06
Wasserstoff 11,83
Sauerstoff 13,11
100,00
Wasserfreie Säure.
76,98
11,83
11,19
100,00
Diese theoretischen Resultate entfernen sich im Kohlenstoffgehalte sehr
wenig von deneu der directen Versuche; der kleine üeberschufs von Koh-
Elaidin.
990
lenstoff liefse sich voraussehen , indem die Entfernung der letzten Spuren
Metamargarinsäure auf dem befolgten Wege nicht zu erwarten steht.
Nimmt man diese Formel als richtig an , so erklärt sich die Zersetzung
des Metoleinsäurehydrats durch die Einwirkung der Wärme auf eine höchst
einfache Weise; es trennen sich nemlich davon die Elemente von 5 Ato-
men Kohlensäure und 2 At. Wasser, es bleibt in Folge der Abscheidung
derselben ein dem ölbildenden Gase gleich zusammengesetzter Kohlen-
wasserstoff. ,
^90 Hi 74 012
minus C5 H„ Oia = 5COa -h 2HaO
^85 H1?0
Diese Formel kann zwei Kohlenwasserstoffverbindungen ausdrücken,
wovon die eine das Oleen aus CA0 H80, die andere des Elaen aus C4S H90
besteht. Fremy fand nemlich das spec. Gewicht des Dampfes des Elaen
= 4,488 , woraus sich ergiebt, dafs 1 Vol. 4% Vol. (45) Kohlenstoff
auf 9 Vol. (90) Wasserstoff enthält; hiernach erhält man für das berech-
nete spec. Gewicht 4,4117. In der Chlorverbindung, welche das letztere
bildet, würden hiernach 10 At. Wasserstoff ersetzt durch ihre Aequiva-
lente an Chlor, und diese Verbindung würde in 100 Theilen geben
45 At. Kohlenstoff 3439,575 — 55,91
80 At. Wasserstoff 499,180 • — 8,11
10 At. Chlor 3213,25 — 35,98
6152,005 — . 100,00
Nach Fremy enthält diese Verbindung 1 Vol. Elaen 4,5C-f-9H auf 1 Vol.
Chlor, allein die grofse Menge Chlorwasserstoff, die sich bei seiner Bil-
dung entwickelt , ist ein directer Beweis gegen diese Zusammensetzung.
Was die Zusammensetzung der Hydroleinsäure betrifft, so ist sie nach
Fremy
Hjdrat
Kohlenstoff 73,9 — 74,38
Wasserstoff 11,8 — 11,92
Sauerstoff 14,3 — 13,70
100,0 — 100,00 100,0 — 100,00
Hieraus berechnet Fremy die folgende Zusammensetzung, welche dop-
pelt genommen ist, um die halben Aequivalente zu vermeiden.
In den Salzen.
— 75,5 — 75,33
— 12,4 — 11,86
— 12,1 — 12,81
Hjdrat.
Oro — 74,47
Hi3o - 11,63
0,„ — 13,91
100,00
Wasserfreie Säure.
C?0 — 75,9
H122 - 11,3
09 — 12,8
100,0
Man bemerkt leicht, dafs die Analysen mit dem theoretischen Resultat
sehr wenig Uebereinstimmung zeigen. Die wasserfreie Hydroleinsäure
wäre hiernach isomerisch mit der wasserhaltigen Metoleinsäure, und die
Formel C90 Ui:k 012 würde ebensogut die Zusammensetzung der wasser-
freien Hydroleinsäure ausdrücken und ihre Zersetzungsweise durch die
Wärme erklären können. Nach Fremy wird das Aeq. der Säure durch
durch die Zahl 3468,4 ausgedrückt , aber aus seiner Analyse des Blei-
salzes ergiebt sich für 1 Aeq. Säure die Zahl 11254, und der des Silber-
salzes die Zahl 5770, . . . , welche sehr w eit von der angenommenen sich
entfernen.
Verhallen der fetten Körper zu salpetriger Säure.
Elaidin.
Poutet machte die Entdeckung , dafs Olivenöl und mehrere andere
flüssige fette Körper bei Berührung mit kalt bereitetem saurem salpeter-
1000
E 1 a i d i n.
saurem Quecksilberoxidul fest werden und eine wachsartige Beschaffenheit
annehmen. Diese Beobachtung wurde der Gegenstand einer Untersuchung
von Boudet , als deren Resultat sich die Auffindung eines eigenthümlichen
Körpers herausstellte , den man als eine salzartige Verbindung einer ei-
genthümlichen Säure , der Elaidinsäure, mit Glyceryloxid betrachten kann.
Boudet wies ferner nach, dafs die Eigenschaft des salpetersauren Quecksilber-
oxiduls diesem Salz nicht au und für sich, sondern der salpetrigen Säure
angehört , welche entweder fertig gebildet in der Auflösung desselben vor-
handen ist, oder durch die Berührung mit dem fetten Oele gebildet wird.
Das Festwerden der Oele findet statt , wenn man sie mit rauchender
Salpetersäure vermischt, in welcher die darin enthaltene salpetrige Säure
vorzugsweise wirkt. Je nach der gröfseren oder geringeren Menge der-
selben dauert es kürzere oder längere Zeit zur Hervorbringung dieser
Veränderung. Eine Mischung von 3 Th. Salpetersäure von 38° B. mit
1 Th, Untersalpetersäure (N204), so wie man sie durch Destillation des
Salpetersäuren Bleioxids erhält, mit Olivenöl gemischt, zeigte folgendes
Verhalten :
1 Th. Untersalpetersäure mit 33 Th. Olivenöl gemengt wurde fest in 70 Min.
1 — — 50 — — 78 —
1 — — 75 -
1 — — 100 —
t — — 200 —
1 — — 400 —
84 —
— 130 —
435 —
— zeigte keine Veränderung.
Die geringe Menge salpetriger Säure, welche nöthig ist, um die Ver-
wandlung des Olivenöls in eine feste Masse hervorzubringen , so wie die
Erfahrung, dafs sie bei manchen Oelen , namentlich beim Ricinusöl, er-
setzt werden kann durch schweflige Säure, macht seine Wirkungsweise
zu einem bis jetzt nicht gelösten Problem.
Das Mandelöl, Acaciennufsöl, Repsöl, Ricinusöl , Haselnufsöl theilen
die Eigenschaft des Olivenöls, durch rauchende Salpetersäure oder salpe-
tersaures Quecksilberoxidul fest zu werden.
Leinöl, Hanföl, Nufsöl, Mohnöl, Bucheckeröl, lauter sogenannte
trocknende Oele, erleiden durch die nemlichen Körper, ausser einer brau-
nen Färbung, keine bemerkbare Veränderung. Eine Beimischung dersel-
ben zu den genannten fetten nicht trocknenden Oelen verzögert ihr Fest-
werden. 1 Th Mohnöl zu einer Mischung von 100 Th. Olivenöl und 4 Th.
des angegebenen Gemenges von Salpetersäure und Untersalpetersäure ver-
zögert das Festwerden um 40 Minuten; bei einem Gehalte von 5 p. c.
dauert es 90 Minuten länger.
Das Produkt der Einwirkung der salpetrigen Säure auf die fetten nicht
trocknenden Oele ist bei allen von einerlei Beschaffenheit, es stellt eine
gelbliche feste Masse dar, auf deren Oberfläche sich nach einigen Tagen
eine Art von Efflorescenz von leichter wolliger Beschaffenheit zeigt ; mit
Alkohol erwärmt und gewaschen wird sie vollkommen weifs. Die von
dem Alkohol gelöste gelbe färbende Substanz nimmt mit Alkalien eine zie-
gelrothe dunkle Färbung an. Mit salpetriger Säure dargestellt besitzt sie
keine saure Reaction. Mit salpetersaurem Quecksilberoxidul erhalten re-
agirt sie sauer und enthält ein Quecksilbersalz ; das letztere zerlegt sich
nach und nach, es scheidet sich metallisches Quecksilber ab, wodurch die
Masse eine graue Farbe aanimmt.
Wird die mit siedendem Alkohol behandelte weifs gewordene Masse
zwischen Druckpapier stark geprefst, die trockne Masse in warmem Aether
gelöst und einer Temperatur unter 0° ausgesetzt, oder mit' dem gleichen
Volum Alkohol vermischt, so scheidet sich reines Elaidin aus; die über
den feinen Kristallen stehende Mutterlauge besitzt eine dunkelrothe Farbe,
durch Waschen mit kaltem Aether kann sie entfern* werden.
Das Olivenöl und die andern Oele, welche zur Bildung des Elaidins
Veranlassung geben, enthalten nach der gewöhnlichen Annahme Glyceryl-
oxid in Verbindung mit Oelsäure und Margarinsäure , man erhält als Pro-
E 1 a i d i n.
1001
dukt einen in seinen Eigenschaften stets gleichen Körper, aus dem sieb
weder Oelsäure noch Margarinsäure scheiden läfst; es ist klar, dafs die
Elemente beider Säuren Antheil genommen haben an der Bildung des
Elaidins.
Es ist erwähnt worden, dafs das Elaidin eine eigenthiimliche Säure
enthält, die Elaidinsäure ln Verbindung mit Glyceryloxid ; behandelt man
es mit Alkalien, so wird Glyceryloxidhydrat abgeschieden und man erhält
ein elaidinsaures Salz mit alkalischer Basis.
Das Elaidin enthält als Hauptbestandtheil Glyceryloxid und Elaidin-
säure, allein neben der letzteren ist darin eine Verbindung von Oelsäure
mit Glyceryloxid enthalten ; das aus Olivenöl dargestellte enthält Marya-
rin , das aus Mandelöl ist frei von Margarin. Wird das Elaidin mit Alka-
lien verseift, so scheidet sich Glyceryloxid ab, und das Alkali vereinigt
sich mit Elaidin-, Oelsäure und Margarinsäure. Es entsteht ein dicker
durchsichtiger Seifenleim, aus dem sich in der Wärme, bei Zusatz von
Wein- oder Schwefelsäure, ein Gemenge der genannten fetten Säuren in
Gestalt eines flüssigen Oels auf der Oberfläche abscheidet; es erstarrt nach
dem Erkalten zu einer kristallinischen Masse, welche bei 38,5° schmilzt
(reine Elaidinsäure schmilzt bei 44°; Meyer').
Die Oelsäure läfst sich direct in Elaidinsäure durch Berührung mit sal-
petriger Säure verwandeln , wobei man die Bildung des schon erwähnten
rotlien Körpers bemerkt. Reine Margarinsäure für sich geht aber unter
denselben Umständen nicht in Elaidinsäure über. Wird sie hingegen in Oel-
säure gelöst, so verschwinden beide und man erhält an ihrer Stelle nur
Elaidinsäure (?). Dieses Verhalten ist um so bemerkenswerther, da die
feste Verbindung von Olein und Margarin in dem Zustande, wie man sie
aus erstarrtem Olivenöl durch Auspressen erhält, bei Berührung mit Un-
tersalpetersäure nur theilweise in Elaidin verwandelt wird; das Olein geht
in diesem Fall allein in Elaidin über, während das Margarin nicht ver-
ändert wird (?) ( Pelouze und Boudet ).
Behandelt man das erhaltene Gemenge von Elaidin mit Margarin, dessen
Schmelzpunkt zwischen beiden liegt, mit Alkalien, und das gebildete
elaidin- und margarinsaure Alkali mit einer Säure, so hat man ein Ge-
menge von Elaidinsäure und Margarinsäure, welches in siedendem Alkohol
gelöst beim Erkalten sich scheidet in Margarinsäure, die herauskristalli-
sirt, und in Elaidinsäure, welche in der Mutterlauge bleibt. (Pelouze und
Boudet .)
In allen Fällen verwandelt siqli das Olein und die Oelsäure der fetten
nicht trocknenden Oele, das Olein des Menschen- und Schweineschmalzes,
bei Berührung mit Untersalpetersäure in Elaidin older Elaidinsäure.
Das reine Stearin oder seine Verbindung mit Olein , so wie sie der
feste Theil der Kakaobutter darstellt, geht unter keinerlei Bedingungen in
Elaidin über ( Pelouze §r Boudet ). Behandelt man Schweineschmalz mit
Untersalpetersäure, so nimmt es eine bei weitem festere Beschaffenheit an,
als* es vorher besafs, und bei der Verseifung dieser Verbindung mit Alka-
lien findet man diese mit einem Gemenge von fetten Säuren vereinigt,
dessen Schmelzpunkt bei weitem höher ist (57 — 58°) als der Schmelz-
punkt der Elaidinsäure (Boudet'). Löst man Stearinsäure in einem trock-
nenden Oele auf und behandelt diese Lösung auf die nemliche Weise, wie
das Olivenöl, mit Untersalpetersäure, so geht sie nicht in Elaidinsäure
über ( Pelouze $r Boudefy.
Das Elaidin aus Olivenöl ist blendend weifs , undeutlich kristallinisch ,
es schmilzt bei 32° (Meyer) , bei 36° (Boudet') 7 löst sich leicht und in
Menge in Aether, in 20Ö Th. siedendem Weingeist von 0,8978 spec. Ge-
wicht. Meyer fand für seine Zusammensetzung in 100 Theilen :
Kohlenstoff 78,363 — 78,412
Wasserstoff 12,051 — 12,006
Sauerstoff 9,586 — 9,582
Gfligcr's Pharmacie. /. (Bla jduß.)
64
1002
Palmin.
Der trocknen Destillation unterworfen erhält inan brennbare Gasarten,
Akrolein , unveränderte Elaidinsäure (?) und Fettsäure.
Mit Alkali verseift, erhält man bei Zersetzung der Seife mit Säuren
unreine Elaidinsäure, welche bei 38° schmilzt und deren Schmelzpunkt
zuletzt, bei häufigen Kristallisationen aus Alkohol, auf 42° steigt. {Meyer,
Laurent .)
Laurent erhielt in der Analyse dieser bei 42° schmelzenden Säure
Kohlenstoff 76,40
Wasserstoff 12,27
Sauerstoff 11,33
er berechnet hierauf die Formel C:o H156 06. Das Aequivalent der Elaidin-
säure wurde hiernach seyn 3409,7.
In der Zusammensetzung des Elaidins bemerkt man leicht, dafs sein
Kohlenstoffgehalt höher ist als der des Elaidinsäurehydrats, was nicht
stattfinden könnte , wenn die fetten Säuren in diesem Körper vereinigt
wären mit einem Oxid, was, wie das Glyceryloxid gewöhnlich angenom-
men wird, 5 At. Sauerstoff enthält.
Behandelt man Elaidin mit einem grofsen Ueberschufs Untersalpeter-
säure, so wird es schnell flüssig und Elaidinsäure und Glyceryloxid, wel-
che darin enthalten sind, erleiden beide eine neue Veränderung. Man
findet au ihrer Stelle eine an Sauerstoff reichere Säure wieder, die aber
nicht an Glyceryloxid , sondern an Ammoniak gebunden ist. Dieses Am-
moniak wird durch Säuren nicht entzogen und durch die Einwirkung von
Alkalien entwickelt es sich nur allmählig. {Pelonze 6c Bondet.')
Verhalten des Ricinusöls gegen salpetrige Säure.
Bringt man Ricinusöl mit kalt bereitetem salpetersaurem Quecksilber-
oxidul oder mit salpetriger Säure zusammen , so färbt sich das Oel gold-
gelb und in kürzerer oder längerer Zeit erstarrt es zu einer gelben ,
durchscheinenden, wachsartigen, kristallinisch gestreiften Masse; bei einem
grofsen Verhältnifs salpetriger Säure wird das Erstarren verlangsamt, bei
einem Ueberschufs derselben entsteht plötzlich eine starke Wärme- und
Gasentwickelung und das Oel nimmt, indem es undurchsichtig wird, eine
zähe Beschaffenheit an.
Wenn das Oel durch die Einwirkung der salpetrigen Säure fest ge-
worden ist, so beobachtet man eine schwache, aber lange dauernde Ent-
wickelung von reinem Stickgas, dessen Volum zuletzt gleich ist dem Vo-
lum des erstarrten Oels. Bei Anwendung des salpetersauren Quecksilber-
oxiduls findet sich, wie bei seiner Wirkung auf das Olivenöl, ein Theil
des Oxiduls zu Metall reducirt.
Palmin .
Wird das festgewordene Ricinusöl mit Wasser gewaschen, in sieden-
dem Alkohol gelöst und diese Auflösung erkalten gelassen, so erhält man
daraus eine Kristallisation von Palmin in kleinen undeutlich kristallinischen
Körnern.
In reinem Zustande ist das Palmin weifs, es schmilzt bei 62° und er-
starrt zu einer nicht kristallinischen, wachs- oder vielmehr harzartigen
sehr zerbrechlichen Masse. Mit Wasser gekocht verbreitet es einen aro-
matischen , nicht unangenehmen Geruch. Bei 30° löst der Alkohol die
Hälfte seines Gewichts Palmin auf; es ist sehr löslich in Aether, unlöslich
in Wasser.
Palminsäure.
1003
Wird das Palmin der Destillation unterworfen, so erhält man ein
flüchtiges Oel und eine nichtflüchtige ölartige. Säure , welche mit Bittererde
ein festes in Alkohol lösliches Salz bildet. Weun die Hälfte des Palmins
iiberdestillirt ist ^ so erstarrt der Rückstand plötzlich , ähnlich wie in der
Destillation des Ricinusöls , zu einer aufgeblähten festen Masse.
Von kaustischen Alkalien wird das Palmin wie die fetten Körper ver-
seift^ es entsteht Glyceryloxid und eine eigen hümliche Säure, welche mit
dem Alkali ein den gewöhnlichen Seifen in seinen Eigenschaiten ähnliches
Salz bildet.
Palminsäure.
Zur Darstellung dieser Säure wird dem durch Behandlung des Palmins
mit kaustischer Kalilauge erhaltenen Seifenleim eine gewisse Quantität
Kochsalz zugesetzt , bis eine Scheidung der Seife vom Wasser eintritt.
Man läfst erkalten, löst die gebildete Natronseife zum zweitenmal in Was-
ser und scheidet sie wieder vom Wasser durch Kochsalz. Die gereinigte
Verbindung der Palminsäure mit Natron wird sodann durch Weinsäure
zersetzt. Nach dem Erstarren der abgeschiedenen fetten Säure , die sich
auf der Oberfläche der Flüssigkeit ansammelt, wird sie in der Kälte in
Alkohol gelöst und diese Auflösung an der Luft verdunsten lassen, wo
reines Palminsäurehydrat kristailisirt. Sättigt man siedenden Alkohol mit
Palminsäurehydrat, so ereignet es sich häufig, dafs nach dem Erkalten der
Auflösung die gröfste Menge der aufgelösten Säure sich in Gestalt einer
ölartigen Flüssigkeit C palminsaures Aethyloxid E?]) auf die Oberfläche
begiebt.
Palminsäurehydrat kristallisirt in weifsen seidenglänzenden, concen-
trisch gruppirten Nadeln, welche bei 50° schmelzen und .sich mit grofser
Leichtigkeit in Alkohol und Aether lösen.
Wird die Palminsäure der Destillation unterworfen , so beobachtet man
einen starken eigenthümlichen Geruch, und es destillirt ein ölartiger Körper
über, welcher beim Erkalten butterartig erstarrt. Gegen Ende der Ope-
ration geht ein gelbes brenzliches Oel über und im Rückstand bleibt nur
eine kleine Menge Kohle.
Beim Erhitzen des Destillats mit Wasser erhält man eiu flüchtiges Oel
und im Rückstand eine fette Säure , welche in ihren Eigenschaften identisch
zu seyn scheint mit Palminsäure.
Die Palmiusäure bildet mit Natron ein neutrales und ein saures Salz.
Palminsaures Silberoxid ist ein weifser, in Wasser unlöslicher Nieder-
schlag, welcher 33,35 p. c. Silberoxid enthält.
Wirkung der schwefligen Säure auf Ricinusöl .
Leitet man einen Strom schwefligsaures Gas durch Ricinusöl, so wird
es unter Absorbtion des Gases flüssiger und nach einiger Zeit erstarrt es
zu einer festen Masse.
Die sich bildende feste Masse ist vollkommen weifs, schmilzt bei 60°,
löslich in allen Verhältnissen in Alkohol, und giebt bei seiner Verseifung
Palminsäure, welche bei 50° schmilzt.
Die Entstehung des Palmins und der Palminsäure durch die Einwirkung
der schwefligen Säure ist höchst sonderbar und verdient eine genauere
Untersuchung.
1004
Seifen und Pflaster»
Verhallen der Fette gegen Metalloxide .
Seifen und Pflaster .
Die eigentümlichen Verändei ungen, welche die fetten Körper durch
Alkalien und Bleioxid erfahren, sind am längsten bekannt.
Die Verbindungen, welche durch die ersteren entstehen , heifsen Sei-
fen, die Bleioxidverbindungen heifsen Pflaster.
In dem alten Testamente wird die Seife von Je.saias erwähnt. Galen,
Oribasius Aegineta und Acthis erwähnen der gallischen; Plinius bemerkt,
dafs die beste aus Ziegentalg und Holzasche bereitet werde, und bei den
Deutschen eine feste und eine weiche Seife irn Gebrauch sey.
Die Zusammensetzung der Seifen und Pflaster und ihre Bildungsweise
war bis auf Chevreul als gänzlich unbekannt anzusehen; vor 1813 hielt
man sie für Verbindungen von Alkalien oder Bleioxid mit Fett oder Gel;
von denen die ersteren die Fähigkeit der Seife, sich in Wasser aufzulö-
sen, vermittelten; man hatte zwar beobachtet, dafs das Gel oder Fett
aus einer Seife abgeschieden, sieh leichter wie vorher in Alkohol auflöse,
und beim unmittelbaren Zusammenbringen mit Alkali wieder die Seife her-
zustellen vermöge, allein diefs blieben isolirte Beobachtungen, an die sich
keine Art von Vorstellungen anknüpfen liefsen. Die wichtigste Entdeckung
unter diesen war ohnstreitig die des Oelzuckers von Scheele , oder des
Glyceryloxidhydrats bei der Pflasterbereitung aus Olivenöl und Bleioxid;
es war diefs die einzige, welche den Entdeckungen des grofsen Natur-
forschers voranging, dem man die Kenntnifs von der Natur der Fette über-
haupt, sowie über ihr allgemeines und besonderes Verhalten verdankt.
Bei der Untersuchung einer Seife beobachtete 1813 Chevreul, dafs
ihre Auflösung ln heifsem Wasser mit einer grofsen Menge Wasser ver-
mischt sich trübte, und eine perlmutterglänzende Materie fallen liefs, wel-
che er aus Alkali und einer bis dahin unbekannten fetten Materie von ent-
schieden sauren Eigenschaften zusammengesetzt fand. Dies war der Aus-
gangspunkt einer der grofsartigsten Arbeiten, welche die Geschichte der
Chemie aufweist, iu weleher er nicht allein eine grofse Reihe bis dahin
unbekannter Verbindungen entdeckte, sondern auch die Grundlagen aller
gegenwärtig herrschenden Methoden in der Analyse und Untersuchung
organischer Materien überhaupt feststellte. Sein hoher philosophischer
Geist erkannte zu einer Zeit, wo Forschungen dieser Art nur wenig An-
klang und Aufmunterung fanden , dafs die Elementaranalyse für sich allein
nur ein schwaches Hülfsmittel ist, um zur sicheren Erkenntnifs der Zu-
sammensetzung eines complexen organischen Körpers zu gelangen, dafs
zur Controle und Beurtheilung ihrer Richtigkeit ein gründliches Studium
der Veränderungen gehöre, welche diese Körper durch die Einwirkung
anderer erfahren, und dafs zuletzt nur die Keuntnifs der Quantitäten der
hierbei gebildeten Produkte und ihrer Zusammensetzung zu einer unzwei-
felhaften Kenntnifs der Zusammensetzung des Körpers führe, aus dem sie
entstanden sind.
Das gegenwärtig herrschende Princip einer jeden organischen Unter-
suchung, einen Körper nemlich einer Reihe von Veränderungen zu unter-
werfen, und aus der Ausmittelung des Zusammenhangs dieser Veränderun-
gen seine Zusammensetzung zu begründen, diefs Princip verdankt man
Chevreul. Es führte ihn den richtigen Weg zu zahlreichen Entdeckungen,
und schützte ihn vor Fehlern zu eiuer Zeit, wo alles Irrthum war, was
nur entfernt die Kenntnifs der complexen organischen Materien berührte.
In der ganzen Zeit, wo man den hohen Werth dieses Princips nicht an-
erkannte, machte mail Analysen und Beobachtungen, aber man machte
keine, welche geeignet wraren, klare Vorstellungen zu begründen, und
Licht in einem undurchdringlichen Dunkel zu verbreiten. Erst seit 1834,
wo Dumas und Boullay dieses Princip auf die Untersuchung der zusam-
mengesetzten Aetherarten anwandten, gab seine Anwendung auf organische
Seifen und Pflaster. 1005
Untersuchungen überhaupt den Impuls zu dem auä'serordentlichen Auf-
schwung , den seither die organische Chemie genommen hat.
Chevreul zeigte, dafs alle unter dem Namen Schmalz, Oel und Talg
begriffenen Fette aus drei in den mannigfaltigsten Verhältnissen mit ein-
ander vereinigten Materien, aus einer bei gewöhnlicher Temperatur und
unter 0° stets flüssigen Substanz, dem Olein, und aus zwei festen Fetten,
wovon er das eine mit Stearin (aus Hammelstalg), das andere mit Margarin
bezeichnete, beide durch ihren Schmelzpunkt und durch die Säuren von
einander verschieden, die man durch ihre Zersetzung daraus erhält.
Bei der Behandlung eines Fettes d. h. einer Giyceryloxidverbindung
mit einer metallischen Basis, mit einem Alkali, Blei- oder Ziakoxid, tritt
Zersetzung ein; die Alkalien oder Metalloxide vereinigen sich mit den
darin enthaltenen fetten Säuren, die ersteren zu löslichen Seifen, die an-
dern zu unlöslichen Salzen, zu Pflastern. Das Glyceryloxid verbindet sich
in dem Moment seiner Trennung von den fetten Säuren mit Wasser und
bildet damit Glyceryloxidhydrat oder Oelsüfs, Öelzucker.
Das Gewicht des Glyceryloxidhydrats addirt zu dein der wieder ab-
geschiedenen Hydrate der fetten Säuren beträgt mehr als die Menge des
zur Seifenbildung genommenen Fettes. Dieser Gewichtsüberschufs erklärt
sich aus dem Wasseraufnehmen des Glyceryloxids und der fetten Säuren,
welche im freien Zustande als Hydrate wieder erhalten w’erden.
Bei der Zersetzung der Fette durch Alkalien werden aulser den genann-
ten Produkten keine andern gebildet, und bei Abschiufs oder Zutritt der
Luft geht die Seifenbildung auf gleiche Weise von statten. Nur wenn die
fetten Körper Verbindungen von Glyccryloxid mit flüchtigen riechenden
Säuren enthalten, besitzen die gebildeten Seifen Geruch.
Bei der Anwendung von starken Laugen trennen sich die gebildeten
Seifen von der coucenfcrirten Flüssigkeit, und sammeln sich auf der Ober-
fläche derselben; das Glyccryloxid bleibt stets in Auflösung in der alkali-
schen Flüssigkeit. Bei der Anwendung von schwachen verdünnten Laugen
bleibt die gebildete Seife in der heifsen Flüssigkeit gelöst ; beim Erkalten
erstarrt sie zu einer gallertartigen, mehr od&* weniger schmierigen, weifsen
undurchsichtigen oder durchscheinenden Masse, zu dem sogenannten Sei-
fenleim.
Man unterscheidet feste harte Seifen und Schmierseifen ; die letzteren
werden aus trocknenden Oelen erhalten, und enthalten als alkalische Basis
das Kali; um die Consistenz dieser Seifen zu verstärken, werden Talg
oder fette Oele bei der Fabrikation zugesetzt, welche für sich feste Sei-
fen bilden.
Die harten Seifen enthalten als Basis das Natron, und werden im All-
gemeinen aus vegetabilischen nichttrocknenden Oelen oder Talgarten tiar-
gestellt.
Die Natronseifen werden in Frankreich und England direct mit kau-
stischer Soda und Fett, in Deutschland durch wechselseitige Zersetzung
von Kaliseifen mit Chlornatrium dargestellt.
Die im Haudel verkommenden Seifen, aus vegetabilischen Fetten dar-
gestellt, bestehen aus Gemengen von ölsaurem uud margarinsaurem Alkali;
die aus thierischen Fetten sind Salze mit alkalischer Basis von Talg-, Mar-
garin- und Oelsäure.
Die Natron- und Kaliseifen sind leicht in heifsem Wasser und Alkohol
löslich, Zusatz von vielem Wasser zur wässerigen Auflösung bewirkt eine
Scheidung, die neutralen Salze der Talg- und Margarinsäure zerlegen sich
in freies Alkali, was gelöst bleibt, und in saures talg- oder margarin-
saures Alkali, was in Gestalt von kristallinischen perlmutterglänzenden
Füttern sich zu Boden setzt.
Die äufsere Beschaffenheit der Seifen, die Festigkeit nernlich oder dio
Weichheit, hängt von ihrem Verhalten zum Wasser ab. Die Seifen sind
hart, wenn sie das Wasser, was sic enthalten, durch blolse Aussetzung
1006
Seifen und Pflaster.
an die Luft bei gewöhnlicher Temperatur verlieren, und lösen sich lang-
sam in Wasser, ohne sich zu zertheilen. Die weichen Seiten können im
Gegenfcheil an der Luft nicht getrocknet werden, sie halten mehr oder
weniger Wasser zurück, wodurch sie weich oder gelatinös werden. Im
trocknen Zustande mit Wasser übergossen lösen sie sich darin auf, indem
sie zerfliefsen.
In Hinsicht auf die Hasen findet sich stets, dafs die Kaliseifen leichter
in Wasser löslich sind, als die Natronseifen.
Das talgsaure Natron kann als der Typus der harten Seifen betrachtet
werden; mit dem lOfacben Gewicht Wasser in Berührung, erleidet es
keine bemerkbare Veränderung.
Das talgsaure Kali bildet mit derselben Menge Wasser einen dicken
Schleim.
Oelsaures Natron ist in 10 Theilen Wasser löslich. Das Ölsaure Kali
löst sich in 4 Theilen, und bildet mit 2 Theilen Wasser eine Gallerte; es
besitzt eine so grofse Anziehung zum Wasser, dafs 100 Th. davon in
feuchter Lwft 162 Th. absorbiren. Die Margarinsäure verhält sich ähnlich
wie die Talgsäure. Es folgt hieraus von selbst, dafs die Seifen um so
weicher sind, je mehr ölsaures, und uin so härter, je mehr talg- und
margarinsaures Salz sie enthalten.
Die Natronseifeu zeigen ein eigentümliches Verhalten gegen Koch-
salz, oder gegen eine Auflösung davon in Wasser. Der Natronseife geht
nemlich, wie den thieräschen Materien, der Muskelfaser etc., die Fähig-
keit ab, von Kochsalzlösung bei einem gewissen Concentratiousgrade
durchdrungen zu werden, oder sich darin aufzulösen, und diese merk-
würdige Eigenschaft, welche andere Salze, wenigstens essigsaures Kali,
ebenfalls , wiewohl in weit schwächerem Grade besitzen , läfst sich als
die Hauptbedingung, wenn auch nicht der Seifenbildung, wohl aber der
Seifenfabrikation betrachten, von ihr ist die Abscheiduug alles freien Al-
kali’s, des Glyceryloxids, die Reinigung also und die Form, sowie der
Wassergehalt abhängig., in welcher die Seife im Handel vorkommt.
Bringt man feinzertheilte Seife in dem Zustande, wie sie im Handel
vorkommt, in eine bei gewöhnlicher Temperatur völlig gesättigte Auflösung
von Kochsalz', so schwimmt sie darauf ohne davon benetzt zu werden,
erhitzt man sie damit zum Sieden , so vertheilt sie sich ohne zu schäumen
in Gestalt von gallertartigen Flocken, welche auf der Auflösung sich sam-
meln, und nach dem Erkalten sich zu einer festen Masse wieder vereini-
gen, aus der die Kochsalzlösung abfliefst wie Wasser von Fett.
Nimmt man von den gallertartigen Flocken aus der heifsen Flüssigkeit
heraus und läfst sie erkalten, so erstarren sie zu einer undurchsichtigen
festen Masse, welche beim Zerdrücken zwischen den Fingern sich zu fei-
nen Blättern zertheilt, ohne dals Theile davon zwischen denselben kleben
bleiben.
Ist die Kochsalzlösung nicht gesättigt, enthält sie also weniger Salz,
als sie bei gewöhnlicher Temperatur oder bei Siedhitze aufzunehmen ver-
mag, so tritt eine Theilung des Wassers ein; die Seife nimmt eine gewisse
Quantität Wasser in sich auf, die Flocken zertheilen sich beim Sieden in
der Flüssigkeit. Aber selbst wenn das Wasser nur %„ 0 Kochsalz enthält,
tritt beim Sieden keine Lösung ein.
Läfst man die mit verdünnter alkalisch gemachter Kochsalzlösung ge-
kochte Seife in der Flüssigkeit erkalten, so sammelt sie sich ebenfalls
wieder auf der Oberfläche, und erstarrt zu einer Masse, deren Zustand
der Festigkeit oder Weichheit abhängig ist von dem Grade der Verdün-
nung der Flüssigkeit mit Wasser, das heifst von dem Wassergehalte, den
sie aus der Kochsalzlösung aufgenommen hat.
Läfst man die verdünnte Kochsalzlösung mit der Seife längere Zeit
sieden, so blähen sich die wasserreichen Flocken der zertheilten Seife, die
Mischung nimmt eine zähe schaumartige Beschaffenheit an ; auf einen Spatel
Seifen und Pflaster.
1007
genommen bemerkt man aber stets , dafs die Flocken in der wässerigen
salzartigen Flüssigkeit nicht gelöst sind, dafs die letztere sich davon
trennt und abfliefst, während die Flocken der Seife an dem Spatel hängen
bleiben. Die erkalteten und erstarrten Flocken sind alsdann schmierig und
klebend an den Fingern beim Druck oder Zertheilen, und diese Klebrig-
keit nimmt bis zu einem gewissen Grade mit ihrem Wassergehalt zu.
Beim fortgesetzten Sieden verändert sich die Beschaffenheit dieser Mi-
schung; in dem Verhällnifs nemlich, als die Salzlösung durch die Verdun-
stung Wasser verliert, entzieht sie das verlorne Wasser den gallertartigen
Flocken wieder, diese nehmen eine minder vertheilte Beschaffenheit an,
die siedende Mischung fährt fort zu schäumen, allein die Schaumblasen
werden gröfser.
Es kommt zuletzt ein Zeitpunkt, wo die Salzlösung den Punkt ihrer
Sättigung erreicht hat ; vor demselben sieht man groi’se glänzende mit
Farben spielende Blasen sich bilden, und ganz kurze Zeit darauf ver-
schwindet aller Schaum, die Flüssigkeit siedet ohpe ferner in die Höhe zu
steigen oder consistente Blasen zu werfen, alle Seife findet sich in einer
durchscheinenden, durch dazwischenliegende Kochsalzlösung mehr oder
weniger zertheilte, Masse auf der Oberfläche derselben; sie ist jetzt in
den Zustand übergegangen, wo Kochsalzlösung und Seife sich gegenseitig
kein Wasser mehr entziehen. Diesen Zustand bezeichnen die Seifensieder
mit Kern . Wird die weiche Seife aus der heifsen Flüssigkeit herausge-
nominen und in passenden Vorrichtungen erkalten lassen, wobei man, so
lange sie noch weich ist, durch Umrühren eine völlige Vereinigung der
Seife und Zusammeufliefsen der Salzauflösung bewirkt, so ist sie nach dem
Erkalten so fest, dafs sie nur schwierig einen Eindruck mit den Fingern
annimmt, sie hat alles klebende völlig verloren, und ist nun in dem Zu-
stande, in welcher sie Kernseife genannt wird.
Aus einer concentrirten alkalischen Auflösung von Seife in Wasser
scheidet sich die aufgelöste Seife bei Zusatz von Kochsalz oder Kochsalz-
lösung in gallertartigen Flocken ab, und es entsteht eine Mischung, die
sich genau so verhält, wie die feste Seife, die man mit verdünnter Koch-
salzlösung sieden liefs.
Kohlensaures Kali und Kalihydrat verhalten sich in concentrirten Lö-
sungen genau wie Kochsalz, d. h, sie bewirken eine Scheidung der auf-
gelösten Seife von der alkalischen Flüssigkeit, in der sie absolut unlös-
lich ist.
Die Anwendung des eben angeführten Verhaltens auf die Seifenfabri-
kation ergiebt sich von selbst. Das Fett wird mit der kaustischen Lauge
bis zum völligen Verschwinden aller fetten Theile im Sieden erhalten, die
Lauge darf nur bis zu einem gewissen Grade concentrirt se3rn, sie raufs
so viel Wasser enthalten , dafs die gebildete Seife darin vollkommen ge-
löst bleibt. Man kann z. B. Talg mit Kalilauge von 1,25 spec. Gewicht
Tage lang im Sieden erhalten, ohne dafs sich Seife bildet; wird die Lauge
concentrirter , so entsteht eine tbeilvveise Verseifung des Talgs, aber die
Seife löst sich nicht in der Flüssigkeit auf, sondern sie scheidet sich als
feste Masse auf der Oberfläche derselben ab ; giefst man nun nach und nach
Wasser zu und fährt fort zu sieden, so wird bei einem gewissen Punkte
die Masse plötzlich schleimig und dick, und bei mehr Wasser entsteht eine
Art zäher Emulsion, Seifenleitny welche, wenn Alkali genug vorhanden
ist, bei fortgesetzter Erhitzung vollkommen klar und durchsichtig wie der
hellste Zuckersyrup wird, sie läfst sich in diesem Zustande in lange Fä-
den ziehen , welche beim Erkalten entweder durchsichtig bleiben , wie bei
der Schmierseife, oder miiehig und gallertartig werden. So lange die
heifse Masse, auf einem Spatel im Abfliefsen betrachtet, den mindesten
Schein von Trübheit besitzt, opalisirt, so mufs das Sieden fortgesetzt oder
der Zusatz von Alkalilauge vermehrt werden. Bei vorwaltendem Alkali-
gehalte hängt das Trübbleibeu des Seifeoleims entweder von noch nicht
vollendeter Zersetzung des Fettes, oder vom Mangel an Wasser ab: die
1008
Seifen und Pflaster.
erstere entdeckt inan leicht , wenn eine kleine Quantität der Masse ,
in destillirtem Wasser gelöst, eine trübe Flüssigkeit giebt; ist diese Auf- |
lösung klar und durchsichtig, so ist die Verseifung vollkommen; enthält
die Lauge freien Kalk, so wird der Seifenleim ebenfalls nicht vollkommen
klar, in diesem Fall bewirkt Zusatz von kohlensaurem Alkali augenblick-
lich die vollkommenste Klärung der Flüssigkeit.
Um die Trennung der Seife vom Wasser, freien Alkali und Glyceryl-
oxid zu bewerkstelligen, wird dem siedenden Soifenleim eine gewisse
Quantität Kochsalz nach und nach zugesetzt, bei jedem Zusatz wird die
völlige Auflösung des Zugesetzten abgewartet, es tritt sehr bald in der
Flüssigkeit Gerinnung ein ; mit dem ersten Zusatz von Kochsalz vermehrt
sich die Consistenz des klaren Seifenleims, mit jedem weiteren wird er
dünnflüssiger, er verliert seine fadenziehende Beschaffenheit und fällt von
einem Spatel in kurzen dicken Massen ab. Sobald die Gerinnung völlig
eingetreten, das heilst, sobald man ein Abfliefsen einer klaren wässerigen
Flüssigkeit von den gallertartigen Flocken , die sich gebildet haben, be-
merkt, entfernt man das Feuer, läfst die Seife auf der Oberfläche sich
sammeln, und läfst sie entweder mit der Flüssigkeit erkalten > oder man
schöpft sie im warmen Zustande aus und läfst sie beim Erkalten fest
werden.
In dem Zustande, in welchem man sie bei der ersten Operation erhal-
ten hat, ist sie nicht rein, sie enthält viel Wasser, freies Alkali, einge-
mengte Unreinigkeiten der Lauge, sie sinkt meistens im Wasser nicht zu
Boden, ist deshalb wohl zum Hausgebrauche, aber nicht für den Handel
geeignet.
Aehnlich wie bei andern chemischen Arbeiten ein Niederschlag durch
Auskochen, oder durch Niederschlagung aus einer Lösung mit einer Flüs-
sigkeit, in der er nicht löslich ist, gereinigt wird, geschieht diefs bei der
Seife mit einer Kochsalzlösung, die man durch Zusatz von Alkali alkalisch
gemacht hat.
Die Seife des ersten Sudes wird entweder mit einer schwachen alka-
lischen Lauge wieder zu Seifenleim aufgelöst und durch Zusatz von Koch-
salz wieder gefällt, und diese Operation mehrmals wiederholt, oder man
erhitzt die Seife des ersten Sudes mit einer alkalischen Kochsalzlösung
zum Sieden, erhält sie eine Zeitlang darin, läfst sie wieder erkalten und
scheidet sie zum zweiten- und drittenmal mit neuer salzhaltiger alkalischer
Lauge (ein, zwei, drei, vier Wasser sieden); die auf diese Weise durch
Altskochen gereinigte Seife wird bei der letzten Behandlung gahr oder
%um Kern gesotten. Wenn der Seifenleim durch Verseifung des Fettes
mit Kali gebildet worden ist, so ist die Wirkung des zugesetzten Koch-
salzes eine doppelte, es löst sich in der zähen Flüssigkeit auf und zerlegt
sich mit dem Kalisalze der fetten Säuren , es entsteht Chlorkalium auf der
einen Seite und Natriumoxid oder eine Natronseife auf der anderu. Die
gewöhnliche Hausseife (in Deutschland) ist ein Doppelsalz mit 2 Basen,
nemlich Kali und Natron. Dafs in der That eine Zersetzung vor sich ge-
gangen ist, beobachtet man augenblicklich an der beschriebenen Verände-
rung der Consistenz der Flüssigkeit. Da nun Chlorkalium selbst in con-
centrirter Auflösung die Fähigkeit nicht besitzt, um eine Trennung der
gebildeten Natronseife zu bewirken, so bedarf es eines neuen Koclisalz-
zusatzes, um die Scheidung hervorzubringen. Bei der Anwendung der
Kalilauge zur Seifenfabrikation bedarf man zum ersten Aussalzen etwas
mehr als die doppelte Menge Kochsalz.
Bei Darstellungen von Kaliseifen mufs man sich zur Scheidung der
Seife einer concentrirten Kalilauge bedienen. Essigsaures und weinsaures
Kali können in manchen Fällen seine Stelle vertreten. Durch längeres Lie-
gen an der Luft geht das freie Kali in kohlensaures Salz über, und läfst
sich durch Auflösen der Seife in Alkohol davon trennen.
Bei der Seifen fabrikation im Grofsen ist die Verseifung des Fettes bei
der ersten Behandlung mit alkalischer Lauge gewöhnlich nicht vollendet.
Seifen und Pflaster.
1009
und die wiederholten Behandlungen mit frischer alkalischer Lauge haben
neben der Reinigung den bestimmten Zwecke die Verseifung vollkommen
zu machen.
Bei der Verseifung von Olivenöl und andern hängt sich der Seifenleim
häufig an den Boden der Kessel und brennt an, bei diesen wird die alka-
lische Lauge von vornherein mit so viel Kochsalz vermischt angewendet,
dafs die sich bildende Seife in einem gröfseren Zustand der Zertheilung,
aber dennoch vor der völligen Auflösung zu Seifenleim geschützt erhal-
ten wird.
Bei der Fabrikation der gewöhnlichen Hausseife wird die Seife des
ersten Sudes nur ein einziges Mal wieder um- und zum Kern gesotten.
Die erhaltene Kernseife wird für den Detailhandel mit schwacher salzhal-
tiger Lauge wieder aufquellen lassen, wodurch sie 15 — 20 p. c. Wasser
mehr aufnimmt, als die Kernseife enthält, sie wird alsdann in die Form
geschöpft und nach dem Erkalten mit dünnem Draht zerschnitten.
Die Kernseife ist gewöhnlich blau oder grünlich gefärbt; diese Farbe
rührt meistens von Schwefeleisen oder -Kupfer oder Eisenoxidul- oder
Kupferoxidseife her. Beim Erkalten der weichen Kernseife scheiden sich
diese färbenden Materien von der Seifenmasse und vereinigen sich an ge-
wissen Stellen mehr oder weniger, wodurch nach dem völligen Erstarren
eine Art von Marmorirung entsteht, welche für die Kernseife charakteri-
stisch ist. Gewöhnlich wird diese Marmorirung künstlich durch Zusatz
von Eisenvitriol oder Einmengung von Eisenoxid in der weichen Masse
hervorgebracht.
Bei der Fabrikation der weifsen oder Tafelseife wird die Kernseife
mit salzhaltender alkalischer Lauge durch Erwärmen in flüssigen Zustand
gebracht , und darin in dem bedeckten Kessel so lange erhalten , bis sich
alle färbenden Materien zu Boden gesetzt haben, die Seife wird alsdann
ausgeschöpft und erkalten lassen. Je mehr Wasser hierbei die Seife auf-
genommen, d. h. je flüssiger sie geworden, desto vollkommener ist die
Abscheidung der fremden Stoffe, desto weifser ist die Seife. Da nun das
aufgenommene Wasser nicht wieder abgeschieden, sondern als Seife ver-
kauft wird, so ergiebt sich hieraus von selbst, dafs sie an und für sich
einen geringeren Werth in ihrer Anwendung als die Kernseife besitzt. Die
weifse Seife enthält 45 — 60, die marmorirte Seife 25 — 30 p. c. Wasser.
Die Fabrikation der Schmierseifen ist die einfachste von allen. Die
trocknenden Oele, die zu ihrer Darstellung dienen, werden mit verdünnter
Kalilauge entweder allein, oder mit Thron, Talg und andern Fetten ge-
mengt im Sieden erhalten, bis dafs die Verseifung vollendet, d. h. eine
Masse gebildet ist, die sich in lange, völlig durchsichtige Fäden zieht.
Bei ihrer Darstellung wird besondere Rücksicht auf den Concentrations-
grad der Lauge genommen ; alle Schmierseifen sind nemlich in mäfsig con-
centrirter Kalilauge ganz unlöslich, und scheiden sich aus ihrer Auflösung
durch Zusatz von starken Laugen ab. Der Seifenleim wird demnach bei
überschüssiger starker Lauge nicht klar, sondern bleibt milchähnlich,
durch Zusatz von Wasser wird alsdann die heifse Flüssigkeit dick, brei-
oder gallertartig. Beim Mangel an Alkali entsteht saures ölsaures Kali,
was sich in dicken Massen an den Boden des Kessels anhäugt; Zusatz
von alkalischer Lauge verwandelt das saure Salz in neutrales. Eine Ab-
scheid ung des Glyceryloxids von der Seife findet nicht statt , durch Zusatz
von starken alkalischen Laugen läfst sie sicl^jibrigens bewirken.
Die im Handel vorkommenden Schmierseifen besitzen eine dicke zähe
Beschaffenheit und eine grüne oder grünbrauae Farbe; sie sind in dünnen
Lagen durchsichtig, glänzend, weich, nicht fettig im Anfühlen, von eigen-
thümlichem Geruch und stark alkalischer Reaction. An manchen Orten
setzt man den Oelen bei ihrer Verwandlung in Schmierseife Talg zu, in
welchem Fall sie von eingemengtem kristallinischem talgsaurem Kali eine
mehr körnige Beschaffenheit erhält. Chevreul und Thenard fanden in
Schmierseifen, die im Handel vorkamen {verte}, 39,2 — 44 Th. Oel- und
1010
Trocknende Gele.
Murgarinsäure, 8,8 — 9,5 Kali und 46,5 — 53 Th. Wasser. Stets enthält
sie Glyceryloxidhydrat, und die aus Thran bereitete delphinsaures Kali,
wovon sie ihren Geruch erhält.
Wird die Auflösung einer Seife mit alkalischer Basis mit einem Erd-
oder Metallsalze vermischt, so entstehen dicke weifse oder gefärbte Nie-
derschläge, in denen das Alkali ersetzt ist durch Erden oder Metalloxide.
Mit Kalk-, Baryt- und andern Salzen entstehen auf diese Weise in
Wasser unlösliche Kalk-, Baryt - etc. Seifen. Von dem Gehalt an Kalk,
Bittererde in den sogenannten harten Wassern, und der Bildung unlös-
licher Kalk- oder ßittererde- Seife rührt das rahmartige Gerinnen des ge-
wöhnlichen Seifenwassers her, wenn es mit diesen Wassern vermischt wird.
Ist der Kalk als kohlensaurer Kalk in den Wassern gelöst, so ist der
Zusatz von etwas kaustischem Kali oder auch Kalkmilch nöthig, um dem
Wasser diese Eigenschaft zu nehmen ; enthält das Wasser Gyps oder
Bittererdesalze, so dient ein Zusatz von kohlensaurern Alkali (Aschen-
lauge, Sodalauge), um die gelösten Erden abzuscheiden.
In concentrirter Kochsalzlösung ist, wie oben angeführt, die Natron-
seife nicht löslieh, daher ein Gerinnen in der Seifenauflösung dadurch be-
wirkt wird. Kaliseifen lösen sich in der Kälte in schwacher Kochsalzlauge
ohne Zersetzung, bei Anwendung von Wärme und concentrirter Lösung
tritt hingegen eine wechselseitige Zersetzung, Bildung vou Natronseife i
und Chlorkalium, und demzufolge Gerinnung ein.
Die Kalk-, Baryt- und Strontianseifen stellen weifse, schwierig
schmelzbare, in Wasser und Weingeist unlösliche pulverige oder feste i
Massen dar. Die Bittererdeseife (aus Bittersalz und gemeiner Seife) ist
weifs, fettig im Anfühlen, schmelzbar in gelinder Wärme, nach dem Er- I
kalten durchsichtig und spröde, sie löst sich in fetten Oelen und Alkohol.
Die Thonerdeseife ist im trocknen Zustande weifs, biegsam und zähe, j
schmelzbar in der Wärme, in Wasser, Oelen uud Alkohol unlöslich.
Manganseife kann durch Zersetzung eines Manganoxidulsalzes vermit-
telst einer Seifenlösung, oder durch directes Erhitzen von Talg oder Oli-
venöl mit Braunstein erhalten werden; bei Anwendung des letzteren ent- !
wickelt sich durch Zersetzung des Glyceryloxids reichlich Kohlensäure.
Eisenseife , Kupferseife , durch Fällung von schwefelsaurem Eisen-
oxidul oder Kupferoxid mittelst Seifenlösung dargestellt, sind beide unlös-
lich in Wasser, die erstere von bräunlicher, die andere von grüner Farbe;
beide sind in Terpentinöl, Aether und fetten Oelen löslich.
Bleiseife, durch Fällung eines Bleisalzes durch gemeine Seife darge-
stellt, ist weifs, weich, biegsam, in der Wärme klebend, beim Erhitzen
schmelzend, nach dem Erkalten durchscheinend (Bleipflaster, siehe Oli-
venöl).
Quecksilbersalze und Silbersalze geben mit gemeiner Seifenlösung
weifse Niederschläge.
In der Natur vorkommende trocknende und flicht trocknende
Fette .
Trocknende Oele.
Die trocknenden Oele werden aus ölreichen Saamen durch mechani-
schen Druck mit oder ohne Anwendung der Wärme erhalten. Das Oel
aus frischem Saamen ist schleimig, unklar und trübe. Gewöhnlich wird
zum Oelschlagen 2 — 6 Monate alter Saamen genommen. Die trocknenden
Oele enthalten meistens geringe Mengen kristallisirender fester Fette ; sie
sind stets mehr oder weniger gelb oder bräunlich gefärbt und besitzen
einen schwachen für jedes Oel eigenthümlichen Geruch. Sie sind im An-
fühlen minder fett, als die nicht trocknenden Oele.
Die Fähigkeit dieser Oele, an der Luft zu harz- oder firnifsartigen
Trocknende Oele.
1011
nicht fetten Körpern überzugehen , ist höchst verschieden. Leinöl und
Nufsöl besitzen diese Fähigkeit im ausgezeichnetsten Grade ; diese Oele
dienen zu Oelanstrichen, zu Oel- und Lack-Firnissen , zur Bereitung der
Druckerschwärze. Die andern dienen als Speiseöl, oder als Beleuchtungs-
mittel. Mit Lein-, Nufs- oder Hanföl getränkte poröse brennbare Stoffe,
Papier, Hobelspäne, Zeuge, Abfälle von vegetabilischen Stoffen , in denen
das sich oxidirende Oel dem Sauerstoff eine grofse Oberfläche darbictet,
bewirkt dessen Absorbtion eine so grofse Temperaturerhöhung, dafs sich diese
Massen häufig von selbst entzünden. Das Mohnöl wird in der Oelmalerei
zu sehr hellen Farben, weifs und anderen angewendet, indem es diesen
Farben ihren Glanz nicht nimmt; es wird zu diesem Beliufe durch Aus-
setzen an die Sonne in flachen offenen Gefäfsen, welche halb mit Salz-
wasser, halb mit Oel angefüllt sind, gebleicht. Das Leinöl reinigt man,
wiewohl unvollkommen, für seine Anwendung zu ähnlichen Zwecken durch
starke Bewegung und Kochenlassen mit Salz wasser.
Die Fähigkeit der Oele, an der Luft Sauerstoff aufzunehmen und zu
glänzenden festen Ueberziigen auszutrocknen, wird wesentlich durch ihre
Reinheit bedingt: in dem Zustande, in welchem sie im Handel Vorkommen,
enthalten sie fremde Materien aufgelöst, die man gewöhnlich mit Schleim,
vegetabilischem Eiweifs etc. bezeichnet, welche, indem sie die Theilchen
des Oels vor der Berührung mit Sauerstoff schützen, seine Oxidation ver-
hindern oder verlangsamen. Nach und nach erleiden diese Stoffe aber
selbst eine Zerstörung durch die Einwirkung des Sauerstoffs, und von
dem Augenblick an, wo sie vollendet ist, geht die Oxidation des Oels mit
grofser Schnelligkeit von statten. Die Beobachtung Saussure’s , dafs Nufsöl
während dem Zeitraum von 8 Monaten nur 3mal sein eignes Volumen
Sauerstoff, in den darauf folgenden 10 Tagen aber das sechszigfache Vo-
lumen davon aufnehme, findet in dieser Beschaffenheit ihre Erklärung. Die
Verwandlung des langsam trocknenden Oels in schnell trocknenden Firnifs
beruht nicht, wie man bis jetzt glaubte, auf einer Oxidation durch den
Sauerstoff des Bleioxids, oder auf einer Verseifung des Oels, sondern
lediglich auf einer Reinigung von den beigemischten Materien. Beim an-
haltenden schwachen Sieden werden diese Materien zerstört. Gewöhnlich
wird dem Oel yi6 — y20 Bleioxid zugesetzt, was sich darin vollkommen
löst und nach dem Verharzen des Oels an der Luft einen festeren Ueber-
zug bildet. Ist die Menge des zugesetzten Bleioxids zu grofs, so tritt
Verseifung ein; das Glyceryloxid wird in der hohen Temperatur zerstört,
und durch Bleioxid ersetzt; es entsteht eine mehr oder weniger dickflüssige
Masse, die an der Luft nicht oder erst nach sehr langer Zeit fest wird.
Sie enthält in diesem Zustande ein Gemenge von ölsaurem und margarin-
saurem Bleioxid.
Zusatz von Wasser zu dem Gemenge von Oel mit Bleioxid beschleu-
nigt und befördert die Reinigung desselben, d. h. die Firnifsbildung; dauert
die Berührung des Bleioxids und des Wassers mit dem Oel über einen ge-
wissen Zeitpunkt hinaus, so tritt wieder Verseifung ein; das Wasser ent-
hält alsdann Glyceryloxidhydrat. Der bei Anwendung von Wärme berei-
tete Firnifs besitzt stets eine dunkle Farbe und kann zu hellen Malereien
nicht angewendet werden. Am schnellsten und reinsten erhält man einen
vortrefflichen Firnifs, wenn man 1 % Leinöl mit 1 Lotli feingeriebener
Bleiglätte mengt, alsdann */16 seines Volumens Bleiessig (basisch essig-
saures Bleioxid, s. S. 760) zusetzt, und das Ganze durch Umschütteln
aufs sorgfältigste mengt. Wird das Umschütteln drei- bis viermal von
Zeit zu Zeit wiederholt, und läfst man alsdann durch ruhiges Stehen die
Mischung klar werden, so hat man einen Firnifs von weingelber Farbe
und auf dem Boden des Gefäfses eine wässerige Auflösung von Bleizucker,
in welcher ein weifser Schlamm in Menge suspendirt ist, der Bleioxid und
die aus dem Oel geschiedenen fremden Substanzen enthält. Gewöhnlich
ist der Firnifs ebenfalls weifslich getrübt, er wird in diesem Fall durch
Filtriren durch Baumwolle vollkommen klar und durchsichtig, er enthält
3 — 5 p. c. Bleioxid in Auflösung, und trocknet an einem warmen Orte in
1013
Trocknende Oele.
34 Stunden vollkommen aas. Die wässerige Auflösung von Bleizucker
wird durch Filtriren von den beigemengten festen Theilen getrennt; sie f
kann durch Digestion mit Bleiglätte wieder in Bleiessig verwandelt und in
dieser Form zu dem nemlichen Zwecke wieder angew^endet werden. Durch
Schütteln des bleihaltigen Firnisses mit etwas verdünnter Schwefelsäure
kann man alles Bleioxid aufs vollständigste entfernen und ihn bleifrei er-
halten.
Der Druckerfirnifs wird aus Lein- oder Nufsöl bereitet , die man bis
zur Zerstörung des Glyceryloxids einer hohen Temperatur aussetzt, wo-
bei die fetten Säuren, die diese Oele enthalten, ebenfalls eine Veränderung
erfahren. Man erhitzt diese Oele über freiem Feuer in Gefäfsen von
Kupfer, die zur Hälfte oder V3 damit angefüllt sind; im Anfang entwickeln
sich Wasserdämpfe, bei höherer Temperatur nimmt das Oel eine dunkle
Farbe an, es entbindet sich brennbares Gas neben Kohlensäure, bei die-
sem Zeitpunkt läfst sich das Gas entzünden, allein es brennt nicht fort.
Bei stärkerer anhaltender Hitze geräth das Oel i«. Bewegung, es schäumt
auf, es entwickeln sich neben permanenten brennbaren Gasen verdichtbare
brennbare Flüssigkeiten in Gestalt eines grauen Rauches, der sich anzün-
den läfst und mit hellleuchtender Flamme fortbrennt. Wenn eine Probe
des Oels auf einem kalten Teller eine dicke Beschaffenheit zeigt, und sich
zwischen den Fingern in lange Fäden auszieht, so ist der Firnifs zu sei-
ner Anwendung tauglich. In diesem Zustande trocknet der Firnifs mit
Druckerschwärze gemengt leicht und schnell an der Luft. Ist derselbe nicht
lange genug gekocht, so läuft die damit gedruckte Schrift aus, in dae Pa-
pier ziehen sich Oeltheile, die Schrift erscheint mit einem gelben Rande
umgeben und färbt ab. Der Firnifs der Kupferdrucker besitzt eine noch
stärkere Consistenz; seine Darstellung geschieht wie die des vorher-
gehenden, nur dafs man die sich entwickelnden Dämpfe anzündet und bis
zur verlangten Consistenz des Rückstandes forthrennen läfst.
Leinöl (Ol. Lini). — Wird durch Auspressen des erwärmten
Saamens von Linum usitatissimum erhalten ; 100 Theile trockner Saainen
liefern 30—33 Theile Oel. Es besitzt einen eigenthiimliohen Ge-
ruch, eine gelbbräunliche Farbe, und erstarrt erst bei höheren
Kältegraden ( — 16 bis 20°) zu einer gelben talgartigen Masse,
sein specifisches Gewicht bei 12° ist 6,9395, es löst sich in
40 Theilen kaltem, in 5 Theilen siedendem Alkohol, und in
1,6 Theilen Aether. Das bis zur Schmelzhitze des Blei’s erhitzte und
wieder erkaltete Oel verdickt sich beim langen Aufbewahren in verschlos-
senen Gefäfsen zu einer durchsichtigen gallertartigen Masse, welche in
Alkohol sich leichter als das ungekochte Oel löst und in der Luft lange
schmierig bleibt. Bei sehr langem Sieden für sich hinterläfst es einen
schwarzen elastischen dem Kautschuk ähnlichen Rückstand, der in Was-
ser, Alkohol, Aether, fetten und flüchtigen Oelen unlöslich ist. Es wird
durch Alkalien schwierig verseift und giebt damit stets schmierige gallert-
artige Seife.
Nach Saussure enthalten 100 Theile Leinöl 76,01 Kohlenstoff, 10,57
Wasserstoff und 13,64 Sauerstoff.
Nufsöl (Ol. HUe. Juc/lundiWfll ). Aus den Kernen von Juglans
regia. Das in der Kälte geschlagene ist wenig gefärbt, von
mildem angenehmem Geschmack; es dient als Speiseöl. Das
im Handel vorkomraende ist gelb, von schwachem ranzigem Geruch und
Geschmack; wird bei — 37° fest. Verhält sich im Uebrigen wie Leinöl.
Nach Saussure enthalten 100 Th. Nufsöl 79,77 Kohlenstoff, 10,57 Was-
serstoff, 9,13 Sauerstoff.
Hanföl. Wird vorzüglich in Rufsland aus Hanfsaamen ( Cannabis
sativa) dargestellt. Es ist gelb, von scharfem Geruch und mil-
Trocknende Oele.
1013
dem Geschmack 5 löst sich in 30 Theilen kaltem und in sieden-
dem Alkohol in jeder Menge, es wird bei — 27° fest. Dient
als Speise- und Brennöl.
Mohnöl. — Aus Papaver somniferum. Das müdeste unter den
trocknenden Oelen ; dient als Speiseöl. Aus 100 Gewichtstheilen
trocknem Saamen erhält man ohne Anwendung der Wärme
30 — 35 Th. sehr wenig gefärbtes geruchloses Oel , in der
Wärme geschlagen nahe an 50 p. c. gelblich gefärbtes Oel 5
es mischt sich in allen Verhältnissen mit Aether, und ist in
25 Theilen kaltem und 6 Theilen siedendem Alkohol löslich.
Mohnöl mit Bleichkalk (8 Theile mit t Theil) zusammengerieben, bildet
eine dicke seifenartige Mischung , welche durch Ruhe sich nicht klärt.
Mohnöl mit einer Lösung von Bleichkalk mit Wasser gut zusammenge-
schüttelt , verliert seine Flüssigkeit und wird zähe und klebrig. (Unter-
schied von Olivenöl.-)
CrolonÖl (Ol Crolonis ) von Croion tiglium. Ein gelbes
oder bräunliches, weniger dickflüssiges, dem Jalappenharz
ähnlich riechendes Oel , von anfangs schwach ranzigem, hin-
tennach im Schlunde stark und anhaltend brennendem schar-
fem Geschmack, von heftig purgirender Wirkung, löst sich
in Alkohol und enthält einen flüchtigen Stoff, dem die purgi-
rende Wirkung angehört. Bei der Darstellung dieses Oels werden
die Saamen ungeschält auf einer Mühle verkleinert und in Säcken von
starkem Zeuge zwischen erwärmten Eisenplatten geprefst, das erhaltene
Oel läfst man durch Ruhe klären und filtrirt es zuletzt vom Bodensätze ab.
Durch Befeuchtung und Erwärmuug des Rückstandes auf 50 — 60° mit Al-
kohol und neues Pressen erhält man eine neue Quantität Oel io Alkohol
gelöst , von dem man den Alkohol im Wasserbade abdestillirt. Nach die-
ser Methode erhielt Soubeiran von 1000 Saamen 146 Theile durch Pres-
sen für sich und 124 Theile aus dem Marke durch Alkohol.
Pinhoenöl oder Br ecköl, von Jatropha multifida — und Jatrophaöl
(Ol. Cicinurn seu Fici infernalis) von Jatropha Curcas , — sind dem Cro-
tonöl ähnliche , fette , sehr scharfe Oele, die ebenso angewendet werden.
Springkörneröl (Ol. Euphoröiae Lalhyris ). Dem Cro-
tonöl ähnlich, doch dünnflüssiger, blafsgelb gefärbt. Ist min-
der scharf als die vorigen. Wird ebenfalls als Purgirmittel ange-
wendet. Bewirkt in einer Dosis von 4 — 8 Tropfen Purgiren.
Kürbiskernöl (Ol. Cucurbitae') , von Cucurbita Pepo u. s. w.
Ein blafsgelbes, auch braunrothes, ziemlich dickflüssiges ,
geruchloses mildes Oel, von 0,923 spec. Gewicht. — wird
noch in Apotheken verlangt.
Fischlhran (Adeps Celij, huile de poisson , fish oil, blubber),
aus dem Wallfischgeschlechte, den Robben und auch den Heringen. Alles
aus Fischen und Cetaceen erhaltene Fett besitzt einen eigentümlichen
unangenehmen Geruch , der von delphinsaurem Glyceryloxid herrührt. Mit
einer Auflösung von Kupfervitriol und Kochsalz geschüttelt und durch Ruhe
wieder geklärt, durch Filtriren über Kohlenpulver, Behandlung mit Kalk-
milch oder schwacher Kalilauge vermindert sich der üble Geruch dos
Thrans. Nach Davidsoti wird derselbe durch Behandlung mit einer Ab-
kochung vod Eichenrinde, sodann durch sorgfältige Mengung des Thrans
mit einer Auflösung von Bleichkalk und nachherigem Zusatz von verdünn-
ter Schwefelsäure beseitigt. Auf 100 Theile Thran werden 4 Theile Bleich-
1014
Fette, nicht trocknende Oele.
kalk in 12 Theilen Wasser gelöst genommen, der Gerbesfcoff veranlafst die
Ausscheidung der aufgelösten gallertartigen Stoffe, aus der Mischung des
Tftrans mit der Bleichkalklösung scheidet sich in der Ruhe, indem sich der
Thran klärt , eine dicke weifse Masse ab, die Schwefelsäure fällt aus dem
erwärmten Thran den aufgelösten Kalk.
Alle Fischthransorten verdanken ihren eigentümlichen Geruch einer
Verbindung des Glyceryloxids mit Phocensäure von ölartiger Beschaffen-
heit, deren Trennung vom ölsaureu Glyceryloxid bis jetzt nicht gelungen
ist; behandelt man den Fischthran mit Alkohol von 75°, so löst sich vor-
zugsweise das Gemenge von öl- und phocensaurem Glyceryloxid auf, und
scheidet sich beim Erkalten wieder ab. ( Chevreul ).
Neben Oelsäure und Phocensäure enthalten die Fischthransorten noch
eine kristallisirbare Säure, welche nicht näher untersucht ist. Der Thran
von Delphinus globiceps enthält aufgelösten Wallrath, der sich bei — 5°
kristallinisch abscheidet. (_ Chevreul )
Unter den Thransorten unterscheidet man Wallfischthran
( huile de baieine , lokale oil), Seekalblhran ( seal oit), See-
hundslhran ( dogfish oil), Stockfischthran ( god oil ). — Der
Stockfischthran wird aus der Leber des Stockfisches j, Leng
und Dorsch ( Gadus Morrhua , Moira und Callarias ) erhalten
und dient als Arzneimittel. Man hat 1) weifsen oder blanken
Berger heberlhran , von hell goldgelber Farbe, mildem
Thrangeruch , und mildem , fettigem , thranartigem Ge-
schmack, specifisches Gewicht 0,920 ; er wird aus der frischen
Leber dnrch freiwilliges Ausfliefsen an der Sonne erhalten ; 2) braunen
heberlhran , von dunkelbrauner Farbe (gegen das Licht ge-
halten blaugrün), widerlich scharfem Thrangeschmack und
Geruch, ist meistens trübe, von 0,921 specifischein Gewicht.
Der Letztere wird durch Fäulnifs aus der Leber erhalten und beide Fett-
arten trocknen langsam au der Luft aus. Die ächten Sorten enthalten lod
und sind vor ihrer Anwendung auf Iodgehalt zu prüfen. Durch Verseifung
vop 2 — 3 Unzen mit Kali, vorsichtige Neutralisation mit reiner verdünnter
Schwefelsäure, Abscheidung der fetten Säuren von der Auflösung des
schwefelsauren Kali’s und Abdampfen erhält man Kristalle von schwefel-
saurem Kali, und eine Mutterlauge, welche, mit Stärkekleister gemengt,
beim Zusatz von Chlorwasser, verdünnter Salpetersäure etc. sich blau
färbt.
Aalquappenfett f Oleum seu liqunr Mustelae fluviatilis hepaticus').
Aus der Leber von Gadus Lota durch Ausschmelzen an der Sonne. Ein
gelbliches Oel von schwachem Thrangeruch. Wird gegen Flecken der
Hornhaut gerühmt.
Aeschenfett fAxungia seu oleum Asciae ) von Salmo Thymallus. Ein
bräunlich gelbes mildes Oel von schwachem Fischgeruch. Kommt im Han-
del für Thran vor.
Toulourou - Oel (von Pagurus Latro') , braungelb, von ranziger Be-
schaffenheit, wird von den Negern am Senegal gegen Rheumatismus ge-
braucht.
Feite, nicht trocknende Oele.
Die in der Natur verkommenden fetten Oele haben theils zu Speisen, i
tbeils als Beleuchtungsrnittel einen vorzüglichen Werth , sie unterscheide»
sich von den trocknenden Oelen hauptsächlich durch ihr Verhalten an der
Luft, durch die sie nach und nach weiter verändert werden, ohne aber
zu eiweifsartrigen glänzenden Ueberziigen auszutrocknev, sie verdicke»
sich, bleiben aber stets schmierig, seifenartig.
Fette, nicht trocknende Oele.
1015
Mit salpetriger Säure in Berührung verdickt sich diese Klasse von
Oelen und nimmt zum Theil eine feste , wachs- oder talgartige Beschaf-
fenheit an , diese Beschaffenheit nimmt in einem sehr bemerklicben Grade
ab, wenn sie mit manchen trocknenden Oelen verfälscht sind. Je nach
dem Verfahren der Gewinnung dieser Oele sind sie mehr oder weniger
rein oder gefärbt, von mildem oder ranzigem Geschmacke. Die warm
geschlagenen Oele sind schleimig, trübe, sie nehmen an der Luft beson-
ders leicht eine saure Reaction und unangenehmen Geruch und Geschmack
an. Man benutzt sehr verschiedene Wege, um diese Oele zu reinigen.
Das Oel der Brassica- Arten z. B. , was theils als Speiseöl, vorzüglich aber
als Brennöl benutzt wird, wenn es ungereinigt in Lampen verbrannt wird,
setzt in dem Dochte eine harte, wenig poröse Kohle ab, welche die Poren
desselben verstopft, und das Aufsaugen des Oels in die Flamme hindert,
eine Folge davon ist eine unvollkommene Verbrennung und Rufsbiidung.
Diese Oelsorten werden von den Materien, welche diese Erscheinungen
bedingen, nach einem wenig kostspieligen Verfahren gereinigt, was von
Gower 1790 zuerst angewendet und von Thenard beschrieben und ver-
bessert worden ist. Es besteht darin, dafs man die Oele mit 1 — ■ 2 p. c.
concentrirter Schwefelsäure in kleinen Portionen mengt, wodurch sich das
Oel sogleich grün, grünbraun, nach einiger Zeit schwarz färbt; wird es
in diesem Zustande eine Zeitlang in anhaltender Bewegung erhalten , so
scheiden sich schwarze oder braunschwarze Flocken ab, die sich in der
Ruhe bei gewöhnlicher Temperatur leicht vereinigen und auf dem Boden
sammeln. Mit der Entfernung der auhängenden Schwefelsäure ist die Rei-
nigung des Oels vollendet. Diefs geschieht entweder vermittelst Durch-
einänderschütteln und Waschen mit y4 von dem Volumen des Oels
warmen Wassers, einer dünnen Kalkmilch, oder man läfst aus einem \
Dampfkessel Wasserdämpfe durch das Oel streichen. Nachdem sich das
Wasser und die durch die Schwefelsäure abgeschiedenen färbenden Stoffe
in der Ruhe von dem Oel geschieden haben , wird es durch poröse Mate-
rien, Baumwolle, Moos, grobes Holzkohlenpulver, filtrirt und klar er-
halten. Dubrunfaut klärt das mit Schwefelsäure gereinigte und von dem
Wasser getrennte Oel, indem er es mit % seines Gewichts gepulverten
Oelkuchen sorgfältig mischt und klar absetzen läfst; das geklärte Oel wird
abgezogen und der Rückstand benutzt zur Klärung von frischem Oel.
Mit dieser Reinigung verliert das rohe Oel zum grofsen Theile seine
Farbe und wird dünnflüssiger, sein specifisches Gewicht nimmt ab; ohne
dafs hierdurch seine Verbrennlichkeit bemerkbar erhöht ist, brennt es mit
einer weifsern und leuchtenderen Flamme. Nach Sckübler’s Versuchen be-
sitzt ein rohes Repsöl ein specifisches Gewicht von 0,9182, naeh der
Reinigung von 0,9121. Die Ausflufszeiten (Verhältnifs der Flüssigkeit)
des gereinigten zu dem ungereinigten Oel verhielten sich wie 55,5 : 57,8.
Von ungereinigtem Oel verbrannten in der Stunde 40, vom gereinigten
43,8 Gewichtstheile.
Die Reinigung dieser Oele durch concentrirte Schwefelsäure beruht
theils auf einer Entfernung von Schleim und andern Materien, welche
durch die Schwefelsäure ihre Löslichkeit verlieren und eine Art Verkoh-
lung erfahren, theils und hauptsächlich aber auf der Entziehung von Gly-
ceryloxid und der theilweisen Ueberführucg der Glyceryloxidverbindung
in die Hydrate der in dem Oel enthaltenen fetten Säuren; bei Anwendung
von gröfserer Menge Säure geht übrigens eine Veränderung der fetten
Säuren vor sich, das Oel wird zu dünnflüssig, nimmt an Verbrennlichkeit
zu, ohne dafs das Leuchtvermögen in demselben Verhältnifs steigt.
Zur Reinigung des Olivenöls dienen verschiedene Mittel. Zum Ge-
brauch als Schmiermittel für Uhren und Instrumente erhält man es sehr
klar und farblos, wenn es in einem Gefäfse von Blei der Luft bei gewöhn-
licher Temperatur ausgesetzt wird; man bemerkt mich einigen Tagen einen
weifsen Absatz, der sich vermehrt, so lange das Oel noch gefärbt ist.
Gewöhnlich wird das Oel dem Sonnenlichte ausgesetzt, während man eine
Bleiplatte kineinlegt. Das auf diese Weise gebleichte Oel ist bleihaltig.
1016 Medicinische Seife.
Ranziges Olivenöl von saurer Reaction und unangenehmem Geruch er-
hält seinen milden Geschmack und die Eigenschalton wieder, die es im
frischen Zustande besitzt , durch Behandlung mit feingepulvertem kristalli-
sirtem kohlensauren Natron und nachheriges Auswaschen mit heifsem Was-
ser. Das beste Mittel ist eine Filtration durch ausgewaschene grobgepul-
verte thierische Kohle.
Olivenöl. Aus den Früchten der Olea europaea. — Das im
Handel vorkommende Olivenöl ist von verschiedener Beschaffenheit, das aus
vollkommen ausgekeimten reifen und gesunden Oliven kalt geprefste Oel
wird für das beste gehalten , es kommt in sehr dünngeblasenen Glasflaschen
aus Florenz und dem südlichen Frankreich. Das Oel aus reifen Oli-
ven ist grünlichgelb, das mit Anwendung von Wärme gelb-
lich oder schwach Strohgelb. Durch Auskochen der rückständigen
Kuchen mit Wasser, oder durch Pressen nach vorausgegangener Fäulnifs
werden die schlechteren Sorten gewonnen, sie dienen vorzüglich zur Dar-
stellung der Oelseife. Der mehr oder weniger reine und aromatische Ge-
schmack bedingen den Preis des Speiseöls. Das Olivenöl erstarrt bei
einigen Graden über 0° zu einer weichen butterartigen Masse,
in welcher man sternförmige Kristsllisationen bemerkt; das
warm geprefste ist reicher an diesem Stearin , es enthält etwa
20 — 28 p. c. Dieses bei gewöhnlicher Temperatur feste Fett
schmilzt bei 30° und ist nach Pelouze und ßoudel eine Ver-
bindung von Olein und Margarin.
Das Olivenöl wird häufig mit wohlfeileren Oelen , namentlich mit Mohnöl
verfälscht; die Verwandlung des Olivenöls in Elaidin, d. h. sein Fest-
werden durch Berührung mit salpetriger Säure, wird als Mittel benutzt,
um den Zusatz von fremden Oelen zu erkennen. Bei yi0 Mohnöl wird
z. B. das Olivenöl nicht fest und hart, sondern bleibt schmierig und brei-
artig. Auf diese Probe, welche nicht bei allen Sorten Olivenöl constaute
Resultate liefert, hat überdies die Temperatur und die Quantität der Säure,
welche angeweudet wird, einen grofsen Einflufs, so dafs derselben Zu-
verlässigkeit mangelt.
Zum Behufe seiner Anwendung als Schmiermittel läfst sich das Olivenöl
durch Schütteln mit etwas Bleiessig, Behandlung des geklärten Oels mit
etwas verdünnter Schwefelsäure, Entfernung aller Säure durch Auswaschen
mit siedendem Wasser und Stehenlassen über geschmolzenem Chlorcalcium
reinigen. -
Dem Olivenöl, welches zur Seifenbereitung dient, wird gewöhnlich
% Rüböl, Colzaöl zugesetzt, und zwar geschieht diefs, um die Seife
weicher zu machen; für sich w'ürde das Oel eine körnig kristallinische
Seife geben, deren Beschaffenheit sich für ihre Anwendung zum gewöhn-
lichen Gebrauch minder gut eignet. Nach Thenard enthält die Marseiller
Tafelseife, sogenannte Venetianische Seife, 4,6 Theile Natron, 50,3 Th.
fette Säuren und 45,3 Th. Wasser. Die marmorirte oder Kernseife enthält
6 Theile Natron, 64 Th. fette Säuren und 30 Th. Wasser.
Medicinische Seife (Sapo medicatus ).
Synon. : Im weniger reinen Zustande: venetische, spanische, alikan-
tische Seife (Sapo venetus, hispanicus, alicauticus). — Ist margarin- und
ölsaures Natron, gemengt mit freiem Natron und Glyceryloxidhydrat.
§. 191. Die reine medicinische Seife erhält man, wenn
ein Theil reine Aetznatronlauge, deren specifisches Gewicht
sich zum Wasser = 4:3 verhält , mit 2 Theilen reinem
Olivenöl (ProvencerÖl), oder nach mehreren^ Pharmacopöen
Mediciniscbe Seife.
1017
Mandelöl, in einem porcellanenen oder steinernen Geschirr
einige Stunden anhaltend gerieben, dann, unter öfterm Rüh-
ren, einer gelinden Wärme ausgesetzt wird, bis die Masse
dick, salbenartig ist, wo sie in Papierkapseln ausgegossen
und in gelinder Wärme getrocknet wird. Kürzer und wohl
auch besser verfährt man, das Gemenge über dem Wasser-
bad unter fleifsigem Rühren so lange zu erhitzen, bis eine
harte Seife daraus geworden ist. Scheidet sich noch etwas
öel aus, so setzt man etwas Natronlauge zu. Die Verbindung
erfolgt in einigen Stunden. Bei zu langsamer Einwirkung der Stoffe zieht
das Natron zum Theil wieder Kohlensäure an, es wird nicht alles Oel
gebunden und rancid , die Seife ist schmierig und von widerlichem Geruch.
— Auch kann man nach Bucholz zuerst aus Oliven- oder
Mandel- Oel und Aetzkalilauge durch Kochen Kaliseife be-
reiten, diese mit Kochsalz zerlegen, und die entstandene Na-
tronseife auswaschen und trocknen.
§. 192. Die Eigenschaften der medicinischen Seife sind :
Es ist eine weifse, feste, im frischen Zustande knetbare
Masse, die aber in warmer Luft nach und nach zu einer
durchscheinenden hornartigen Masse austrocknet, so dafs sie
sich pulvern läfst. Hat einen schwachen eigenthümlichen
Geruch und einen unangenehmen, etwas scharfen Geschmack.
■ — Bestandteile: Oel- und margarinsaures Natron und
Wasser, ungefähr 6 — 10 Theile Natron, 50 — 70 Th eile Oel- und
Margarinsäure und SO — 30 Theile Wasser. — Gegen Lösungsmittel
verhält sie sich der Kaliseife gleich , doch erfordert sie etwas
mehr Wasser zur Lösung.
Die Spiefsglanzseife fSapo stibiatus vel antimoniatus ) ist ein Gemenge
von medicinischer Seife und einer Lösung des Goldschwefels in Aetzkali,
oder Natron. — Man bereitet sie, indem ein Theil orangefarbener Spiels-
glanzschwefel in eben so viel oder überhaupt genau so viel, als nöthig
ist, Aetzkalilauge durch Kochen gelöst und der verdünnten Lösung 6 Theile
mediciniscbe Seife zugesetzt wird. Das Ganze wird zur Pillenraassecon-
sistenz bei gelinder Wärme verdampft. Wird die Masse gegen Ende
wieder rotb, so setzt man in kleinen Mengen so lange Aetzkalilauge zu,
bis sie weifsgrau ist, und verwahrt die fertige Seife in wohlverschlosse-
nen Gefafsen. (Andere Bereitungsarten.) Oder man löst 1 Theil Schwefel-
antimonnatrium in 5 Theilen Wasser, setzt 1 % Theile medicinische Seife
zu, mengt alles innig und verdampft zur Trockne. — Es ist eine weifs-
graue Masse von Pillenmassreconsistenz , schmeckt seifenartig, schweflicht
und scharf alkalisch. An der Luft wird sie bald roth, wobei sich Spiefs-
glanzschwefel ausscheidet. — In Wasser ist die frische Spiefwglanzseife
vollkommen löslich. Auch in Weingeist ist sie leicht löslich. Die Lösung
derselben iu Kalitinktur und Wasser ist die flüssige Spiefsglanzseife (_Li~
«juor Saponis stibiati , Sulphur auratum liquidum, Tinct. Antimomi Ja -
cobi ). — Die Spiefsglanzseife wird in Pillenform gegeben oder in Wein-
geist gelöst. Sie wird fast durch jede Säure und die meisten Salze zerlegt.
Bleipflaster fEmplastra PlumbiJ , durch Kochen eines Bleioxids mit
Wasser und Oel bereitet, giebt es zweierlei:
a) Silber glätt-Pflaster f Emp last rum hilhargyri
Synonyme: Einfaches Diachylon-Pflaster (Emplastrum diachylon Sim-
plex). — Gemenge von basisch margarin- und ölsaurem Bleioxid.
Geiger’ s Pharmacie. I. ( üce Auf,. ) ßÄ
1018
Sil berglfittpf 1 aster.
Die Bleipflaster sind schon den Alten bekannt gewesen. Ihre Berei-
tungsart war aber oft durch unnöthige Zusätze u. s. vv. sehr langwierig.
Den Vorgang beim Kochen der Fette mit Bleioxid und Wasser kennt man
aber erst seit QhevreuVs Entdeckung der Talg-, Margarin- und Oelsäure
genau.
§. 193. Das Silberglättpflaster wird durch Kochen von
5 Theilen feingepulverter Glätte mit 9 Theilen Olivenöl bei
Zusatz von Wasser, bis Pflasterconsistenz erfolgt, bereitet.
Am besten erhitzt man das Oel bis auf 180 — 190° für sich
und trägt nach und nach die zu einem etwas consistenten
Brei mit heifsem Wasser angerührte Bleiglätte ein, so dafs
der Zusatz der zweiten Portion erst dann erfolgt, wenn das
Wasser der ersten verdampft und verraucht ist. Es ist noth-
weudig, die Mischung durch Umrühren in steter Bewegung und das Oel
stets auf gleichem Temperaturgrade zu erhalten , in diesem Fall ist das
Pflaster mit dem letzten Zusatz von Bleioxid vollendet. Es wird ma-
laxirt und ausgerollt.
§. 194. Das Silberglättpflaster ist weifsgrau (zu dunkles
Pflaster wird durch starkes Kochen viel heller), es mufs in
heifsem Zustande in einer zähen Masse, nicht in zertheilten
Tropfen vom Spatel abfliefsen ; es schmilzt in höherer Tem-
peratur zu einer ölartigen undurchsichtigen Masse.
Bei der Behandlung von Olivenöl mit Bleioxid bei Gegenwart von
Wasser wird das Glyceryloxid in dem Oel ersetzt durch die doppelte
Menge Bleioxid, es entsteht basisch margarin- und ölsaurcs Bleioxid und
auf der andern Seite Glyceryloxidhydrat, was sich in dem überschüssigen
Wasser auflöst und durch Malaxiren entfernt wird. In Frankreich werden
anstatt reinem Olivenöl gleiche Theile Olivenöl, Schweineschmalz und Blei-
oxid genommen. Dieses Pflaster enthält aulser den angegebenen Bestand-
teilen noch basisch talgsaures Bleioxid.
Man hat in Deutschland und Frankreich versucht, das Bleiglättpflaster
auf nassem Wege, nemlich durch Fällung einer Olivenölseife mit neutra-
lem oder basischem essigsaurem Bleioxid, darzustellen. Wenn diese Fäl-
lung warm und mit einem Ueberschufs des ßleisalzes geschieht, so erhält
man eine wreifse Masse, welche leicht malaxirbar ist, aber sich von dem
ebenbeschriebenen durch einen geringeren Gehalt an Bleioxid und durch
die Fähigkeit unterscheidet, in der Hitze zu einer durchsichtigen Masse
zu schmelzen. Dieses Pflaster nimmt aufserdem mit dem Alter eine immer
festere Beschaffenheit an, es wird sehr hart, spröde und brüchig. In allen
Fällen ist dieses Pflaster in seiner Zusammensetzung dem deutschen ähn-
lich, aber insofern verschieden von dem des französischen Codex, als in
demselben talgsaures Bleioxid fehlt. Die Abweichung in den Eigen-
schaften des auf trocknem Wege und durch Niederschlagung erhaltenen
Pflasters hat zu einer nähern Untersuchung des ersteren geführt, aus der
sich ein Gehalt von freiem flüssigem Fett (Olein) herausgestellt hat. Für
das pharmaceutische Präparat ist mithin die ursprüngliche Vorschrift jeder
andern vorzuziehen, um so mehr, da sie an Einfachheit alle andern über-
trilft. Versuche, durch Einleiten von Wasserdämpfen in das heifserhaltene
Gemenge von Bleioxid und Oel das Pflaster zu bereiten, haben günstige
Resultate, nemlich ein schönes Pflaster gegeben; allein da dieser Weg i
nicht bequemer ist, als der frühere, und besondere Apparate erfordert,
so wTird er nur an wenigen Orten befolgt.
Die Reinheit und der Zustand des Bleioxids hat auf die Beschaffenheit
des Pflasters einigen Einflufs. Wählt man zu seiner Darstellung reines
Bleioxid (Massicot), so bleibt kein Theil des Oels unverseift und man er-
Blei weifs pflaster.
1019
hält eine dem auf nassem Wege bereiteten Pflaster gleiche Verbindung.
Die gewöhnliche Bleiglätte in dem verglasten Zustand, in dem sie im Han-
del vorkommt, eignet sich am besten, nur verliert das daraus bereitete
Pflaster viel von seinem Zusammenhang, wenn sie sehr eisen- oder kupfer-
haltig ist. Bei Anwendung vou Mennige mufs das Oel anfänglich ohne
Wasser sehr stark erhitzt und die Mennige trocken hinzugebracht wer-
den; in diesem Pall wird durch den überschüssigen Sauerstoff dieses Oxids
das Glycerytoxid zerstört und die Verbindung der fetten Säuren mit dem
Bleioxid alsdann vermittelt
Die rohe Oelsäure, welche als Nebenprodukt bei der Fabrikation der
Stearinkerzen abfällt, giebt mit ihrem halben Gewicht Bleioxid ein vor-
treffliches Pflaster, und empfiehlt sich durch ihre Wohlfeilheit und durch
die Leichtigkeit, mit welcher die Verbindung vor sich geht, zu dieser
Darstellung. Das Bleioxid , was man zu der erhitzten Oelsäure bringt, löst
sich dann mit derselben Schnelligkeit auf, wie Salz im Wasser; es ist
zweckmäfsig, zu Ende Wasser zu der Mischung zu bringen, wodurch der
Erhöhung der Temperatur über 100° vorgebeugt wird.
b) Bleiweifspflaster (Emplasfrum Cerussae).
Synon.: Weifsgekochtes Pflaster, Froschlaichpflaster (Emplastrum al~
bum coctum, de spermate ranarum).
§. 195. Das Blei weifspflaster wird bereitet, indem 9
Theile Baumöl in einem geräumigen kupfernen Kessel bis
zum Sieden erhitzt, und hierauf 16 Theile feingepulvertes,
reines Bleiweifs unter beständigem Rühren zugesetzt werden.
Man kocht das Gemenge unter öfterin Zusatz von wenig
Wasser und immerwährendem Rühren, bis es die gehörige
Consistenz hat, worauf es malaxirt und ausgerollt wird.
Der Kessel mufs sehr geräumig seyn ; höchstens y3 darf von dem Gemenge
erfüllt werden. Beim Zusetzen von Wasser mufs im Anfang vorsichtig
verfahren, und wenn etwas stark erhitzt wurde, am besten der Kessel
vom Feuer entfernt werden. Das anfängliche Erhitzen des Oels mit Blei-
weifs ohne Wasser befördert zwar die Pflasterbildung, doch darf es nicht
zu weit getrieben werden, sonst fällt das Pflaster grau aus (nach Gusse-
row darf es bis auf 110 bis 120° erhitzt werden). Man mufs Sorge tra-
gen, dafs beständig Wasser in dem Gemische ist; daher von Zeit zu Zeit
zugesetzt werden mufs, oder man läfst beständig so viel nachtröpfeln, als
verdampft; doch wenn zuviel Wasser immer dabei ist, geht die Pflaster-
bildung langsam vor sich. Es mufs beständig mit einem breiten hölzernen
Spatel gerührt und das Feuer nur mäfsig unterhalten werden, dafs es zwar
immer kocht, aber nicht zu stark, weil die Masse leicht übersteigt und
anbrennt. Daher man, wo es nöthig ist, das Feuer schnell dämpft, oder
den Kessel abhebt. Sollte zufällig, bei Mangel an Wasser, das Pflaster
etwas grau geworden seyn, so läfst sich dieses einigermafsen verbessern,
wenn man etwas viel Wasser zusetzt, und unter heftigem Umrühren das
Pflaster einige Zeit stark kocht. Die Consistenz erkennt mau daran, wenn
das heifse Pflaster zähe, in einer zusammenhängenden Masse, nicht in zer-
theilten Tropfen vom Spatel fliefst, und eine Probe nach dem Erkalten fest
und 'schwer knetbar, fast brüchig ist. Man verdampft dann den Rest des
Wassers in sehr gelinder Hitze. Bucholz schlug vor, dem Gemenge von
Bleiweifs und Baumöl noch Vs Bleiglätte zuzusetzen , wodurch die Arbeit
sehr beschleunigt und doch ein weifses Pflaster erhalten wird. Die neueste
preufsische Pharmacopöe befolgt diese Vorschrift und läfst auf 54 Theile
Baumöl und 84 Theile Bleiweifs 12 Theile- Silberglätte nehmen. Die Glätte
wird zuerst mit dem Oel gekocht und daun das Bleiweifs nach und nach
zugesetzt. Alle übrigen Künsteleien, Zusatz von Zinkvitriol u. s. w. ,
taugen nichts, und sind unnöthig, wenn reines Bleiweifs (aoi besten ge-
1020
Bleiweifspflaster.
schlämmte s Schief erweifs) genommen wird. (Das durch Fällen des Blei-
zuckers mit kohlensaurem Kali erhaltene Bleiweifs taugt nach Pfaff zur
Bereitung des Bleipflasters nicht.) Nach Soubeiran werden zur Darstel-
lung des Bleiweifspflasters 48 Th. Olivenöl ^ 16 Th. Bleiweifs und 3 Th.
Wachs wie oben zur Pflasterconsistenz gekocht. Das Wachs dient hierbei
um die Pflasterconsistenz hervorzubringen , welche nach den angegebenen
Verhältnissen von Oel und Bleiweifs nicht erfolgt.
Erklärung : Das Bleioxid bewirkt in der Kochhitze , in Verbindung
mit Wasser, ähnlich den Alkalien, die Bildung von Oel- und Margarin-
säure , welche damit das verlangte Produkt nebst Oelsiifs bilden ; die
Kohlen- und Essigsäure des Bleiweifses entweichen. Wasser ist hierzu
ebenfalls wesentlich, weil die gebildeten Säuren und das Oelsüfs Wasser
oder dessen Elemente aufnehmen, und Oel und Bleioxid, bis auf 83° R.
erhitzt, wirken gar nicht auf einander, während bei Gegenwart von Was-
ser, bei gleicher Temperatur , schnell Pflasterbildung Statt hat. (Vergl
auch Magaz. für Pharmac. Bd. 16. S. 59.)
§, 196. Die Eigenschaften des Bleiweifspflasters sind:
Es ist eine glänzend weifse, feste Masse, in der Kälte etwas
brüchig, in der Wärme der Hand wird es zähe und knetbar,
dafs es sich streichen läfst; in der Kochhitze des Wassers
schmilzt es zu einer klebrigen, undurchsichtigen Masse (durch
langes Liegen wird es härter und spröder, auch mit der Zeit
mehr gelblich). Geschmacklos, von schwachem, eigenthüm-
lichem Geruch; unlöslich in Wasser, aber löslich in ätheri-
schen Oelen und Fetten in der Wärme. — Das durch Kochen
erhaltene Bierweifspflaster enthält noch kohlensaures und Spuren von essig-
saurem Bleioxid. Weingeist, mehr noch Aether, nimmt daraus ölsaures
Bleioxid auf und läfst margarinsaures u. s. w. zurück. Wird es anhaltend
bis etwa 130° R. erhitzt, so verliert es sein Wasser und wird grau; in
stärkerer Hitze wird es zerstört und hinterläfst in verschlossenen Gefäfsen
ein Bleikorn. %
Eisen-Seife (Pflaster — Sapo Ferri) erhält man durch Niederschlagen von
Eisenvitriollösung mit Oelnatronseife (5 Theile Vitriol auf 6 Th. Seife). Grünlich-
weifser Niederschlag, der durch Auswaschen und Zusammenschoielzen schmutzig
dunkelgrün und an der Luft braun wird, von Ansehen und Consistenz dem vor-
hergehenden ähnlich. — Eisenoxidsalze liefern braunrothe und geschmeidigere
Verbindungen. — Die eisentalgsauren Verbindungen (aus Hausseife bereitet) sind
härter. — Seit Kurzem fängt man an, diese Pflaster als Arzneimittel zu gebrau-
chen. (Vergl. Würtemberger raed. Corresp. Blatt, Jahrg. I. No. >. S. 144.)
Quecksilber-Seife (Pflaster — Sapo Eydrargyriy wird nach der russi-
schen Pharmacopöe erhalten, indem eine wässerige Lösung von venetischer
Seife, so lange ein Niederschlag entsteht, mit salpetersaurem Quecksilber-
oxidul versetzt wird , welcher mit Wasser wohl ausgew aschen und durch
Pressen vom Wasser befreit wird. — Eine beim Niederschlagen weifse,
durch Aussüfsen mit warmem Wasser leicht blaugrau werdende, weiche
salbenartige Masse; unlöslich in Wasser und Weingeist. Ist öl- und mar-
garinsaures Quecksilberoxidul. — Wird in Verbindung mit Salmiakgeist als
Liniment zu Einreibungen benutzt. — Nach Piepenbring setzt mau der so
erhaltenen Quecksilberseife in der Wärme so lange Aetzkalilösung zu, bis
sie in Wasser löslich ist. Die so bereitete Quecksilberseife ist eiue schwarz-
graue, etwas weiche, salbenartige Masse, die unter Abscheidung von
Quecksilberoxidul in Wasser und Weingeist löslich ist. Es ist ein biofses
Gemenge von Kaliseife und Quecksilberoxidul.
Mandelöl ( Ol . Amygdalarmn). — Bei — 20 — 24° setzt
das Mandelöl etwa den vierten Theil seines Gewichts eines
bei 6—7° schmelzenden Stearins ab; das aus frischen oder
Lorbeer ÖL
1021
nassen bitteren Mandeln geprefste Oel enthält Blausäure and
Benzoyl Wasserstoff. Es giebt mit Alkalien weiche Seifen. —
16 Unzen Mandeln liefern 6 Unzen Oel.
Farrenkrautww'%elöl ( OL rad. Filicis Maris). y0u
Aspidium Filix Mas durch Ausziehen mit Aether zu erhalten. Die wohl-
gereinigte , gesunde, innen grüne Wurzel wird schnell getrocknet und mit
schwach erwärmtem Aetber (am einfachsten in der Realschen Presse) aus-
gezogen; der Aether durch Destillation und Abdampfen entfernt. Der Rück-
stand ist das unreine har%- und zum Theil auch extr acthaltige Oel von
Peschier. Will man es reinigen , so behandelt man es 3 — 3mal mit sei-
nem iy2fachen Gewicht Weingeist von 0,85 spec. Gewicht, welcher die
Beimischungen aufnimmt. — Ein dunkelbräunlichgrünes, dickflüs-
siges Oel von widerlich rancidem, scharfem Geschmack und
eigentümlich raneidem Geruch; erstarrt bei 0° butterartig.
Das harzhaltige Oel ist etwas mehr zähe und schmeckt schärfer.
— Letzteres wird (in Pillenform) als ein vorzügliches Mittel gegen den
Bandwurm gebraucht; Peschier. (Vergl. Magazin für Pharmacie Bd. 7.
S. 38, Bd. 13. S. 188, Bd. 17. S. 78, Bd. 18. S. 157. u. Bd. 33. S. 48.)
Fier Öl (OL Ovovwn). Aus dem Dotter der Hühnereier , von
welchem durch vorsichtiges Erwärmen unter beständigem ümriihren das
Wasser verdampft wird, bis er, etwas zwischen den Fingern gedrückt,
Oel von sich giebt, durch Auspressen erhalten. Nach Mialhe und Walme
erhält inan weit mehr, wenn das Oel mit Aether ausgezogen wird. Man
schüttelt 10 Th eile Eigelb mit 35 — 30 Theilen Wasser tüchtig, setzt dann
77* Tiicile Aether zu und schüttelt wieder während einigen Stunden wohl
durcheinander, dann läfst man ablagern und erwärmt wohl auch gelinde,
um die Scheidung zu befördern. ( Tlmbeuf bringt das Eigelb zur leichtern
Scheidung erst durch Kochhitze zum Gerinnen, zerreibt es dann mit
Wasser und setzt hierauf Aether zu.) Den klar obenaufschwimmenden
ölhaltenden Aether nimmt man ab, destillirt den Aether über, kocht den
Rückstand mit Alkohol , bis alles Oel gelöst ist, und filtrirt heifs. Beim
Erkalten scheidet sich das Eieröl ab, welches man durch Erhitzen im
Wasserbad von den letzten Antheilen Weingeist und Aether befreit. —
Hocbgelbes, dickflüssiges, ganz mildes Oel; erstarrt schon
bei gewöhnlicher Temperatur. WTird sehr bald rancid und mit der
Zeit entfärbt.
Ochsenfüfsefell (Axungia pedam Tauri). wird erhalten,
indem die von der Haut und von allem Talg sorgfältig gereinigten Ochsen-
füfse zerhackt, und mit Wasser einige Stunden gekocht werden. Das Fett
schwimmt auf dem Wasser, und wird nach dem Erkalten abgenommen.
— • Wasserhelles, etwas dickflüssiges Oel, geruch- und ge-
schmacklos, gesteht nur in starker Kälte zu einer dünnen
salbenartigen Masse. Hält sich sehr lange, ohne rancid zu
werden. — Dient zu Salben, wo rancid werdendes Fett zu vermei-
den ist.
Feste oder weicht; Fette ; Butter - und Talgarten.
Lorbeeröl (OL Laurinum unguinosum). wird aus den Lor-
beerji durch Kochen und Auspressen erhalten. Von 8albenconsistenz ,
besitzt eine dunkelgrüne Farbe, einen starken aromatischen
Geruch nach Lorbeern, und bittern Geschmack ; es enthält
ätherisches Oel und löst sich leicht in Aether zu einer klaren
Flüssigkeit. Dient zu Salben.
mi
Cacao-, Palm-Butter,
Cacaobulter (Ol. seu Butyrum Cacao). aus den Bohnen
der Theobroma Cacao. Die entschälten Bohnen werden in einem erwärm-
ten Kessel zu feinem Brei zerrieben , man setzt alsdann auf 6 Theilfr
1 Theil heifses Wasser zu und mischt sorgfältig. Das Gemenge nimmt
alsdann eine bröckliche Consistenz an* und lafst sich nun in einem Beutel
zwischen heifsen Platten leicht auspressen. Das im Beutel Zurückhleibende
enthält noch Oel, was man durch Befeuchten der gepulverten Masse und
wiederholtes Pressen gewinnt. — Die Cacaoblltter ist fest, weifs,
ziemlich brüchig’, schmilzt in der Wärme der Hand, von mil-
dem Geschmack und schwachem Geruch nach Cacao, ihr spe-
cifisches Gewicht ist 0,91. Wird nicht ranzig, und löst sich
in Aether und Terpentinöl, wenig in heifsem Weingeist 5 der
Hauptbestandteil der Cacaobutter ist eine kristal fisirte Ma-
terie, welche bei 29° schmilzt, upd eine chemische Verbin-
dung von Olein und Stearin darstellt.
Muskalbutler C Ol. seu Baisamum Nucislae ). Aus den
Nüssen der Myristica moschata. Die im Handel in viereckigen pfund-
schweren Tafeln vorkommende Muskatbutter wird aus den frischen Nüssen,
welche etwa die Hälfte ihres Gewichts liefern, erhalten. Sie ist gelb,
brüchig, riecht und schmeckt nach ätherische^ Muskatöl 5 die
Stücke sind von aufsen braun, inwendig gelb marmorirt. Bei
Behandlung der Muskatbutter mit kaltem Alkohol löst sich ein
ätherisches und fettes Oel auf, und es bleibt 25 — 30 p. c. von
dem Gewichte derselben eines weifsen festen Fettes zurück.
Durch häufige Kristallisation aus Aether gereinigt, ist es kri-
stallinisch, weifs, perlmutterglänzend, schmilzt bei 31° (Play-
fair) und wird durch verdünnte Alkalien nicht angegriffen;
durch Schmelzen mit Kalihydrat wird es hingegen leicht und
schnell verseift. Aus der erhaltenen Seife erhält man bei Zersetzung
mit Säure eine fette Säure, die aus Alkohol in breiten glänzenden Blät-
tern kristallisirt und bei 50° schmilzt (Play fair').
Nach Pelouze und Boudet ist der in der Muskatbutter enthaltene weifse
kristallinische fette Körper reines Margarin,
Cocosbutter. Aus dem Kern der Nüsse von Cocos nucifera, Cocos
butyracea. Weifs, von Salbenconsistenz, schmeckt mild, schmilzt bei 20°
und gesteht bei 18°; <vird sehr leicht ranzig; sie giebt mit Natron eine
feste Seife von widrigem Geruch; sie ist ein Gemenge von einem flüssigen
mit einem bei gewöhnlicher Temperatur festen Fett, das letztere ist im
gereinigten Zustande identisch mit Elaidin (Pelouze und Boudet).
Palmbutter , Palmöl , aus der grünen Schale der Frucht der Avoira
Eiais, Eiais Guianensis. — Die Palmbutter besitzt die Consistenz von
Schweineschmalz, eine rothgelbe Farbe, einen Veilchengeruch und milden
Geschmack; sie schmilzt in gelinder Wärme zu einem rothgelben Oel; ihr
Schmelzpunkt erhöht sich mit dem Alter, frische Palmbutter schmilzt bei
27°, ältere bei 32 — 36°. Sie wird leicht ranzig und scheint eine eigen-
tümliche Zersetzung zu erleiden. Sehr ranzige Palmbutter giebt nemlich
an Wasser freies Glyceryloxid ab und enthält freie Margarin- und Oel-
säure; in dieser Beziehung verhält es sich den andern Fetten ähnlich. Von
dem flüssigen Oel durch Pressen befreit und mit kochendem Alkohol be-
handelt hinterläfst die Palmbutter etwa % eines schwerlöslichen festen
Fettes, welches sich durch häufige Kristallisationen aus Aether, Pressen
etc. rein und farblos erhalten läfst, In diesem Zustande schmilzt es bei
50° und giebt, mit Alkalien verseift, Glyceryloxidhydrat und reines pal-
mitinsaures Kali , ohne Beimischung von öl- oder talgsaurem Alkali ; die aus
dem Kalisalz abgeschiedene Säure schmilzt bei 60°. (Pelouze und Boudet.)
Butter.
1023
Die Palmbutter enthält einen pomeranzengelbea Farbstoff, der sich durch
Bleichen in der Sonne, durch Behandlung des geschmolzenen Fettes mit
4 p. c. Schwefelsäure, so wie durch Einleiteu von Chlor zerstören läfst.
Das rohe Palmöl dient zur Bereitung von Seife, welche stets den
eägenthümlichen Geruch behält; gewöhnlich wird demselben Talg oder Harz
zugesetzt, um die Consistenz der Seife zu vermehren.
Galambutter. Wird häufig mit der Palmbutter verwechselt; sie kommt
von Bassia butyracea , einem Baum aus der Familie der Sapoteen; besitzt
die Consistenz von Schmelzbutter, eine röthlichweifse Farbe, und den Ge-
ruch und Geschmack der Cacaobutter; schmilzä; und gesteht bei 31 — 83°,
und ist in Alkohol sehr wenig löslich’; verhält sich beim Rauzigvverden
wie Palmbutter.
Pineytaig , von Vateria indica ; ein weifsgelbliches , ziemlich festes
^vegetabilisches Fett, von schwachem angenehmem Geruch und 0,9365 spe-
cifischem Gewicht, schmilzt bei 86,5% löst sich schwierig in Weingeist
von 83 p. c. — Krapaöl und Krapabutter kommen im Handel seltener vor.
Talg , TJnschtitt (Sevum). — Davon sind officinelle Ar-
ten: Hammeltalg (Serum ovillum ), Ochsentalg (Serum bo -
vinum ), Hirschtalg (Serum cerrinum)^ Bockstalg (Serum
hirciniim). Werden durch Auslassen der Fette dieser Thiere erhalten.
Diese Talgarten unterscheiden sich wenig von einander.
Hammel- und Hirschtalg sind aber etwas fester und in rei-
nem Zustande vveifser als Ochsentalg. Uebrigens sind sie
alle vier bei gewöhnlicher Temperatur ziemlich fest, ein we-
nig zähe. Sie zeichnen sich zum Th eil durch einen eigenen
Geruch aus, der nach Checreul von Hircinfett herrührt,
welches beim Verseifen die Seite 933 beschriebene Hircinsäure liefert.
Sie enthalten gegen % festes Fett, werden an der Luft bald
rancid und gelb. Man bleicht sie mit unterchlorigsaurem Kalk, oder
unterchlorigsaurer Magnesia und verdünnter Schwefelsäure. Auf 100 Theile
Talg 3 bis 4 Tb. unterchlorigsaurer Kalk in dem 4- bis 8fachen Gewicht
Wasser gelöst, werden in der Wärme vermischt und die zur Zerlegung
nöthige Menge Schwefelsäure zugesetzt. Sie bilden mit Natron feste,
harte Seife. — Werden zu Salben und Pflaster benutzt; — ferner zu
Kerzen u. s. w.
Ochsenmark fett ( Axungia mednllae Bovis). Durch Aus-
lassen des Ochsenmarks. Gelblichweifses, ziemlich hartes, brüchi-
ges F@tt. Schmilzt leicht in der Hand ,, riecht, eigentümlich,
schmeckt milde. — - Wird zu feinen Salben und Pomaden verwendet.
Butter tBulyrum vaccinum ). W7ird durch starkes Schütteln
des Milchrahms , bis sich die Butter in Klumpen ausgesondert hat, be-
reitet (wobei man als Nebenprodukt Buttermilch erhält). Ein weiches,
salbenartiges, zart anzufühlendes Fett, mehr oder weniger
weifs oder gelb ; riecht eigentümlich angenehm nach But*-
terfett, Butyrin, welches bei der Saponification die S. 931 beschrie-
bene Buttersäure liefert; schmeckt milde angenehm. Enthält noch
Käse und Wasser (oder Buttermilch), welche durch Auslassen
entfernt werden. Die ausgelassene Butter besteht nach Che-
creul aus einem festen kristallisirbaren Fett, was nach Bromeis
Margarinsäure (keine Talgsäure) enthält, ölsaurem und butter-
saurem Glyceryloxid, Butyrin (Capi-on und Caprin), in veränder-
lichen V erhältnissen. Ferner enthält sie gelben Farbestolf und aro-
1024
Schwei nesqhmalz.
matisch riechende Materie. Das Butyrin läfst sich von Elain mittelst Al-
kohol zum Theil scheiden, der es leichter löst. Es riecht und schmeckt
nach Butter, wird sehr leicht sauer. — Die Butter wird bald rancid.
MuPs darum immer frisch seyn. Ausgelassene Butter (Schmalz)
hält sich aber lange gut. Durch Alter rancid gewordene Butter ver-
liert ihre rancide Beschaffenheit durch wiederholtes Behandeln mit dem
doppelten Gewicht heifsen Wassers Man rührt das heifse Gemenge fleifsig
durcheinander oder kocht es nach Peters besser kurze Zeit und trennt
das klare Fett jedesmal von der wässerigen Flüssigkeit. Auf ähnliche Art
lassen sich auch andere rancide Fettarten reinigen. Läfst man geschmol-
zene Butter sehr langsam erkalten , so scheidet sich eine Masse concen-
trisch gruppirter, undeutlich kristallinischer w^eifser und fester körniger
Kristalle ab, die von einem flüssigen gelben Fett umgeben sind. Durch
Pressen lassen sich beide leicht von einander trennen. Giefst man ge-
schmolzene Butter in eiskaltes Wasser, so erhält man sie von der wei-
chen salbenartigen Consistenz der gewöhnlichen frischen Butter. IJm frische
Butter haltbar zu machen , salzt man sie auch ein , gesalzene Butter , diese
taugt nicht zum Arzneigebrauch. Besser ist es, sie in Zuckersyrup zu
legen, der sie gut conservirt. (Vergl. Magaz. für Pharm. Bd. 22. S. 68.
u. Bd. 29. S. 191.) — Dient zu Salben.
Schweineschmalz £ Adeps suilla , Axungia PorciJ.
Vom Schwein ( Sus Scropha Lj. Weifs, körnig, von Salbencon-
sistenz , riecht schwach, schmeckt milde; besteht aus unge-
fähr 38 Theilen festem und 62 Theilen flüssigehi Fett. (Doch
wechseln diese Verhältnisse.) Es wird bald rancid. Dieses reinigt man
wie Butter. — Dient vorzüglich zu Salben und Pflastern.
Pferdeschmalz oder Kammfett ( Axungia Equi ), Hundsfett f Axungia
Cants ), sind bei gewöhnlicher Temperatur fast flüssig^ riechen widerlich;
— Hasenfett f Axungia Leporis ) ist gelb oder röthlich , weich , salbenartig,
von eigentümlichem Geruch; zieht an der Luft schnell Häute und trock-
net; gehört also zu den austrockueudeu Fetten; — Gänsefett f Axungia
Anseris ), weifses, salbenartiges, zartes Fett — und noch mehrere andere
Fettarten , die in ihren physikalischen Eigenschaften mehr oder weniger von
einander abweichen, werden in Apotheken aufbewahrt, jedoch meist sel-
ten mehr gebrauch!.
Wallrathfett.
Synon. : Cetin. — In dem Wallrath und dem Oel des Helphinus glo -
biceps.
Fein zerriebener Wallrath wird wiederholt mit siedendem Weingeist
von 0,816 spec. Gewicht behandelt, bi* der von dem Rückstand abfiltrirte
Weingeist nichts Oeliges mehr hinterläfst. Das Ungelöste ist reines Wall-
rathfett.
Aus der warm gesättigten Auflösung in Alkohol krisfcallisirt das Wall-
rathfett in geschmack- und geruchlosen feinen weifsen Blättchen von Perl-
glanz, schmilzt bei 49° (das aus Delphinöl bei 45° j und gesteht zu einer
strahlig kristallinischen Masse, welche fast hart und weniger fett im An-
fühlen ist wie Wallrath. Bei 360° verflüchtigt sich das Wallrathfett ohne
Zersetzuag. 100 Theile kochender Weingeist von 0,821 spec. Gewicht
lösen 2,5 Wallrathfett, welches sich beim Erkalten grofsentheils wieder
absetzt; es ist leichter in Alkohol löslich, in Aether in der Wärme zu
einer Flüssigkeit, die beim Erkalten fest wird; es ist in Holzgeist, Ter-
pentinöl und fetten Oelen löslich. Der trocknen Destillation unterworfen
erhält man unter partieller Zersetzung brennbare Gase, ferner 90 p. c.
einer bei 23,5 schmelzbaren Masse, welche Oel- und Margarinsäure, un-
zersetztes Wallrathfett, ein in Kali und Weingeist nicht lösliches Oel und
braune Materie enthält (kein Aethal, Bussy 6r Lecanu~).
Wallrath; Cholsterin.
1025
Durch kaustische Alkalien wird das Wallrathfett zersetzt, leichter
und schneller bei Gegenwart von margarinsaurem Alkali; es entstehen auf
der einen Seite ölsaure und margarinsaure Alkalien , auf der andern schei-
det si.eh Cetyloxidhydrat (Aethal) ab. 100 Wallrathfett liefern 40 64
Cetyloxidhydrat (Aethal) und 60,96 eines Gemenges von Oelsäure und
Margarinsaure, was bei 44 — 43° schmilzt. Diesem Schmelzpunkt nach
betrachtet es Chevreul als ein Gemenge von 31,6 Margarinsaure und 29 3
Oelsäure. Säuren verhallen sich gegen die Verbindung wie «e^eü die an-
dern Fett- nnd Talg -Arten.
Chevreul’ s Analyse giebt für 100 Theile Wallrathfett:
Kohlenstoff 81,6
Wasserstoff 12,8
Sauerstoff 5,6
Nach der für diesen Körper von Dumas angenommenen Formel enthält
derselbe 2 Afc. Margarinsaure, 1 At. Oelsäure und drei Atome Cetyloxid
3(C3a U66 0). Um in seiner Zusammensetzung den Salzen der Margarin-
und Oelsäure analog zu seyn , fehlen dem Wallrathfett die Elemente von
1 At. Wasser. Beide f&iuren zusammen neutralisiren 4 At. Basis und es
sind nur 3 At. Cetyloxid vorhanden. Da man nun überdiefs nicht weils
ob die als Margarin- und Oelsäure in dem Wallrathfett angenommenen
fetten Säuren wirklich das sind, wofür man sie hält, was der Schmelz-
punkt nicht entscheiden kann, so bleibt die Constitution des Wallrath-
fettes zweifelhaft.
Wallrath.
Sperma Ceti , Cetaceum. — Findet sich in besondern Höhlen im Kopfe
des Dhyseter macrocephalus , -Tarsio, - microps, - Orthodon und Delphi-
nus edentulus aufgelöst ifi Wallrathöl , scheidet sich von dem letztem nach
dem Tode des Thiers beim Erkalten kristallinisch aus und wird durch Be-
handlung mit Kalilauge davon befreit. Der Wallrath besitzt 0,940 spec.
Gewicht, schmilzt bei 44 — 45°, ist geruch- und geschmacklos , ohne Wir-
kung auf die Pflauzenfarben ; er besteht gröfstentheils aus Wallrathfett,
durchdrungen von einem durch kalten Weingeist entziehbaren, farblosen
oder gelblich gefärbten Oel. Seine Eigenschaften sind im Uebrigen die des
Wallrath fettes.
Cholsterin ( Gallenfett ). Das Cholsterin findet sich im thierischen Kör-
per im Blute, im Gehirn, und namentlich in der Galle, aus welcher es
sich iu gewissen Krankheitszuständen in der Gallenblase häufig in stein«
artigen Concretionen abscheidet; die Gallensteine unterscheiden sich von
den Blasensteinen durch ihre kristallinische Beschaffenheit, leichte Schmelz-
barkeit und Löslichkeit in Aelher und Alkohol. Aus trockuem Blutserum
und dem Eigelb der Hühnereier läfst es sich durch Aether ausziehen. Am
reinsten gewinnt man es aus den Gallensteinen , die man feingepulvert in
kochendem Alkohol löst. Beim Erkalten der Flüssigkeit schiefst das Chol-
sterin in durchscheinenden Blättern an, die man durch wiederholte Kri-
stallisationen reinigt. Durch Behandlung mit verdünnter Kalilauge kann
man den Kristallen beigemischte fette Säuren leicht entziehen.
Das Cholsterin stellt grofse wreifse perlmutterglänzende , geschmack-
und geruchlose Blätter dar, welche leichter als Wasser sind und bei 137°
zu einem farblosen Liquidum schmelzen, was zu einer blätterigen kristal-
linischen, leicht pulverisirbareu, beim Reiben stark elektrisch werdenden
Masse erstarrt. Bei Abschluls der Luft der Destillation unterworfen, de-
stillirt es unverändert über; durch den EinOufs einer raschen und schnellen
Erhitzung wird der rückbleibende Theil in seinen Eigenschaften verändert
(_Kühn), seine Dämpfe sind entzündlich und brennen angezündet mit rufsen-
der Flamme.
Ein Theil Cholsterin löst sich in 9 Th. siedendem Alkohol von 0,84,
n 5,54 Th. von 0,816 spec. Gewicht; in kaltem Alkohol ist es wenig lös-
1026
Cholsterin- und Ambreinsäure.
lieh; die aus der alkoholische« Lösung erhalteneu Kristalle verlieren 5 t
bis 5,8 p. c. ihres Gewichts, ohne ihren Glan« zu verlieren; es löst sich
in 13 Th. kaltem , in 33 Th. siedendem Aether. Es löst sich in Holzgeist
sehr schwierig in Terpentinöl. Durch Erwärmen mit concentrirter Schwe-
felsäure erleidet es eine Zersetzung, mit Salpetersäure gekocht liefert es
Cholsterins äure.
Ein Hauptcharakter des Cholsterins ist seine Unverseifbarkeit mit
kaustischen Alkalien, und da es mit Alkalien keine Art von Verbindung
eingeht, so ist die Frage, in welcher Form es im Serum des Blutes und
in der Galle, in wässerigen Flüssigkeiten also, gelöst ist, von Interesse.
Hierüber scheint eine Angabe von Wagner den Schlüssel zu geben, indem
er gefunden hat, dafs 4 Th. trockner Seife in Wasser gelöst, einen Theil
Cholsterin vollständig aufnehmen. Die Zusammensetzung des Cholsterins
ist folgende :
Chevreul. Couerbe. Marchand.
Kohlenstoff 85,095 — 84,895 — 84,86 — 84,90
Wasserstoff 11,880 — 13,099 — 18,05 — 13,00
Sauerstoff 3,035 — 3,006 — 3,09 — 3,10
Aus diesen Verhältnissen lassen sich für das Cholsterin zwei Formeln ent-
wickeln, über deren Richtigkeit eine Bestimmung seines Atomgewichts
allein Aufschlufs geben kann , die eine ist C58 H66 0, die andere C36 H64 0.
Die erstere setzt einen schwachen Verlust, die andere, wie bei andern
sehr kohlereichen Substanzen, einen kleinen Ueberschul's in dem Kohlen-
stoffgehalte voraus.
Cholsterinsäure. Produkt der Eiuwirkuug der Salpetersäure auf Chol-
sterin; entdeckt von Pelletier und Caventou. Zur Darstellung dieser Säure
wird Cholsterin mit mäl’sig concentrirter Salpetersäure so lange gekocht,
als sich noch eine Einwirkung zeigt. Die lieifs abgegossene saure Flüs-
sigkeit setzt beim Erkalten und beim Verdünnen mit Wasser Kristalle ab,
die mau durch wiederholte Auflösung und Kristallisation aus Alkohol rei-
nigt. Die Cholsteriosäure stellt schwach gelblichgefärbte Nadeln dar, wel-
che leichter als Wasser und geschmacklos sind , Lackmus röthen und bei
58° schmelzen; sie wird beim Erhitzen zersetzt, ist in Wasser wenig,
leicht in Aether, flüchtigen und fetten Oelen uud in Alkohol löslich; sie
bildet mit Basen rothgefärbte , mit den Alkalien lösliche, mit den andern
Basen unlösliche oder schwerlösliche Salze. Sie gab in der Analyse i
51,943 Kohlenstoff, 7,137 Wasserstoff, 8,505, Stickstoff, 32,416 Sauer-
stoff ( Pelletier är Caventou ), enthält hiernach die Elemente von Salpe-
tersäure.
Ambrein . Hauptbestandtheil der Ambra. Zu seiner Darstellung ver-
fährt man mit der Ambra genau wie be^ der Darstellung des Cholsterins
aus Gallensteinen. Das Ambrein ist weifs, pcrlmuttergläuzeod, geruchlos
im reinen Zustande, schmelzbar bei 30° ( Pelletier ör Caventou') , bei
37,5° C John ); es wird durch trockne Destillation theil weise zerlegt; gleich
löslich in kaltem und warmem Alkohol und durch Verdunsten daraus kri-
stallisirbar , löslich in Aether, fetten und fluchtigen Oelen Unverseifbar
durch kaustische Alkalien. Pelletier erhielt durch die Analyse 83,37 Koh-
lenstoff, 13,63 Wasserstoff und 3,31 Sauerstoff. v
Ambreinsüure , entdeckt von Pelletier Caventou durch Behandlung
des Ambreins mit Salpetersäure. Wenn man keine Entwickelung von saD
petriger Säure beim Sieden des Ambreins mit Salpetersäure mehr wahr-
nimmt, wird die Flüssigkeit eingedampft, der Rückstand mit Wasser ge-
waschen, mit Wasser und kohlensaurem Bleioxid gekocht, das gebildete
salpetersaure Bleioxid durch Waschen entfernt, und der Rückstand psit sie-
dendem Alkohol behandelt, welcher Ambreinsäure auflöst und beim Er-
kalten und Verdunsten in kleinen gelblichen Tafeln absetzt. Die Ambrein-
säure ist geschmacklos, von schwachem Geruch, sehr schwer! öslich in
Wasser, leichtlöslich in Alkohol und Aether; sie röthet Lackmus , schmilzt
bei 100° und bildet mit Alkalien leichtlösliche, mit den andern Basen
Wachs.
1027
schwerlösliche oder unlösliche Salze von gelber Farbe. Die Zusammen-
setzung der Ambreinsäure ist nach Pelletier folgende: 54,93 Kohlenstoff,
7,01 Wasserstoff, 4,71 Stickstoff, 33,75 Sauerstoff; ihr Atomgewicht
1807,02.
Castorin. Bestandteil des Biebergeils (Castoreums). Eine heifse ge-
sättigte Auflösung von Biebergeil in 6 Th. Alkohol setzt beim Erkalten
gewöhnliches Fett ab, davon getrennt liefert die filtrirte Flüssigkeit beim
langsamen Verdunsten Kristalle von Castorin. Das durch mehrmaliges
Umkristallisiren gereinigte Castorin stellt feine vierseitige durchsichtige
Nadeln dar von schwachem Biebergeilgeruch und Geschmack , es schmilzt
in kochendem Wasser und erstarrt nach dem Erkalten zu einer harten
durchsichtigen Masse, welche fest und pulverisirbar ist; es scheint sich
mit siedenden Wasserdämpfen zu verflüchtigen, ist schwerlöslich in Alko-
hol, die gesättigte Lösung gesteht heim Erkalten, leichtlöslich in Aether,
nur in der Hitze in flüchtigen Gelen $ es löst sich in kochender verdünnter
Schwefelsäure und kristallisirt daraus beim Erkalten , es löst sich in con-
centrirter Essigsäure und in kaustischen Alkalien ohne Veränderung. Mit
Salpetersäure soll nach Brandes eine der Ambreinsäure ähnliche Säure
daraus entstehen.
Wachs ( Cera) .
Wachs, oder dem Wachse sehr ähnliche Materien, findet sich in vielen
Pflanzen, namentlich im Bliithenstaube ; es dient den Bienen zum Bau ihrer
Zellen. Ob es von denselben aus Nahrungsmitteln wie Zucker unter ge-
wissen Umständen erzeugt wird, ist nicht hinreichend ermittelt.
197. Durch Umschmelzen der Bienenzellen mit Was-
ser erhält man Wachs von gelber Färbe ( Cera citrina) und
eigentümlichem Geruch; es ist hart, in gelinder Wärme
knetbar, schwach klebend, kaum fettig, von körnig spiittri-
gem Bruch, leichter als kaltes, schwerer als heifses Wasser,
leitet nicht die E. E., schmilzt bei 62 — 63° €. (50° B.). In
dünnen Bändern der Luft und dem Lichte ausgesetzt verliert
es von seinem Gerüche und wird weifs, an den Kanten
durchscheinend; sein Schmelzpunkt erhöht sich auf 70° C.
(56° B.) und es erstarrt geschmolzen bei 65° C. (o2° R.).
Ueber die Zusammensetzung des Wachses sind von Gay-Lussac und
Thenard , Chevreul, Boudet und Boissenot, Saussure, Ettling und Hefs
Untersuchungen angestellt worden. Behandelt man gelbes Wachs mit Ae-
ther, so nimmt dieser die Farbe auf, es vertheilt sich zu feinen weifsen
«arteu kristallinischen Schuppen, die bei 64 bis 65° schmelzen und 80,79
— 80,84 Kohlenstoff, 13,21 — 13,22 Wasserstoff und 6, —5,94 Sauerstoff
enthalten. (Hefs.J
Das Bienenwachs ist ein Gemenge von zwei Substanzen, verschieden
von einander durch ihre ungleiche Löslichkeit in Alkohol. Das in Alkohol
leicht lösliche hat den Namen Cerin, das schwerlösliche den Namen My-
ricin erhalten.
Myricin. Behandelt man Bienenwachs mit kochendem Alkohol, so löst
sich das Cerin auf und es bleibt ein Rückstand von Myricin , welches bei
65° schmilzt, sich in 200 Th. kochendem Alkohol, in 99 Th, kaltem Ae-
ther löst (Boudet#' Boissenot, Buchhol% # Brandes } und bei der trock-
nen Destillation zum grofsen Theil unverändert äberdestillirt; es wird durch
kochendes Kali nicht verseift und zeigt nach der Behandlung mit kochen-
der Kalilauge denselben Schmelzpunkt und die nemliche Löslichkeit wie
zuvor (Boudet #r Boissenot , Ettling Aus der heils gesättigten Lösung
in Alkohol scheidet es sich beim Erkalten in einzelnen Flocken ab.
1028
Wachs.
Cerin. Die Flüssigkeit , welche man erhalt, wenn gebleichtes Bienen-
wachs mit kochendem Alkohol behandelt wird, gesteht nach dem Erkalten
zu einer aus feinen Nadeln bestehenden gallertartigen Masse. Die von
dem Alkohol getrennte Substanz ist Cerin; es löst sich in 16* Th. kochen-
dem Alkohol, schmilzt bei 62° ( Boudet <$r Boissenot ) und giebt mit kau-
stischem Kali gekocht einen trüben Seifenleim. Dampft man die alkalische
Seife zur Trockne ab und behandelt den Rückstand mit kaltem Alkohol,
so läfst dieser eine feste Alkali-freie wachsähnliche Substanz zurück,
welche sich in Alkohol löst und daraus in Flocken kristallisirt ; diese Sub-
stanz ist Cerain , es schmilzt bei 70° (^Boudet öf Boissenot') , nach Ettling
wird es noch nicht in siedender Kalilauge flüssig.
Die bis jetzt über das Bienenwachs angestellten vollständigsten Un-
tersuchungen sind von Boudet Boissenot und Ettling ; Hefs und Andere
beschäftigten sich nur beiläufig damit, und die von ihnen geäufserten Mei-
nungen über die Natur des Wachses stützen sich auf .einige in der Ana-
lyse erhaltenen Zahlenresulfate , welche, wie sich von selbst versteht,
über das ungleiche Verhalten zum Alkohol und zum Kali keinen Aufschlufs
zu geben fähig sind.
Das Wachs in den Bienenzellen ist vveifs , nicht gelb, und in dem
Blüthenstaube der Pflanzen in dem Zustande einer grofseren Vertheilung
der Luft preisgegeben, als diefs auf dem mechanischen Wege des ßänderns
beim Bleichen geschehen kann. Wenn es also fähig ist Sauerstoff an der
Luft aufzuuehinen , so kann man anuehmen, dafs es, von den Bienen ge-
sammelt, damit gesättigt ist. Aus dem Umstand nernlich , dafs Aether aus
dem gelben Wachse eine Substanz auszieht,' welche identisch in ihrer Zu-
sammensetzung mit dem Rückstände ist, schliefst Hefs , dafs es kein Ge-
menge von zwei in ihren Eigenschaften verschiedenen Materien, sondern
eine einfache Substanz sey, welche keine Margarinsäure enthalte; allein
wenn das Wachs Margarinsäure in Verbindung mit Cerain enthält, so ist
es schwer, sich eiue Vorstellung zu machen, wie man durch Behandlung ,
mit Aether die Abwesenheit der Margarinsäure beweisen kann.
Es ist als völlig entschieden zu betrachten, dafs das gewöhnliche Bie-
nenwachs ein Gemenge in sehr ungleichen Verhältnissen von zwei Sub-
stanzen ist, von denen sich die eine leicht, die andere sehr schwer in
Alkohol löst, und es ist nicht unwahrscheinlich, dafs es Wachs giebt,
welches nur den einen oder den andern dieser beiden Körper enthält.
Eine Sorte Wachs, welche Bostock untersuchte, löste sich vollständig
in weniger als 20 Th. Weingeist; nach Boullay ist es in 20,6 Th. und
nach Chevreul erst in 50 Th. siedendem Weingeist von 0,816 spec. Ge-
wicht löslich.
Nach Buckholz und Brandes enthält das gelbe Wachs 9/10 in Alkohol
lösliche Theile (Cerin) , nach Boudet und Boissenot 70 Th. Cerin , und das
von Hefs untersuchte hinterlielk 9/iq in Alkohol unlösliche Materie (Myri-
cin). Während Hefs aus dem Rückstände des mit Aether behandelten
Wachses 80,79 — 80,84 p c. Kohlenstoff durch die Analyse bekam, er-
hielt er aus dem von ihm dargestellten Myricin in 3 Analysen 81,38 bis
81,52 p. c. Kohlenstoff. Der Alkohol hatte hiernach eine Materie ausge-
zogen, welche mehr Sauerstoff enthielt als der unlösliche Rückstand, eine
Substanz, die der Aether zurückliefs. Ettling erhielt in der That durch
die Analyse des Cerins (des in Alkohol löslichen Bestandteils) 78,8642
Kohlenstoff, 13,4887 Wasserstoff und 7,6470 Sauerstoff, und durch die
Analyse des Myricins 81,1517 — 80,0136 Kohlenstoff, 13,7505 — 13,8485
Wasserstoff und 5,0978 — 6,1379 Sauerstoff.
Chevreul behandelte Bienenwachs, welches bei 64° zu gestehen anfing
und bei 62,75° fest wurde, mit Kalilauge und erhielt 34,6 p. c. eines
Säuregemenges, welches aus Margarin- und Oelsäure zu bestehen schien,
und 56^7 p. c. einer nicht sauren unverseiften Substanz, welche bei 74,75°
fest würde, beide zusammen geben 101,3 feste Substanz, und diese Ge-
wichtszunahme beweist offenbar, dafs hier eiue wirkliche Verseifung
sfcattgefuuden hat.
Wachs,
1029
Das aus Cerin durch Verseifung mit Kali erhaltene Cerain gab in der
Analyse 80,4387 Kohlenstoff, 13,7485 AAAasserstofF und 5,8131 Sauerstoff
es hat alscr die nemliche Zusammensetzung wie das Mvririn \ ’
Das Wachs der Kohlblätter gesteht bei 75% mit Alkalien behandelt
wird es nicht verseift (Cherreul), es verhält sich mithin genau wie der
Rückstand des verseiften Bienenwachses und wie das Myricin Das w« h
der Myrica cerifera schmilzt bei 49° und giebt bei seiner Verseif.l™
Talgsäure, Margarin- und Oelsäure neben Glyceryloxidhvdrat Alle ihr?-
gen Arten von den Substanzen, die man mit Wachs bezeichnet
sich zwischen beiden zuletzt genannten klassificiren , es sind Gement J £
den mannigfaltigsten Verhältnissen von unverseifbaren mit verseifhare»
Materien. ^ Ddren
, .. Al1® Arten Wachs sind in flüchtigen und fetten Oelen löslich: in
fetten Oelen gelost giebt das Bienenwachs salbenartige Massen, Cerate .
Destillationsprodukte des Bienenwachses.
Bei der Destillation des gebleichten Bienenwachses erhält man a i«
Kub"rgeheUdes PrKodukt eine weifse ^ste harte Masse, die ,og
Wachsbutter, spater geht ein flüssiges mit Kristallblättchen gemengtes ofi
über, wahrend im Rückstände eine schwarze elastische, etwas lederartige
in Alkalien unlösliche Masse bleibt, die bei fortgesetzter Erhitzung flüch"
tiges Oel liefert und Kohle hinterläfst. g nucü
Wachsbutter giebt mit verdünnter Kalilösung erwärmt eiuen bräun
liehen Seifenleim, auf dessen Oberfläche sich in der Wärme eine klarl
o artige Flüssigkeit sammelt, die beim Erkalten zu einer weiften krisfalü
nischen Masse erstarrt. v «nstaiii-
Das Alkali nimmt hierbei aus der Wachsbutter eine fette Säure auf
welche mit Salzsaure abgeschieden, nach mehrmaliger Kristallisation aus
Alkohol warzenförmige weifte, fettig anzufühlende Kristalle von »erimim
Glanze darstellt, die bei 54° schmelzen und bei 52,3° erstarren "lli. 'Z
sammensetzung dieser Säure ist unbekannt. / l"
.®‘® ®uf. ‘'er aus Wachsbutter erhaltenen Seife sebwinnnende uuver
seifbare Jiubstauz knstallisirt aus helft gesättigtem Alkohol in blendend
weiße» Spiesdhen und Blättchen, welche getrocknet atlasglänzend sind
und bei 53 zu einem durchsichtigen Oele schmelzen, welches bei 43° ™
einer kristallinischen Masse erstarrt. Seiner Zusammensetzung und allen
seinen Eigenschaften nach ist dieser Körper identisch mit Paraffin '
Wwd die Wachsbutter wiederholten Destillationen unterworfen
verliert sie immer mehr ihre feste Beschaffenheit und liefert i's 1,
Produkt ein gelbliches dünnflüssiges Oel, weiches eine fette s'ii.rs D**
raffln und einen gelblichen Farbstoff enthält, von welchem ei leicht tlnrlh
Rectifikation über etwas Kalihydrat gereinigt werden kann ; es siedet m
diesem Zustande bei 187“, besitzt ein spec. Gewicht von 0,7503 und die
nemliche Zusammensetzung wie das ölbildende Gas. Mit concemrirt«
Schwefelsäure färbt es sich carminrotli, beim Erwärmen schwwz lu
Chlorwasserstoffsaure scheint es eine Verbindung einzugellen 9
lmhiül1 der Df;Stil!iltir des Wachses bemerkt man unter den Produkten
kohlensaures Gas, aber weder Akrolein noch Fettsäure. (Ett/inai
Das Bienenwachs wird zuweilen verfälscht, z. B. mit Harz Frh.o»
D^ehl, Schwefelpulver u, s. w. Mit wässerigem AVein^eist läfsfc sirh ria«-
zenZnhUS Fehe°v dj,® bei^emeDSten Substanzen scheiden ^sich beim Schmel-
®e" \ E?C XerlaIschuo^ mit TaI^ läfst sich an der weicheren Ss
stenz ^ der leichteren Schmelzbarkeit und an dem Fettsäure*eImP des De
stülates leicht erkennen. - In der Pbarmacie wird es zu Salben Pflasfer"
Wachsschwanim , AVacbspapier u. s. w. verwendet. De ? 4 ßaster?
Wachsähnliche Substanzen aus dem Pflanzenreich sind ferner :
vn» SOgenannie JaPflische Wachs oder Baumwachs , aus den Früchten
Uhus succedanea L. erhalten, kommt seit Kurzem aus Ostindien,
Wachs.
1030
Fälschlich glaubte man auch, es käme aus Amerika und nannte es ame-
rikanisches Wachs. — Eine dem weifsen Wachs sehr ähnliche Masse; hat
eine blalsgelblichweifse Farbe, ist durchscheinend, überzieht sich mit der
Zeit mit einem weifslichen Hauch. Seine Cpnsistenz ist fast wie die des
weifsen Wachses, jedoch ist es etwas brüchiger und weicher, fühlt sich
auch mehr fett an als Wachs, riecht und schmeckt etwas rancid ; spec.
Gewicht 0,97; beim Kauen zertheilt es sich zu einem körnigen Pulver;
schmilzt bei 40° R. und erstarrt bei 34°. Löst sich leichter und vollstän-
dig in Alkohol , eben so in Aether. Mit Alkalien saponificirt es sich leicht
und wird gröfstentheils in Margarinsäure , oder eine ähnliche Säure , ver-
wandelt. Besteht nach Oppermann aus 72,8788 Kohlenstoff, 12,0297
Wasserstoff und 15,0915 Sauerstoff. — Man kaun diese Wachsart wie
Bienenwachs zum Theil zu Salben und Pflaster benutzen; wegen der mei-
stens ranciden Beschaffenheit taugt es aber, ohne vorherige Reinigung,
nicht zu feinen Salben. Als Brennmaterial ersetzt es das Wachs nicht,
denn es brennt noch schlechter als Talg, wahrscheinlich wegen seinem
bedeutenden Gehalt an Sauerstoff. (Vergl. auch Magaz. für Pharmac.
Bd. 35. S. 57.)
Wachs des nordamerikanischen Wachsbaums (Myrica cerifera u. a.).
Wird erhalten durch Anskochen der reifen Früchte mit Wasser. Das
Wachs schwimmt oben auf und wird durch Umschmelzen gereinigt. —
Grünliches, durchscheinendes Wachs, kann durch’s Sonnenlicht ganz ge-
bleicht werden ; fest und brüchig in der Kälte , so dafs es sich pulvern
läfst ; spec. Gewicht = 1 ; schmilzt bei 34° R. ; besteht nach John aus
6,6 Cerin und 1 Myricin. Nach Chevreul besteht es aus Talg und grünem
Harz, und bildet bei der Saponification Talg-, Margarin- und Oelsäure,
so wie Oelsüfs. (Vergl. auch Magaz. für Pharm. Bd. 8. S. 83.) — Kann
wie das vorhergehende benutzt werden.
Die Wachsarten aus andern Pflanzen, z. B. aus Croton sebiferum, Ce-
lastrus ceriferus, Pe-ld (Magaz. für Pharm. Bd. 11. S. 129), und Pal -
menwachs, aus Ceroxylon Andicola (Magaz. f. Pharmac. Bd. 23. S. 194),
sind nicht bei uns in Apotheken gebräuchlich. Die Milch des Kuhbaums
enthält, nach Marchand , kein Wachs, sondern zwei Harze, von einer
dem Camphoröl ähnlichen oder gleichen Zusammensetzung und einen kaut-
schuckähulichen Stoff, von der Formel C20 H66 05. Manche haben zum
Theil mehr harzartige Beschaffenheit. — Dahin gehört auch
das Stopfwachs , Bienenharz ( Propolis'). Dieses ist die Substanz,
womit die Bienen die Risse der Korbe überziehen, um das Licht, Luft u.
s. w. abzuhalten. Eine braungelbe, zähe, klebrige Substanz, die nach
Storax riecht. Besteht nach Vauquelin aus 3 Theilen Harz und 1 Theil
Wachs und Unreinigkeiten. — Wurde ehedem zu Pflaster und Salben ge-
braucht.
Cerosin. Formel: C43 H100 0* ~ C48 H96 , H4 02 f Dumas). — Auf
der Oberfläche des violetten und anderer Zuckerrohrarten scheidet sich
eine weifse oder graugrüne wachsartige Materie ab , die entweder durch
Abschaben oder beim Erhitzen des Saftes zum Sieden, wo sie sich mit
dem Schaum oben abscheidet, gesammelt werden kann Sie wird durch
Umkristallisiren aus Alkohol gereinigt. — Das Cerosin bildet feine, perl-
mutterglänzende, sehr leichte Blättchen, welche Papier nicht beflecken,
zwisqhen den Fingern nicht weich werden und sich leicht zu einem weis-<
sen Pulver zerreiben lassen. Es schmilzt bei 82° C., wird bei 80° wieder
fest, von 0,961 spec. Gewicht bei 10°, geruchlos, erleidet durch Kochen
mit Kali keine Veränderung und verändert sich nicht an der Luft. Es ist
fast unlöslich in Wasser und kaltem Alkohol, völlig löslich in kochen-
dem, damit beim Erkalten eine opodeldockähnliche Masse bildend. Unlös-
lich in kaltem und schwerloslich in heifsem Aether. fAvequin.)
Cerainsäure. Die bei Behandlung der Waizenstärke mit Salpetersäure
bei der Darstellung der Oxalsäure auf der Oberfläche der Flüssigkeit sich
ausscheidende wachsartige Substanz ist von Hefs mit dem Namen Cerain -
I
Chelidoii“ und Caincasäure
1031
säure belegt worden; er fand , dafs sie sich leicht mit Alkalien zu einer
Seife verbindet, die durch Säuren zersetzt wird; sie ist löslich in Alkohol
und Aether. Nach einer Analyse enthält diese Substanz 73,37 Kohlen-
stoff, 13,14 Wasserstoff und 14,49 Sauerstoff,
Anhang.
Nicht oder weniy untersuchte organische Säuren .
Chelidonsäure , ScTiöllsäure. Von Probst in dem Kraut und der Wur-
zel von Chelidonium majus entdeckt. — Zu ihrer Darstellung zieht man
die frisch getrocknete Pflanze mit natronhaltigem Wasser aus, übersättigt
das klare Filtrat, oder auch den geklärten ausgeprefsten Saft mit Salpe-
tersäure und fällt mit salpetersaurem Bleioxid. Der mit etwas verdünnter
Salpetersäure gewaschene Niederschlag wird mit Schwefelnatrium zersetzt,
mit dem Schwefelblei und Thierkohle aufgekocht, das überschüssige Schwe-
felnatrium durch eine Säure zerlegt und das verdampfte Filtrat kalt mit
Schwefelsäure gefällt. Durch wiederholtes Umkristallisiren erhält man die
Säure rein. — Sie bildet kleine, farblose, stark saure, geruchlose, an der
Luft verwitternde, nicht flüchtige Kristalle. Löst sich in 166 Th. Wasser
b>ei 8°, in 709 Th. 75procentigem Alkohol bei 32° und in 26 Th. kochen-
dem Wasser. Die wässerige Lösung wird durch überschüssiges Kalkwasser
in der Hitze, ferner durch Blei-, Quecksilber- und Silbersalze weifs
gefällt.
Die Chelidonsauren Alkalien sind leicht löslich, kristallisirbar; chelidon-
saurer Baryt, Kalk und Strontian sind schwer löslich, chelidonsäure Bit-
tererde ist in 79 Th., -Zinkoxid in 146 Th. Wasser löslich; das bei 100®
getrocknete Silbersalz enthält 56,5 p. c. Silberoxid. C Probst .)
Die Säure enthält nach einer damit angestellten Analyse, die indessen
wiederholt werden mufs, 38,17 Kohlenstoff, 2,22 Wasserstoff und 59,61
Sauerstoff, was nahezu der Formel C? H4 06 entspräche. Jedenfalls be-
sitzt diese Säure eine Zusammensetzung , welche der in derselben Pflan-
zenfamilie vorkommenden Meconsäure verwandt ist. — Das Silbersalz gab
als Atomgewicht der Säure die Zahlen 1068, . . und 1059.
Caincasäure C Acidum caincicum'). Synon. : Caincabitter (^Cainca-
niurti). Formel: C8 H14 04 (?) CJ- h.). — Von Francois, Pelletier und
Caventou entdeckt. — Findet sich in der Caincawurzel (von Chiococca
racemosa L. , Ch. densifolia und Ch. anguifuga Mart.). Man erhält sie,
indem man den alkoholischen Auszug der Wurzel verdampft, den Rück-
stand mit Wasser in der Siedhitze behandelt und die Flüssigkeit mit soviel
Kalkmilch versetzt, bis sie nicht mehr bitter schmeckt. Das niedergefal-
lene basische Kalksalz zerlegt man durch Kochen mit einer alkoholischen
Lösung von Kleesäure; aus dem Filtrat setzen sich Kristalle von Cainca-
säure ab. Oder man fällt die concentrirte wässerige Abkochung der Wur-
zel mit Bleiessig, behandelt den gewaschenen Niederschlag kochend mit
schwefelsäurehaltigem Alkohol und verdampft.
Die Caincasäure kristallisirt in kleinen w’eifsen, büschelförmig ver-
einigten Nadeln, ist geruchlos, anfangs fast geschmacklos, später sehr un-
angenehm bitter und scharf. Sie ist luftbeständig, sublimirt beim Erhitzen
(heilvveise , mit Rticklassung von Kohie. Sie löst sich in 600 Th. Wasser
und in ebensoviel Aether, leichter in Alkohol; die Auflösungen röthen
Lackmus. Salzsäure oder Salpetersäure lösen sie leicht und verwandeln
! sie schon in der Kälte in eine Gallerte, welche beim Verdünnen mit Was-
ser weifse Flocken fallen läfst, die nach dem Auswaschen geschmacklos
und in Wasser unlöslich sind. Von Schwefelsäure wird sie zersetzt; in
Essigsäure ist sie ohne Veränderung löslich. Das Caincasäurehydrat ent-
hält 9 p. c. Wasser, welches in ihren Salzen durch die Base ersetzt wird.
Die cainqisauren Alkalien sind unkristallisirbar , leichtlöslich in Wasser
und Weingeist und schmecken bitter. Säuren schlagen aus ihren Auflö-
sungen die Säure nieder.
1082
Kramer- und Schwammsäure.
Kramersäure ( Acidum Cramericum). Zuerst von Peschier beschrie-
ben. Sie findet sich in dem käuflichen amerikanischen Ratanhiaextract.
Aus mehreren im Handel vorkommeuden Arten der Ratanhiawurzel
meria triandra') konnte die Säure nicht erhalten werden. Aus dem in
Wasser gelösten Extract oder aus der Abkochung von einer diese Säure
enthaltenden Wurzel wird durch Leim und Eisenvitriol der Gerbestoff, der
Farbstoff und die Gallussäure niedergeschlagen. Das überschüssige Eisen
wird durch Kalkerde gefällt. Die Flüssigkeit enthält nun kramersaure
Kalkerde , die man durch kohlensaures Kali zersetzt. Eine andere Berei-
tungsart besteht darin, dafs man die vom Gerbestoff/ befreite kochende
Flüssigkeit mit kohlensaurem Baryt sättigt, mit verdünnter Schwefelsäure
versetzt, so lange ein Niederschlag entsteht und noch heifs filtrirt. Beim
Erkalteu kristallisirt kramersaure Baryterde. Das auf die beschriebene
Weise dargestellte Baryt- oder Kalisalz wird mit essigsaurem Bleioxid ge-
fällt und aus dem Niederschlag durch Schwefelwasserstoff die Kramersäure
geschieden. Man dampft die Flüssigkeit bis zur Syrupsconsistenz ab, wor-
aus beim Stehen allmählig die Säure in kleinen luftbeständigen Kristallen
anschiefst. Sie hat einen sauren zusammenziehenden Geschmack und ist
nicht flüchtig. Die Säure ist bemerkenswert durch ihr Verhalten zu Baryt.
Das Kali-, Natron- und Ammoniaksafz kristallisiren , das Barytsalz
bildet sehr kleine biegsame Kristalle, in Alkohol ist es unlöslich und nur
von 600 Th. kochendem Wasser wird es gelöst. Weder durch Schwefel-
säure noch durch schwefelsaure Salze, wohl aber durch kohlensaure wird
'diese Lösung gefällt. Die Säure hat die bemerkenswerthe Eigenschaft, der
schwrefelsaureu Baryterde den Baryt zu entziehen. Das basische Barytsalz
ist in 450 Theilen Wasser löslich.
Kaffeesäure und Kaff eeg erb säure ; von Runge entdeckt, nachher von
Pfaff untersucht. Sie werden erhalten, wenn man das Kaffeedecoct mit
essigsaiirem Blei versetzt, wodurch kaffeesaures und kaffeegerbsaures Blei
gefällt wrird. Man scheidet durch Schwefelwasserstoff das Blei ab, ver-
dampft die Flüssigkeit zur Syrupsconsistenz und vermischt sie mit einer
gleichen Menge Alkohol, wodurch Kaffeesäure als weilses Pulver abge-
schieden wird, während die Kaffeegerbsäure darin gelöst bleibt. Durch
Lösen in Wasser läfst sich die Kaffeesäure von den damit gemengten un-
löslichen Salzen trennen. Ihre Verbindungen mit den Alkalien kristalli-
siren nicht und sind von rein brauner Farbe. Baryt und Kalk geben damit
gelbe, in Salpetersäure lösliche Niederschläge. Ihre bemerkenswertheste
Eigenschaft ist, dafs sie bei ihrer Zersetzung in der Hitze den dem ge-
brannten Kaffee eignen aromatischen Geruch verbreitet.
Die Kaff eeg erb säure ist in Wasser und Alkohol in allen Verhältnissen
löslich. Sie gehört zu den Gerbsäuren, welche Eisensalze grün fällen.
Kupferoxidsalze werden dadurch pistaziengrün gefällt ; dieser 'Niederschlag
lost sich in Ammoniak. Mit den Erden giebt sie gelbgefärbte, in Wasser
unlösliche Verbindungen. Durch Salpetersäure wird sie in Oxalsäure ver-
wandelt.
Boletsäure ( Acidum boleticum). — Von Braconnot im Boletus pseudo-
igniarius entdeckt. Behandelt man den verdampften Saft des Schwamms
mit Alkohol, so hinterbleibt ein weifser Rückstand, der nach dem Auf-
lösen in Wasser, Fällen mit salpetersaurem Bleioxid und Zersetzen des
Niederschlags mit Schwefelwasserstoff, die Boletsäure liefert. — Kristal-
lisirt in farblosen, vierseitigen Nadeln, von saurem, dem Weinstein ähn-
lichen Geschmack, reagirt stark sauer und ist fast unzersetzt sublimirbar;
löst sich in 180 Th. Wasser von 20°, in 45 Th. Alkohol. Fällt Eisenoxid
vollkommen aus seinen Auflösungen.
Schwammsäure f Acidum fuvgicum ). — Kommt nach Braconnot in
den meisten Schwämmen vor; im freien Zustande in Peziza nigra, an Kali
gebunden in Hydnum hybridum. Boletus juglandis, B. pseudoigmarius,
Merulius cantharellus u. s. w. ; wird auf ähnliche Art wie die Boletsäure
dargestellt. Die Säure ist farblos, stark sauer, zerflielslich , nicht krb-
stallisirbar.
Aetherische Oele,
1033
Tamcetsäure. — Nach Peschier enthalten die Blüthen von Tamcetum
vulgare eine in Wasser lösliche, in Nadeln kristallisirende Säure, welche
Baryt-, Kalk-, Blei-, Silber-, Zink- und Quecksilberoxidulsalze fällt
Lactucasäure. Die von Pfaff im Safte von Lactuca virosa als eieen-
thumlich angenommene Saure ist, nach Versuchen von II«/;.. Kleesäure
Atropasüure. Von Richter in der Atropa Belladonna entdeckt, worin
sie, mit Atropin verbunden, enthalten seyn soll. Er erhielt sie . indem
er dm bm seiner Bereitung des Atropins resultirende ammoniakalische Flüs-
sigkeit durch Verdampfen und Zusatz von Kali von dem Ammoniak hei
freite, mit Thierkohle entfärbte und das atropasaure Kali, nach dem Ver-
dampfen zur Trockne, mit verdünnter Schwefelsäure zersetzte, wo die
Atropasaure knstallisirte. Sie war flüchtig. Ihre Eigenthiimlichkeit Ist
noch nicht naher dargethan.
Cocogninsäure. - In den Saamen von Daphne Gnidium. Man erhält
daaa!?' !?d/m^an das weingeis«ge Extract der Saamen
mit Wasser behandelt und das Filtrat verdunstet. Sie kristallisirt in farb-
losen, vierseitigen, eigentümlich säuerlich schmeckenden Prismen.
Solaninsäure, soll nach Peschier in allen Solanenarten Vorkommen.
Coniinsaure im Conium maculatum L.; andere problematische Säuren
smu noch z
Ahornsäure, in Acer campestre L., und Maulbeerholzsäure, China-
novasaure, Memspermsäure , Seidenwurmsäure etc.
Anemonsäure , Saponsäure u. s. w. siehe bei Anemonin, Saponin u s. w.
Aetherische Oele.
Durch Destillation einer grofsen Anzahl von Pflanzenstoffen mit Was-
ser erhalt man die ätherischen Oele; es sind diefs mehr oder weniger
fluchtige, m Wasser wenig lösliche Flüssigkeiten, welche mehrentheils den
ganzen Geruch des Pflanzenstoffs besitzen , gewöhnlich farblos und zu-
weilen eigentümlich gefärbt sind; sie sind leicht entzündlich, brennen mit
stark leuchtender rufsender Flamme und erleiden durch die Einwirkung
des Wassers und der Luft besondere Veränderungen.
Diesen Körpern ähnlich sind gewisse andere Verbindungen , die durch
zerstörende Destillation von Pflanzen und Thiersubstanzen entweder für
sich allein oder mit Zusatz von Kalk und starken Basen erzeugt werden«
es sind diefs die sogenannten brenzlichen oder empyreumatischen Oele , die
man ihrer Beschaffenheit und Eigenschaften wegen zu dieser Klasse rech-
net; die letzteren werden als Produkte der Zersetzung der Pflanzen- und
Thierstoffe beschrieben werden.
Manche ätherische Oele Anden sich fertig gebildet in Pflanzentheilen
wie in den Citronen- und Pomeranzenschalen, aus denen sie durch blofses
Auspressen schon erhalten werden können, andere fliefsen aus Bäumen
“ Ve™indung mit Harzen , als sogenannte Balsame aus. Es ist von an-
dern fluchtigen Oelen bewiesen worden , dafs sie durch eine eigentümliche
Art von Umsetzung aus zwei oder mehreren nicht flüchtigen Materien erst
beim Zusammenbringen der Pflanzenstoffe mit Wasser gebildet werden.
Dahin gehören das ätherische Oel der bittern Mandeln und des Senfs und
ane durch den Act der Gährung und Fäulnifs erzeugte flüchtige und öl-
artige riechende Materien. (Siehe Amygdalin.) Vollkommen geruchlose
nanzen, z. B. das Kraut von Centaurium minus, geben, mit Wasser der
Gahrung überlassen, bei der Destillation durchdringend riechende ätherische
ueie (Fuselöle); das ätherische Oel der Spiraea ulmaria kann mit allen
„®K Eigenschaften durch einen Oxidationsprocefs aus Salicin künstlich
nna we.rden , und durch Processe ähnlicher Art erhält man aus Stärke
und Sagespauen, wenn sie mit Braunstein und Schwefelsäure der Destilla-
Geigert Pharmacia. I, ( Bte Jiufl.)
1034
A etherische Oele.
tion unterworfen werden, neben Kohlensäure und Ameisensäure stark rie-
chende, den flüchtigen Oelen in allen ihren Eigenschaften vollkommen
ähnliche Flüssigkeiten.
Bei vielen riechenden Pflanzenstoffen , wie bei den Lindenblüthen und
Jasmin, kann man das riechende Princip mit fetten Oelen und Aether
ausziehen; allein durch Destillation mit Wasser erhält man daraus kein
Oel, entweder weil es durch Berührung mit Wasser in höherer Tempo-,
ratur verändert wird, oder in Wasser so auflöslich ist, dafs seine Ab-
scheidung nicht gelingt. Bei manchen, die zur letzteren Klasse gehören, I
läfst sich sehr häufig das ätherische Oel gewinnen , wenn das über den
PflanzenstofF abdestillirte Wasser mit Koclisalz gesättigt wird.
Sehr viele ätherische Oele enthalten feste kristallinische Verbindungen, j
sogenannte Stearoptene, in Auflösung, welche bei vielen, namentlich bei 1
dem Lavendelöl und Baldrianöl , reiner Camphor sind; andere sind Gemenge i
von flüssigen, flüchtigen ölartigen Säuren mit indilFerenten Oelen; manche*
enthalten StickstofFverbindungen, wie Blausäure und Ammoniak.
Ihrem specifischen Gewichte nach unterscheidet man flüchtige Oele,)
welche im Wasser zu Boden sinken, schwere , von andern, die auf dem
Wasser schwimmen, leichte, ätherische Oele.
Ihrer Zusammensetzung nach unterscheidet man sie in sauerstofffreie
und sauerstoffhaltige. Bei allen bis jetzt untersuchten sauerstofFfreien]
ätherischen Oelen hat sich das merkwürdige Resultat herausgestellt, dafs
sie einerlei Verhältnis Kohlenstoff und Wasserstoff, ausdrückbar durch
die empirische Formel C10 H16, enthalten; sie besitzen bei sehr ungleichen
Eigenschaften eine gleiche Zusammensetzung.
Unter den sauerstoffhaltigen Oelen hat man bis jetzt keine Beobach-
tungen gemacht, die sie mit einander in bestimmte Beziehungen bringen
könnten; es sind diefs meistens Gemenge von mehreren Oelen, die sich,
wenn sie sich einander gleich verhalten, nicht von einauder trennen las-
sen, und wenn sie ungleich flüchtig sind, so gelingt es wohl, den minder
flüchtigen Theil in reinem Zustande darzustellen, allein der flüchtigere
Theil ist stets mit dem minder flüchtigen gemengt und die Kenntnifs seiner
Zusammensetzung deshalb w'erthlos.
Alle ätherische Oele sind mischbar in jedem Verhältnis mit Alkohol
(wasserfreiem Weingeist), sie lösen sich in verdünntem um so leichter!
und in um so gröfserer Menge auf, je mehr Sauerstoff sie in chemischer
Verbindung enthalten; sie lösen sich in geringer Menge im Wasser auf , i
dem sie ihren Geruch ertheilen (destillirte Wasser). Die über riechende :
Pflanzenstoffe destillirten Wasser werden, wenn sie fremde veränderliche
Substanzen enthalten, leicht schleimig und verlieren ihren Geruch durch
die Veränderung, welche das aufgelöste Oel erleidet; alle diese leicht
veränderlichen destillirten Wasser werden in verschlossenen Gefäfsen
haltbar, wenn sie frisch bereitet zum z weitenmale destillirt werden.
Der Geruch selbst, den die ätherischen Oele besitzen, scheint in einer
ganz bestimmten Beziehung zu der Veränderung zu stehen , die sie im All-
gemeinen durch Berührung mit Luft erfahren. Die meisten davon nehmen
aus der Luft Sauerstoff auf, und diejenigen unter ihnen riechen am stärk-
sten, welche sich am schnellsten oxidiren. Werden sauerstofffreie äthe-
rische Oele über frischgebrannten Kalk im luftleeren Raume oder in einem
Strome kohlensaurem Gas destillirt, so ist das Destillat vollkommen ge-
ruchlos, und es ist unmöglich in diesem Zustande Citronöl von Wachhol-
derbeerenöl oder Terpentinöl zu unterscheiden; ein kurzes Aussetzen an
die Luft, noch schneller ein Verbreiten auf Papier, macht sie augenblick-
lich stark riechend , aber das Oel wird in diesem Fall klebrig und harz-
ähnlich. Hier scheint also der Act der Oxidation, wie beim Arsenik, den
Geruch zu bedingen. In dem Grade als die Oele älter werden und öfterer
mit Luft in Berührung kommen, werden sie dicker, zähe, terpentinähn-
lich, sie nehmen zuletzt alle Eigenschaften der Harze an. Viele indiffe-
rente Oele nehmen, der Luft ausgesetzt, eine saure Reaction an; die
Aetherische Oele.
1035
hierbei entstehende Saure ist nur bei dem Zimmtöi und Bittermandeöl ge-
nau untersucht , sie ist Zimmtsäure oder Benzoesäure, bei andern Essig
säure £ßizio')-
Es ist wahrscheinlich, dafs die Harze, die sich an der Luft durch
Oxidation des Oels bilden , identisch sind mit den in den Balsamen enthal-
tenen Harzen, doch liegen hierüber keine Versuche vor.
Bei der Oxidation der ätherischen Oele an der Luft entsteht nach der
Beobachtung von Saussure neben den erwähnten Produkten kohlensaures
Gas.
Das Verharzen der Oele an der Luft beruht unzweifelhaft auf einer
Sauerstoffaufnahme; ob dieser Sauerstoff geradezu an das Oel tritt, ob
das Oel die Rolle eines Radikals spielt und das gebildete Harz also ein
Oxid des Oels darstellt , diefs ist nicht wahrscheinlich. Es läfst sich im
Gegeotheile darthun , dals die sauerstofffreien ätherischen Oele den Was-
serstoff in zweierlei Zustand gebunden enthalten, wovon eine Portion mit
greiser Leichtigkeit hinweggenommen werden kann , während die andere
der Einwirkung von Sauerstoff, Chlor und lod einen starken Widerstand
entgegensetzt.
Alle sauerstofffreien ätherischen Oele geben, mit lod in Berührung,
mit einer Art von Verpuffung, Wasserstoff an das lod ab, und eine ge-
wisse Menge lod nimmt den Platz dieses ausgetretenen Wasserstoffs ein;
in dieser neuen Verbindung, welche noch sehr reich an Wasserstoff ist
wird durch Hinzubringen von lod kein- Wasserstoff mehr abgeschieden.
Aehnlich verhält sich Chlor und man kann hinzufügen der Sauerstoff, beide
nehmen Wasserstoff hinweg und treten an seine Stelle , in der Art also
dafs die neu entstandenen Produkte, das Harz z. B., stets weniger Was-
serstoff enthalten müssen als das Oel. Beim Erwärmen des Terpentin-
Rosmarin-, Lavendel - etc. Oels mit Kupferoxid und Bleihyperoxid entsteht
eine lebhafte Reaction, unter Bildung von Wasser werden diese Oxide
partiell desoxidirt; höhere Chlorverbindungen, wie Sublimat und Zinn-
chlorid, Antimonchlorür , werden zu niederen und letzteres oft bis zu
Metall reducirt. Goldchlorid wird von allen sauerstofffreien Oelen zu
Metall reducirt, mit sauerstoffhaltigen Oelen ist es hingegen mischbar
ohne Veränderuzg.
Bei Berührung mit Salpetersäure werden die ätherischen Oele in harz-
artige Produkte verwandelt, welche sehr wenig untersucht sind; manche
Oele brechen in Flamme aus , wenn sie mit rauchender Salpetersäure oder
mit eioem Gemenge derselben mit Schwefelsäure gemischt wrerden. Mit
mäfsig conceutrirter Salpetersäure unter beständiger Erneuerung derselben
gekocht, lösen sich die sauerstofffreien ätherischen Oele nach und nach
auf und liefern eigenthümliche kristallisirbare Säuren, keine Oxalsäure,
(s. Terpentinsäure S. 1037.1
Die flüchtigen Oele lösen Phosphor und Schwefel, sie sind mischbar
mit Schwefelkohlenstoff, mit Essigsäurehydrat und nehmen Cyanwasser-
stoff und Schwefelwasserstoff in grofser Menge auf. Die Blausäure kann
den Oelen durch Behandlung mit Quecksilberoxid nicht, mit Alkalien nur
schwierig entzogeu werden.
In dem Folgenden sind die einzelnen Oele und ihr Verhalten zu an-
der» Körpern beschrieben, die Untersuchung derselben läfst noch vieles
y;u wünschen übrig, und es bedarf eines gründlichen Studiums ihrer Ver-
änderungen durch oxidirende Substanzen , oder Chlor und lod , um zu einer
sicheren Erkeuntnifs über ihre Constitution zu gelangeu. Terpentin- und
Citrouöl sind z. B. beide ausdrückbar durch die Formel C10'H16, das Ci-
tronol kann seyn CI0 H14 H- Ha, das Terpentinöl C30 H20 -b H2 , die Fest-
setzung dieser oder einer ähnlichen Constitution kaun durch die Analyse
nicht erwartet w erden.
1086
Terpentinöl.
a) Sauer st off fr eie ätherische Oele .
Terpentinöl ( Oleum seu Spiritus Terebinfhinae ) , wird
erhalten durch Destillation des Terpentins , einer Art flüssigen
Harzes (von verschiedenen Species aus dem Geschlechte Pi -
nus) , mit Wasser* Das im Handel vorkommende ist durch
Einflufs der Luft immer etwas harzhaltig geworden. Um es
rein zu erhalten, wird es mit Wasser nochmals destillirt,
durch Chlorcalcium getrocknet und rectificirt. In diesem Zu-
stande ist es wasserhell, sehr dünnflüssig, von durchdringen-
dem balsamischem Geruch und brennend scharfem Geschmack.
Hat ein spec. Gewicht von 0,86 — 0,87. Das käufliche röthet
stets Lackmus, das reinste rectificirte nicht. Es siedet bei
156°. Das spec. Gew. seines Dampfes ist 4,764 f Dumas J.
In Wasser ist es sogut wie unlöslich, theilt diesem aber sei-
nen Geruch mit. Bei langem Stehen in der Kälte scheidet sich bis-
weilen aus dem Terpentinöl ein festes Hydrat aus, welches auf C10 H16
nach Blanchet 6r Seil 2 At. Wasser, nach Dumas §r Pelligot 3 At. Was-
ser enthält. Diese Substanz ist kristallinisch , schmilzt und sublimirt bei
150°; löst sich in 22 Th. kochendem Wasser und kristallisirt daraus beim
Erkalten, da sie 200 Th. kalten Wassers zu ihrer Lösung bedarf. Alko-
hol löst sie sehr leicht, ebenso Essigsäure. Schwefelsäure löst sie in der
Kälte mit rother Färbung, Wasser scheidet sie aus der sauren Lösung
ab, jedoch nicht unverändert. Alkalien wirken nicht darauf ein. Kalte
Salpetersäure löst sie ohne Zersetzung, ln grofser Menge soll dieses
Terpentinölhydrat erhalten werden, wenn man das Oel mit Salpetersäure
und Alkohol gemischt Monate lang stehen läfst. Der Antheil des Oeles,
der mit Salzsäure eine kristallinische Verbindung bildet, soll der das Hy-
drat liefernde seyn. (Wiggers.) In absolutem Alkohol und Aether
ist das Terpentinöl sehr leicht löslich und läfst sich mit fetten
Oelen in jedem Verhältnifs mischen. In 100 Th. Weingeist
von 0,84 spec. Gew; lösen sich nur 13 V* Th. Man kann
daher durch Waschen mit kleinen Mengen Weingeist dem
nicht rectificirten Terpentinöl seinen Harzgehalt entziehen.
Mit Salpetersäure oder mit Vitriolöl gemischt bräunt es sich
stark unter Erhitzung 5 mit einem Gemisch beider Säuren zu-
sammengebracht entzündet es sich. Chlor verbindet sich damit
unter Warmeentwickehmg, wird wenig Del in das Gas ge-
bracht, so entzündet es sich 5 bei langsamer Einwirkung kann
ein Viertel des Wasserstoffs des Oeles durch Chlor ausge-
schieden und vertreten werden (Chlorcamphen von Deville).
Auch Brom und lod verbinden sich mit dem Terpentinöle, es
löst die Hälfte seines Gewichts Schwefel, auch Phosphor, in
der Hitze auf. Die Schwefelverbindung ist roth und dick-
flüssig, Begum’ s Schwefelrubin.
Das reine Terpentinöl enthält keinen Sauerstoff. In 100
Th. besteht es aus 88,46 Kohlenstoff, 11,54 Wasserstoff,
was dem Verhältnifs C5 H« entspricht.
Mit Chlorwasserstoffgas bildet das Terpentinöl zwei Ver-
bindungen, die eine ist fest und kristallinisch, die andere flüssig.
Durch Behandlung mit kohlensaurem Natron läfst sich die überschüssige,
nicht chemisch gebundene Salzsäure leicht entfernen. Die gereinigte flüs-
Terpentinöl.
1037
sige Verbindung der Säure mit dem Oele ist unzersetzt destillirbar * farb-
los, in Alkohol und Aether löslich.
Treibt man die Dämpfe dieses Körpers durch ein mit Kalkerde gefüll-
tes und so stark erhitztes Rohr, dafs sich nichts darin verdichtet, so bildet
sich Chlorcalcium , und ein mit dem Terpentinöl gleich zusammengesetztes
Oel wird in der Vorlage verdichtet erhalten; es ist von Blanchet Sr Seil
Peucyl, von Soubeiran uud Capitaine Peucylen , von Deville Terebilen
genannt worden, ist farblos und leichtflüssig, hat ein spec. Gew. von 0,8(5
uud siedet bei 134°.
Die feste Verbindung der Salzsäure mit Terpentinöl, der sogenannte
künstliche Campkor, ist von Kindt entdeckt worden. Er wird durch Wa
sehen mit kohlensaurem Natron und Wasser, durch Sublimation mit koh-
lensaurer Kalkerde, Lösen in Alkohol und Fällung daraus durch Wasser
gereinigt. Er ist weifs , durchscheinend, kristallinisch, schwimmt auf
Wasser, schmeckt gewürzhaft, röthet das Lackmus nicht, löst sich nur
unmerklich in Wasser, leicht in Alkohol. Die Lösung wird durch salpe-
tersaures Silberoxid nicht gefällt. Er sublimirt unzersetzt. Durch öfteres Su-
blimiren mit Kreide oder Bolus wird er theilweise zersetzt; wird er durch
glühende Röhren geleitet, so giebt er brennbare mit Salzsäure gemischte
Gase. Angezündet verbrennt er mit grüner Flamme unter Geruch nach
Chlorwasserstoff. Diese Verbindung ist von Honton- Labillar diere , Op-
permann, Blanchet Sp Seil und Dumas mit vollkommen übereinstimmen-
den Resultaten analysirt worden und besteht darnach aus 70,20 Kohlen-
stoff, 10,01 Wasserstoff; 19,48 Chlor. Diesem procentischen Gehalte ent-
spricht die Formel C20 H34 Cl2.
Durch 10 — 12ma!ige Destillation der alkoholischen Lösung über Kalk-
liydrat wird dem Terpentincamphor sein Salzsäuregehalt entzogen und er
verwandelt sich in ein dem Terpentinöle ( Camphen von Dumas ) procen-
tisch gleich zusammengesetztes, farbloses, dickliches, süfslich aromatisch
schmeckendes Oel, von Blanchet Seil Dadyl , von Soubeiran und Ca-
pitaine Tereben , von Deville Camphilen genannt. Sein spec. Gewicht ist
0,87. Es kocht bei 145°, ist ohne Wirkung auf Kalium, in Alkohol und
Aether löslich. Mit Schwefelsäure verbindet es sich, von Salpetersäure
und Kali wird es nicht verändert , mit Chlorwasserstoffgas bildet es wieder
künstlichen Camphor.
Von Soubeiran und Capitaine , sowie von Deville, sind in neuester
Zeit diese, sowie einige weitere Verbindungen des Camphen mit Chlor,
Brom und lod untersucht worden, wornach, sowie nach Dumas Versu-
chen, das Camphen als aus C20 H32 bestehend betrachtet werden mufs.
Oxidationsprodukte des Terpentinöls durch Salpetersäure.
Beim Erwärmen von mäfsig concentrirter Salpetersäure mit Terpen-
tinöl entsteht eine sehr heftige Einwirkung, es bildet sich eine harzartige
Masse, die bei fortgesetzter Behandlung sich in der Säure völlig löst.
Wird diese Auflösung mit Wasser vermischt , so trübt sie sich und es
schlägt sich Harz nieder ; wird die darüberstehende Flüssigkeit wieder ab-
gedampft und mehrmals mit Wasser gefällt, so bleibt zuletzt ein harz-
freies, scharf saures, intensiv bitteres Oxidationsprodukt des Oels , was
in der Form von einer syrupartigen Flüssigkeit, sich selbst überlassen, zu
einer kristallinischen Masse sich verdickt. Durch Abfiltriren und Waschen
mit Wasser sind die Kristalle leicht zu reinigen, sie sind sehr glänzend,
besitzen die Form vierseitiger Nadeln mit schiefer Endfläche, schmelzen
schwierig und zersetzen sich ohne Sublimation in höherer Temperatur.
(Bromeis.)
Bromeis, der diesen kristallinischen Körper zuerst beobachtete und
untersuchte, nennt ihn Terpentinsäure. Aufser mit Silberoxid ist keine
Verbindung derselben bekannt. Die Analyse führte zur Formel C*4 H20 08 ,
oder C14 H18 Or -+- aq. Bemerkens werth ist, dafs diese Säure Blei-, Kalk-
und Silberauflösungen niehfc fällt; sie bedarf einer genaueren Untersuchung.
1038
W achholder öl.
Das Terpentinöl wird äufserlich, auch innerlich als Arzneimittel ge«?
braucht , kommt als Ingredienz; zu verschiedenen Zusammensetzungen ,
dient als Lösungsmittel von Fetten, Harzen u. s. w. , zu Firnissen. —
Der reine künstliche Camphor ist nicht otficinell. Aber der Liquor antar-
thriticus Pottii , welcher durch Destillation eines Gemenges von gleichen
Theilen Terpentinöl und Kochsalz , dem vorsichtig % Wasser zugesetzt
wurde , erhalten wird, ist eine solche Verbindung im unreinen Zustande.
— Eine Verbindung von Terpentinöl und Thieröl ist unter dein Namen
Chabertsöl gebräuchlich. Man erhält es, indem 1 Theil Hirschhornöl mit
2 Theilen Terpentinöl vermischt und von dem Gemische nach 4 bis 0 Ta-
gen 3/4 überdestillirt werden. Ein farbloses, zuweilen rothes Oel von wi-
derlichem Geruch und Geschmack. Wird gegen den Bandwurm gebraucht.
Kienöl (Ol. Pini rubrum, ) erhält man durch Destillation aus dem Rück-
stand beim Auspressen des gelben Harzes oder des hellen Theers. — Ein
hellrothbraunes, dünnflüssiges Oel von starkem Terpentin- und zugleich
brenzlichem Geruch. — Ist ein Gemische von Terpentinöl und brenzlichem
Holzöl. — Wird äufserlich angewendet; dient auch zu Firnissen.
Tannenzapfenöl , auch Krummholzöl genannt (Ol. templinum), durch
Destillation aus den Tannenzapfen zu erhalten; soll auch durch Destilla-
tion aus den feinsten Zweiglein der Zwergflehte (Pinus Pumilio Haenke )
erhalten werden. — Ein häufig bräunliches oder grünliches, im reinsten
Zustande aber wasserhelles, sehr dünnflüssiges Oel von starkem balsami-
schen, sehr feinem Terpentin - Geruch , zugleich aromatisch citronen- und
und pomeranzen-ähnlich riechend ! Ist nach Blanchet <$r Seil ganz so wie
Terpentinöl zusammengesetzt. — Wird wie Terpentinöl angewendet. Nicht
selten erhält man dieses dafür.
W ü.chholder Öl. Aus den Beeren (Ol. baccarum juniperi) von Ju-
niperus communis L. durch Destillation mit Wasser zu erhalten. Man soll
aus den unreifen Beeren mehr (aus 8 Pfund Beeren 2 Duzen) Oel erhalten,
als aus den reifen (aus ebensoviel nur V* Unze); Blanchet Seil. Das
erstere enthält ein flüchtigeres bei 155° siedendes und ein weniger flüch-
tiges, dessen Kochpunkt bei 305° liegt, aus welchem allein das Oel der
reifen Beeren besteht. Das flüchtigere Oel ist farblos . riecht nach Wach-
holder und Fichtenreisern. Mit Salzwasser geschüttelt setzt sich eine
kristallinische Substanz daraus ab, wahrscheinlich ein Hydrat des Oels.
Das Oel hat ein spec. Gewicht von 0,839, löst sich in Alko-
hol von 0,85 nur wenig; mit absolutem Alkohol mischt es
sich zu gleichen Theilen, scheidet sich aber bei Zusatz von
mehr Alkohol. Mit wasserfreiem Aether mischt es sich in
jedem Verhältnifs.
Das weniger flüchtige Oel kann nicht farblos erhalten werden ; sein
spec. Gew. ist = 0,878; löst sich wenig in Alkohol von 0,85, bedarf
8 Th. wasserfreien Alkohols zur Auflösung; mischt sich mit reinem Aether
in jedem Verhältnifs. Kalium wird darin nicht verändert. Wird das mit
dem Oel zugleich überdestillirte Wasser mit kaustischem Kali versetzt, so
entsteht eine kristallinische Substanz, wahrscheinlich ein Hydrat. Auch
durch Stehenlassen über Wasser bildet sich dieser Körper sehr leicht.
Das flüchtigere Oel wurde von Blanchet und Seil vollkommen gleich
mit dem Terpentinöl zusammengesetzt gefunden. Auch fanden Soubeiran
und Capitaine das spec. Gewicht des Dampfes beider gleich 0,85. Mit
salzsaurem Gas giebt es nur eine flüssige Verbindung, deren Analyse
66,16 Kohlenstoff, 9,09 Wasserstoff, 24,60 Chlor gab, was zu der For-
mel C1S H26 Cl2 führt. Das Radikal dieser Verbindung nennen sie Juni -
perilen.
Eine kleine Beimischung von Wachholderöl zum Branntwein bildet den
Genilvre oder Gin der Engländer. Als harntreibendes Mittel wird es in
der Medicin angewendet und ertheilt dem Harn einen Veilchengeruch. Eine
Citrö'nenöl.
1039
Verfälschung mit Terpentinöl läfst sich durch das geringere spec. Gewicht
erkennen. Durch Destillation des frischen Holzes mit Wasser wird ein
dem aus den Beeren erhaltenen ganz gleiches Oel ( Ol. ligni juniperi )
gewonnen.
Das brenzliche Wachholderholzöl , Kaddigöl, Kadeöl ( Ol . juniperi
empyreumaticumj , wird durch trockene Destillation des harzigen Wach-
holderholzes und anderer Juniperusarteu erhalten. — « * Ein dunkelbraunes,
etwas dickflüssiges Oel, von wachholderähuliehem und zugleich brenzli-
chem Geruch. Ist ein Gemiselie von ätherischem und brenzlichem Oel. —
Wird äufserlich angewendet gegen Rheumatismus, Hautausschläge, vor-
züglich gegen Schafraude.
Sevenbaum- oder Sadebäum-Oel (OL Sabinaej, von Juniperus £a-
bina L. aus den Beeren. Fast wasserhelles, dünnflüssiges Oel, von wi-
drigem Geruch und bittersCharfem harzigem Geschmack. Es ist dem Ter-
pentinöl analog zusammengesetzt (Dumas), röthet nicht Lackmus und ver-
pufft rasch mit lod. Sein spec. Gew. ist z=r 0,915. In der Medicin wird
es als Diureticum angewandt. Keine andere Pflanze enthält eine so grofse
Menge ätherischen Oeles.
Elemiöl , aus dem Harze von Amyris elemifera und ceylanica durch
Destillation mit Wasser. Nach Bonastre enthält das Harz 12,5 Procent,
Stenhöuse erhielt nur 3% Procent Oel. Es ist farblos, von angenehmem,
dem Harz ähnlichen Geruch und scharfem Geschmack. Es siedet bei 166°
und sein spec. Gew. ist 0,852. Es brennt mit rufsender Flamme, ist in
Wasser unlöslich, wenig löslich in schwachem Weingeist, und mischbar
mit wasserfreiem Alkohol und Aether. Kalium bleibt unverändert darin;
durch Aetzkali wird das Oel verharzt. Iod erhitzt sich sehr heftig damit;
durch salzsaures Gas wird es braun , ohne künstlichen Camphor zu bilden.
Durch Salpetersäure wird es braungelb gefärbt; beim Erhitzen explodirt
das Gemenge und es erzeugt sich eine harzartige Materie. Schwefelsäure
färbt es in der Kälte schön roth, in der Wärme tritt Verkohlung ein. Die
Analyse des Oels gab 87,93 — 87,72 Kohlenstoff und 11,69 — 11,73 Was-
serstoff, was sehr gut mit dem Verhältnis Cs H8 übereinstimmt; es ist
dieses Oel folglich dem Terpentinöl analog zusammengesetzt. ( Stenhöuse .)
Storaxöl , aus /Storax liquida durch Destillation mit Wasser. Zuerst
von Bonastre beschrieben , später von Simon untersucht. Er destillirt 2
Th. Storax mit 1,5 Th. kristallisirtem kohleosaurem Natron und 15 Th.
Wasser, giebt aber an, dafs man ohne Zusatz von Natron ebensoviel
ätherisches Oel erhält , dessen Quantität sehr nach der Frische und Qua-
lität des Storax wechselt, so dals er von 1 % desselben bisweilen %, oft
nur yi0 Löth erhielt. Das Oel ist im frischdestillirten Zustande wasserhell,
besitzt den Geruch des Storax , löst sich in Alkohol lind Aether und bricht
sehr stark die Lichtstrahlen. Nach mehreren Monaten verdickt es sich an
der Luft zu einer gallertartigen Masse, die in Alkohol, Aether und Ter-
pentinöl nicht mehr löslich und nicht ohne Zersetzung flüchtig ist. Simon
nennt das flüchtige Oel Styrol, und es besteht nach mehreren Analysen
von Marchand aus 92,46 Kohlenstoff und 7,54 Wasserstoff, wo mach es
in seiner Zusammensetzung mit dem Benzin übereinstimmt. Die durch Oxi-
dation an der Luft entstandene zähe Masse nennt Simon Styroloxid. —
Salpetersäure verharzt beim Erwrärmen das Styrol. Wird das erhaltene,
von anhängender Salpetersäure durch Waschen mit Wasser befreite Harz
mit Wasser destillirt, so erhält man ein dem Zimmt ähnlich riechendes,
sehr scharfes Oel, welches die Haut wie Senföl stark reizt und röthet.
Beim Abkühlen kristallisirt es. Man erhält es durch nochmaliges Lösen in
heifsem Weingeist in ausgezeichnet schönen Kristallen, welche rhombische
Prismen sind, die durch Abstumpfung der scharfen Seitenkanten als Tafeln
erscheinen. Simon nennt dieses Produkt, welches nur aus dem Styrol,
nicht aber aus dem Styroloxid erhalten werden kann, Nitrostyrol. Es
bildet sich zu gleicher Zeit Benzoesäure und Blausäure.
Citronenöl (OL Citri ). A\\s der Früctii&cliäie von Citrus medica
1040
Pomeranzen schalen öl.
durch Pressen oder Zerreifsen der Oberhaut, indem die Früchte auf mit
feinen Stacheln besetzten Brettchen gerollt werden, zu erhalten. Bisweilen
wird es auch durch Destillation mit Wasser gereinigt. Zur Reinigung wird
es wie Terpentinöl rectificirt. Wie es im Handel vorkommt, ist
es meistens gelblich, häufig trübe. Rectificirt ist es wasser-
hell, dünnflüssig, von starkem angenehmem Citronengeruch
und scharfem, gewürzhaftem Geschmack. Der erste Theil
des Oeles destillirt bei 165° und hat ein spec. Gewicht von
0,848; die letzteren Theiie sieden erst bei 175° und darüber
und haben ein spec. Gew. von mehr als 0,85. Die Dichtig-
keit des Dampfes eines Oeles von 0,84 spec. Gew. wurde =
4,87 — 4,81 gefunden ( Soubeiran und Capitaine ). Es ent-
hält nach Blanchet und Seil 87,93 Kohlenstoff und 11,57
Wasserstoff, was genau dem Verhältnifs Ci0 Hi6 entspricht.
Gegen Reagentien verhält sich das Citronenöl dem Terpentinöl
sehr ähnlich. Auf Lackmus reagirt es nicht sauer. Mit Salzsäure bil-
det es ebenfalls zwei Verbindungen, wovon die eine fest, die andere flüs-
sig ist. Der künstliche Citronencamphor unterscheidet sich nur dadurch von
dem Tcrpeutincamphor, dafs er auf die gleiche Menge Kohlenstoff und Was-
serstoff doppelt so viel Chlorwasserstoff enthält. Er schmilzt bei 45°, su-
blimirt bei 50°. Bei höherer Temperatur wird er partiell zerlegt, üeber
bis 180° erhitztes Kalkhydrat geleitet giebt er ein flüssiges, mit dem Ci-
tronenöl gleich zusammengesetztes Oel , welches von Blanchet und Seil
Citronyl , von Capitaine und Soubeiran und Dumas Citren genannt wird.
Sein spec. Gew, ist =rr 0,847; es siedet constant bei 165° und die Dampf-
dichte wurde = 4,73 gefunden. — Die flüssige, durch Abkühlen bis zu
— 10° von dem Camphor getrennte Verbindung ist mit diesem gleich zu-
sammengesetzt {Blanchel und Seil ) und giebt in Dampfform über Kalk-
hydrat geleitet ein flüchtiges, bei 168 — 175° siedendes Oel von 0,88 spec.
Gew. — Soubeiran und Capitaine fanden die Dampfdichte = 5,08 und
nennen es Citrilen , Blanchet und Seil Citryl. — Mit Iod verpufft das Ci-
tronenöl eben so rasch wie Terpentinöl. — Das im Handel vorkommende
Cedroöl {Ol de Cedro} , sowie das Cedraöl ( Ol de Cedrat ) unterscheiden
sich beide nur durch einen weniger angenehmen Geruch von dem Citro-
nenöl.
Pomeranzenschalenöl (Ol. cort. Aurantiorum). Aus den Fruchtschalen
der Pomeranzen ( Citrus Aurantium). Durch Auspressen und Destillation
erhalten, wird es auch Ol Portuyallo genannt. Dem Citronenöl ist es sehr
ähnlich, besonders nur durch den Geruch verschieden. Es hat ein spec.
Gew. von 0,835 und beginnt bei 180° zu sieden. Mit Chlorwasserstoffgas
giebt es dem Citronenöl vollkommen analoge Produkte. Seine Zusammen-
setzung ist ebenfalls dieselbe. {Soubeiran und Capitaine .)
Pomeranzenblüthenöl , Orange- oder Neroli-Oel {Ol. flor. Aurantio-
rum, Ol. seu Essentia Naphae seu Neroli). Wird durch Destillation der
frischen oder eingesalzenen Blüthen mit Wasser erhalten. Frisch destillirt
ist es fast farblos, röthet sieh jedoch sehr bald am Lichte. Das officinelle
Pomeranzenblüthenwasser {Aq. Naphae ) ist entweder das bei der Destilla-
tion des Oeles mit übergegangene Wasser, oder man bereitet es durch Lö-
sung des Oeles in Wasser. Das Oel besteht nach Soubeiran aus einem in
Wasser sehr löslichen, welches am angenehmsten riecht und in grofser
Menge in dem destillirten Wasser enthalten ist, und aus einem zweiten,
welches fast allein in dem Oele sich findet und in Wasser kaum löslich
ist. Ersteres wird durch Schwefelsäure geröthet. Hierauf hat Le Roy
eine Methode zur Unterscheidung der verschieden bereiteten , wässerigen
Lösungen gegründet. Nach Boullay und Plisson kann durch Lösung des
Neroliöles in möglichst wenig Alkohol von 90T p. c. ein Stearopten abge-
schieden werden, welches bei 50° schmilzt, in Wasser unlöslich, nur in
Cubebenöl.
1041
absolutem, siedendem Alkohol etwas , in Aether aber leichtlöslich ist. Nach
Henry und Plisson’s Analyse soll dieser Körper 83,76 Kohlenstoff, 15,09
Wasserstoff und 1,15 Sauerstoff enthalten. Es ist nicht unwahrscheinlich,
dafs dieser Sauerstoffgehalt nicht eigentlich zu der Zusammensetzung der
Substanz gehöre. Salpetersäure färbt das Neroliöl gelb und braun und
zerstört den Geruch; ebenso Vitriolöl. Nach Döbereiner bildet es in Be-
rührung mit Platinschwarz und Luft eine Säure.
Unter dem Namen Ol. Neroli bigara erhält man das aus den Früchten
von Citrus bigara bereitete Oel. Huile des petites graines ist aus den
Blättern und unreifen Pomeranzen dargestellt und riecht weit weniger an-
genehm als das Pomeranzenblüthenöl, welches damit verfälscht werden
soll, was überhaupt bei diesem kostspieligen Oele nicht selten ist.
Copaivabalsamöl (Ol. Bals. Copawae'), wird aus Copaivabalsam (aus
Copaivera multijuga Mart .) durch Destillation mit Wasser, welches 6 —
Ömal mit dem Rückstaude cohobirt werden mufs, um alles Oel zu gewin-
nen, erhalten. Auch soll man das Oel aus dem Balsam scheiden können,
wenn man ihn mit gleichen Theilen Alkohol von 0,836 spec. Gew. stark
schüttelt, dann mit Kalilauge mischt und stehen läfst, wo sich das Oel
allmählig absondert (Ader ). Ferner kann das Oel durch Destillation des
Balsams für sich erhalten werden, wo es sich jedoch erst bei 260 — 275°
verflüchtigt (Durand). Es ist wasserklar, riecht wie der Balsam. Frisch
dcstillirt ist sein spec. Gew. nr 0,91 , durch den Einflufs der Luft steigt
es auf 0,96. Von 90procentigem Alkohol bedarf es 4 Th. zur Lösung.
Kalium oxidiri sich nicht darin (Gerber). Blancliet erhielt das Oel durch
Destillation mit Wasser, wobei t Th. Oel und 32 Th. Wasser übergingen.
Durch Chlorcalcium wurde es entwässert und dann für sich rectificirt; es
hatte ein spec. Gew. von 0,878, kochte bei 245°, bedurfte 25 — 30 Th.
Alkohols von 0,85 spec. Gew. und nur 2V2 Th. wasserfreien Alkohols zur
Lösung. Mischt sich mit weingeistfreiem Aether in jedem Verhältnifs.
Löst lod ohne Verpuffung, indem es sich braunroth färbt. Gegen Chlor,
Schwefelsäure und Salpetersäure verhält es sich dem Terpentinöl ähnlich.
Mit rauchender Salpetersäure verpufft es, wobei ein kristallinischer, an-
fangs gelber, dann blauer, zuletzt grüner Körper entsteht. Mit Salzsäure
bildet es einen Camphor, der gleich zusammengesetzt mit dem Citronenöl-
camphor ist und wie dieser aus C10 H18 Cl2 besteht (Blanchet). Das Ra-
dikal dieser Verbindung konnte nicht dargestellt werden, da es bei der
zur Zersetzung des Camphors nöthigen Temperatur selbst zersetzt wird.
Die flüssige Chlorwasserstoffverbindung bildet sich zwar auch hier, konnte
aber nicht isolirt werden (Soubeiran und Capitaine). Wird der Camphor
mit Schwefelblei destillirt, so erhält man ein kuoblauchähnlich riechendes
öliges Produkt. — In neuerer Zeit wird das Oel, sowohl das durch De-
stillation, wie das nach Ader durch Alkohol und Kalilauge aus dem Balsam
erhaltene, in der Medicin angewandt.
Pfefferöl. Durch Destillation von Pfeffer (Piper nigrum L.) mit Was-
ser. Es ist farblos, sehr flüssig, von 3,864 spec. Gew. Der Siedepunkt
ist constant bei 167,5°, hat dieselbe procentische Zusammensetzung wie
das Terpentinöl, und die Dampfdichte wurde von Soubeiran und Capitaine
zz: 4,73 gefunden. Salzsaures Gas wird in grofser Menge davon absor-
birt, ohne eine kristallinische Verbindung zu bilden. Dieses Produkt gab
bei der Analyse 62,88 Kohlenstoff, 8,79 Wasserstoff, 28,32 Chlor, was
aber zu keiner zulässigen theoretischen Formel führt.
Cubebenöl. Wird durch Destillation von Cubeben (die Frucht von
Piper Cubeba) erhalten. Es ist farblos, schmeckt gewürzhaft, camphor-
artig, nicht bitter, riecht aromatisch und verdickt sich an der Luft, ohne
an Geruch zu verlieren. Es ist klebrig, von 0,929 spec. Gew. Der Siede-
punkt ist zwischen 250 — 260°; es ist für sich nicht unzersetzt destillirbar.
Selbst über Chlorcalciumlauge aufbe wahrt enthält es ein dadurch nicht
zersetzbares Hydrat. Mit salzsaurem Gas giebt es einen kristallisirten
Camphor, der geschmack- und geruchlos, in kaltem Wasser leicht löslich
ist und bei 131° schmilzt. Seine Zusammensetzung ist 65,16 Kohlenstoff,
104«
Bitter m and el öl.
9,32 Wasserstoff, 25,52 Chlor, was der Formel C15 H26 Cl2 entspricht.
Hiernach betrachten Soubeiran und Capitaine das Öel selbst als aus CJ5
bestehend.
b) Sauerstoffhaltige ätherische Gele.
Bittermandelöl (OL destilL Amygdal. amar .). Blausäure-
haltiger Benzoylwasserstoff. Aus den Fruchtkernen von Amygdalus
commun. var. amara L. Man befreit die zerstofsenen bittern Mandeln
durch Pressen, ohne Anwendung von Wärme, von dem gröfsten Theil des
fetten Oels, rührt dann die Masse mit kaltem Wasser an und läfst sie 12
— 24 Stunden damit stehen. Hierauf setzt man mehr Wasser zu und de-
sti'llirt, oder noch besser wird Wasserdampf so lange durch die mit kal-
tem Wasser digerirte Masse geleitet, bis die übergehende Flüssigkeit kein
Oel mehr enthält. Hierdurch wird die Gefahr des Aubrennens und des
Uebersteigens der Masse am sichersten vermieden. Das zuerst übergehende
Wasser ist klar und enthält viel Oel gelöst, später geht das Wasser mil-
chig über; sobald es wieder klar destillirt unterbricht man die Operation,
da dann kein Oel mehr erhalten wird. Wird die zuerst erhaltene klare
Flüssigkeit, nachdem man das daraus abgesetzte Oel getrennt hat/ mit der
trüben Flüssigkeit gemengt, so klärt sich diese, indem sich das in ihr
suspendirte Oel löst. Daher mufs das klare Wasser nochmals rectificirt
werden. Das zuerst übergehende enthält sämmtliches Oel , dessen Menge
fast eben so grofs ist wie die zuerst erhaltene. Das Bittermandelöl
ist gewöhnlich goldgelb, schwerer als Wasser, von starkem,
angenehmem Geruch und bitterem, brennendem Geschmack.
Wegen seines Blausäuregehaltes ist es sehr giftig. Durch Was-
ser kann ihm die Blausäure nicht entzogen werden, wohl aber durch kau-
stisches Kali. Salpetersaures Silberoxid fällt nicht sogleich Cyansilber, son-
dern allmählig. Wird aber salpetersaures Silberoxid- Ammoniak zugesetzt
und das Gemenge nachher durch Salpetersäure sauer gemacht, so schlägt
sich der ganze Blausäuregehalt sogleich als Cyausilber nieder. (Siehe Ben-
zoylwasserstoff und Bittermandelwasser, S. 071 u. 682.)
Kirschlorbeer öl ( Ol . Laaro - Cerasiy. Von Prunus Laurocerasus L .
aus den frischen Blättern durch Destillation mit Wasser zu erhalten. Hell-
gelbes, mit der Zeit bräunlich, zuweilen schön purpurviolett werdendes
Oel. Durch Wasser verschwindet diese Färbung bisweilen wieder und tritt
wieder ein. Es ist von etwas dicklicher Consistenz, riecht wie Bitter-
mandelöl und verhält sich überhaupt diesem ganz gleich.
Pfirsichblätter- und Pßr sic liker liöl (OL foliorum et nucleorum Per-
sicorum'). Aus den jungen, im Juli gesammelten Zweigen und den Frucht-
kernen von Persica vulg. Mül. ( Amygdalus Persica LA. Den vorhergehen-
den sehr ähnlich. Ganz gleich, nur von etwas weniger angenehmem Ge-
ruch ist das Oel der Ahlkirschenrinden ( Ol. Corticis pruni padiy. Auch
aus den Blättern dieses Baumes erhält man solches Oel, ebenso aus andern
Gattungen vou Primus und Amygdalus ; nach Grafsmann liefert es auch
die Wurzel von Pyrits seu Sorbus aucuparia und nach Gerber die Rinde
von Rhamnus frangula.
Spiraeaöl, s. S. 690.
Zimmtöl (OL Cinnamomi ). Es giebt zweierlei : Ceyla -
nischcs Zimmtöl (OL Cinnamomi ceylanici ), von Persea
(Laurus) Cinnamomum , und gemeines Zimmtöl (OL Cässiae
cinnamonieäe ), von Persea (Laurus) Cassia . Beide sind
frisch hellgelb, bräunen sich jedoch bald an der Luft, schmek-
ken angenehm, süfslich, sehr aromatisch, das gemeine etwas
weniger fein ; beide haben eine sehr stark lichtbrechende und
Zimmtöl.
1043
farbenzerstreuende Kraft, ein spec. Gewicht von 1,03 — 1,09.
(Weitere Eigenschaften siehe Cinnamyl und Zimmtöl , S. 692 u. f.) Mul -
der hat in der neuesten Zeit eine sehr umfassende Untersuchung der Oele
der verschiedenen Zimmtsorten , der Cassienrinde und der sogenannten Cas-
sienblüthen geliefert, die, obwohl in ihren physikalischen Eigenschaften
nicht ganz gleich, doch vollkommen dasselbe chemische Verhalten und iden-
tische Zusammensetzung zeigen. Er fand, dafs sie 81,93 Kohlenstoff,
7,23 Wasserstoff und 10,84 Sauerstoff enthalten, was sehr genau mit der
Formel C20 H22 02 stimmt. Diefs ist jedoch nur die Zusammensetzung der
ganz frischen Oele, denn an der Luft absorbiren sie sehr rasch Sauerstoff,
es bildet sich Zimmtsäure, zwei Harze und Wasser. — Wird lange der
Luft ausgesetztes Oel destillirt, so erhält man kein Oel mehr von obiger
Zusammensetzung, sondern ein an Sauerstoff reicheres Produkt, in der
Retorte bleibt Zimmtsäure und die beiden Harze mit der Kochsalzlösung
gemischt zurück. Mulder nennt das eine Harz Alphaharz. Es ist schön
rothbraun, durchsichtig, brüchig, unlöslich in Wasser, löslich in Alkohol
und Aether, schmilzt bei 60°. Es löst sich in concentrirter Schwefelsäure
und wird durch Wasser wieder daraus gefällt, Salzsäure löst es nicht
auf, von Salpetersäure wird es in der Wärme zersetzt, siedende Kali-
lauge löst es langsam auf, Ammo»niak nicht. In Terpentinöl und Olivenöl
ist es mit rother Farbe löslich. Es enthält 79,52 Kohlenstoff, 6,40 Was-
serstoff, 14,08 Sauerstoff, was der Formel C1S H1S 02 entspricht. Dieses
Harz ist in kaltem Alkohol leicht löslich und bleibt daher in Auflösung,
während das zweite, Betaharz genannt, in kaltem Alkohol fast unlöslich,
sich niederschlägt. Diefs letztere ist in Aether und kochendem Alkohol
leichtlöslich, hat ein geringeres spec. Gewicht als Wasser, schmilzt bei
145° zu einem rothbraunen Harze, dessen Pulver gelb ist. Concentrirte
Schwefelsäure färbt es schwarz , Wasser schlägt es aus dieser Lösung
unverändert nieder. Durch Salpetersäure wird es in der Wärme entfärbt
und zersetzt. Aetzkali löst kaum eine Spur davon , Ammoniak nichts.
Seine Lösung in kochendem Alkohol wird durch kochende alkoholische
Bleizuckerlösung nicht gefällt, beim Erkalten fällt bleifreies Harz heraus.
Es ist also ein indifferentes Harz. Es enthält 84,76 Kohlenstoff, 6,08
Wasserstoff, 9,16 Sauerstoff, was der Formel Cia H10 O entspricht. Be-
trachtet man die Zusammensetzung der Zimmtsäure und der beiden eben-
beschriebenen Harze , so erklärt sich ihre Bildung aus dem Zimmtöle durch
Aufnahme von Sauerstoff sehr einfach:
1 At. Zimmtsäure = 18C 14H -4- SO
1 At. Betaharz = 12C -4- 10H -4-10
2 At. Alphaharz = 30C -1- 30H -4- 40
6 At. Wasser = 12H -f- 60
60C -+• 66HH-140 ==
3 At. Zimmtöl — 3(20C -f- 22H -h 20) -4- 8 At. Sauerstoff, die aus der
Atmosphäre aufgenornmen wurden.
Durch Einwirkung von Salzsäuregas auf Zirnrnt- und Cassienöl werden
diese zersetzt; es bilden sich zwei Harze, deren eines in kaltem Alkohol
fast unlöslich, das andere leicht löslich ist, ferner ein nicht näher unter-
suchtes, sehr flüchtiges Oel und Wasser. Das in Alkohol wenig lösliche
Harz ist leichtlöslich in Aether, dunkelbraun, sehr brüchig, schmilzt bei
160°. Schwefelsäure löst es bei 50° mit dunkelrother Farbe; Salzsäure
greift es nicht an ; Salpetersäure zersetzt es. Kali und Ammoniak lösen
es nicht auf, wohl aber Terpentinöl und Olivenöl. Es enthält 88,19 Koh-
lenstoff, 5,76 Wasserstoff und 6,05 Sauerstoff, was der Formel C20 H16 O
entspricht.
Das in Alkohol lösliche Harz schmilzt bei 85", ist rothbraun, sehr
brüchig, in kaltem Alkohol, Aether, Terpentinöl und Olivenöl löslich, un-
löslich in Wasser, Kali, Ammoniak und Salzsäure. Schwefelsäure löst es
bei gewöhnlicher Temperatur mit violetter Farbe, heifse Salpetersäure
zersetzt es. Es enthält 85,88 Kohlenstoff, 6,25 Wass-erstoff, 7,87 Sauer-
stoff, was der Formel C14 H 2 O entspricht. Durch concentrirte Schwe -
1044
Nelkenöl.
felsäure erhält man aus dem Zimmtöle ebenfalls zwei Harze, deren eins
in Alkohol löslich ist, bei 90° schmilzt, von kaltem Alkohol, Aether, Ter-
pentin- und Olivenöl gelöst wird, ebenso von concentrirter Schwefelsäure
mit violetter Farbe und daraus durch Wasser farblos fällbar ist. Salpeter-
säure zersetzt es nur langsam beim Sieden. Salzsäure, Ammoniak und
Kali lösen es nicht. Es enthält 85,56* Kohlenstoff, 7,20 Wasserstoff, 7,24
Sauerstoff, woraus sich die Formel CIS 0 berechnet. Das zweite, durch
die Einwirkung der Schwefelsäure entstandene Harz ist selbst in sieden-
dem Alkohol unlöslich, bildet ein orangefarbenes, noch nicht bei 300°
schmelzendes Pulver. Es ist unlöslich in Wasser, Kali, Ammoniak und
Salzsäure, leichtlöslich in Aether, Terpentinöl und Olivenöl. Salpeter-
säure zersetzt es beim Sieden ohne es zu lösen. Es enthält in 100 Th.
88,60 Kohlenstoff, 7,22 Wasserstoff und 4,18 Sauerstoff, was mit den
nach der Formel 630 H50 O berechneten Zahlen sehr gut übereinstimmt.
Hiernach erklärt sich die Einwirkung der Schwefelsäure auf das Zimmt-
und Cassienöl sehr leicjit, denn:
2 At. des in Alkohol löslichen Harzes zz: 30C -4- 30H -4- 20
1 At. des in Alkohol unlöslichen Harzes = 30C -4- 30H -+- O
3 At. Zimmtöl minus 3 At. Wasser zzz 60C -4- 60H -4- 30
Es hat sonach die Schwefelsäure jedem Atome>Oel 1 At. Wasser entzogen
und Cao H20 O ist in zwei Harze, welche sich nur durch ihren Sauerstoff-
gehalt unterscheiden, zerfallen. — Wenn in concentrirte Salpetersäure
in der Kälte frisches Zimmtöl getropft wird, so bildet sich nach einigen
Augenblicken eine kristallinische gelbe Masse. Durch Pressen derselben
zwischen Fliefspapier. wird sie von überschüssiger Säure uud einem rotlien
öligen Körper befreit. Sie erscheint dann vveifs und gab nach dem Trock-
nen über Schwefelsäure 57,84 Kohlenstoff, 4,98 Wasserstoff, 6,96 Stick-
stoff, 30,22 Sauerstoff, was der Formel C18 HI8 N2 Or entspricht. Diese
Verbindung ist in wasserfreiem Alkohol und Aether löslich, durch Wasser
und selbst an feuchter Luft zersetzt sie sich. Kali und Ammoniak scheiden
ein orangegelbes Oel ab. Concentrirte Schwefelsäure giebt eine gelbe
Lösung , die durch Wasser milchig wird und Zimmtsäure abscheidet. Salz-
säure löst die Verbindung. Wasser scheidet ein farbloses Oel ab, welches,
mit Wasser destillirt und getrocknet, eine der Formel C18 H16 02 entspre-
chende Zusammensetzung hat. — Der von dem Papier eingesogene rothe
Körper kann durch vollkommen wasserfreien Aether und Alkohol daraus
ausgezogen werden, durch Wasser wird er aber sogleich zersetzt und ein
nach der Formel C1S H14 02 zusammengesetztes Oel abgeschieden.
Ueber die Einwirkung der Salpetersäure auf das Zimmtöl kann man
sich nach diesen Angaben leicht Rechenschaft geben. Das Zimmtöl C20
H„ 04 verliert C2 H4 und verbindet sich mit N2 Os zu Cj8 H18 N2 Or , eine
Verbindung, deren rationelle Zusammensetzung sich wohl am besten durch
die Formel C18 H16 03 -f- N2 0, -f- H2 0 ausdrücken läfst, da sich dann ihre
Zersetzung durch Wasser, sowie die Bildung der Zimmtsäure in der schwe-
felsauren Lösung leicht erklärt. — Durch die Einwirkung von Ammoniak
auf Zimmtöl bildet sich ein flüchtiges, nicht näher untersuchtes Oel und ein
gelbes Harz, welches mit dem durch Salzsäure erzeugten, in Alkohol un-
löslichen, identisch ist. ( Mulder .)
Nelkenöl ( Ol . Caryophy Horum ). Aus den noch unent-
wickelten Blüthenknospen von Caryophyllus aromaticus L.
Fast farbloses, mit der Zeit gelb und braun werdendes, etwas
dickflüssiges Oel, riecht sehr durchdringend, schmeckt feurig
gewürzhaft, reagirt sauer; spec. Gew. 1,055. Es ist eins der
am wenigsten flüchtigen, ätherischen Oele und schwer über-
zudestilliren. Es löst sich in Alkohol, Aether und concen-
trirter Essigsäure. Es erstarrt nicht bei — 18 bis 20°. (Wei-
tere Eigenschaften siehe Nelkensäure S. 936 u. f.)
Pichurimöl,
1045
Sassafrasöl C Ol. Sassafras ). Von Persea oder Laurus Sassafras .
Frisch farbloses, mit der Zeit gelb und bräunlich werdendes Oel, von an-
genehm fenchelartigem Geruch und scharfem gewürzhaftem Geschmack.
Spec. Gew. = 1,08 — 1,09. Nach Bonastre soll es durch Wasser in zwei
Oele geschieden werden, von denen das eine leichter, das andere schwe-
rer als Wasser ist. Oft ist jedoch das erstere nur Terpentinöl, mit dem
es sehr häufig verfälscht vorkomint. Von Salpetersäure wird es schar-
lachroth, in der Wärme bildet sich Kleesäure. Mit rauchender Salpeter-
säure verpufft es heftiger als die meisten andern flüchtigen Oele. Mit Al-
kalien verbindet es sich nicht. Concentrirte Schwefelsäure zersetzt es.
Durch Chlor wird es dicklich, weifs und undurchsichtig. Beim Aufbewah-
ren setzt es viel Stearopten ab, welches schön kristallisirt, wie das flüs-
sige Oel schmeckt, bei der Wärme der Hand schmilzt und sich unzersetzt
verflüchtigt. In Wasser ist es unbedeutend löslich, aus seiner Lösung in
Alkohol wird es durch Wasser nicht gefällt. Concentrirte Schwefelsäure
zersetzt es. Concentrirte Salpetersäure bildet damit eine rothe, ölige
Flüssigkeit, aus der sich ein braunes Harz absetzt. Von Chlorwasserstolf-
säure, Essigsäure und Kalilauge wird es selbst in der Wärme nicht gelöst.
Es riecht wie das Oel und wird durch längere Berührung mit der Luft
wieder flüssig, wornach es selbst bei — 4° nicht erstarrt.
Lorbeeröl (Ol. laurinum aethereum). Aus den Lorbeeru (von Laurus
nobilis') durch Destillation mit Wasser zu erhalten. Schmutzigweifses,
dickflüssiges Oel von starkem Geruch und bitterm Geschmack. Es erstarrt #
schon über 0°. Es hat ein spec. Gew. 0,914. Durch Rectification er-
hält man daraus ein leichtflüchtiges Oel von 0,857 spec. Gew. und ein
schwerflüchtiges von 0,885 spec. Gew.; in der Retorte bleibt eine zähe
braune Masse zurück. Beide enthalten 81,7 — 81,6 Kohlenstoff, 11,6 — 11,7
Wasserstoff und 6,7 — 6,6 Sauerstoff. Ein frisch mit Wasser destillirtes,
sowie ein über Kali rectificirtes gaben bei der Analyse 83,1 — 83,7 Koh-
lenstoff, 11,2 — 11,6 Wasserstoff, 5,7 — 4,7 Sauerstoff. Brandes stellt
hiernach für das flüchtige Lorbeeröl die Formel C30 HJ2 O auf, die mit der
des Camplioröls identisch ist. Der harzige Rückstand der Destillation ent-
hält nur 73 p. c. Kohlenstoff.
Laurin wird erhalten durch Ausziehen der Lorbeern mit heifsem Al-
kohol, den man dann zum gröfsten Theil abdestillirt, und beim Erkalten
kristallisirt das Laurin aus der übrigbleibenden Flüssigkeit in Octaedern mit
rhombischer Basis mit Winkeln von 120° und 60°. Es schmeckt scharf und
bitter, riecht wie Lorbeeröl, ist in Wasser und kaltem Alkohol sehr we-
nig, in kochendem Alkohol und in Aether leichtlöslich und schiefst daraus
in spröden, zwischen den Zähnen knirschenden, harten Nadeln an. Es
reagirt weder sauer noch alkalisch. In höherer Temperatur schmilzt es
und verflüchtigt sich ohne Rückstand. Concentrirte Schwefelsäure färbt es
zuerst gelb, dann roth. In kalter Salpetersäure wird es flüssig und
schwimmt wie ein Oel obenauf.
Culilabanöl, von Laurus Culilaban. Es ist farblos, riecht wie Ca-
jeput- und Nelkenöl und ist schwerer als Wasser. Mit Sa/petersäure er-
hitzt giebt es eine carmoisin rothe Flüssigkeit, aus der durch Wasser ein
ziegelrothes Harz gefällt wird. (Schlafs.)
Oel aus Guiana. Von einem zu Ocotea , Litsea oder Percea gehören-
den Baume, aus dessen Rinde es bei Verletzung ausfliefst. Leichter als
Wasser, farblos, von terpentinartigem Geruch, warmem, stechendem Ge-
schmack, bei 24° verdampfend. Es verbrennt mit dickem Rauch, mischt
sich nicht mit Schwefelsäure; wird wieder von Wasser noch Säuren oder
Alkalien, leicht aber von Alkohol und Aether gelöst. Es löst leicht Cam-
phor und Harze.
Pichurimöl und - Camphor , wird nach Bonastre durch Destillation von
Pichurimbohnen (Laurus Pichurim) mit Wasser erhalten. Setzt man dem
Wasser Schwefelsäure zu, so geht nur das Oel über. Dieses ist leichter
als Wasser, blafsgelb, dem Lorbeer- und Sassafrasöle ähnlich riechend
1046
Bergarnottöl.
und leichtlöslich in Weingeist. Das Camphor haltende ist schmutzigweirs
riecht schwächer, schmeckt scharf und bitter, gesteht schon bei mittlerer
Temperatur und bräunt sich an der Luft. Der daraus geschiedene Camphor
ist weifs, kristallinisch, glänzend, fast geruchlos, schwach aromatisch
schmeckend, flüchtig, nicht in kaltem, leicht in heifsem Alkohol und Ae-
ther löslich.
Safranöl. Aus dem Stigma von Crocus sativus durch Destillation mit
Wasser. Es ist gelb, leichtflüssig, sinkt in Wasfcer unter, riecht wie
SafraD, schmeckt scharf und bitter. Mit der Zeit verwandelt es sich in
eine weifse kristallinische, auf dem Wasser schwimmende Materie, von
der sich stets schon bei der Destillation eine geringe Menge bildet.
Bergamollöl (OL seu Essenäa BergamoUae). wird erhal-
ten durch Zerreifsen der Oberhaut der Früchte der Bergamotten ( Citrus
Limettä Bergamium seu Citrus Beryamia Rissu ) und Auspressen. Es ist,
wie es im Handel verkommt, ein blafs^elbes, zum Theil
grünlich- oder bräunlichgelbes, sehr dünnflüssiges Oel von
angenehmem, Citronen und Pomeranzen nicht unähnlichen
Geruch. Sein spec. Gew. ist = 0,873 — 0.885. in der beim
Lagern des Oels sich abscheidenden Flüssigkeit, weiche sowie das rohe
Oel sauer reagirt, fand Ohme Essigsäure. Auch Benzoesäure soll biswei-
len darin enthalten seyn. Es setzt sich mit der Zeit aus dem Oele Stea-
ropten (Bergamottencamphor , Ohme’s Bergapten) ab. Durch Lösen in sie-
dendem Alkohol, nachdem er durch Aether von anhängendem Oele befreit
ist, erhält man diesen Körper beim Erkalten in feinen Nadeln kristallisirt,
bei 206° schmelzbar und kristallinisch erstarrend. Er ist farblos und ge-
ruchlos, löslich in Alkohol, Aether, heifsem Wasser und Aetzkali. Von
Schwefelsäure wird er roseuroth gefärbt. Salpetersäure wirkt in der Kälte
nicht darauf ein , beim Erwärmen bildet sich keine Kleesäure, wiewohl er
zersetzt wird. Salzsaures und Ammoniakgas verbinden sich nicht damit.
Die spirituöse Lösung wird durch in Alkohol gelöstem ßleizucker nicht
gefällt. (MulderJ Üebercinstimmende Analysen von Mulder und Ohme
führen zu der empirischen Formel C5 H2 O.
Soubeiran und Capitaine analysirten Bergarnottöl, welches für sich
destillirt worden war. Die ersteren Theile des Destillates enthielten Koh-
lenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff in einem Verhältnis, wornach man
das Oel als ein Hydrat des Camphen’s betrachten kann, wie diefs Ohme
nach seinen Analysen von Oel, welches mit W’asser destillirt worden war,
annehmen zu müssen glaubt. Er giebt dafür die Formel 3(C10H16)-f-2H20.
In den letzten Portionen des für sich destillirten Oels wurde aber ein
grofser Ueberschufs an Sauerstoff gefunden. Deshalb glauben Soubeiran
und Capitaine, dafs das Bergamottöl ein oder zwei Oele aus der Klasse
der Camphene enthalte, aufserdem ein Hydrat und ein sauerstoffhaltiges,
durch den Einflufs der Luft gebildetes Oel. Es raufs daher das Bergarnottöl
zu den sauerstoffhaltigen Oelen gezählt werden. — Sie brachten wasser-
freie Phosphorsäure mit dem Oele in Berührung, dem dadurch alles Was-
ser entzogen wurde , und das über der sauren Flüssigkeit schwimmende
Oel hatte die procentische Zusammensetzung des Camphen’s. Mit der Phos-
phorsäure hatte sich ein anderer Theil des Oels zu einer den Aethersäuren
analogen Verbindung ( acide phospho-beryamique') vereinigt. Mit salzsau-
rem Gas konnten sie nur eine flüssige Verbindung darstellen, die aber
wahrscheinlich nicht rein erhalten wurde. Sie fanden 27,81 Chlor. Ohme
fand nur 7,69 Chlor in der Verbindung, die er mit W^asser destillirt hatte,
wodurch wohl ein grofser Theil zersetzt worden war. — Das Bergarnottöl
dient vorzüglich zu Parfümerie, Pommade u. s. w. — Unter dem Namen Ol.
Portugallo kommt eine geringere Sorte im Handel vor, auch heifst das
folgende Oel so. — Hierher gehört noch das Limettenöl (Ol. Limettae'),
ein ähnliches Oel, von etwas abweichendem, aber fein aromatischem Ge-
ruch und brennend bitterscharfem camphorartigen Geschmack; spec. Ge-
wicht 0,931 ; röthet stark Lackmus.
Caj eputö 1.
1047
Roseilöl (Ol. Rosaruni). Vou Rosa centifolia , moschata, sem~
pervirens u. a. Gelbes, dickflüssiges Oel, bei niedrigeren Wär-
megraden erstarrend zu einer aus glänzenden , fast farblosen,
durchsichtigen Blättchen bestehenden, butterartigen Masse, die
erst bei 28 — 30° wieder vollständig flüssig wird. Es riecht
in sehr verteiltem Zustande angenehm und sehr eigentüm-
lich, in Masse Kopfiyeh erregend, schmeckt milde, gewürz-
haft 5 röthet das Lackmus nicht, lod wirkt nur langsam dar-
auf ein, indem es einen Theil verharzt. Spec. Gew. = 0,832.
1000 Th. Alkohol von 0,808 spec. Gew. nehmen bei 14° nur
7% Th. und bei 22° nicht mehr als 33 Th. des Oeles auf.
1 Th. Oel bedarf 8000 Th. Wasser zu seiner Lösung. Es be-
steht aas Stearopten und einem flüssigen nicht näher gekannten Oele. Diefs
Gemenge wurde von de Saussure , Göbel, Blanchet und Seil analysirt mit
sehr verschiedenen Resultaten , was wohl von der ungleichen relativen
Menge des flüssigen und des festen Bestand theils herrührt.
De S. G. BL u. Seil.
Kohlenstoff 82,05 — 69,66 — 75,11
Wasserstoff 13,12 — 16,06 — 12,13
Sauerstoff 3,92 — 14,28 — 12,76
Das Stearopten wird rein erhalten , indem man das flüssige Oel mit Wein-
geist auszieht, das ungelöste in Aether löst und daraus durch Alkohol
fällt. Es bildet kristallinische, erst bei 35° schmelzende, bis 25° butter-
artig weich bleibende Blättchen von Wachsconsistenz, welche bei 280
300° sieden, in Alkohol sehr schwer löslich, in Aether und flüchtigen
Oelen sehr leicht löslich sind. Von Schwefelsäure wird es mit brauner
Farbe gelöst. Salz- und Salpetersäure wirken nur wem«- darauf Con-
centrirte Essigsäure löst es auf, auch Kali , nicht aber 'Ammoniak. De
Saussure und Blanchet §r Seil fanden es bestehend aus 85,96 Kohlenstoff
und 14,04 Wasserstoff, was dem Verhältnifs CH* entspricht
Das Rosenöl wird häufig mit Rosenholzöl, gelbem Santelöl - IVardenö!
fettem Oel und Wallrath verfälscht. Selbst in Ostindien wird es zum Theil
mit fettem Oel vermischt erhalten, indem die Saamen einer Dteitalisart
Sisama, wiederholt mit frischen Bosenblättern geschichtet und dann
geprefst werden. Man läfst ablagern und nimmt die obere Schicht als
brauchbar ab. Soll es jedoch rein erhalten werden, so wird diese Lösnni
m fettem Oele mit wenig Wasser destillirt, mit dem das Rosenöl zugleich
ubergeht. Das beste kommt aus der Türkei. s
Rosenholzöl (Ol. ligni Rhodii~), von Convolvolus scoparius. Blafs-
gelbes, dünnflüssiges Oel, mit der Zeit roth werdend, roaenähnlich rie-
chend, bitter und gewürzhaft schmeckend. Es wird zur Verfälschung des
verliert beaui,zt> welches aber dadurch seine butterartige Beschaffenheit
..i.,*0SemraniTU C°l, Gertnii rusei)- Von Vetorgonium Radula, va-
netas roseum. Ein aus kristallinischen Nadeln bestehendes, weifsliches
erst bei SO schmelzendes Oel, welches rosenähnlich riecht, aber zugleich
m^ch Germmim robertmnum. Es hat einen milden Geschmack und w rd
zur Verfälschung des Rosenöls benutzt.
Cajepuli). Von Melaleuca Leucadendron L. und
muieuca Cajeputi Roxb. Cajeput bedeutet in der Landessprache der
Moluckenbewohner: der weifse Baum. Das Oel ist gewöhnlich blafsarön
gefärbt., was eine Eigemhiiniliohkeit dieses Oeles ist, oft aber auch noch
überdies von einem Kupfergehalt herrührt , den es erhält durch Aufbewah-
rung und Versendung in kupfernen Gefäfsen. Es ist sehr dünnflüs-
sig; in Masse besitzt es einen unangenehmen, bei grofser
Vertheilung einen sehr angenehmen, dem Camphor- und Ros-
1048
Muskatnufsöl.
marinöl nicht unähnlichen Geruch und gleichen Geschmack,
es hinterläfst wie Pfeffermünzöl eine anhaltende Kühle im
Munde $ es reagirt nicht sauer. Spec. Gewicht = 0,978.
Durch Destillation wird es in zwei Oele getrennt , die zuerst übergehen-
den 7/s sind ungefärbt, von 0,897 spec. Gew., dann geht ein grünes Oel
von 0,92 spec. Gew. über (Leverkölin'). Blanchet und Seil beschreiben
ein ganz unverfälschtes Oel von 0,927 spec. Gew., welches bei 175°
kochte, ein farbloses Destillat von 0,919 spec. Gew. und 173° Siedepunkt
lieferte und ein wenig Harz hinterliefs , welches ohne Asche zu hinterlas-
sen verbrannte. In dem rectifieirten Oele löste sich Iod ohne Verpuffung.
Kalium oxidirte sich darin, ohne das Oel zu färben. Schwefelsäure bräunt
es schwach in der Kälte, Salpetersäure bewirkt keine Veränderung. Sie
fanden es bestehend aus 77,90 — 78,11 Kohlenstoff, 11,57 — 11,38 Was-
serstoff, 10,53 — 10,51 Sauerstoff, was der Formel C10 H18 0 entspricht.
— Den sehr gewöhnlichen Kupfergehalt in dem Oele entdeckt man leicht,
wenn man es mit salzsäurehaltigem Wasser schüttelt und dieses nachher
mit Blutlaugensalzlösung vermischt, wo dann die Salzlösung durch Cyan-
eisenkupfer rothgefärbt erscheint. Auch durch einen in die saure Flüssig-
keit gestellten blanken Eisenstab wird der Kupfergehalt leicht aufgefunden.
— Die Aechtheit ergiebt sich aus den angegebenen Eigenschaften; beson-
ders ist auch die Kühle, welche es im Munde hinterläfst, ein Kennzeichen
der Aechtheit. Ein mit Camphor und andern ätherischen Oelen künstlich
verfertigtes soll sich auch zu erkennen geben , wenn man etwas auf Zucker
tröpfelt und in Wasser wirft, wo sich der Camphor ausscheidet. Diese
Probe ist nach Guibourt täuschend. — Die Blätter von Eucalyptus resini- 1
fera , sowie anderen Eucalyptus-Arten, liefern ebenfalls viel, dem Caje-
putöl sehr ähnliches ätherisches Oel.
Muskatnufsöl ( Ol . Nucistae aethereuni). Wird durch Destillation mit
Wasser aus den Muskatnüssen von Myristica moschata erhalten, ßlafs-
gelbes , dünnflüssiges, aromatisches Oel von 0,92 spec. Gew. Es besteht 1
aus einem leichten flüssigen und einem kristallinischen , in Wasser zu Bo-
den sinkenden, unter 100° schmelzenden Körper, der von John Myristi -
ein genannt worden ist. Mulder hat diesen kristallinischen Körper genauer
untersacht und ihn bestehend gefunden aus 93,28 Kohlenstoff, 10,51 Was-
serstoff, 26,13 Sauerstoff. Nach seinen Versuchen enthielt die Verbindung
mit Salzsäure V3* mehr Wasserstoff, als das Stearopten; er berechnet '
hiernach und nach der Bestimmung des Chlorgehaltes das Atomgewicht
des Stearoptens zu 1922,6 und stellt dafür die Formel C16 H3J 05 auf.
Muskatblütlienöl (Ol. Macis). Aus der die Muskatnufs umgebenden
netzförmigen Haut, Macis, durch Destillation mit Wasser. Ist mit dem
vorhergehenden wrohl identisch. Beide Oele bilden mit Alkalien seifen-
ähnliche Verbindungen.
Cardamomenöl (Ol. Cardamomi ). Von Amomum repens L., dessen
Früchte 4 Proc. des flüchtigen Oels nach Trommsdorff enthalten. Es ist
farbles oder blafsgelb, riecht gewürzhaft, camphorartig und hat einen
brennenden Geschmack. Sein spec. Gew. ist 0,945. Von Alkohol, Ae-
ther, fetten und flüchtigen Oelen, sowie von concentrirter Essigsäure wird
cs gelöst, ebenso von Kalilauge. Mit Iod detonirt es nicht. Mit rauchen-
der Salpetersäure bildet es unter heftigem Schäumen ein gelbes Harz, bis-
weilen entzündet es sich selbst damit.
Galyantöl. Nach Neumann und Buchholz in der Galgantwurzel (Al-
pinia Galanya ) enthalten. Gelblichweifs, von aromatisch camphorartigem
Geschmack und dem Cajeputöle ähnlichen Geruch. Es ist leichter als Was-
ser, nicht sehr flüchtig, verdickt sich an der Luft und verliert den Geruch.
Es löst sich leicht in Alkohol und Aether, aber nur unvollkommen in al-
kalischen Laugen.
Tonkastearopten , aus den Bohnen von Dipterix odorata Willd. Von
Boullay und Boutron- Charlard dargestellt. Die Bohnen werden mit
1049
Anisöl. Dillöl.
dt räckW" Md feWes
kohol behandelt der das fette Oel zuröckläfsfc "J? tundl§e Masse mit Al-
ge«1 Verdampfeu das Stearopten kristallisirt Fs fj! aUS deo* bei freiwilli-
mendfüii Gcsclimaek und aromatischem Geruch^ sch wert al^w*“ ’ "är~
kaltem Wasser ist es sehr wenig löslich bedarf TJ k n 1 W»s»er. In
Wasser von 15° und 45 Th. kochendes Tn aw l T°h Buchn er 40(> Th.
flüchtigen Oelen ist es leicht löslich Diese Linien ret ’ feWen und
Lackmus. e Losungen reagiren nicht auf
halten. Trübe, thfslichgelb ? dfeic Bässi°e vont”* ?ed??ria Roxh- ent-
und Geschmack, löst sichln Alkohol undSAether Natt ‘CheD1 Geruch
es aus zwei Oelen, wovon das eine schwerer t Neumann besteht
Wasser ist; nach Geoffroy enthält es eine cantottig^ sXtanz^^ *
«Ohes tiTon durchdringend SÄt? \ ^ b^'
%TZckd r0%t ■“* Lackraus^ ää SiSSSWSZ
Es ist farblos^der ff?elblirh UVnn Fr“ch.ten.vo“ Vimpintiia Anisum h
lichem Geschmad! gesteht XfbS'lO?fteJ’/i!de,n> Sufs'
17» wieder flüssig Es besteht J° ’ Vd aber erst bei
Temperatur feste! und einem flüss gen Öde Xfv^’fet’
von Stearopten und flüssigem Eläonfen varärt hänfil h® ,fs
und Seil s Analyse gab 81.35 Kohlenstoff ft « w * ^ Blanchet
Stoff. Es läfst sich in allen 10,10 Sauer-
»Sein spec. Gew. ist ~ 0^985. mif ^^ohol von 0^80 mischen.
bei 0\ Es® ist° eine wdfetÄS Whpapier
welche bei 330" kocht. Bei 10° ist es in 4 Th aÜ ll llmeIzende Masse,
während es bei 15» schon von %0 seines Gctichts a°.l 7“, °>80 ldsli<=",
Kristallisirt verändert es sich nicht an der Alk°bol gelöst wird.
Stande verharzt es und kristallisirt d»nt- n?ft’ .lm geschmolzenen Zu-
steht cs aus C„ H,6 <> “pec Gew ttt"; NaCh Cah<»‘™ be-
£,0r."^-- ei“" 'W Vertag, dwelSfPc“H"‘n n,Ba Mit
Brom bildet damit eine analog zusamniPni«-iJrfe. • f.20 C 6 °* entliält.
Mit verdünnter Salpetersäure8 »uhstanz.
Formel C1# H, , 0, 4- AeO besitzt i L *>aure, deren Silbersalz die
Nitroanisiosäure erzeugt; die Formel des "«Mhe1"1?6 Sa|Pctersäure «irrt
C,( H,„ (N, 0.) Og -+- AgO. Bei BeTandlun^ m t r? ? dieser Säure is‘
entsteht eine noch nicht näher untersuche s,,,re 'v nende'? K;il,l|ydrat
damit einen festen Körper. Mit rauchender vv?r Schwefelsäure bildet
em Theil des Anisölstearonfpn« ^ ‘uc .ender.ÄchvvefeIsaure verbindet sich
Baryt ein lösliches Salz gfebt CCaho'ursl C^e^bu™!ichen Säure , die mit
ohne Verpuffung, die Verbindung wira lost sich in dem Anisöl
salzsaurem Gas bildet es keinen festen Campbor. ',arzartis» s‘)rdde- Mit
fÄÄta ÄSolf ueZlte^tLel™ SderDaniS (deD
hours ist das Stearopten des Sternan^if* ?* e.S le,cht ,ös,ich- Nach Ca~
des Anisöles. P Steinamsoles gleich zusammengesetzt mit dem
Sein spec. Gew. ist oÄÄÄ schmeckt sufslich, brennend.
“ 1500 Th. Wasser löslich. * ' U 10 Aettler ““d Alkohol und nur
Phmrmtwir. /. (5 U Aufl.)
67
1:050.
Fenchelöl.
Fenchelöl ( OL Foeniculi ). AUS dem Saamen von Anethum
foenicuium. Farblos oder gelblich , schmeckt angenehm süfslich,
hat ein spec. Gew. == 0,997. Unter 10° gesteht es zu einer
festen Blasse, ans der durch Auspressen das Stearopteri er-
halten wird; dieses stimmt nach Blanchet und Seil sowohl
in seiner Zusammensetzung, als seiner Schmelzbarkeit und
seinem Kochpunkt vollkommen überein mit dem Stearopten
des Anisöls. Dasselbe giebt Cdtwurs au von dem festen Theile des
huile de fenouil amer , dessen flüssiger Bestandteil dem Terpentinöl ana-
log zusammengesetzt ist und mit Stickoxid eine nach der Formel Cu II24
N\ 04 constituirte Verbindung bildet.
Der feste Theil des Fenchelöls ist in Wasser weit weniger löslich;
als der flüssige; welcher letztere besonders zu Anfang der Destillation des
Fenchelsaamens mit Wasser übergeht und von dem Blanchet und Seil
allein die Verschiedenheit des Anis- und Fenchelöls herrührend betrachten.
Bei einer Analyse des rohen Oeles fanden sie 77,19 Kohlenstoff, 8,49
Wasserstoff, 14,32 Sauerstoff; Gäbet 75,4 Kohlenstoff, 10,0 Wasserstoff,
14,6 Sauerstoff. Das Fenchelöl verliert mit der Zeit die Fähigkeit in der
Kälte zu gestehen und löst Iod ohne Verpuffuug auf wie Anisöl.
Wasserfenchelöl (Ol. Phellandrii uquatici}. Nach Frlckhinger wird
durch Destillation der Saamen dieser Pflanze mit Aet'/kali und Wasser ein
ammoniakhaltiges , ätherisches Del von bräunlichgelber Farbe und stark
aromatischem Geruch und Geschmack ei halten. Versuche über seine Wir-
kung auf den thierischen Organismus scheinen für seine narkotischen Ei-
genschaften zu sprechen.
Pelersilienöl ( OL Pelroselini ). von Apium petroseUnum L
Blafsgeib, stark nach Petersilien riechend. Aus zwei durch
Schimein mit wenig Wasser trennbaren Gelen bestehend. Der
flüssige Theil schwimmt auf dem Wasser, der kristallinische
sinkt ZU Boden. Aus dem Petersilieawasser , einer gesättigten Lösung
des Oeles in Wasser, kristallisirt nach längerem Stehen der Petersilien-
caniphor in langen Prismen sehr leicht. Er riecht wie das flüssige Oel , ist
schwerer als Wasser, schmilzt bei 30° und bleibt dann bei Ausschlufs von
Wasser selbst unter dem Gefrierpunkt flüssig. Nach Läwig und Weidmann
zerfällt das Oel bei der Destillation für sich in ein flüssiges übergehendes
Oel und in einen in der Betörte zurückbleibenden festen Körper. Durch
mehrfache, frafctionirte Destillation erhält man aus dem flüssigen Theile
ein bei 160* siedendes, dem Terpentinöl analog zusammengesetztes Oel.
Der in der Retorte zurückgebliebene Theil wurde in Alkohol gelöst, durch
Wasser der feste Antheil gefällt, während der flüssige obenaufschwamm.
Die Zusammensetzung des festen Körpers geben sie zu CiaHi6 03, was
jedoch der Bestätigung bedarf.
Kvmmelöl ( OL Carvi). Von Carum Carvi L. Blafsgelbes,
bald bräunlich werdendes Oel, sehr dünnflüssig, von durch-
dringendem Geruch und gewürzhaftem Geschmack, röthet
stark Lackmus, löst Iod ohne Erhitzung. Absorbirt unter
Wärreeentwickelung Salzsäure, verliert jedoch den Säure-
gehalt durch Kochen mit Wasser. Spec. Gew. = 0,938.
Es kocht bei £05°. Durch fraktionirte Destillation läfst sich
ein schon bei 193° und ein erst bei 228° destiiiirendes Oel
scheiden. In erstcrem fand Völkel 86,09 Kohlenstoff, 11,09 Wasser-
stoff, 2,82 Sauerstoff; in letzterem 78,60 Kohlenstoff, 9,21 Wasserstoff
nnd 13,19 Sauerstoff» Er glaubt jedoch di® Oel© nicht vollkommen ga-
Pfeffermünzöl.
1051
trennt zu haben, und hält es für wahrscheinlich , dafg das flüchtigere im
reinen Zustande sauerstofffrei sey (siehe Anhang zu Cuminsäure S. 936).
Römisch- Kümm elöl (Ol. Cumini ). Von Cuminum Cyminum L. BJafs-
gelbes Oel von starkem Geruch und scharfes« Geschmack (siehe Cumin-
säure S. 936^.
Corianderöl. Farblos, dünnflüssig, gewürzhaft riechend und schmec-
kend, von 0,759 spec. Gew. ; löslich in Alkohol und Aether. Durch Sal-
petersäure wird es in eine grüne harzige Masse verwandelt. Von Schwe-
felsäure wird es mit gelber, bald braunroth werdender Farbe gelöst. Mit
Iod fulminirt es.
Pimpinellwurzelöl. Von Pimpinella Saxifraga. Goldgelb, dünnflüs-
sig, unangenehm petersilienartig riechend, bitter und kratzend schmeckend,
leichter als Wasser, sehr flüchtig. Mit Salpetersäure färbt es sich roO?
und giebt eine braune Harzinasse. (Bley.) — Das Oel von Pimpinella mumm
ist zähe, hellblau, mit der Zeit grün werdend, schmeckt bitter und kraz-
zend, riecht wie die Wurzel. Mit rauchender Salpetersäure bildet es unter
Verlust seines Geruches ein braunes, mit Schwefelsäure ein ähnliches, aber
den Geruch des Oels noch besitzendes Harz. ( Bley .)
P fejf ermün%öl (Ol. Menlhae piperitae ). von Mentha pipe-
rita L. Kommt jetzt häufig sehr schön aus Amerika». F'üst WllSSCF—
helles oder gelbliches, bisweilen grünliches, mit der Zeit
dunkler werdendes, sehr dünnflüssiges Oel von durchdrin-
gendem Geruch und brennend gewürzhaftem, hinlennach an-
genehm kühlendem Geschmack. An den Augen bewirkt sein
Dunst eine Empfindung von Kühle. Es röthet nicht Lackmus,
fulminirt nicht mit Iod, löst dieses aber schnell auf: sein spec.
Gew. ist 0,9.08* — 0,01. Es seist heim Erkälten' oder nach
der Destillation über kohlensaures Kali zum Theil nur schwie-
rig oder gar nicht Stearopteo ab. Nach Giese soll diese Ausschei-
dung nur bei dem O eie stattfiuden, welches aus Kraut erhalten wird, das
man in der Blüthezeit gesammelt und getrocknet hat. Aus dem amerika-
nischen erhält man immer Stearopten in langen vierseitigen Prismen kri-
stallisirt und von demselben Gerüche wie das Oel. Nach Blanchet und Seil
enthält das Oel 79,63 Kohlenstoff, 11,25 Wasserstoff, 9,12 Sauerstoff
Kane befreite durch fraktiouirte Destillation das Oel soviel als möglich
von Stearopten , er untersuchte ein rectificirtes Oel , welches ein spec Gew
von 0,899 hatte, zwischen 188 und 193c destillirte und 77,8 Kohlenstoff,*
12,0 Wasserstoff und 10,2 Sauerstoff enthielt.
Das Stearopten schmilzt bei 27° und kocht bei 208°. Es ist in Alko-
hol, Holzgeist, Schwefelkohlenstoff und Aether löslich und wird durch
Wasser aus diesen Lösungen pulverförmig gefällt. Salpetersäure färbt es
roth und Kalilauge löst es auf, Dumas und Blanchet dp Seil fanden es be-
stehend aus 77,27 Kohlenstoff, 12,96 Wasserstoff, 9,77 Sauerstoff, was
der Formel C10 H30 0 entspricht. 9
In neuester Zeit hat Walter eine Untersuchung dieses kristallini-
schen Theiles des amerikanischen Pfeffermünzöls geliefert. Er giebt den
Schmelzpunkt zu 34°, den Siedepunkt zu 213° an. Brom wirkt heftio dar-
auf ein, es entwickelt sich Bromwasserstoff und eine schön rothgefärbte
Verbindung wird gebildet. Die Einwirkung von Iod ist gering. Auch er
fand dieselbe procentische Zusammensetzung wie Dumas und^giebt dafür
die Formel C20 H40 02. Das spec Gew. des Dampfes ist gleich 5,455,
wornach in dem festen Pfeffermünzöle 4 Vol. zu 1 Vol. verdichtet sind.
Durch mehrmalige Behandlung dieses Körpers mit wasserfreier Phosphor-
saure und Destillation erhält man eine klare , durchsichtige , sehr beweg-
liche Flüssigkeit von angenehmem Geruch und erfrischendem Geschmack,
welche durch wenig Aether und Alkohol getrübt, durch etwas mehr voll-
ständig gelöst wird. Sie ist leichtlöslich in Terpentinöl, unlöslich in Was-
1052
Krausemünzöl.
ser, brennt mit rufsender Flamme , siedet bei 103® und hat ein spec. Gew,
rr: 0,851. Schwefelsäure wirkt nicht in der Kälte, Salzsäure färbt sich
damit gelb, beim Kochen roth, was aber wohl von anhängendem Oel lier-
riihrt. Brom und lod färben sich schön roth damit, beim Erhitzen ent-
wickelt sich etwas Säure und die Flüssigkeit wird schmutziggrün. Das
spec. Gew. des Dampfes ist 4,835 , was wehst der Elementaranaljse zu
der Formel C30 H56 führt. Walter nennt diesen Körper Menthen. Das
Stearop-ten des Pfeffernuinzöls ist ein Hydrat dieses Körpers und nach der
Formel 020 H56 -h 2H2 O zusammengesetzt.
Durch Behandlung des Pfeffer mihizöistearopteuö mit concentrirter Schwe-
felsäure in mäfsiger Wärme scheidet sich die halbflüssige Masse in eine
leichtere, sehr durchsichtige und in eine dichtere stark rothgefärbte Flüs-
sigkeit. Letztere enthält wesentlich nur Schwefelsäure. Die erstere Öfters
mit frischer Säure behandelt, dann mit Wasser und Aetzkali gereinigt,
erwies sich bei der Analyse als reines Menthen. Bei der Behandlung des
krislallisirten Pfeffermünzöls mit Phosphorchlorid erhält man Chlurmenthen ,
ein ölartiger gelber Körper, der uach der Formel C20 HJ4 Cl2 zusammen-
gesetzt ist. Es ist leichter als Wasser, wenig löslich in Wasser, leicht
löslich in Bolzgeist, Alkohol, Aether und Terpentinöl. Es siedet bei 204“,
zersetzt sich aber dabei. Mit Kalium in der Wärme behandelt erzeugt sich
Chlorkalium; concentrirte Schwefelsäure färbt sich damit blutroth. Durch
conoeutrirte alkoholische Kalilösung wird es nicht ver.i udert. — Das ge-
schmolzene Pfeffermüuzöl im Dunkeln mit Chlor behandelt, liefert einen
nach der Formel C20 H31 Cls 02 zusammengesetzten Körper, der intensiv
gelb, schwerer als Wasser, löslich in Alkohol, Aether und Terpentinöl,
wenig löslich in Wasser ist, von Schwefelsäure rothgefärbt wird und mit
grüner rufsender Flamme brennt. Im Sonnenlicht erzeugt das Chlor damit
einen C20 I12S Cl12 02 enthaltenden Körper, der gelblich grau, klebrig, etwas
löslich in Alkohol ist und sich erst nach längerer Zeit mit Schwefelsäure
färbt.
Durch Behandlung des Menthen’ s mit coueentrirter Salpetersäure in
der Wärme entsteht eine gelbe, ölige, in Wasser und Alkohol lösliche,
nicht ohne Zersetzung flüchtige Materie, welche C10 HJ8 ö9 enthält. Sie
ist nicht genauer untersucht. Durch Einwirkung von Chlor auf Menthen
wird eine syrupartige, gelbe, in Alkohol, Holzgeist, Aether und Terpen-
tinöl lösliche Flüssigkeit erzeugt, welche schwerer als Wasser ist, mit
rufsender grüner Flamme brennt und sich mit coueentrirter Schwefelsäure
intensiv roth färbt. Nach der Analyse besteht sie aus C20 H26 Cl,0 {Walter).
Krausemiinzöl {Ol. rnenthae crispae L.). In Farbe und Consistenz ist
es dem Pfeffermünzöl gleich, der Geruch ist weniger angenehm und der
Geschmack bitterlich und weniger kühlend ; sein spec. Gew. ist r= 0,969.
Durch Abkühlen erhält man aus dem frischen Gele auch Stearopten.
Polei/öl {Ol. Menthae Puleghtm). Sein spec. Gew. ist = 0,927; der
Siedepunkt schwankt zwischen 182 — 188°. Kane fand es bestehend aus i
79,0 Kohlenstoff, 10,9 Wasserstoff, 10,1 Sauerstoff, was der Formel
C10 H16 O entspricht. Es ist diese Zusammensetzung deshalb merkwürdig,
weil sie mit der des Camphors übereinstimmt. Das Oel soll sehr häufig
mit Terpentinöl verfälscht werden.
Oel der Mentha viridis . Das im Handel vorkommende hat ein spec.
Gew. rr: 0,914 und wenn es durch Destillation von Stearopten soviel als
möglich befreit ist “ 0,876. Es siedet dann constant bei 166° und enthält
85,44 Kohlenstoff, 11,19 Wasserstoff, 3,36 Sauerstoff, was der Formel
C3S H46 O entspricht. {Kane.)
Melissetiöl {OL Meiissae ). Von Melissa offic. L. Blafsgelb, von an-
genehmem, den Citrouen ähnlichen Geruch. Es hat ein spec. Gew. von
0,975 und giebt bei starker Abkühlung Stearopten. Eine Verfälschung mit
Citronenöl ist häufig.
Mäjoranöl {Ol. Majuranae). Von Origanum Major ana L. Blafsgel-
5 es t öfters bräunliches, auch grünliches Oel von starkem Geruch und Ge-
Eosmarinöl.
1053
„schmack. i0(i vdrpufft es. Es setzt mit der Zeit auch in verschlosse-
nen Gefäfsen Stearopten ab, welches bei 113° kein Wasser verliert , beim
Erhitzen auf Platioblech schmilzt und ohne Rückstand sublimirt, schwerer
als Wasser ist, sich in kochendem Wasser, Alkohol und Aether, Salpeter-
säure und Aetzkali löst und von coucentrirter Schwefelsäure roth gefärbt
wird. Es enthalt 61,01 Kohlenstoff, 10,71 Wasserstoff, 28,28 Sauerstoff.
Mit salzsaurem Gas verbindet es sich, und Mulder berechnet nach der auf-
genommenen Menge das Atomgewicht des Stearoptens zu 1757,3, wornach
seine theoretische Formel C14 Hi0 0S ist. In einem Strom von trocknem
Ammoniakgas nimmt das Stearopten nicht an Gewicht zu. Das Majoranöl
wird nicht selten mit Dostenöi, Citronenöl u. s. w. verfälscht.
Cretisches Dostenöi {Ol. Oriyani cretici ). Von Oriyanum smyrnaeum
h. Braunes, dünnflüssiges Oel von starkem gewürzhaftem Geschmack und
Geruch. Es röthet nicht Lackmus; sein spec. Gew. ist — 0,946.
Dostenöi {Ol. Oriyani vulyaris ). Von Oriyanum vulyare. Man erhält
es sehr rein im Handel, jedoch wegen variirendem Gehalt an Stearopten,
der im Allgemeinen bedeutend ist, von ungleichem spec. Gew. von 0,90 —
0,89. Durch mehrmalige Rectification wird es von einem spec. Gew. ==
0^867 erhalten und siedet dann constant bei 161°. Die Analyse gab 86,33
Kohlenstoff, 1 1,44 Wasserstoff, 2,23 Sauerstoff, was der Formel C40H8oO
entspricht. [Kane.~)
Lavendelöl (OL Lavendltlae ). Von Lavandnla anyustifolia
Ehrh, { Lavand . Spica Lj. Ein blnfsgelbes, dünnflüssiges Oel von
starkem Geruch und brennend gewürzhaftem . bitterlichem
Geschmack. Es röthet Lackmus. Das im Handel vorkom-
mende enthält stets eine grofse, doch sehr vanirende Menge
von Stearopten, oft ein Viertel bis die Hälfte seines Gewich-
tes, welches nach einer Analyse von Dumas mit dem Camphor
gleiche Zusammensetzung hat. Horch Destillation des OeSes
mit Wasser kann es von 0,872 — 0,877 spec. Gew. erhalten
werden. Solches rectificirtes Oel siedet bei 195 — 187°. Mit
Iod verpufft es schwach unter Bildung eines gelben Dampfes.
In Spiritus von 0.83 spec. Gew. ist es in allen Verhältnissen
löslich, aber Spiritus von ®,*87 spec. Gew. löst nur 2/s seines
Gewichts von dem Oele. Mit coucentrirter Essigsäure ge-
schüttelt verbindet sich ein Theil des Oeles mit wasserfreier
Essigsäure zu einer öligen Flüssigkeit, ein anderer Theil löst
sich in der freien wässerigen Säure. Nach de Saussure enthält es
75,50 Kohlenstoff, 11,07 Wasserstoff, 13,07 Sauerstoff und 0,36 Stick-
stoff. In neuerer Zeit hat Kane mehrere Analysen von diesem Oel bekannt
gemacht. Sie waren mit Oel von verschiedenem spec. Gewicht und Siede-
punkt angestellt, enthielten also verschiedene Mengen von Stearopten,
daher auch der Kohlenstoffgehalt zwischen 79,45 und 75,77 p. c. variirt.
Die für diese Gemenge berechnete Formel hat daher keinen Werth.
Spicköl {Ol. Spicae ). Von Spica latifolia Ehrh . Dem vorigen sehr
ähnlich, von etwas weniger angenehmem Geruch. Es enthält ebenfalls
sehr viel Stearopten, welches durch Auspressen und Sublimation rein er-
halten wird. Proust hält es für ein sehr vorteilhaftes Ersatzmittel des
Camphors, mit dem es identisch ist. Das Oel erzeugt mit salzsaurem Gas
keinen festen Camphor. Es wird häufig mit Terpentinöl oder Rosmarinöl
verfälscht.
Rosmarinöl (OL Anthos ). Von Rosmarinus offic. L. WflS-
serhelles, sehr dünnflüssiges Oel, von durchdringendem Ge-
ruch und gewürzhaft camphorartigem Geschmack. Das spec.
1051
B a s i 1 i c u m ö I.
Gewicht -des käuflichen ist = 0,911. doch variirt es nach der
Jahreszeit, in welcher die Pflanze destillirt wird, wegen der
wechselnden Menge von Siearopten, die es enthält." Durch
F.ectification erhält inan das reine Oel von 0,885 spec. Gew.
Diefs siedet hei 10Ü0. Es enthält 83,49 Kohlenstoff, 11,66 Wasser-
stoff, 4/ -3 Sauerstoff, wornach man es betrachten kann als nach der For-
mel 9CS B3 -j- 0 zusammengesetzt (Kaue). Beim freiwilligen Verdun-
sten oder iu Berührung mit Kali bildet sich Rosmarincämphor. Mit salz-
saurem Gas entsteht ein schweres Oel , aber kein künstlicher Cainphor.
Es erhitzt sieh mit Xod nur zum Theil bis zum Fulminiren. Mit Schwefel-
säure gemischt schwärzt es sich , durch Sättigung mit Kalk erhält man
hieraus ein leicht lösliches Kalksalz ; durch Destillation des Gemenges der
Säure mit dem Oele wird eine lauchartig, aromatisch, dem Mesitylen ähn-
lich riechende Fiüssiglret erzeugt, die im reinen Zustande 0,867 spec. Gew.
hat, hei I V kocht , mit dem Terpentinöl gleich zusammengesetzt ist und
von Kane Rosmarin genannt wird.
Basilicumol {Ol. Basilici aether eum). Durch Destillation des Basilien-
krautes ( Odmum Basüicum ) mit Wasser. Es setzt beim Aufbewahren
Stearopten ab in prismatischen Kristallen, welche nach Bonastre' in kaltem
Wasser wenig, in kochendem leicht löslich sind und sich daraus in regel-
mäfsigen weifseu durchsichtigen Tetraedern wieder abscheiden. Von Wein-
geist, Aether, Salpetersäure und Essigsäure wer’en sie gelöst. Durch
Schwefelsäure werden sie roth gefärbt. Die ammoniakalische Lösung wird
von Wasser getrübt. Dumas und Peligot fanden sie bestehend aus 63,8
Kohlenstoff, 11,5 Wasserstoff, 24,7 Sauerstoff, was der Formel C20 HSJ
-4-6H20 entspricht und mit dem Terpentinölhydrat iibereinstimmt. Der
flüssige Theil des Basüicumöls ist nicht untersucht.
Thymianöl ( Ol Thymi'), Von Thymus vulgaris L. Blafsgelb oder
grünlich gefärbtes , sehr dünnflüssiges Oel. Im Handel kommt es nicht sel-
ten stark braungefärbt vor, sauer reagirend, während das wenig gefärbte
keir saure Keaction zeigt. Es hat einen starken gewürzhaften Geruch
und Geschmack und sein spec. Gew ist rr: 0,903. Auch das reinste setzt
tnit der Zeit Stearopten ab. Mit Iod fulminirt es nicht.
Quendelöl ( OL Serpglli ). Von Thymus Serpgllum L. Blafsgelbes
oder bräunliches, sehr dünnflüssiges Oel von gewürzhaftem Geruch und
Geschmack,
Mar um c a mp hör. Von Bieg aus Teucrium Mar um dargestellt. Es ist
eine blättrige, spröde, wasserhelle, aromatisch riechende und schmeckende
Substanz, die von warmem Wasser, Alkohol und Aether gelöst wird und
ein gröfseres spec. Gewicht als Wasser besitzt.
Ilgssop- oder Isop-Oel (OL Hgssopi ). Von Hyssopus offic. Ein blafs-
gelbes, mit der Zeit braunroth werdendes Oel von starkem Geruch und
scharfem campborartigem Geschmack.
Salbeiöl ( Ol . Salviae ). Von Salvia offic. L. Gelbes, beim Altern
sich bräunendes Oel, von gewürzhaftem Geruch. Setzt mit der Zeit Stea-
ropten ab.
Wolfsfufsöl. Nach Geiger aus Lycopus europaeus zu erhalten. Es ist
grün, bei 12° butterartig, leichter als Wasser.
Porschcärnphor und Oel. Nach Grafsmann iu Ledum palustre ent-
halten. Das Oel ist gelb, schmeckt brennend gewürzhaft und betäubend,
riei, sehr durchdringend und ist leichter als Wasser. — Der Camphor
kristallisirt in zarten, weifseu , seidenglänzenden Prismen, ist fast ge-
ruchlos, leicht flüchtig mit betäubendem Geruch, wenig in Wasser, leicht
in Alkohol und Aether löslich. Durch Säuren und Ammoniak wird er nur
schwierig gelöst.
Baldrianöl {Ol. Valerianae ). Von Valeriana offic. L, Blafsgelbes,
dünnflüssiges, mit der Zeit braun und dickflüssig werdendes Oel. (Aus alten
Wermuthöl.
1055-
*\ '
Wurzeln erhält man sogleich braunes Oel.) Es riecht sehr unangenehm
und schmeckt bitter und camphorartig. Es reagirt wegen seines Gehaltes
an Baldriansäure (S. 93fi ) stark sauer. Jod löst es ohne merkliche Er-
hitzung. Spec. Gew. 0,944. Nach Bonastre färbt es sich durch Salpeter-
säure blau und giebt beim Erhitzen damit Kieesäure. Bei —20° soll es
Stearopten absetzen.
Rautenöl {Ol. Ruine). Von Ruin graveolens L. Blafsgelb oder grün-
lich, nicht sehr dünnflüssig, von unangenehmem Geruch und bitterlich
scharfem Geschmack. Es röthet das Lackmus nicht. Sein spec. Gew. ist
0,837. Es destillirt zwischen 218 und 245° unverändert über. Es enthält
76,60 Kohlenstoff, 12,59 Wasserstoff, 10,81 Sauerstoff, was zu der For-
mel C>,8 H56 -4- 30 führt, welche Zusammensetzung auch durch die gefun-
dene üampfdicbte = 7,69 bestätigt wird. In concentrirter Schwefelsäure
löst sich das Oel mit schön rothbrauner Farbe, scheidet sich aber durch
Wasser unverändert ab. Salzsaures Gas scheint kaum darauf zu wirken.
Chlor und raucheude Salpetersäure zersetzen es. (TI 'Hl.')
Cascarillöl {Ql. Cascarillae ). Aus der Cascarillrinde (von Croton Elu-
teriä). Gelbes, zum Theil auch grünes und blaues Oel von sehr starkem
Geruch und aromatisch bitterm Geschmack. Spec. Gew. 0,938. Löst lod
ohne merkbare Erhitzung — Völ ekel untersuchte ein dunkelgelbes Casca-
rillöi von 0,909 spec Gew. Es fing bei 180° zu sieden an. Durch fractio-
nirte Destillation erhielt er daraus ein Oel, welches schon bei 173° kochte,
ein spec. Gew. " 0,832 hatte und 86,93 Kohlenstoff, 10,48 Wasserstoff
und 2,59 Sauerstoff enthielt. Die letzte Portion des iiberdestillirten Oeles
war von der Consistenz eines fetten Oeles und enthielt 82,02 Kohlenstoff,
10,26 Wasserstoff und 7,72 Sauerstoff. Er hält es hiernach für wahr-
scheinlich, dafs es gus einem sauerstofffreien flüchtigeren und aus einem
sauerstoffhaltigen weniger flüchtigen bestehe. Von starken Säuren wird
das Oel zersetzt, Alkalien sind ohne Wirkung darauf.
Kamillenöl (QL Öhamomillcie). Von Matricaria Chamomilla.
Dunkelblau, in Masse undurchsichtig , dickflüssig, zähe.
Schmeckt bitterlich gewürzhaft. Durch EmHofs von Luft und
Licht wird es bräunlich und zähe. Heagirt nicht sauer. Sal-
petersäure bräunt es und Wasser schlägt daraus ein nach
Moschus riechendes Harz nieder. Spec. Gew. = 0.924. lod
löst sich darin, indem es das Oe! zu einer dunkelrothbraunen
Masse verharzt oline Erhitzung: Ein mit Terpentinöl verfälschtes
Oel, was nicht selten vorkommt, lässt sich durch das Verhalten gegen Tod
leicht erkennen, indem ein solches Oel sich stark erhitzt oder selbst mit
violettem loddampf verpufft. Dasselbe ist der Fall, wenn das Kamillenöl
Citronenöl enthält, was nach der preufsischen Pharmacopöe vorschrifts-
mäfsig ist. Auf drei Pfund Blüthen wird bei der Destillation 1 Unze Ci-
tronenöl zugesetzt, um ein flüssigeres Oel zu erhalten, was sich leichter
von dem Wasser trennen läfst. Aber diese Vorschrift ist unnöthig und
nicht zu loben. Bei zweckmäßiger Destillation erhält man leicht auch das
reine ( Geiger . S. Magaz. für Pharm. Bd. 17. S. 161.)
Römisches Kamillenöl, von Änthemis nobilis , ist dem gewöhnlichen
Kamillenöl sowohl in Geruch als Farbe sehr ähnlich.
Schafgarbenöl ( OL MillefoHi ). Aus den Blüthen von Achillea Mille-
fölium. Werni die Pflanze auf fettem Boden gewachsen , so liefert sie ein
blaues, sonst ein grünes dickflüssiges Oel. (Nach Bieg ist das Oel der
Wurzel fast farblos, das des Krautes und der Blumen dunkelblau und das
des Saamens .schmutziggrün.) Mit der Zeit verliert es die Farbe. Spec.
Gew. ~ 0,92. Erhitzt sich schwach mit lod und entwickelt loddämpfe.
Wermut höl {Ol. Absinthii ). Von Artemisia Absinthium L. Grünes,
zuweilen gelbes Oel, wird bald bräunlich; riecht stark nach Wermuth,
schmeckt unangenehm bitterlich scharf, röthet nicht Lackmus ; mit lod er-
iüS6
Wu rmsaamenö L
hitzt es sich unter Entwickelung von loddämpfen. Spec. Gew. 0,897.
Salpetersäure färbt es erst grün, dann blau, zuletzt braun.
Wurmsaamenöl {Ol. seminis Cinae ), aus Wurmsaamen (von Artemisia
Contra u. s. w.) erhalten, Blafsgelbes Oel, von durchdringendem widri-
gen Geruch nach Wurmsaamen, und bitterlich camphorartigem Geschmack.
Verpufft nicht mit Iod. Spec. Gew. 0,925 — 0,936. Nach Völkel enthält
es zweierlei Oele, welche er jedoch nicht zu trennen vermochte. Er fand
bei fractiooirter Destillation in der zuerst übergegangenen Portion 77,98
— 78,88 Kohlenstoff, 10,46 — 10,832 Wasserstoff und 11,55 — 10,28
Sauerstoff; in der später übergegangenen 77,81 — 77,96 KohlenstofF, 10,60
— 10,56 Wasserstoff und 11,58 — 11,47 Sauerstoff, wornach er als das
einfachste relative Atomverhältnifs die Formel C9 HIS O berechnet. Wird
das Oel mit festem Kalihydrat destillirt, so bekommt es einen dem Pfeffer-
münzöle sehr ähnlichen Geruch {Völkel).
Unter dem Namen Wurmsaamenöl ist vor einigen Jahren ein anderes
im Handel erschienen , welches aus Nordamerika kommt. Büchner be-
schreibt es als ein blafsgelbes Oel, leichter als Wasser; riecht wie das
mexikftnischc Traubenkraut , Chenopodium ambrosioides.
Esdragonöl, in Artemisia Dracunculus enthalten, ist in neuester Zeit
von Laurent untersucht worden. Es siedet bei 206°. Sein spec. Gew. ist
0,945. Die Dichtigkeit seines Dampfes ist 6,157. Laurent stellt für die
Zusammensetzung des Oels die Formel C24 U}2 02 auf. Mit Schwefelsäure
bildet es die Sulfodraconsäure , deren Barytsalz nach der Formel C,4
Bi702 SO, H- BaO zusammengesetzt ist. Mit Salpetersäure giebt das
Oel fünf neue kristallisirbaro Säuren {Laurent).
Beifufsöl , in Artemisia vulgaris enthalten, von Brez und Eliason
dargestellt. Es ist grünlichgelb, butterartig, von brennendem, hintenuach
kühlendem Geschmack, siedet bei 100°, wird von Alkohol und Aether,
Dicht aber von Alkalien gelöst. Salpetersäure verwandelt es in braunes
Harz.
Rheinfarrnöl {Ol. Tänaceti). Von Tanacetum vulgare L. Blals- oder
goldgelb, auch grün, wenn die Pflanze auf sehr trocknem fettem Boden
gewachsen war. Von starkem , widerlichem Geruch und bitterm scharfem
Geschmack. Spec. Gew. = 0,931. Verpufft nicht mit Iod.
Olibanumöl , aus dem Harze von Juniperus Lycia und thurifera. Durch
Destillation mit Wasser wurden 4 p. c. von dem Harze an flüchtigem, farb-
losem, dem Terpentinöl Dicht unähnlich riechenden Oele erhalten. Sein
spec. Gew. ist “ 0,866. Im übrigen verhält es sich dem Elemiöle sehr
ähnlich. Die Analysen gaben in 100 Theilen 84,66 — 85,23 Kohlenstoff,
11,26 Wasserstoff und 3,67 — 3,48 Sauerstoff, was der Formel C5S Hss O
entspricht. Sonderbarerweise ist diefs genau dieselbe Zusammensetzung
wie die von Kane für das Oel der Mentha viridis ausgemittelte. ( Sten -
house.)
Myrrhenöl. Aus dem Harze der Amyris Kataf , Baisamo dendron
Myrrhen Ehrenb., welches 2*/* p. c. davon nach Braconnot und Brandes
enthalt. Es ist farblos, dünnflüssig, riecht wie Myrrhe, schmeckt anfangs
mikie, dann balsamisch camphorartig. An der Luft verdickt es sich und
wird gelb. In Alkohol, Aether und Oelen ist es leicht löslich. Durch
Schwefelsäure, Salpetersäure und Salzsäure wird es zu einer rothen, mit
Wasser sich trübenden Flüssigkeit.
Galbanumöl. Aus dem Harze von Galbanum offic. durch Destillation
mit Wasser, welches nach Meifsner 3%, nach Pelletier 6 p. c. flüchtiges
Oel enthält. Es ist farblos, von 0,92 spec. Gew., schmeckt brennend,
hinteunach kühlend, bitter und läfst sich leicht mit absolutem Alkohol,
Aether und fetten Oelen vermischen. — Ein zum Theil brenzliches Oel
wird bei der trocknen Destillation des Galbanums erhalten. Diefs ist bei
Unterbrechung der Destillation zu einer bestimmten Zeit blau.
Sagapenöl. Nach Brandes durch Destillation mit Wasser aus dem Sa-
gapeaharze (von Ferula persica) zu erhalten. Es ist leichter als Wasser,
W antifl echten öl.
1057
Maisgelb, dünnflüssig, riecht kuoblauchartig, schmeckt anfangs milde,
dann erwärmend bitterlich. An der Luft verliert es seinen Geruch nach
Knoblauch und riecht dann dem Terpentin und Camphor ähnlich, wobei es
sich verdickt. Concentrirte Salpetersäure wirkt in der Kälte nicht darauf,
beim Erhitzen erzeugt sich Kfeesäure und das Oe! wird dick und gelbroth.
Schwefelsäure färbt sich damit sogleich dunkelroth. Alkohol und Aether
lösen es leicht auf.
Cypr essenöl (OL Cupressus ). Von Cupressus sempervirens. Es wird
als Anthelminticum gebraucht, sowie zum Schutz für Pelzwerk gegen
Insecten.
Thujaöl (OL Thujue'). Von Thuja occidentalis. Es ist gelblichgrün,
riecht dem Rheinfarrn ähnlich und schmeckt camphorartig. Wird gegen
Würmer angewendet.
Virginisches Schlang emvurzelöl ( Ol . Serpeniariae). Von Aristolochia
Serpentaria L. Es ist dem Baldrianöl sehr ähnlich , selbst im Geruch.
Fernambuckholzöl. Von Chevreul riargestellt aus dem Holze von
Caesalpinia crista. Es schmeckt und riecht pfeiferartig und hat die Eigen-
schaft Goldchlorid sehr schnell .zu reduciren.
Hedwigiaöl. Von Bonastre uns dem Harze von Hedwigia balsami/era
durch Destillation mit Wasser dargestellt. Es ist leichter als WTasser, gelb-
lich, dem Terpentinöle itn Geruch ähnlich, von brennendem Geschmack.
Kalt färbt es sich roth mit Salpetersäure , in der Hitze bildet es ein gelbes
Harz, Mit Salzsäure färbt es sich aniaraothroth. Es wird von 4 Th. Al-
kohol gelöst und mischt sich in jedem Verhäitnils mit Aether.
Birkenöl (Ol. Betitlae albae'). Aus c’en Blättern und Knospen der Birke
durch Destillation mit Wasser. Farbloses oder blafsgelbliches , dünnflüssi-
ges Del, von stark balsamischem, im sehr zertheilten Zustande dem Ro-
senöl nicht unähnlichen Geruch; anfangs mJfde süfslich , hmtennach scharf
balsamisch schmeckend. In der Kälte gesteht es leicht und man kann ein
geschmackloses Stearopten durch Auspressen davon trennen. Grafsmann
schlägt es als Arzneimittel vor. (Ueber brenzfiches Birkeuöl siehe bei den
durch trockne Destillation erhaltenen ölartigen .Producten.)
Wintersrindenöl. Nach Cartheuser zu % p. n. in der Rinde von Win-
tern aromatica L. enthalten. Es ist gelb, riecht durchdringend, schmeckt
terpentinartig, bitter und trennt sich nach einigen Monaten in Stearopten
und flüssiges Oel. — - Das Oel der Rinde von Canella alba Murray ist dick-
flüssig, dunkelgelb, schwerer als Wasser ( CartheusedO *
Pappelöl. Durch Destillation mit Wasser aus den Knospen von Po-
pulus niyra zu erhalten. Farblos, angenehm riechend, unlöslich in Was-
ser, schwerlösiich in Weingeist, leichtlöslich in Aether. Es ist leichter
als Wasser ( Pelletier ).
Traubenkrautöl. Von Bley aus Chenopodium ambrosidides erhalten.
Gelblich, sehr dünnflüssig, eigentbümlich riechend, von aromatischem,
bitterlichem, brennendem Geschmack, leichter als Wasser n.nd darin un-
löslich, leichtlöslich in Alkohol und Aether. Salpetersäure verwandelt e®
in ein gelbes, aromatisch riecheudes, Schwefelsäure in ein ro.thcs Harz.
In Kalilauge ist es unlöslich, mit Ammoniak aber bildet es eia beständiges
Liniment.
Dahlienöl. Durch Destillation der zu Brei geriebenen Wurze?VöoIleit
von Dahlia pinnata mit Wasser zu erhalten. Leichter als Wasser, von
sehr starkem Geruch, süfslichem, hintennaob etwas scharfem Geschmack.
An der Luft verwandelt es sich in ein braunrothes, in Alkohol unlösliches
Harz. Mit Wasser mischt es sich leicht zu einer milchig bleibenden Flüs-
sigkeit. Mit Wasser aufbewahrt sinkt es darin allmählig zu Boden, inde&t
es dicklich und kristallinisch wird. Die Kristalle sollen Benzoesäure seynj
Das davon abgeprefste Oel kristallisirt nicht mehr (Payeri).
Wandflechtenöl. Nach Gumprecht in Parmelia parieiina enthalten.
Es ist ein grünes Oel von butterartiger Consistenz, leichter als Wasser,
1058
Thceöl.
von unangenehmem , sclummelartigem Geschmack und Geruch Vou 20
Pfund Flechte erhielt er mir 5 Grau Oel.
Thee öl, flüchtiges. Es erstarrt leicht, ist citroneugelb , leichter als
Wasser, hat den Geruch des Thee’s io hohem Grade und ist so betäubend,
dafs es bei Menschen und Thieren als Gift wirken würde. In Verbindung
mit Gerbestofir hat es diuretische und diaphoretische Wirlnpg. Beim Trock-
nen der Theeblätter geht ein grofser Theil verloren, wcsialb man aus dem
trocknen Thee, seihst aus dem reichhaltigsten, dem «Minen Javanischen
(Haysan) , noch nicht 1 p. c. Oel erhält. Mulder stelle es dar, indem er
den Thee mit Aether auszog, den gröfsten Theil derben bei 25° ver->
dampfte, etwas Wasser zumischte und destillirte. Durch Chlorcalcium
wurde das Wasser entfernt* und durch Verdampfung an der Luft das Oel
von dem Aether, in dem es gelöst war, befreit.
LindenbliUkenöl {Ol. Tiliae ) wurde vou wMder erhalten, indem er
das über Lindenblüthen destillirte Wasser mit Kochsalz sättigte und mit
Aether schüttelte , der das Oel auszog und l.*ffm frei willigen Verdunsteu
zurückliefs. Es ist farblos, dünnflüssig, leimt zu destillirea , und wenig
zur Aufnahme von Sauerstoff aus der Luit geneigt. lod löst sich darin
ohne Erhitzung.
HoUuuderbliitheöl {Ol. Flor. Sambua )• Von Sambucus nigra durch
wiederholtes Cokobiren des Wassers über frische Blumen zu erhalten, Ein
festes kristallinisches, grüulichweifses 0^1 von bitterlich brennendem, hin-
tennach kühlendem Geschmack. Es r^girt nicht sauer.
Pfeifenstrauchöl {OL Philadelphicoronarii ) wurde vou Büchner d J.
erhalten durch Ausziehen der Blume» mit Aether, der das flüchtige Oel und
Fett löste. Er wurde abdestillirt u'd der Rückstand mit Alkohol extrahirt,
das ätherische Destillat und der Alkohol vermischt und letzterer durch
Chlorcalcium abgeschieden. Beiin^oiwilligen Verdampfen des Aethers blieb
das Oel jedoch nicht ganz frei *ou Fett zurück. Auf dieselbe Weise er-
hielt er das Oel von Reseda odivaia.
Jasminöl uud -Camphur. Das Oel ist in den Jasminblüthen {Jasmiuum
offic.) in sehr geringer Meajö enthalten midi wird daraus durch Ausziehen
der frischen Blumen mit feiern Oel auf dieselbe Art wie Rosenöl erhalten.
Das reine ätherische Oel .«Dzt bei (i° Camphor ab, der weifs ist, in glän-
zenden Blättchen kristaliis*'t> geruchlos ist, dem Camphor ähnlich schmeckt,
bei 12,5° schmilzt, leicHer alsWasser ist, in dem er sich nur wenig löst,
dagegen vou Alkohol, Aether und Oelen leicht aufgenommen wird. Mit
lod erwärmt er sich .«eh wach und bildet eine rothe , bald grasgrün wer-
dende Verbindung. Durch Salpetersäure wird er leicht gelöst, nur theil-
weise durch SchwePj- und Salzsäure. In Essigsäure ist er unlöslich. Ka-
lium oxidirt sich (Ärin nicht. ( Herberger .)
Oel von Syrnga vulgaris. Man behandelt die frischen Blumenblätter
mit Aether, wodurch man eine gelbliche Flüssigkeit erhält, die sich in
zwei Schichter trennt, die obere enthält das flüchtige Oel. Man destillirt
und lafst den mit übergegangeuen Aether an der Luft verdampfen. Der
Rückstand i.« ein dickliches Oel, welches sich in ein gelbes flüssiges Oel
und eine v*chsähnliche Substanz durch Filtration trennen läfst. Mit der
Zeit setzt ce noch mehr davon ah. {FavrotJ
Oel on Acacia wird auf ganz gleiche Weise wie das voi hergehende
erhaUer utl(l is£ bis auf den Geruch diesem in allen äufseren Eigenschaften
sehr ä^lick* {FavrotJ
jLaiblumenaroma. In den Biiithen von Convallaria majalis enthalten.
Es ^ leichter als Wasser und darin unlöslich, riecht stark und ist dem
(*piiphor ähnlich kristallinisch. ( Herberger. ~)
Breaöl. Von Bonastre aus dem Harze des Arbre ä Bray {Arbol d
ßrea-H.SLV7j~) daigestellt. Es ist von gelblichgrüner Farbe, sehr starkem
Geruch, leichter als Wasser uud wird durch % Salpetersäure braunroth
gefärbt.
)
Senf ÖL
1059
Bukkoöl. In den Blättern von Diosma crenata, enthalten,; von Cadet
und von Brandes dargestellt. Es ist von goldgelber Farbe , stark reizen-
dem scharfem Geschmack und Geruch , leichter als Wasser, in dem es
etwas löslich ist. Es scheint kein Stearopten zu enthalten.
Oel aus dem Harze des Arhre du Langon. Von Bonastre dargestelit.
Es ist blafsgelb, nach Lohe riechend, leichter als Wasser. Färbt sich durch
Salpetersäure erst rosenroth, dann violett, zuletzt schwarzbraun.
Courbarillöl. Aus dem Harze durch Destillation zu erhalten. Es ist
farblos, leichter als Wasser, riecht angenehm , sehr stark, schmeckt bren-
nend, gesteht nicht in der Kälte und verdächtigt sich ohne Rückstand.
Durch Schwefelsäure wird es pomeranzeugelb gefärbt. ( Paoli .)
OL Myricae Gale. Durch Destillation der Blätter mit Wasser wird
ein flüchtiges Oel in sehr geringer Menge (24 Pfund gaben nur 42 Gran
Oel) erhalten. Es ist dunkelgelb , besitzt den Geruch der Pflanze, schmeckt
anfangs milde, dann brennend und zusammenziehend; bei 12° schon wird
es fest durch Absetzen des :/10 seines Gewichts betragenden Stearopteos.
Spec. Gew. ~ 0,876. 100 Th. Alkohol-losen nur 2% Th. davon auf. In
Aether ist es leicht löslich. Mit lod färbt es sich grün , ohne zu verpuffen.
Das gemischte Oel besteht aus 81,75 Kohlenstoff, 3,00 Wasserstoff, 15,25
Sauerstoff. CRahenhorst.)
Bieber (feilöl. Durch Destillation des Biebergeils mit Wasser zu erhal-
ten. Es ist blafsgelb, von der Consistenz des Baumöls, bald leichter
( Bonn ) bald schwerer f Brandes^ als Wasser, besitzt den Geruch des
Biebergeils, schmeckt scharf und bitter, ist in Alkohol leicht, in Wasser
nur wenig löslich.
c) Schwefelhaltige ätherische Oele .
Flüchtiges föenföl (OL Sinapis aether eum ). A.us den
Saamen von tämapzs nigra L. durch Destillation mit Wasser
'/Al erhalten. Mao befeuchtet die zerstofsenen , durch Pressen möglichst,
von fettem Oele befreiten Saamen mit kaltem Wasser und destiüirt erst
nach vorhergegaogener mehrstündiger Maceration in der Kälte, da das Oel
durch den Einflufs des Wassers aus den Saamen, ähnlich wie das Bitter-
mandelöl aus den bittern Mandeln, erst erzeugt wird und nicht fertig ge-
bildet darin vorhanden ist. Das mit dem Wasser überdestiliirendo
Oel ist gelblich, von 1,038 spec. Gew. Durch ßectiticatiori
für sich oder mit Wasser wird es farblos erhalten, von 1,015
spec. Gew. Seine Dampfdichte ist 3.4 ; es kocht bei 143 .
( Dumas und Pelou%e.Jl Nach Robiquet und Bussy erhält man durch
mehrstündiges Erhitzen des Senföls für sich bis zu 100° eine geringe
Menge eines sehr flüssigen, farblosen, schwach ätherartig riechenden
Oeles , was sich nicht mit Wasser mischt, demselben aber einen sülslichea
Geschmack ertheilt. Auf freiem Feuer beginnt uaefr denselben Chemikern
das Oel bei 110° zu sieden. Sein Kochpunkt steigt allmählig bis 155°.
Von nun an verändert sich der Siedepunkt nicht merkbar, es geht ein
farbloses Oel von 1,015 spec. Gew. über. Der zuerst abdestillirte Theil
für sich erhitzt beginnt schon bei 90° zu sieden, bis zu 130° geht ein
starkgefärbtes Oel von 0,986 spec. Gew. über; das erst zwischen 130
und 155° destillirende ist farblos und vou 1,009 spec. Gew. — In 100 Th.
Wasser lösen sich 2 Th. Oel. Alkohol und Aether lösen es sehr leicht,
durch Wasserzusatz wird es daraus abgeschieden. Phosphor und Schwefel
lösen sich in dem Oele in bedeutender Menge beim Erwärmen und schei-
den sich beim Erkalten daraus kristallinisch ab. Es absorbirt Chlor unter
Bildung von Salzsäure. Mit Kalium erwärmt bildet sich unter Explosion
Schwefelkalium und Schwefel cyankalium. Mit Kalilauge gekocht entwickelt
«ich Ammoniak und Schwefelkalium, Schwefelcyankalium und ein nicht
1060
Senf öl.
näher untersuchter Körper bilden sich gleichzeitig (Dumas und Pelouze).
Mit Ammoniak verbindet sich das Oel direct zu einem weifsen, schön kri-
stallisirenden Körper (s. Senfölainmoniak). Beim Zusammenbriogeu mit Sal-
petersäure erwärmt es sich, es entwickelt sich Stickoxid und salpetrige
Säure, während das Oel zuerst grün , dann rothgelb und dick wird. Bei
längerer Einwirkung verschwindet das Oel ganz, unter Bildung einer
schwefelgelben, porösen, harzigen Masse, die Löwig Nitro sinapglharz
nennt. Von Wasser und Alkohol wird diefs nicht, von Aether nur schwer
gelöst. Kalilauge löst es auf und Säuren scheiden es wieder in gelben
Flocken daraus ab. Bei fortgesetzter Ein airkung von Salpetersäure zer-
setzt sich das Harz in Schwefelsäure und Kleesäure unter gleichzeitiger
Bildung einer neuen Säure, die leichtlöslich in Wasser, unlöslich in Aether
und Alkohol ist, nicht kristallisirt uud zu einer rothen Masse eintrocknet,
mit Blei- und Silbersalzen gelbe Niederschläge giebt. Concentrirte Kali-
lauge entwickelt daraus Ammoniak und üoucentnrte Salpetersäure ver-
wandelt sie in Oxalsäure (Löwig'). — Durch Behandluug von Senföl mit
frischgefälltem Bleioxid in der Digestionswärme und zuletzt Verdampfen
zur Trockne irn Wasserbade wird jenem aller Schwefe! entzogen. De-
stillirt man das Gemisch im Chlorcalciumbade mit Wasser, so wird eine
stark ammoniakalische Flüssigkeit erhalten; in dem Rückstände ist nebst
Schwefelblei eine kristallinische, in Wasser, Alkohol und Aether lösliche
Substanz enthalten, welche Simon Sinapolin nennt. Es schmilzt bei 90°,
zersetzt sich bei 170 — 180°. Durch Salpetersäure wird es iu eine Säure
verwandelt. Schwefelsäure bräunt es. Seine Zusammensetzung entspricht
der Formel C28 Hi0 N8 04.
Senf Ölammoniak.
Mit Ammoniak verbindet sich das Senföl direct zu eiuem in Prismen
mit rhombischer Basis kristallisirenden weifsen Körper, der nach der For-
mel C8 H,6 N4 S2 oder C8 H10 N2 Sz N4 1I6 zusammengesetzt ist. Das
Senfölarumoniak ist löslich in Wasser, Alkohol uud Aether, geruchlos,
bitterschmeckeud , schmilzt bei 70° und gesteht beim Erkalten zu einer
kristallinischen Masse. Seine Lösung reagirt neutral. Durch Kalilauge
wird es nur sehr aUtnählig und unter Bildung von Schwefelkaliuni, Schwe-
felcyan kali um uud Ammoniak zersetzt. Verdüuute Säuren sind ohne Wir-
kung darauf. Durch Quecksilberchlorid entsteht iu seiner Lösung eia
weifser, mit Platinchlorid ein gelber Niederschlag (Will und Varrentrapp );
mit salpetersaurem Silberoxid ein weifser Präcipitat ( Aschoff ), der nach
Löwig 1 At. Senfölammoniak uud salpetersaures Silberoxid enthält. Ver-
sucht man das Ammoniak durch Salpetersäure zu entziehen , so erhält man
die Zersetzungsprodukte dieser Säure mit dem Oele. — Wird das Senföl-
ammoniak mit 5 Th. Quecksilberoxid zusammengerieben, so bildet sich
unter Erwärmung Schwefelquecksilber, und eine nicht kristallisirbare , zu
einer zähen Masse eintrocknende Substanz, die löslich in Wasser, Alkohol
und Aether ist. Sie reagirt stark alkalisch, entwickelt mit Alkalien kein
Ammoniak, sondern zersetzt Ammoniaksalze beim Erwärmen und sättigt
Säuren (Bussy und Robiquet ). Nach Simon erhält man dieselbe Substanz
auch durch friscligefälltes Bleioxid aus dem Senfölammoniak. Aber diefs
Produkt soll zwei Substanzen enthalten, von denen nur die eine alle
eben angeführten Eigenschaften besitzt; die zweite aber ist fest und un-
löslich in Aether.
Anhang zum Senföl.
Der schwarze sowohl wie der weifse Senf enthalten eine dem Emul-
sin sehr ähnliche, von Bussy Mgrosgn genannte Substanz, die mau er-
hält, wenn man weifsen Senf mit kaltem Wasser auszieht und die abfil-
trirte Flüssigkeit bei einer Temperatur, die nicht 40* überschreitet, zur
Syrupsconsistenz verdampft, mit Alkohol versetzt, wodurch das Myrosyn
gefällt wird; der Niederschlag wird in Wasser gelöst und bei gelinder
M yronsäure.
1061
Temperatur zur Trockne verdampft Io seinen aufseren Eigenschaften ist
er dem Emulsin sehr ähnlich, giebt in Wasser eine schleimige durchsich-
tige Losung, die durch Wärme schon bei 60°, durch Alkohol und Säuren
leicht coagulirt wird. Mao hat noch kein Mittel gefunden, es vom Albu-
min zu trennen. Versucht man das Myrosyn aus dem schwarzen Senf
darzustellen, so gelingt diels nicht, weil darin zugleich die später zu be-
schreibende Myronsäure enthalten ist, die damit in Berührung bei Gegen-
wart von Wasser, unter Umsetzung der Elemente beider, die Entstehung
von flüchtigem Senfol veraulafst. Dafs das Myros3’U des schwarzen und
weifsen Senfs identisch ist, geht deutlich daraus hervor, dafs wenn man
schwarzen Senf, dessen Myrosyn durch Wärme oder Alkohol coagulirt,
also unwirksam gemacht worden ist, so dafs er mit Wasser angerührt
keine Spur von Senfol mehr erzeugt, mit Myrosyn aus weifsem Senf
mengt, alsbald die Bildung des Oels in unverminderter Menge stattfindet.
Weder mit dem Emulsin aus bittern Mandeln noch mit Bierhefe erzeugt die
Myronsäure Senfol, ebensowenig als Amygdalin mit Myrosyn oder Bier-
hefe Bittermandelöl zu erzeugen im Stande ist.
Myronsäure . Von Bussy aus dem schwarzen Senfsaamen abgeschie-
den, worin sie mit Kali verbunden verkommt. Wird durch Zersetzung
des myronsaurera Kali’s mittelst Weinsäure oder des myronsauren Baryts
mittelst Schwefelsäure erhalten. — Die M^yronsäure ist geruchlos, schmeckt
bitter, reagirt deutlich sauer und bildet, aus ihren Salzen abgeschieden,
beim Verdampfen eine syrupartige, nicht kristallisirbare Masse; sie ist
nicht flüchtig, löslich in Wasser und Alkohol, kaum in Aether; die Auf-
lösung zersetzt sich bei anhaltendem Kochen unter Entwickelung von
Schwefelwasserstoff, Salpetersäure löst die Saure auf, beim Erwärmen
entwickeln sich rothe Dämpfe und die Flüssigkeit enthält dann Schwefel-
säure. Besteht aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Schwefel uud
Sauerstoff. Die Analyse ist von Bussy noch nicht mitgetheilt. Mit Kali,
Natron, Ammoniak, Baryt, Kalk, Blei- und Silberoxid bildet sie in Wasser
lösliche, geruchlose und bitter schmeckende Salze, deren Auflösungen,
mit Myrosyn versetzt, Senföl bilden.
Myronsaures Kali. Zur Darstellung dieses Salzes wird das getrock-
nete und zur Entfernung des fetten Oels scharf geprefste Senfmehl zuerst
mit Alkohol von 85° erschöpft, geprefst uud dann mit Wasser ausgezogen.
Die wässerige Auflösung wird nach dem Verdampfer* mit Weingeist behan-
delt, wodurch schleimige Substanzen abgeschieden werden. Das Filtrat
liefert beim Verdunsten Kristalle von inyronsaurem Kali, die durch Wa-
schen mit schwachem Weiugeist rein erhalten werden. — Durchsichtige,
an der Luft unveränderliche Kristalle, löslich in Wasser, unlöslich in
starkem Weingeist. Sehmeckt kühlend bitter, verliert bei 100° kein Was-
ser, zersetzt sich in höherer Temperatur unter Rücklassung von schvve-
felsaurern Kali. Die Auflösung wird durch Erd- und Metalloxidsalze nicht
gefällt ; Weinsäure und Platinchlorid zeigen darin das Kali an.
Durch Ausziehen des schwarzen Senfs mit starkem Alkohol, Verdampfen
der Lösung, Behandlung des Rückstandes mit Aether erhielt Simon das Sina-
pisin , einen indifferenten Stoff, der sich den unverseifbaren kristallini-
schen Fetten ähnlich verhält. Behandelt man den rückständigen Saamen
mit einer Lösung von kohlensaurem Natron , übersättigt diese mit ver-
dünnter Schwefelsäure und destillirt, so geht eine Säure, der Essigsäure
oder Ameisensäure nicht unähnlich, mit dem Wasser über. Sie bildet sehr
leichtlösliche, schwer kristallisirbare Salze. Das Bleisalz ist schon in 4
— 5 Th. Wasser löslich.
Wenn man weifsen Senf, nachdem er durch Pressen von fettem Oele
befreit ist, mit Wasser behandelt, so erzeugt sich trotz seines Myrosyn-
gehaltes kein Senföi, sondern eine eigenthümliche scharfe Substanz. Durch
Alkohol oder Wärme kann ihre Bildung ebenso wie die des Senföls aus
schwarzem Senf verhindert werden^ Vorhergehende Extraction mit Aether
ist ohne Einfiufs.
Nach Henry und Garot erhält man auf ganz dieselbe Weise , wie Bussy
il)6i
MeerrettigöL
zur Darstellung des myrousauren Kali’s angiebt* sowohl aus weifsem wie
aus schwarzem Senf eine identische Substanz* welche sie Salfosinapin (die-
sen Namen hat Berzelius in Sinapin umgeäodert) nennen. Es entging ihnen
also jedenfalls in dem aus schwarzem Senf dargesteliten Körper der be-
deutende* wesentliche Gehalt an feuerbeständigem Alkali. Aufserdem ist
es nicht möglich* dafs die aus weifsem Senf dargestellle Substanz damit
identisch sey ; denn da beide Saamen Myrosyn nach Bussy enthalten* so
miiS'sten sie bei einem Gehalt an myronsuurem Kali auch beide ätherisches
Senföl liefern.
Meerrettigöl (OL Ärmoraciae) , von Cochlearia armoracia. Es ist ein
hellgelbes Oel* schwerer als Wasser* in dem es zwar nur wenig löslich
ist. ihm aber seinen scharfen beifsenden Geschmack und ausnehmend star-
ken Geruch mittheilt. Diese Lösung reagirt nicht auf Lackmuspapier* wird
aber durch Blei- und Silbersalze gefällt* indem die Metalle sich mit dem
im öele enthaltenen Schwefel verbinden. Es ist leicht löslich in Alkohol.
Bei langem Aufbewahren verwandelt es sich zuletzt ganz in nadelförmige*
silberglänzende Kristalle* die denselben Geschmack und Geruch wie das
Oel besitzen. Liese Kristalle schmelzen* verflüchtigen sich ohne Rückstand
und sind sclnverlöslicli in Alkohol. Diesem Oele verdankt der Meerrettig
seine blasenziehende Wirkung.
Löffelkrautol (O l. Cochlearia?') , von Cochlearia officinalis. Es ist dem
vorhergehenden sehr ähnlich, selbst im Geruch; ist schwerer als Wasser*
gelblich* leicht löslich in Spiritus, mit dem es überdestillirt werden kann.
Knoblauchöl. Wird erhalten durch Destillation von Knoblauch (Alltitm
sativum) mit Wasser. Es ist sehr flüchtig und geht daher gleich zu An-
fang der Destillation über. Es ist schwerer als Wasser* leichtlöslich in
Alkohol* hat einen sehr durchdringenden Geruch und Geschmack* ähnlich
den vorhergehenden Oelen* und erregt wie diese auf die Haut gebracht
starken Schmerz. Es soll frischgefälites Eisenoxidulhydrat schwarz fär-
ben * nicht aber Wismulh- oder Bleioxid. Ein ganz ähnliches Oel erhält
man durch Destillation der Zwiebeln fAllium Cepa).
ßtinkasantul (Ol. Asae foetidae). ln dem Gummiharze von Ferula
Asa foelida enthalten. Es ist wasserhell* leichter als Wasser* von sehr
widrigem Geruch* schmeckt anfangs milde* dann sehr kratzend. Es löst
sich leicht in Alkohol und enthält wie die vorhergehenden Schwefel. Durch
Salpetersäure wird es in der Wärme in Oxalsäure* Schwefelsäure und
eine gelbe bittere Substanz verwandelt. Mit Quecksilber gerieben bildet
es Schwefelquecksilber* und mit Kalium erwärmt bildet sich Schwefel-
kalium unter Absatz von Kohle.
Auch das Oel des Wasserpfeffers ( [Polygonwn hydropiper) * sowie das
von Aron fArum maculatum), ist wohl zu diesen schwefelhaltigen schar-
fen Oelen zif zählen.
Oel von Leptäium latifolium. Nach Steudel erhält man durch Destil-
lation der frischen Blätter eia im Wasser niedersinkendes Oel nebst einem
milchigen* stark riechenden, scharf schmeckenden Wasser* welches an
der Luft, ebenso durch Kohle und durch Chlor seinen Geruch verliert*
Silbersalze allmählig schwarz fällt und metallisches Silber mit der Zeit
schwärzt.
Hopfenöl . Durch Destillation der weiblichen Blüthen des Hopfens
CHutmilus Luvulus) oder des Lupulins mit Wasser Es ist nach Payen
und Chevalier ein dünnflüssiges* wenig gefärbtes* betäubend nach Hopfen
riechendes* scharf schmeckendes* sehr flüchtiges Oel. Sein spec. Gew, ist
nr 0*910. Es ist ziemlich löslich in Wasser* schwärzt metallisches Sil-
ber* und beträgt ohngefähr yi0 Procent der Hopfenzapfen.
Anhang zu den flüchtigen Oelen.
Als Anhang zu den flüchtigen Oelen sollen hier einige flüchtige Pflan-
«tnstoffe beschrieben werden* die insofern mit Stearopten Aehnlichke#
Asarin. SÖ63
haben, als sie flüchtige, meist kristallinische nncTmiS Wasser iiberdesÜI-
lirbare Körper sind.
] Helen in. Aus der Alantwurzel (Imila Helenium) durch Ausziehen
der frischen Wurzel mit heiftem Alkohol. Auch durch Destillation mit
Wasser kann es sehr rein , aber io kleiner Menge erhalten werden. Es
kristallisirfc in vierseitigen weifscn Prismen von äufserst schwachem Ge-
schmack und Geruch, die leichter als Wasser sind, worin es unlöslich
ist. Von heifsem Alkohol und von Aether wird es leicht gelöst und durch
Zusatz vo» Wasser gefällt. In ätherischen Gelen und Kreosot ist es in
jedem Verhältnifs löslich. Es schmilzt bei 72" , siedet bei 275 — 280° und
verflüchtigt sich schon vorher unter Verbreitung eines schwach aromati^
sehen Geruchs, wobei es jedoch zum Theil verändert wird. Wird es bei
gelinder Temperatur geschmolzen, so bildet es beim Erkalten eine kristal-
linische Substanz ; einer höheren Temperatur ausgesetzt gesteht es beim
Abkühlen zu einer dem Colophoniurn ähnlichen Masse. Von wässerigem
Kali wird es gelöst und durch Säuren unverändert aus dieser Lösung ge-
fällt. Durch schmelzendes Kali wird es verkohlt. Mit conceutrirter Schwe-
felsäure behandelt verbindet es sich damit zu einer eigenthiimlichen Säure,
die durch Wasser schon zersetzt wird und wegen ihrer Unbeständigkeit
nicht näher untersucht werden konnte (Gerhardt). Nach Dumas besteht
das Helenin aus 76,9 Kohlenstoff, 8,8 Wasserstoff, 14 ,3 Sauerstoff ; er
berechnet hiernach die Formel CJ4 H18 02„ Gerhardt fand in 100 Th.
77,62 — 77,98 Kohlenstoff, 8,45 — 8,62 Wasserstoff, 14,12 — 13,50 Sauer-
stoff; er berechnet hiernach und nach der Analyse mehrerer Zersetzungs-
produkte die Formel 0JS H20 0*. — Nitrohelenin, wird erhalten, wenn man
das Helenin so Sange mit mafsig concentrirter Salpetersäure erhitzt , bis
sich das Produkt vollkommen in Ammoniak löst. Man tröpfelt dann die
salpetersaure Lösung in Wasser, wodurch das Nitrohelenin als gelber
Niederschlag gefällt wird. Es löst sich leicht in Ammoniak und wird durch
Säuren aus dieser Lösung als rothe Gallerte gefällt. Es ist nicht flüchtig,
wenig in Wasser, leicht löslich io Alkohol und Salpetersäure. Durch
einen Ueberschufs dieser letzteren wird es in Kleesäure verwandelt. Durch
schmelzendes Kali wird es verkohlt unter Ammooiakentwickelung. Es ent-
hält 56,69 Kohlenstoff, 6,15 Wasserstoff. Der Stickstoffgehalt wurde nicht
bestimmt. Hiernach ist es wahrscheinlich nach der Formel CIS H18 02 -f-
N2 04 zusammengesetzt. — Wird Chlor über geschmolzenes Helenin ge-
leitet und die erhaltene klebrige Masse mit Alkohol ausgekocht, so setzen
sich beim Erkalten gelbe Flocken daraus ab , die 48,3 Kohlenstoff, 5,6
Wasserstoff, 36,9 Chlor enthalten, was der Formel C1S H20 CJ4 02 ent-
spricht. Das Chlorwasserstoff- Chlor helenin ist ein gelbes Pulver, leichter
als Wasser, worin es -sich nicht löst; löslich in Aether und kochendem
Alkohol. Mit Aetzkalk erhitzt liefert es Naphtalin. — Durch Destillation
mit wasserfreier Phosphorsäure erhält man aus dem Helenin einen ölarti-
gen Körper, den man durch Behandlung mit rauchender Schwefelsäure
von beigemengtem Helenin befreit; die Säure wird danf durch Wasser
entfernt und das Del über Chiorcälcium getrocknet. Es wird Helenen ge-
nannt und enthält 91,20 Kohlenstoff, 8,87 Wasserstoff, was der Formel
C15 Hi6 entspricht. Es entsteht sonach aus dem Helenin, indem dieses
2HjO verliert. Es ist farblos, flüssig, leichter als Wasser, von scharfem
Geschmack und schwachem Geruch, siedet bei 200°. Io der Kälte wird
es weder von rauchender Schwefelsäure noch von Salpetersäure zersetzt.
(Gerhardt.)
Asarin oder Asarit. Zu erhalten aus der trocknen Wurzel von Asa-
rum europatum durch Destillation mit 8 Th. Wasser, bis 3 Th eile über-
gegangen sind. Es kristallisirt zum Theil im Retortenhalse, zum Theil
beim Abkühlen des Destillates. Es schiefst in durchsichtigen, perlmutter-
glänzenden, vierseitigen Tafeln an, riecht und schmeckt aromatisch cam-
phorartig, schmilzt in siedendem Wasser und läfst sich in der Hand wie
Wachs kneten. Nach Gräger ist sein spec. Gew. nr 0,95 und sein Schmelz-
punkt bei 70*; nach Blanckei und Seil schmilzt es bei 40° und erstarrt
1081
Nicotianin,
bei 27®. Es verflüchtigt sich ohne Rückstand. Seine Dämpfe reizen sehr
zum Husten. Es beginnt bei 280° zu sieden, indem der Kochpunkt bald
auf 300° steigt^ wo es sich zersetzt ohne zu sublimiren. Es ist schwer-
löslich ia Wasser, welches jsdoch den Geschmack davon annimmt. Von
Alkohol wird es leicht gelöst und durch Wasser daraus gefällt. Nach
Blanchet und Seil besteht es aus 69,42 Kohlenstoff, 7,79 Wasserstoff und
22,79 Sauerstoff, was der Formel C8 Hu 0, entspricht. Sie halten es für
ein Hydrat eines in der Wurzel enthaltenen und daraus durch Alkohol
extrahirbare^ Oeles, welches sie auch analysirten und darin 75,41 Koh-
lenstoff, 9,7 6 Wasserstoff, 14,83 Sauerstoff fänden. Nach diesen Resul-
taten ist es jedoch nicht möglich, das Asarin als eine Verbindung eines
Atoms dieses Oeles mit 1 At. Wasser zu betrachten, da das berechnete
Resultat von dem gefundenen zu sehr abweicht.
Nicotianin. Wird erhalten durch Destillation von Tabaksblättern mit
wenig Wasser. Man gewinnt aus 1 Pfund Blätter kaum 2 Gran einer fet-
tigen , nach Tabaksdampf riechenden, aromatisch und bitter schmeckeuden
Substanz, die sich beim Erhitzen verflüchtigt, in Wasser unlöslich, leicht-
löslich aber in Alkohol und Aether ist. Von Kali wird es gelöst, nicht
von verdünnten Säuren.
Anemonin. (Anemonen- oder Pulsatillen-Camphor.') Von Reger ent-
deckt, von Vauquelin , Robert , Schwart% , neuerdings von Lüwig und
Weidmann , zuletzt von Fehling untersucht. Es findet sich im Kraute von
Anemone Pulsatilla , nemorosa und pratensis .
Es wird durch Destillation des frischen Krautes der genannten Pflan-
zen erhalten , indem man sie mit ihrem 'doppelten Gewichte Wasser üöer-
giefst, die Hälfte davon abdestillirt und von dem Destillate wiederum ein
Achtel überdestillirt, woraus sich dann nach einigen Wochen das Anemo-
nin in Kristallen absetzt. Es ist schwerer als Wasser, schmilzt und ver-
dampft bei höherer Temperatur in offener Luft, indem es einen sehr ste-
chenden Geruch verbreitet und die Augen stark reizt; doch kann es nicht
unzersetzt destillirt werden. Es besitzt einen höchst brennenden Geruch,
ist in Wasser wenig, in Aether leicht löslich. Durch längeres Kochen
mit Salpetersäure wird es zersetzt unter Entwickelung von Stickoxid.
Chlor, Brom uud lod zeigen keine auffallende Einwirkung darauf. Von
concentrirter Schwefelsäure wird es in der Kälte gelöst und kann durch
Wasser daraus unverändert abgeschieden werden. Beim Erhitzen wird es
unter Entwickelung von schwefliger Säure zersetzt. Auch von verdünnter
Schwefelsäure wird es bei längerem Kochen verändert. Concentrirte Salz-
säure verwandelt es in Anemoninsäure, CLöwigJ Er fand bei der Ana-
lyse des Auemonins 55,70 Kohlenstoff, 4,30 Wasserstoff, 40,00 Sauere
Stoff, woraus er die Formel C7 H6 O* berechnet.
Fehling fand, dafs das Anemonin in heifsem Alkohol leichtlöslich,
schwerlöslich in Aether und Wasser ist. Bei der Lösung in Alkohol hin-
terliefs es stets einen in den drei genannten, sowie in fetten und ätheri-
schen Oelcn unlöslichen, weifsen, pulverförmigen Körper. Es kristallisirl
aus der spirituösen Flüssigkeit. Er stellte vier sehr übereinstimmende Analy-
sen mit zu verschiedener Zeit dargestellter Substanz an , welche im Mittel
62,85 Kohlenstoff, 4,37 Wasserstoff und 32,78 Sauerstoff gaben, woraus
er die Formel Cs H4 O* berechnet. Durch Kochen von Bleioxid mit Ane-
monin und Wasser erhielt er eine kristallinische Verbindung, deren Ana-
lyse mit der berechneten Zusammensetzung Clt U12 06 PbO übereinstimmt.
Anemoninsäure wird nach Löwig erhalten durch Kochen von Anemo-
nin mit Barytwasser. Der überschüssige Baryt wird durch Kohlensäure
entfernt, die filtrirte Flüssigkeit mit essigsaurem Bleioxid vermischt. Es
fällt anemoninsaures Bleioxid als gelber Niederschlag nieder, der mit
Schwefelwasserstoff zersetzt wird. Die Auflösung der Anemoninsäure wird
zur Trockne verdampft. Sie stellt eine braune, durchscheinende, spröde,
nicht kristallinische Masse dar, die sich leicht zu einem gelbbraunen Pul-
ver zerreiben läfst. Aus der Luft zieht sie schnell Feuchtigkeit an, ist
leichtlöslich in Wasser, schwerlöslich in Weingeist, unlöslich in Aether.
Catith arid in.
1065
Sie schmeckt stark sauer , röthet Lackmus und zersetzt die koklensauren
Salze. Durch trockne Destillation wird sie zersetzt. Ihre Salze sind nicht
kristallisirbar. Löivig stellt die Formel Cr H8 Os -+- aq dafür auf.
Anemonstiure scheidet sich nach Schwartz neben dem Anemonin aus
dem destillirten Wasser der Anemone und ist in Wasser, Alkohol und
Aether kaum löslich. Durch Alkalien wird sie gelb gefärbt und zerfällt
in zwei Körper, von denen der eine in Kali löslich, der andere darin un-
löslich ist. Das Wasser soll frisch destillirt noch ein hellgelbes, scharfes
Oel enthalten, was durch den Zutritt der Luft zuerst in Anemonin, dann
in Anemonsäure übergeht.
Vanillecarnphor . Kleine biegsame Blättchen oder Nadeln, in der Hitze
schmelzend und Dämpfe gebend, die weder stechend noch hustenerregend
sind. Er löst sich nicht in Wasser, leicht in Alkohol und Aether, diese
Lösungen sind neutral CBleyJ.
Quassiacamphor. Nach Bennerscheidt in dem Holze von Quassia
amara in geringer Menge enthalten. Er kristaliisirt in weilsen Tafeln,
welche dem Holze ähnlich riechen, leichter als Wasser und darin in der
Wärme etwas löslich sind.
Tangin- oder Tanghincamphor. Nach Henry wird er erhalten, wenn
man die durch Auspressen von fettem Oele befreiten Tangin-Mandeln (von
Tanghinia madagascariensis ) mit Aether auszieht. Die beim freiwilligen
Verdampfen der Lösung erhaltenen Kristalle werden durch Lösen in Wein-
geist gereinigt. Sie sind durchsichtig und verwittern an der Luft , schmel-
zen leicht zu einer harzähnlichen Masse ohne sich zu verflüchtigen, rea-
giren nicht auf Lackmus, schmecken erst bitter, dann aufserordentlicb
brennend wie Bertramwurzel. Der Tangincamphor ist unlöslich in Was-
ser, löslich in Alkohol und daraus fällbar durch Wasser. Von Aether
wird er leicht gelöst. Säuren verbinden sich nicht damit. Schon in klei-
nen Mengen wirkt er giftig, tödtlich.
Massoycamphor und Oele. Die Massoyrinde enthält nach Bonastre
eine weifse, pulverige, etwas rauh anzufühlende, wenig riechende und
schmeckende Substanz, welche schwerer als Wasser ist, von Alkohol,
Aether und Essigsäure gelöst und von Salpetersäure gelb gefärbt wird.
Er nennt sie Massoycamphor. Ferner enthält diese Wurzel zwei Oele*.
Das eine ist leichter als Wasser, farblos, sehr dünnflüssig, von scharfem j
stechendem Geschmack, sassafrasähnlichem Geruch, wird von Alkohol
Aether und Essigsäure leicht gelöst und von Salpetersäure kirschroth ge-
färbt. Das zweite Oel ist minder flüchtig und flüssig, auch von schwäche-
rem Geruch, aber scharfem Geschmack. Bei — 10° ist es weich. Es färbt
sich in der Kälte hochroth mit Salpetersäure, beim Erhitzen des Gemenges
bildet sich Oxalsäure. Mit Alkalien verbindet es sich nur unvollkommen.
Aurikelcamphor. Nach Hünefeld in der frischen Wurzel von Primula
Auricula enthalten. Er bildet lange, durchsichtige Prismen, welche Pfeffer-
münze nicht unähnlich riechen. — In der Wurzel von Primula veris findet
sich eine ähnliche Substanz , welche in zarten vreifsen Nadeln kristaliisirt
erhalten werden kann , nach Fenchel und Knoblauch riecht und Primel -
camphor genannt wird. ( 'Hiinefeld .)
Cantharidin , Cantharidencamphor. In den Canthariden ( Lytta ruß-
collis , auch Gigas und vittata ) enthalten; von Robiquet entdeckt. Man
zieht die Insecten mit Wasser aus, verdampft zur Trockne und behandelt den
Rückstand mit heifsem Alkohol. Diese Lösung wird ebenfalls verdampft,
mit Aether extrahirt, der beim freiwilligen Verdampfen das Cantharidin
in glimmerartigen Blättchen niederfallen läfst, welche man durch Waschen
mit kaltem Alkohol von einer noch anhängenden gelben Materie befreit.
Es ist unlöslich in Wasser; in Verbindung mit der gelben Materie wird
es aber davon gelöst. Es ist leicht in heifsem Alkohol löslich und kristal»
Sisirt daraus beim Erkalten. Aether und fette Oele nehmen es leicht auf.
Griffet** Pharmr.de. . 1. (Ute Aufl.) 08
1066
Kautschuk.
Von Essig- und Salzsäure wird es nicht gelöst. Beim Erhitzen schmilzt
es, hei höherer Temperatur ist es unzersetzt flüchtig (J L. Gmeliri ). Die-
ser Substanz verdanken die Canthariden ihre blasenziehende Wirkung. —
Nach Regnault ist es nach der Formel CI0 H^ 0* zusammengesetzt imd
enthält in 100 Theilen 61,68 Kohlenstoff, 6,04 Wasserstoff und 32,2$
Sauerstoff.
Kautschuk (Caufschitc).
Synonyme : Elastisches Gummi oder Harz, Federharz, Lederharz
(Gummi elasticum, Resina elastica, Resina Cautschuc).
Im Anfang des vorigen Jahrhunderts wurde das Kautschuk in Europa
bekannt. Die erste wissenschaftliche Notiz darüber verdankte man de la
Condamine 1751. Nachher lieferten viele Chemiker Beiträge zu seiner
Kenntnifs, so: Macquer , Acfiard, Fourcroy u. A.; in neuester Zeit Fa-
raday , Lüdersdorff. Zuletzt wurden die Produkte seiner trocknen De-
stillation von Trommsdorff ", Gregory , Bouchardat und vorzüglich von
Himly untersucht. — Man weils jetzt, dafs mehrere Arten von milch-
gebenden Bäumen, vorzüglich Siphonia elastica Pers. C Jatropha elastica
L. f Hevea yuianensis Aubl , Siphonia Cahnchu Rieh.'), ferner Tabernae -
montana elastica Spr. (Urceola elastica Roxb.), Lobelia Caoutchouc
Hurnb., mehrere Ficusarteu u. a. Kautschuk liefern.
§. 198. Das Kautschuk wird in der Form von Flaschen,
wie es meistens in den Handel kommt, erhalten, indem man
den aus absichtlich in die Bäume gemachten Einschnitten aus-
fliefsenden Milchsaft auf ungebrannte Thonformen streicht und
dieses so oft nach jedesmaligem Trocknen wiederholt, bis der
Ueberzug die passende Dicke besitzt. Ueber FJammenfeuer
wird es vollständig getrocknet und dabei beraucht, woher die
äufserlich schwarze Färbung rührt. Durch Zerschlagen oder
Aufweichen in Wasser kann die Thonform herausgenommen
werden. In neuerer Zeit wird der Milchsaft selbst in ganz
damit angefüllten Flaschen bisweilen nach Europa gebracht.
Dieser Saft ist gelblich, dick, dem Kahme ähnlich. Erriecht
etwas säuerlich und faul in Folge der Yerderbnifs von darin
aufgelöstem Pllanzeneiweifs. Beim Erhitzen wird dieses coa-
gulirt und bewirkt hierdurch das Agglutiniren des emulsions-
artig suspendirten Kautschuk’s. Der Saft enthält hiervon nach
Faraday in 100 Th. 32 Th., 2 Th. Pllanzeneiweifs, 7 Th.
einer stickstoffhaltigen, braunen, in Wasser und Alkohol lös-
lichen, 3 Th. einer darin unlöslichen Substanz und 56 Th.
Wasser.
§. 199. Eigenschaften . Das Kautschuk ist im reinsten
Zustande durchsichtig und farblos; an frischen Schnittflächen
klebt es sehr fest zusammen, hat ein spec. Gew. von 0,925,
ist vollkommen elastisch. Es ist ein Nichtleiter der EJektri-
cität; wird es rasch stark ausgedehnt, so entwickelt sich da-
bei viel Wärme und freie Elektricität. Wenn es einmal aus
dem Safte abgeschieden ist, so besitzen wir kein Mittel, es
wieder in diesen emulsionsartigen Zustand zu versetzen. In
Wasser gekocht quillt es auf und wird sehr weich, ohne sich
im geringsten zu lösen. Ebenso verhält es sich gegen Al-
Kautschuk.
1067
kohol. In weingeistfreiein Aether ist es löslich und das be-
ruhte hinterläfst Rufs und fremde Stoffe. Nach Verdunstung
des Aethers bleibt es mit seinen ursprünglichen Eigenschaf-
ten und einer lange Zeit, wie im frischen Zustande, leicht
anhaftenden Oberfläche zurück. Die ätherische Lösung wird
durch Alkohol gefällt. In Steinöl schwillt es zu seinem 30-
fachen Volumen an. In rectificirtem brenzlichem Del, sowohl
in dem aus Steinkohlen- wie aus Holztheer erhaltenen, löst
es sich in der Wärme in jedem Verhältnifs. Wenn es die
letzten Antheile dieser Lösungsmittel wieder abgeben soll,
mufs es in Wasserdampf getrocknet werden. Auch in Ter-
Sentinöl und einigen andern ätherischen Oelen ist es löslich,
liese hinterlassen jedoch geringe Mengen von Harz beim
Verdampfen, wodurch das Kautschuk lange schmierig bleibt
und beim völligen Austrocknen spröde wird. In 20 Th. Schwe-
felkohlenstoff löst es sich nach Lampadius vollkommen. An
der Luft wird es nicht verändert, und von Chlorgas, Chlor-
wasserstoffgas, Ammoniakgas, schwefligsaurem Cas u. a. nicht
angegriffen. Nur concentrirte Schwefelsäure und Salpeter-
säure wirken, jedoch langsam und indem sie sich selbst zer-
setzen, darauf ein. Bis zu 120° erhitzt schmilzt das Kaut-
schuk und bleibt nach dem Erkalten schmierig. In sehr dün-
nen Lagen trocknet es jedoch allmählig wieder, aber oft erst
nach Jahresfrist. Nach Faraday besteht das reine, aus dein
Milchsaft erhaltene und durch vieles Waschen mit Wasser
von allen fremden Bestandteilen möglichst befreite Kautschuk
aus 87,2 Kohlenstoff und 12,8 Wasserstoff.
Die Anwendung des Kautschuks zum Auslöschen von Bleistiftstrich ea,
zu elastischen Röhren , zu Schuheu, besonders aber zu wasserdichten
Zeugen, ist sehr verbreitet. Letztere, zuerst von Macintosh verfertigt,
werden dargestellt, indem man das Zeug auf der einen Seite mit einer
dicken Lösung von Kautschuk in einer Mischung von Steinkohlentheeröl
und Terpentinöl bestreicht, mit Hülfe eines den Pflasterstreichmaschinen
sehr ähnlichen Apparates. Zwei so bestrichene Zeuge werden durch Wal-
zen aufeinander geprefst und in mit Wasserdampf geheizten Zimmern ge-
trocknet. — Durch Einweichen gewöhnlicher Kautschukflaschen in Aether
und nachheriges vorsichtiges Aufblasen kanu man sehr dünne Ballons dar-
aus darstellen.
Produkte der Destillation des Kautschuks.
Das weifse, trübe, im Handel vorkommende Kautschuk enthält 13,7
Procent Wasser, die es über Schwefelsäure verliert, an der Luft aber
wieder allmählig aufnimmt. Wird es der Destillation unterworfen , so zer-
setzt sich zuerst das darin enthaltene Pflanzeneiweifs bei einer Tempera-
tur, wo das Kautschuk unzersetzt schmilzt. Diese ersten Produkte sind
ihrer Menge nach gering. Es entwickelt sich Kohlensäure, Kohlenoxid,
ammoniakalisches Wasser, ein höchst widrig riechendes, in Aether lösli-
ches Oel, welches sich mit Säuren verbindet und durch Alkalien wieder
davon getrennt werden kann. Es wird von der Luft leicht verändert,-
selbst in seinen Verbindungen mit Säuren. — In der Flüssigkeit flndet mau
noch eine an Ammoniak gebundene Säure, die Mimly für wenig verschie-
den von Brenzschleimsäure hält.
Nachdem diese Produkte übergegangen sind, mufs die Hitze sehr ge-
steigert werden, ehe das Kautschuk aufs Neue ins Kochen kommt; mn
1063
Harze.
entfernt dann schnell das meiste Feuer und es geht nun zuerst ein gelb-
liches , dann ein braunes, zuletzt bei sehr hoher Temperatur ein schwar-
zes Oel über und nur Kohle bleibt in der Betörte.
Durch vielfach fractionirte Destillation erhält man Oele von verschie-
denem Kochpunkt; die alle eine ähnliche Zusammensetzung wie Terpentinöl
haben. Das flüchtigste kocht schon bei 33° und hat ein spec. Gew. von
0,654. Das am schwersten flüchtige destillirt erst bei einer Temperatur
von 360° und mehr über ( Hirni ij ). Als Greyory das bei 36° kochende Oel
mit Schwefelsäure behandelte, wurde diese geschwärzt, es entwickelte
sich schweflige Säure, und durch Vermischen mit Wasser schied sich ein
Oel ab, dessen Siedpunkt höher als 220° war.
Durch vielfach fractionirte Destillation erhielt Himly ein Oel , welches
zwischen 140° und 200° überdestillirte. Dieses w urde mit 1 Th. Schwe-
felsäure und 8 Th. Wasser, dann mit Kaliiösung und Wasser geschüttelt,
destillirt und nur der zwischen 16*6° und 170° übergehende Th eil aufge-
fangen; dieser wurde mit trocknem Salzsäuregas gesättigt, in Alkohol
gelöst, durch Wasser daraus geschieden, über Chlorcalcium getrocknet
und eiuigemale über Baryterde und daun über Kalium reclificirt. Dieses
Oel hat Himly Cautschin genannt ; es destillirt bei 171°, hat ein spec.,
Gew. von 0,842. Das spec. Gew. seines Dampfes ist 4,461. Es erstarrt
noch nicht bei — 39°. Auf Papier hinterläfst es einen Flecken. Es löst
sich fast nicht in Wasser, löst aber selbst viel davon auf. Alkohol, Ae-
ther, flüchtige und fette Oele mischen sich damit in jedem Verhältnifs.
Kalium wirkt nicht darauf ein. Wasserstoffsuperoxid verharzt es, die Me-
tallsuperoxide sind ohne Wirkung. Wasserfreie Schwefelsäure verbindet
sich damit unter Entwicklung von schwefligsaurem Gas zu einer Säure,
die mit Barytsalz eiue lösliche Verbindung giebt. Nach der Analyse be-
steht es aus 88,44 Kohlenstoff und 11,56 Wasserstoff ” Cs H8. — Chlor
und Brom verbinden sich damit unter Bildung von Wasserstoffsäuren. Das
Chlorcaufschin ist schwer flüssig bei gewöhnlicher Temperatur, bat ein
spec. Gew. vou 1,443; mit kohlensauren Alkalien zersetzt es sich nicht,
durch Destillation wärd immer etwas Salzsäure gebildet. Bei der Destil-
lation mit Basen entsteht ein weniger Wasserstoff haltendes Oel. Es be-
steht aus 70,07 Kohlenstoff, 9,57 Wasserstoff, 20,36 Chlor = Cl0H18Cl2
(Himly).
Boucliardat hielt die letzte Vorlage bei der Destillation in einer künstli-
chen Kältemischung sehr kalt. Er erhielt dabei eine Flüssigkeit, die schon unter
0° siedet, wohl identisch mit Faraday’s Doppelt-Kohlen Wasserstoff. Sie ist
gemischt mit einem zweiten Oele, dem Cautclien, welches erst zwischen
H-tO° und 18° destillirt und in einer Kältemischung kristallisirt erhalten
werden kann. Bei — 10° schmelzen die Kristalle und destilliren bei -+-14°.
Bouchardat erhielt in der ersten Vorlage noch ein sehr schwerflüchtiges
Oel, welches erst bei 315° siedet, aber bei keinem Kältegrade gesteht.
Er nennt es Heveen. In Alkohol und Aether ist es in jedem Verhältnifs
löslich. Es absorbirt sehr rasch Chlor und nimmt Wachsconsistenz dadurch
an. Mit Alkalien verdickt es sich und nimmt Sauerstoff auf. Durch con-
centrirte Schwefelsäure verdickt es sich zuerst, es scheidet sich dann ein
klares Oel ab, welches die gröfste Aehnlichkeit mit Eupion besitzt. Das
Heveen enthält dasselbe Verhältnifs von Kohlenstoff und Wasserstoff wie
das ölbildende Gas.
Die Harze kommen vorzüglich in Pflanzen vor; sie fliefsen entweder
aufgelöst in ätherischem Oel aus der Rinde als sog. Balsame und erhärten
an der Luft, oder sie sind in dem Innern von Stämmen und Wurzelstöcken
abgelagert. In dem Mineralreich kommen die sogenannten fossilen Harze
vor, deren Ursprung sich auf vorweltiiche Vegetationen zurückführen läfst.
Nachweisbar besteht zwischen den Harzen und den flüchtigen Oelen,
in denen sie gelöst Vorkommen, ein gewisser Zusammenhang. Alle Harze
Harze £ ResinaeJ .
Harze.
1069
ohne Ausnahme enthalten Sauerstoff, und sehr viele ätherische Oele ver-
harzen sich an der Luft, indem sie Sauerstoff daraus aufnehmen. Diese
Thatsache kann nicht geläugnet werden , aber man würde zu weit gehen,
wenn man daraus folgern wollte, dafs die Harze Oxide sind von ätheri-
schen Oelen, eiufache Verbindungen derselben mit Sauerstoff. Es ist bei
den ätherischen Oelen erwähnt worden, dals Terpentinöl und die meisten
andern sauerstofffreien ätherischen Oele eine Art von Verpuffung zeigen,
wenn sie mit lod in Berührung gebracht werden; diese Erscheinung beruht
darauf, dafs das lod diesen Oelen Wasserstoff entzieht, der sich mit einer
Portion lod zu lod Wasserstoff vereinigt, eine andere Portion lod tritt an
die Stelle des hiovveggenomrnenen Wasserstoffs. Ein Körper also, dessen
Wasserstoffverbinduug (lod wasserstoffsäure) an der Ly ft ihren Wasserstoff
verliert, dessen Verwandtschaft also zum Wasserstoff aufserordentlich ge-
ring ist, dieser Körper entzieht den ätherischen Oelen eine gewisse Quan-
tität Wasserstoff; offenbar ist dieser durch lod ersetzbare Wasserstoff in
diesen Oelen noch schwächer gebunden als in der lodwasserstoffsäure.
Wenn die Wirkung des Sauerstoffs der Luft, wie man kaum zweifeln
kann, der Wirkung des Iods ähnlich ist, so verharzen sich die flüchtigen
Oele auf die Weise, dafs eine gewisse Menge von ihrem Wasserstoff hin-
weggenomrnen und ersetzt wird durch Sauerstoff. Der hinvveggenommene
Wasserstoff verwandelt sich in Wasser, was sieb abscheidet oder mit dem
ueuentstandenen Oxid in Verbindung bleibt.
Wenn also nach dieser Ansicht aus einem ätherischen Oele durch Ein-
wirkung des Sauerstoffs ein Harz gebildet wird, so mufs die Zusammen-
setzung dieses Harzes ausdrückbar seyn durch die des Oels plus Sauer-
stoff, minus einer gewissen Menge Wasserstoff.
Entscheidend für den Vorgang der Harzbildung sind dio Analysen der
Harze von Blanchet und Seil, Trommsdorff und H. Rose.
Colophon.
Sylvinsäure .
Pinins.
Copawa-
har%.
( Blanchet u. Seil.)
(J. Z. , Trommsd.)
(Rose.)
(Rose.)
Kohlenstoff 80,04 — 79,27 —
79,74 — 79,36 —
79,27
— 79,26
Wasserstoff 10,01 — 10,15 —
9,82 — 9,82 —
10,36
— 10,15
Sauerstoff 9,95 — 10,58 —
10,44 — 10,52 —
10,37
— 10,59
100,00 — 100,00 —100,00 —100,00 — 100,00 — 100,00
Wenn wir für die Formel des Terpentinöls zwei oder die des Co-
paivaöls einen Atom Sauerstoff ohne Hinwegnehmen von Wasserstoff hin-
zurechnen, so würden die daraus entstehenden Harze zusammengesetzt
seyn aus:
in 100 Th.
10 At. Kohlenstoff . . . 79,28
10 — Wasserstoff . . . 10,34
1 — Sauerstoff . . . 10,37
Man beobachtet aber leicht, dafs in den analysirten Harzen constant we-
niger Wasserstoff erhalten worden ist, als die Theorie voraussetzt, und
da mau weifs, dafs in den Wasserstoffbestimmungeu in der Regel etwas
mehr Wasserstoff erhalten wird, als zur Zusammensetzung der analysir-
ten Materie gehört, so läfst sich hieraus kein anderer Schlafs ziehen, als
dafs die Harze, wenn auch durch Oxidation aus deu Oelen entstehend,
dennoch keine einfache Oxide des Oels sind, sie sind entstanden, indem
eine gewisse Menge Wasserstoff aus dem Oele austritt, welcher durch
Sauerstoff ersetzt wird.
Die wahre Formel für das Colophouium würde demnach seyn C10 H14 0
oder, wenn man das von H. Rose gefundene Atomgewicht der Berechnung
seiner Formel zu Grunde legt, C40 Hs6 04. Mit der Analyse stimmt sehr
genau die Formel C40 II60 04. Nach der letzteren würden aus 2 Atomen
Terpentinöl 2C20 HJ2 m C40 H64 hinweggenommen 4 At. Wasserstoff , diese
wären ersetzt durch 2 At. Sauerstoff, C40 H60 O* , und dieses neu entstan-
1070
Harze.
dene Oxid hatte - sich mit zwei weiteren Atomen Sauerstoff zu Pinin- und
Sylvinsäure vereinigt, ähnlich also wie es bei dem Uebergang des Alde-
hyds in Essigsäure geschieht. Wenn man von dieser Thatsache einen
Schlafs rückwärts auf die Constitution des Terpentinöls machte so ist klar,
dafs es den Wasserstoff in zwei Formen gebunden enthält, eine gewisse
Menge ist ersetzbar durch Sauerstoff, eine andere Portion ist unter ge-
wöhnlichen Umständen nicht oxidirbar. Die Formel, welche diese Consti-
tution ausdrückt, würde seyn C10 H30 -4- H2.
Diese Formel giebt in einem gewissen Sinne eine Vorstellung für seine
Eigenschaft, sich mit Wasserstoffsäuren zu verbinden; es ist die Wasser-
stoffverbindung eines zusammengesetzten Radikals, fähig, mit Wasserstoff-
verbindungen einfacher Radikale sich zu verbinden.
Der von Wiggers erhaltene Terpentincamplior (siehe S. 1036), von
dem es ungewifs ist, in welchen Beziehungen er zu den von Blanchet är
Seil und Dumas analysirten kristallinischen aus Terpentinöl darstellbaren
Materien steht, bildet sich offenbar durch den Einflufs des Sauerstoffs der
Luft oder der Salpetersäure, und man kann kaum daran zweifeln, dafs
er das Hydrat eines neuen, durch Hinwegnahme von Wasserstoff und Zu-
tritt von Sauerstoff entstehenden Oxids, also kein Hydrat des Terpentinöls
ist. Wenn das Terpentinöl überhaupt die (Fähigkeit besäfse, eine Verbin-
dung mit Wasser einzugehen, so sollte man voraussetzen, dafs bei der
Zersetzung des salzsauren Terpentinöls durch Kalk sich dieses Hydrat
bilden müsse. Während die Salzsäure sich mit dem Kalk vereinigt, ent-
steht Chlorcalcium und Wasser, und im Entstehungsmomente findet sich
dieses Wasser in Berührung mit dem freiwerdenden Oel; allein obwohl
sich hier alle Bedingungen zu seiner Bildung vereinigen, so bemerkt man
keine Spur von entstehendem Terpentinölhydrat. Diese Körper bedürfen
mithin einer genaueren Untersuchung.
§. 200. Die Harze kommen, wie oben erwähnt, zum
Theil in Verbindung mit flüchtigem Oel vor, sie werden aus
den natürlichen Balsamen durch Kochen mit Wasser, so lange
noch Oel übergeht, im Rückstände rein erhalten. Aus Ter-
pentin erhält man auf diese Weise den gekochten Terpentin
(Terebinthina cocta), welcher, bis zur Entfernung alles Was-
sers geschmolzen, Colophonium (Geigenharz) heifst.
§. 201. Man unterscheidet Hai'tharze und Weichharze .
Die Hartharze sind fest, hart und spröde, im reinsten Zu-
stande sind sie farblos, im gewöhnlichen hingegen durch
fremde Materien gelblich oder braun gefärbt, in der Regel
sinken sie in Wasser zu Boden, sie sind Nichtleiter der EE.
und werden beim Reiben negativ elektrisch. In reinem Zu-
stande sind sie geruchlos, viele verdanken einer kleinen Menge
flüchtigem Oel einen Geruch, der namentlich beim Erwärmen
bemerkbar wird. Die in Wasser unlöslichen sind geschmack-
los, manche schwerlösliche Harze schmecken bitter oder scharf;
viele Harze gehen mit Wasser Verbindungen ein (Hydrate),
ziehen Wasser aus der Luft an und werden weich und zähe.
In heifsem Wasser werden die Harze weich, knetbar,
zähe und klebend, und lassen sich in lange dünne Fäden aus-
ziehen; sie schmelzen selten vollkommen in siedendem Was-
ser, und bedürfen dazu einer höheren Temperatur; sie sind
nicht flüchtig, leicht in höheren Temperaturen entzündlich, sie
brennen mit stark rufsender Flamme. Durch trockne Destil-
Harze.
1071
lation liefern sie brennbare Gase und flüssige leichtentzünd-
liche flüchtige Flüssigkeiten , sie hinterlassen eine poröse
Kohle im Rückstand. Durch Salpetersaure liefern sie Oxal-
säure und eine Reihe nicht untersuchter Oxidationsprodukte. *
Die in der Natur vorkommendeu Harze sind häufig Ge-
menge von mehreren in ihrem Verhalten ungleichen Harzen.
Als Hauptcharakter aller Harze wird gewöhnlich ihre
Fähigkeit angesehen, sich in Alkohol zu lösen, in dieser
Löslichkeit stehen sie aber weit auseinander. Manche davon
lösen sich in gewöhnlicher Temperatur mit Leichtigkeit, an-
dere nur beim Sieden, andere, wie Copal, sind nur sehr we-
nig löslich in kaltem und heifsem Alkohol.
Aus der weingeistigen Lösung lassen sich mehrere Harze
in rcgelmäfsigen Kristallen erhalten; durch Zusatz von Was-
ser werden die weingeistigen Harzlösungen milchig gefällt.
Viele Harze sind in Aether löslich, andere werden davon
nicht aufgenoramen , sie lösen sich in fetten und flüchtigen
Oelen, die meisten lösen sich in Schwefelkohlenstoff. Durch
ihr Verhalten gegen Alkalien unterscheiden sie sich wesent-
lich von einander. Eine gewisse Anzahl von Harzen röthen
in ihrer weingeistigen Lösung die Pflanzen färben , alle diese
Harze sind mehr oder weniger starke Säuren, fähig die Ra-
sen zu neutraiisiren und mit Metalloxiden überhaupt Verbin-
dungen einzugehen; eine zweite Klasse röthet das Lackmus-
papier in ihrer alkoholischen Auflösung nicht, und läfst sich
nicht mit Metalloxiden verbinden (kristallinisches Elemiharz).
Diejenigen Harze, welche den entschiedensten Charakter
als Säuren besitzen, zerlegen beim Sieden die kohlensauren
Alkalien, lösen sich leicht in Aetzlaugen, ihre weingeistige
Lösung wird durch Zusatz von Ammoniak nicht gefällt, und
der durch Wasser entstandene Niederschlag ist vollständig
in Ammoniak löslich. Die weingeistige Lösung der nicht
sauren Harze wird durch Ammoniak zu einem weifsen Magma
gefällt.
Die weingeistige Lösung der sauren Harze fällt, mit Am-
moniak versetzt, Silbersalze kristallinisch, der Niederschlag
ist löslich in einem Ueberschufs von Ammoniak ; die nicht
sauren Harze bringen unter diesen Umständen keinen Nie-
derschlag hervor.
Die Verbindungen der sauren Harze mit Alkalien heifsen
Harzseifen ; sie unterscheiden sich wesentlich von den Seifen
der fetten Säuren dadurch, dafs sie durch Kochsalz aus ihren
wässerigen Auflösungen nicht geschieden werden können, und
im concentrirten Zustande keinen Seifenleim bilden, ihre Auf-
lösungen schäumen übrigens ähnlich wie Seifenwasser; in
starker Kalilauge sind die Harzseifen unauflöslich (wie die
Colophonseife) oder löslich (wie die Guajakseife).
107$
Sylvin-, Pinin- und Colopholsäure.
Sylvinsäure .
Synonyme : Beta-Harz des Colophon (Berzelius) , kristallisirbares Harz
des Coloplion (ff. Rose). Formel: C20 HJ0 O* (Trommsdorfl) , C20 «3, 02
CH. Rose).
Die Sylvinsäure wurde von Unverdorben im Colophon entdeckt. Sie |
kommt mit der Pininsäure vereint darin vor und ist damit , so wie mit dem
Terpentinöl, im gewöhnlichen Fichtenterpentin enthalten.
Darstellung. Gepulvertes käufliches Colophon wird mit 60procentigem
Weingeist angeripben, so lange bis es sich gänzlich in demselben zertheilt
hat. Aus der entstandenen trüben Flüssigkeit setzt sich nach einiger Zeit
die unreine Sylvinsäure als gelbe Flocken ab, die von der darüber ste-
henden braunen Flüssigkeit getrennt und noch einigemal mit 60procentigem
Weingeist ausgewaschen werden. Diese noch sehr unreine Säure wird
nach Trommsdorff in heifsem SOprocentigem' Weingeist gelöst, und der
siedend heifsen Auflösung so viel Wasser zugesetzt, dafs sich ein Theil
des Harzes abscheidet. Es sinkt in Gestalt brauner Tropfen zu Boden,
während die darüber stehende Flüssigkeit weit heller erscheint und noch
heifs vom niedergefallenen Harz getrennt, beim Erkalten zu einer kristal-
linischen Masse erstarrt. Man trennt die noch gelb gefärbten Kristalle
von der Mutterlauge, löst sie wieder in 80procentigem Alkohol, schlägt
abermals einen Theil des Harzes mit Wasser nieder und läfst aus der
vom Harze abgegossenen Flüssigkeit die Sylvinsäure kristallisiren. Um
sie vollkommen farblos zu erhalten, mufs man diese Operation noch ein-
oder zweimal wiederholen.
Die Sylvinsäure kristallisirt nach Trommsdorff aus einer nicht zu con-
oentrirten heifsen Auflösung beim Erkalten in grofsen, zu Büscheln ver-
einigten rhombischen Tafeln, die meistens so dünn sind, dafs sich die
Seitenflächen nicht deutlich erkennen lassen, nach Unverdorben sind es
vierseitige rhombische mit 4 Flächen zugespitzte Prismen. Sie schmelzen
bei 153°, werden aber erst in etwas höherer Temperatur vollkommen
flüssig. Bei 100° getrocknet erleiden sie durch Schmelzen keinen Ge-
wichtsverlust. In wasserfreiem Alkohol und Aether löst sie sich leicht
auf, die Lösung röthet Lackmus; sie löst sich in fetten, ätherischen und
brenzlichen Oelen; bei der trocknen Destillation wird sie zerlegt. Die
ßylvinsäure verbindet sich mit Basen zu sylvinsauren Salzen , die sich in
Aether und wasserfreiem Alkohol lösen. Die sylvinsaure Talkerde ist in
Alkohol löslich, wodurch sich diese Säure von der nachfolgenden Pinin-
säure unterscheidet.
Pininsäure.
Synonyme: Alplia-Harz des Colophon ( Berzelius), nichtkristallisir-
bares Harz des Colophon (ff. Rose). — Entdeckt mit der vorigen von
Unverdorben im Colophon ; Zusammensetzung ermittelt von Blanchet 6p
Seil , J. L. und ff. Rose. — Formel: C20 H30 02 (J. L.).
Zerriebenes Colophon wird mit 72procentigem Alkohol erschöpft, der
die Pininsäure löst und die Sylvinsäure zurückläfst. Die Lösung in Al-
kohol fällt man mit essigsaurein Kupfer; der Kupferniederschlag wird mit
Salzsäure zerlegt, und die ausgeschiedene Pininsäure noch mehrmals mit
Wasser ausgekocht.
Die Eigenschaften der Pininsäure sind, sowie ihrer Salze, denen der
Sylvinsäure und sylvinsauren Salze ähnlich, unterscheiden sich nur durch
ihre geringere Löslichkeit in Alkohol, namentlich des Talkerdesalzes, was
darin ganz unlöslich ist.
Colopholsäure.
Wenn man Piniusäure der trocknen Destillation unterwirft, bis ein
Drittel übergegangen ist, so hat sich die übergegangene Pininsäure in eine
neue Säure, die Colopholsäure oder das Gamma-Harz des Colophons von
Berzelius verwandelt. Diese Säure unterscheidet sich von der Pininsäure
Fichtenharz.
1073
durch ihre braune Farbe , greisere Affinität zu den Salzbasen und Schwer-
löslichkeit in 67procentigem Alkohol; ihre Salze gleichen denen der Pinin-
säure. Das gewöhnliche Colophon enthält verschiedene Mengen dieser
Säure, verschieden nach der Temperatur, bei der es unigeschmolzen wurde
und durch welche die Colopholsäure darin erzeugt wurde.
Pimarsäure , Pyromarsäure und Azomarsäure.
Laurent hat im Terpentin der Pinus maritima , wie er bei Bordeaux
vorkommt, eine neue, mit den vorhergehenden Harzsäuren isomere Säure,
die er Pimarsäure nennt, gefunden. — Das vom Terpentin dieser Pinus-
Art getrennte Harz besteht fast ganz aus körnigen Kristallen, die mit
einem Gemische von 5 Th. Alkohol und 1 Th. Aether ausgezogeu und end-
lich aus kochendem Alkohol kristallisirt werden. Die Pimarsäure kristal-
lisirt aus kochendem Alkohol in mikroskopischen 4 — Cseitigen Prismen,
wird durch Schmelzen in Alkohol leicht löslich, somit in eine isomere
Modifikation verwandelt und zeigt ihre übrigen Eigenschaften den vorher-
gehenden Harzsäuren ähnlich, so wie gleiche Zusammensetzung.
Durch die Destillation der Pimarsäure im luftleeren Raume erhält man
die Pyromarsäure , die sich von der Pimarsäure durch ihre leichte Lös-
lichkeit in Alkohol, durch die Form der aus dieser Auflösung anschiefsen-
den Kristalle, in dreiseitigen Tafeln, ferner durch das in 4seitigen Prismen
kristallisirende Bleisalz unterscheidet. Zusammensetzung gleich der Pimar-
säure.
Die Kristalle der Pimarsäure werden bei längerem Aufbewahren un-
durchsichtig und gehen in die amorphe Pimarsäure über, die aus Alkohol
nicht mehr kristallisirt, ohne ihre Zusammensetzung geändert zu haben. —
Wird Pimarsäure vorsichtig mit Schwefelsäure gemischt und nach 24 Stun-
den durch Wasser wieder ausgeschieden , so hat sie ebenfalls die Eigen-
schaft verloren aus der alkoholischen Lösung zu kristallisiren , in ihre Zu-
sammensetzung ist aber nach Laurent nahe ein Atom Wasser eingetreten,
sie ist also zu Pimar Säurehydrat geworden.
Wird Pimarsäure längere Zeit rnit viel Salpetersäure behandelt, so
treten aus ihrer Zusammensetzung 4 Aequivalente Wasserstoff heraus,
dafür nimmt sie aber 1 Aeq. Stickstoff und 6 Aeq. Sauerstoff auf und verwan-
delt sich in die Azomarsäure. — - Wird Pimarsäure unter gewöhnlichem
Druck destillirt, so zerlegt sie sich theilweise, es entsteht ein neuer in-
differenter Körper, Pimar on , der nach Laurent ein Atom Wasser weniger
als die Pimarsäure enthält and an der Luft nach und nach wieder eine
solche Veränderung erleidet, dafs er an Basen wieder gebunden werden
kann.
Hierher gehören noch zwei Körper, die Fremy durch Destillation von
Harz mit Kalkerde erhalten hat, die er Resineon und Resinon nannte und
nach der Formel C29 H46 0 und C10 H13 O zusammengesetzt fand.
Die Vorhergehenden Harzsäuren sind im Fichtenharz enthalten.
Fichlenharz ( Resina Pini ), Galipol zum Theii, von Pinus
sylvestris , Pinaster , Abies , Picea , maritima. Weifsliches oder gel-
bes, wenig durchscheinendes, von selbst ausfliefsendes, an
der Luft erhärtendes Harz, zum Theii durch gelindes Schmel-
zen und Auspressen von anhängenden Unreinigkeiten befreit.
Weifses Harz ( Resina alba). Ist gewöhnlich noch zähe und
riecht stark nach Terpentin, von ätherischem Oei herrührend.
Schmilzt man es unter ö flenn Zusatz von Wasser, welches
wieder verjagt wird, unter Umrühren, so giebt es das Pech ,
auch Schuster- oder Burgundisches Pech ( Pix burgundica)
genannt. (Unter diesem Namen versteht man auch ein durch
Zusammenschmelzen von i Th. Galipot und 8 Th. Colopho-
1074
Co p a i vaharz.
nium erhaltenes Gemische.) Häufiger wird das Pech jedoch
auf die Art erhalten, dafs man den Theer abdestillirt und den
Rückstand noch warm und flüssig in kaltes Wasser giefst.
Der beim langsamen Schwelen von harzreichem Fichtenholz
(Kienholz) zu Anfang erhaltene helle Theer liefert bei der
Destillation Kienöl und als Rückstand weifses Pech ( Pix
alba), eine gelbbräunliche undurchsichtige Masse. Der später
erscheinende oder aus andern Holzarten erhaltene dunkele
Theer liefert eine dunkelbraune Masse, schwarzes Pech ( Pix
nigra). Beide sind in der Kälte brüchig, erweichen aber
in der warmen Hand, dafs sie sich kneten und in lange Fä-
den ausziehen lassen, ohne viel anzukleben. Es sind Ge-
mische von mehr oder minder Harz und den weniger flüch-
tigen Substanzen der trockenen Destillation. — Das Schiff-
pech ( Pix navalis), auch zum Theil Burgunder- Pech genannt,
f ehört auch hierher 5 es wird auch durch anhaltendes Erhitzen
es schwarzen Theers erhalten. — Der gekochte Terpentin
ist weifsgelb, durchscheinend, in der Kälte spröde 5 ein ziem-
lich reines Harz, enthält aber noch Wasser. Das Colopho-
niunij welches daraus bereitet wird, ist entweder hellbräun-
lichgelb 9 im reinsten Zustande blaj'sg eiblich , durchsichtig
( Coloplionium album), oder dunkelbraun ( Colophonium com-
mune), durchscheinend, in der Kälte spröde, leicht pulveri-
sirbar, leicht schmelzend in der Hitze 5 fast geruch- und ge-
schmacklos.
Wenn Colophon in einem eisernen Gefäfse geschmolzen wird und man
setzt demselben nach und nach in kleinen Portionen starke Kalilauge zu,
so vereinigen sich beide unter heftiger Entwickelung von Wasserdampf
zu einer brüchigen, harten, aufgeblähten Masse, die bei einem gehörigen
Verbältnifs Kali sich vollständig und ohne Rückstand in Wasser und in
erhitztem Leinöl löst. Die wässerige Auflösung ist ohne alkalische Re-
action, sie schmeckt bitter und dient in der Papierfabrikation anstatt Leim,
um das Durchschlagen der Dinte zu verhüten. Eine gewisse Portion dieser
Harzseife dem Buchdruckerfirnifs zugesetzt, giebt ilun die Eigenschaft, we-
niger durchzuschlagen und mit schwacher Lauge sich leicht von den ge-
brauchten Lettern ab waschen zu lassen.
Das Colophon findet eine grofse Anwendung zur Leuchtgasbereitung,
indem es bei der Glühhitze eine grofse Menge ziemlich reines Leuchtgas
giebt. Es bilden sich hierbei noch Kohle und flüssige Kohlenwasserstoffe,
welche später abgehandelt werden.
Der Terpentin findet aufserdem noch in der Medicin und den Künsten
Anwendung zu Pflastern, Firnissen und Kitten.
Copaivaharz ( Resina Bals. Copaivae ). Formel : C40 H64 04 (H. Rose).
■ — Kommt im Copaivabalsam , mit einem flüchtigen Oele verbanden, vor.
Es wird in Kristallen aus dem Copaivabalsam nach Schweitzer dargestellt
durch Auflösen desselben in kaustischem Ammoniak, woraus durch frei-
williges Verdunsten die Kristalle anschiefsen. Durch Waschen mit Aether
und Kristallisiren aus Alkohol erhält man das Harz ganz rein. Es kri-
stallisirt in deutlichen, prismatischen CG. Rose ), ungefärbten, durchsich-
tigen Kristallen, die sehr weich und an der Luft undurchsichtig werden.
Sie sind in Alkohol, Aether, fetten und ätherischen Oelen löslich und
verbinden sich mit Basen zu salzartigen Verbindungen. Seine Zusammen-
setzung, wie aus oben bemerkter Formel hervorgeht, ist gleich der des
Colophons und Camphors. ( U . Rose.)
Harze des Mecca-, Perubalsams etc. 1075
h
Das Copaivaharz ist im Copaivabalsam enthalten, der aus den Arten
der Copaifera in Westindibn gewonnen wird. Der Copaivabalsam ist ölig,
flüchtig, besitzt einen eigenthümHchen aromatischen Geruch und einen bit-
tern scharfen Geschmack. An der Luft verliert er seinen Geruch und
wird hart. Mit Bittererde bildet er eine harte Masse. Der Oopaivabalsara
kommt mit fetten Oelen verfälscht vor, was man leicht erkennt, dafs er
mit Wasser länger gekocht weich bleibt, während er, unverfälscht, ganz
Colophon-ähnlich wird.
Elemiharz. Das käufliche Elemi ist durch kalten Alkohol in zwei
Harze zu trennen. Das in kaltem Alkohol unlösliche kann aus heifsem
kristallinisch erhalten werden. Es ist von weifser Farbe, die Lösung
in Alkohol wirkt auf Pflanzenfarben nicht, Ammoniakflüssigkeit verwan-
delt sie in eine Gallerte, Blei- und Silbersalze geben keinen Nieder-
schlag damit. Die Zusammensetzung beider Harze nach H. Rose ist gleich
Cjo Hj» Ha»
Betulinharz . Entdeckt von Lowitz. Aus der mit Wasser erschöpften
und getrockneten Birkenrinde wird das Betulin nach Hefs mit Alkohol aus-
gezogen, aus dem es in warzigen Massen anschiefst. Es ist ungefärbt,
schmilzt bei 300° und riecht nach Birken; in einem Luftstrom ist es subli-
mirbar, geht mit Basen keine Verbindungen ein. Die Zusammensetzung
ergab eine Beziehung zu Elemi, dessen Elemente es enthält H- O -f- H, O.
Animeharz. Kommt von Hymenaea Courbaril, einem in Westindien
wachsenden Baume. Es bildet in reinem Zustande blafsgelbe Stücke von
glasigem Bruch, riecht angenehm und erweicht schon im Munde. Kalter
Alkohol zerlegt es wie das Elemi in zwei Harze, die dem siedenden Al-
kohol saure Reaction geben.
Euphorbiumharz. Wird aus Gummi Euphorbium auf ähnliche Weise
wie das Elemi gewonnen, mit dem es nach H. Rose in allen Eigenschaft
ten , selbst der Zusammensetzung, übereinkommt, nur dafs die alkoholW
scbe Lösung mit Ammoniak keine Gallerte giebt.
Benzoeharz. Aus dem verhärteten Saft des Styrax Benzoin, auf Su*?
matra. Es besteht aus Benzoesäure, einem ätherischen Oele und aus drei
verschiedenen Harzen, Alpha-, Beta- und Gammaharz, die man auf folt
gende Weise von einander trennt. Wird das Benzoeharz mit einer Auf-
lösung von kohlensaurem Natron im Sieden erhalten , so löst sich das
Gammaharz auf, Alpha- und Betaharz bleiben ungelöst; behandelt man
den ungelösten Rückstand mit Aether, so löst dieser das Alphaharz auf
und es bleibt das Betaharz ungelöst. Aus der alkalischen Auflösung erhält
man durch Zusatz einer Säure und durch Waschen des Niederschlags das
Gammaharz rein. Sie theilen alle drei die gewöhnlichen Eigenschaften der
Harze. — Van der Vliet, der die Zusammensetzung dieser 3 Harze, so
wie ihre Darstellung studirte, fand das
Alphaliarz ~ Cro H84 0I4
Betaharz = C40 H44 09
Gammaharz = C30 H40 Os .
Wie man aus diesen Formeln ersieht, enthalten das Beta- und Garmnaharz
zusammen die Elemente des Alphaharzes, oder es entsteht aus dem Alpha-
harz das Betaharz, wenn man die Elemente des Gammaharzes davon ab-
zieht. van der Vliet hat durch Versuche gezeigt, dafs, wenn man das
Kochen mit kohlensaurem Kali lange genug fortsetzt, alles Alphaharz ver-
schwindet und nur Gammaharz im Kali gelöst und Betaharz ungelöst zu-
rückbleibt. — Die Zusammensetzungen wurden aus den Bleiresinaten er-
mittelt.
Harze im Mecca- , Perubalsam und im Storax. — Diese drei Bal-
same bestehen zum grofsen Theil aus flüchtigem Oele, aus einem Harze,
und die zwei letzteren enthalten noch Zimmtsäure (S. Gü3) und Benzoe-
säure. Die darin enthaltenen Harze sind aufser ihren allgemeinen Eigen-
schaften noch wenig untersucht, und die Balsame, aus denen sie kommen,
i076
Sty racin.
sind hier mir erwähnt , weil alle drei in mediciniscber Beziehung Anwen-
dung finden.
Styracin. Von Bonastre zuerst dargcstellt aus dem flüssigen Storax durch
Destillation mit Aetzkali und Wasser. In reichlicher Menge erhält man es nach
Simon, wenn man den Storax mit kohlensaurem Natron und Wasser destillirt,
wobei das ätherische Oel (Styrol) mit dem Wasser übergeht. In der Re-
torte bleibt zimmtsaures Natron in der Flüssigkeit gelöst und eine bedeu-
tende Menge Harz , die man durch Abwaschen soviel als möglich von noch
anhängendem Salze befreit, daun in 18 — SO Theilen kochendem Alkohol
löst und nach dem Filtriren V3 davon abdestillirt. Beim Erkalten des Rück-
standes fällt das Styracin als kristallinisches Pulver heraus. Durch Wa-
schen mit kaltem Alkohol befreit man es vollständig von noch anhängendem
Harz , löst es dann in Aether, der eine geringe Menge einer Verbindung
von Styracin mit Natron zurückläfst, destillirt den Aether im Wasserbade
ab und löst das reine Styracin nochmals in Alkohol, woraus es in schönen
weifsen , haarförmigen Kristallen beim freiwilligen Verdampfen anschiefst.
Es ist in 3 Th. kochendem und in 22 Th. kaltem Alkohol und schon in
3 Th. Aether von gewöhnlicher Temperatur löslich. Unlöslich in Wasser.
Es schmilzt bei 50°, reagirt weder sauer noch alkalisch. Wird es in 6 —
8 Th. heifsem Alkohol gelöst, so wird die Lösung beim Erkalten stark
opalisireui) , setzt man aber etwas Zimmtsäure oder auch concentrirte
Essigsäure oder Schwefelsäure zu, so wird sie wieder klar, was anzu-
deuten scheint, dafs es sich mit Säuren verbinden kann, ohne sie jedoch
zu sättigen. Es ist nach der Formel Ca4 H21 O* zusammengesetzt. — Mit
Salpetersäure destiliirt enthält das Destillat Benzoy I Wasserstoff und Blau-
säure, im Rückstände findet sich Benzoesäure, Picriusalpetersäure und
Harz, wie bei der Zimmtsäure. Mit chromsAurem Kali und Schwefelsäure
liefert es bei der Destillation ebenfalls Benzoylwasserstoff. Durch Destil-
lation mit Kalkhydrat erhält man ein mit dem Benzin und Cinnamomin pro-
centisch gleich zusammengesetztes Oel, welches aber von beiden wesent-
lich verschiedene Eigenschaften zeigt. Destillirt man das Styracin mit
concentrirter Aetzkalilauge, so erhält man ein schwerflüchtiges Oel, wel-
ches schwerer als Wasser ist, bei 320° siedet, in 30 Th. kochendem und
90 — 100 Th. kaltem Wasser löslich ist und von Simon Styracon genannt
wird. In der Retorte bleibt Zimmtsäure und Harz mit dem Alkali ver-
bunden zurück. Am vorteilhaftesten gewinnt man das Styracon, wenn
man die bei der Destillation von flüssigem Storax mit Wasser zurückge-
bliebene Harzmasse mit concentrirter Aetzkalilauge übergiefst und destil-
lirt. Es geht dann zugleich mit dem Wasser über, welches dadurch mil-
chig wird. Man erhält das Styracon daraus als obeuaufschwimmendes Del,
wenn man Kochsalz bis zur Sättigung in dem Wasser löst. Durch Recti-
fication für sich wird es, nachdem es durch Chlorcalcium von Wasser
befreit ist, vollkommen rein erhalten QSimon~).
Gliajakharz (JResiUOt Guüjaci). Von Guajacum ofßcinale^ und
sanctum, theils von selbst ausfliefsend, theils durch Ausbraten aus dem
Holz erhalten, indem es an einem Ende angezündet und das am andern
Ende ausfliefsende Harz gesammelt wird ; theils mit Weingeist aus dem
geraspelten oder gemahlenen Holz und Rinde erhalten. — Das von
selbst ausfliefsende Harz ist hell gelblichbraun, ins Grünliche,
durchsichtig oder durchscheinend, giebt ein hellgraues, an der
Luft grün werdendes Pulver. Das durch Ausbraten oder mit
Weingeist erhaltene Harz ist meistens dunkelbrauh, fast un-
durchsichtig; reinstes beschlägt ebenfalls mit einem grünlichen
Staub. Es ist spröde, leicht pulverisirbar; anfangs ge-
schmacklos, entwickelt aber später einen anhaltend kratzen-
den Geschmack. Schmilzt ziemlich leicht in der Wärme, und
verbreitet dabei einen nicht unangenehmen Geruch. Das
Guajak-Harz und -Seife.
1077
Guajakharz färbt sich, in Berührung mit Luft, für sich und
mit vieJen organischen Substanzen blau. Dahin gehört ara-
bischer Gummischleim , die frischen Wurzeln von Althaea,
Meerrettig, Cichorien, Kartoffeln, Zwiebeln und viele andere
frische Pflanzentheile. Diese färben die Guajaktinktur blau.
Salpetrige Säure, Salpeternaphta und versüfster Salpeter-
geist färben sie ebenfalls vorübergehend schön dunkelblau.
Mit Blausäure vermischte Guajaktinktur färbt Kupfersalze
vorübergehend blau. — Nach Unverdorben besteht das Guajakharz
aus 2 verschiedenen Harzen , von denen eins in wässerigem Ammoniak
leichtlöslich ist, welches die alkoholische Lösung des essigsauren Kupfer-
oxids fällt, das andere damit eine thecrartige Verbindung bildet, die nur
in 6000 Theilen Wasser löslich ist und die alkoholische Lösung des essig-
sauren Kupferoxids nicht fällt. Dieses Harz verhält sich auch gegen Basen
als Säure, und bildet damit salzartige Produkte. Aulser salpetriger
Säure färbt die geistige Guajakharzlösung auch Eisenchlorid stark blau.
Sowohl durch Desoxidaiion als Oxidation wird die blaue Farbe zerstört.
Mit Goldauflösung bildet die Guajakharzseife einen violetten Niederschlag
(Harzgoldsuboxid), der sich in Kalilauge mit purpurrother Farbe auflöst j
ähnliche Verbindungen geht es mit Kupferoxid und Silberoxid ein. Es lie-
fert durch trockene Destillation , Rectificiren des flüssigen Theils mit Kali
und nochmaliges Destilliren mit Schwefelsäure zweierlei farblose Oele:
ein flüchtigeres , leichter als Wasser, und ein minder flüchtiges , das
schwerer als Wasser ist. — Nach Büchner ist das reine Guajakharz zwar
geschmacklos , allein das natürlich vorkommende und künstlich erhaltene
enthält den kratzenden Bestandteil, und ^verdankt diesem wohl mit seine
medicinische Wirkung. — Nach Trommsdorff' enthält die Guajak -Rinde eia
dunkelbraunes, geruchloses und anfangs geschmackloses, später etwas
brennend schmeckendes Harz , welches weder an der Luft noch durch die
oben angezeigten Substanzen sich blau färbt. Dagegen enthält das Holz
ein geschmackloses Harz, das die angezeigte Färbung erleidet. Den
kratzenden Geschmack verdankt das Guajakharz einem eigenthümlicheu
kratzend-bittern sogenannten Extractivstoff (Guajacin), der viel reich-
licher iö der Rinde als in dem Holz enthalten ist. — Auf Beimischung von
Colophonium prüft man das Harz nach Schaub und Bucholz, indem die
geistige Lösung desselben mit Wasser vermischt und der milchigen Flüs-
sigkeit so lange Aetzkalilösung zugesetzt wird, bis sie sich aufhellt; setzt
man jetzt noch mehr zu und die Flüssigkeit bleibt hell, so war das Harz
frei von Colophonium; im Gegentbeil wird ein Niederschlag entstehen von
Colophoniumseife. — Das Guajakharz wird innerlich in Pulverform und
Pillen gegeben; in Mixturen mit arabischem Gummischleim, wo bei anhal-
tendem Reiben eine blaue Farbe entsteht, ln Weingeist gelöst, ohne
| oder mit Ammoniak ( Tinct . guajaci Simplex et ammoniata) ; als Guajak -
harz-Seife.
Guajakseife t$apo Guajacinus ). Man bereitet sie, in-
dem so viel gepulvertes Guajakharz in erhitzte Kalilauge
getragen wird, als diese aufnimmt. Die kolirte Flüssigkeit
wird in gelinder Wärme zur Piilenmasse- Consistenz ver-
dampft. — Dunkelbraune, ins Grünliche sich neigende Masse,
von scharfem, alkalischen und kratzenden Geschmack und
Geruch nach Guajak. — Leicht in Wasser und Weingeist
löslich. Wird in Pillenform verordnet.
Gummilack-Harz. Aus mehreren Ficus- Arten, so wie aus Zicgphus
Jujuba, quillt durch den Stich eines Insects, Cocus ficus , ein milchiger
Saft aus, der erstarrt obigen Namen trägt Dieses Harz kommt unter den
Namen Stocklack , Körnerlack und Schellack im Handel vor. Darunter
1078
J)am mar harz.
ist das Schellack das reinste. Alle drei Sorten bestehen aber ausser 70
90 Proc. Harz noch aus einem rothen Farbstoff, Wachs und Pflanzenleim.
— - Das Harz des Gummilacks wird mit Alkohol ausgezogen. Aus der Auf-
lösung abgeschieden ist es braun, hart, spröde. Es wird wieder durch
Alkohol in mehrere Bestandtheile zerlegt, deren Zusammensetzung nicht
untersucht ist. Es löst sich in Alkali und dadurch auch in Wasser. Die
Auflösung iu Alkohol giebt, mit Terpentin und Mastix vermischt, einen
vielgebrauchten Firnifs. Unverdorben hat in dem Gummilack mehrere
Substanzen gefunden , nemlich : ein in Alkohol und Aether lösliches
Harz, ein in Alkohol lösliches aber in Aether unlösliches Harz, ein in
kaltem Alkohol wenig lösliches Harz, ein kristallisirbares Harz, ein in
Alkohol und Aether lösliches, in Steinöl aber unlösliches Harz, ferner
noch fette Säuren, Wachs, Farbestoff und Extractivstoff.
Dammarharz. In neuerer Zeit kommt unter diesem Namen ein Harz
aus einem unbekannten Baume Ostindiens, das farblos durchsichtig, ge-
schmaok- und geruchlos, in ätherischen und fetten Oelen vollkommen lös-
lich ist, und damit einen Firnifs giebt, der dem Mastix noch vorgezogen
wird. Auf ähnliche Weise wie aus den übrigen sauren Harzen hat man
zweierlei Harze daraus dargestellt, die noch nicht näher untersucht sind.
Mastix. Aus dem Stamme der Pistacia Lentiscus der griechischen
Inseln wird dieses Harz durch Einschnitte gewonnen. Es kommt in klei-
nen, gelben, durchsichtigen, besonders beim Erwärmen wohlriechenden
Körnern vor. Es besteht ebenfalls aus zwei durch Alkohol trennbaren
Harzen, die nicht näher untersucht sind. Der in Alkohol lösliche Theil
wurde auch Masticin genannt.
Drachenblut-Harz . Kommt vorzüglich aus dem Baume Dracena DracOj
so wie aus den Früchten des Calamus Rotang. Es ist braun, im Striche
roth, geschmack- und geruchlos, löst sich leicht in den Lösungsmitteln der
Harze, hat keine säuren Eigenschaften und wird benutzt, um Harzfirnissen
eine rothe Farbe zu geben. Melandri hat den in Schwefelsäure unlösli-
chen ßestandtheil desselben Dracenin genannt.
Sandarac. Juniperus communis der wärmeren Zonen giebt dieses
wohlriechende Harz, das sich analog den übrigen sauren Harzen verhält,
und von Unverdorben in 3 Harze getheilt wurde. Es wird zu Pflastern,
Salben, Firnissen und auf Papier eingerieben gebraucht, um das Zerfliefsen
der Dinte zu hindern.
Takamahaka. Ein den vorigen ähnliches, wohlriechendes Harz, das
die gewöhnlichen Eigenschaften der Harze theilt , nicht blos von Alkohol
und Aether, sondern auch von Alkalien gelöst wird.
Ladanum. Ein von den Inseln des Archipelagus vom Cistus creticus
kommendes Harz, das in spiralförmig gedrehten Kuchen zu uns kommt.
Es ist braun, weich, wohlriechend.
Pastoharz. Ein Harz, das nach Boussingault von den Indianern ge-
braucht wird, um Holz undurchdringlich für Wasser zu machen. Es be-
steht nach der Analyse dieses Chemikers aus Cs H8 O und steht somit mit
Elemi und Copaiva in einiger Beziehung.
Palmwachs-Harz. Von Boussingault aus dem Palmwachse ausgezo-
gen und untersucht. Palmwachs wird mit kaltem Alkohol ausgezogen, der
das Harz auflöst und das Wachs ungelöst läfst. — Nach dem Abdampfen des
Alkohols bleibt ein gelbliches Harz, das bei 100° schmilzt, in heifsem Al-
kohol löslicher als in kaltem ist, und sich in Aether und ätherischen
Oelen löst.
Jalappenhar* ( Resina jalappae ). aus der Wurzel von Con-
volvulus tlpomaea') Jalappa zu erhalten. Festes, sehr sprödes,
leicht zerreibliches Harz, von grangelber Farbe (nach Martius
wird es durch Behandeln der alkoholischen Lösung mit thierischer Kohle,
Niederschlagen des Filtrats mit Wasser und Auswaschen, blafsgelb erhalten).
C o p al.
1079
wenig1 durchscheinend, fast geruchlos, anfangs geschmacklos,
dann ein anhaltendes Kratzen irn Halse erregend (das gereinigte
schmeckt weniger scharf) ; drastisch wirkend. — Das gewöhnliche
besteht nach Cadel aus einem in Aether unlöslichen und darin
löslichen Harz, letzteres wird ihm durch erwärmten Aether
entzogen. In Salpetersäure löst es sich in der Kälte leicht
auf, ohne Gasentwickelung. Nach Büchner und Herberger besteht
das Jalappenharz ebenfalls aus einem basischen , Jalappin, welches ganz
farblosdurchsichtig ist, in Aether völlig unlöslich, und mit Säuren chemi-
sche (salzartige) Verbindungen eingeht (?), und einem braunen scharf-
bitterlichen, das gegen Basen schwachsaure Eigenschaften zeigt. — Prü-
fung des Jalappenharzes : Es mufs hart, leicht brüchig seyn, in Wasser
ganz unlöslich; an kalten Aether fast nichts Lösliches abgeben (Verfäl-
schung mit Guajakharz). — Wird in Pulverform , mit Mandeln abgerieben,
in Pillenform, gelöst in Weingeist, als Jalappenseife u. s. w. angewendet.
Dem Jalappenharz fast gleich sind die Harze von Convolvulus arven -
sis, Sepiurn , Turpethum und Mechoacanna .
Ein ähnliches Harz enthält das Scammonium (und Convolvulus Solda-
nella) , welches aber nach den Versuchen von Planche fast geschmacklos
und in Aether leichtlöslich seyn soll. Salpetersäure färbt es gelb, ohne
viel aufzulösen; es entwickelt sich Salpetergas.
Das Bieber geilharz CCastoreum-Resinoid') gehört noch hierher: Ein
dunkelbraunes , hartes , bitter und scharf schmeckendes Harz. Etwas lös-
lich in Wasser, leichtlöslich in Weingeist, unlöslich in absolutem Aether,
aber löslich in gewöhnlichem.
Copal ( Gummi-Copal ). — Gewöhnlich leitete man den Copal bisher
von Rhus copallinum ab. Nach neuern Nachrichten von v. Martius und
Hayne soll er aber von mehreren Arten Hgmenea, Trachylobium und
Vouapa kommen. Er hat jedoch zu viel Analoges mit dem Bernstein, als
dafs er nicht etne Art Erdharz seyn sollte. Wahrscheinlich kommt er von
denselben Bäuinen, die auch Anime- und Bammar-Harz liefern, und ist
nur durch Einwirkung von Luft und Wasser etwas verändert. — Es ist
ein blafsgelbes, durchsichtiges, bis bräunlichgelbes, durch-
scheinendes, hartes, klingendes Harz, jedoch weniger hart
und zähe als Bernstein. Kommt in unregeimäfsigen , meistens
abgerundeten, aufsen rauhen Bruchstücken, zuweilen in ku-
geligen Stücken (Kugel- Copal) vor, von 1,045 bis 1,139
spec. Gew. Geschmack- und geruchlos, ohne Zerlegung un-
schmelzbar, liefert durch trockene Destillation keine Bern-
steinsäure. In wässerigem Aetzkali ist der Copal in der
Wärme auflöslich und scheidet sich hiebei in zweierlei Harze,
von denen das eine in der Kälte gelöst bleibt, das andere
trüb und gallertartig wird. In absolutem Alkohol sehr wenig
löslich, seine Löslichkeit wird vermehrt, wenn man ihn, ge-
pulvert, mehrere Monate an einem luftigen Ort liegen Jäfst,
desgleichen vermehrt ein Zusatz von Camphor seine Löslich-
keit. Oder mau befeuchtet das Pulver nach Berzelius mit Ammoniak in
einem verschlossenen Gefäfs, wodurch es nach und nach zu einer gela-
tinösen Masse aufschwillt; dieser setzt man nach und nach in kleinen
Portionen Alkohol unter Erwärmen zu, wo er zu einem wasserklaren
Firnifs sich auflöst, der beim Aufstreichen einen undurchsichtigen weifsen
Ueberzug hinterläfst; beim Erwärmen wird er aber klar und glänzend. —
ln Aether schwillt der Copal stark auf und ist dann vollstän-
1080
Torf harze.
dig darin löslich. Die erhitzte aufgequollene Verbindung löst
sich leicht in heifsem (nicht kaltem) Alkohol, den man in
kleinen Mengen zusetzen mufs ( geistige Copal firnisse ). Ros-
marinöl löst ihn ziemlich auf, weniger Terpentinöl. (Ueber-
haupt verhalten sich die Copaisorten oft sehr verschieden in ihrer Lös-
lichkeit.) Der geschmolzene (etwas veränderte) Copal wird zu gewöhn-
lichem Copalfirnifs verwendet. Man erhitzt in erbsengrofse Stücke zer-
schlagenen Copal in einer dünnen Glasflasche über Kohlenfeuer vorsichtig/
bis er geschmolzen ist, ohne braun zu seyn , setzt dann in kleinen An-
teilen Terpentinöl, das so weit erhitzt wurde , dafs man es kaum in der
Hand leiden kann (aber nicht stärker), hinzu, wo, wenn die rechte Hitze
getroffen wurde, der Copal sich schnell zu einem fast farblosen Firnifs löst,
im Gegentheil coagulirt er und bleibt ungelöst. Nach Unverdorben besteht
der Copal aus nicht weniger als 5 verschiedenen Harzen und einer Spur
ätherischen Oels.
Torfharz. Mulder hat aus den niederländischen Torfarten vier bis
sechs Harze ausgezogen und ihre Zusammensetzungen ermittelt. Der fries-
ländische Torf enthält:
Alphaharz zr: Ci0 H80 09
Betaharz ~ Cr7 H154 09
Gammaharz C1C4 H188 09
Deltaharz = Cm H242 09
der leichte friesische Torf höherer Gegenden :
Ahplaharz n C5S HS6 Ofc
Ammagharz = C90 HI68 06.
Das Harz der Pappelknospen (oder vielmehr die Knospen) von Popu-
ius nigra ist officinel!. Durch Auspressen oder Ausziehen mit Weingeist
erhalten ist es weichklebrig, von grünlich- oder bräunlich-gelber Farbe
und starkem angenehmen Geruch nach Storax. An der Luft trocknet es
nach und nach (durch Verlust au Oel und Wasser) vollständig aus.
Von officinellen Pflauzentheilen enthalten die Myrrhe (neben einem
in Aether unlöslichen geschmacklosen Hartharz) ein röthlichgelbes , wei-
ches, klebriges, sehr bitteres Harz, — Senega ein rothbraunes , schmie-
riges, in Weingeist und Aether leicht lösliches Harz von bitterm , wenig
scharfem Geschmack. — Aus Lycopus europaeus zog Geiger ein blafs-
gelbes Harz (?), welches anfangs weich war, an der Luft nach und nach
austrocknete, fest und brüchig wurde, sehr bitter schmeckt, in Wasser
weich und klebrig wird , darin etwas löslich ist und ihm seinen bittern
Geschmack mittheilt. Leichtlöslich in Alkohol und Aether, unlöslich in
Alkalien. Gehört vielleicht eher den BitterstofFarten an. Dahin gehört auch
das Harz (?) von Galeopsis villosa ; doch schmeckt dieses zugleich eigen-
thümlich reizend.
Das Bisamharz gehört noch hierher. Gelbbraunes, etwas weiches
klebendes Harz, von schwachem ßisamgeruch und widerlich bitterm Ge-
schmack; leichtlöslich in Weingeist und Aether, kaum löslich in Aetzkali-
x lösung. Ertheilt dem Bisam den bittern Geschmack.
Harzhaltige Pflanzen und Fflanzentheile sind ferner noch :
Violenwurz , von Iris florentina. Braungelbes, schmieriges, sehr
scharfes und brennend schmeckendes Harz. — Schwarzer Pfeffer, Piper
nigrum. — Spanischer Pfeffer, von Caspicum annuum. Aeufserst scharf
und brennend schmeckendes Weichharz (Capsicin). — Biberneil (die Wur-
zel von Ptmpinella saxifraga ). Braun, von Extractconsistenz , scharf und
kratzend schmeckend. — Niefswurz, von Helleborus hyemalis (und niger
etc.). Aeufserst scharf und brennend schmeckendes Weichharz (soll kri-
stallisationsfähig seyn?). — Fallkrautblumen , Arnica montana . Grünlich
oder bräunlichgelbes, scharf und bitteres Harz. — Bertramwurz, von
Antliemis Pyrethrum. Weiches, sehr brennend scharfes Harz. Erregt
Speichelflufs. Auch diese sogenannten Weichharze erhalten vielleicht besser
Harz-Firnisse.
108!
ihre Stellung unter den Extractivstoffarten, — Seidelbastharz , von JDaphne
Mezereurn, alpina u. s. w. Grünes , weiches (nach C G. Gmelin und Bär
hartes) Harz von aufserordentlicher Schärfe. Nach Gmelin und Bär soll
die Schärfe von einem fetten Oel herrühren , nach Vauquelin von einem
flüchtigen Oel; die Schärfe ist durch Harz fixirt. — Acajoitharz. Aus den
westindischen Elephantenläusen (von Anacardium occidentaleA durch Aus-
kochen der zerquetschten Nüsse mit Wasser, oder Behandeln derselben
mit Alkohol, und Waschen des durch Destillation vom Weingeist befreiten
Harzes mit heifsem Wasser zu erhalten. Ein halbflüssiges, schön roth
braunes, klebriges Harz (Balsam) von äufserst scharfem ätzenden Ge-
schmack; erregt, auf die Haut gebracht, leicht Blasen; die Wirkung ist
lange andauernd. Scheint ein Gemische von Harz, Oel und einem eigen«
thümlichen, näher zu untersuchenden, scharfen Stoff zu seyn. — Wurde
als Reizmittel auf die Haut vorgeschlagen.
Harz- Firnisse.
Um Gegenstände von Holz, Metall etc. mit einem dünnen Ueberzug zu
versehen, der sie vor der Einwirkung der Luft und des Wassers schützt,
der ihnen eine glatte, glänzende Oberfläche giebt, hat man von jeher die
verschiedenen Firnisse angewendet. Man unterscheidet Oel- und Harz-
Firnisse. Die ersteren beruhen auf der Eigenschaft einer Klasse von fet-
ten Oelen (trocknenden), in dünnen Schichten auf Körper aufgetragen zu
einem festen elastischen, für Wasser undurchdringlichen Ueberzug zu er-
starren. Die zweiten oder Harz - Firnisse , die sich hieher beziehen, be-
stehen in Auflösungen von Harzen, welche auf die Oberfläche der Gegen-
stände io dünnen Schichten gebracht, durch das Verdunsten oder gleich-
zeitige Erhärten des Lösungsmittels, dieselben mit einer Harzschichte über-
ziehen. Man unterscheidet Weingeist- , Terpentin- und fette Firnisse.
Die ersten beiden haben ihren Namen von dem Lösungsmittel Weingeist
oder Terpentinöl; die fetten Firnisse enthalten als Lösungsmittel der Harze
Lein-, Mohn-, Nufsöl oder LeinöJfirnifs. Der Name Lackfirnifs oder
Lack ist von der Auflösung des Schellacks, des gebräuchlichsten, auf alle1
Harzfirnisse übergegangen. Ein guter Firnifs mufs fest aufsitzcn, nicht
abspringen und rissig werden, die unterliegende oder mitgemengte Farbe
nicht ändern und eines grofsen dauerhaften Glanzes fähig seyn.
Zu Weingeist- Firnissen nimmt man ganz starken, mindestens f)Spro-
centigen WTeingeist. Die Auflösung des Harzes wird befördert durch Bei-
mischen von Glaspulver. Sie sind die glänzendsten aber auch sprödesten,
was durch Zusatz von Terpentin vermindert wird. Die gewöhnlich dazu
verwendeten Harze sind: Mastix, Sandarach, Schellack, Elerni, Copal.
Eine Lösung von Schellack in Weingeist, die mit einem ölgetränkten
Lappen eiugerieben wird, ist der gewöhnliche Tischler - Firnifs , oder
Politur.
Dieselben Harze in Terpentinöl gelöst, geben geschmeidigere Fir-
I nisse , da das Terpentinöl selbst zu einem weichen Harz eintrocknet.
Copal- und Bernsteinharz lösen sich in Terpentinöl oder Leinöl in dem
Zustande, wie sie im Handel verkommen, nicht auf; um zu Firnissen zu
dienen, werden sie in hohen Gefäfsen von Thon oder Eisen bei raschem
Feuer in Flufs gebracht , der vollkommen flüssigen Materie wird alsdann,
I auf 1 Pfund etwa zwei Unzen, heifser Leinölfirnifs und wenn beide sich
: verbunden haben , ein dem Harz gleiches Gewicht warmes Terpentinöl in
kleinen Portionen zugesetzt. Diese Auflösungen geben die dauerhaftesten
und festesten Firnisse , doch sind sie nicht so farblos wie die vorher-
gehenden.
Die Firnisse werden nicht selten mit bestimmten Farben versehen, in-
dem man sie mit Curcuma, Orlean, Gummigutt, Drachenblut, Cochenille,
Sandelholz, Kupferoxid, Zinnober, Indigo, Berlinerblau, Chromgelb etc.
roth, gelb, grün oder blau färbt, um mit diesen Farben die Oberfläche
der zu firnissenden Gegenstände zu versehen.
Geigar’s Phurrnacic . /. ( Sie Au fl, ) 0
iÖS&
Destillation der Harze.
Bestillatiomprodukle der Harze.
Die Harze iß reinem Zustande einer Temperatur ausgesetzt, bei wel-
cher sie destilliren^ werden alle theilweise oder ganz zerlegt. Sie geben
im Allgemeinen gasförmigen Kohlenwasserstoff, flüssige Produkte, die
auch grölstentheils aus Kohlenwasserstoff in verschiedenen Verhältnissen
bestehen, und rückständige Kohle. Diese Produkte sind vorauszusehen
bei Körpern, die einen so grofsen Ueberschufs von Kohlenstoff und Was-
serstoff über Sauerstoff haben. Die Destillatiousprodukte der wenigsten
Harze sind genau untersucht; alles, was wir darüber wissen , bezieht sich
fast ausscliliefsend auf das Colophooharz , das Fremy , Pelletier und Wal-
ter in dieser Beziehung untersuchten. Ais JDe»ii31ationsproriukt der Pinin-
säure ist schon früher die Colopholsäure erwähnt worden. Wenn man
nach Fremy Colophon bei einer Temperatur destillirt, wo es gerade sie-
det, so geht nebst Wasser und etwa noch enthaltenem Terpentinöl, ein
gelbes dickliches Oel über, welches geruch- und geschmacklos, durch
Jlectification selbst farblos wird, bei 250° siedet, iu Wasser unlöslich, in
Alkohol sclnverlöslich und in Aether leichtlöslich ist. Es wird von Kali
nicht angegnfTen, von Salpetersäure oxidirt und von Bleioxid reducirfc.
Fremy hat dieses Oel Resinein genannt und folgende Zusammensetzung
gefunden; C2n H3n 0,. — Nach Pelletier und Walter bilden sich bei der
Zersetzung des Colophons bei der Rothgluhhitze in den Gasapparaten,
auf'ser dem entweichenden Kohlenwasserstoffgas, mehrere sehr wasser-
stoffreiche Produkte.
Weun nemlich Fichteuliarz , bei seiner Anwendung zur Gewiunimg des
Leuchtgases, destillirt wird, so beträgt das rohe, den Kohlenwasserstoff
begleitende Oel ungefähr 30 pCt. des angewendeten Harzes. Letzteres
kommt unter dem Namen traekner Schiff stheer (hrai sec} im Handel vor.
Das dunkelbraune Oel wird in einer grolsen Blase destillirt und die Pro-
dukte nach der Temperatur theilweise aufgefangen. Das erste Produkt,
von den Fabrikanten flüchtige Essenz (vice essence ) genannt, geht von
130 — 160° über; dann folgt bei 280° ein Oel, das wegen seiner geringen
Flüchtigkeit hitile fixe genannt wird; in der Zwischenzeit der Erzeugung
beider Oele sublimirt etw as Naphtalin. Während der Destillation des fixen
Oels steigt die Temperatur bis 350°, dann geht ein neuer, bräunlich-
schwarzer oder blauer Körper über, der den Namen fette Materie ( ma -
tiere grosse ) führt. In der Blase bleibt eine glänzende Kohle.
Die flüchtige Essenz, so wie sie aus der Fabrik erhalten wird , ist
bernsteinroth , von starkem Geruch; sauer reagirend. Durch Destillation
in einem Oelbade Jiefs sie sich in 4 Substanzen zerlegen, nemlich in 2,
durch ihren Siedpunkt verschiedene , flüchtige Oele, in Naphtalin und iu
eine kleine Menge einer färbenden Substanz^ die als theerartige Masse
zurückblcibt.
Aus dem flüchtigeren, bei 130 — 160c> destiliirbaren Oele wurde durch
sehr oft wiederholte Behandlung mit concentrirter Schwefelsäure (15 —
20mal) und Kalilauge eine sehr leichte Flüssigkeit erhalten, welche nach
3maliger Destillation über Kalium sich auch damit nicht mehr veränderte.
Sieiteifst Retinaphta. Es ist eine vollkommen klare Flüssigkeit, von an-
genehmem an den einiger Labiaten erinnernden Geruch und leicht stechen-
dem Geschmack; bricht stark das Licht; von constantem Siedpunkt bei
108°; w ird selbst bei — 20° C. noch nicht fest. Aus den Resultaten dreier
Analysen berechnet sielt als einfachste Formel = C7 H8 , der Versuch
gab 91,7 Kohlenstoff, 9,0 Wasserstoff, das spec. Gewicht des Dampfes
~ 3,23, nach obiger Formel berechnet 3,223.
Durch Einwirkung von trocknem oder feuchtem Chlorgas auf Refci-
napbta in der Siedhitze entsteht eine ölige, sehr schwöre dichte Flüssig-
keit, von gelbbrauner Farbe, sehr stechendem Geschmack und starkem
meerrefctigar tigern Geruch; der Dampf reizt die Augen stark zum Thränen.
Dieses Produkt hat grolse Aelinliehkeit mit dem Chlorbenzoyl ; beide Ver-
bindungen haben das nemliche Ansehen, spec. Gewicht und ähnlichen Ge-
nick, Die Chlorretinaphta giebt aber mit Wasser keine Benzoesäure und
Retinyl, Retinol.
1083
Salzsäure , da sie keine« Sauerstoff enthält. Mit Aetzkali verwandelt sie
sich in Chlorkalium und in ein braunes, eigenthiimlich riechendes Oel. Die
Zusammensetzung ist wahrscheinlich C14 Hla Cl4.
Brom bildet mit Retinaphta eiu ganz analoges Produkt. — Mit Salpe-
tersäure behandelt entwickelt sich Stickoxidgas, es bildet sich Blausäure
am Boden der Retorte setzt sich eine weifse körnige Substanz ab. 9
Bei der Destillation der flüchtigen Essenz bei einer höheren Tempe-
ratur geht, wie schon bemerkt, eine zweite ölartige Substanz über. Aus
dieser stellten Pelletier und Walter einen eigenthümlicheu Kohlenwasser-
stoff dar, den sie Retinyl nennen.
* Zur Reindarstellung des Retinyls mufs es mehreremale destillirt wer-
den, indem man jedesmal den ersten und flüchtigsten Antheil, der Reti-
naphta enthalten könnte, entfernt. Das so erhaltene Produkt wird öfter
und hintereinander mit concentrirter Schwefelsäure und Aetzkalilauge be-
handelt, und nach jeder Behandlung mit Schwefelsäure destillirt. Letztere
Operationen mit Schwefelsäure, wodurch das Naphtalin entfernt wird,
dürfen jedoch nicht zu oft wiederholt werden, da das Retinyl selbst voü
der Säure angegriffen wird. Als letztes Reinigungsmittel wurde auch hier
wieder Kalium angewendet , aber auch von diesem wird das Retinyl wieder
angegriffen , daher sie auch nicht zu oft wiederholt werden darf.
In reinem Zustande ist das Retinyl vollkommen klar und durchsichtig,
am Lichte unveränderlich , weniger beweglich als die Retinaplita, von 0,87
spec. Gew., siedet bei 150° und destillirt ohne Rückstand. Sein Geruch
ist verschieden von dem der Retinaphta, der Geschmack viel stechender,
etwas bitter. Sein Verhalten gegen Chlor und Salpetersäure, so wie seine
Zusammensetzung, sind von der der Retinaphta verschieden. Die Analyse
führte zur Formel = C9 H12, das spec. Gew. des Dampfes =; 4,344 ge-
funden, nach der Formel berechnet = 4,347. 89
Das Retinyl lost, wie Retinaphta, Schwefel und Iod auf; die Produkte
durch Chlor und Salpetersäure sind nicht näher untersucht.
Das (hatte fixe ) fixe oder opalisirende Oel, das bei 280° übergeht, ist
bräunlichgrün, an den Rändern blau, opalisirend und oft sehr trübe. Nach-
dem es durch Gyps filtrirt, dem Sonnenlichte ausgesetst und mit Aetzlauge
behandelt ist, ist es so weit gereinigt, dafs es zu Malereien an Gebäuden
verwendet werden kann; es enthält aber dann noch Essigsäure, eine bitu-
minöse Substanz, von welcher später bei der Untersuchung der fetten Ma-
terie die Rede seyn wird. Von allen diesen Substanzen durch den obigen
ganz analoge Operationen und durch Behandlung mit Schwefelsäure und
Kali befreit, bildet es einen andern eigentümlichen Kohlenwasserstoff, von
seiner ölartigen Beschaffenheit Retinol genannt.
Der Siedpunkt des reinen Retinols liegt, bei 238°; da es nur über
freiem Feuer destillirt werden kann, so zersetzt sich bei jeder Destillation
ein kleiner Theil in Produkte, wovon das eine flüchtiger, das andere
feuerbeständiger als das Retinol selbst ist; es läfst sich daher eine zwi-
schen 236 — 240° siedende Flüssigkeit schon als Retinol betrachten. Es
ist eine klare, ölartige, sanft anzufühlende Flüssigkeit, ohne Geruch und
Geschmack; färbt sich nicht tsm Lichte; spec. Gew\ rr 0,9. Die Analyse
führte zur Formel C8 Hs, das spec. Gew. des Dampfes = 7,11 gefunden,
7,39 berechnet. 7
Auf Papier bringt Retinol einen Fettflecken hervor, der nach einiger
Zeit verschwindet ; Kalium verändert sich nicht darin ; wenn es Retinyl
enthält, so schwärzt sich das Kalium. Es absorbirt mehrere Gasarfen,
namentlich schweflige Säure; es verbindet sich nicht mit Alkalien. Bei der
Behandlung mit Chlor in der Siedhitze färbt sich das Retinol gelblichbraun p
nach dem Erkalten hat man eine durchsichtige dicke Masse von schwachem
Rosengeruch. Durch Einwirkung von Salpetersäure in der Wärme auf das
Retinol bildet sich weder Blausäure noch eine kristallinische Substanz, son-
dern eine ölige, stark gefärbte Flüssigkeit. Das Retinol verbindet sich mit
letten Körpern, Oelen und löst mehrere Harze auf.
Farbstoffe.
1094
Das letzte Produkt der Destillation, die sogenannte fette Materie,
wurde Metanaphtalin ( Pelletier und Walter') oder Retisteren f Dumas)
genannt. Die Reindarstellung gelingt auf folgende Weise: Aus der fetten
Materie werden erst durch gelindes Kochen die flüchtigen Kohlenwasser-
stoffe ausgetrieben, es destillirt dann bei verstärktem Feuer eine weifse 1
oder pomeranzengelbe wachsähnliche Materie über, welche durch wie-
derholte Destillationen, Pressen zwischen Fliefspapier , Auflösen in star-
kem Alkohol und wiederholte Behandlung der daraus erhaltenen Kristalle
mit conceutrirter Schwefelsäure rein erhalten wird. Man erkennt diefs
daran, weün sich Schwefelsäure in der Kälte nicht mehr damit färbt.
Das Retisteren ist weifs, kristallinisch, ohne Geschmack, von schwa-
chem, dem des Wassers ähnlichen Geruch; schmilzt bei 67°, siedet bei
335°. Es ist ganz unlöslich in Wasser, wenig in kaltem, leichter in heis-
sem und absolutem Alkohol , daraus in Lamellen kristallisirend. Aether
löst es noch leichter; Naphta, Terpentinöl und die obigen Kohlenwasser-
stoffe sind die besten Auflösungsmittel. Der Schmelz- und Siedpuukt, die
Löslichkeit in Alkohol, Aether und Oelen charakterisireu das Retisteren
hinreichend , um es von einigen andern brenzlichen Materien zu unter-
scheiden. So schmilzt das Paraffin bei 43°, das Naphtalin bei 79° und das
Paranaphtalin bei 180°.
Die Analysen gaben eiue analoge Zusammensetzung mit Naphtalin,
nemlich 93,7 Kohlenstoff, 6,9 — 6,5 Wasserstoff.
Das Retisteren verbindet sich nicht mit Alkalien; concentrirte Schwe-
felsäure wirkt in der Kälte nicht darauf, in der Hitze wird es davon
verkohlt. Chlorgas zersetzt es im geschmolzenen Zustande unter Entwick-
lung von Chlorw’asserstoffsäure in eine grünliche, harzähnliche, nicht wei-
ter untersuchte Substanz. Salpetersäure ändert es in eine ochergelbe,
harzähnliche, nicht flüchtige Materie, während Paranaphtalin bekanntlich
mit Salpetersäure ein sublimirbares Produkt liefert.
Stickstofffreie organische , durch cigenthümliche Farben
ausgezeichnete V erbindungen .
Fa rb Stoffe.
Die Pflanzen und Pflanzentheile verdanken die mannigfaltigen Farben
und Färbungen, die sie auszeichnen, der Gegenwart von bestaunten che-
mischen Verbindungen, die sich aus vielen darstellen und isoliren lassen.
Diese Verbindungen heifsen im Allgemeinen Farbstoffe ; sie besitzen alle
Arten von Farbentönen, die verbreitetsten sind rotli, gelb und grün; in
den meisten gefärbten Pflanzcntheilen finden sich gewöhnlich zwei Farb-
stoffe uud oft mehrere nebeneinander, die rothen sind meistens begleitet
von gelben, was ihre Scheidung und Darstellung erschwert.
Das Verhalten der Farbstoffe gegen Lösungsmittel ist ausnehmend un-
gleich, manche davon lösen sich in Wasser, andere sind nur in Alkohol
oder Aether löslich, alle besitzen die Fähigkeit sich mit Alkalien zu ver-
binden uud ihre alkalischen Eigenschaften aufzuheben , sehr viele verbin-
den sich mit Säuren. An dem Licht und namentlich bei Gegenwart von
Feuchtigkeit erleiden sie eiue Veränderung, sie werden unter Sauerstoff-
aufuahme zerstört, gebleicht. In einem auf 120 bis 200° erwärmten Luft-
strom erleiden die meisten die nemliche Veränderung wie im Sonnenlicht.
In alkalischen Flüssigkeiten gelöst wird ihre Fähigkeit, Sauerstoff auf-
zunehmen und damit zerstört zu werden, ausnehmend beföidert.
Ihre Verbindungen mit Alkalien besitzen meistens eine andere Farbe,
als die Substanz fiir sich selbst, woher es kommt, dafs sie bei Berührung
mit Alkalien augenblicklich ihre Farbe wechseln, die gelben Farbstoffe
werden häufig braun, die rothen violett, blau oder grün. Einen ähnlichen
Farbenwechsel zeigen viele Farbstoffe , wenn sie mit Säuren zusammen-
gebracht werden. Die dunkelrothen werden meistens heller roth, die blauen
rotb.
Curcumagelb.
1085
Sehr viele dieser Materien sind in dem Zustande, in welchem sie aus
Pflanzentheilen dargestellt werden, in den lebenden Pflanzen nicht vor-
handen. So ist die frische Krappwurzel gelb und wird erst durch eine
Art von Gährung roth; das frische Fernambukholz ist, sowie das Cam-
pecheholz, gelb oder braungelb, beide werden erst an der Luft roth. Eine
Abkochung von beiden Hölzern wird an der Luft durch SauerstofFaufnahme
dunkler und es entstehen bei hinlänglich langer Aussetzung an die Luft
kristallinische gefärbte Substanzen, die sich in frischem Holze nicht nach-
weisen lassen. Diese Art von Farbstoffen verdankt ihre Farbe der Auf-
nahme einer gewissen Menge Sauerstoff, der sich ihnen durch Reductions-
mittel, durch Schwefelwasserstoff und Zink, häufig entziehen läfst, wo-
durch sie farblos werden. In dieser Weise entfärbt der Luft preisgegeben,
absorbiren sie den entzogenen Sauerstoff wieder und nehmen ihre frühere
Farbe wieder an.
So giebt es eine Menge ungefärbter Substanzen, welche in Berührung
mit Luft und Ammoniak Sauerstoff aufnehmen, wodurch neue, meistens
stickstoffhaltige Farbstoffe entstehen, deren Bildung auf einer Oxidation
und einer Aufnahme der Bestandteile des Ammoniaks beruht. Diese Art
von Farbstoffen, das Lackmus, Orcein, Phloridzein etc., werden in dem
Anhang abgehandelt werden
Andere farblose Materien, wie Gallus- und Gorbesäure, wenn sie in
geringen Mengen in alkalischen Flüssigkeiten gelöst der Luft ausgesetzt
werden, färben sich dunkelblau oder purpurroth. Ein Gallapfel in reines
Wasser gehängt, was etwas kohlensauren Kalk oder Magnesia enthält,
umgiebt sich mit einer grünen , blauen oder purpurnen , zuletzt schwarzen
Zone, es entsteht durch Oxidation der Gerbe- oder Gallussäure, bei Ge-
genwart von Alkali, ein wahrer Farbstoff.
Alle Farbstoffe werden durch Chlor zerstört, mit der schwefligen
Säure gehen die meisten ohne Zerstörung des Farbstoffs farblose Verbin-
dungen ein, sie werden gebleicht. Wird die schweflige Säure durch eine
stärkere Säure abgeschieden, oder durch Aufnahme von Sauerstoff in
Schwefelsäure übergeführt, so erscheint die Farbe wieder. (Eine rothe
Rose wird in schwefligsaurem Gas weifs, in verdünnter Schwefelsäure
nimmt sie wieder ihre Farbe an, in Chlorwasser getaucht; wird sie roth,
sodann durch Zerstörung der Farbe wieder weifs.)
Zu Tfionerdö haben die meisten Farbstoffe eine -ausgezeichnete Ver-
wandtschaft, ebenso zu Zinnoxid und andere Oxiden, die io der Mitte
zwischen Basen und Säuren stehen; diese Verbindungen heifsen Lacke
und dieneu als Malerfarben. Die Thonerde- Lacke werden meistens dar-
gestellt durch Auflösung des Farbstoffs in Alaunwasser und durch Fällung
mit einem Alkali, wo die Verbindung des Farbstoffs mit Thonerde unlös-
lich niederfällt. Thonerdehydrat nimmt aus den meisten Farbstoffauflösun-
gen den Farbstoff hinweg und verbindet sich damit. Vegetabilische Kohle,
so wie Thierkohle, entfärben bei Gegenwart von freier Säure die meisten
Farbstoffauflösuugen, indem sie sich mit dem Farbstoff verbinden; Alkalien
entziehen der Kohle den aufgenommenen Farbstoff.
1) Gelber Farbstoff.
Curcumagelb (Curcumiri) , aus der Wurzel von Curcuma longa. Um
ihn im isolirten Zustande zu erhalten , zieht man nach Vogel und Pelletier
die getrocknete Wurzel mit kochendem Alkohol aus, verdampft die Löh-
süng zur Trockne und behandelt den Rückstand mit Aether, der den rei-
nen harzartigen Farbstoff löst. Er ist schwerer als Wasser, schmilzt bei
40°, ist in Masse bräunlichgelb, gepulvert hochgelb, in Wasser fast un-
löslich, durch alkalische Flüssigkeiten wird er leicht gelöst mit rothbrau-
ner Farbe. Hierauf gründet sich die Anwendung des mit Curcuma gefärbten
Papiers als Reagens auf Alkali. Verdünnte Säuren lösen das Curcumin
nicht, machen seine Lösungen aber blasser; von mehreren concentrirten
Mineralsäuren wird es aber mit carnioisinrother Farbe gelöst; Wasser
schlägt es daraus in gelben Flocken nieder. Die alkoholische Lösung wird
1Ö8CS
Gumm iguU-Gelb.
durch in Weingeist gelöste Borsäure nicht verändert , beim Abdämpfe»
aber setzt sich eine carnioisinrothe Verbindung ab. Die Curcuma wird in
der Wollen- und Seidenfärberei angewendet. Auch in der Pharmacie und
iu der Kochkunst dient es als Färbemittel.
Gelbes Harz von Gummi Guttae. Von Garcinia Gambogia (_Gambogia
Gutta I/.) oder Stalagmites gambogioides M. etc. Es beträgt 60 bis 90
pCt. nach Christison , Braconnot und John von dem Gumniigutt, aus dem
es durch Ausziehen mit Aether rein erhalten wird. Durch Verdampfen
der Lösung erhält man es als eine hyaciuthrothe Masse , die ein hoch-
gelbes Pulver giebt. Es ist fast geruch- und geschmacklos, wirkt drastisch.
In kaltem Wasser ist es unlöslich, leicht löslich in Alkohol und Aether.
Von kaustischem Kali wird es zu einer dunkelrothen neutralen Flüssigkeit
aufgelöst. Die Verbindungen mit den Erden sind unlöslich, so wie die mit
den Metaüoxiden. Zinnoxidul giebt eine prächtig gelbe Verbindung; die
mit Eisenoxidul ist braun, mit Kupferoxid grün. Chlor bleicht und zer-
stört seine Farbe. In Chlorwasser vertheilt und damit abgedampft liefert
es eine blafsgelbe, in Wasser unlösliche Substanz, welche chemisch ge-
bunden Salzsäure enthält. Salpetersäure zersetzt es beim Kochen unter
Bildung von Oxalsäure.
Orleangelb . Aus Orlean COrellin , Anotto , Roucou), einem stark rie-
chenden Farbstoff, der durch Kneten der Saamen von Bixa Orellana jind
Me.te.lla tinctoria mit Wasser aufgeschlemmt gewonnen wird. Man
trocknet den Orlean, zieht ihu mit Alkohol aus und behandelt die zur
Trockne verdampfte brandgelbe Lösung mit Aether. Nach dem Abdestil-
liren des Aethers bleibt der Farbstoff als eine rothbraune, weiche, kle-
brige, in der Wärme schmelzende, in der Kälte nicht spröde werdende
Masse zurück. Er ist schwerer als Wasser und darin nur wenig löslich.
Auch durch Ausziehen des Orlean mit kaustischem Kali, wodurch man
eine, dunkelrothe Flüssigkeit erhält, und durch Uebersättigen dieser mit
Stare wird der Farbstoff mit pomeranzeugelher Farbe gefällt. Von con-
centrirter Schwefelsäure wird er zuerst blau, daun grüo, zuletzt violett.
Salpetersäure verändert ihn bei Verdünnung in der Kälte nicht. Wird
aber nur wenig couceutrirte Säure zugesetzt, so wird das Gemenge zu-
erst grün , dann gelb und detouirt sehr leicht beim Erhitzen. Fette und
flüchtige Ocle färben sich rothgelb durch Orleau. — Chevreul faud zwei
Farbstoffe darin; der eine ist gelb, in Wasser, Alkohol und wenig in
Aethc. löslich uud färbt mit Alaun gebeitzte Zeuge gelb. Der andere ist
roth, wenig löslich in Wasser, leichtlöslich dagegen in Aether und Alkohol
mit orangerother Farbe.
Carotin. Der aus den Mohren (Daucus Carota ) zu erhaltende Farb-
stoff. Man zieht die getrockneten Möhren, oder das durch Erhitzen des
frisch ausgeprefsten Saftes erhaltene Coagulum mit Aether aus, der den
Farbstoff und fettes Oel aufnimmt. Nach dem Verdunsten der Lösung be-
handelt man den Rückstand mit kaustischem Ammoniak, wodurch das meiste
Oel entfernt wird. Das zurückgebliebene Carotin wird wieder in Aether
gelöst, dem man etwras Alkohol zusetzt. Beim freiwilligen Verdampfen
schielst das Carotin in kleinen, rubinrothen, unter dem Mikroskope als
4seitige Tafeln erkennbaren Kristallen an. Man legt es auf Löschpapier
und wäscht das noch anhängende Oel mit Ammoniak ab. So gereinigt er-
hält es sich sehr lange unverändert, selbst im Sonnenlicht. Es hat weder
Geschmack noch Geruch, reagirt nicht auf Pflaozenfarben , ist nicht flüch-
tig und unlöslich in Wasser. Von wasserfreiem Alkohol wird es in ge-
ringer Menge gelöst, von Aether nur bei Gegenwart von fettem Oeie,
was seine Auflösung begünstigt. Die Fette lösen es sehr leicht und färben
sich dadurch schön gelb; diese Farbe wird jedoch sehr schnell durch den
Einflufs des Lichtes oder das Ranzigwerden des Oole zerstört, weshalb es
auch nur aus frischgetrocknefcen Möhren erhalten werden kaun. Essig-
säure und Alkalien lösen es nicht auf (Wachenroäer').
Noch mehrere Pflanzentheile , wie die gelbe Rinde von Faulbaum
Ith apo ntioin. 108?’
(Rhmnnus frangula) , Wollbltimeu CVerbascum Thapsus ), Narcissen, Ha-
genbutten u. s. vv. verdanken ihre Farbe harzigem Farbstoff.
Rhabarber gelb, Rhabarber stoff, Rhabarber- Bitter, Rhabarbarin , Rha -
barbersäure und Rhein. Findet sich in den Wurzeln der verschiedenen
Rheumarten zugleich mit Gerbestoff Rein wird es erhalten durch Aus-
ziehen der Wurzel mit kaltem Weingeist. Das Extract wird zur Trockne
verdampft , dann so lange mit Wasser versetzt, als eine Trübung entsteht.
Der Niederschlag wird mit kaltem Wasser gewaschen , dann in heifsem
gelöst, aus dem er beim Erkalten wieder nied erfüllt; hierauf in absolutem
Alkohol gelöst, dieser abdestillirt und der vollkommen getrocknete Rück-
stand mit reinem Aether ausgezogen, bis dieser nicht mehr gelb gefärbt wird.
Auch kann man das weingeistige Extract der Wurzel mit verdünnter
Schwefelsäure so lange versetzen, als ein schnell zusammenballender,
dunkler Niederschlag entsteht. Wenn man mehr Säure zusetzt, so wird
er gelb, pulvrig und enthält viel Gerbestoff. Oder man versetzt die trübe
wässerige Auflösung des Extractes zuerst mit Ammoniak, so lange ein
dunkelrother Niederschlag entsteht , vertheHt diesen in wenig Wasser und
setzt so viel Schwefelsäure zu, dafs die ro?he Färbung verschwindet* Die
auf die eme oder andere Art dargestellte Substanz wird, wie die aus der
Lösung in heifsem Wasser gefällte, mit Alkohol und Aether behandelt.
Das Rhabarbergelb kristalfisirt aus seiner alkoholischen und ätherischen
Lösung körnig, mit orangegelber Farbe; trocken ist es geruchlos, feucht
riecht es wie Rhabarber; iu kaltem Wasser ist das reine wenig löslich,
mehr in warmem, woraus es sich extractartig absetzt. Auch in Weingeist
ist es in der Kälte schwer löslich , es erfordert 350 Theile desselben. Die
Losungen schmecken widerlich bitter, reagireu schwach sauer. Eisen-
chlorid färbt die Spirituose Lösung braun, Bieizucker färbt sie rothgelb,
nach einiger Zeit Süidet sich ein hellrother Niederschlag. In Alkalien ist
das Rhabarbarin mit violetter Farbe löslich. Durch Alaun wird diese Lö-
sung vollständig eutfärbt unter Bildung eines schönen, rothen, in Wasser
gänzlich unlöslichen Niederschlags.
Bei gelinder Hitze schmilzt das Rhabarbarin und läfst sich zum grofsen
Theil unzersetzt sublietiren. (Geiger.)
Rulle glaubt, dafs diefs Rhabarbarin ein verändertes Produkt und nicht
als solches in der Wurzel enthalten sey. Er zieht deshalb diese mit einer
ammoniakalischen Flüssigkeit aus, digerirt die Lösung mit kuhlensaurem
Baryt, bis der Geruch nach Ammoniak vollständig verschwunden ist und
Eisensalze nicht mehr gniu gefällt werden. Darauf wird die barythaltige
Flüssigkeit ültrirt , mit SCieselfluorwasserstoffsäure gefällt und damit zur
Trockne verdampft, mit weingeistiger Ammoniak flüssigkeit übergossen ,
ültrirt, mit basisch essigsaurem Bleioxid gefällt und der Niederschlag mit
Schwefelwasserstoff zersetzt. Beim Abdampfen erhält man eine hygrosko-
pische, röthlich gelbe, mit Kriseallen untermengte Masse, die Dulk für
den reinen Rhabarberstoff hält und Rhein nennt. Die Analysen der Sub-
stanz selbst und ihrer Busverbindung, von Brandes angestellt, haben
jedoch unvereinbare Resultate gegeben, und die ganze Arbeit verdient
wiederholt zu werden.
Rumicin. (Entdeckt von Geiger.) Es ist in der Wurzel von Rumex
patientia enthalten ; wird daraus ganz auf gleiche Weise wie Rhabarbarin
aus der Rhabarberwurzel gewonnen, und kommt in seinen Eigenschaften
mit diesem fast ganz überein, so dafs es wahrscheinlich damit identisch ist.
Rhaponticin. (Entdeckt von Home mann.) Es ist in der Wurzel von
Rheum rhapunticum enthalten. Das wässerige Extract wird so lange mit
W asser vermischt, als sich ein gelber Niederschlag bildet, der mit kaltem
Wasser und Weingeist gewaschen und in kochendem Alkohol gelöst wird.
Beim Erkalten und freiwilligen Verdunsten kristullisirt das Rhaponticin. —
Es ist ein gelbes, glänzendes, kristallinisches Pulver, gescbmack- und
geruchlos; wenig löslich in Wasser und kaltem Weingeist, es wird leicht
von kochendem Alkohol, Aether und Alkalien gelöst. Salpetersaures Queck«
1088 Waagelb.
silberoxidtil , Chlorplatiu und -Gold fällen seine weingeistige Lösung. Es
soll Stickstoff enthalten.
Waugelb , Luteolin. In allen Theilen des Wau CReseda Luteola L.)
enthalten, wodurch die wässerige Abkochung der Pflanze eine gelbe, bei
Verdünnung grüngelbe Farbe erhält. Säuren machen die Farbe blasser,
durch Alkalien und viele Neutralsalze wird sie dunkler. Mit Alaun , Zinn-
chlorür und essigsaurern Bleioxid giebt die Abkochung schön gelbe Nieder-
schläge, mit Eisenvitriol einen schwarzgrauen und mit Kupfervitriol eiuen
grünbraunen Niederschlag. Das von Chevreul zuerst dargestellte Luteolin
ist sublimirbar und kristallisirt dabei in gelben Nadeln. In Wasser ist es
mit blafsgelber Farbe löslich, ebenso in Alkohol und Aether. Es verbin-
det sich mit Säuren und mit Basen. Die Kaliverbindung ist goldgelb , wird
aber an der Luft bald grüngelb und dann rothbiaun. — Aus diesem Farb-
stoff, sowie aus Gelbholz- und Quercitrongelb, wird das sogenannte Schütt -
gelb dargestellt, indem man die Abkochungen so lange mit geschlämmter
Kreide und Alaunlösung vermischt, bis aller Farbstoff ausgefällt ist.
Quercitrongelb , Quercitrin , Quercitronsäure . — Von Chevreul aus
der Rinde von Quercus nigra L. CQuercus tinctoria Mich.) dargestelit;
von Bolley näher untersucht. Formel: C16 HJ6 09 -+- aq. ( Rolleg .) — Durch
Ausziehen der gepulverten Rinde in einem Verdrängungsapparate mit Wein-
geist von 0,84 spec. Gew., Fällung des Geibstoffs mit Leim oder nicht zu
viel Kalk und Verdampfen des Filtrats zu erhalten. Durch wiederholtes
Auflösen in Weingeist, Zusatz von Wasser und Verdampfen wird der
Farbstoff gereinigt. — Schwefel- oder Chromgelbes, zum Th eil kristallini-
sches Pulver, geruchlos, schwach bitter, löslich in 400 Th. kochendem
Wasser, in 4 — 5 Th. absolutem Alkohol. An der Luft unveränderlich;
die Lösung färbt sich nach und nach braunroth. Liefert bei der trockenen
Destillation, unter RückJassung von Kohle, ein flüssiges gelbes, bald er-
starrendes Sublimat; mit Braunstein und Schwefelsäure erhitzt Ameisen-
säure. Die Auflösung reagirt sauer, ueutralisirt Barjtvvasser vollkommen,
beim Verdampfen wird die Säure aber verändert. Das durch Fällung der
weingeistigen Lösung der Quercitronsäure mit weingeistiger Bleizucker-
lÖsung erhaltene gelbe Bleisalz hat die Formel C16 H16 09 -h PbO. ( Bolley .)
Gelbholzgelb , Morin. Im Holz von Brousonettia seu Morus tinctoria
enthalten, neuerlichst ebenfalls von Chevreul rein dargestellt, durch Aus-
ziehen des Holzes mit Wasser, Verdampfen des Auszugs, bis er beim
Erkalten Kristalle bildet, Lösen dieser Kristalle in Aether und Verdampfen
zu erhalten. — Gelbe, kurze, zusammengehäufte Nadeln von bitterm (?)
Geschmack, die mit Kalk wasser gebräuntes Curcumapapier wieder gelb
machen, wenig löslich iu Wasser, selbst in kochendem, die concentrirte
Lösung läfst beim Erkalten kristallinische Flocken fallen, leichter löslich
in Alkohol und noch löslicher iu Aether, aus diesen Lösungen kristallisirt
es leicht beim Verdampfen. In verschlossenen Gefäfsen erhitzt schmilzt
es und es destillirt eine gelbe Flüssigkeit, die beim Erkalten zu rothgelben
Nadeln anschiefst, welche schwefelsaures Eisenoxid grün färben, ferner
destillirt Wasser, brenzliches Oel und Gasarten, unter Riicklassung von
sehr wenig Kohle. Kochende Salpetersäure verwandelt es in Kleesäure,
concentrirte Schwefelsäure löst es mit grünlich orangegelber Farbe auf.
An der Luft wird die wässerige Lösung roth , auch Salpetersäure färbt sie
röthlich unter Trübung, concentrirte Schwefelsäure, so wie Alkalien er-
höhen die gelbe Farbe der Lösung ohne Trübung, Alaunlösung färbt sie
grünlichgelb, schwefelsaures Eisenoxid fällt sie grün. — Aufser dem be-
schriebenen Morin erhält man aus Gelbholz auch manchmal blässere Kri-
stalle, weif ses Morin, das etwas abweichende Eigenschaften hat, nament-
lich wird es durch schwefelsaures Eisenoxid nicht grün, sondern granat-
roth gefärbt.
Visetgelby aus dem Visetholz (von Rhus Cotinus L .) zu erhalten. Ist
wahrscheinlich ebenfalls kristallisirbar. Wird aber meistens als ein orange-
gelber, ins Grünliche stechender Firnifs erhalten, von adstriugirendem
Safrangelb.
1089
Geschmack, löst, sich leicht in Wasser, concenfcrirte Schwefelsäure lös!
es mit oraugerother , ins Braune geheuder Farbe. Die wässerige Lösung
färbt sich mit Kalilauge schön purpurn, später in rothgelb übergehend,
ähnlich verhalten sich Barytwasser und Ammoniak; Alaun und Zinnsolution
erhöhen die gelbe Farbe der wässerigen Lösung, essigsau res Bleioxid und
Kupferoxid schlagen rothe Flocken daraus nieder, Eisenoxid färbt sie oli-
vengrün mit braunem Niederschlag. Alaunte Wolle nimmt eine schöne
Orangefarbe mit einem Stich ins Grünliche an.
Safloryelb. Durch Ausziehen des Saflor ü ( Carthamus tinctorius) mit
Wasser zu erhalten. Digerirt man das Extract mit Weingeist, verdampft
den Auszug und wiederholt diese Operation , zuletzt mit Aether- Wreingeist,
so erhält man die Farbe reiner. Eine weiche, dunkel braungelbe Masse
von stechend salzigem und bitterm Geschmack, leicht löslich in Wasser
(der auf angegebene Art gereinigte Farbstoff ist aber nur theilweise in
Wasser löslich), die Lösung reagirt schwach sauer (der in W’asser un-
lösliche schmierige Theil ist in Weingeist und Aether ziemlich leicht lös-
lich, die Lösung reagirt, nicht sauer ; Wasser trübt die geistige Lösung
stark hellgelb flockig); Säuren entfärben die Lösung etwas, Alkalien ver-
dunkeln sie in rothgelb, salzsaures Eisenoxid verdunkelt sie stark (die
geistige Lösung des reinem Farbstoffs nicht), Zinnsolution und Bleizucker-
lösung fällen sie gelb, Kupfervitriol olivengrün. — Diese Farbe ist übri-
gens noch nicht rein, sie enthält fettige und andere Theile. Das reinste
Saflorgelb kennt man noch nicht.
Datiscayelb. In den Blättern und jungen Stengeln von Datisca can -
nabina enthalten. Eiue braungelbe durchscheinende Masse von bitterm
Geschmack, leichtlöslich in Wasser, die gelbe Lösung wird durch Säuren
blässer, durch Alkalien dunkler gefärbt, Alaun färbt sie lebhaft gelb,
Bleizucker fällt sie nicht, aber Quecksilbersalz fällt sie. In Weingeist ist
es schwerlöslich; alauntes Wollenzeug wird davon dauerhaft gelb gefärbt.
Aehnliche Farben enthalten die Narcissen (Narcissus Pseudo-Narcis -
susj , die Galläpfel , der Färbeyinster (Genista tinctoria'), Scharte fS er-
rat/da tinctoria ), die Birkenblätter (von Betula alba ) und andere Pflanzen.
Rhamnusyelb. In den nicht völlig reifen Früchten von Kreutzdorn
( Rhamnus Cathartica') , Färberdorn ( Rhamnus infectoria ) und andern
Rhamnusarten enthalten. — Grünlichgelbe Masse, von sehr bitterm ekel-
haften Geschmack. Leicht löslich in Wasser ; Alkalien färben den Saft
bräunlich, Alaunlösung bewirkt darin einen gelben Niederschlag, Zinn-
solution und Bleizucker fällen den Saft gelb, salzsaures Eisenoxid ver-
dunkelt ihn stark ohne Fällung. — Der Farbstoff soll nach Chevreul im
reinen Zustande in der Wärme flüchtig seyn. — Färbt Zeuge dauerhaft gelb.
Safranyelb , Polychroit. Hauptbestandteil des Safrans ( Crocus sa~
tivus'). Durch Ausziehen des wässerigen Extracts mit Weingeist zu er-
halten. Dunkelbraunrothgelbe, leicht in Wasser und Weingeist lösliche
Masse, fast unlöslich in Aether und Oelen, von schwachem Honiggeruch
und bitterm Safrangeschmack. Die an den Glaswänden verbreitete wäs-
serige Lösung färbt Vitriolöl dunkelblau, dann braun; Salpetersäure grün,
in andere Farben übergehend. — Nach Henry ist diese Substanz noch öl-
und säurehaltig. Das davon durch Aether oder Alkalien befreite Safran-
gelb ist in Masse scharlachrot , geruchlos , wenig bitter , sehr schwer-
löslich in Wasser mit gelber Farbe, leichtlöslich in Weingeist mit roth-
gelber Farbe, auch in Aether, den ätherischen und fetten Oelen löslich.
Alkalien lösen es leicht, die Lösung wird durch Säuren gefällt. Sonst
verhält es sich wie oben angegeben; wird aber sehr schnell durch Licht
zerstört.
Gelber Farbstoff von Lichen parietinus. Wird nach Schräder durch
Ausziehen dieser Pflanze mit kochendem Alkohol erhalten , indem er aus
der Lösung beim Erkalten in langen glänzenden Blättchen kristallisirt ,
welche sich zusammenkueten lassen, in der Wärme leicht schmelzen und
beim Erkalten zu einer schwer pulverisirbaren Masse gestehen. Er ist in
1090
Spiräain.
Wasser unlöslich, löslich ia Alkohol, Aether und Kalilauge. Nach LI er-
be ry er ist er theilweise unverändert subümirbar, wird von conceutrirter
Schwefelsäure mit carmiürother Farbe gelöst, die sich bald in blutroth
verändert. Die alkalische Lösung ist -anfangs ebenfalls carminroth, wird
aber bald violett; Säuren scheiden den Farbstoff in gelben Flocken daraus
ab. Kohlensäure Alkalien uud Ammoniak lösen ihn mit gelber Farbe. Zäun-
oxidul und Bleioxid geben damit gelbe Niederschläge. Wird der gelbe
Farbstoff lauge mit Wasser gekocht, so löst sich ein Theil darin, der beim
Erkalten roth und kristallinisch niederfällt, in kaltem Wasser unlöslich ist,
dagegen leicht vou Alkohol, Aether, fetten und fluchtigen Oelen gelöst
wird. Schwefelsäure, kaustische und kohlensaure Alkalien lösen ihn mit
rother Farbe, und Zinuoxidul und Bleioxid geben röthliche Verbindungen
damit. Die Flechte enthält 31/, pCt. Farbstoff, welcher % rothen enthält.
Spiräain. Gelber Farbstoff, aus den Blumen von Spiraea ulmaria
durch Ausziehen mit Aether zu erhalten. Aus der ätherischen Lösung wird
es durch Wasser gefällt, dann in Alkohol gelöst, aus dem sich beim Er-
kalten beigomengtes Fett abscheidet. Durch Verdunsten erhält mau das
Spiräain. Um es vollkommen rein darzusteüen, rrntfs die Lösung in Wein-
geist mehrmals wiederholt werden. Es stellt so ein gelbes kristallinisches
Pulver dar, welches in Wasser unlöslich, leichtlöslich aber in Aether und
Alkohol ist. Im concentrirten Zustande sind diese Lösungen dunkelgrün,
im verdünnten gelb und rötben schwach Lackmus. Kaustische Alkalien
lösen es mit gelber Farbe, beim Erwärmen mit einer Lösung von kohlen-
saurem Kali treibt es die Kohlensäure aus; durch Neutralisation mit siar-
ken Säuren wird es wieder unverändert gefällt. Die alkalischen Lösungen
bräunen und zersetzen sich an der Luft. Durch Bärytwasser , schwefel-
saure Thonerde und Brechweinstein wird die Weingeistige Lösung des Spi-
räain’s gelb gefällt, durch Bleizucker entsteht ein carminrother Niederschlag,
der beim Trocknen schwarz ward. Eisenoxidulsalze fällen es dunkelgrün,
Eisenoxid salze schwarz , Zinkoxidsalze mit wenig Ammoniak versetzt ge-
ben einen gelben Niederschlag , der in mehr Ammoniak löslich ist. Die
Verbindung mit Kupferoxid ist grasgrün. Salpetersaures Silber fällt die
weingeistige Lösung nur bei Zusatz von Ammoniak, worin der entstehende
schwarze Niederschlag unlöslich ist. Salpetersaures Quecksilberoxidul
giebt zuerst einen gelbbraunen , bald dunkelbraun werdenden Nieder-
schlag. ►Sublimat, Chlorgold uud Chlorplatia fälleu die Lösung nicht. —
Idöiviy uud Weidmann fauden das Spiraeaiu bestehend aus 59,94 Kohlen-
stoff, 5,14 Wasserstoff und 34,92 Sauerstoff, wornach sie die Formel
C1S H16 Oj berechnen, was aber einen bedeutend geringeren Kohienstoff-
gehait voraussetzt, als durch die Versuche gefunden wurde. Die durch
Fällung einer alkoholischen Lösung des Spiraeain’s vermittelst in Wein-
geist gelöstem Bleizucker erhaltene Bleiverbindung ist nach der Formel
Cu Hi6 07 -f- 2PbO zusammengesetzt. — ln höherer Temperatur wird das
Spiraeain zersetzt. Von conceutrirter Salpetersäure wird es in der Wärme
mit rofcher Farbe gelöst und erst durch längeres Kochen verändert, ohne
jedoch Kleesäure zu bilden. Mit Braunstein oder chromsaurem Kali und
Schwefelsäure destillirt entsteht Ameisensäure und Kohlensäure. Schwe-
felsäure löst es ohne Zersetzung und es kann durch Wasser wieder un-
verändert daraus geschieden werden. Salzsäure wirkt nicht darauf. Brom
zersetzt es unter Bildung von viel Bromwasserstoffsäure und einer rothen
eigen! hiimlichen, aus mehreren Verbindungen bestehenden Masse. ( L'öwitj
und Weidmann .)
Chelidoxanthin. Gelber, in der Wurzel, Kraut und Bliithe von Che -
lidonium majus enthaltener Bitterstoff. — Bildet undeutliche Nadeln , meist
eine gelbe, bröckliche, in kaltem Wasser schwer, leichter in heifsem
lösliche Masse ; unlöslich in Aether, leicht löslich in wasserhaltigem Al-
kohol. Die Lösungen sind intensiv gelb, schmecken aufserordentlich bitter
und werden durch Säuren und Alkalien nicht verändert. Die wässerige
Auflösung wird durch Gallustinctur gefällt. ( Probst .) — S. Annal. der
Pharm. 8d. XXIX. S. 138,
J o h a » n i g k r a » t r o t b.
um
Blattgelb , XanthophylL Blau erhält es aus den im Herbste gelbge-
wordenen Blättern durch Ausziehen mit Alkohol , den man alsdann bis auf
% abdestillirt. Aus dem Rückstand setzt sich eine körnige Substanz ab,
von der man noch mehr bei der vollkommnen Abdestillation des Alkohols
erhält. Es ist das Blattgelb gemischt mit einem flüssigen und einem festen
Fett, die man zum Theil durch Verseifen und Behandeln mit kaltem Al-
kohol, jedoch nicht vollständig, von dem Blattgelb trennen kann. Es ent-
steht wahrscheinlich aus dem Chlorophyll, dieses kann aber auf keine
Weise daraus wieder dargesteilt werden.
2) Hotfier Farbstoff.
Brachenblut ( Sanguis Bracofiis) , im reinsten Zustande Draconin ge-
nannt. Aus Calamus petraeus Lour und anderen Calamus- Arten , ferner
Dracaena Braco und Pterocarpus Braco zu erhalten. — In Masse roth-
braun , mattglänzend, spröde, leicht pulverisirbar, ein hochrothes Pulver
gebend; leicht schmelzbar in gelinder Wärme. Es kommen mehrere Horten
im Handel vor. Geschmack- und geruchlos, beim Erhitzen verbreitet es
aber schwachen Benzoegeruch; von 1,196 spec. Gewicht; in Wasser un-
löslich. Löst sich leicht in Weingeist, Aether und Oelen; auch Alkalien
lösen es auf mit violetter Farbe; Essigsäure löst es ebenfalls, Vitriolöl
verkohlt es. Soll etwns Benzoesäure enthalten. — Wird zu Zahnpulver
n. s. w. verwendet. Dient in der Färberei und Malerei, zu Firnissen etc.
Sandelrotk ( Santalin ). Aus rotkem Sandelholz (von Pterocarpus
santalin us ) mit Weingeist zu erhalten. Dunkelrotlies', in Masse zum Theil
glänzend grün erscheinendes, dem vorhergehenden ähnliches Färb harz ,
geschmacklos, bei 80° R. schmelzbar; unlöslich in Wasser, leichtlöslich
in Alkalien; starke Mineralsä uren fällen die Lösung. Auch in Essigsäure,
so wie in Weingeist und Aether leichtlöslich; die geistige Lösung wird
durch Zinnsolution purpurfarben , durch Bleizucker violett gefällt; die
ätherische Lösung ist gelb , .färbt sich aber beim Verdampfen an der Luft
(nicht bei Luftausschlufs) schön purpurrOtb. Von ätherischen Oelen lösen
es besonders die sauerstoffreichen , die sauerstofffreien sind ohne Wirkung
darauf, ähnlich verhaften sich die fetten Oele; Voget. — Nach Pelletier
besteht es aus 75,03 Kohlenstoff, 6,37 Wasserstoff und 18,6 Sauerstoff.
Rother Farbstoff der falschen Alkanna , Anchusasäure ; Pelletier (von
Anchusa tinctoria L.). Durch Ausziehen mit Aether oder durch Ausziehen
der mit Wasser vorher erschöpften Wurzel mit kohiensauren Alkalien und
Fällen der alkalischen .Auflösung mit einer Säure zu erhalten. Dunkel
braunrothe , feste, leicht schmelzbare Masse; geschmack- und geruchlos.
Bei vorsichtigem Erhitzen mit violetten, .den loddämpfen ähnlichen, ste-
chend riechenden Dämpfen zum Theil flüchtig. Unlöslich in Wasser. In
Alkalien mit blauer Farbe löslich. Reagens auf Alkalien. Die alkalischen
Lösungen, selbst die Verbindung mit Magnesia, sind in Weingeist und
Aether löslich, Säuren stellen die rothe Farbe der alkalischen Verbin-
dungen wieder her. Leichtlöslich in Weingeist (die mit Wasser vermischte
Lösung färbt sich an der Luft blau). Sinnsolution fällt die Lösung car-
moisiuroth , Bleizucker blau, Eisenvitriol violett. Auch sehr leichtlöslich
in Aether , ätherischen und fetten Oelen. — Enthält nach Pelletier in
100 Th. 71,178 Kohlenstoff, 6,826 Wasserstoff und 21.996 Sauerstoff. —
Ueber den Farbstoff der orientalischen Alkanna, Al hemm (von Laipsonia
inermis ), s. Journal de pharnmeie, Aoüt 1824, p. 405, und Magaz. für
Pharmac. Bd. 8. S. 180.
Johanniskrautroth, Hypericumroth. Aus den Blüthen, wohl auch den
Früchten von Hypericum perforatum mit Weingeist zu erhalten. Eine
dunkelrothe , harzglänzende, in dünnen Lagen durchscheinende glänzende
weiche, klebende, leicht schmelzbare, weichharzähulickö Substanz, die
einen starken kamillenähnlichen Geruch (von ätherischem Oel herrührend?)
verbreitet und etwas scharf, gelinde aromatisch , schmeckt; unlöslich in
Wasser und verdünnten Säuren, leichtlöslich in Alkohol, Aether und äthe-
1098
/
Saflor roth.
rischen Öelen , unlöslich in fetten Oelen bei gewöhnlicher Temperatur, aber
löslich beim Erhitzen mit denselben, ferner löslich in reinen Alkalien mit
grüner Farbe, in der concentrirten Lösung erscheint aber die Farbe bei
zuriickfallendem Lichte roth. Mit erdigen Alkalien und schweren Metall-
.oxiden bildet es meistens gelbe Niederschläge , verhält sich also auch gegen
Basen gleichsam als Säure. Soll, innerlich genommen, in einer Dosis von
2 — 10 Gran starken Hunger erregen (?!); Büchner. Dieses Koth ist in
dem offieinellen 01. Hyperici enthalten.
Saflorruth, Carthamin, Carthaminsäure ; Düber einer. Aus Saflor ;
(von Carthamus tinctorius ) zu erhalten. Man zieht die Blumen mit kal-
tem Wasser aus , dem wenig Essig zugesetzt wird , so lange sich dieses
durch Saflorgclb (S. 1080) gelb färbt, zieht sie dann mit verdnnutem wäs-
serigen kohlensaureu Natron aus, legt in die Lösung Baumwolleuzeug ,
schlägt mit Citronensaft nieder, zieht das gefärbte Zeug durch kaltes Was-
ser, löst den Farbstoff wieder mit kohlensaurer Natroolösung auf, und
schlägt ihn mit Citronensaft nieder. Durch Abgiefsen, Filtriren und Trock-
nen erhält man das reine Carthamin. (Nach Rerzelius ist das Binden an
Zeug unnöthig, und man erhält aus der alkalischen Lösung durch Nieder- }
schlagen mit reiner Citronensäure sogleich sehr schönes Carthamin ) —
Eine feste pulverige Substanz, in Masse auf der Oberfläche schön grün,
metalJglänzeud schimmernd; in dünnen Lagen ausgebreitet schön purpur-
rotii ; röthet feachtes Lackmus. Unlöslich in Wasser und Säuren, leicht-
löslich in Alkalien; damit eine farblose oder gelbe Auflösung bildend,
welche nach Uöbereiner zum Theil kristallisirbar ist. Durch Säuren mit
rosenrother Farbe fällbar. Verhält sich also wie eine Säure. Seidenzeug
u. s. w. färbt es schön rosenroth; diese Farbe wird im Sonnenlichte leicht
gebleicht. In Weingeist etwas schwerlöslich ; noch schwerer löslich in ,
Aether. — Dient zum Bosenrothfärbeu; auch als feine Malerfarbe, Schminke I
u. s. w, {Rouge vegetale ).
Chica. So nennt mau zinnoberrothe Kuchen, einer harzigen Farbe,
die aus den durch Trocknen rothgewordenen Blättern der Bignonia Chica
Humb. in Südamerika erhalten wird. Dient zum Färben der Zeuge. Die
Indianer färben sich damit die Haut. (Vergl. Mag. f. Pharm. Bd. 11. S. 40.)
Krapproth. Der Färbestoff der Krappwurzel ( Rnbia tinctorum , Fär-
berröthe) ist der Gegenstand der Untersuchung mehrerer Chemiker gewe-
sen; sie enthält mehrere Farbstoffe, die nur äufserst schwierig vou
einander zu trennen sind, weshalb die meisten nur Gemenge untersuchten.
Kuhlmann , Robiquet uud Colin, Gaultier de Glaubry und Person, zuletzt
Runge, haben sich damit beschäftigt. Die beste Sorte Färberröthe wird in
Kleinasien gezogen, uud die levantische , dort unter dem Nameu Lizzari
oder Alizzari bekannt, ist daher die geschätzteste. Doch auch im südli-
chen Europa wird sie häufig kultivirt. Man trennt von der Wurzel die
kleinen Fasern und die aufs erste Haut, was Mullkrapp oder Krappkleie
genannt wird, eben so wie die Marksubstanz , die man Korkkrapp nennt.
Das zerstofsene Holz der Wurzel kommt unter dein Namen achter Krapp
in den Handel. Die frische Wurzel ist gelb, beim Aufbewahren wird sie
roth , durch das Alter braunrot!» und enthält dann keinen rothen Farbstoff
mehr. Runge hat daraus fünf Farbstoffe , drei in Wasser unlösliche , rothe,
einen in Wasser löslichen, gelben uud einen unlöslichen, braunen geschie-
den. Er nennt die drei rothen Farbstoffe: Krapp-Purpur, Krapp-Roth
und Krapp-Orange und beschreibt ihre Darstellung folgendermafsen :
1) Krapppurpur. Die Wurzel wird mit kaltem Wasser ausgelaugt,
dann mit concentrirter Alauulösung ausgekocht. Beim Erkalten der sie-
dendheifs filtrirten Lösung scheidet sich eine rothbraune Substanz ab , die
man von der klaren rothen Flüssigkeit trennt. Diese wird mit Schwefel-
säure versetzt. Nach einigen Tagen hat sich hierdurch ein rother Nieder-
schlag vollständig geschieden, der von 10 Pfund Wurzeln nur ein Loth
beträgt. Man wascht ihn mit Wasser ab, zieht durch Salzsäure die Thon-
erde aus und löst ihn alsdann in Alkohol, woraus er sich als kristallini-
sches Pulver mit pomeranzenrother Farbe absetzt. Beim Erhitzen schmilzt
Krapproth, -braun.
1093
der Krapppurpur, verflüchtigt sich zum Theil unzersetzt, ohne dafs das
Sublimat irgend kristallinisch erscheint. Er ist in kaltem Wasser wenig,
mehr in kochendem löslich. Die alkoholische Lösung wird durch Wasser
getrübt. Verdünnte Säuren lösen ihn in der Wärme mit gelber Farbe,
beim Erkalten scheidet er sich in orangegelben Flocken aus. Von Alkalien
wird er mit hochrother Farbe gelöst. Er hat eine so grolse Verwandtschaft
zum Kalk, dafs wenn seine Lösung mit Kreide gekocht wird, aller Farb-
stoff sich damit verbindet.
2) Krappruth. Es macht den Hauptbestandteil der sich aus der heifsen
Alaunabkochung absetzenden Masse aus. Von dem eingemengten Krapp-
purpur scheidet man es durch Auskochen mit Salzsäure, Lösen in Alkohol,
Fällung aus dieser Lösung mit starker Alaunsolution , so oft diese noch
rotligefärbt bleibt, und Umkristallisiren in Aether, aus dem es als ein kri-
stallinisches, braungelbes Pulver erhalten wird. Es schmalzt in der Wärme
zu einer orangefarbenen Flüssigkeit und sublimirt in glänzend orangefar-
benen Nadeln mit Hinterlassung von Kohle, die sich alsdann unzersetzt
verflüchtigen lassen. Es ist in kochendem Wasser löslich und fällt beim
Erkalten daraus in Flocken nieder. In Alkohol und Aether ist es mit
rothgelher Farbe löslich. Von Säuren wird es gelb. Ammoniak löst es
mit Purpurfarbe , Kali mit veilchenblauer, ebenso Kalkwasser. Das Krapp-
roth ist der eigentliche Farbsioff des sogenannten Türkischroih.
3) Krappurartye. Man wäscht die Wurzel mit Wasser gut ab, dige-
rirt sie mit lauwarmem Wasser und seiht die Flüssigkeit durch Mousselin.
Nach mehrstündiger Ruhe setzt sich der Farbstoff in schillernden Kristall-
blättchen ab, die man in kochendem Alkohol löst, aus dem sie beim Er-
kalten niederfallen. Man wascht sie alsdann mit kaltem Spiritus ab, bis
eine Probe sich in Schwefelsäure mit rein gelber Farbe löst. Das Krapp-
orange ist ein gelbes Pulver, welches zu einer braunen Flüssigkeit schmilzt
und gelbe Dämpfe bildet, die sich zu einer gelbbraunen Masse verdichten.
Selbst von kochendem Wasser wird es nur wenig gelöst, ebenso von kal-
tem Alkohol, leichter von heifsem Alkohol und von Aether. Ammoniak
löst es mit rothbrauner, Kali mit rosenrother Farbe.
Diese drei Farbstoffe zusammen oder theil weise getrennt, geben die
verschiedenen Nuancen für die mit Krapp gefärbten Zeuge. Der von Per-
soz und Gaultier de Glaubry dargestellte Farbstoff enthielt alle drei ge-
mengt. Robiqaet’s Alizarin ist vorzüglich Krapproth, doch nicht frei von
den beiden andern , da sie alle sublimirbar sind. Diese Farbstoffe sind
leichtlöslich in Eiweifs, beim Coaguliren dieses durch Hitze bleiben sie
damit verbunden. Chlorcalciumsolution fällt das gefärbte Eiweifs. Wird
seine Lösung mit phosphorsaurem Ammoniak und hierauf mit Chlorcalcium
versetzt, so wird der ganze Farbstoffgehalt, verbunden mit pliosphorsau-
rem Kalk und wenig Eiweifs , gefällt. Durch Urin wird der Farbstoff der
FärberrÖthe leicht gelöst. Milch färbt sich damit gelb, und rothgefärbter
coagulirter Käse setzt sich ab. Auf der leichten Löslichkeit der Krapp-
farben in eiweifshaltigen Flüssigkeiten und anf ihrer noch größeren Ver-
wandtschaft zum pliosphorsäuren Kalke beruht es , dafs die Knochen von
Thieren, die längere Zeit mit Krapp gefüttert werden, sich alltnählig roth
färben. Wenn das Thier wieder andere Nahrung erhält, so verschwindet
die Farbe mit der Zeit wieder.
Krappyelb C Xanthin ) wird erhalten, wenn man die Wurzel kalt mit
Wasser auszieht, die Lösung mit Kaikwasser fällt, den Niederschlag mit
Essigsäure behandelt, wodurch Krappgelb und essigsaurer Kalk gelöst wird.
Man verdampft zur Trockne, zieht den Rückstand mit Alkohol aus. Diese
Lösung wird mit Bleizucker gefällt, der einen scharlachrothen Niederschlag
bildet, den man durch Schwefelwasserstoff zersetzt; man erhält eine schön
gelbe Lösung von Krappgelb.
Das Krappbraun ist eine in Wasser und Alkohol unlösliche, durch
Alkali ausziehbare Substanz. Aus dieser Lösung wird sie durch Ueber-
sättigung mit einer Säure gefällt. Zum Färben ist diese Substanz nicht
anwendbar (Runge').
10D4
K r a p p f a r b s t o f f e.
Es ist erwähnt worden , dafs die frische Krappwurzel gelb und nicht
roth ist, und dafs sich die reiche rothe Farbe in ihr erst unter gewissen
Umständen bildet, durch eine Art von Gährung, oder vielleicht richtiger
Verwesung, Oxidation, denn der Luftzutritt hat einen entschiedenen Ein-
flufs darauf. Dieser Vorgang ist so gut wie nicht ermittelt und es ist hier-
nach nicht unwahrscheinlich, dafs alle die verschiedenen Farbstoffe im
Krapp, der gelbe sowohl wie der rothe, Modificationen eines und dessel-
ben Körpers sind.
So erhält man z. B. aus allen Farbstoffen des Krapps, nach irgend
einer Methode dargestellt, wenn sie trocken mit Vorsicht erhitzt werden,
gelbe oder gelbrothe lange Nadeln, welche auf Zeugen sich mit allen
Farb-Nüancen in Roth befestigen lassen, und diese gefärbten Stoffe sind
eben so dauerhaft am Licht, wie die mit dem Krapp erhaltenen 0 Robiquet).
Robiquet und Colin , welche diese Art von Sublimation des Krappfarbstoffes
zuerst beobachteten, gaben ihm den Namen Alizarin, und führen zu sei-
ner Darstellung folgende Methode au.
Gepulverter Krapp wird mit 3 bis 4 Theilen Wasser kalt 10 Minuten
macerirt, ausgeprefst und kolirt, die KoJatur wird bald gallertartig; man
läfst sie auf einein Filter abtröpfeln und behandelt sie, halbtrocken,
kochend mit absolutem Alkohol, bis sich dieser nicht mehr färbt; der
Weingeist wird bis auf % abdestillirt, der Rückstand mit etwas Schwe-
felsäure versetzt, mit Wasser verdünnt, wo sieh gelbe Flocken abson-
dern, w'elche wohl mit Wasser gewaschen, getrocknet und vorsichtig in
einem Sublimirapparat erhitzt werden , wo das Ali zarin aufsteigt. Zennek
macerirt Krapppulver mit kaltem Wasser, bringt den vom Auszug befrei-
ten Rückstand mit etwas Wasser uud Hefe in Gährung, behandelt den von
der Flüssigkeit durch Auspressen befreiten Rückstand mit Alkohol, destil-
lirt den Auszug auf y4 ab, versetzt den Rückstand mit verdünnter Schwe-
felsäure und sublimirt den erhalteuen flockigen rothbrauneu Niederschlag
in mäfsiger Wärme. Oder er zieht Krapppulver unmittelbar, oder nach-
dem es mit kaltem Wasser und verdünnter Schwefelsäure behandelt wurde,
mit Aether aus und sublimirt den durch Destillation vom Aether befreiten
Rückstand des Auszugs tPoggendorffs Anualen Bd. 13. S. 375). — Das so
erhaltene Alizarin bildet durchsichtige, rothgclbe, stark glänzende, oft
mehrere Linien lange, nadelförmige Kristalle; ist geschmaek- und geruch-
los (.nach Zennek schmeckt es bitterlich sauer) und läfst sich sublimiren;
in kaltem Wasser wenig, in heifsem mehr löslich, die Lösung ist rosen-
roth; in Alkohol uud Aether nach Colin und Robiquet leicht-, nach Zennek
schwerlöslich; die weingeistige Lösung ist rosenroth, die ätherische gold-
gelb, die Lösungen reagiren nach Zennek sauer; in Alkalien auch leicht
auflöslich, die Auflösungen sind violett oder blau, und werden beim Ver-
dünnen roth; diese Auflösungen werden durch Säuren gefällt, durch
schweflige Säure rostgelb, diese Niederschläge losen, sich in überschüssi-
gem Ammoniak wieder mit dunkelrother Farbe; Alaun schlägt, in Verbin-
dung mit etwas Kali, aus der wässerigen Lösung einen rosenfarbenen Lack
nieder. Nach Köchlin ist das Robiquet- Colin’ sehe Alizarin ein durch
Krapproth gefärbtes Harz, welches iin reinen Zustande gelblichweifse Na-
deln beim Sublimiren bildet, die sich nicht färben nut Alkalien u. s. w.
(Magaz. für Pharmac. Bd. 21. S. 51); hiergegen sprechen aber die spätem
Versuche von Zennek (s. o.) und L . Gmelin , welcher aus reinem Krapp-
lack (s. u.) viel Alizarin erhielt (< dessen Handbuch der Chemie, 3te Aull.,
Bd. 2. S. 660).
Robiquet und Colin fanden, dafs wenn man gepulverte Krappwurzel
mit soviel »concentrirter Schwefelsäure befeuchtet , dafs ein dicker Brei
entsteht und diese Mischung sich selbst überläfst, dafs die holzigen und
andere in Wasser löslichen Theile, namentlich der gelbe Farbstoff zerstört
und verkohlt werden, während der rothe keine Veränderung erleidet. Mit
Wasser w ohl ausgewaschen bleibt mithin der reine Farbstoff in Verbindung
mit der durch Schwefelsäure entstandenen Kohle, und es wird sogar (nach
Robiquet und Colin ) durch dieses Verfahren eine gröfsere Menge Farbstoff
Blau bolzrot h.
1095
ausziehbar gemacht, die sich sonst von der Holzfaser nicht trennen Jäfst.
Zum Beweis der Präexistenz des Alizarins in der Wurzel führt Robiquet
an, dafs wenn man auf ein Blatt Papier, was auf einer erwärmten Platte
liegt, feingepulverten durch Schwefelsäure verkohlten Krapp streut, 2 bis
3 Linien dick, und fortfährt zu erhitzen, so sieht man aus dem Pulver,
ohne dafs sich das Papier schwärzt, seidenartige Nadeln von Alizarin
emporsteigen, von prächtig rother Farbe. Die auf d^m angegebenen Wege
dargestellten Kristalle von Alizarin sind mehrentheils begleitet von einer
fetten Substanz, welche seine Löslichkeit in Wasser und Beizmitteln wie
Alaunlösung hindert; durch vorheriges Befeuchten mit Alkohol wird diese
Eigenschaft beseitigt.
Es scheint demnach, als ob das Alizarin zu dem eigentlichen rothen
Farbstoff im Krapp in der ncmlichen Beziehung stehe, wie subiimirter In-
digo zu gewöhnlichem reinem Indigo; beide sind dem Verhalten nach
identisch.
Döbereiner beobachtete, dafs gewöhnlicher Krapp mit warmem Was-
ser iibergossen in Gährung geräth, ohne dafs dadurch der rothe Farbstoff
eine Veränderung erleidet.
Krapplack. Mit diesem Namen bezeichnet man eine Verbindung des
Krappfarbstoffs mit Thonerde, welche, der Schönheit und Dauerhaftigkeit
ihrer Farbe wegen, in der Malerei, sehr geschätzt wird. Nach Robiquet
und Colin erhält man einen schönen Krapplack, wenn 2 Th. Krapp mit
8 Th. Wasser 10 Minuten macerirt, sodann stark ausgeprefst und dieses
Verfahren noch zweimal wiederholt wird; der Rückstand wird nun im
Wasserbade mit einer Auflösung von t Th. Alaun in 12 Th. Wasser zwrei
bis drei Stunden erwärmt und die davon abfiltrirte Flüssigkeit nach und
nach mit reinem kuhlensaurem Natron versetzt. Der erst erhaltene Nie-
derschlag ist der schönste; die Niederscliläge werden gewaschen und ge-
trocknet.
Einen sehr schönen Krapplack erhält man ferner, wenn der Krapp mit
Wasser so lange gewaschen wird , bis sich dieses nicht mehr gelb färbt,
sodann mit Alaunwasser in der Wärme ausgezogen und der Auszug mit
einer Auflösung von Borax gefällt wird.
Blauliolzrotli , Hämatin , Hämatoxylin. Von Chevreul entdeckt. In
dem Blauholz, Campeschenholz (von Haematoxylon campechianum ) ent-
halten. Der wässerige, zur Trockne verdampfte Auszug des Campeschen-
holzes wird mit heifsem Alkohol von 0,84 spec. Gewicht ausgezogen, der
filtrirte Auszug mit wenig Wasser versetzt, und verdunstet, wo das Hä-
matin kristallisirt, welches man mit kaltem Weingeist wäscht. — Kristal-
lisirt in feinen glänzenden, geibrothen Schuppen (nach Teschemacher in
rectangulären Säulen mit gerade abgestumpften Seitenkanteu und 3 Flächen
zugeschärft) von bitterm und herbem Geschmack, ist luftbeständig. In
reinem Zustande wenig löslich in Wasser; eine geringe Menge färbt aber
Wasser schon roth, die wässerige Lösung kristallisirt schwierig beim Ver-
dunsten (in Verbindung mit braunfärbender Materie ist es leichter löslich
in Wasser). Ziemlich löslich in Weingeist und Ae! her. Die wässerig©
Lösung wird durch wenig Schwefel-, Salz- und Salpetersäure etwas heller.
Die mit Schwefelsäure oder Salzsäure gemischte rothe Flüssigkeit verliert
beim Coutact mit metallischem Zink ihre Farbe, und wird nach Entfernung
des Zinks ao der Luft wieder roth. Kuhlmann bemerkte in der entfärbten
Flüssigkeit die Bildung von weifsen Kristallen. Mehrere Säuren erhöhen
die Farbe. Reine Alkalien färben sie aufangs purpurn, dann violett, erdige
Alkalien fällen sie blau, Alaun fällt und färbt sie violett; viele Metall-
salze, Zinnsolution , Bleisolution u. a. bilden damit blaue Niederschläge;
Thierleiin fällt sie in rothen Flocken.
Fernambukroth , Brasilin. Aus Fernambuk und rothem Brasilienholz
(von Caesalpinia Crista [?}, brasiliensis u. s. w.) zu erhalten. Im un-
reinen Zustande feste, dunkelrüthgelbe Masse , leicht in Wasser und Wein-
geist löslich. Die wässerige Lösung ist röthlichgelb, wird an der Luft
roth, durch wenig Schwefel-, Salz- und Salpetersäure wird sie blässer,
1096 Bother Farbstoff von Beeren, Blättern u. s. w.
durch mehr Säure roth , unter Absatz von Flocken ; Hydrothionsäure und
schweflige Säure entfärben sie. Starke Säuren stellen die rotlie Farbe
wieder her. Alkalien färben die Lösung violett (Reagens auf Alkalien).
Bleiessig fällt sie dunkelroth. Mehrere Säuren , Phosphor-, Schwefel-,
Salz-, Salpeter-, Citronensäure u. s. w. färben das Fernambukpapier an-
fangs roth, dann gelb, oder gleich gelb. Schweflige Säure bleicht es. —
Das reine Brasilin kristallisirt nach Chevrenl in kleinen orangefarbenen
Nadeln, die in der Hitze, wie es scheint, zum Tlieil fluchtig sind , gröfsten-
theils aber zerstört werden und ein saures ammoniakhaltendes Destillat
liefern. Salpetersäure verwandelt es zum Theil in Kohlenstickstoffsäure (?).
In Wasser, Weingeist und Aether ist es löslich. Die rothgelbe wässerige
Lösung wird durch starke Säuren wie angeführt verändert, Hydrothson-
säure eutfärbt sie, Alkalien färben sie purpurviolett, ähnlich wirken Blei-
oxid und Zinnoxid, welche eben so gefärbte Niederschläge bilden. Alaun-
erde bildet einen rothen Lack.
Die rothe Farbe der Blumen von Rosen , Gichtrosen (Paeonia off.'),
Klapperrosen ( Papaver Rhoeas), Halsrosen (Atthaea rosea), Nelken
(Dianthus Caryophyllus) , Cactus , Gladiolus und vieler andern, welche
man am einfachsten durch Behandeln der Blumen (die, wenn sie fettige,
harzige oder wachsartige Theile enthalten, zweckmäfsig vorher mit Aether
erschöpft werden) mit Weingeist erhält, ist eine dunkelrothe Masse oder
ein hochrothes Pulver , leicht löslich in Wasser und wässerigem Weingeist,
unlöslich in Aether und Oelen. Säuren erhöhen in der Regel die Farbe
der Lösungen, Alkalien ändern sie zum Theil erst in Blau, ein Ueberschufs
in Grün und endlich Gelb um, Bleiessig fällt sie meistens grün, auch gelb,
Bleizucker eben so oder mehr blau , auch violett. Licht bleicht die rothe
Farbe mehr oder minder schnell, eben so wässeriges Chlor.
Rother Farbstoff der Blätter im Herbst , Erythrophyll. Die Blätter
mancher Bäume und Sträucher werden im Herbste roth, alle diese tragen
auch Früchte, in deneu derselbe Farbstoff enthalten ist. Man zieht ihn
durch Alkohol aus, destillirt diesen ab, wobei sich Harz und Fett scheidet
und durch Filtration getrennt wird. Die klare Flüssigkeit läfst sich mit
Wasser ohne Trübung mischen. Essigsaures Bleioxid fällt daraus einen
grasgrünen Niederschlag. Man setzt so lange Bleizucker zu, als der Nie-
derschlag sich schnell in graubraun verändert, er besteht dann zum gröfsten
Theil nur aus einer Verbindung der Pflanzensäuren in den Blättern mit
Bleioxid. Man filtrirt; die von nun an erzeugte Fällung durch Bleioxid
ist schön grasgrün und behält diese Farbe bei. Man zersetzt ihn durch
Schwefelwasserstoff und verdampft die Flüssigkeit im luftleeren Raume
zur Trockne. Er ist rothbraun , wenig löslich in Wasser , dagegen leicht
löslich in alkalischen Flüssigkeiten. Die neutralen grünen Verbindungen
mit Alkalien oxidiren sich an der Luft, nicht aber der grüne Niederschlag
mit Bleioxid. — Ganz ähnlich verhält sich der aus rothgefärbten Beeren
dargestellte Farbstoff CBerzelius ).
3) Blauer Farbstoff
Von diesem kennt man auch nur sogenannten extractiven oder blauen
farbigen Extractivstoff — Derselbe ist in mehreren Blättern, Blumen und
Früchten enthalten. — Wird den vorhergehenden ähnlich erhalten. — Dahin
gehören das Blau der Violen (von Viola odorata etc.), der Iris (von Iris
germanica') , Ageley (von Aquilegia vulgaris ), Malven (von Malva syl-
vestris), das Violettblau der Heidelbeeren (von Vaccinium Myrtillus) ,
Hollunderbeeren {Sambucus nigra), der blauen Trauben {Vitus vinif er a),
des Blaukohls {Brassica oleracea rubra) , die Rinde der blauroihen Ret -
tige {Raphanus sativus) u. v. a. Mancher könnte zum Theil ebensowohl
zum rothen, so wie mancher rothe Farbstoff (wohl nicht aller!) zum
blauen gezählt werden, der durch Säuren geröthet wurde. Sämmtliche
Farben sind ebenfalls leicht in Wasser und Weingeist löslich; werden auch
leicht durch Licht u. s. w. zerstört. Durch Säuren werden sie gerötketj
Blattgrün.
100?
Alkalien ändern die blaue Farbe in grün , später gelb. Sind deshalb em-
pfindliche Reagentien auf letztere (Bereitung des Liliengrtius). Sie verhalten
sich übrigens; den vorhergehenden ähnlich.
Die blaue Farbe von Crozophora tinctoria Jass. ( Croton tincto-
rium L.~) bildet sich erst (aus der grünen?) unter Luftzutritt und Mit-
wirkung von Ammoniak, ähnlich dem Lackmusroth. — Dient zur Dar-
stellung der blauen Schminkläppchen fBezetta coerulea blauen Tour -
nesol. Man bereitet diese , indem Leinwandläppchen in den Saft von der
zerquetschten und ausgeprefsten Pflanze getaucht, getrocknet, dann den
Dämpfen eines Gemisches von Kalk und Urin ausgesetzt werden, bis die
anfangs grüne Farbe in Blau umgewandelt ist. — Dunkelblaue Lappen, die
durch Säuren geröthet werden. — Können als Reagens wie Lackmus be-
nutzt werden; dient auch zur Bereitung des blauen Zuckerpapiers.
Einen ähnlichen Farbstoff scheinen Mercurialis annua und M. peren -
nis zu haben. Diese Pflanzen werden durch Liefen an der Luft blau.
Das Violettblau der überreifen Kreuzbeeren (von Rhamnus cathar-
tica) unterscheidet sich von den eben angeführten blauen Farben, dafs es
sowohl durch Alkalien als Alaun grün gefärbt wird. (Dafs indessen auch
andere blaue Pflanzenfarben durch Alaun grün gefärbt werden s. Magaz.
für Pharmac. Bd. 11. S. 173.) Es zeichnet sich auch durch seinen ekelhaft
bittern Geschmack und die purgirende Wirkung aus. — Der diesen Farb-
stoff enthaltende Saft der Kreuzbeeren wird in Apotheken als Kreuzbeer-
saft (Syrupus domesticus ) angewendet, und das Saftgrün (Succus viri-
dis) daraus bereitet. Dieses erhält man, indem der frisch geprefste Saft
der Kreuzbeeren zur Syrupdicke verdampft und auf jedes Pfund rohen
Saft % Drachme Alaun oder Pottasche zugesetzt wird, dann verdunstet
man ihn in gelinder Wärme zur Trockne. Wird als Malerfarbe benutzt.
4) Grüner Farbstoff.
Der grüne Farbstoff ist am verbreitetsten im Pflanzenreich. Alle Blätter
und jungen Stengel, auch unreifen Früchte der phanerogamen Pflanzen sind
in der Regel grün, selbst die Blätter und Stengel der meisten Laubmoose;
nur die Gebilde der niedern Pflanzengeschlechter, Algen, Flechten und
Schwämme, ermangeln meistens der grünen Farbe. Dieser grüne Farb-
stoff ist das :
Blattgrün , Chlorophyll , Phyto chlor ainon. Es ist der Gegenstand der
Untersuchung vieler Chemiker gewesen. Aus den höchst abweichenden
Angaben seiner Eigenschaften sieht man deutlich, dafs sie alle nur durch
Blattgrün gefärbte Gemenge untersucht haben. Das Genauere verdankt
man einer ausführlichen Untersuchung von Berzelius. Er stellte es aus
den intensiv grüngefärbten Blättern des Mehlbeerbaums fSorbus seu Cra-
taegus Aria ) dar, indem er die frisch cingesammelten und zerquetschten
Blätter mit Aether auszog. Dieser wird von dem Filtrat bis zu einem ge-
ringen Rückstand abdestillirt, den man alsdann mit wasserfreiem Alkohol
extrahirt. Die alkoholische Lösung wird abgedampft und mit Salzsäure
übergossen, die sich dadurch schön smaragdgrün färbt und eine dunkle
Substanz ungelöst zurückläfst. Durch Wässer wird das Blattgrün aus der
Säure gefällt, mit AVasser abgewaschen und dann ausgekocht, wobei sich
eine geringe Menge einer gelben Substanz löst. Das so dargestellte Blatt-
grün ist in Alkohol und Aether schwerlöslich. Es wird in Kalilauge, die
eine geringe Menge einer schwarzen Substanz hinterläfst, gelöst und
daraus durch Essigsäure gefällt. Nach dem Trocknen erscheint die Masse
dunkelgrün, gepulvert grasgrün. Bis zu 200° erhitzt giebt sie nur eine
Spur Feuchtigkeit ab, schmilzt aber nicht. Durch höhere Temperatur wird
sie zersetzt. In AVasser ist das Chlorophyll vollkommen unlöslich; Al-
kohol ist das beste Lösungsmittel , wiewohhl auch er nur wenig davon
aufnimmt. Feucht wird es sogleich gelöst, nach dem Trocknen nur all-
Gtiger’s Pharrnaoic. /. ( 5<e Aufl. ) 70
1098
Polychrom.
mählig. Wasser fällt diese Lösung vollständig. Aether verhält sich ganz
wie Alkohol. Schwefelsäure löst es mit smaragdgrüner Farbe und es wird
daraus durch Wasser zum gröfsten Theil abgeschieden, während die saure
Flüssigkeit eine Aquamarinfarbe annimmt. Aehnlich verhält sich Salzsäure,
bei vorsichtigem Verdampfen kann alle Säure verjagt werden und unver-
ändertes Blattgrün bleibt zurück. Durch Chlor wird es sehr leicht ge-
bleicht , durch Salpetersäure ohne Gasentwickelung brandgelb gefärbt und
aus der Lösung durch Wasser nicht mehr gefällt.
Von Alkalien wird es mit grüner Farbe gelöst. Beim Verdampfen der
Kalisolution setzt sich Chlorophyllkali ab, was sich leicht mit schön grüner
Farbe in Wasser löst. Kalk- und Barytwasser geben mit Blattgrün hell-
grüne Niederschläge, aus denen Alkohol uud Aether nichts auszieht; auch
mit Bleioxid verbindet es sich. Das Chlorophyllkali wird durch Alaun-
lösung grün gefällt. — Aus getrockneten Blättern erhielt Berzelius eine
kleinere Menge einer zweiten Modificatiou des Blattgrüns, die in ihrem
Verhalten gegen Reagentien dem vorhergehenden sehr ähnlich ist; nur ver-
schieden ist es durch seine gelblichgrüne Farbe und seine Unfällbarkeit aus
der salzsauren Lösung durch Wasser. — Die bei der Darstellung des Chlo-
rophylls in Salzsäure ungelöst bleibende Substanz ist eine dritte Modifica-
tion. Sie ist schwerlöslicher als die vorhergehenden in Alkohol und Ae-
ther, bei der trocknen Destillation liefert sie nicht wie die beiden andern
ein rothes Sublimat. — Das Chlorophyll wird durch Schwefelwasserstoff
nicht entfärbt. Durch Zink, was man in seine mit Salzsäure angesäuerte
Lösung wirft, wird es gelb und erhält an der Luft theilweise seine grüne
Farbe wieder.
Als Anhang zu den Farbstoffen wird hier abgehandelt das:
Polychrom, Schiller Stoff', Aesculin , Enalloclirom. Dieser Stoff ist
nach der Beobachtung verschiedener Chemiker in vielen Pflanzen enthal-
ten. Zuerst wurde er wohl von Löseke in dem Aufgufs von Griefsholz
(hiijnum nephriticum von Guilandina Moringa L.) bemerkt. Frischmann
fand ihn in der Riude der Rofskastanie , der gemeinen Esche ; Nolde im
Quassienholz. Später beschäftigten sich Remmler, Raab , Martins, Mi-
nor, Dahlström, Kalkhrunner mit der Untersuchung dieses Stoffes. Die
genauere Kenntnifs darüber verdankt man Trommsdorff. Man zieht am
besten nach Minor die Rinde mit Wasser aus, fällt durch essigsaures Blei-
oxid ; die abiiltrirte Flüssigkeit wird durch Schwefelwasserstoff von über-
schüssigem Bleioxid befreit und zur Syrupsconsistenz verdampft. Nach
einigen Tagen kristallisirt das Polychrom , was man mit Wasser abwascht.
Trommsdorff schreibt vor, die Rinde mit 8 Th. Alkohol auszuziehen, die-
sen bis auf 1 V» Th. abzudestilliren und den Rest der freiwilligen Verdun-
stung zu überlassen. Nach einigen Wochen erst hat sich das Polychrom
abgesetzt, man wäscht es mit kaltem Wasser und löst es in einem Ge-
menge von Alkohol und Aether, was mehrmals wiederholt werden mufs.
Das Polychrom im reinen Zustande ist farblos, kristallinisch, von bitterm
Geschmack, in kaltem Wasser schwer, in heifsem sehr leicht löslich.
Diese Lösung erstarrt beim Erkalten. Bei durchfallendem Lichte erscheint
die Lösung farblos, bei reflectirtem aber blau, was nocli sichtbar ist, wenn
1 % Million Th. Wasser nur 1 T<h. Polychrom enthalten. 1 Th. desselben
wird von 24 Th. kochendem Alkohol gelöst und scheidet sich daraus beim
Erkalten pulverförmig ab. ln wasserfreiem Aether ist es nur höchst wenig
löslich. Säuren vernichten das Farbenspiel seiner wässerigen Lösung,
Alkalien färben diese gelb und vermehren bedeutend das Schillern. Chlor
färbt die Lösung rotli und zerstört das Polychrom. In der Wärme schmilzt
es zu einer dunkelbraunen, sich aufblähenden Masse. Es röthet Lackmus,
giebt mit den Metalloxiden keine Niederschlage und mit den Alkalien keine
kristallisirbaren Verbindungen. Nach Trommsdorff d. J. enthält es 52,453
Kohlenstoff, 4,876* Wasserstoff, 42,672 Sauerstoff, was dem Verhältnifs
C3 B9 Os entspricht.
Extractiv- und Bitterstoffe. 1099
ln Pflanzen und P fl anzenth eil en vorkommende, rächt näher
bestimmte organische Verbindungen.
Extractiv- und Bitterstoffe.
ln Pfl an zenth eilen und den Pflanzensäften findet sich eine äufserst
zahlreiche Klasse von Verbindungen, deren allgemeine Eigenschaften zum
Tlieil bekannt, deren chemische Eigenschaften aber kaum studirt sind; viele
davon sind in den wässerigen und weingeistigeh Abkochungen der Pflanzen«
theile enthalten und heifsen im Allgemeinen Extractiv Stoffe , oder Bitter-
stoffe, insofern sie einen bittern Geschmack besitzen. Der gegenwärtige
Zustand unserer Kenntnisse über das Verhalten dieser Körper gestattet
keine scharte und genaue Ordnung derselben oder eine Zusammenstellung
der ähnlichen in Gruppen, indem ihre Eigenschaften ausnehmend von ein-
ander afeweichen. Viele davon sind in Wasser löslich, andere nur in
Weingeist oder Aether, manche sind weder Säuren noch Basen, andere
verbinden sich mit Alkalien und Metalloxiden, wie die Zuckerarten, ohne
dafs sie sich den eigentlichen Säuren anreihen lassen. Viele davon sind
den kristallisirbaren Harzen ähnlich, oder den kristallinischen fetten Sub-
stanzen. Den meisten unter ihnen gehören die medicinischen Wirkungen
der Pflanzen an, worin sie enthalten sind. Ihre nähere Untersuchung ist
eine der wichtigsten Aufgaben der organischen Chemie, sie rnufs von der
Zukunft erwartet werden. Eine Menge derselben wird bei genauerem
Studium ihres Verhaltens und ihrer Eigenschaften sicher von eben so grofser
Bedeutung fiir die Kenntnifs der organischen Materien überhaupt werden,
wie das Salicin und Phloridzin.
Der wässerige oder weingeistige Auszug von Pflanzenstoffen, wenn
er bei Zutritt der Luft abgedampft wird, färbt sich gewöhnlich durch
Sauerstoffaufnahme dunkler. Die bis zur Consistenz von Honig einge-
dampften Auszüge oder Abkochungen sind braun oder schwarz und heifsen
im Allgemeinen Extracte. Man unterscheidet wässerige oder weingeistige
Extracte. Die letzteren enthalten in den meisten Fällen alle medicinisch
wirksamen Bestandtheile des Pflanzentheils. Beim Wiederauflösen der
meisten Extracte in Wasser oder Alkohol bleiben meistens braun- oder
schwarzgefärbte Materien zurück, welche durch die Einwirkung der Luft
auf den Auszug in Folge der Veränderung eines aufgelösten Stoffes ent-
standen sind. Man bezeichnet alle diese Zersetzungsprodukte, von denen
keiu einziger untersucht ist, mit oxidirtem Extractivstoff. Viele dieser
unlöslichen Materien bestehen in wässerigen Extracten aus gefärbtem
Albumin oder Pflanzenleim; andere sind stickstofffrei und entstehen in
gerb- oder gallussäurehaltigen Auszügen in Folge der Einwirkung der
Luft. Ein Pllanzenextract stellt ein Gemenge der verschiedenartigsten
Stoffe dar; Gummi, Schleim, häufig Zucker und viele Salze sind selten
fehlende Bestandtheile der wässerigen Extracte; Zucker, harzähnliche und
fette Materien finden sich hauptsächlich in weingeistigen Extracten.
Unter dem Namen Bitterstoff C Principiwm, amarum ) verstand man
früher einen hypothetisch angenommenen eigenthümlichen Stoff, welchem
organische Verbindungen ihren bittern Geschmack verdanken sollten. Man
erkannte aber bald , dafs den verschiedenartigsten Produkten dieser bittere
Geschmack zukomme. So schmecken manche Säuren, brenzliche und äthe-
rische Gele, Harze, Farbstoffe bitter, ferner die meisten der später ab-
zuhandelnden stickstoffhaltigen organischen Salzbasen. Man beschränkte
diese Benennung später auf solche natürlich vorkommende organische Ver-
bindungen, welche den allgemeinen Charakter des sogenannten Extractiv-
stoffs besitzen, benannte diese bittern Substanzen im Allgemeinen mit dem
Namen bitteren Extractivstoff (Principium extractivum amarum ) und
th eilte ihn ein in milde bittern, scharfen bittern, und narkotisch bittern
Extractivstoff.
In dem Folgenden werden die reinen indifferenten stickstofffreien or-
ganischen Verbindungen, die man bis jetzt im reinen Zustande kennt, näher
beschrieben und denselben die noch weniger untersuchten schicklich angereiht.
1100
Gentianin, Santonin.
Gentianin , Enzian bitter. — Von Henry und Caventou gleich-
zeitig 1823 entdeckt. In dem rotben Enzian ( Gentiana lutea') und wahr-
scheinlich allen bitteren Enzianarten enthalten. — Mein erhalt das
Gentianin durch Ausziehen der gepulverten Wurzel mit Aether.
Dieser wird zum grofsen Th eil abdestillirt , den Rest läfst man freiwillig
verdunsten. Die zurückbleibende Masse wird mit Alkohol von 0,83 spec.
Gew. so lange macerirt, als dieser sich dadurch färbt. Beim Verdampfen
kristallisirt Gentianin, welches nochmals in schwächerem Spiritus gelöst,
filtrirt und zur Trockne verdampft wird; der Rückstand wird mit etwas ge-
brannter Magnesia und Wasser gekocht, letzteres verdampft und die Masse
mit Aether ausgezogen, woraus nun vollkommen reines Gentianin kristallisirt.
Eigenschaf len: Es kristallisirt in goldgelben Nadeln von
sehr bitterem Geschmack, aber keinem Geruch 5 es läfst sich
sublimiren, ist schwerlöslich in kaltem, löslicher in warmem
Wasser und leichtlöslich in Aether, Alkohol und Essigsäure.
Auf Pflanzenfarben ist es ohne Reaction; von alkalischen Flüs-
sigkeiten wird es mit dunkeigelber Karbe etwas leichter als
von Wasser gelöst. Das reine Gentianin schmeckt nicht
bitter, fällt Eisenoxid- und Kupferoxidsalze, treibt aus koh-
lensauren Alkalien die Kohlensäure aus und bildet damit kri-
stallisirbare, goldgelbe Verbindungen. QH< Trommsdorff. J
Von Bleiessig wird seine wässerige Lösung gefällt, nicht
aber von Bleizucker oder Quecksilberchlorid. — wird bis jetzt
kaum als Arzneimittel gebraucht.
Menyanthin. — Durch Fällen des weingeistigen Auszugs des Extracts
von Menyanthes trifoliata mit Bleiessig, Zerlegen des Niederschlags mit
Schwefelwasserstoff, Verdampfen u. s. w. erhielt Brandes eine fast weifse,
durchsichtige, pulverisirbare, bittere Masse. — Bildet ein gelbbraunes,
nicht pulverisirbares bitteres Extract. (Trommsdorff.)
Centaurin , Tausendgüldenkraut- Bitter ; aus Erythraea Centaurium .
— Nur als dunkelbraunes Extract bekannt.
Absintliiin , Wermuthbitter (von Artemisia Absinthium). — Durch Be-
handeln des wässerigen Extracts der getrockneten , blühenden Spitzen des
Wermuths mit Alkohol, Verdampfen und Anriihren mit Wasser, wodurch
ein Theil Wermuthbitter rein abgeschieden , ein anderer aber nebst Zucker
u. s. w. aufgelöst wird, zu erhalten. Das gelöste Wermuthbitter gewännt
man durch Verdampfen , Lösen in Alkohol, Fällung des Zuckers u. s. w. mit
Aether, und wiederholtes Abscheiden aus der alkoholischen Auflösung mit
Wasser. Ganz rein wird es durch Fällung der alkoholischen Auflösung mit
Bleizucker, Vermischen mit Wasser, Verdampfen des Alkohols im Wasser-
bade, Zersetzen des klaren Filtrats mit Schwefel Wasserstoff, und Ver-
dampfen der heifs filtrirten Flüssigkeit erhalten. — Farblose, theilweise
kristallinische, äufserst bittere, leicht in Alkohol, auch in Aether und
Alkalien lösliche Masse. Aus der letzteren Auflösung wird sie durch koh-
lensaures Alkali, aus der Auflösung in Essigsäure durch Wasser gefällt. Sie
färbt sich mit Schwefelsäure zuerst dunkelgelb, dann purpurroth , und läfst
sich durch doppelte Zersetzung mit Metalloxiden verbinden. (Mein.)
Tanacetin , Rheinfarrnbitter (aus Tanacetum vulgare). — Auf ähnliche
Weise zu erhalten. — Feste, gelbe, geruchlose, sehr bittere, in Wasser
und Weingeist lösliche Masse. Die Lösung wird durch Eisenoxidsalze
braun, durch essigsaures Bleioxid hellgelb, durch Quecksilberoxidulsalze
weifslich gefällt. (Frommherz.)
Der hierher gehörige bittere Stoff der Centaurea benedicta verhält sich ;
ähnlich; wird durch Bleiessig, nicht durch Bleizucker gefällt. iMorin.)
Santonin , Wurmsaamenbitler . — Es wurde gleichzeitig von
Kahler und Alms entdeckt, näher von Trommsdorff d. J. untersucht.
Santonin.
1101
Es findet sich in den Blumenspitzen mehrerer Artemisia- Arten, in dem
Wurmsaamen ( Semen Cynae), einem Gemenge von Blüthen, Blüthenknospen
und unreifem Saamen derselben Pflanzen. — Man erhält das San-
tonin durch Ausziehen in der Digestionswärme einer Mischung
von 4 Th. Wurmsaamen und i1/» Th. trocknen Kalkhydrats
mit 20 Th. Weingeist von 0,90 spec. Gew. 5 dieser wird bis
auf 12 Th. abdestiliirt, fiürirt; die Lösung enthält Santonin
und eine harzige braune Substanz in Verbindung mit Kalk.
Man übersättigt mit Essigsäure und kocht auf. Beim Erkal-
ten scheidet sich Santonin mit etwas Harz gemengt ab ; beim
Verdampfen erhält man noch mehr unreines Santonin; es wird
mit wenig Alkohol gewaschen, um das Harz zu entfernen,
dann in 8 — 10 Th. SOprocentigem Alkohol gelöst, mit Thier-
kohle digerirt und kochend filtrirt. Beim Erkalten kristallisirt
das Santonin in weifsen, piattgedrückteri, sechsseitigen Säu-
len oder federartigen Kristallgruppen, die vor dem Lichte ge-
schützt werden müssen.
Es ist geschmack- und geruchlos , die weingeistige Lö-
sung sphmeckt rein bitter; sein spec. Gew. ist == 1,247; es
schmilzt bei 168° zu einer farblosen, beim Erkalten kristalli-
nisch erstarrenden Flüssigkeit; läfst sich unzersetzt sublimi-
ren ; bedarf 5000 Th. kalten und 250 Th. kochenden Wassers,
43 Th. kalten und nur 2,7 Th. kochenden absoluten Alkohols
zu seiner Lösung; es löst sich in 75 Th. kaltem und 42 Th.
kochendem Aether. Concentrirte Schwefelsäure löst es in der Kälte
ohne Zersetzung und es kann daraus durch Wasser unverändert abge-
schieden werden; bei längerem Stehen färbt sich die Lösung roth und
zuletzt scheidet sich eine harzige braunrothe Materie ab ; dieselbe Ver-
änderung bewirkt verdünnte Schwefelsäure beim Kochen. Auch in rau-
chender Salpetersäure ist es löslich und durch Wasser unverändert ab-
scheidbar; lange mit verdünnter Salpetersäure gekocht wird es zerlegt,
indem Kleesäure gebildet wird. Chlor wirkt in der Kälte nicht darauf ein;
beim Schmelzen in Chlorgas bildet sich eine braune, feste, in Alkohol und
Alkalien leichtlösliche Substanz. Iod bewirkt eine ähnliche Veränderung.
In der Kälte äufsert Kalilauge keine Wirkung; wird es aber lange damit
gekocht, so lögt es sich darin; bei einer gewissen Concentration trübt sich
die Flüssigkeit, es scheiden sich gelbe ölartige Tropfen ab, die beim Er-
kalten eine weifse, unkristallinische, in Wasser und Alkohol leichtlösliche
Masse darstellen. Wird diese Lösung in Wasser mit Säure gesättigt, so
fällt unverändertes Santonin heraus. Mit kohlensaurer Kalilösung zur
Trockne verdampft, mit Alkohol ausgezogen, erhält man neutrales Sau-
toninkali, was in Wasser und Alkohol leicht löslich ist und beim Erhitzen
roth wird, etwas alkalisch, salzig, bitterlich schmeckt und rothes Lack-
mus, bläut. Wird die wässerige Lösung gekocht, so zersetzt sich die
Verbindung und es scheidet sich Santonin kristallinisch ab. Die Natron-
verbindung ist kristallinisch und besteht aus stark seidenglänzenden, strahlig
gruppirten Nadeln. Mit Ammoniak scheint es keine bestimmte Verbindung
zu bilden. Santoninkalk bereitet man/ durch Kochen von Santonin und
Aetzkalk mit wässerigem Weingeist bis zum Verschwinden der anfangs
entstehenden Färbung, Verdampfen zur Trockne, Lösen des Rückstandes
in Wasser, Ausfällen des überschüssigen Kalkes durch Hineinleiten von
Kohlensäure und Verdampfen der klaren Flüssigkeit zur Kristallisation >
wo Santoninkalk in seidenglänzenden Nadeln anschiefst. Ganz ähnlich
verhält sich Santoninbaryt. Eine concentrirte Lösung von Santoninkali
wird durch schwefelsaures Zinkoxid in weifsen, in Wasser löslichen Flocke«
1102
Populin, Picrolichenin.
gefällt; essigsaures Bleioxid wird weifs gefällt, ist in kaltem Wasser fast
unlöslich^ löslich in Weingeist und in weifsen Nadeln krislallisirend. Ei-
senoxidulsalze werden weifs, Eisenoxidsalze isabellgelb niedergeschlagen.
Quecksilberoxidsalze werden nicht gefällt; die Oxidulsalze und Silberoxid-
salze bilden weifse Niederschläge mit Santoninkali. Alle diese Verbin-
dungen werden durch längeres Kochen mit Wasser zersetzt; wenn die
Basis unlöslich ist; so scheidet sie sich ab und beim Erkalten kristallisirt
reines Santonin.
Wie erwähnt wird das Santonin durch den Einfluls des Lichtes gelb;
sowohl in kristallisirtem Zustande ; wie in seinen Lösungen. Es zersprin-
gen dabei die Kristalle mit Heftigkeit. Durch Lösen in Alkalien und Fäl-
lung mit Säuren wird es wieder weifs und unrerändert erhalten. Es ent-
hält 73,63 Kohlenstoff; 7,21 Wasserstoff, 19,16 Sauerstoff. Diesen» ent-
spricht die Formel C5 H6 O; aber seine Sättigungscapacität ist so gering,
dafs sein Atomgewicht durch 12nml so grofse Atomzahlen ausgedrückt
werden mufs. ( Ettling: )
Populin , von Braconnot in der Rinde und den Blättern von Populus
tremula gefunden. Ist in der Mutterlauge von der Bereitung des Salicins
aus Pappel-Rinde oder -Blättern enthalten. Man versetzt diese mit koh-
lensaurem Kali; es fällt ein weifses Pulver heraus, welches man in heifsem
Wasser löst, beim Erkalten kristallisirt Populin heraus. — Weifse zarte
Nadeln, von reizend süfsem, dem Süfsholz ähnlichen Geschmack, in 70
Th. kochendem, in 1000 Th. kaltem Wasser, in Alkohol leicht löslich.
Aus der Auflösung in Säuren wird es durch Wasser wieder gefällt; von
Schwefelsäure wird es roth gefärbt ( Braconnot ). Die Kristalle enthalten
5,43 pCt. Wasser ( de Köninck).
Eichenrindebittei'. — Die Rinde von Quercus Robur enthält nach
Gerber eine dem Salicin ähnliche, in Wasser und Weingeist lösliche, in
Aether unlösliche, bittere, kristallinische Materie. Die Lösung wird durch
Blei-, Silber-, Zinn- und Quecksilberoxidulsalze gefällt.
Liriodendrin , Tulpenbaumbitter. Von Emmet aus der Wurzelrinde
des Tulpenbaums ( Liriodendron tulipifera) dargestellt. Man erschöpft die
Rinde mit Alkohol und verdampft bis auf %, wo sich unreines Lirioden-
drin abscheidet; bei fernerem Verdampfen und Zusatz von etwas Ammo-
niak erhält man den Rest. Die unreine Substanz wird, zur Entfernung
von Harz und Farbstoff, mit verdünnter Kalilauge gewaschen, der Rück-
stand bei 30° in Alkohol gelöst und die Lösung mit so viel warmem Was-
ser versetzt, bis die olivengrüne Farbe sich in eine weifsliche milchige
verwandelt hat; beim Erkalten kristallisirt das Liriodendrin heraus. Es
bildet farblosdurchsichtige, der Boraxsäure ähnliche Schuppen oder stern-
förmig gruppirte Nadeln von balsamisch bitterem Geschmack. Wenig lös-
lich in Wasser, leicht löslich in Alkohol und Aether, schmilzt bei 83® C.,
sublimirt theilweise unverändert und liefert bei der trockenen Destillation
ammoniakfreie Produkte. Von wässerigen Alkalien und verdünnten Säuren
wird es nicht aufgelöst, von concentrirter Salpetersäure nicht zersetzt,
wohl aber von Salzsäure und concentrirter Schwefelsäure , welche letztere
es in ein braunes, geschmackloses Harz verwandelt. Von Iod wird es
gelb gefärbt.
Picrolichenin , Flechtenhilter. — von Aims 1831 aus der
Variolaria amara Ach. dargestellt. — Die gepulverte Flechte wird
mit rectificirtem Weingeist ausgezogen und der Weingeist
enz des Rückstandes abde-
lisirfc, welches man durch Waschen mit einer verdünnten
Auflösung von kohlensaurem Kali und Umkristallisiren aus
Weingeist reinigt. — Bildet farblosdurchsichtige, an der Luft
unveränderliche , stumpfe vierseitige Doppelpyramiden mit
Picrolichenin herauskristal-
Cetrari n.
1103
rhombischer Basis, ist geruchlos, schmeckt äufserst bitter,
von 1,176 spec. Gew. Es schmilzt etwas über 100° und er-
starrt wieder beim Erkalten; löst sich nicht in kaltem Was-
ser, wenig in heifsem, beim Erkalten der Auflösung kristal-
lisirt nichts heraus. Leichtlöslich in Weingeist, Aether,
ätherischen Oelen, Schwefelkohlenstoff und beim Erwärmen
auch in fetten Oelen. Oie weingeistige Auflösung reagirt
sauer und wird durch Wasser in voluminösen Flocken gefällt;
ebenso verhält sich die Auflösung in concentrirter Schwefel-
säure und Essigsäure. Von Salpeter-, Salz- und Phosphorsäure wird
es nicht zersetzt. Eine Auflösung von kohlensaurem Kali nimmt nur wenig
davon auf; wässeriges Chlor färbt es gelb* ohne es zu lösen. Uebergiefst
man Picrolichenin mit Ammoniak in einem verschliefsbaren Cefäfs, so wird
es harzartig klebrig, löst sich dann zu einer anfangs farblosen, bald röth-
lich- dann safrangelben Flüssigkeit auf, die sich bald trübt und nach ei-
niger Zeit gelbe, stark glänzende, büschelförmig gruppirte platte Nadeln
absetzt, die an trockener Luft verwittern. Die Flüssigkeit behält hierbei
ihre gelbe Farbe. Die Kristalle sind geschmacklos, lösen sich leicht in
Alkohol und ätzenden Alkalien, die Auflösungen schmecken nicht bitter.
Beim Erhitzen entwickeln die Kristalle Ammoniak, schmelzen bei 40° zu
einer intensiv kirschrothen , stark klebenden, harzähnlichen Masse, die
sich gegen Lösungsmittel wie die Kristalle verhält. Bei der freiwilligen
Verdunstung der ammoniakalischen Auflösung des Picrolichenins an der
Luft bildet sich der rothe Körper ebenfalls, was auf eine Verwandtschaft
mit Orcin und Erythrin hindeutet. Kalilauge löst das Picrolichenin mit
anfangs weinrother, später braunrot!! werdender Farbe. Säuren fällen
daraus eine rothbraune, noch bitter schmeckende Substanz. In höherer
Temperatur liefert das Picrolichenin ammoniakfreie Produkte und verkohlt,
an der Luft erhitzt verbrennt es mit heller rufsender, aufsen violetter
Flamme. Die Zusammensetzung ist nicht ausgemittelt. — Soll, nach Alms,
fieberwidrige Eigenschaften besitzen.
Cetrarin > isländisches Flechten- oder Moos - Bitter, —
Aus der Cetraria islandica Ach. ( Lichen islandicus ) und Sticta pulmo -
nacea ( Weppen ) von Berzelius zuerst dargestellt, später von Rigatelli
und Herberger untersucht. — Das Moos wird kochend mit absolu-
tem Alkohol erschöpft; beim Abdestilliren des letzteren setzt
sich Cetrarin in Körnern ah, ebenso heim freiwilligen Ver-
dampfen der Mutterlauge. Nach dem Waschen mit wenig
kaltem Wasser, Aether oder Alkohol von 0,83 spec. Gew.,
und Umkristallisiren aus absolutem Alkohol ist es rein. QHer -
berger.l Oder man zieht das Moos zuerst mit 6 Th. kochen-
dem Weingeist von 0,90 spec. Gew., dann deh geprefsten
Rückstand mit 2 Th. kaltem Wasser aus und versetzt die ge-
mischten Auszüge mit verdünnter Schwefelsäure, wo sich das
Cetrarin absetzt, welches durch Umkristallisiren aus Wein-
geist, dem man nach der Auflösung Schwefelsäure und ko-
chendes Wasser zusetzt, gereinigt wird, i Pfund Moos giebt
2% Drachme Cetrarin. (j Uigatelli.') Die verdünnte Kalilauge, womit man
isländisches Moos zur Entfernung der Bitterkeit behandelt hat, enthält
Cetrarin, welches daraus durch Fällen mit Schwefelsäure erhalten wer-
den kann.
Das Cetrarin bildet ein feines weifses, aus nichtkristal-
linischen Körnern bestehendes, abfärbendes Pulver; geruch-
los, schmeckt unangenehm, anhaltend bitter ; wenig löslich in
1104
Cetrarin, Daphnin
Wasser, leichter in wasserfreiem Alkohol und Aether (100 Th.
kochender Alkohol lösen 1,7 Th. und Aether fast 1 Th. auf),
etwas löslich in Terpentinöl , unlöslich in fetten Oelen. Die
Auflösungen verändern Pflanzenfarben nicht, schäumen beim
Schütteln, die wässerige Lösung färbt sich durch Kochen
braun; Säuren, namentlich Mineralsäuren, schlagen das Ce-
trarin aus seiner Auflösung in Wasser oder Alkohol gallert-
artig nieder. Es schmilzt nicht, zersetzt sich bei 200° voll-
ständig, unter Rücklassung von Kohle und ohne Bildung von
ammoniakhaltigen Produkten. Von concenfcrirter Schwefelsäure
wird es mit brauner Farbe gelöst, Wasser bringt darin einen in Säuren
unlöslichen, in Alkalien löslichen braunen Niederschlag hervor. Salpeter-
säure zersetzt das Cetrarin unter Bildung von Kleesäure und eines gelben
Harzes. Concectrirte kalte oder verdüunte kochende Salzsäure färben es
dunkelblau. Die sich hierbei auflösende geringe Menge von Cetrarin fällt
beim Kochen als dunkelblauem, nach dem Trocknen hellblaues Pulver nie-
der, das durch längeres Kochen mit Wasser braun wird. Von concen-
trirter Schwefelsäure wird dieser blaue Körper mit blutrother Farbe ge-
löst und durch Wasser anfangs blau, später braun daraus gefällt. Farblose
Salpetersäure verhält sich ähnlich, nach längerer Einwirkung entsteht
Kleesäure und eine harzartige Materie. Aus der Auflösung des blauen
Körpers in Zinnsalz wird durch Alkalien ein blauer Lack gefällt.
In salzsaurem Gas schmilzt das Cetrarin, beim Erwärmen, unter Auf-
blähen und Schwarzwerden , während sich eine orangerothe ölartige Flüs-
sigkeit und ein rothes Sublimat bilden.
Die Auflösungen des Cetrarins in «ätzenden oder kohlensauren Alkalien
färben sich im concentrirten Zustande zuerst gelb , dann braun ; Säuren
schlagen daraus braune Flocken nieder. Uebersättigt man eine Auflösung
von Cetrarin in verdünnter Kalilauge schwach mit Essigsäure, so lallen
gallertartige Flocken nieder, welche Kali enthalten, beim Trocknen sich
bräunen und sich nur wenig in Alkohol und Wasser lösen. Durch Metall-
salze werden aus der alkoholischen Lösung Verbindungen des Cetrarins
mit Metalloxid mit eigentümlichen Farben niedergeschlagen. Die Silber-
oxidverbindung enthält 10,35 — 10,47 pCt. Silberoxid, t Herberger .) — Das
Cetrarin soll in Italien gegen Fieber angewendet werden.
Mein, Stechpalmenbitter. — Durch Fällung der Abkochung der Blätter
von Ilex aquifolium mit Bleiessig, Verdampfen des Filtrats und Auskochen
des Rückstandes mit absolutem Alkohol erhält man nach dem freiwilligen
Verdunsten braungelbe, durchscheinende, bitter schmeckende Kristalle,
welche sich leicht in Wasser, aber nicht in Aether lösen. Die Lösung
wird durch Metalloxidsalze nicht gefällt. ( Delechamps .) Wurde als wirk-
sames Mittel gegen intermittirende Fieber und Wassersucht empfohlen.
Lilac- oder Syringa-Bitter. — Die unreifen Kapseln und dünnen Zweige
des spanischen Flieders enthalten einen in heifsem Wasser leicht löslichen,
durch Eisenvitriol und Bleiessig fällbaren Bitterstoff. ( Braconnot , Petruz
und Robinet. ) — Wurde als Fiebermittel empfohlen.
Scordiumbitter. — Der Lachenkuoblauch ( Teucrium Scordium ) liefert
bei ähnlicher Behandlung wie der Bitterklee, zur Gewinnung des Menyaa-
thins, eine gelbe, durchsichtige, als Pulver weifse Masse, von aromati-
schem stark bitteren Geschmack. Leicht schmelzbar in der Wärme, un-
löslich in kaltem Wasser, löslich in Weingeist, weniger in Aether, un-
löslich in verdünnten Säuren, löslich in concentrirfcer Salpetersäure und
in Alkalien. Wird von concentrirter Schwefelsäure rothbraun gefärbt.
{Winkler.}
Daphnin , Seidelbastbitter. Von Vauquelin entdeckt, von C. G.
Gmelin und Bär genauer untersucht. Findet sich, neben scharfem Harz,
tu der Rinde mehrerer Seidelbastarten {Daphne Mezereum , D. atyrina u. a.)
Hesperidin, Elaterin.
1105
und wir*! daraus durch Ausziehen der Rinde mit Alkohol, Verdampfen des
Auszugs, Behandeln des Extracts mit Wasser, Fällen mit Bleiessig u. s.
w., wie Menyanthin erhalten. — Bildet farblosdurchsichtige , büschelförmig
vereinigte Kristalle, von mäfsig bitterem, etwas herbem Geschmack; we-
nig löslich in kaltem, leichter löslich in heifsem Wasser, Alkohol und
Aether; Alkalien färben efc gelb; Metalloxidsalze fällen die wässerige
Lösung nicht; von Salpetersäure wird es in Kleesäure zersetzt.
Hesperidin f Pomeranzenbitter. — Von Lebreton 1828 entdeckt. Findet
sich im weifsen schwammigen Theil der Pomeranzen und Citronen, auch
im Fruchtknoten der Blüthe. Der schwammige Theil der unreifen oder rei-
fen Pomeranzen wird von der äufseren Haut und dem inneren Mark be-
freit, mit warmem Wasser ausgezogen, der erhitzte und filtrirte Anszug
mit Kalkwasser gesättigt, zur Syrupdicke verdampft, der Rückstand
hierauf mit Alkohol ausgezogen und das Filtrat verdampft. Man behandelt
dann den Rückstand mit dem SOfachen Gewicht destillirtem Wasser oder
Essig kalt und überläfst das Gemische 8 Tage der Ruhe, wo Hesperidin
niederfällt, das durch ümkristallisiren aus Weingeist gereinigt wird. —
Es bildet weifse seidenglänzende , büschelförmig oder in Warzen vereinigte
Nadeln, ist geruch- und geschmacklos, schmilzt in gelinder Wärme zu
einer harzähnlichen Masse, die beim Reiben elektrisch wird; in stärkerer
Hitze wird es zerstört , liefert hierbei kein Ammoniak , und verbrennt mit
Flamme unter Verbreitung eines aromatischen Geruchs. Salpetersäure
färbt es gelb, ebenso Schwefelsäure, dann rotli, Salzsäure grüngelb; es
ist unlöslich in kaltem, löslich in 60 Th. heifsem Wasser, leichtlöslich in
heifsem Weingeist, unlöslich in Aether. Die Auflösung in Essigsäure wird
durch Wasser nicht gefällt. Schwefelsaures Eisenoxid fällt die Lösung
rothbraun. In Alkalien ist es leichtlöslich. Es ist nicht weiter untersucht.
— (Ueber eine efwas abweichende , kristallinische Substanz in den grünen
bittern Pomeranzen vergl. Widnmann in Buchner’s Repert. Bd. XXXII.
S. 207. und Mag. f. Pharm. Bd. XXX. S. 303.)
Lapathin. Mit diesem Namen bezeichnet Herberger eine Materie, die
er bei der Analyse der Grindwurzel ( Rumex obtusifolius ) erhielt. Sie ist
hart, firnifsartig, schmeckt bitter, färbt den Speichel gelb, in Wasser
und Alkohol, nicht aber in Aether und flüchtigen Oelen löslich. Die wäs-
serige Lösung färbt sich mit Alkalien braun und wird durch Säuren nicht
wieder gelb. Ist nicht weiter untersucht.
Cornin. — In der als Fiebermittel empfohlenen Wurzelrinde von Cor-
nus florida glaubte Carpenter eine Pflanzeubase aufgefunden zu haben.
Geiger fand später, dafs sie neben einem ktistallisirbaren Harze einen Bit-
terstoff enthalte, von sauren Eigenschaften, in Wasser und Alkohol lös-
lich, mit Bleiessig und salpetersaurem Sslberöxid Niederschläge bildend.
Wallnufsbitter. Aus den grünen Schalen der Wallnüsse (von Juglans
regia ) durch Auspressen zu erhalten. — Der frische Saft der Wallnufs-
schalen ist fast wasserhell, schmeckt scharf und bitter, wird an der Luft
schnell braun, verliert seinen scharfen Geschmack. Bei längerer Einwir-
kung der Luft bilden sich bald dunkelbraune, geschmacklose, in Wasser \
und Weingeist unlösliche Flocken, und in dem Maafse , als sich diese
bilden, verliert der Saft seine Bitterkeit. Der frische Saft grünt Eisen-
oxidsalze (der braungewordene fällt, in Kalilauge gelöst, Eisenvitriol un-
ter Entfärbung der Flüssigkeit; Büchner ), fällt Silbersolution, der Nie-
derschlag wird schnell schwarz und enthält reducirtes Silber. — Das Ex-
tract der Wallnüsse ist unreines Wallnufsbitter und wird als Arzneimittel
gebraucht. — Der Saft dient auch zum Schwarzfärben der Haare.
Elaterin , Eselskürbisbitter. — Von Morrier aus der Esels'gurke (Mo-
mordica Elaterium ) dargestellt. Der eingedickte Saft der Früchte wird
zuerst mit Wasser behandelt, der Rückstand mit Alkohol von 0,825 spec.
Gew. erschöpft und der Auszug zur Syrupdicke verdampft, wo Elaterin
herauskristaüisirt. Durch Versetzen der Mutterlauge mit Aetzkali fällt
noch mehr nieder; mau wäscht alles mit Aether. Oder mau giefst die sehr
1106
Colocynthin, Narcifcin.
concentrirte geistige Lösung in Wasser , wo Elaterin herausfällt. — Zarte
weifse, seidenglänzende Kriställchen, die unter dem Mikroskope als ge-
streifte rhombische Säulen erscheinen, von äufserst bitterem, etwas stypti-
schem Geschmack. Wirkt in der geringsten Dose, zu %a — %6 Gran,
heftig brechenerregend und purgireud. Es ist unlöslich in Wasser, was- j
serigen Alkalien und verdünnten Säuren, löslich in 5 Th. kaltem und 2
Th. kochendem Alkohol, in Aether und fetten Oelen. Schmilzt etwas über
100° und verflüchtigt sich in etwas höherer Temperatur in weifsen, ste-
chend riechenden Nebeln. Es ist ungewifs ob das Elaterin Stickstoff ent-
hält. Starke Säuren zerstören es, concentrirte Salpetersäure bildet damit
eine gelbe, gummiartige Masse; concentrirte Schwefelsäure löst es mit
dunkler blutrother Farbe auf. — Verdient näher untersucht zu werden.
Colocynthin, Coloquinthenbitter. — In den Coloquinthen ( Cucumis
Colocy?ithis') enthalten. — Das von den Kernen befreite zerschnittene Mark
wird mit kaltem Wasser ausgezogen; aus dem verdampften Auszug schei-
det sich Colocynthin in ölartigen , beim Erkalten fest werdenden Tropfen
ab. ( Vauquelin .) Oder man zieht das wässerige Extract mit Alkohol aus,
verdampft das Filtrat und behandelt den Rückstand mit wenig Wasser, wo
Colocynthin zurückbleibt. ( Braconnot .) — Braun- oder blafsgelbe, durch-
scheinende spröde Masse, von muschligem Bruch; schmeckt äufserst bitter,
wirkt drastisch, purgirend. Löslich in Wasser, Weingeist und Aether.
Chlor fällt die wässerige Lösung; Säuren und zerfliefsliche Salze bringen
einen schmierigen, in Wasser unlöslichen Niederschlag hervor. Die Auf-
lösung des Colocynthins wird durch mehrere Metalloxidsalze, aber nicht
durch Kalilauge, Kalk- oder Barytwasser gefällt.
Bryonin. — In der Wurzel von Bryonia alba und dioica. Der auf-
gekochte und filtrirte Saft der Wurzel wird mit Bleiessig gefällt, der ge-
waschene Niederschlag mit Schwefelwasserstoff zersetzt und das verdampfte
Filtrat mit Alkohol ausgezogen. ( Brandes.') Oder der durch Absetzen-
lassen von der Stärke befreite Saft wird nach dem Aufkochen filtrirt, ver-
dampft, der Rückstand mit Alkohol digerirt, die Auflösung wieder ver-
dampft und der Rückstand mit Wasser behandelt, welches das Bryonin
aufnimmt, das man durch Verdampfen daraus gewinnt. tVulongJ — Röth-
lich braune, im reinsten Zustande gelblich weifse Masse, schmeckt anfangs
süfslich, dann etwas stechend, äufserst bitter; löslich in Wasser und
Weingeist, unlöslich in Aether; wird von Chlor nicht zersetzt, von Schwe-
felsäure mit blauer, hernach grüner Farbe gelöst; entwickelt beim Erhitzen
Ammoniak. Von Alkalien wird es nicht verändert, die wässerige Auflö-
sung wird durch salpetersaures Silberoxid weifs, durch Chlorgold gelb,
durch salpetersaures Quecksilberoxidul und Bleiessig weifs, durch Gallus-
tinctur grauweifs gefällt. — Wirkt drastisch purgirend, giftig.
Mudarin nennt Buncan den stark brechenerregenden Stoff der Wur-
zelrinde von Calotropis Mudarii. Man erhält es beim Verdampfen der
wässerigen Lösung des alkoholischen Extracts der Wurzelrinde als braune,
durchsichtige, extractähnliche Masse. In Wasser und Alkohol leicht, in
Aether, Terpentinöl und fetten Oelen unlöslich. Die wässerige Auflösung
wird bei 35° gallertartig, bei höherer Temperatur coagulirt sie, indem
sich eine pechartige Masse abscheidet, die sich beim Erkalten erst nach
einigen Tagen wieder löst.
Scillitin , Meerzwiebelbitter. — Aus dem eingedickten Saft der Meer-
zwiebeln (von Scilla maritima ) durch Behandeln mit Weingeist, Abdam-
pfen, Wiederlösen in Wasser, Versetzen der Lösung mit Bleizucker,
Fällen des Filtrats mit Schwefelwasserstoff und Abdampfen zu erhalten.
Farblose, zerreibliche Masse, von ekelhaft bitterem, dann süfsfichem Ge-
schmack. Wird an der Luft feucht, leichtlöslich in Wasser (nach Tilloy
schwerlöslich), löslich in Weingeist, unlöslich in Aether; wird durch
essigsaures Bleioxid nicht gefällt. Wirkt brechenerregend , purgirend , im
reinsten Zustande giftig iTilloy ).
Nareitin. In allen Theilen der Wiesennarcisse ( Narcissus Pseudo-
Cytisia, Zanthopicrin,
U07
Narcissus') , sowie in anderen Narcissen enthalten. — Weifs , durchschei-
nend^ von schwachem Geruch und Geschmack, zerfliefslich, löslich io
Wasser, Alkohol und Säuren. Die getrocknete Zwiebel soll 37 pCt. , die
Blüthen 25 pCt. enthalten. Wirkt brechenerregend. ( Jourdain .)
Cytisin. — Bei ähnlicher Behandlung des weingeistigen Extracts der
Früchte des Bohnenbaums ( Cytisus Laburnum ) erhält man eine gelbgrüne,
bittere Masse, deren Auflösung durch Bleiessig und salpetersaures Silber-
oxid gefällt wird. Bewirkt Schwindel und Erbrechen. ( Chevallier und
Lassaigne.') — Ist nach Peschier nichts anderes als die folgende Substanz.
Cathartin, Sennesblätterbitter. In den Sennesblättern (von Cassia
lanceolata und Senna u. s. w.) nach Lassaigne und Feneulle , sowie in
Cytisus alpinus, Anagyris foetida und Coronilla varia nach Peschier und
Jaquemin enthalten. — Wird ähnlich wie Scillitin dargestellt. — Gelb-
braune, nicht kristallisirbare, durchsichtige Masse, von bitterem, ekel-
haftem Geschmack, löslich in Wasser uud Alkohol, unlöslich in Aether.
Wird von Alkalien gebräunt, von Bleiessig und Gallustinctur hellgelb ge-
fällt; liefert beim Erhitzen stickstofffreie Produkte.
Dem Cathartin ähnlich ist nach Gerber die bittere, brechen- und pur-
girenerregende Substanz der Rinde von Rhamnus frangula.
Antiarin. — Formel C14 H20 Os. QMalder .) — Macht das wirksame
Princip des Upas Antiar aus, worunter man das Gummiharz von Antiaris
toxicaria , einem auf Borneo, Sumatra und Java wachsenden Baume, ver-
steht. Das Upas Antiar enthält, nach Mulder’s Analyse, in 100 Theilen :
Pflanzeneiweifs 16,14, Gummi 12,34, Harz 20,93, Myricin 7,02, Antia-
rin 3,56, Zucker 6,31 und Extractivstoff 33,70. — Man erhält das An-
tiar! n daraus durch Ausziehen mit Alkohol , Behandeln des alkoholischen
Extracts mit Wasser und Verdampfen J)is zum Syrup, wo es in kleinen,
perlmutterglänzenden Blättchen auschiefst, die durch einmaliges Umkristal-
lisiren rein werden. — Das Antiarin ist geruchlos, schwerer als Wasser,
löslich in 251 Th. Wasser, 70 Th. Alkohol und 2792 Th. Aether von 22,5°
in 27,4 Th. Wasser von 100°. Es ist unveränderlich au der Luft, löslich
in verdünnten Säuren; concentrirte Schwefelsäure färbt es bei gewöhnli-
cher Temperatur braun; Salpeter- und Salzsäure lösen es scheinbar ohne
Zersetzung auf, ebenso Ammoniak und Aetzkali. Die wässerige Lösung
reagirt weder sauer noch alkalisch ; bei 220,6C schmilzt es zu einer kla-
ren, durchsichtigen Flüssigkeit, nach dem Erkalten bleibt eine glasartige
Masse. Bei 240°,5 wird es braun, sublimirt nicht und stöfst saure Dämpfe
aus. Das kristallisirte Antiarin enthält 13,44 pCt. Wasser, was auf 1 At.
Antiarin 2 At, Wasser beträgt. Das Antiarin bringt in allen Fällen, schon
auf die Wunde eines Thiers gebracht, den Tod hervor, welchem Erbre-
chen, Convulsionen und Diarrhöen vorangehen. Die tödtliche Wirkung
wird durch Beimischung von löslichen Substanzen, Zucker u. s. w. , be-
schleunigt.
Zanthopicrin. — Von Chevallier und Pelletan in der Rinde von Zan -
thoxylum Clara Herculis (Z. caribaeum Lam.~) entdeckt. — Man erhält
es, indem die Rinde mit Alkohol ausgezogen, der Auszug verdampft, der
Rückstand mit kaltem Wasser, dann mit Aether behandelt wird. Das in
beiden Flüssigkeiten Unlösliche wird in Alkohol gelöst ; beim freiwilligen
Verdampfen schielst das Zanthopicrin in Kristallen an. — Grünlichgelbe,
seidenglänzende, verworrene Nadeln, die äufserst bitter und zusammen-
ziehend schmecken, die Absonderung des Speichels vermehren, geruchlos
und luftbeständig sind. Reagirt weder sauer noch alkalisch, sublimirt beim
Erhitzen theilweise , leichtlöslich in Alkohol , schwerlöslich in Wasser,
unlöslich in Aether; wird durch Chlor erst nach längerer Einwirkung zer-
setzt, leichter durch unterchlorigsaures Natron. Schwefelsäure färbt es
braun, die Farbe verschwindet aber wieder beim Neutralismen der Säure;
durch längeres Kochen mit verdünnter Schwefelsäure wird es zersetzt;
Salpetersäure färbt es röthlich, Salzsäure verändert eg nicht. Die Auflö-
sung wird durch die meisten Salze nicht gefällt, oder wenigstens nur in-
1108
Picrotoxin.
sofern als sich Zanthopicrin flockig abscheidet,, wenn die Auflösungen con-
centrirt sind; nur Goidchlorid bewirkt einen orangefarbenen , in Wasser
und Ammoniak unlöslichen, aber iu Weingeist löslichen Niederschlag; aus
der weingeistigen Auflösung wird durch Zinnauflösung Goldpurpur gefällt.
— Bis jetzt wurden noch keine Versuche über die medicinische Wirkung
des Zanthopicrins angestellt, aber auf den Antillen benutzt man die Rinde
von Zanthoxylum Clava Herciilis als Arzneimittel.
Picrotoxin.
Synonyme: Kokkelkernbitter, Kukkulin, Menispermin.
Boullay entdeckte dasselbe 1812; später glaubte er, es sey eine or-
ganische Base, was von Casaseca widerlegt wurde. Es findet sich in den
Kokkelskörnern (von Menispermum Cocculus').
§. 202. Dar Stellung. Man zieht die entschälten Kok-
kelskörner mit Weingeist aus und destillirt den Weingeist
vom Auszug in gelinder Wärme ab; das Picrotoxin findet
sich unter einer Schichte fettem Oel kristaüisirt. Das Oel
entfernt man, prefst das Picrotoxin noch zwischen Fliefspapier,
um es von Oel zu befreien, löst es in Weingeist, filtrirt durch
Thierkohle und verdampft in gelinder Wärme. [Merck.) —
Wittstock prefst die entschälten Kokkelskörner vorher aus, zieht den
Rückstand 3mal mit Alkohol von 0,835 spec. Gew. aus, destillirt den
Weingeist ab, löst den Rückstand in Wasser, nimmt das Oel ah, filtrirt
und kristaüisirt das Picrotoxin durch gelindes Verdampfen der Flüssigkeit.
Pelletier und Coiterbe behandeln den Rückstand des weingeistigen Auszugs
der Kerne mit kochendem Wasser und versetzen die abgegossene Flüssig-
keit mit etwas Säure ; beim Erkalten kristaüisirt das Picrotoxin heraus. —
Boullay kocht die entschälten Kokkelskörner mit Wasser aus, verdampft
den Auszug zur Honigdicke, versetzt ihn mit Magnesia oder Baryt (vor-
theilhafter wohl Kalk), verdampft zur Trockue, extrahirt den Rückstand
mit Alkohol und verdampft-; oder er zieht das wässerige Extract mit Wein-
geist heifs aus, läfst den Auszug einige Tage ablagern, wo sich fettes Oel
abscheidet, verdampft, behandelt den Rückstand mit Magnesia u. s. w.
wie vorher. Zur Reinigung wird das Picrotoxin noch mit Thierkohle be-
handelt; auch kann das Extract vorher durch Bleiessig und Schwefelwas-
serstoff entfärbt und die stark verdampfte weingeistige Lösung mit kohlen-
saurem Kali zerlegt werden, wo nach einiger Zeit das Picrotoxin kristal-
lisirt. — Nach Meifsner erhält man schon durch blofses Verdampfen der
Abkochung von Kokkelskörnern Kristalle von Picrotoxin.
§. 203. Eigenschaften . Weifse, durchsichtige, viersei-
tige Säulchen oder sternförmig gruppirte Nadeln; luftbestän-
dig, geruchlos, schmeckt unerträglich bitter; ohne Wirkung
auf Pflanzenfarben, wird in höherer Temperatur zersetzt,
ohne zu schmelzen. Löst sich in 150 Th. kaltem, in 26 Th.
kochendem Wasser und in 3 Th. kochendem Alkohol von
0,800 spec. Gew.; es ist auch in Aether löslich, aber nicht
in fetten und flüchtigen Oelen. In Säuren, namentlich in
Essigsäure, löst es sich leichter als in Wasser, ohne damit
salzartige Verbindungen einzugehen; auch in Alkalien ist es
leicht löslich.
Concentrirte Schwefelsäure bildet mit Picrotoxin eine safrangelbe, nach
und nach rothgelb werdende Auflösung; mit Salpetersäure entsteht Klee-
säure. Mit Bleioxid geht das Picrotoxin eine lösliche , durch Kohlensäure
zersetzbare Verbindung ein.
C o 1 u m b i n.
1109
Die vorhandenen, von Pelletier und Couerbe , Oppermann und zuletzt
von Regnault angestellten Analysen des Picrotoxins weichen etwas von
einander ab, so dafs über seine Zusammensetzung noch Zweifel herrschen.
Es sind folgende:
Pell. u. Couerbe. Oppermann. Regnault.
Kohlenstoff 60,91 61,43 — 61,53 60,31 — 60,47
Wasserstoff 6,00 6,11 — 6,33 5,83 — 5,70
Sauerstoff 33,09 33,46 — 33,35 33,96 — 33,83
Pelletier und Caventou berechneten hieraus die Formel C12 H14 Os, Opper-
mann C10 Hi 2 04.
Das Picrotoxin ist, als wirksames Princip der Kokkelskörner, giftig;
es bewirkt, innerlich genommen , Rausch, Schwindel, Convulsionen und
selbst den Tod.
Unteiyjicrotoxinsäure. — Bei Behandlung des weingeistigen Extracts
der Schalen der Kokkelskörner mit kochendem Wasser, sehr verdünnter
Säure und Aether, erhielten Pelletier und Couerbe eine dunkelbraune
Masse als Rückstand, welche sie mit obigem, unpassenden Namen be-
zeichnen. Sie ist löslich iu Alkohol und Alkalien , wird aus der Auflösung
in den letzteren durch Säuren gefällt. Die damit angestellte Analyse hat
keinen Werth.
Columbin f Columbium) .
Von Wittstock 1830 entdeckt. — Findet sich in der Columbowurzel
von Menispermum palmatum.
§. 204. Darstellung . Die Columbowurzel wird mit dem
2 — 3 lachen Gewicht Alkohol von 0,835 spec. Gew. ausge-
wogen und der Alkohol von dem Auszug bis auf y3 abdestil-
lirts, wo nach einigen Tagen unreines Columbin anschiefst,
welches mit Wasser gewaschen, in Weingeist gelöst und
mit Thierkohle behandelt wird. Beim Verdampfen des Filtrats
bleibt reines Columbin. — öder man zieht die Wurzel mit
Aether aus und überläfst den Auszug der freiwilligen Ver-
dunstung.
§. 205. Eigenschaften . Kristallisirt in farblosdurchsich-
tigen, schiefen rhombischen Säulen und deren Abänderungen,
oder in zarten weifsen Nadeln, schmeckt sehr bitter, geruch-
los, luftbeständig, reagirt weder sauer noch basisch, schmilzt
in gelinder Hitze und liefert bei der trockenen Destillation
ammoniakfreie Produkte. In kaltem Wasser, Weingeist und
Aether ist es wenig löslich, kochender Weingeist von 0,835
löst y40 — yso seines Gewichts, in ätherischen Oelen ist es
etwas löslich, leichter in Kalilauge, woraus es durch Säuren
unverändert gefällt wird. Salpetersäure löst es ohne Zer-
setzung, Wasser fällt die Auflösung theilweise; Salzsäure
wirkt nur unbedeutend auf Columbin; concentrirte Schwefel-
säure löst es erst mit orangegeiber, dann dunkelrother Farbe
auf, Wasser fällt die Lösung rostfarben. In Essigsäure ist
es sehr leicht löslich, die Auflösung schmeckt unerträglich
bitter, beim Verdampfen kristallisirt das Columbin aus der
sauren Auflösung in regelmäfsigen Prismen. Die Auflösungen
des Columbins werden von keinem Metallsalze, auch nicht von
Gallusiinctur gefällt.
um
Quassiin, Lactu ein.
Nach einer Analyse von J. L. enthält das Columbin 66,36 Kohlenstoff.
6,17 Wasserstoff und 27,47 Sauerstoff.
Anwendung. Bis jetzt benutzt man das Columbin nicht als Heilmittel;
es macht aber den wirksamen Bestandteil der officinellen Columbowur-
zel aus.
Quassün. Von Winkler dargestellt und von Wiggers näher unter-
sucht. Macht den bittern Bestandteil des Holzes von Quassia amara und
excelsct aus. — Die filtrirte Abkochung des zerkleinerten Quassienholzes
wird bis auf 3/4 vom Gewicht des angewandten Holzes eingedampft, nach
dem Erkalten mit Kalkhydrat versetzt, wodurch Poetin und andere Be-
standteile des Holzes ausgeschieden werdeL. Nach eintägiger Berührung
mit dem Kalk wird das Filtrat fast zur Trockne verdampft und der Rück-
stand mit 80 — 90proceutigem Alkohol ausgezogen. Die Lösung hinterläfst
nach der Verdunstung eine hellgelbe, kristallinische, an der Luft feucht
werdende, bittere Masse, woraus das Quassiin durch wiederholte Behand-
lung mit möglichst wenig absolutem Alkohol, Vermischen der Auflösung
mit viel Aether und Verdunsten des Filtrats erhalten wird. Zuletzt giefst
man die ätherhaltige Lösung auf etwas Wasser und läfst freiwillig ver-
dunsten. Man erhält sehr kleine, weifse, undurchsichtige, wenig glän-
zende Prismen, die luftbestäudig , geruchlos, aber sehr bitter sind. Durch
freiwillige Verdunstung der Auflösung des Quassiins in absolutem Alkohol
oder Aether, ohne Wasser, erhält man es als durchsichtigen Firnifs, der
bei Berührung mit Wasser weii's und undurchsichtig, nicht kristallinisch
wird. Beim Erhitzen schmilzt das Quassiin wie ein Harz und verliert
1,76 pCt. hygroscopisches Wasser; nach dem Erkalten bildet es eino
durchsichtige, etwas gelbliche, sehr spröde Masse. In höherer Temperatur
wird es dünnflüssiger, färbt sich braun, verkohlt und liefert saure, am-
moniakfreie Produkte. 100 Th. Wasser von 12° lösen 0,45 Th. Quassiin
auf; die Löslichkeit wird durch Salze und leichtlösliche organische Sub-
stanzen vermehrt. Die wässerige Lösung wird durch Gerbsäure weifs
gefällt; Iod, Chlor, Sublimat, Eisen- und Bleisalze bringen darin keinen
Niederschlag hervor. In Alkohol, namentlich wasserfreiem, löst sich das
Quassiin sehr leicht, weniger in Aether. Von concentrirter Schwefelsäure
und Salpetersäure von 1,25 spec. Gew. wird es ohne Farbenveränderung
aufgenommen ; beim Erhitzen bildet letztere Säure damit Kleesäure. — Bei
der Analyse des Quassiins erhielt Wiggers 66,77 Kohlenstoff, 6,91 Was-
serstoff und 26,32 Sauerstoff, woraus er die Formel Ci0 HJS 06 entwickelt,
wahrscheinlich ist sie aber C20 H24 06 , wodurch die ungerade Anzahl der
Wasserstoffatome vermieden ist.
Lupulin , Lupulit , Hopfenbitter. — Aus dem gelben Staub der weib-
lichen Hopfenblumen (von Humulus Lupulus') durch Ausziehen mit Alko-
hol, Vermischen des verdampften Auszugs mit Wasser, wodurch Harz
abgeschieden wird. Sättigen der wässerigen Flüssigkeit mit Kalk, zur Ent-
fernung von Gerbsäure und Aepfelsäure, Behandeln des verdampften Fil-
trats mit Aether und Auflösen in Alkohol zu erhalten. — Weifs, gelblich
und undurchsichtig oder röthlichgelb und durchsichtig, geruchlos, hopfen-
artig bitter, löslich in 5 Th. Wasser von 100°, reagirt weder sauer noch
alkalisch, unveränderlich von verdünnten Säuren und Alkalien, leichtlös-
lich in Alkohol, unlöslich in Aether. Liefert bei der trockenen Destillation
ammoniakfreie Produkte. ( [Pagen , Chevallier und Velletan.’) — Der Hopfen-
staub , welcher von Yves auch Lupulin genannt wurde, enthält aufser
diesem Bitterstoff noch ohngefähr 2 pCt. eines farblosen , in Wasser lös-
lichen, flüchtigen aromatischen Oels, welches Schwefel zu enthalten scheint
und ein rotbgelbes, in Alkohol und Aether leicht lösliches Harz.
Lactucin , Lattigbiller ( Lactucariwn). — Aus Lattich (Lac-
tuca settiva, auch Lactuca virosa und L. Scariola ) durch Einschnitte in die
Stengel und Blätter, Sammeln des ausflielsenden Milchsaftes und Trocknen
desselben zu erhalten. Das Sammeln geschieht am besten in den frühen Mor-
genstunden 5 man nimmt den erhärtenden Saft vorsichtig mit einem silbernen
Lactucin, Ergotin.
lill
Messer ab, ohne die Oberhaut zu verletzen. — Hellgraubraune (von
Lactuca sativa ) oder gelbröthlichbraune (von Lactuca virosa}, feste,
zerreibliche, doch etwas zähe, luftbeständige Masse, von
starkem eigentümlichem, opiumähnlichen Geruch und sehr
bitterem Geschmack. Wirkt narkotisch, beruhigend. Ist nur
(heil weise in Weingeist, Aether oder Wasser löslich. — ~
Das eigentliche Lactucin , welches wahrscheinlich den wirksamen Bestand-
teil des Milchsaftes obiger Pflanzen ausmacht, erhält mai^ durch Aus-
ziehen des feinzerriebenen Lactucariums mit einem Gemisch von Weingeist!
und %0 coucentrirtem Essig und Fällen des mit Wasser versetzten Aus-
zugs mit Bleiessig. Das durch Schwefelwasserstoff von überschüssigem
Blei befreite Filtrat wird in gelinder Wärme verdampft und der Rückstand
entweder mit Aether oder besser zuerst mit Alkohol ausgezogen und dann
das alkoholische Extract mit Aether behandelt. Beim Verdunsten der äthe-
rischen Lösung bleibt reines Lactucin. {Walz.} Bildet, wenn es durch
freiwilliges Verdunsten gewonnen ist ^ gelbgefärbte , unter der Loupe als
verworrene Nadeln erkennbare Kristalle; beim schnelleren Verdampfen
erhält man es als gelbliches, körniges, zwischen den Fingern etwas kle-
bendes, geruchloses, stark und anhaltend bitter schmeckendes Pulver. Löst
sich in 60 — 80 Th. kaltem Wasser, leicht in Weingeist, weniger in Ae-
ther. Die Lösungen schmecken sehr bitter, dem frischen Milchsäfte ähn-
lich, reagiren weder sauer noch basisch. Von verdünnter Salz- und Sal-
petersäure wird es nicht zersetzt, Salpetersäure von 1,48 verwandelt es
in ein braunes geschmackloses Harz; concentrirte Schwefelsäure färbt es
braun ; in Essigsäure ist es löslicher als in Wasser. Schmilzt beim Er-
hitzen zu einer braunen Masse; liefert beim Zersetzen mit Alkalien ammo-
niakfreie Produckte. Die wässerige Lösung des Lactucins wird durch kein
Reagens gefällt. Der eingetrocknete Milchsaft des Giftlattichs enthält,
aufser Lactucin , noch Spuren eines ätherischen Oels, eine in Aether leicht
und eine andere in Aether schwer lösliche fette Materie, ein gelbrothes
geschmackloses Marz, grünlichgelbes kratzendes Harz, Zucker, Gummi,
Pectinsäure, eine braune liumusartige Säure, eine braune basische Sub-
stanz, Pflauzeneiweifs, Kleesäure, Citronsäure, Aepfelsäure, Salpeter-
säure, Kali, Kalk und Magnesia. Die von Pfaff und Link als Lactuca -
säure beschriebene Säure ist nichts anderes als Kleesäure (Walz}.
Unter Thridacium , Thridace wird auch ein Produkt verstanden, wel-
ches man durch Auspressen der von dem Mark befreiten Stengel, Blüthen
und Blätter der Pflanze und Verdampfen des filtrirten Safts in gelinder
Wärme erhält. Braungelbes, an der Luft zerfliefsliches, in Wasser leicht
lösliches Extract; röthet Lackmus und besitzt einen dem eingetrockneten
Milchsäfte ähnlichen Geruch und Geschmack. — Das Lactucarium und Thri-
dacium werden, ähnlich dem Opium, als Arzneimittel angewendet. — Hier-
her kann man vielleicht noch das
Opiumextract oder den Extractiv Stoff" des Opiums zählen, welcher
die Hälfte des Opiums ausmacht. Man erhält ihn gelegentlich aus dem
Opium bei Bereitung des Morphiums und der Mohnsäure. Möglichst von
allen Beimischungen befreit ist es eine schvvarzbrauue, harte, im Bruch
glänzende, leicht zerreibliche, sauer reagirende Masse von Opium-Geruch
und Geschmack; schwerlöslich in Wasser, Weingeist und Aether, leicht-
löslich in Essigsäure und ätzenden Alkalien, Säuren fällen die alkalische
Lösung zum Theil, Alkalien die saure. Gallustinktur fällt die wässerige
Lösung stark weifsgelb, salzsaures Eisenoxid färbt sie braunschwarz. Ob
dieses Extract narkotische Wirkungen äufsert, ist nicht untersucht. In
keiuem Fall kann es als ein reines Pfla; zeuprodukt angesehen werden, es
enthält wohl immer noch von den ausgeschiedenen Stoffen. (Vergl. hier-
über, so wüe über Opium-Mark , Magaz. für Pharm. Bd. 15. S. 16*5. und
Annalen der Pharmacie Bd. 5. S. 151 u. 157.)
Ergotin. Von Wiggers 1831 entdeckt. — Macht den wirksamen (?)
Bestandteil des Mutterkorns ( Secale cornutum ) aus. — Man erhält cs.
im
Porphyroxin, Saponin.
nachdem das zerstofsene Mutterkorn mit Aether ausgezogen ist, uro Fett
und Wachs zu entfernen, durch Behandeln desselben mit kochendem Al-
kohol , Verdunsten des Auszugs zur Extractconsistenz und Behandeln des
Extracts mit kaltem Wasser, wo Ergotin zurückbleibt. — Ein braunrothes,
scharf und bitterlich schmeckendes , beim Erwärmen eigentümlich wider-
lich aromatisch riechendes Pulver, weder sauer noch basisch reagirend.
Unschmelzbar, unter Luftzutritt erhitzt verbrennt es unter Ausstofsen eines
eigentümlichen Geruchs. In Wasser (?) und Aether ist es unlöslich,
leicht löslich in Weingeist mit rotbrauner Farbe, Wasser trübt die gei-
stige Lösung; unlöslich in verdünnten Säuren, aber löslich in concentrirter
Essigsäure, Wasser fällt die Lösung graubraun; auch löslich in Aetzkali-
lauge, Säuren fällen die Lösung. Salpetersäure zerstört das Ergotin in
der Wärme und löst es mit gelber Farbe auf, ohne Kleesäure oder Schleim-
säure zu bilden; Vitriolöl löst es mit rotbrauner Farbe, Wasser fällt
daraus einen graubraunen Niederschlag. Das Ergotin wirkt narkotisch (?)
giftig , langsam tödtend. Bestandtheile? (Vergl. Wiggers in den Annalen
der Pharmacie Bd. I. S. 171 ff.).
Porphyroxin. Im bengalischen Opium von Merck gefunden. — Das
gepulverte Opium wird zuerst mit Aether, dann mit Wasser, weiches etwas
kohlensaures Kali enthält, ausgezogen, und nun von neuem mit Aether
gekocht. Der letzte Auszug hinteriäf'st Codein, Thebain und Porphyroxin.
Sie werden in Salzsäure gelöst, und mit Ammoniak gefällt, wobei Codein
gelöst bleibt. Von dem mit niedergefallenen Thebain trennt man das Por-
phyroxin durch Behandlung mit Weingeist. — Das Porphyroxin kristallisirt
in feinen glänzenden Nadeln, ist weder sauer noch basisch, concentrirte
Säuren färben es olivengrün. Weingeist, Aether und verdünnte Säuren
lösen es leicht ohne Farbeuveränderung auf, Alkalien schlagen es aus der
sauren Auflösung als lockere, voluminöse Masse nieder, welche beim Er-
wärmen harzartig zusammenschmilzt und dann leicht zerreiblich ist. Die
Auflösungen in verdünnten Mineralsäuren färben sich beim Kochen rotli,
Alkalien fällen es daraus wieder weifs , es löst sich aber hernach auch in
Essigsäure mit rother Farbe, obschon es im unveränderten Zustande durch
Essigsäure beim Erhitzen nicht gefärbt wird. Die purpurrothe Lösung in
Salzsäure wird durch Gerbstoff und Zinnsalz lackartig, durch Goldchlorid
schmutzigroth, durch Bieizucker rosenroth gefällt. ( Merck .)
Saponin. In der Wurzel von Saponaria officinalis und Gypsophila
Struthium enthalten. Durch Ausziehen der gepulverten Wurzel mit kochen-
dem Alkohol von 36° B., Filtriren, Abdestilliren des Alkohols und wieder-
holtes Behandeln des rückständigen Extracts mit Alkohol, so lange noch
beim Erkalten Saponin herausfällt, erhält man es als eine weifse, unkri-
stalJisirbare, leicht zerreibliche, anfangs süfsliche, dann anhaltend scharf,
stechend kratzend schmeckende, geruchlose Masse. Das Pulyer erregt, in
der geringsten Menge in die Nase gebracht, heftiges Niesen. Das Saponin
reagirt weder sauer noch basisch, lost sich leicht in Wasser; auch die sehr
verdünnte wässerige Lösung schäumt noch stark beim Schütteln. Es ist in
500 Th. wasserfreiem, siedendem Alkohol löslich, und fällt beim Erkalten
der Lösung wieder gröfstentheils heraus; wässeriger Weingeist löst es
leichter; in Aether ist es unlöslich. Salpetersäure von 1,33 spec. Gew.
zersetzt das Saponin in ein saures gelbes Harz, Schleimsäure und Klee-
säure; Alkalien verwandeln es in Saponinsäure. — Nach einer Analyse
von Bussy enthält das Saponin in 100 Th. 51,0 Kohlenstoff, 7,4 Wasser-
stoff und 41,6 Sauerstoff. — Bis jetzt ist das Sapouin nicht officinell. Die
Wurzel dient zum Reinigen der Zeuge.
Saponinsäure CAescnlinsäiire , Fremy). Entsteht bei Behandlung von
Saponin mit Säuren und Alkalien. Löst man Saponin in verdünntem wäs-
serigem Kali auf, verdampft zur Trockne und zieht den Rückstand mit
Alkohol aus, so löst sich saponinsaures Kali in dem Weingeist auf, das
bei Zerlegung mit einer Säure die Saponinsäure liefert. Weifses Pulver,
unlöslich in kaltem, schwerlöslich in heifsem Wasser, leichtlöslich in Al-
kohol, unlöslich in Aether. Schmilzt in höherer Temperatur unter Zer-
Smilacin, Guajacin.
1113
Setzung und liefert bei der trockenen Destillation kein kristallinisches Pro-
duct. Die Saponinsäur© ist eine so schwache Säure , dafs sie die Kohlen-
säure aus ihren Verbindungen nicht auszutreiben vermag. - Besteht nach
der Analyse aus 57,3 Kohlenstoff, 8,3 Wasserstoff und 34,4 Sauerstoff,
was der Formel C26 H46 012 entspricht. CFremyJ
Smilacin. — Sy non. : Pariglin, Salseparin , Parillinsäure. — Von
Pallota in der Sarsaparille (von Smüax Sarsaparilla ) gefunden. — Kri-
stallisirt aus dem bis auf % verdampften und durch Thierkohle entfärbten
alkoholischen Auszug der Wurzel. Durch Umkristallisiren wird es rein
erhalten (Thuebeuf , PoggiaW). Das durch freiwillige Verdunstung der
alkoholischen Auflösung kristallisirte Smilacin bildet feine, färb- und ge-
schmacklose Nadeln. Leichtlöslich in kochendem Wasser und Alkohol,
schwieriger in kaltem ; auch in Aether, flüchtigen und wenig in fetten Oelen
löslich; die wässerige und alkoholische Auflösung schäumt beim Schütteln.
Löst sich in verdünnten Säuren und Alkalien und scheidet sich bei der
Neutralisation dieser Auflösungen wieder unverändert ah. Von Salpeter-
säure wird es theilweise zersetzt, Schwefelsäure färbt es zuerst dunkel-
roth, dann violett, endlich gelb, durch Wasser wird es daraus wieder
gefällt.
Das Smilacin ist von Poggiale, Thuebeuf und Petersen auf seine Zu-
sammensetzung untersucht worden. Es enthält 8,56* pCt. Wasser und nach
der Analyse des letzteren 6*3,63 Kohlenstoff, 9,09 Wasserstoff und 27,28
Sauerstoff, woraus sich die Formel C1S II26 05 entwickelt, welche 63,39
Kohlenstoff, 8,96 Wasserstoff und 27,64 Sauerstoff verlangt.
Unter dem Namen Chinovabitter beschrieb Winkler eine von ihm aus
der China nova dargestellte Substanz, von welcher Büchner jun. zeigte,
dafs sie in ihren Eigenschaften mit dem Smilacin identisch sey. Nach der
Analyse von Petersen enthält es 67,61 Kohlenstoff, 8,99 Wasserstoff und
23,40 Sauerstoff, was der Formel C1S H24 04 entspricht, welche sich von
der des Smilacins nur durch 1 At. Wasser unterscheidet, welches das
letztere mehr enthält.
Senegin , Polygalasäure , Poly galin. — Von Gehlen zuerst entdeckt,
später von Feneulle , Peschier und am ausführlichsten von Quevenne un-
tersucht. Ist in der Polygala Senega und virginea enthalten. — Man er-
hält es, indem man den wässerigen Auszug der Polygala mit JBleizucker
fällt, die von dem Niederschlag abfiltrirte Flüssigkeit durch Schwefel-
wasserstoff vom Blei befreit, verdampft, den Rückstand mit Alkohol von
86° auszieht, wieder verdampft, das alkoholische Extract, nachdem es
vorher mit Aether behandelt wurde, in Wasser löst und mit basisch essig-
saurem Bleioxid fällt. Der so erhaltene Niederschlag liefert, nach dem
Auswaschen, Zersetzen mit Schwefelwasserstoff und Behandeln des ver-
dampften Filtrats mit Alkohol, das Senegin im reinen Zustande. — Es ist
weifs, pulvrig, geruchlos, anfangs fast geschmacklos, später jedoch sehr
scharf, im Schlunde zusammenziehend wirkend ; an der Luft unveränder-
lich; erregt im gepulverten Zustande Niesen; nicht flüchtig; in kaltem
Wasser langsam, in heifsem leichter, auch in Alkohol löslich, unlöslich
in Aether, Essigsäure, fetten und ätherischen Oelen. Das Senegin zer-
setzt die kohlensauren Alkalien nicht. Es löst sich leicht in ätzenden al-
kalischen Flüssigkeiten ohne sie zu neutralisiren. — Läfst man Senegin
24 Stunden mit einem grofsen Ueberschufs concentrirter Salzsäure in Be-
rührung, so wird es gallertartig, in Wasser fast unlöslich und in seinen
Eigenschaften überhaupt verändert.
Quevenne fand bei der Analyse des Senegins 55,70 Kohlenstoff,
7,53 Wasserstoff und 36,77 Sauerstoff, was der Formel C22 H36 On ent-
spricht.
Guajacin. Von Trommsdorff in dem Guajakholz und der Rinde ent-
deckt. — Wird erhalten, indem das Holz oder die Rinde mit Alkohol aus-
Gdßcr’t Pharmacic. L ( 5<e jlafl.)
1114
Piumbagin, P eueedanin.
gezogen, der Alkoholauszug mit Wasser vermischt, abdestillirt, die wäs-
serige Flüssigkeit vom Harz getrennt, zur Trockne verdampft, der Rück-
stand mit Alkohol behandelt, der geistige Auszug verdampft, der trockene
Rückstand in Wasser aufgenommen und das Filtrat mit einer starken
Säure, verdünnter Schwefelsäure u. s. w. , versetzt wird, so lange ein
Niederschlag entsteht, den man mit Wasser auswäscht. — Es ist eine
dunkelgelbe, feste Masse, die zerrieben ein hellgelbes Pulver gibt; luft-
beständig, geruchlos, schmeckt sehr kratzend, der Senega ähnlich und
bitter; in kaltem Wasser wenig, aber leicht in heifsem , leichter in Alkohol
löslich, die Lösungen reagiren weder sauer noch basisch; unlöslich in
Aether. Alkalien verändern die wässerige Lösung nicht ; starke Säuren
fällen aber das Guajacin als ein gelbes Pulver, das später harzartig zu-
sarnmenklebt , schwere Metallsalze fällen sie nicht, nur ßleiessig bewirkt
schwache Trübung. Beim Erhitzen bläht es sich auf, entwickelt aroma-
tisch riechende, ammoniakfreie Dämpfe und verbrennt unter Luftzutritt.
Salpetersäure verwandelt es anfangs in eine gelbe harzige Substanz, später
bildet sieb Kleesäure. — An sich nicht officinell. Macht jedoch einen wirk-
samen Bestandteil des Guajaks aus, und ist die Ursache des kratzenden
Geschmacks des Guajakharzes. — Vergl. Trommsdorff in dessen Journal
n. R. Bd. 21. St 1. &. 10.
Plumbagin. — Von Bulong (VAslafort aus der Wurzel von Plumbago
europaea 1828 erhalten. Man zieht die Wurzel mit Aether aus und
dampft ab, den Rückstand behandelt man wiederholt mit kochendem Was-
ser, wo unreines Plumbagin kristallisirt , welches durch wiederholtes Lö-
sen in Aether oder ätli er haltigem Weingeist und Verdampfen zu reinigen
ist. Aus dem Wurzelrückstand läfst sich noch durch Behandeln mit Alko-
hol, Aether u. s. w. Plumbagin ausziehen. — Das Plumbagin kristallisirt in
feinen, oft büschelförmig vereinigten orangegelben Nadeln oder Prismen,
von anfangs süfslich reizendem, dann brennend scharfem Geschmack; ist
leicht schmelzbar und verflüchtigt sich in der Hitze zum Theil unverän-
dert; reagirt weder sauer noch alkalisch; ist kaum löslich in kaltem, aber
mehr löslich in heifsem Wasser, leicht löslich in Alkohol und Aether;
Wasser trübt die geistigen Lösungen, kalte concentrirte Schwefel- und
Salpeter -Säure bilden damit eine gelbe Lösung, woraus Wasser gelbe
Flocken niederschlägt ; Alkalien färben die wässerige Lösung schön kirseb-
rotk, Säuren stellen die gelbe Farbe wieder her. Bleiessig färbt sie auch
roth, unter Bildung eines carmoisiurothen Niederschlags. Neben Plumbagin
enthält die Wurzel ein wenig untersuchtes Fett, welches den Händen eine
bleigraue Farbe ertheilt, woher die Wurzel ihren Namen hat.
Arthamtin, Cyclcimin. Von Saladin , dann Büchner und Herberger
aus dem Schweinsbrod (der Wurzel von Cyclamen europmeum ) dargestellt.
— Wird erhalten, indem man die frische Wurzel mit Weingeist auszieht,
den Auszug verdampft, den Rückstaud zuerst mit Aether, dann mit kaltem
Wasser behandelt, das Ungelöste ist Artbanitin, welches man wieder in
Alkohol auflöst, mit Thierkohle behandelt, und kristallisirt. — Eigenschaf-
ten: Es kristallisirt in zarten weifsen Nadeln, die geruchlos sind, aber
äufserst scharf kratzend und brennend schmecken, reagirt weder sauer
noch basisch, wirkt brechenerregend und purgirend. In Wasser ist es
schwerlöslich , 1 Theil bedarf gegen 500 Theile, leichtlöslich in Alkohol,
unlöslich in Aether und Oelea. Wird leicht zerstört, schon in der Koch-
hitze des Wassers wird es verändert und verliert seine Schärfe und leichte
Löslichkeit in Alkohol. Concentrirte Schwefelsäure färbt es lebhaft vio-
lett, und verkohlt es in der Wärme. (Journal de chimie medicale t. VI.
p. 417. und Buchner’s Repertorium Bd. 87. S. 36.)
Peucedanin. — Von Sclilatter 1832 in der Haarstrangwurzel (von
Peucedanum officinale ) entdeckt. — Formel: C4 H4 O ( Erdmann , Zöp-
pritz ). — Wird durch Ausziehen der Wurzel mit Weingeist und Ver-
dampfen des Auszugs erhalten, das man durch Waschen mit Wasser und
Alkohol und wiederholtes Umkristallisiren aus Aether von beigemengtem
Harz reinigt. — Kristallisirt in büschelförmig vereinigten, zarten, lockern.
Imperatorin, Fraxinin.
1115
glänzend weifsen, durchsichtigen Prismen , ist geruchlos , auch fast ge-
schmacklos, schmilzt bei 60° ohne Gewichtsverlust und wird nur langsam
wieder fest, indem es zuerst einen zähen durchsichtigen Syrup bildet, in
welchem sich nach und nach einzelne undurchsichtige Kerne bilden, bis
endlich das Ganze zu einer wachsähnlichen Masse erstarrt. Beim Umrüh-
ren geht das Erstarren oft augenblicklich vor sich. Unlöslich in kaltem
und kochendem Wasser, wenig löslich in kaltem SOprocentigem Alkohol,
leichter in heifsem; durch Wasser wird es daraus wieder gefällt. Die
Auflösung schmeckt brennend scharf und anhaltend kratzend, ist neutral.
Leicht löslich in Aether, auch in fetten und flüchtigen Oelen. Wässerige
Säuren lösen es nicht, aber wässerige Alkalien, Säuren schlagen daraus
das Peucedanin unverändert nieder. Concentrirte Schwefel», Salz- und
Essigsäure wirken in der Kälte nicht darauf, concentrirte Salpetersäure
bildet damit beim Erwärmen unter Zersetzung eine goldgelbe Flüssigkeit,
die durch Wasser nicht getrübt wird; mit lod und Chlor geht es Verbin-
dungen ein, die nicht näher untersucht sind. — Die Niederschläge, welche
eine weingeistäge Auflösung des Peucedanins mit mehreren Metallsalzen,
schwefelsaurem Kupferoxid und essigsaurem Bleioxid bildet, enthalten kein
Peucedanin. Mit essigsaurem Kupferoxid erhielt Erdmann einen Nieder-
schlag, der 45,3 — 44,3 pCt. Kupferoxid enthielt. Beim Auflösen von
wahrscheinlich aus alten Wurzeln dargestelltem Peucedanin in Aether
blieb eine, bis auf die Unlöslichkeit in Aether, mit Peucedanin sich gleich
verhaltende, weifse pulvrige Substanz zurück, deren Analyse zu der For-
mel C8 H8 03 führte, die sich von obiger, doppelt genommen, nur durch
1 At. Sauerstoff unterscheidet, den letztere mehr enthält. ( Erdmann. )
Imperatorin. — Von Osann 1831 in der Meister wurzel (von Impera-
toria Ostrntiuni) gefunden. Formel: C24 Ha4 05 ( [Fr . Böbereiner). — Wird
durch Ausziehen der Wurzel mit Aether erhalten. — Kristallisirt in farblos-
durchsichtigen, langen und schiefen rhombischen Prismen, ist geruchlos,
schmeckt sehr scharf und brennend, reagirt weder sauer noch basisch,
schmilzt bei 75° und erstarrt wieder zu einer strahligen Masse von 1,193
spec. Gew.; in höherer Temperatur wird es zersetzt, unter Verbreitung
eines scharfen Geruchs. Unlöslich in Wasser; löslich in Alkohol, Aether,
Terpentinöl und Olivenöl. Aus der Auflösung in Kalilauge wird es durch
Säuren unverändert gefällt; in Schwefelsäure löst es sich mit braunrother,
in Salpetersäure mit gelber Farbe; durch Wasserzusatz scheidet es sich
wieder ab. Iod geht damit eine braunrothe Verbindung ein, welche das
lod beim Erwärmen wieder fahren läfst. ( Wackenroder .)
Phillyrin. — Von Carbonieri in der Rinde von Phillyrea media und
latifolia aufgefunden. — Die Rinde wird durch Kochen mit Wasser er-
schöpft, die Flüssigkeit etwas verdampft, mit Eiweifs geklärt und mit
Kalkmilch etwas im Ueberschufs versetzt. Nach längerem Stehen wird
das Abgesetzte abfiltrirt, geprefst, der schwarzgrüne Rückstand wieder-
holt mit Alkohol behandelt und der durch Thierkohle entfärbte Auszug
nach dem Filtriren und Abziehen des Alkohols mit Wasser versetzt. Bei
gelindem Verdampfen kristallisirt das Pbyllinn in silberglänzenden Blät-
tern. Es ist geruchlos, anfangs geschmacklos, dann bitter; wenig löslich
in kaltem , leichter löslich in heifsem Wasser und in Alkohol ; in Aether
ist es wenig, in ätherischen und fetten Oelen gar nicht löslich. Concen-
trirte Schwefelsäure löst es, unter Zersetzung, mit rothbrauner Farbe.
Salpetersäure erzeugt damit ein gelbes Harz, keine Oxalsäure. Von ver-
dünnten Säuren und Alkalien wird es in nicht gröfserer Quantität als von
Wasser aufgenommen.
Fraxinin. — Von Keller , welcher es aus der Rinde von Fraxinus
excelsior darstellte, für eine organische Base gehalten, was aber von
Büchner und Herberger widerlegt wurde. — Der Auszug der Rinde wird
mit Bleiessig gefällt, das Filtrat durch Schwefelwasserstoff vom Blei be-
freit und verdampft, wo das Fraxinin kristallisirt. — Feine sechsseitige,
an der Luft unveränderliche Prismen. Leicht in Wasser und Weingeist *
1Ü6
Tanghinin^ Meconin.
schwer in Aether löslich. Die wässerige Lösung schmeckt sehr bitter und
schillert, wahrscheinlich in Folge beigemischten Polychroms.
Tanghinin. — Von Henry j. und Olivier aus den von dem fetten Ocle
befreiten Mandeln von Tanghinict madagascariensis durch Ausziehen mit
Aether und Verdunsten durgestellt. — Kristallisirt aus der Auflösung in
Alkohol von 0,815 spec. Gewicht in durchsichtigen, glänzenden, an der
Luft verwitternden Schuppen. Löslich in Wasser; schmilzt beim Erhitzen;
zeigt weder saure noch basische Eigenschaften und ist stickstofffrei. Schmeckt
äufserst brennend, bitter; wirkt, innerlich genommen, giftig.
Melampyrin . — Von Hünefeldt aus Melampyrum nemorosum darge-
stellt. — Die getrocknete, anfangs der Bliithezcit gesammelte Pflanze wird
mit Wasser ausgekocht. Aus dem zur Consistenz eines Mellago einge-
dampften Auszuge scheidet sich nach längerem Stehen das Melampyrin
krystallinisch aus. Aus der von den Kristallen abgegossenen Flüssigkeit
läfst sich durch Fällen mit Bleisalzen, Kochen des Filtrats mit Bleiweifs,
Ausfällen des Blei’s aus der Flüssigkeit durch Schwefelwasserstoff und
Eindampfen noch mehr gewinnen. — Färb-, geruch- und geschmacklose,
wasserhelle Säulen, leichtlöslich in Wasser, wenig in Weingeist, unlöslich
in Aether. Es ist stickstofffrei, vollkommen neutral und wird durch Blei-
und andere Metalloxidsalze nicht gefällt.
Meconin. — Von Couerhe 1833 im Opium entdeckt. Formel: C4 ET*
O* C?) C Couerbe). — Wird erhalten, indem Opium mit Wasser erschöpft,
der Auszug bis auf 8° Baume verdampft und mit verdünntem Ammoniak
versetzt wird, so lange ein Niederschlag entsteht. Dieser wird mit Wasser
wohl gewaschen, sämmtliche ammoniakalische Flüssigkeiten zur Syrup-
dicke verdampft und 14 Tage bis 3 Wochen an einen kühlen Ort hinge-
stellt, wo unreines Meconin mit mohnsauren Salzen u. s. w. anschiefst.
Die zwischen Fliefspapier geprefsten Kristalle werden in kochendem Al-
kohol von 36° Baume gelöst, der Alkohol bis auf */5 abdestillirt ; beim Er-
kalten fällt Meconin nieder; durch ferneres Verdampfen der Mutterlauge
erhält man noch mehr. Man reinigt die Kristalle wieder durch Pressen
und bringt sie mit kochendem Wasser in Berührung; das Meconin schmilzt
ölartig und löst sich ; man setzt so viel 'Wasser zu , bis alles durch Kochen
gelöst ist, entfärbt die braune Flüssigkeit mit Thierkohle und filtrirt; beim
Erkalten schiefst Meconin an, das durch Umkristallisiren aus Aether ge-
reinigt wird. Das dem rohen Morphium -Niederschlag noch anhängende
Meconin kann man durch Behandlung mit Aether gewinnen, wodurch letz-
teres neben Narcotin gelöst wird; man behandelt das vom Aether befreite
unreine Meconin mit kochendem Wasser und Thierkohle, wodurch es von
Narcotin und färbender Substanz befreit wird. — Das Meconin kristallisirt in
weifsen, sechsseitigen Prismen, mit 3 Flächen zugespitzt, ist geruchlos,
anfangs geschmacklos, später scharf schmeckend, reagirt weder sauer
noch basisch, schmilzt bei 90° und destillirt bei 155° ohne zerlegt zu
werden; beim Erkalten erstarrt es zu einer weifsen fettähnlichen Masse;
verbrennt, an der Luft erhitzt, mit heller Flamme. Von kaltem Wasser
erfordert es 266 Th., von kochendem etwas über 18 Tb. zur Lösung,
wobei es zuvor ölartig schmilzt; in Alkohol und Aether ist es viel leichter
löslich, ebenso in ätherischen Oelen. Die wässerige Lösung wird durch
Bleiessig gefällt. Von Alkalien, uicht aber von Ammoniak, wird das Me-
conin aufgelöst, ebenso von Salz- und Essigsäure. — Mit dem halben Ge-
wicht Wasser verdünnte Schwefelsäure löst das Meconin klar und farblos
auf, beim Erwärmen und Verdunsten wird die Flüssigkeit dunkelgrün.
Alkohol verwandelt die grüne Farbe in rosenroth, beim Verdunsten wird
sie wieder grün. Wasser fällt daraus braune Flocken, unter rotli er Fär-
bung der Flüssigkeit, welche durch Concentration wieder grün wird u. s. f.
Ammoniak erhöht die rothe Farbe der verdünnten Flüssigkeit. Die durch
Wasser gefällte braune Substanz löst sich in Schwefelsäure mit grüner,
in Alkohol und Aether mit dunkel rosenrother Farbe. Blei-, Zinnsalze
und Alaun fällen aus der alkoholischen Auflösung schöne Lackfarben. —
Mechloinsfture, Cubebin. 111T
Salpetersäure verwandelt das Meconin in Nitromeconinsäure, Chlor in
Mechloinsäure (siehe unten).
Mechloinsäure , Mechlorsäure ( Acide mechloique). Entsteht bei Ein-
wirkung von Chlor auf Meconin. Formel: C14 HJ4 010 QCouerbe'). — Be-
handelt man geschmolzenes Meconin mit Chlorgas, so erhält man eine
blutrothe Masse, welche beim Erkalten zu gelbrothlichen Nadeln erstarrt,
die fast unlöslich in Wasser, wenig löslich in Aether, aber leicht löslich
in kochendem Aikohol ist, woraus sie beim freiwilligen Verdunsten in
weifsen körnigen Kristallen anschiefst, mit einer gelben klebrigen, durch
Aether zu entfernenden harzähnlichen Masse gemengt. Die farblosen Kri-
stalle schmelzen bei 125°, verflüchtigen sich unter theilweiser Zersetzung
bei 190 — 192° als gelbe Oeltropfen, welche wieder kristallinisch erstar-
ren. Sie enthalten 5,43 Chlor, welches durch Silberoxid oder Kali entfernt
werden kann. Aus der kochenden Auflösung in Aetzlauge krystallisirt ,
nach dem Sättigen mit Salpetersäure , die Mechloinsäure in weifsen, perl-
mutterglänzenden Blättchen oder kurzen vierseitigen Prismen, die bei 160°
schmelzen und bei 165° flüchtig sind. Durch Behandlung der weingeistigen
Lösung der chlorhaltigen Kristalle mit Silberoxid und Verdampfen des Fil-
trats erhält man die Säure ebenfalls. Sie reagirt stark sauer, ist in kochen-
dem Wasser, Weingeist und Aether löslich; die Auflösung wird durch
Blei- und Kupfersalze gefällt. Von Schwefel- und Salzsäure wird die
Mechloinsäure nicht zersetzt, wohl aber von Salpetersäure.
Die liarzähnliclie Materie, welche sich neben den chlorhaltigen körni-
gen Kristallen aus dem Meconin bildet, und die durch Vermischen der
Mutterlauge mit Wasser erhalten wird, enthält nach der Entfernung von
allem Chlor durch Kochen mit kohlensaurem Natron 47,3 Kohlenstoff, 3,7
Wasserstoff und 48,9 Sauerstoff. ^Couerbe').
Nitromeconinsäure , Meconinsalpetersäure. — Zersetzungsproduct des
Meconins durch Salpetersäure. — Concentrirte Salpetersäure löst das Me-
conin mit schön goldgelber Farbe auf; die Lösung wird durch Wasser
gefällt. Beim Verdampfen der Auflösung bleibt eine gelbe kristallinische
Masse zurück, welche aus der Auflösung in kochendem Wasser in gelben
regelmäfsigen Kristallen anschiefst. Die Auflösung in Wasser und Alkohol
reagirt sauer, ist gelb, die in Aether farblos, und wenige Tropfen Aether
reichen hin, die Farbe der ersteren Lösungen zu vernichten. Die Kristalle
schmelzen bei 150°, sublimiren bei 190° theilweise unverändert, unter
Verbreitung nach bitteren Mandeln riechender Dämpfe. Concentrirte Säu-
ren lösen die Nitromeconinsäure ohne Veränderung, beim Verdünnen mit
Wasser verschwändet die Farbe und die Säure kristallisirt in weifsen
glänzenden Prismen heraus. Alkalien lösen sie leicht mit intensiv roth-
gelber Farbe, Eisensalze fällen die wässerige Lösung röthlicligelb, Kupfer-
salze grün. — Couerbe , welcher diese Säure entdeckte , fand bei ihrer
Analyse 50,32 Kohlenstoff, 3,94 Wasserstoff, 6,36 Stickstoff und 39,37
Sauerstoff, woraus er die Formel C20 Hlg N2 012 entwickelt, welche auch
durch C20 H,s Or -4- N2 0* oder durch C20 H18 09 N2 05 ausgedrückt wer-
den kann.
Cubebin. — Von Soubeiran und Capitaine aus den Cubeben (von Viper
Cubeba) zuerst rein dargestellt. — Das bei der Bereitung des ätherischen
Cubebenöls zurückbleibende Mark wird mit Alkohol ausgezogen und das
alkoholische Extract mit Aetzkali behandelt. Man wäscht das gefällt©
Cubebin mit etwas Wasser und reinigt es durch wiederholte Kristallisa-
tionen aus Alkohol. — Es ist weifs, geruch- und geschmacklos, aus klei-
nen Nadeln gruppenförmig vereinigt; verliert im leeren Kaume bei 200°
nichts an Gewicht und ist nicht flüchtig. In Wasser und kaltem Alkohol
nur wenig löslich; 100 Th. absoluter iösen bei 12° 1,31, Alkohol von
82° löst 0,70 Th., in der Siedhitze aber so viel, dafs die Flüssigkeit beim
Erkalten zu einer Masse gesteht. 100 Th. Aether lösen bei 12° 3,75 Th.
Cubebin auf; es ist auch in Essigsäure, ätherischen und fetten Oelen lös-
lich. Mit concentrirter Schwefelsäure färbt es sich roth. Es ist neutral
und scheint keine Verbindungen einzugehen, so dafs sein wahres Atom-
1118
Kämpfend, Ama nitin.
gewicht nicht bestimmt werden konnte. — Der Analyse zufolge enthält es
67,90 Kohlenstoff, 5,64 Wasserstoff und 26,45 Sauerstoff, was am näch-
sten der Formel C54 Hä4 OI0 entspricht, die 68,19 Kohlenstoff, 5,56 Was-
serstoff und 26,25 Sauerstoff verlangt.
Monheim beschreibt als Cubebin eine bei der Analyse der Cubeben
erhaltene gelbgrüne, bei 24° schmelzende und bei 36° siedende, theilweise
flüchtige Materie, deren Eigenschaften sich mit den Angaben von Sou -
beiran und Capitaine über das reine Cubebin nicht vereinigen lassen. Es
ist wahrscheinlich, dafs Monheim’ s Cubebin ein Gemenge mehrerer Sub-
stanzen ist.
Kämpferid. — Von Brandes aus der Radix Galangae dargestellt. — -
Durch Ausziehen der Wurzel mit Aether im Deplacirungsapparat erhält
man das Kämpferid mit einem balsamischen , braunen , zähen Körper ge-
mengt, von dem es durch sehr oft wiederholtes Auflösen in Weingeist und
freiwilliges Verdunsten getrennt wird; das Kämpferid bleibt immer in Auf-
lösung, während der braune Stoff sicli zuerst abscheidet. — Es ist ge-
schmack- und geruchlos, im reinen Zustande wahrscheinlich weifs, sonst
immer gelblich, schmilzt erst über 100”, löst sich in 25 Th. Aether bei
15° , weniger leicht in Alkohol und kaum in Wasser. Essigsäure löst es
beim Erhitzen auf , Ammoniak bringt in dieser Auflösung einen Niederschlag
hervor, der in überschüssigem Ammoniak sich wieder löst. Schwefelsäure
färbt es schön blaugrün, Aetzkali löst es mit gelber Farbe, kohlensaures
Kali unter Entwickelung von Kohlensäure. Bei der Analyse fand Brandes
65,347 Kohlenstoff, 4,265 Wasserstoff und 30,388 Sauerstoff.
Olivil. — Von Pelletier aus dem Oelbaumhar% , Olivengummi (von
Olea europaea') durch Auflösen desselben in wässerigem Alkohol und Ver-
dunsten des Filtrats erhalten, wo das Olivil kristallisirt. Von beigemeng-
tem Harz befreit man es durch Behandlung mit Aether und Auflösen in
Alkohol. — Kristallisirt in weifsen, plattgedrückten Nadeln oder bildet ein
weifses, stärkmehlartiges Pulver; geruchlos, schmeckt reizend bittersüfs,
etwas aromatisch, schmilzt bei 70° und erstarrt beim Erkalten zu einer
blafsgelben, harzartigen Masse; in höherer Temperatur wird es, ohne
Ammoniak zu bilden, zersetzt. Wenig löslich in kaltem, löslich in 32 Th.
kochendem Wasser; die wässerige Lösung wird beim Erkalten milchig,
ohne Olivil abzusetzen, essigsaures Bleioxid fällt sie flockig. In kochen-
dem Alkohol ist das Olivil in allen Verhältnissen, in kaltem weniger lös-
lich, unlöslich in Aether. In Alkalien und concentrirter Essigsäure ist es
ebenfalls, nicht aber in verdünnter Schwefelsäure löslich. Salpetersäure
löst es mit dunkelrother Farbe auf, beim Erhitzen entsteht Oxalsäure und
ein bitterer Stoff. Concentrirte Schwefelsäure verkohlt es. Bei der Ana-
lyse erhielt Pelletier 63,84 Kohlenstoff, 8,06 Wasserstoff und 28,10
Sauerstoff, woraus sieb die Formel C6 H9 02 entwickelt.
Olivin oder Olivit wird nach Länderer erhalten durch Auskochen der
Blätter des Olivenbaumes COlea europaea ) mit säurehaltigem Wasser, Coa-
centriren des Auszugs und üebersättigen mit Ammoniak, wodurch ein
gelbgrüner Niederschlag gefällt wird, den man in Chlorwasserstoffsäure
löst, mit Blutkohle entfärbt und durch Alkali fällt. Wird dieser in Alkohol
gelöst, so erhält man beim Verdampfen farblose Kristalle von bitterm Ge-
schmach, unlöslich in Wasser, leichtlöslich in Säuren, ohne jedoch damit
kristallisirbare Verbindungen zu geben. In der Hitze schmilzt das Olivin
und bräunt sich unter Verbreitung aromatischer Dämpfe.
Amanitin nennt Letellier den, bis jetzt nicht im reinen Zustande dar-
gestellten giftigen Stoff von Agaricus muscarius , A. bulbosus und anderer
Blätterschwämme. — Durch Erhitzen des ausgeprefsten Saftes zur Ab-
scheidung des Eiweifses, Fällen des Filtrats mit basisch essigsaurem Blei-
oxid, Entfernen des überschüssigen Blei’s aus der Flüssigkeit mittelst
Schwefelwasserstoff, Verdampfen, Behandeln des Rückstandes mit Aether
und Wiederauflöseu in Alkohol erhielt er als Rückstand der letzteren Lö-
sung eine braune, unkristallisirbare , geschmack« und geruchlose Masse,
Lecanorin, Orcin, Erythrin. Ü1D
welche durch verdünnte Säurea und Alkalien nicht versetzt wird , sich in
Wasser nichtig aber in wasserfreiem Weingeist und Aether löst.
Substanzen^ welche weder saure noch basische Eigenschaften; einen
bitteren oder gar keinen Geschmack besitzen und deren Existenz zum
Theil noch problematisch ist; indem die darüber vorhandenen Angaben sehr
unvollständig sind, sind ferner noch folgende:
Alchortiin, aus der Rad. Alcornoco von Hedwigia vivgiltoides. (Biltz.
Frenzei .)
Alismin , in Alisma Plantago. {Juch.)
Arnicin, in Arnica montana. { Chevallier und Lassaigne.)
Asclepin , in der Wurzel von Asclepias gigantea. { Faure .)
Buenin , in der Rinde von Buena hcxandra. ( Büchner ,)
Canellin, in der Canella albet. ( Petroz und Robinet. )
Cascarillin , in der Rinde von Croton Elateria. {Brandes.)
Cassiin , in der Cassia fistula. ( Caventou .)
Colletiin , in der Colletia spinosa. { Reufs .)
Coriarin , in den Blättern von Coriaria myrtifolia. ( Peschier , Esen -
beck.)
Corticin, in der Espenrinde. ( Braconnot .)
Baliscin , in Datisca cannabina. {Braconnot.)
Diosmin, in den Buccoblättern; von Diosma crenaia. {Brandes.)
Evonymin , in den Früchten von Evonymus europaeus. {Biederer.)
Fagin, in de« Buchein ? von Fagus sylvatica. {Büchner und Her berget'.)
Geraniin, in den Geraniaceen. {Müller.)
Granatin, aus unreifen Granatfriicliten. {Länderer.)
Guacin , in den Guacoblättern. {Faure.)
Hyssopin, in Eyssopus officinalis. {Trommsdorff.)
Ligustrin, in der Rinde von Ligustrum vulgare L. {Polex.)
Primulin, in der Wurzel von Priniula veris. {Eiinefetdt.)
Pyrethrin , in der Wurzel von Anthemis Pyrethrum. {Parisei.)
Rhamnusbitter , in Rhamnus frangula. {Gerber.)
Scutellarin , in Scutellaria lateriflora. {Cadet de Gassicourt.)
Serpentarin , in der Wurzel von Aristolochin Serpentaria. {Chevallier
und Lassaigne.)
Spartiin , in »S 'partium monospermum.
Spigelin, in der Wurzel und den Blättern von Spigelia anthelmia,
C Feneulle .)
Taraxacin , in Leontodon Taraxacum. {Polex.)
Tremellin , in Tremella mesentherica. {Brandes.)
Zedoarin, in der Wurzel von Curcuma aromatica. {Trommsdorff.)
Anhang.
Lecanorin, Orcin, Erythrin.
Als Uebergang zu den stickstoffhaltigen Bestandteilen der Pflanzen
wird in dem Folgenden eine Anzahl von farblosen stickstofffreien Materien
abgehandelt; welche bei Gegenwart von Luft und Ammoniak roth oder
blau gefärbte Verbindungen liefern; die Stickstoff als Bestandteil und
zwar in einer andern Form als im Ammoniak enthalten. Hierher gehören
die Farbstoffe der Orseilie und des Lackmus ; die man aus sehr verschie-
denen Flechten durch einen Fäulnifs- und Verwesungsprocefs bei Gegen-
wart von Urin; Kalk; Alaun und weifsem Arsenik gewinnt.
Unter dem Namen Orcin und Erythrin sind von Robiquet und Heeren
die farblosen Bestandteile der Variolaria oreina , des Lichen roccella ,
Lecanora tartarea beschrieben worden; allein diese Materien bedürfen in
Hinsicht auf den Zustand ; in welchem sie in den Flechten enthalten sind ;
einer neuen Untersuchung; deren Notwendigkeit sich aus der Beschreibung
der folgenden Versuche von Schunck von selbst ergeben wird.
tm
Lecanorin.
Lecanorin . Werden nemlich die Farbeflechten , hauptsächlich diejeni-
gen, welche Variolaria lactea enthalten, (am besten in einem Deplaci-
rungsapparate) mit Aether ausgezogen und die erhaltene grünliche Auflö-
sung verdunstet, oder der gröfste Theil des Aethers durch Destillation
davon getrennt, so erhält man beim Erkalten des Rückstandes einen Brei
von feinen grünlich gefärbten Kristallen, die man durch Abwaschen auf
eiuem Trichter mit kaltem Aether, Auflösen und Kristallisiren aus Alkohol
vollkommen weifs und rein erhält.
Dieser Körper, den Schnnck Lecanorin nennt, ist in Wasser unlös-
lich, schwerlöslich in kaltem, leichter in kochendem Alkohol, leicht lös-
lich in Aether und Essigsäure, er erleidet durch Contact mit Alkalien eine
sehr merkwürdige Veränderung, er zerlegt sich nemlich damit bei ge-
wöhnlicher Temperatur in einigen Stunden, beim Sieden augenblicklich in
Kohlensäure und in einen neuen Körper, der identisch in allen seinen
Eigenschaften mit dem von Robiquet entdeckten Orciu ist.
Das Lecanorin ist in allen wässerigen Alkalien, so wie in Ammoniak 1
leicht löslich, und diese Auflösung giebt unmittelbar darauf, nachdem man
sie gemacht hat, mit Säuren einen Niederschlag von unverändertem Leca-
norin; bleibt aber die Auflösung sich selbst nur einige Stunden überlassen, 1
so bewirken Säuren darin ein Aufbrausen, ohne dafs sich ein Niederschlag
bildet; das Aufbrausen rührt von der Entwickelung von Kohlensäure her,
neben welcher sich das in Wasser leichtlösliche Orcin bildet. Diese Um-
setzung zeigt sich am schönsten, wenn man Lecanorin bis zur Sättigung
in Barytwasser löst und diese Auflösung zum Sieden erwärmt. Es entsteht
sogleich ein Brei von neugebildetem kohlensauren Baryt, während die
Flüssigkeit reines von Baryt freies Orcin enthält, das man beim Ver-
dampfen daraus kristallisirt erhält.
Die weingeistige Auflösung des Lecanorins giebt mit basisch essigsau-
rem Bleioxid einen weifsen Niederschlag.
Durch langes Kochen des Lecanorins mit Wasser wird es allmählig
aufgelöst zu einer Flüssigkeit, welche aufser Orcin keinen fremden Körper
enthält.
Das Lecanorin liefert, der trocknen Destillation unterworfen, ebenfalls
Kohlensäure und Orcin, was üherdestillirt; nur bei rascher Erhitzung tritt
Zersetzung und Schwärzung des Rückstandes ein.
Versetzt man eine Auflösung von Lecanorin mit wässerigem Ammoniak
und überläfst diese Flüssigkeit der Einwirkung der Luft, so nimmt sie
eine prachtvolle rothe Farbe an. Ueber die Zusammensetzung des Leca-
norins sieh« Orcin.
Die von Schunck untersuchten Flechten, welche, von den Basalten
des Vogelsberges gesammelt, angewendet wurden, enthalten noch zwei
andere kristallinische Substanzen, von denen die eine in ihren Eigenschaf-
ten mit dem von Heeren beschriebenen Pseuderythrin (s. S. 1125) überein-
stimmt. Diese ist in geringer Menge dem Lecanorin beigemischt und kann
durch siedendes Wasser davon getrennt werden. Leichter erhält man sie,
wenn man die Flechten mit siedendem Alkohol auszieht, den Alkohol ab-
destilürt und den Rückstand wiederholt mit siedendem Wasser behandelt.
Beim Erkalten dieser heifsen Flüssigkeit setzen sich grofse glänzende Kri-
stallblätter oder platte Nadeln ab, welche in Alkohol leicht, in Aether
schwierig und in kaltem Wasser kaum löslich sind. Mit Ammoniak in
Berührung geht sie nur äufserst langsam in einen rothen Farbstoff über;
in Barytwasser löst sie sich leicht und diese alkalische Flüssigkeit giebt
gekocht einen Niederschlag von kohlensaurem Baryt. Nach einer damit
Angestellten Analyse enthält sie in 100 Theilen 61,68 Kohlenstoff, 6,23
Wasserstoff und 32,09 Sauerstoff, Verhältnisse, die mit der Formel C10
Hia 04 nahe übereinstimmen.
Kocht man die Flechten, nachdem durch Aether alle darin löslichen
Materien daraus entfernt sind, mit Alkohol aus, so erhält man beim Er-
kalten eine kristallinische, durch einen grünlichen Farbstoff verunreinigte
Materie, die beim Waschen mit Aether weifs und rein wird. Durch eine
neue Kristallisation aus Alkohol erhält man sie in Gestalt von sternförmig
Orcin, Orcein.
1121
gruppirfcen Nadeln, welche trocken seideuglänzend sind; sie röthet Lack-
mus, ist in Alkalien leicht löslich und daraus durch Säuren wieder unver-
ändert fällbar. Diese Materie ist in Aether unlöslich und kann ohne Zer-
setzung nicht geschmolzen werden. Die Analyse derselben gab 61,68 —
63,15 Kohlenstoff, 5,50 — 5,89 Wasserstoff und 33,83—31,96 Sauerstoff.
Dieser Körper weicht in seinen Eigenschaften und seiner Zusammensetzung
von dem vorherbeschriebenen ab, obwohl dieser letztere in der alkoholi-
schen Auflösung zum grofsen Tbeil enthalten se37n miifste; es scheint, als
ob bei diesen leicht veränderlichen Materien die Stoffe, die zu ihrer Dar-
stellung dienen, so wie die Temperatur auf ihre Eigenschaften einen ge-
wissen Einflufs ausiiben, in der Art, dafs man aus einem oder zwei ur-
sprünglich vorhandenen Körpern eine Reihe von IJmsetzungsprodukten er-
hält, wenn man sich verschiedener Mittel und Wege zu ihrer Darstellung
bedient.
Wenn man sich erinnert, dafs das Lecanorin durch Sieden mit Wasser
in Kohlensäure und Orcin zerlegt wird, so ist eine Veränderung durch
siedenden Alkohol nicht unwahrscheinlich.
Von einer dem Ansehen nach ähnlichen Flechte, welche, wie es
schien, längere Zeit an einem feuchten Orte gelegen hatte, erhielt Schunck
kein Lecanorin, sondern eine durch Alkohol ausziehbare, leicht kristalli-
sirbare Substanz, die in ihren Eigenschaften der zuletzt beschriebenen
sehr nabe stand.
Orcin. Das Orcin kriställisirt aus der syrupdicken wässerigen Auflö-
sung nach einigen Tagen in grofsen regelmäfsigen quadratischen Prismen ,
welche stets eine schwach gelblichrothliche Farbe besitzen ; es ist iu Was-
ser und Alkohol löslich, die wässerige Flüssigkeit besitzt einen entschieden
süfsen Geschmack, sie geht durch Hefe nicht in Gährung über. Die Kri-
stalle sind unveränderlich in ammoniakfreier Luft, sie verlieren bei 100°
Wasser, indem sie flüssig werden; das wasserfreie Orcin destillirt bei
387 — 390° (Dumas} in Gestalt einer syrupdicken Flüssigkeit, ohne Rück-
stand über, welche an der Luft Wasser anzieht und mit Wasser zusam-
mengebracht nach und nach wieder kristallinisch erstarrt. Nach einer
Bestimmung von Dumas besitzt der Dampf des wasserfreien Orcins ein
spec. Gewicht von 5,7.
Aufser durch basisch essigsaures Bleioxid wird die Orcinauflösung durch
kein Metailsalz gefällt; der damit erhaltene Niederschlag ist weifs, und
giebt mit Schwefelwasserstoff zersetzt eine Flüssigkeit, welche sauer rea-
girt und neben Essigsäure reines Orcin enthält.
Die wässerige Auflösung des Orcins , der man Kali oder ein anderes
lösliches fixes Alkali zusetzt, bräunt sich an der Luft unter Sauerstoff-
aufnahme.
Mit Ammoniak versetzt nimmt die Auflösung des Orcins an der Luft
nach und nach eine tief dunkelblutrotbe Farbe an, es entsteht die Ammo-
niakverbindung eines neuen Körpers, des Orceins , welcher Stickstoff in
einer andern Form als im Ammoniak enthält. Durch das vorhandene Am-
moniak bleibt das Orcein in Auflösung, beim Zusatz von Essigsäure fällt
es daraus als braunrothes Pulver nieder.
Das Orcein löst sich in Ammoniak mit dunkelblutrother, in fixen Al-
kalien mit violettrother Farbe auf und wird durch Säuren daraus unver-
ändert gefällt; bei der trocknen Destillation und beim Kochen mit Alkalien
liefert es reichlich Ammoniak. Durch SchwefelarnmoBium verliert die am-
moniakalische Lösung ihre schön rothe Farbe und wird gelbbraun, die
Auflösung des Orceins in Kalilauge wird davon schwarzbraun , beide neh-
men an der Luft ihre rothe Farbe wieder au. Mit salpetersaurem Silber-
oxid und Bleisalzen giebt die ammoniakalische Auflösung des Orceins tief
dunkelschwarzrothe Niederschläge.
Was die Bildung des Orceins aus Orcin betrifft, so hat Robiquet ge-
zeigt , dafs bei Berührung mit Ammoniak allein , dieser Farbstoff nicht ent-
steht, beim Hinzutreten von Luft und Wasser wird hingegen Sauerstoff
absorbirti, das Orcin verschwindet nach und nach völlig und an seiner
tm
Orcia, Orcein.
Stelle erhält man die Ammoniakverbindung des Orceins, ohne dafs man
sonst ein anderes Produkt, namentlich keine Kohlensäurebildung bemerkt.
Was die Zusammensetzung des Orcins betrifft, so ist klar, dafs sie in
einer bestimmten und nachweisbaren Beziehung zu der des Lecanorins
stehen mufs, da es aus diesem durch ein Austreten von Kohlensäure er-
zeugbar ist und höchst wahrscheinlich auch in andern Fällen daraus ent-
steht. Nach den Analysen von Dumas, Will und Schunck besteht das
kristaliisirte Orcin in 100 Theilen aus:
Dumas.
Kohlenstoff 57^73^58^3? —
Wasserstoff 6,77 — 6,08 —
Sauerstoff 34,50 — - 35,67 —
Das wasserfreie Orcin enthält:
Will.
58,454
6,755
34,701
Schunck.
Orcin aus Lecauorin.
58,98
7,06
83,96
Dumas.
Destillirtes
Kohlenstoff 67,78
Wasserstoff 6,50
Sauerstoff 25,72
Schunck .
bei ioo° getrocknetes Orcin.
67,26 —
— 6,60 - —
25,52
Robiquet.
68,574
6,828
24,598
Zwischen den Fehlergrenzen dieser Zahlen liegen zwei Formeln, wel-
che beide gleich nahe Ausdrucke für die procentische Zusammensetzung
sind, sie geben in 100 Theilen:
Ite Formel.
C16 — 59,36
H2a — 6,66
Or — 33,98
2te Formel.
C18 - 59,1
H24 - 6,5
08 — 34,4
Von der Zusammensetzung der Bleioxidverbindung ausgehend, welche
79,60 — 80 — 80,34 p. c. Bleioxid in der Analyse ergab, nahm Dumas die
Formel C18 H26 Oa für das kristaliisirte, die Formel C18 H20 Os für das was-
serfreie uud die Formel C18 1I16 05 5PbO für die Bleiverbindung an.
Mit diesen Formeln in Widerspruch stand seine Analyse des Orceins
und seiner Verbindung mit Silberoxid. Beide lieferten in der Analyse in
100 Theilen :
Orcein. Silberoxidrerbinduisg det Orceins.
Kohlenstoff 55,9 — 24,6
Stickstoff 7,9 — 3,5
Wasserstoff 5,2 — 1,8
Sauerstoff 31,0 — 11,5
Silberoxid — 58,6
Stickstoff uud Kohlenstoff sind in dem Orcein und seiner Silberoxid-
verbindung in dem Atomverhältnifs von 2:16 enthalten, und Dumas
drückt hiernach die Zusammensetzung /des ersteren durch die Formel CI6
N* H18 07 , die der andern durch die Formel C16 N2 H16 06 -H 2AgO aus.
In beiden ist hiernach weniger Kohlenstoff enthalten als im Orcin, und bei
seiner Ueberführung in Orcein müfste hiernach eine gewisse Menge Kohlen-
stoff von seinen Bestandtheilen austreten. Wie früher erwähnt hat man
aber hierbei kein anderes Produkt beobachtet.
Vergleicht man mit diesen Verhältnissen die Formel des Lecanorins,
so ergeben sich folgende Beziehungen. In seinen Analysen des Lecanorins
fand Schunck in 100 Theilen:
Kohlenstoff 60,25 — 00,54 — 60,76
Wasserstoff 4,51 — 4,53 — 4,45
Sauerstoff 35,24 — 34,93 — 34,79
Auch auf diese Zahlen passen zwei Formeln, von denen es ohne
Kenntnifs des Atomgewichts des Lecanorins schwer seyn würde zu ent-
scheiden, welche die richtige ist; es sind diefs die Formeln und
C18 H,* Oe, beide geben in 100 Theilen berechnet:
Orcin, 0 ree in.
an
CJ8 — 60,43 C20 — 60,16
H16 — 4,33 HJ8 — 4,42
08 — 35,24 09 — 35,42
Die letztere Formel erklärt auf eine, dem Anschein nach, völlig be-
friedigende Weise die Bildung des Örcins nach der von Dumas angenom-
menen Formel. Nimmt man in der That von den Bestandteilen des Leca-
norins die Elemente von 2 At. Kohlensäure hinweg und läfst 3 At. Wasser
hinzutreten, so hat man C.20 H18 Ü9 — 1— 3H2 O - — - C20 H24 012 C2 04 —
Cu H24 08. Die Richtigkeit der ersteren Formel hat aber Schunck entschie-
den durch die genaue Bestimmung der Kohlensäuremenge, die bei dem Ueber-
gang des Lecaaorins in Orcin von seinen Elementen austritt; in überein-
stimmenden Versuchen fand er, dafs der Kohlenstoff der ausgetretenen
Kohlensäure sich zu dem Kohlenstoff des Lecanorins verhält wie 1:9, in
der Art also, dafs das letztere in Summa nicht über 18 Atome Kohlenstoff
enthalten kann, woraus folgt, dafs das Orcin 16 At. Kohlenstoff enthalten
mufs.
Hiernach zerlegt sich 1 At. Lecanorin C18 H16 Og in zwei Atome Koh-
lensäure C2 04 und in 1 Atom was-
serfreies Orcin C16 H16 04 zu welchem die Ele-
mente von 3 At. Wasser treten Jf6 05 um damit 1 At. kri~
stallisirtes Orcin zu bilden C16 H22 0:.
Die Bildung des Orceins erklärt sich hiernach leicht. Za einem Atom
Orcin treten 5 At. Sauerstoff und die Elemente von 1 Aeq, Ammoniak , um
1 Afc. Orcein und 5 At. Wasser zu bilden.
&16 Hl 8 Na Oy
Hio Os
c16 h28 n2 o;2
Aus der Variolaria dealbata erhält man nach Robiquet durch directe
Behandlung dieser Flechte mit kochendem Alkohol eine Auflösung, welche
fertig gebildetes Orcin enthält; beim Erkalten dieses Iteifsen Auszugs setzen
sich daraus feine weifse Nadeln , in ihren Eigenschaften verschieden von
dem Orcin, ab, von denen man bei weiterem Verdampfen noch mehr er-
hält. Dieser Körper ist ohne lleactiön auf Pflanzenfarben, löslich in wäs-
serigen Alkalien, ohne damit bei Zutritt der Luft einen rothen Farbstoff
zu bilden; trocken für sich erhitzt, zerlegt er sich ohne zu schmelzen, es
verflüchtigt sich hierbei eine weifse kristallinische Substanz und es bleibt
viel Kohle.
Wird der weiageistige Auszug der Flechte zur Trockne abgedampffe
und mit Wasser behandelt, so löst dieses das Orcin auf, was man durch
Verdampfen dieser wässerigen Lösung zur Syrupconsistenz beim Stehen-
lassen in gefärbten Kristallen erhält, die man durch Behandlung mit Kohle
reinigt.
Nach der Ausziehung des Orcins aus dem Alkoholextract mit Wasser
bleibt ein Rückstand, der sich zum grofsen Theil in Aether mit grünlicher
Farbe löst. Die ätherische Auflösung giebt beim Verdampfen weifse Na-
deln, die mit einer gefärbten Mutterlauge umgeben sind. Diese kristalli-
nische Substanz, Robiquet nennt sie Variolarin , welche man durch Wa-
schen mit Alkohol und Aether reinigt, ist ziemlich leicht in beiden Flüs-
sigkeiten löslich, leicht schmelzbar in gelinder Wärme, in höherer Tem-
peratur verflüchtigt sie «ich ohne Rückstand und liefert ohne bemerkbare
Zeichen von Zersetzung ein farbloses, stark und angenehm riechendes
Oel, so wie eine kristallinische Substanz, welche von dem Variolarin nicht
verschieden zu seyn scheint.
Diese beiden von Robiquet beobachteten Stoffe haben mit den von
Scliunck beschriebenen viele Aehnliehkeit; allein es läfst sich bei der un-
vollkommenen Kenntnifs, die man davon hat, kein Schluß; auf ihre Iden-
tität ziehen, so wahrscheinlich dies® auch ist.
1 At. Orcin Clfr H22 07
2 At. Ammoniak B6 N2
5 At. Sauerstoff Os
1 At. Orcein
5 At. Wasser
C16 H28 o12n2
11*4
Erythrin.
Erythrin . Als Hauptbestandtheil der Parmelia roccella und Lecanora
tartarea wurden unter dem Namen Erythrin und Pseudoerythrin von Hee-
ren zwei Materien beschrieben , welche die Eigenschaft mit einander
theilen, an der Luft bei Gegenwart von Ammoniak in rothe Farbstoffe
überzugehen. Diese beiden Substanzen sind neuerdings von Keine zum
Gegenstand einer Untersuchung gemacht worden , allein ohne dafs es ihm
gelungen ist Licht über die Haupteigenschaften derselben zu verbreiten,
was sich aus der Beschreibung seiner Versuche ergeben wird.
Heeren zieht zur Darstellung des Erythrins die Flechten mit heifsem,
nicht kochendem Alkohol aus, mischt die Auflösung mit ihrem doppelten
Volum Wasser, erhitzt sie zum Sieden, setzt feingepulverte Kreide hinzu,
bis der gebildete Niederschlag sich zu Flocken vereinigt, filtrirt und läfst
erkalten, wo das Erythrin sich als feines bräunliches Pulver absetzt, was
man durch Umkristailisiren aus warmem Alkohol und Behandeln mit Thier-
kohle weifs erhält.
Wird die Flechte mit kochendem anstatt mit heifsem Alkohol ausge-
zogen, und die Flüssigkeit der ncmlichen Behandlung unterworfen, wie
wenn man Erythrin darstellen wollte, so erhält man anstatt des Erythrins
einen gefärbten Absatz von Pseudoerythrin, was in kochendem Alkohol
gelöst und mit Thierkohle behandelt, in grofsen farblosen Blättern und
Nadeln kristallisirt, während das Erythrin stets nur ein zartes Pulver von
röthlicher Farbe und kaum kristallinischem Ansehen darstellt.
Kane , welcher dem Pseudoerythrin Heereny$ den Namen Erythrin und
seinem Erythrin den Namen Erythrilin gegeben hat, erhielt aus dem heifsen
alkoholischen Auszug der Flechte, nach dem Abdampfen zur Trockne und
Behandlung des Rückstandes mit siedendem Wasser, aus dieser wässerigen
Auflösung beim Erkalten eine Menge der Borsäure ähnliche Kristalle,
welche in ihrem Verhüten und Eigenschaften identisch sind mit dem
Pseudoerythrin von Heeren ; er hält es nicht für ein Produkt der Verän-
derung des Erythrins, sondern das letztere für ein Gemenge mehrerer un-
bestimmter Körper.
Was diesen Gegenstand noch mehr verwirrt, ist die Beobachtung von
Kane, dafs man zuweilen aus der heifsen wässerigen Auflösung des trock-
nen Alkoholextracts soviel Erythrin ( Pseudoerythrin) in feinen Kristallen
erhält, dafs die Flüssigkeit zu einem Brei erstarrt; in andern Fällen hin-
gegen, namentlich wenn das Kochen mit Wasser längere Zeit gedauert
hat, erhält man sehr wenig Kristalle. Dafs hierbei durch die Einwir-
kung der Wärme und des Wassers eine wahre Zersetzung vorgeht, be-
weist noch der Umstand, dafs der kristallinische Brei des Erythrins (Pseudo-
erythrins) iu der Flüssigkeit, worin er sich gebildet hat, bis zur Auflösung
erhitzt, nach dem Erkalten derselben, sehr wenig Kristalle mehr liefert.
Was hier aus diesen Kristallen geworden ist, wurde von Kane nicht un-
tersucht.
Wenn man sich nun erinnert, dafs das Lecanorin von Schunck durch
Kochen mit Wasser in Kohlensäure und Orcin zerlegt wird, so läfst sich
kaum daran zweifeln, dafs mit dem Erythrin eine ähnliche Veränderung
vorgeht.
Die folgenden Methoden, deren sich Heeren und Kane zur Darstellung
der von beiden beschriebenen Materien bedienten, lassen noch eiue gröfsere
Ungewifsheit über den Zustand, in welchem die in Farbstoffe übergehenden
Bestandteile der Flechten darin enthalten sind.
Nach Heeren erhält man nemlich das Erythrin am besten , wenn man
die Flechten mit flüssigem Ammoniak auszieht, die ammoniakalische Lösung
mit Chlorcalciurn fällt, und nach Absonderung des Niederschlags von der
Flüssigkeit diese mit Salzsäure in schwachem Ueberschufs fällt, wodurch
Erythrin gefällt wird, das man wie angegeben reinigt.
Kane löst das mit kochendem Wasser behandelte Alkoholextract in
verdünnter Kalilauge auf und schlägt nach dem Filtriren da« Aufgelöste
Pseudoerythrin»
1185
mit Salzsäure wieder nieder, nimmt den ausgewaschenen Niederschlag
zum zweitenmal in schwachem Ammoniak auf, vermischt die Auflösung
mit einer Chlorcalciumlösung, filtrirt die Flüssigkeit von dem etwa gebil-
deten Niederschlag ab und fällt sie durch Salzsäure. Der neue Nieder-
schlag, den mau jetzt erhält, ist, wie erwähnt, Kane’s Erythrilin ; es
stellt ein gelbes oder grünliches Pulver dar , was sich wenig in Wasser,
leicht in Alkohol, Aether und den Alkalien löst; durch anhaltendes Kochen
mit Wasser entsteht eine braungefärbte bittere Auflösung (Erythrilinbitter).
In einer höheren Temperatur als 100° wird es zersetzt. Eine ammoniaka-
lische Lösung dieses Körpers giebt mit essigsaurem Bleioxid einen grünli-
chen Niederschlag.
Das Pseudoerythrin Heeren’ s (Erythrin Kane’s') kristallisirt in glän-
zendweifsen Blättchen, die bei 120° schmelzen; es ist kaum in kaltem,
reichlich in heifsem Wasser löslich , die Auflösung in heifsem Wasser färbt
sich an der Luft; in einer gesättigten wässerigen Auflösung gekocht
schmilzt das Pseudoerythrin zu einem Oeltropfen, der beim Erstarren bei
Berührung in Blätter zerfällt; es ist löslich in 5 Theilen 60procentigem
Weingeist, in Aether und alkalischen Flüssigkeiten , die Auflösungen färben
sich an der Luft braun, die ammoniakalische Lösung nimmt nach und nach
eine weinrothe Farbe au.
Trocken erhitzt wird es zersetzt, die ammoniakalische Lösung giebt
mit löslichen Bleisalzen einen weifsen Niederschlag.
Das nach Heeren’ s Verfahren dargestellte Erythrin schmilzt über 100°
erhitzt, es löst sich in 2,29 Th. siedendem und in 22% Th. kaltem Wein-
geist von 89 pCt. Beim Kochen mit Alkohol wird es in Pseudoerythrin
verwandelt; es unterscheidet sich von den Substanzen, welche Kane be-
schreibt, durch seine Unlöslichkeit in Aether und durch seine Löslichkeit
in siedendem (170 Theilen) Wasser; es löst sich in Alkalien und in Am-
moniak und setzt sich aus letzterem beim Verdunsten in Kristallen wieder
ab. Bei längerer Einwirkung von Ammoniak entsteht daraus eine bitter-
schmeckende Substanz, die nach und nach in rothen Farbstoff übergeht.
Aus dem Erythrin erhält man nach Heeren den rothen Farbstoff, wenn
es, in sehr verdünntem Ammoniak gelöst, an einem warmen Orte der Luft
ausgesetzt wird; schon nach einigen Minuten färbt sich die Flüssigkeit
gelb, nach 24 Stunden nimmt sie die Farbe des rothen Burgunderweins an.
Verdunstet man die weinrothe Flüssigkeit , bis sie anfängt trüb zu werden,
setzt ihr nun gepulvertes kohlensaures Ammoniak zu, so entsteht (was
auch durch andere Salze, wie Kochsalz, Salmiak, bewirkt werden kann)
ein Niederschlag, welcher trocken kastanienbraun ist, beim Reiben gelb
wird und Metallglanz annimmt. Dieser Körper ist weder in Wasser noch
Ammoniak löslich, was eine Aenderung des Zustandes anzeigt, in dem es
in der ursprünglichen Auflösung vorhanden war, leicht löslich aber in fixen
kaustischen Alkalien mit Purpurfarbe. In Alkohol löst er sich mit dunkel-
carmoisinrother Farbe; zur Trockne abgedampft und mit Ammoniak behan-
delt hinterläfst dieses eine gelbe Substanz und es löst sich ein violettrother
Farbstoff auf, der nach dem Verdampfen des Ammoniaks als rothes, in
Wasser wenig, leicht in Alkalien mit prächtig violetter Farbe lösliches Pul-
ver zurückbleibt. In Aether ist der Farbstoff unlöslich. Schwefelwasser-
stoff entfärbt seine ammoniakalische Lösung, die Farbe erscheint beim
Kochen wieder.
Durch Sieden mit kohlensaurer Ammoniaklösung wird das Erythrin
rasch in braunes Erythrinbitter verwandelt, was man beim Abdampfen
als eine braune, in Wasser und Alkohol leichtlösliche, nicht kristallini-
sche Masse erhält. Die braune Farbe ist zufällig, sie erscheint nicht,
wenn bei der Darstellung des Erythrinbitters die Luft vollkommen abge-
halten wurde; das Erythrinbitter enthält kein Ammoniak und geht in Be-
rührung mit Luft und Ammoniak ebenfalls in Fiechtenroth über.
Das Pseudoerythrin Heeren’ s unterscheidet sich nach ihm wesentlich
von seinem Erythrin dadurch, dafs es nicht gelingt, Erythrinbitter daraus
um
Orseille. Persio, Lackmus.
dar zus teilen , in der Art also, dafs sein U ebergang in den rothen Farbstoff
vor sich geht ohne Bildung dieser Zwischenverbißdung.
Kane im Gegensatz zu Heeren* s Angabe erhält aus Heeren9 s Pseudo-
erythrin, was er Erythrin nennt, durch blofses Steheniassen seiner heifsen
wässerigen Auflösung an der Luft reines Erythriubittcr, was nach ihm
einen siifsen und bittern Geschmack besitzt. Nach Heeren wird das Ery-
thrinbitter ohne Zutritt der Luft , nach Kane durch eine Sauersfcoffaufuahme
aus der Luft gebildet.
Das Erythrinbitter Kane’s (Amarythrin) wird in seiner wässerigen Auf-
lösung nach und nach, an der Luft stehend, kristallinisch; es entsteht
hierdurch ein neuer Körper, das Telerythrin.
Die Zusammensetzung der von Kane untersuchten Materien ist fol-
gende :
Pseudoerythrin (Heeren* s).
analysirt von J. L.
Kohlenstoff 60,810 —
Wasserstoff 6,334 —
Sauerstoff 3, <5,856 —
Erythrin (liane’s).
— 61,19 — 61,16 — -
6,3 0— 6,31 —
— 38,61 — 33,53 ™~
Telerythrin.
Kohlenstoff 44,7.9 — 45,35
Wasserstoff 3,78 — 3,67
Sauerstoff 51,43 — 50,98
Kane entwickelt aus diesen Zahlen folgende Formeln:
Erythrilin.
67,83 — 67,06
8,13 — 8.37
34,04 — 84', 57
Erythrilin C22 H52 06
Erythrin C22 Il16 09
Amarythrin C22 H26 0X4 in der ßleiverbindung.
Telerythrin C22 H20 019.
Die Behandlung des alkoholischen oder ammoniakalischen Auszugs der
Flechte mit einer Auflösung von Chlorcalcium nach dem Verfahren von
Heeren hat den Zweck, eine den fetten Säuren ähnliche Substanz zu ent-
fernen, welche Heeren Roccellsäure nennt. (Siehe Seite 935.)
Or s eilte, Versio , Lackmus.
Diese drei im Handel vorkommenden Farbmaferialien vrerden aus ver-
schiedenen Fiechtenarten durch Fäulnifs bei Gegenwart von Ammoniak,
oder von Ammoniak und fixen alkalischen Basen dargestellt.
Die vorzüglichste Sorte Orseille (Orseille des canaries, des iles') be-
reitet man aus der Roccella tinetoria, die auf den Klippen der canarischen
Inseln, den Azoreu, von Corsica und Sardinien häufig Vorkommen; die an-
dern Sorten werden aus der Variolaria orcina , dealbata , Lecanora tar-
tarea etc. gewonnen.
Die Flechten werden, von Steinen und Erde gereinigt, aufs feinste auf
Mühlen zu einem dünnen Brei gemahlen, und mit gefaultem Urin befeuchtet
mehrere Wochen lang der Luft ausgesetzt. Zu den feinsten Sorten wendet
man destillirten Urin oder geradezu eine Auflösung von kohlensaurem
Ammoniak an. Nach 85 — 30 Tagen, während welcher Zeit man das Be-
feuchten mit Ammoniak häufig wiederholt hat, erhält man eine tief purpur-
rothe Flüssigkeit und einen Brei von derselben Farbe, Bei Anwendung
von Urin wird zur Zersetzung der gebildeten nicht flüchtigen Ammoniak-
salze Kalkhydrat zugesetzt. Die erhaltene Farbe kommt als ein mehr
oder wenig consistenter Brei, als Orseille, in den Handel.
Wenn man die Flechten (Roccella tinetoria ) anstatt mit Ammoniak
allein, mit einem Gemenge von kohlensaurem Kali und Ammoniak der Luft
aussetzt, so entsteht zuerst eine rothe, später tief blaue Farbe; der ge-
bildete blaue Brei wird durch Gyps, Kreide etc. verdickt, in Würfel ge-
formt und als Lackmus in den Handel gebracht. Versio, ein der Orseille
/
Orseille, Persio, Lackmus. U27
ähnliches Farbmaterial , wird wie diese aus Lecanora tartarea vorzüglich
in England dargestellt.
Die in England vorkommende Orseille enthält nach Keine zwei Farb-
stoffe, der eine ist Betaorcein, der andere wird von ihm mit Alpha-
orcein bezeichnet. Das Betaorcein ist* der Analyse des Orceins von
Dumas entgegen , nach der Formel C18 H20 N2 08 , das Alphaorcein
0I8 H2o N* Os zusammengesetzt. Beide unterscheiden sich also ledig-
lich durch den Sauerstoffgehalt. Das Betaorcein wird nach Keine aus
seiner gesättigten wässerigen, so wie aus seiner alkalischen Lösung durch
Kochsalz und andere Salze, ähnlich wie eine Seife abgeschieden. Einen
dritten Farbstoff bezeichnet Kane mit Erythr Oleinsäure ; er ist ölartig,
halbflüssig, roth, unlöslich in Wasser, leicht löslich in alkalischen Flüs-
sigkeiten; die Formel C26 H44 03 stimmt am besten mit der Analyse überein.
Da die Formeln der in den Flechten aufgefundenen farblosen Stoffe, durch
deren Veränderung die gefärbten neuen Verbindungen gebildet werden,
einer Bestätigung bedürfen , so ist vorläufig die Entwickelung der Bildungs-
weise der letzteren aus Kane’s Erythrin , Ery thrilin , als zweifelhaft an-
zusehen.
Das Lackmus, welches auf eine ähnliche Weise wie die Orseille aus
gewissen Flechten dargestellt wird, enthält nach Kane vier bestimmt von
einander verschiedene Stoffe. Wird es mit Wasser ausgekocht und zuletzt
mit Salzsäure ausgezogen, so bleibt ein rother Rückstand, den man mit
kochendem Alkohol auszieht. Die alkoholische Auflösung giebü beim Ver-
dampfen einen Rückstand, aus welchem Aether Erythrolein und Erythro -
litmin auszieht. Beim Verdampfen des Aethers scheidet sich Erythrolein
als ölartige Flüssigkeit ab , das Erythrolitmiu bleibt gelöst und wird bei
weiterem Verdampfen erhalten. Das mit Aether behandelte Alkoholextract
ist braunrot!!, Ammoniak löst daraus A%olitmin auf, was nach dem Ver-
dampfen durch Behandlung mit einer Säure alles Ammoniak abgiebt.
Das mit siedendem Wasser behandelte Lackmus giebt an dieses einen
blauen Farbstoff ab, der seine Löslichkeit dem Ammoniak verdankt. Die
wässerige Auflösung abgedampft, mit Salzsäure behandelt und mit Alkohol
gewaschen , hinterläfst Spaniolitmin.
Das Erythrolein ist bei gewöhnlicher Temperatur halbflüssig, in Aether,
Alkohol und wässerigen Alkalien leicht mit rother oder Purpurfarbe lös-
lich, sehr wenig löslich in Wasser, zersetzbar in der Hitze, seine Formel
ist C26 H44 04. (Kane.)
Das Erythrolitmin ist roth, wenig in Wasser, leichter in Alkohol lös-
lich; aus der siedenden alkoholischen Auflösung erhält man es nach dem
Erkalten als körniges kristallinisches Pulver. In Alkalien löst es sich mit
blauer Farbe, mit Ammoniak bildet es eine blaue unlösliche Verbindung;
seine Formel ist C2Ö H46 018, (Kane.)
Das Azolitmin ist unlöslich in Wasser und Alkohol, leichter in Alka-
lien; es ist der Hauptbestandteil des blauen Lackmus; es enthält 49 — 50
pCt. Kohlenstoff, 5,35 — 5,52 Wasserstoff, ferner Stickstoff, der nicht be-
stimmt wurde.
Das Spaniolitmin enthält keinen Stickstoff, für seine Zusammensetzung
giebt Kane die Formel C18 H14 016.
Wenn man nach A. Gelis Lackmus in Kuchen mit einer schwachen
alkalischen Lauge auszieht, die erhaltene tiefblaue Flüssigkeit mit essig-
saurem Bleioxid fällt und den Niederschlag mit Schwefelwasserstoff voll-
kommen zersetzt, so hat man ein Gemenge von Schwefelblei und drei in
ihrem Verhalten gegen Alkohol, Aether und Wasser von einander abwei-
chende Farbstoffe, welche man durch Behandlung mit schwacher Ammoniak-
flüssigkeit von dem Schw^efelblei trennt. Die ammoniakalische Auflösung
ist blau , mit Essigsäure vermischt fallen die drei Farbstoffe in Gestalt eines
höchst feinen rothen Pulvers vereinigt nieder, welches frei von der zur Fällung
angewandten Säure ist. Behandelt man diesen Niederschlag mit Aether,
tm
Phloridzein»
so färbt sich dieser orange und hinterläfst beim Verdampfen einen Rück-
stand von glänzendrother Farbe , in welchem man feine nadelförmige Kri-
stalle bemerkt , die ihm ein sammtartiges Ansehen geben. Nach der Be-
handlung mit Aether löst Alkohol einen zweiten Farbstoff mit blutrother
Farbe auf, welcher nach dem Eintrocknen einen Goldglanz besitzt, diefs
ist der Hauptbestandteil des Lackmus. Nach der Behandlung mit Alkohol
bleibt ein in Wasser unlöslicher Körper, welcher nach dem Verbrennen
einen Aschenrückstand hinterläfst, er löst sich in Alkalien und verbindet
sich mit diesen, wie die beiden audern Farbstoffe, zu blauen Verbindun-
gen. Diese drei Substanzen geben bei trockner Destillation ammoniak-
haltige Produkte.
Nach Peretti ist der eigentliche Farbstoff des Lackmus roth, und seine
blaue Farbe abhängig von der Gegenwart des Ammoniaks; diese Meinung
wird von Kane getheilt. Durch desoxidirende Mittel, Schwefelwasserstoff,
Zinnchlorür etc., verlieren die in dem Lackmus und der Orseille enthalte-
nen Farbstoffe ihre Farbe, bei Luftzutritt nehmen sie sie wieder an.
»Löst man Alphaorcein in Ammoniak und läfst die Auflösung in einem ver-
schlossenen Gefäfse mit Zink in Berührung, so entfärbt sie sich vollkom-
men , mit Ammoniak im Ueberschufs erhält man daraus einen weifsen Nie-
derschlag, der an der Luft violett, zuletzt purpurroth wird. In luftleerem
Raume getrocknet ist seine Zusammensetzung durch die Formel C18 H20
N2 06 -f- 3ZnO -4- 4aq ausdrückbar ( Kane ); die correspondirende Verbin-
dung des ßetaorceins enthält C18 H20 Na 08 ~h 3ZnO 4aq. Das Beta-
orcein Kane’s wird durch Chlor zersetzt, ebenso das Azo- und Erythro-
litmin; die neuen Verbindungen enthalten Chlor, wodurch eine gewisse
Quantität Wasserstoff ersetzt wird. In keiner der von Kane untersuchten
Flechten liefs sich Orcin auffinden.
Phloridzein. Unter diesem Namen hat Stass einen rothen Farbstoff
beschrieben, welcher durch die Einwirkung von Ammoniak bei Gegenwart
von Sauerstoff aus Phloridzin in einer ähnlichen Weise wie das Pigment
der Orseille und Lackmus-Flechten entsteht.
Das Phloridzein wird am besten erhalten, wenn man das Phloridzin
feucht und auf mehrere flache Schalen vertheilt unter eine Glocke bringt,
worunter sich zugleich die Lösung eines Ammoniaksalzes befindet, aus der
man durch hineingeworfenes Kalihjdrat nach Belieben Ammoniakgas ent-
wickeln kann. Nach mehrtägiger Einwirkung ist das Phloridzin in einen
dunkelblauen Syrup verwandelt. Diesen bringt man im leeren Raum über
Schwefelsäure, um das überschüssige Ammoniak zu entfernen, löst ihn
dann in etwas Wasser und giefst die Flüssigkeit in viel Alkohol, wodurch
das Phloridzeinammoniak als schön blaues Pulver gefällt wird. Man kocht
es mit absolutem Alkohol aus, löst es in möglichst wenig Wasser und
fällt es daraus durch mit Essigsäure sauergemachtem Alkohol, von dem
man nicht mehr zusetzen darf, als gerade znr Fällung nöthig ist, und
wascht den erhaltenen rothen Niederschlag alsdann mit absolutem Alkohol
gut aus. Das Phloridzein ist nach der Formel C42 Hs8 N4 026 zusammen-
gesetzt. Es entsteht aus dem Phloridzin, indem dieses 2 Aeq. Ammoniak
und 8 At. Sauerstoff aufnimmt, während 6 At. Wasser aus der Verbindung
austreten. Es ist roth, fest, unkristallisirbar, schwach bitter schmeckend,
nicht schmelzbar und nicht flüchtig ohne Zersetzung. Kochendes Wasser
löst es mit rother Farbe. Alkohol, Holzgeist und Aether lösen kaum Spu-
ren davon. Chlor zersetzt es augenblicklich. Auch durch Alkalien wird
es zersetzt. — Der aus dem blauen Syrup durch Alkohol gefällte Nieder-
schlag ist die Ammoniakverbindung des Phloridzeins, welche 1 Aeq. Am-
moniumoxid enthält. Sie ist blau, unlöslich in Alkohol, Holzgeist und
Aether; in der Wärme verliert sie Wasser und Ammoniak; Säuren schla-
gen aus der wässerigen Lösung das Phloridzein nieder, welches in cou-
centrirten Säuren, mit Ausnahme von Salpetersäure, mit blutrother Farbe
löslich ist. Desoxidirende Materien entfärben es , Schwefelwasserstoff unter
Absatz von Schwefel. Auch in Kali gelöstes Zinnoxidul nimmt der Lösung
die Farbe, die sich durch Absorbtion von Sauerstoff an der Luft schnell
Phloridzin, Phloretinsäure.
um
wieder herstellfc. Thonerdehydrat verbindet sich mit dem Phloridzein zu
einem blauen Körper unter Abscheidung von Ammoniak. Salpetersaures
Silberoxid und basisch essigsaures Bleioxid fällen die Ammoniakverbindung
mit blauer Farbe; die Silberoxidverbindung wird durch Wasser zersetzt;
In der Bleioxid Verbindung ist 1 Aeq. Ammoniumoxid durch 1 At, Bleioxid
ersetzt.
Als Nachtrag zu Phloridzein folgen einige neuere Beobachtungen über
das Phloridzin von Stass.
Phloridzin. (Seine Darstellung und Eigenschaften siehe Seite 691.)
Neuerdings hat Stass eine Untersuchung des Phloridzins, seiner Verbin-
dungen und Zersetzungsprodukte geliefert. Die von ihm berechneten For-
meln verlangen mehrere unzulässige Annahmen, die wegfallen, wenn man
für das kristallisirte Phloridzin die Formel C42 H46 018 -f- 6aq annimmt.
Alle erhaltenen anatytischen Resultate lassen sich zwanglos aus dieser
Formel ableiten. Bei 100° verliert das Phloridzin 4 At. Wasser. Wird
seine kochende Lösung mit Bleizucker gefällt, so erhält man ein Salz, in
dem <Jie 6 At. Wasser des kristailisirten Phloridzins durch 6 At. Bleioxid
ersetzt sind. Wird die Lösung bei niedrigerer Temperatur gefällt, so ent-
hält das Salz wechselnde Mengen von Bleioxid. — Schwefelsäure, Phos-*
phorsäure, Salzsäure, lodwasserstoffsäure und Kleesäure lösen das Phlo-
ridzin in der Kälte unverändert auf; hei längerer Berührung damit oder
beim Erwärmen zersetzt es sich in Traubenzucker und in eine als kristal-
linischer Niederschlag sich ausscheidende Substanz, Phloretin genannt.
Salpetersäure und Chromsäure erzeugen andere Zersetzungsprodukte.
Das Phloretin , durch den Einflüfs verdünnter Säuren auf das Phlorid-
zin gebildet, ist weifs, kristallinisch, von süfslichem Geschmack, fast
unlöslich in kaltem, wenig löslieh in heifsem Wasser und Aether, in jedem
Verhältnifs in Alkohol, Holzgeist und concentrirter Essigsäure löslich
und daraus in glänzenden Körnern kristallisirend. Es verliert selbst bei
16*0° kein Wasser, bei 180° schmilzt es, weiter erhitzt zersetzt es sich.
Von concentrirten Säuren wird es unverändert gelöst, durch Salpetersäure
in einen rothen Körper verwandelt, der mit dem aus Phloridzin durch
Einwirkung dieser Säure gebildeten identisch ist und später unter dem
Namen Phloretinsäure beschrieben wird. Mit trocknen) Ammoniakgas be-
handelt schmilzt es, nimmt 14 Procent davon auf und erstarrt wieder zu
einer unkristallinischen Substanz , die an der Luft das Ammoniak allmählig
verliert. Die Ammoniakverbindung giebt mit Blei- und Silbersalzen Nie-
derschläge, die aber nicht von constanter Zusammensetzung erhalten wur-
den. Seine Zusammensetzung wird durch die Formel CJ0 U30 010 aus-
gedrückt. Addirt man hierzu die Elemente von 1 Atom Traubenzucker
C12 H28 Ou, so hat man C42 His 024, diefs ist die Formel des Phloridzins,
mit seinem Kristallwassergehalt.
Phloretinsäure bildet sich bei der Einwirkung von concentrirter Sal-
petersäure auf Phloridzin und Phloretin. Sie wird io Alkali gelöst, durch
eine Säure daraus gefällt und gut ausgewaschen. Sie ist flohfafben, un-
kristallisirbar , unlöslich in Wasser, löslich in Alkohol, Holzgeist und
Alkalien. In verdünnten Säuren ist sie unlöslich, von concentrirter Schwe-
felsäure wird sie mit blutrother Farbe aufgenommen, durch concentrirte
Salpetersäure allmählig in Kleesäure und Kohlenstickstoffsäure (?) ver-
wandelt. Bei 150° zersetzt sie sich unter Entwickelung von Stickoxid.
Ihre Zusammensetzung kann mit grofser Wahrscheinlichkeit entweder durch
die Formel C30 H24 N2 016 oder C24 H18 N2 0I2 ausgedrückt werden, wor-
über weitere Untersuchungen entscheiden müssen. — Das kristallisirte
Phloridzin absorbirt 10 — 12 pCt. Ammoniakgas. Die Verbindung absorbirt
in feuchter Luft viel Sauerstoff, indem sie von hellgelb in orange, purpur-
roth und blau übergeht, dann aber durch dieselben Agentien leicht weiter
zersetzt wird. Der blaue Körper ist die Ammoniakverbiudung eines neuen,
Phloridzein genannten Körpers. (Siehe oben.)
Geiger* s Pharmacic. /• ( 5 le Au fl,)
72
üSG
Indigo.
Indigo y blauer .
Formel: C16 Na HJ0 Oä. (Ti7. Crum , Dumas , Erdmann.)
$. 206. Zur Darstellung eines reinen Indigo wird der im
Handel vorkommende Indigo fein gepulvert, in einem wohlver-
schlossenen Gefäfse mit Eisenvitriol, K&lkhydrat und Wasser (5
ludig, 10 Eisenvitriol , 15 Kalkhydrat und 60 Wasser) meh-
rere Tage sich seihst überlassen, die klare Flüssigkeit ver-
mittelst eines Hebers abgezogen, mit verdünnter Salzsäure
gemischt, der erhaltene Niederschlag sorgfältig mit reinem
Wasser, zuletzt mit kochendem Alkohol, bis dieser farblos
oder blaugefärbt durchgeht, ausgewaschen und bei gewöhn-
licher Temperatur an der Luft getrocknet. (Anstatt der Mi-
schung von Eisenvitriol und Kalk bedient man sich mit gröfse-
rem Vortheil noch einer schwachen Natronlauge [1 Th. Natron
auf 20 Th. Wasser], in der man ein dem Natron gleiches
Gewicht Stärkezucker gelöst hat.)
Reiner Indigo stellt ein tief dunkelblaues, beim Reiben
mit einem glatten Körper metallisch kupferblaues Pulver dar,
welches in Wasser, Alkohol, Aether, ätherischen und fetten
Oelen, Salzsäure, verdünnten Alkalien vollkommen unlöslich
ist. In kleinen Mengen auf ein schwach glühendes Platin-
blech geworfen verflüchtigt er sich in purpurfarbenen Dämpfen
ohne Rückstand von Kohle, in gröfseren Massen erhitzt con-
densiren sich diese Dämpfe auf der Oberfläche des Pulvers
zu tiefdunkelblauen Nadeln oder geraden rhombischen Säulen,
die sich als kristallinisches Netzwerk leicht von dem darunter
liegenden verkohlten Tbeile abnehmen lassen, ia concentrirter
Schwefelsäure löst sich reiner Indigo mit tief dunkelblauer Farbe ; mit
wasserfreier Schwefelsäure verbindet er sich zu einer purpurrothen Masse,
die sich ohne Erhitzung mit blauer Farbe in Wasser löst. Durch Salpeter-
säure, Chlorsäure, Chromsäure, durch Chlor und Brom erleidet er eine
Veränderung, er färbt sich gelb und es entsteht eine Reihe von Zer-
setzungsprodukten , die sich mit gelber Farbe in Wasser oder Alkohol
lösen. Beim Erhitzen mit starker Kalilauge wird er ebenfalls verändert;
beim Zusammenbringen mit desoxidirenden Materien, wie mit faulenden
Pflanzenstoffen, Eisenoxidul, Zinn- und Manganoxidul bei Gegenwart einer
löslichen alkalischen Basis, verliert er seine blaue Farbe und löst sich in
der alkalischen Flüssigkeit völlig auf; dieselbe Veränderung erfährt er j
durch eine alkalische Auflösung von Traubenzucker; in letzterem Fall
findet sich, nach der Ausfällung des gelösten Indigo’s mit Salzsäure, in
der sauren Flüssigkeit eine gewisse Menge Ameisensäure. In diesen Fällen
entsteht weifser Indigo ( desoxidirter Indigo ).
Weifser Indigo .
Formel: C16 Na H,a Oa.
Zur Darstellung des weifsen Indigo wendet man dasselbe Verfahren an
wie zur Gewinnung des reinen blauen Indigo’s aus dem käuflichen Indig,
mit dem Unterschiede jedoch, dafs man die Auflösung des weifsen Indigo’s
in der alkalischen Flüssigkeit, bei und nach der Fällung mit Salzsäure,
aufs sorgfältigste vor aller Berührung mit der Luft schützt. Man wascht
den erhaltenen Niederschlag mit ausgekochtem kaltem Wasser, oder im
Anfänge mit verdünnter schwefliger Säure, auf einem Filter so rasch als
Indigo.
1131
möglich aus, bringt die feuchte Masse mit dem Filter auf einem trockenen
Ziegelstein unter die Glocke einer Luftpumpe und läfst sie im leeren Raume
über concentrirter Schwefelsäure trocknen. Man erhält eine compacte
Masse, aufserhalb von blauer, innerhalb von grauer oder graublauer
Farbe, die letztere stellt den weifsen Indigo dar, von dem man den blau-
gefärbten Theil durch Abschabea trennt.
Der frisch gefällte Niederschlag des weifsen Indigo erscheint in
schmutzig weifsen dicken Flocken, welche im Sonnenlichte glänzend sind
und eine kristallinische Beschaffenheit zeigen. Der weifse Indigo ist ge-
schmack- und geruchlos, ohne Reaction auf Pflanzenfarben , unlöslich in
Wasser und verdünnten Säuren, leichtlöslich in alkalischen Flüssigkeiten,
ohne ihre Reaction aufzuheben. In Alkohol und Aether ist er mit gelber
Farbe löslich.
Frischgefällter weifser Indigo färbt sich, der Luft ausgesetzt, sehr
rasch durch seine ganze Masse hindurch blau, purpurfarben. In trocknem
Zustande verwandelt er sich langsamer, wiewohl nach einigen Tagen völ-
lig, in blauen Indigo. Alle Auflösungen des weifsen Indigo’s lassen bei
Berührung mit Luft den aufgelösten Indigo als dunkelblaues Pulver fallen.
Die Auflösungen des weifsen Indigo’s in den Hydraten der Alkalien
und alkalischen Erden sind gelb; Metallauflösungen werden davon gefällt,
die Niederschläge, wenn sie an und für sich nicht blau sind, werden an
der Luft blau. Manche davon, wie der Blei- und {Silberniederschlag, ge-
ben beim trocknen Erhitzen purpurrothe Dämpfe. Die mit Eisenoxidul-,
Zinnoxidul- und Bleioxidsalzen entstandenen Niederschläge sind weifs, die
Verbindungen mit Kobaltoxidul und Manganoxidul grün; Kupferoxidsalze,
so wie Eisenoxidsalze werden zu Oxidulsalzen unter Fällung von blauem
Indigo reducirt. ( Berzelius. )
Nach Runge giebt eine alkalische Auflösung von weifsem Indigo mit
Eisenoxid- und Kupferoxidsalzen Niederschläge, welche, trocken erhitzt,
das erstere ein grünes , das andere ein gelbes kristallinisches Sublimat lie-
fern; das Indigsilberoxid liefert auf demselben Wege orangegelbe, dass
Indigquecksilberoxid grasgrüne Kristalle. Diese Verbindungen verdienen
eine genauere Untersuchung.
lieber die Zusammensetzung des blauen und weifsen Indigo»
Die ersten zuverlässigen Analysen des blauen Indigo sind von Walter
Cr um; sie wurden von Dumas bestätigt, welcher die Formel CI6 Na H10 Oä
dafür aufstellte. Spätere Analysen von Erdmann haben die Richtigkeit
dieser Formel aufser allem Zweifel gestellt. .
Was die Zusammensetzung des weifsen Indigo’s betrifft, so scheint aus
der Untersuchung von Dumas hervorzugehen, dafs derselbe von dem blauen
nur insofern abweicht, als er ein Aequivalent Wasserstoff mehr enthält.
Man betrachtete früher den weifsen und blauen Indigo als zwei Oxide des
nemlichen Radikals, verschieden in ihrem SauerstofFgehalte , und die Ent-
stehung des farblosen Indigs durch Materien, welche eine grofse Ver-
wandtschaft zum Sauerstoff haben , erklärt© sich leicht durch eine Sauer-
stoffentziehung. Nach der Analyse des weifsen Indigo von Dumas ist,
wie erwähnt, sein Sauerstoffgehalt nicht kleiner als wie der des blauen,
und die Ansichten, die man über die Constitution beider hegen kann, hän-
gen von der Entscheidung der Frage ab , in welcher Form der Wasserstoff
in dem weifsen Indigo enthalten ist. Dieser Wasserstoff ist entweder
darin in der Form von Wasser, oder in einer ähnlichen Weise darin vor-
handen wie im Bittermandelöl. Nimmt man den Wasserstoff in der Form
von Wasser darin an, so ist
blauer Indigo cx6 n2 h10 ö*
' weifser Indigo C16 N2 H10 O -h H20;
es ist also hiernach der letztere das Hydrat eines niederen Oxids, ähnlich
wie das Manganoxiduihydrat , was sein Wasser abgiebt, indem es in eine
höhere Oxidationsstufe, in eine Art von Hyperoxid, übergeht.
tm
Indigo.
Nach der andern Ansicht ist der blaue Indigo ähnlich dem Benzil, und
der weifse dem Benzoin:
blauer Indigo C16 N2 H,0 Oa Benzil C14 H10 Oa
weifser Indigo C,6 N2 H,0 02 -b H2 Benzoin C14 II, 0 02 -4- H2
Beide sind sich darin ähnlich; dafs der Wasserstoff durch oxidirende Ma-
terien ohne Ersatz hinweggenommen werden kann; diese Hinwegnahme
erfolgt bei dem Benzil durch Salpertersäure, Chlor etc.; bei dem weifsen
Indigo durch den Contact mit Luft und andern sauerstoffhaltigen Körpern,
die auf den neugebildeten blauen Indigo keine zersetzende Wirkung äufsern.
Das Verhalten des blauen Indigo’s zu Traubenzucker bei Gegenwart
von Alkalien scheint der ersteren Ansicht das Uebergewicht zu geben.
Es ist erwähnt worden ; dafs beim Zusammenbringen dieser drei Substanzen
ein Theil des Zuckers in Ameisensäure übergeht, während der blaue In-
digo zu weifsem Indig wird. Wenn man nun den letzteren als die Was-
serstoffverbindung des blauen betrachtet, so miifste hier notliwendig Was-
ser zersetzt worden seyn, durch dessen Sauerstoff der Wasserstoff des
Zuckers hinweggenommen und Aequivalent für Aequivalent ersetzt werden
würde. Auf der einen Seite hätte man also eine Wasserzerlegung anzu-
nehmen, auf der andern eine Wasserbildung. Der Sauerstoff des Wassers
würde seinen Wasserstoff abgeben , um mit dem Wasserstoff des Zuckers
wieder Wasser zu bilden. Diefs ist nicht wahrscheinlich.
Wir kennen aber den weifsen Indigo als einen Körper, welcher fähig
ist, mit Oxiden in Verbindung zu treten, und es ist der Analogie ange-
messen, auzunehmen, dafs bei seiner Trennung von den Alkalien ein Ae-
quivalent des Metalloxids ersetzt wird durch ein Aequivalent Wasser.
Hiernach wäre also der weifse Indigo ein Hydrat eines Oxides, wel-
ches 1 At. Sauerstoff weniger enthält wie der blaue Indigo.
Vergleichen wir die Formel der beiden ludigo’s mit den Formeln des
Alloxans und Alioxantins, so finden wir in diesen beiden Körpern ganz das
Verhalten des weifsen und blauen Indigo’s wieder, und kaum läfst sich
ein Zweifel darüber hegen, dafs blauer Indigo und Alloxan, und weifser
Indigo und Alloxantin in ihrer Constitution ähnlich sind.
Alloxan ist C8 N4 H3 08 Alloxantin C8 N4 H10 Os
Blauer Indigo C16 N.2 BI0 02 Weifser Indigo C,6 N2 IJJ2 02
In dem Alloxantin haben wir 1 Aeq. Wasserstoff mehr wie im Alloxan,
und da das letztere nachweisbar ein Hydrat ist, so ist kein Grund vor-
handen die Existenz von fertig gebildetem Wasser in dem Alloxantin zu
läuguen.
Hydrate von Wasserstoffverbindungen fein Hydrat von Bittermandelöl
und ähnlichen Körpern) sind aber bis jetzt noch nicht aufgefunden worden.
Nichtsdestoweniger verdient die Ansicht von Dumas Beachtung, da
wir in den Verbindungen der Wasserstoffsäuren mit organischen Salzbasen
— {^welche sich nicht als Oxide betrachten lassen) Wasserstoffverbindungen
besitzen , welche eine gewisse Menge Kristailwasser in ihre Zusammen-
setzung aufaehmen.
Der blaue Indigo enthält zuletzt die Elemente von Cyan und Benzoyl
oder Benzil, (es ist bekannt, dafs das Benzil mit kaustischen Alkalien eine
indigblaue Auflösung bildet, die sich beim Erwärmen entfärbt). Wenn
wir uns das Benzil vereinigt denken mit einem Aequivalent Cyan, so haben
wir alle Elemente des Indigo’s.
Benzil Cu H10 03 4- C2 N2 — C1(5 Na H10 02 = blauer Indigo.
Indig-Schwef eisäuren.
Es ist erwähnt worden, dafs wasserfreie Schwefelsäure sich mit In-
digo zu einer purpurrothen Masse vereinigt, die sich in Wasser ohne Er-
hitzung zu einer tiefblauen Flüssigkeit löst. Hauchendes Vitriolöl löst den
fünften Theil seines Gewichts gewöhnlichen Indigo unter Erwärmung nach
24 Stunden vollkommen auf; diese Flüssigkeit mischt sich mit Wasser
Indigschwefelsäuren.
1138
nutet’ starker Erhitzung, ohne einen unlöslichen Rückstand zu lassen.
Bringt man reinen feingepulverten blauen Indigo mit 15 Theilen gewöhn-
lichem Schwefelsäurehydrat, die man vor ihrer Anwendung einige Minuten
im Sieden erhalten und. wieder erkalten gelassen hat, oder 1 Theil eines
feinen käuflichen Indigs mit 8 Th. Schwefelsäurehydrat zusammen , so er-
folgt nach einigen Tagen in gewöhnlicher Temperatur, schneller beim Er-
wärmen auf 50 bis 6*0° eine vollkommene Lösung ; sie ist tief blau und
läfst sich meistens ohne Absatz mit Wasser mischen. Nimmt man auf einen
Theil reinen Indigo nur 8 — 10 Theile Schwefelsäure, so bleibt in allen
Fällen ein purpurrothes Pulver, was in verdünnten Säuren unlöslich ist,
aber in reinem Wasser, beim fortgesetzten Waschen, eine klare dunkel-
blaue Auflösung bildet.
Was die Schwefelsäure in dar blauen Auflösung enthält ist Indig-
Schwefelsäure , der in Säuren unlösliche purpurrothe Absatz ist Purpur-
schwefelsäure. Beide sind Verbindungen von Schwefelsäure mit Indigo,
der durch die Berührung mit dieser Säure eine Veränderung erlitten hat.
Walter Crum , welcher diese Verbindungen zuerst einer Untersuchung
unterwarf, beobachtete, dafs die Indigschwefelsäure, mit einem Alkali ge-
sättigt, einen blauen Niederschlag gab (blauer Carmiri) , der in salzhalti-
gen Flüssigkeiten unlöslich, in reinem Wasser leicht löslich war; er fand
ferner , dafs die blaue Auflösung der Purpurschwefelsäure in Wasser sich
gegen die Salze der alkalischen Basen ganz gleich verhielt, nur war der
Niederschlag nicht blau, sondern purpurroth ; er hielt ihn für identisch mit
dem purpurrothe» Körper, der beim Verdünnen der Indiglösung ungelöst
zurückblieb. Den ersteren Körper bezejchnete er mit Coerulin , den an-
dern mit Phoenicin (Indigpurpur ; Hermelins'). Berzelius zeigte später,
dafs beide Substanzen Verbindungen sind von verändertem Indigo mit
Schwefelsäure, die sich mit alkalischen Basen zu leicht in reinem Wasser
löslichen, aber in salzhaltenden Flüssigkeiten unlöslichen Salzen verbin-
den; woher es denn kommt, dafs blaue und purpurrothe Niederschläge
durch Salze mit alkalischer Basis aus ihren wässerigen oder sauren Auf-
lösungen erhalten werden. Legt man in die mit Wasser verdünnte schwe-
felsaure Indiglösung reine Wolle oder Wollenzeug, so färbt sich dieses
Mau und die Auflösung wird farblos. Die Farbe läfst sich der Wolle we-
der durch Wasser noch durch Alkohol, leicht aber durch kohlensaures
Ammoniak entziehen. Verdampft man die erhaltene blaue Lösung zur
Trockne und behandelt den Rückstand mit Alkohol , so trennt er sich in
zwei Ammoniaksalze, von denen das eine ungelöst zurückbleibt. Das in
Alkohol lösliche enthält (nach Berzelius') indigblauunterschwefelsaures,
das darin unlösliche Ammoniaksalz iudigblauschwefelsaures Ammoniak.
Beide lösen sich leicht in Wasser und geben, das erstere mit basischem,
das andere mit neutralem essigsaurem Bleioxid blaue Niederschläge, die,
mit Schwefelwasserstoff zersetzt, in Schwefelblei uud in lösliche Indig -
unter Schwefelsäure oder Indigschwefelsäure zerlegt werden.
Frisch aus dem Bleisalz durch Schwefelwasserstoff dargestellt, sind
die abgeschiedenen Indigschwefelsäuren schwach gelblich oder farblos und
geben , im luftleeren Raume über Kalihydrat und concentrirter Schwefelsäure
abgedampft, dunkelgelbe zähe Massen, die an der Luft schmntziggrün
und zuletzt blau werden. An freier Luft bei 50° abgedampft färben sie
sich rasch ( und hinterlassen blaue, an der Luft feucht werdende Massen
von Indigblauunterschwefelsäure oder Indigblauschwefelsäure. Diese bei-
den Säuren sind leicht löslich in Alkohol, sie werden durch Schwefel-
wasserstoff unter Fällung von Schwefel, bei Berührung mit Zink oder
Eisen, ohne Gasentwickelung farblos; es entstehen in letzterem Fall Zink-
oder Eisenoxidulsalze dieser Säuren, welche an der Luft mit grofser
Schnelligkeit Sauerstoff anziehen, wodurch die ursprüngliche blaue Farbe
wieder zum Vorschein kommt.
Die beiden Indigschwefelsäuren bilden mit Basen eine Reihe von Sal-
zen, von denen sich die Verbindungen mit alkalischen Basen durch ihre
Unlöslichkeit in salzhaltigen Flüssigkeiten auszeiclinen. Wenn die mit
1194
Indigschwefelsäuren.
Wasser verdünnte schwefelsaure Indiglösung von der Purpurschwefelsäure
abfiltrirt und mit einem löslichen Kalisalze (Salpeter ausgenommen, durch
den die Farbe zerstört wird), essigsaurem, kohlensaurem Kali, gesättigt
wird , so schlägt sich schwefelsaures und indigschwefelsaures Kali in Ge-
stalt eines aufgequollenen blauen Pulvers nieder. Wird es auf einem
Filter ausgewaschen , bis das Waschwasser anfängt sich dunkelblau zu
färben, sodann in Wasser vertheilt, dieses zum zweitenmale mit essig-
saurem Kali gesättigt und diese Operation so oft wiederholt, als sich noch
schwefelsaures Kali als Beimischung des blauen Niederschlags nachweisen
läfst, zuletzt der feuchte Brei mit Alkohol vollständig ausgewaschen, so
nimmt dieser das essigsaure Kali hinweg und es bleibt reines indigblau-
schwefelsaures Kali zurück.
Dieser Niederschlag ist es, der in Deutschland blauer Carmin , in
Frankreich mit löslichem Indigo ( Indigo soluble ) bezeichnet wird.
Aus einer kochendheifsen verdünnten Auflösung des obenerwähnten
Kalisalzes, die man mit einer Auflösung von Chlorbarium mischt, erhält
cmn nach dem Filtriren eine tiefblaue Flüssigkeit, die beim Erkalten zu
einer Art von Gallerte, welche leicht auszuwaschen ist, gesteht. ( Du-
mas.} Dieser Niederschlag enthält stets eine gewisse Menge Kali.
Die indigblauuntersclwefelsauren Salze unterscheiden sich von den
indigblauschwrefelsauren durch ihre bei weitem gröfsere Löslichkeit in
Wasser. Namentlich sind die Baryt- und Bleisalze der Indigblauunter-
achwefelsäure leicht in Wasser löslich, ihre Zusammensetzung ist noch
nicht näher erforscht.
Die löslichen indigblauschwefelsauren Salze erleiden in Berührung mit
überschüssigen kaustischen Alkalien eine Veränderung, welche derjenigen
wahrscheinlich ähnlich ist, die der blaue Indigo, mit denselben Körpern
behandelt , in höherer Temperatur erfährt. (Siehe Zersetzungsprodukte des
blauen Indigo’s durch kaustische Alkalien.)
Indigblauschwefelsaures Kali in 50 Th. Kalkwasser gelöst, färbt sich
beim Erwärmen in einem verschlossenen Gefäfse grün, und wird bei die-
sem Zeitpunkt durch Säuren wieder blau; längere Zeit erwärmt nimmt die
Flüssigkeit eine Purpurfarbe an, während sich beim Erkalten ein braun-
gefärbter Kalkniederschlag bildet.
Geschieht diese Behandlung bei Zutritt der Luft, so durchläuft die
Lösung alle Farben von grün, purpurroth, hocliroth und nimmt zuletzt
eine rein gelbe Forbe an. Diese Farben entsprechen drei von einander
verschiedenen Zersetzungsprodukten, weiche saure Eigenschaften besitzen
und mit Leichtigkeit erhalten werden können, wenn die kalkhaltigen Flüs-
sigkeiten durch Kohlensäure vom Kalke befreit und zur Trockne abge-
dampft werden.
Die purpurrothe Flüssigkeit gieht einen Rückstand, der nach der Be-
handlung mit Alkohol, welcher sich damit gelb färbt, in Wasser wieder
mit purpurrother Farbe löslich ist. Diese Auflösung bildet mit neutralem
essigsaurem Bleioxid einen braunrothen Niederschlag, aus welchem mit
Schwefelwasserstoff eine mit Purpurfarbe in Wasser lösliche Säure abge-
schieden wird. Berzelius bezeichnet sie mit Purpurinschwefelsäure. Die
mit neutralem essigsaurem Bleioxid gefällte Flüssigkeit giebt mit ßleiessig
einen zweiten Niederschlag von grauer Farbe.
Sucht man bei Behandlung des indigblauschwefelsauren Kali’s , durch
beschränkten Zutritt der Luft, den Punkt zu treffen, wo die Flüssigkeit
hochroth erscheint, und behandelt sie auf gleiche Weise, so erhält man
bei Digestion der durch Abdampfen gewonnenen dunkelbraunen, ins Grüne
ziehenden Masse mit Alkohol eine gelbe Auflösung und einen rothen Rück-
stand, der sich mit schön rother Farbe in Wasser löst.
Die gelbe alkoholische Auflösung enthält eine kristaliisirbare gelbe
Säure, die man, an Bleioxid gebunden, beim Vermischen derselben mit
essigsaurem Bleioxid und durch Zersetzung des gebildeten cifcrongelben
Bleiniederschlags durch Schwefelwasserstoff erhält. Berzelius nennt sie
Flavinschwefelsäure
Indigschwefelsäuren,
1135
Die wässerige schön rothe Auflösung des in Aikohol unlöslichen Rück-
standes wird durch Bleiessig biafsroth niedergeschlagen. Schwefelwasser-
stoff scheidet aus diesem Niederschlag eine rothe , nach dem Verdunsten
extractähnliche Säure, aus welcher Alkohol eine rothgelbe Säure CBer-
zelius Fulvinschwefelsäure ) auszieht, während eine rothe nicht kristalli-
nische Masse von sauren Eigenschaften zurückbleibt, die Berzelius Rufin-
schwefelsäure nennt. Alle diese Produkte bedürfen einer genauem Unter-
suchung.
Alle indigschwefelsauren Salze lösen sich in Aetzkalilauge in der Kälte
auf, wobei sie ihre blaue Farbe in Gelb umändern; hiebei entwickelt sich
Ammoniak. Diese Auflösungen werden beim Sättigen mit einer Säure wieder
tief indigblau; wird hingegen die alkalische Auflösung erwärmt, so verliert
sie ihr Vermögen durch Säuren wieder blau zu werden.
Durch Salpetersäure, Chlor und Brom wird die blaue Farbe aller in-
digblauschwefelsauren Salze zerstört, die Flüssigkeiten nehmen eine gelbe
Farbe an.
Die Purpurschwefelsäure (PhÖnicinschwefelsäure, Berzelius') erzeugt
sich bei der Behandlung des Indigo’s mit englischer Schwefelsäure, bei
Anwendung von rauchender Nordhäuser Schwefelsäure vorzüglich nur
dann, wenn man die Lösung sogleich mit Wasser verdünnt. Wie erwähnt
bleibt sie beim Verdünnen des Schwefelsäuren Indigo’s ungelöst zurück,
und kann auf einem Filter von der Auflösung getrennt werden. Mit reinem
Wasser gewaschen löst sich die Purpurschwefelsäure mit der nemlichen
blauen Farbe auf, welche die Indigblauschwefelsäure charakterisirt ; allein
diese Auflösung giebt, mit Alkalien oder mit essigsaurem Kali, Salmiak,
Bittererde-, Kupferosid-, Zinnoxid-, Eisenoxidul-, Thonerde-Salzen ge-
sättigt, flockige purpurfarbene Verbindungen von Purpurschwefelsäure mit
den Basen dieser Salze. Das Ammoniak- und Natronsalz dieser Säure
sind am leichtesten, schwerer löslich sind ihre Verbindungen mit Talk-
erde, Zinnoxid und Kupferoxid, und am vollkommensten wird die Purpur-
schwefelsäure durch Alaun und Chlorcalcium gefällt. Das Ammoniaksalz,
oder richtiger vielleicht die durch Salmiak aus der wässerigen ’ Purpur-
schwefelsäure gefällte Verbindung giebt trocken erhitzt, unter Entwicke-
lung eines rothen Gases, dem sublimirten Indigblau ähnliche Kristalle,
welche zuweilen einen grün metallischen Glanz haben und beiin Glätten
braun-, nicht kupferglänzend werden.
Die purpurschwefelsauren Salze lösen sich leichter in Alkohol als in
Wasser, die wässerige Auflösung derselben verliert durch alle reduciren-
den Materien ihre blaue Farbe; sie verhalten sich gegen Schwefelwasser-
stoff, Eisenvitriol und Kalk etc. genau wie die indigschwefelsauren.
Zusammensetzung der Indigschwefelsauren.
Nach der Untersuchung von Dumas enthält die ledigschwefelsäure in
dem Kalisalze die Elemente des Indigo’s, weniger 1 At. Wasser, verbunden
mit 2 Atomen Schwefelsäure. Bei dem Zusammenbringen des indigo’s mit
Schwefelsäure würde demnach entweder 1 At. fertig gebildetes Wasser
aus dem Indigo austreten, und in dieser Beziehung wäre die Bildung der
Indigschwefelsüure ähnlich der Entstehung der Aethersclnvefelsäure (des
sauren schwefelsauren Aethyloxids) , oder es würde durch die Einwirkung
der concentrirten Schwefelsäure aus dem Wasserstoff des Indigs und dem
Sauerstoff der Schwefelsäure, oder aus den Bestandtheilen des Indigs
selbst ein Atom Wasser neu gebildet, und dieses Wasser würde in den
indigschwefelsauren Salzen ersetzbar seyn durch 1 At. Metalloxid. Nach
der ersteren Ansicht wäre sonach der Indigo, ähnlich dem Alkohol, das
^ Hydrat eines organischen Oxides, zusammengesetzt nach der Formel:
C16 N, H8 0 -4- H2Q, und die Indigschwefelsäure würde seyn
Cx6 N* H8 O 4- SSO, -4- aq, oder C16 Na H8 O, SO, 4- SO, , aq
C16 Na H8 0 , SO, 4- SO, , KO das Kalisalz.
1136
Indigs chwefel säuren.
Das Verhalten der indigschwefelsauren Salze scheint aber dieser Ansicht
von der Natur des Indigs zu widersprechen. Als ein dem Aether ähnliches
organisches Oxid wiirda der Indigo in der Indigschwefelsäure die Rolle
einer Basis spielen , welche , wie das Aethyloxid , ersetzbar sey n müfste
durch andere Metalloxide. Wenn es in der That gelänge , den Indigo (das
Hydrat des Oxids) aus seiner schwefelsauren Verbindung, ähnlich wie Al-
kohol aus der Aetherschwefelsäure, wieder darzustellen , so liefse sich
dieser Ansicht nichts entgegensetzen; allein diefs gelingt unter keinerlei
Umständen.
Man gelangt zu noch sonderbareren Schlüssen, wenn man versucht
die Zusammensetzung des weifsen (reducirten) Indigo’s mit der des blauen
nach diesen Voraussetzungen in Beziehung zu bringen. Enthält der blaue
Indigo ein Atom Sauerstoff in der Form von Wasser, so kann dieses
Wässer bei seinem Uebergange in den Zustand des weifsen. Indigo’s keine
Aenderung erlitten haben.
Der weifse Indigo könnte hiernach also nur seyn entweder die Was-
serstoffverbindung eines Oxids, was die Natur einer Salzbasis besitzt, oder
eine Verbindung von einem sauerstofffreien Körper mit zwei Atomen Wasser.
Weifser Indigo Clö N2 II8 O -1- Ha ■+• H, O oder
do. do. C16 Na H8 -j~ IIa 0 -4- O
Keine von diesen Formeln hat in Hinsicht auf die Constitution des weifseu
Indigo’s die mindeste Wahrscheinlichkeit für sich, und es bleibt nichts an-
deres übrig, als die Indigschwefelsäure zu derjenigen Klasse von Verbin-
dungen zu stellen, zu welcher die Aetherunterschwefelsäure gehört.
Dumas ist geneigt, den blauen Indigo als die Wasserstoffverbindung von
Benzoyl (oder vielleicht von Benzil) zu betrachten, in welchem letzteren,
nemltch dem Benzoyl, 1 Aeq. Wasserstoff ersetzt ist durch 1 Aeq. Cyan,
nach folgender Formel: Ci4 Cy jo -h Ha, und in diesem Fall müfste man
H
den weifseu Indigo als C14 ^ O 2Ha und die Indigschwefelsäure als
Indigunterschwefelsäure betrachten
H
C14 O + S, Oj + aq Indigunterschwefelsäure.
Diese Säure würde demnach entstehen durch Bildung von 1 Atom Wasser
aus 1 Aeq. Sauerstoff, von zwei Atomen Schwefelsäure und 1 Aeq. Was-
serstoff aus 1 At. Indigo. Die Ansicht, dafs die Indigschwefelsäure keine
Schwefelsäure, sondern Unterschwefelsäure enthält, hat die Existenz einer
grofsen Anzahl ähnlicher Verbindungen für sich und ist unter allen die
wahrscheinlichste.
Die purpurschwefelsauren Salze enthalten nach Dumas eine aus 8 Ato-
men Indigo und 2 Atomen Schwefelsäure zusammengesetzte Säure, die
zusammen 1 At. Basis sättigen.
Alle Beobachtungen, die man über das Verhalten des weifsen Indigo’s
augestellt hat, beweisen, dafs sein Uebergang in blauen Indigo von einer
Sauerstoffaufnahme bedingt ist. Ist nun der weifse Indigo ein Hydrat, was
höchst wahrscheinlich ist, und tritt bei seiner Oxidation das Hydratwasser
aus, so wird sich sein Gewicht beim Uebergange in blauen Indigo um das
Gewicht des ausgetretenen Wasserstoffs vermindern , und es läfst sich den
Versuchen, die man angestellt hat, um aus der Menge des aufgenommenen
Sanerstoffgases oder aus der Menge von Kupferoxid, was davon zu Oxidul
oder Metall reducirt wird, die Gewichtszunahme zu bestimmen, welche der
weifse Indigo erfahren mufs um in blauen Indigo überzugehen, kein, die-
sen Gegenstand entscheidendes, Gewicht beilegen.
Berzelius fand, dafs 100 Th. Indigblau bei ihrer Entstehung aus
weifsem Indigo 4,65 Th. Sauerstoff aufgenommen hatten; diefs ist der be-
rechneten Menge Sauerstoff (6,015), bei der Schwierigkeit, sich durch Be-
handlung aus käuflichem Indigo mit den verschiedenen Lösungsmitteln reines
Indigblau darzustellen, nahe genug, um daraus schliefsen zu können, dafs
der blaue Indigo, um zu weifsem Indigo reducirt zu werden, die Hälfte
Isatin, Isatinsäure.
1137
seines Sauerstoffs abgiebt. Bei der Oxidation des weilsen Indigo’s bei Ge-
genwart von einem freien Alkali entsteht neben blauem Indigo offenbar
auf Kosten des freien Sauerstoffs eine gelbe oder vielmehr gelbrothe Ma-
terie , und die Sauerstoffquantität, welche absorbirt wird, ist weit gröfser,
als sie der Rechnung nach seyn sollte. Eine ähnliche gelbe Substanz
bildet sich bei allen Reductionen des blauen Indigo’s, sobald die reduci-
rende Flüssigkeit einen grofsen Ueberschufs von Alkali enthält.
Oxidationsprodukte des blauen Indigo' s.
Isatin.
Durch Behandlung des blauen Indigo’s mit Schwefelsäure und saurem
chromsaurem Kali erhält man als eins der interessantesten Oxidationspro-
dukte des Indigo’s das von Erdmann und Laurent gleichzeitig entdeckte
Isatin. Zu seiner Darstellung wird das mit Wasser fein abgeriebene In-
digblau in einer Mischung von gleichen Theilen Schwefelsäure und saurem
chromsaurem Kali, was man in ÜJO-— 30 Th. Wasser zuvor gelöst hat, ge-
linde erwärmt, wo sich der Indigo im Anfänge ohne Gasentwickelung, zu
Ende mit sehr schwacher Entwickelung von kohlensaurem Gas zu einer
tief gelbbraunen Flüssigkeit löst, aus welcher nach dem Erkalten und Ab-
dampfen das Isatin kristallisirt. Die erhaltenen Kristalle reinigt man durch
wiederholte Kristallisation aus Wasser, zuletzt aus Alkohol.
Das Isatin bildet dunkelmorgenrothe oder gelbrothe Kristalle (Combi-»
nationen eines rhombischen Prisma’s), welche, aus weingeistigen Flüssig-
keiten erhalten, einen starken Glanz besitzen; sie sind in kaltem Wasser
schwierig, in heifsem Wasser und Alkohol leicht löslich. Die Auflösungen
färben die Haut und ertheilen ihr einen unangenehmen Geruch. Die Kri-
stalle zerlegen sich beim Erhitzen und hinterlassen eine schwer verbrenn-
liche Kohle. Durch Chlor wird es in Chlorisatin und Bichlorisatin verwan-
delt. In ätzenden Alkalien aufgelöst geht es in Isatinsäure über.
Nach Laurent’s und Erdmann’ s Analyse entspricht die Zusammen-
setzung des Isatins genau der Formel C16 N2 HI0 04 , welche von der des
blauen Indigo’s durch zwei Atome Sauerstoff differirt, den derselbe aus
der Chromsäure aufnimmt, um in Isatin überzugeheu.
Isatinsäure.
Das Isatin löst sich in Kalilauge mit dunkelpurpurrother Farbe auf,
die sich beim Erwärmen in Hellgelb umändert; beim Abdampfen erhält man
aus dieser Flüssigkeit ein kristallinisches Kalisalz , was in Alkohol löslich
ist und daraus in harten, farblosen, kleinen Prismen kristallisirt. Wird
eine Auflösung dieses Kalisalzes mit essigsaurem Bleioxid vermischt, so
erhält man einen weifsen Niederschlag, der, in Wasser vertheilt und mit
Schwefelwasserstoff zersetzt, eine saure farblose Flüssigkeit liefert, aus
welcher bei freiwilligem Verdampfen Isatinsiiurehydrat als vveifses, kaum
kristallinisches Pulver erhalten wird. Biese Säure ist in kaltem Wasser
vollständig löslich, wird aber beim Erhitzen ihrer wässerigen Auflösung
zersetzt in Wasser und Isatin, mit dessen Entstehung die Flüssigkeit eine
rothgelbe Farbe annimmt. Die löslichen isatinsauren Salze verhalten sich
gegen Mineralsäuren auf eine ähnliche Weise; werden ihre Auflösungen
in der Kälte damit versetzt, so bemerkt man keine Veränderung, beim
Erwärmen der Mischung wird sie rasch rothgelb gefärbt und sie setzt als-
dann beim Erkalten Isatin in Kristallen ab.
Nach der Analyse ihres Silbersalzes enthält die au Basen gebundene
Isatinsäure die Elemente des Isatins plus 1 At. Wasser.
C16 N2 H12 Os Formel der au Basen gebundenen Isatinsäure.
C,6 N2 H12 O* -f- AgO isatinsaures Silberoxid.
Diese Säure entsteht mithin auf eine ähnliche Art wie die Benzilsäure aus
Benzil ; allein das hinzugetretene Atom Wasser ist darin sehr schwach ge-
1138
Isatyd, Chiorisatin,
bunden und trennt sich von dem Hydrate der Säure durch schwache Er-
wärmung , wodurch sie wieder in Isatin übergeht.
Isatinsaures Kali giebt mit Barytsalzen einen weifsen, in heifsem Was- '
ser löslichen , mit Silbersalzen einen weifsen Niederschlag, der sich beim
Erwärmen in der Flüssigkeit ebenfalls löst, wobei sich ein Theil durch \
Abscheidung von Metall schwärzt. Die heifse Auflösung des Siibersalzes
setzt theils blättrige, theils körnige Kristalle ab.
Isatin verbindet sich mit Ammoniak zu dem Ammoniaksalz einer neuen
Säure, welche die Elemente von 3 At. Isatin und 2 At. Wasser enthält.
(Laurent.)
Isatyd.
Löst man Isatin durch Erwärmen in Schwefel Wasserstoff -Schwefel-
ammonium auf, so scheidet sich beim Erkalten dieser Lösung ein weifses,
ins Gelbliche ziehendes, nicht kristallinisches Pulver ab, welches frei von
Schwefel ist. Erdmann bezeichnet diese Substanz mit Isatyd; sie ist in
kaltem Wasser kaum löslich , leicht löslich in Ammoniak und kaustischen
Alkalien mit dunkelrother Farbe, welche beim Erwärmen der Auflösung 1
in gelb übergeht. Die concentrirte Auflösung in Kali se*zt beim Erkalten
Kristalle ab , mit Salzsäure übersättigt bildet sich ein gelber flockiger Nie-
derschlag.
Die Zusammensetzung des Isatyds drückt Erdmann durch die Formel
C16 H,* N* Os aus, wonach es aus Isatin durch Entziehung von zwei Ato-
men Sauerstoff und durch Hinzutreten von 1 At. Wasser entstehen würde ;
da aber die Bestimmung des Stickstoüfgehalts versäumt wurde, so bleibt ein
Hinzutreten von Stickstoff in der Form von Ammoniak ungewifs. Die For-
mel CI6 n4 II10 o ist dem ausgemittelten Kohlenstoff- und Wasserstoffgehalt j
C 68,42 C, 4,34 H) nicht entgegen.
In einer Darstellung von Isatyd, zu welcher sich Erdmann , anstatt
frischen Schwefelammoniums, der Flüssigkeit bediente, aus welcher von
einer früheren Bereitung Isatyd sich ausgeschieden hatte, erhielt er an-
statt eines weifsen Isatyds ein violettes kristallinisches Pulver, was in
seiuein Kohlenstoff- und WasserstofTgehalt der Formel C16 N4 Hia 0 nahe
kommt.
Verhalten des Isatins %u Chlor.
Beim Sättigen einer Auflösung von Isatin mit Chlor entstehen zwei
chlorhaltige neue Verbindungen, von denen die eine, das Chiorisatin , dem
Isatin in seiner Zusammensetzung insofern ähnlich ist, als beide einerlei
Anzahl von Atomen an Elementen enthalten. In dem Chiorisatin finden
sich aber 2 At. Wasserstoff des Isatins ersetzt durch 2 At. Chlor.
Isatin C16 N2 H10 04 Chiorisatin C16 N* |o4
In dem Bichlorisatin finden sich 4 Atome Wasserstoff des Isatins ersetzt
durch 4 At. Chlor C16 N* ®«J°.
Die beiden neu entstandenen Produkte der Einwirkung des Chlors auf
Isatin sind in kaltem Wasser kaum löslich, sie scheiden sich bei ihrer
Bildung in Gestalt eines gelben flockigen, etwas kristallinischen Nieder-
schlags ab und lassen sich durch Kristallisation aus Alkohol von einander
trennen. In Alkohol lösen sich beide leicht auf; die Auflösung giebt, con-
centrirt und erkaltet, im Anfänge Kristalle von Chiorisatin; die aus der
Mutterlauge sich bildenden Kristalle sind Bichlorisatin.
Chiorisatin.
Das Chiorisatin kristallisirt in durchsichtigen , orangegelben , vierseiti-
gen, geruchlosen Prismen und Blättchen von bitterm Geschmack, es subli-
Cliiorisatiiisaurc, Bichlorisatinsäure. 1189
mirt über 160° unter theilweiser Zersetzung, löst sich kaum in kaltem, in
50 Th. siedendem Wasser; in heifsem Alkohol ist es leicht mit tief orange-
gelber Farbe löslich , 100 Theile Alkohol von 14° lösen 0,455. Die Auf-
lösungen sind ohne Wirkung auf Pflanzenfarben ; in concentrirter Schwe-
felsäure ist es löslich und wird durch Wasser wieder daraus dem Anschein
nach unverändert abgeschieden. Mit concentrirter Salpetersäure erwärmt
wird es zersetzt. In Silbersalzen bringen die Auflösungen des Chlorisatins
keinen Niederschlag von Chlorsilber hervor.
Chlorisatins äurc.
Gegen kaustische Alkalien verhält sich das Chlorisatin genau wie das
Isatin; in Aetzkali gelöst und erwärmt verwandelt sich die anfänglich ent-
stehende dunkelrothe Färbung in Gelb, und es kristallisirt aus dieser Auf-
lösung ein hellgelbes Kalisalz einer neuen Säure, welche die Elemente
des Chlorisatins plus 1 At. Wasser enthält. Die Säure selbst läfst sich
aus dem Kalisalz nicht darstellea, sie verhält sich von den Basen getrennt,
mit denen sie verbunden war, wie die Isatinsäure in der Wärme, indem
sie bei ihrer Abscheidung durch stärkere Säuren in Chlorisatin und Wasser
zerfällt.
Chlor isatinsaur es Kali. C16 N2 H18 CJ2 Os -f- KO. Dieses Salz bildet
durchsichtige, schwefelgelbe, glänzende Schuppen oder vierseitige Na-
deln; es ist leicht in Wasser, schwierig io Alkohol löslich, die Auflösung
schmeckt bitter und giehi mit Silbersalzen einen gelben Niederschlag von
chlorisatin saurem Silberoxid , welcher in siedendem Wasser löslich ist. Mit
einer gesättigten Auflösung von Chlorbariuni vermischt erhält man tief-
goldgelbe oder blalsgelbe Blätter von dem entsprechenden Barytsalz. Das
eine dieser Barytsalze, das hellgelbe, enthält l Atom, das dunkelgelbe
3 Atome Kristallwasser, welche bei 160° entweichen.
Chlor isatinsaur es Bleioxid erhält inan aus dem Kalisalz und essigsau-
rem oder salpetersaurem Bleioxid in der Form eines glänzend gelben gal-
lertartigen Niederschlags, der sich nach einigen Minuten in ein seharlach-
rothes kristallinisches Pulver verwandelt; dieses Bleisalz löst sich in sie-
dendem Wasser uüd setzt sich daraus wieder mit rofcher Farbe ab. Das
rothe Salz ist nach der Formel Ci6 N2 H1S Cl3 05, PbO H- 8aq zusammen-
gesetzt.
Bichlorisatin.
Das Bichlorisatin erhält man aus der alkoholischen Lösung in kleinen
morgenrotließ glänzenden Nadele und Blättchen, es ist in Wasser und
Alkohol etwas löslicher als Chlorisatin, 100 Theile Alkohol von 0,830
lösen 3,40 Bichlorisatin; in seinem übrigen Verhalten und Eigenschaften
ist es dem Chlorisatin sehr ähnlich.
Bichloris atimäure.
Ganz mit den nemlichen Erscheinungen, welche die Bildung des isatin-
und chlorisatiasauren Kali’s begleiten, entsteht bei Behandlung des Bi-
chlorisätins mit Kalilauge bichlorisatinsaures Kali. Die conceutrirte Auflö-
sung giebt nach der« Erkalten dieses Salz in hellgelben Schuppen, die mau
durch neue Kristallisationen aus Alkohol rein erhält.
Die Bichlorisatinsäure ist beständiger wie die Chlorisatinsäure , sie läfst
sich durch Mineralsäuren aus der concentrirten Lösung, des Kalisalzes in
der Form eines gelben Pulvers gewinnen, was sich ziemlich leicht in
Wasser löst, aber beim Trocknen schoß in gewöhnlicher Temperatur sich
zersetzt in Wasser und Bichlorisatin. Die gesättigte wässerige Auflösung
dieser Säure auf 60° erwärmt trübt sich und setzt Bichlorisatin ab. Die
heifs gesättigte Auflösung des bichlorisatinsauren Kali’s erstarrt zu einer
aus glänzenden Blättchen bestehenden Masse. Aus Wasser kristallisirt
enthält das Kalisalz 2 Atome , aus Weingeist i Atom Kristall wasser.
1140
Chlorisatyd, Chloranil.
Das Baryt« und Silbersalz der Bichlorisatinsäure sind den chlorisatin-
sauren ähnlich. Das Bleisalz ist gelb und behält diese Farbe unverändert;
das Kupfersalz besitzt im Augenblick der Darstellung die Farbe des Eisen-
oxidhydrates, in wenigen Augenblicken wird es aber blafsgrünlichgelb ,
zuletzt carminroth.
Durch die Einwirkung des Broms auf Isatin entsteht Bromisatin und Bi-
bromisatin, von ähnlichen Eigenschaften und analoger Zusammensetzung
wie die beschriebenen Chlorverbindungen. Das ßibromisatin verwandelt
sich, in Alkalien gelöst, in Bibromisatinsäure.
Das Verhalten des Isatins zu Chlor ist dem der salicyligen Säure sehr
ähnlich, wahrscheinlich verhalten sich die verschiedenen Chlorverbindungen
zu Ammoniak auf eine ähnliche Weise wie das Chlorsalicyl.
Chlorisatyd.
Löst man Chlorisatin in Schwefelwasserstoff-Schwefelammonium in der
Wärme auf und läfst die Flüssigkeit erkalten, so scheidet sich eia weifses
oder gelblichweifses , wenig kristallinisches, schwefelfreies Pulver aus,
welches Erdmann mit Chlorisatyd benannt hat. Das Chlorisatyd ist in Was-
ser sehr wenig, in Ammoniak und Alkalien mit rot her Farbe löslich, wel-
che beim Erwärmen blafsgelb wird. Seine Zusammensetzung entspricht der
Formel C16 H10 N* Cl2 04.
Beim Erhitzen wird das Chlorisatyd zersetzt in Wasser, Chlorisatin
und in einen neuen Körper, den Erdmann Chlorindin nennt; der letztere
bleibt als violettes Pulver im Rückstand, seine Formel ist C16 H10 N* CI» 0*.
Die Auflösung des Chlorisatyds in Kalilauge giebt nach dem Conceu-
triren und Verdampfen ein Kalisalz einer neuen Säure, der Chlorisatyd -
säure .
Das Bichlorisatin verhält sich gegen Schwefelammonium ähnlich wie
das Chlorisatin, es entsteht daraus Bichlorisatyd und durch dessen Auflö-
sung in Alkali Bichlorisatydsäure.
Sulßsatyd.
Eine Auflösung von Isatin in Alkohol, die man mit Schwefelwasserstoff
gesättigt hat, wird unter Absatz von Schwefel hellgelb und längere Zeit
am Lichte stehend, röthlich; durch Zusatz von Wasser erhält man daraus
einen bräunlichrothen Niederschlag, welcher 24,70 — 24,27 Schwefel,
53,51 Kohlenstoff, 3,40 Wasserstoff (Stickstoff nicht ausgemittelt) enthält.
Erdmann nennt diesen Körper Sulfisatin.
Sulfo chlorisatyd.
Sättigt man eine Auflösung von Chlorisatin in Alkohol mit Schwefel-
vrasserstoffgas , so schlägt sich ein weifser pulveriger Körper nieder, aus
dem man durch Verdünnen der Flüssigkeit mit Wasser noch mehr erhält.
Durch die Analyse desselben erhielt Erdmann 31,09 Schwefel, 41,7 Koh-
lenstoff, 2,37 Wasserstoff (Chlor und Stickstoff unbestimmt).
Chloranil.
Durch Einwirkung von Chlorgas auf eine warmgehaltene Auflösung von
Chlorisatin oder Bichlorisatin in Alkohol entsteht unter andern Produkten
ein aus Kohlenstoff, Sauerstoff und Chlor zusammengesetzter Körper, wel-
cher von Erdmann entdeckt und mit Chloranil bezeichnet worden ist. Bei
seiner Darstellung erhält man es eingemengt in eine ölartige Flüssigkeit,
die, durch Wasser und Alkohol hinweggenommen, das Chloranil in der
Form von blafsgelben perlmutterglänzenden Schuppen hinterläfsfc. Das
Chloranil ist in Wasser und kaltem Alkohol uolöslich, leichter in heifsem
Chloranilsäure, Choranilam»
1141
Alkohol und daraus kristallisirbar ; es erleidet durch Salpetersäure, Salz-
säure und Schwefelsäure keine Veränderung, verflüchtigt sich in gelinder
Wärme und sublimirt ohne zu schmelzen und ohne Biickstand ; rasch erhitzt
schmilzt es unter Zersetzung. Die Zusammensetzung des Chloranils wird
durch die Formel C6 Oa Cl4 ausgedrückt. Löst man es in kaustischer Kali-
lauge auf, so tritt die Hälfte seines Chlors an Kalium, dessen Sauerstoff
seine Stelle einnimmt, es entsteht Chlorkalium und Chloranilsäure, C6 Os Cl2.
In Schwefelkalium löst sich Chloranil mit gelber Farbe; diese Auflösung
giebt mit Säuren einen gelben Niederschlag, sie färbt sich an der Luft,
alle Nuancen von Roth durchlaufend, bis sie zuletzt purpurroth und unter
Absatz eines schwarzen unlöslichen Körpers undurchsichtig wird»
Chloranilsäure.
Die heifse Auflösung des Chloranils in Kalilauge giebt beim Erkalte«
bräunlich purpurrothe glänzende Prismen von chloranilsaurem Kali. Eine
Auflösung dieses Kalisalzes giebt kalt mit Salzsäure vermischt röthlich-
weifse glänzende kleine Schuppen von Chloranilsäurehydrat; in der AVärme
abgeschieden setzt sie sich in mennigrothen Körnern, oder in gelbrothen
Blättchen von starkem Glanz aus der Flüssigkeit beim Erkalten ab In
reinem Wasser löst sich die Chloranilsäure mit violettrother Farbe, sie
wird aus dieser Auflösung durch Schwefel- und Salzsäure gefällt; durch
Salpetersäure wird sie rasch und schnell zersetzt. In der Wärme ist sie
unter theilweiser Zersetzung sublimirbar. Die kristallisirte Säure enthält
2 At. Wasser, von denen 1 Atom bei 115° entweicht, das andere ist Hy-
dratwasser, was ohne Zersetzung durch Wärme nicht ausgeschieden wer-
den kann.
Chloranilsaures Kali. C6 05 Cl2, KO, aq. Dieses Salz zerlegt sich
beim Erhitzen unter einer schwachen Verpuffung und unter Ausstofsung
purpurrother Dämpfe, es löst sich in Wasser und Alkohol mit purpurvio-
ietter Farbe. Diese Auflösungen geben mit Silbersalzen chloranilsaures
Silberoxid, C6 03 Cl2, AgO, in Gestalt eines rothbraunen, pulverigen, in
Wasser sehr wenig löslichen Niederschlags. Mit Ammoniak bildet die
Säure kristallisirbares chloranilsaures Ammoniumoxid, was dem Kalisalz in
seinem Verhalten ähnlich ist.
Chlor anilammon und Chlor anilaia.
Chloranil löst sich beim Erwärmen in kaustischem Ammoniak mit blut-
rother Farbe, und diese Flüssigkeit giebt beim Erkalten und Verdampfen
Kristalle von Chloranilammon ; man erhält es in der Form von kleinen
flachen kastanienbraunen Nadeln, die sich in kaltem Wasser, leichter io
lieifsem mit purpurrother Farbe lösen. Diese Auflösung giebt durch Säuren
keinen Niederschlag von Chloranilsäurehydrat, die Flüssigkeit färbt sich
im Gegentheile dunkler, und aus einer mit Salzsäure versetzten gesättigten
Lösung von Chloranilammon in Wasser setzen sich tiefschwarze Nadeln
von Diamantglauz ab. Es ist diefs ein neuer Körper, den Erdmaiin mit
Chloranilam bezeichnet.
Das Chloranilammon enthält die Elemente von 2 At. Chloranilsäure und
2 Aeq. Ammoniak, C12 06 CI4 , N4 H12 , im kristallisirten Zustande aufser
diesen noch 9 Atome Wasser, die es beim Erwärmen abgiebt. Das Chlor-
anilam enthält die Elemente des Chloranilammons minus 1 Aeq. Ammoniak,
Cia 06 Cl4, Na H6, im kristallisirten Zustande aufs er dem noch 5 At. Was-
ser, welche bei 130° entweichen.
Chloranilammon und Chloranilam lassen sich nicht als Ammoniaksalze
ansehen, da in beiden im trocknen Zustande das zur Bildung des Ammo-
niumoxids nöthige Atom Wasser fehlt; ebensowenig läfst sich annehmen,
dafs sie Chloranilsäure fertig gebildet enthalten, da ihre Auflösungen gegen
Metallsalze ein den löslichen Chloranilsalzen durchaus unähnliches Ver-
halten zeigen. Durch kaustische Alkalien werden beide in chloranilsäure
Salze dieser Basen unter Entwickelung von Ammoniak verwandelt.
1142
Chlorirulopten.
Chloranilammon und Chloranilam bringen in salpetersaurem Silberoxid
rothbraune voluminöse Niederschläge hervor, die sich in warmem Wasser,
Ammoniak und Essigsäure vollständig lösen; nach der Fällung bleibt die
Flüssigkeit violett gefärbt. Der Silberoxidgehalt dieser Verbindung wechselt
zwischen 36,7 und 47 p. c. , der erstere entspricht einer Verbindung,
w elche 1 Atom Silberoxid und die Elemente von 2 Atomen Chloranilsäure
enthält.
Mit mäfsig concentrirten Mineralsäuren zum Sieden erhitzt, werden
Chioranilammon und Chlorauilam in Chloranilsäure und in Ammoniak zer-
setzt.
Gechlortes Chlor indopten.
Werden die Produkte der Einwirkung des Chlors auf eine Auflösung
von Chlorisatin oder Bichlorisatin, «aclsdesn das Chlorani! davon getrennt
worden, der Destillation unterworfen, so bleibt ein brauner harzähnlicher
Rückstand, aus dem sich durch fortgesetzte Einwirkung der Wärme ein
flüchtiges halbflüssiges ölartiges Produkt entwickelt, was häufig von weifsen <
langen Nadeln begleitet ist, die sich in dem Ketortenhalse spblimiren.
Wird das ganze Destillat mit Kalilauge einer neuen Destillation unterwor-
fen, so verflüchtigt sich eine feste Substanz, der Rückstand löst sich auf
uud diese Auflösung giebt beim Erkalten prismatische Kristalle mit rhom-
bischer Basis, die man durch neue Kristallisation aus verdüunter Kalilauge,
in der sie in der Kälte schwerlöslich sind, rein erhält. Wird die wässe-
rige Auflösung derselben mit Salzsäure vermischt, so entsteht .ein weifser
flockiger Niederschlag, welcher eine neue Säure darstellt, die gechlorte
Chlorindoptensäure, die sich mit den Dämpfen von siedendem Wasser ver-
flüchtigt und in Nadeln sublimirt; sie ist in ihren Eigenschaften einem an-
dern Körper ähnlich, den Erdmann durch directe Behandlung des Indigs
mit Chlor bei der Destillation der erhaltenen Produkte erhielt. Gechlortes
chloriudoptensaures Kali giebt mit Silbersalzen einen citrongelben Nieder-
schlag, der bei 110° getrocknet 20,08 bis 20,12 Kohlenstoff, 0,16 Was-
serstoff, 84,12 — 33,34 Silberoxid und 46,64 — 46,98 Chlor in 100 Th.
enthielt. Nach der Formel C12 Cl10 AgO, welche Erdmann diesem Silber-
salze beilegt, sollte man 20,02 Kohlenstoff, 48,30 Chlor und 31,68 Sil-
beroxid erhalten, „eine Abweichung , die er durch eine Einmengung von »
chlorindoptensaurem Silberoxid erklärt. Vielleicht wäre dieser Körper, so ,
wie das Chlorindatmit und die Chlorindoptensäure, am einfachsten durch
Destillation von Schwefelsäure, Kochsalz, Chlorisatin oder Bichlorisatin i
mit oder ohne Zusatz von Braunstein zu erhalten.
Produkte der Einwirkung von Chlor auf Indigo.
Trockner Indigo erleidet weder bei gewöhnlicher Temperatur noch bei
100° durch trocknes Chlorgas eine Veränderung. Mit Wasser zu einem
dünnen Brei angerührtes Indigblau wird hingegen bei Einleiten von Chlor-
gas vollkommen zersetzt; bei niedriger Temperatur verwandelt sich das
Indigblau in einen rostgelben oder orangefarbenen Brei, der bei Erwär-
mung harzähnlich zusamraenbackt. Bei dieser Zersetzung wird das Wasser
durch Salzsäure stark sauer und nimmt eine rothgelbe Farbe und einen
Geruch nach Ameisensäure an; gasförmige Produkte bemerkt man dabei
nicht. Wird Flüssigkeit und Niederschlag zusammen der Destillation un-
terworfen, so geht ein flüchtiges Prödukt über, was sich im Hals der Re-
torte und der Vorlage in weifsen Schuppen oder Nadeln anlegt; diefs ist
ein Gemenge von zwei Körpern , dem Chlorindatmit und Chlorindoptensäure.
Wird, nachdem dieses Produkt abnimmt, der Rückstand wiederholt mit
Wasser ausgekocht, so erhält man beim Erkalten eine reichliche Menge
an Kristallen von einem Gemenge von Chlorisatin und Bichlorisatin. Zu-
letzt bleibt nach dem Auskochen ein brauner harzartiger Körper zurück,
welcher, in Aetzkali gelöst, durch Essigsäure daraus in reinerem Zustande
wieder fällbar ist. Aus der sauren Flüssigkeit, aus welcher Chlorisatin
Chloruidopteusäure, 1143
und Bichlorisatin kristallisirfc sind ^ erhält man bei weiterem Verdampfen
Kristalle von Salmiak.
Clilorindoptensäure , Chlorindatmit , Chlorisatin, Bichlorisatin , das er-
wähnte Harz und Salmiak sind die einzigen Produkte der Einwirkung von
Chlor auf Indigblau.
Chlor indalmit.
Behandelt man das erwähnte , durch Destillation erhaltene Gemenge
von Chlorindatmit und Chlorindoptensäure mit kohlensaurem Kali, so geht
beim Erwärmen unter Kohiensäureentwickelung Chlorindatmit mit den
Wasserdärapfen über. Es ist weifs, schmelzbar zu einem farblosen Oele,
mit siedenden Wasserdämpfen leicht flüchtig, von Fenchel- oder Körbel-
(Scandix Cerefoäium L.) Geruch. Erdmann fand es in 100 Theilen aus
36,8t) Kohlenstoß, 8,33 Wasserstoff, 53,58 Chlor und 7,8 Sauerstoff zu-
sammengesetzt.
Chlorindoptensäure.
Die nach dem Abdestilliren des Chlorindatmits in der Retorte zurück-
bleibende Kaliverbindung erstarrt nach dem Concentriren und Erkalten zu
einem Brei von feinen Kristallnadeln, welche durch neue Kristallisationen
aus Weingeist rein erhalten werden. Dieses Kalisalz ist chlorindopten-
sanres Kali, aus dem man durch Zersetzung mit einer Säure Chlorindop-
tensäure in Gestalt von weifsen Flocken erhält, welche einen widrigen
Geruch besitzen. Die Zusammensetzung dieser Säure wird durch die For-
mel Cx, H6 CJ6 0 oder C12 H4 Cl6 -4- H20 ausgedrückt. Das Kalisalz bringt
in Silbersalzen einen citrongelben Wiederschlag hervor, seine Formel ist
CZ2 H4 Cl6 , AgO. C Erdmann.)
Clilorindoptensäure und Chlorindatmit erhält man bei ihrer Darstellung
gemengt mit einander. Dieses Gemenge, welches Erdmann mit Chlor-
indopten bezeichnet, führte bei der Analyse als einfachsten Ausdruck zur
Formel C3 II4 Cl4 0; als wahrscheinlichste Zusammensetzung mufs aber die
Formel C24 Ha Clz2 02 betrachtet werden (oder vielleicht C24 Hz4 Clz2 03),
wonach das Chlorindopten gleiche Atomgewichte Chlorindoptensäure und
Chlorindatmit enthält.
Die Einwirkung des Chlors auf Indigblau ist , wie sich aus dem Vor-
hergehenden ergiebt, dem Verhalten der Chromsänre ähnlich, mit dem Un-
terschied jedoch, dafs sich anstatt Isatin , Chlorisatin und Bichlorisatin
bildet. Ob das Chlorindatmit und die Chlorindoptensäure direct aus dem
Indigo, oder durch die Einwirkung der Salzsäure auf Chlorisatin und Bi-
chlorisatin entstanden sind, ist nicht ermittelt.
Die Formeln der aus dem Indigo durch die Einwirkung des Sauerstoffs,
Chlors und Broms entstehenden Produkte sind folgende:
Isatin
C16 N3 Hi0 04 ( Laurent , Erdmann)
Isatinsäure
ci6 n2 h12 os -h h2o
Chlorisatin
C16 N2 H8 CIj 04 (Laurent, Erdmann)
Chlorisatinsäure
Ci6 N2 O10 CJ2 04 -4- H* 0
Bichlorisatin
C16 N2 H6 Cl4 04 ( Laurent , Erdmann)
Biclilorisatinsäure
c16 h8 Cl4 Os +H,0
Bromisatin
Cie w2 Hs Br2 04
Bromisatinsäure
Cie Na Hzo Br2 Os -4- HaO
Bibromisatiü
Cx 6 H6 Br4 04
Isatyd
Cl6 N2 Hia Oä
Chlorisatyd
c16 n2 hio 04 Cl2
Bichlorisatyd
C16 N2 Ha 04 Cl4
Bichlorisatydsäure
C16 N2 H10 0* Cl4
Chlorindin
Cj6 N2 H10 0, Cls
Chlorindopten
C8 H4 0 Cl4
Chlorindoptensäure
clt h6 0 Cl6
Chlorindatmit
c12 h8 o2 ci6
1144
Anilsäure, Picrinsalpetersäiire.
Chloranil C6 02 CI4
Chloranilsäure C6 05 Cl2
Chioranilammon Cia 06 CJ4 -f- N4 H,
Chloranilam Cia 06 Ci4 -4- Na H6
Gechlortes Chlorindopten C,a €J10
Versetzung sprodukte des Indigblau's durch Salpetersäure .
Anilsäure .
Syn. Indigsäure .
Wenn man in ein kochendes Gemisch von 1 Th. rauchender Salpeter-
säure mit 10 — 15 Wasser, feingepulvertes Indigblau trägt , so lange noch
Gasentwickelung erfolgt, so bilden sich unter andern drei Produkte; es
entsteht Anilsäure, die sich in der heifseu Flüssigkeit lost, eine rothbraune
ölartige saure Substanz, welche der Indigsäure in Auflösung folgt, und eine
braune harzartige oder erdige Materie, letztere in um so geringerer Menge,
je reiner der Indigo war. Beim Erkalten setzt die Auflösung Indigsäure
ab, die man durch neue Kristallisationen und dadurch reinigt, dafs man
ihrer wässerigen heifseu Auflösung essigsaures Bleioxid oder Bleiessig so
lange zusetzt, bis der anfangs entstehende braune Niederschlag anfängfc
eine reine hellgelbe Farbe anzunehmen. Anilsaures Bleioxid bleibt in die-
sem Fall gelöst, was man nach dem Filtriren und Abdampfen kristallisirt
erhält. Durch Kohle entfärbt und durch Schwefelsäure zersetzt liefert es
reine Anilsäure.
Die Anilsäure stellt, aus Wasser kristallisirt, einen Brei von volumi-
nösen, schwach gelblichen, oder weifsen feinen Nadeln dar, welcher ge-
trocknet stark zusammenschrnmpft; die Säure schmilzt leicht und erstarrt
nach dem Erkalten zu einer kristallinischen Masse, die aus sechsseitigen
Tafeln besteht; sie sublimirt bei gelinder Wärme in weifsen Nadeln ohne
Rückstand, besitzt einen herben, schwach sauren Geschmack und röthefe
Lackmus. Schnell und rasch erhitzt wird sie zerlegt unter Entwickelung
von (3 Vol.) Kohlensäure und fl Vol.) Stickgas, es bleibt ein kehliger
Rückstand. Durch Salpetersäure wird sie io Oxalsäure und Picrinsal-
petersäure verwandelt. Mit Zink und Wasser in Berührung erhält man
eine rothe Auflösung, aus der sich blutrothe Fiocken absetzen. Chlor,
Salzsäure und verdünnte Schwefelsäure sind ohne Wirkung auf die Anil-
säure.
Die Anilsäure löst sich in 1000 kaltem, reichlich in heifsem Wasser,
leicht in Alkohol.
Nach der Analyse von Dumas ist die Formel der Anilsäure C14 H8 Na
09 -4- H2 O ; in den Salzen dieser Säure ist das Hydratwasser derselben
ersetzt durch 1 Aeq. Metalloxid. Das Ammoniaksalz ist leicht kristallisir-
bar, seine Formel ist C14 H8 Na 09 -4- Na HsO; das lösliche kristallisirbare
Silbersalz ist C14 H8 Na 09 -f- AgO.
Mit Bleioxid bildet diese Säure ein lösliches neutrales, und zwei un-
lösliche basische Salze, CI4 Hs N2 09 SPbO und SC14 Hs N2 09 4- 3Pb0o
Pier insalpeter säure.
Syn. Picrinsäure, Kohlenstickstoffs äur e , Weiter’ s Bitter.
Entsteht aus der Anilsäure, sowie direct aus dem Indigblau, aus dem
Salicin , Coumarin , Seide und andern Stoffen durch Behandlung mit starker
Salpetersäure.
Zu ihrer Darstellung aus Indigo trägt man gröblich gepulverten ostin-
dischen Indigo in kleinen Portionen in 10 — 12 Th. kochender Salpetersäure
von 1,43 spec. Gewicht (Zusatz von grofsen Portionen veranlafst Entzün-
dung mit Flamme und Explosion), wo sich der Indig mit rothbrauner Farbe
löst, man setzt Salpetersäure hinzu, kocht bis zum Verschwinden aller
Dämpfe von salpetriger Säure und läfst erkalten, wo unreine Picrinsalpe-
Picrins alpetersauire Salze. 1145
feersäure kristallisirt. Durch Auflösung derselben in Kali und Fällung mit
Salpetersäure wird sie gereinigt.
Salicin mit concentrirter Salpetersäure behandelt giebt (nach Pöbereiner
und Piria ) eine Kristallisation von reiner Picrinsalpetersäure.
Die Picrinsalpetersäure stellt aus Wasser kristallisirt hellgelbe Blätter
dar von geringem Glanz , aus verdünnter Salpetersäure kristallisirt sie iß
harten octaedrischen glänzenden Kristallen , welche beim Waschen mit
Wasser matt werden und ihren Glanz verlieren. Die Kristalle lösen sich
schwierig in kaltem Wasser, leichter in heifsem , mit gelber Farbe; Zu-
satz von Salpetersäure vermindert die Löslichkeit; sie lösen sich in Al-
kohol und Aether. Diese Auflösungen besitzen einen sehr bifctern, sauren
Geschmack.
In gelinder Wärme schmilzt und sublimirt die Picrinsalpetersäure ohne
Rückstand , schnell und rasch erhitzt wird sie unter Verpuffung zerstört.
In concentrirter Schwefelsäure löst sic sich in der Wärme und wird durch
Zusatz von Wasser wieder ohne Veränderung gefällt. Setzt man der
Auflösung in Schwefelsäurehydrat gepulverten Braunstein zu, so ent-
wickeln sich reichliche salpetrigsaure Dämpfe.
Nach der Untersuchung von Pumas und Marchand ist die kristallisirte
Säure nach der Formel C12 N6 H4 013 -b B20 zusammengesetzt; in ihren
neutralen Salzen ist das Hydratwasser ersetzt durch ein Aeq. Metalloxid.
Picrinsalpetersäure /Salze . Alle Salze der Picrinsalpetersäure ver-
puffen beim Erhitzen, die Salze mit alkalischer Basis bei langsam steigen-
der Hitze mit Explosion und starker Lichtentwickelung. Die löslichen
Salze dieser Säure mit einem Uebersehufs von Aetzkalilauge gekocht, oder
bei Gegenwart von einem Alkali mit Schwefelwasserstoff gesättigt, ver-
lieren ihre gelbe Farbe und werden braun ; lösliche SchwefelmetaSIe damit
erwärmt zerstören die Säure unter Ammoniakentwickelung; dasselbe ge-
schieht, wenn ihre alkalischen Auflösungen mit Kalk und Eisenvitriol in
Berührung gelassen werden, man erhält in letzterem Fall eine blutrothe
Flüssigkeit, welche Kalk an eine neue Säure gebunden enthält; sie giebt
mit Bleisalzen einen braunen, beim Erhitzen verpuffenden Niederschlag,
aus dem sich durch Schwefelwasserstoff die Säure darstellen läist. Sie ist
in Wasser schwerlöslich, leichter in Alkohol und giebt mit Alkalien bitter-
schmeckende blutrothe Auflösungen.
Alle lösliehen Salze der Picrinsalpetersäure schmecken bitter; die eon-
centrirten Lösungen der alkalischen Salze geben, mit Salpetersäure versetzt,
Kristalle von Picrinsalpetersäure; das Kalisalz ist zur Heilung des Wech-
selfiebers mit Erfolg angewendet worden ( Braconnot ).
Das picrinsalpetersäure Ammoniumoxid ist in schönen gelben sechs-
seitigen Prismen, die im Sonnenlichte mit Regenbogenfarben spielen, kri-
stallisirbar, leichtlöslich. Seine Formel ist C12 H4 N6 015 Hb N2 Hs 0. (Pu-
mas, Marchand .)
Pier insalp eter saures Kali . C12 H4 N6 O15 -b KO (Pumas, Marchand).
Gelbe glänzende, mit Regenbogenfarben spielende, lange Prismen, löslich
in 260 Th. kaltem, in 14 Th. heifsem Wasser.
Das Natronsalz ist leicht löslich. Mit Baryt und Strontian bildet die
Picrinsalpetersäure neutrale lösliche und basische unlösliche Salze. Das
Baryt- und Strontiansalz enthalten 5 At. Kristallwasser, wovon 4 At. bei
100° entweichen. Die basischen Salze enthalten auf 1 At. wasserfreie Säure
2 At. Baryt oder Strontian.
Das Silbersalz ist nach der Formel C12 H4 N6 013 -b AgO (Pumas) zu-
sammengesetzt, es ist in Wasser löslich, kristallisirbar. Bleisalze, Kupfer-
salze, Quecksilber oxidulsalze geben mit löslichen picrinsalpetersauren Al-
kalien kristallinische unlösliche Niederschläge.
Zersetzungsprodukte des Indigblau’s durch Alkalien.
Wenn man feingepulvertes ludigblau in concentrirte siedende Äetz-
kalilauge (von 1,45 spec. Gewicht) trägt, so wird es, ohne Ammoniak-
Geigers Pharmacie ^ 1. (5/e Au fl.) Tß
1146 Chrysariilsäur& i
entwickelung, leicht und schnell mit tief gelbrothbrauner Farbe gelöst; in
der weiter abgedampften Lauge bemerkt man die Bildung von glänzenden
gcibrothbraunen Kristallen; die Lauge erstarrt , bei diesem Zeitpunkt er-
kaltet, zu einer festen kristallinischen Masse, die sich in Wasser mit |
brandgelber, in Alkohol mit dunkelgrüner Farbe löst.
Die verdünnte wässerige Auflösung verhält sich gegen die Luft wie j
eine Indigküs?e (siehe Anhang); sie überzieht sich mit einer dunkelblau-
schiliernden Baut von Indighiau, was sich zum Theil in kristallinischem
Zustande absetzt. Neutralisirt man den gröfsten Theil des Kali’s mit einer
Mineralsäure; so lange noch ein blaugrüner Niederschlag entsteht; fiitrirt
die goldgelbe Flüssigkeit davon ab und übersättigt sie nun mit Essigsäure;
so erhält man einen voluminösen flockigen Niederschlag von kermesbrauner
Farbe. Dieser Körper ist eine neue Säure (?); welche Fritzsche , ihr Ent-
decker; Chrysanilsäure nennt.
Die weingeistige dunkelgrüne Lösung des durch Kali zersetzten Indig-
blau’s setzt an der Luft ebenfalls Incligblau ab ; sie giebt mit Säuren eben-
falls einen Niederschlag von Chrysanilsäure; wenn sie aber längere Zeit
der Einwirkung der Luft ausgesetzt gewesen ist; so entsteht durch Sauer-
stoffaufnabme eine neue Säure; die Antkramlsäure .
Chrysanilsäure.
Zur Darstellung dieser Substanz wird die concentrirte Auflösung des
Indigblau’s in Kalilauge mit Wasser verdünnt und mit einer Säure schwach
übersättigt; der erhaltene Niederschlag wird ausgewaschen; als feuchter
Brei in eine Flasche gegeben; und mit seinem gleichen Volum Aether ge-
schüttelt; wo sich eine goldgelbe Lösung bildet, die man mit einem Heber
abnimmt und an der Luft verdampfen läfst. Man kann auch den ausge-
waschenen Niederschlag in siedendes Wasser tragen; wo er augenblicklich
zu einer schwarzrothen barzähnlichen Masse zusammenschmiizt, welche;
in Aether gelöst, nach dem Verdampfen diese Substanz in reinerem Zu-
stande hinterläfst.
Die Chrysanilsäure erhält man durch Trocknen des mit Säuren ge-
fällten Niederschlags in Gestalt einer kermesbraunen amorphen Masse, aus
Aether von brandgeiber Farbe; sie löst sich in Alkalien mit gelber Farbe;
bei Ueberschufs von Kali werden diese Auflösungen nach Fritzsche grünlich
uud setzen auf ihrer Oberfläche eine hellgrüne Haut ab, die unter dem
Microscope Spuren von kristallinischer Siructur zeigt, sie löst sich in
Aether. Mit verdünnten Mineralsäuren im Sieden erhalten färbt sich die
Flüssigkeit blauroth, sie wird immer dunkler und nach dem Erkalten setzt
sie blauschwarze kristallinische Nadeln ab, während Anthranilsäure in
Auflösung bleibt.
Die Chrysanilsäure ist, den Analysen nach, die Fritzsche davon ge-
macht hat, ein gemengter Körper (in sechs Analysen wich der Kohlenstoff
von 66,08 bis 69,06 p. c. ab), in seinen Eigenschaften den Harzen ähn-
lich, ohne Reaction auf die Pflanzenfarben, mit Alkalien keine neutralen
Verbindungen bildend. Nach der Analyse einer Bleiverbißdung (erhalten
durch Präcipitation einer alkalischen Lösung der Chrysanilsäure mit einem
Bleisalz) enthielt sie auf l At. Bleioxid 28 At. Kohlenstoff, eine Zinkoxid-
verbindang auf 1 At. Zinkoxid 42 At. Kohlenstoff, eine andere Zinkoxid-
verbindung nur 14 Atome.
Der blauschwarze Körper, der durch Einwirkung von Mineralsäuren
auf Chrysanilsäure entsteht, gab in der Analyse 66,85 bis 73,89 Kohlen-
stoff; sie scheint beim Trocknen durch die Luft eine Veränderung zu er-
leiden, indem sie feucht (ungetrocknet) in Alkohol mit purpurrother , ins
Blaue schillernder Farbe, nach dem Trocknen mit rothbrauner Farbe lös-
lich ist; in letztem Fall bleibt ein Rückstand. Die feuchte Substanz zer-
setzt sich unter Ausscheidung von Indigblau, was bei der getrockneten
viel langsamer vor sich geht. Die Schlüsse auf ihre Entstehung und Bil-
dung aus Chrysanilsäure , zu denen Fritzsche gelangt, da sie sich auf die
An tbrani) säure.
1147
Analyse der getrockneten Materie beziehen , haben hiernach keine Grund-
lage. Nach seiner Vermuthung ist die Chrysanilsäure nach der Formel
Cc8 H22 N4 06 zusammengesetzt , sie würde durch die Einwirkung der Säu-
ren zerfallen in Anthranilsäure und die blauschwarze Substanz , die nach
der Formel C14 H10 Na 03 zusammengesetzt seyn müfste (berechneter Koh-
lenstofFgehalt 66,48 p. c.).
Anthranilsäure .
Zur Darstellung dieser Säure wird Aetzkalilauge (von 1,35 spec. Gew.)
mit Indigblau im Sieden erhalten, mit Wasser zuweilen verdünnt und
wieder eingekocht, wodurch der Indigo nach und nach völlig in die Auf-
lösung eingeht. Noch ehe aller Indigo verschwunden ist, setzt man der
concentrirten siedenden Lauge feingepulverten Braunstein in kleinen Por-
tionen zu, bis ein Theil derselben mit Wasser verdünnt, an der Luft ste-
hend, kein Indigblau mehr absetzt. Bei diesem Zeitpunkte giebt die Flüs-
sigkeit, wenn sie mit einer Säure übersättigt wird, nur einen schwachen
Niederschlag von graubrauner Farbe; sie enthält nun amhranilsaures Kali,
gemengt mit einer grofsem Menge Aetzkali. Man verdünnt nun das Ganze
mit heifsem Wasser, übersättigt mit verdünnter Schwefelsäure, sondert
den Niederschlag durch ein Filter ab, setzt seinem sauren Filtrate bis zur
Neutralisation Kali zu und dampft es zur Trockne ab. Der Rückstand
enthält schwefelsaures und anthranilsaures Kali, sowie eine braune fär-
bende Substanz. Durch Behandlung mit warmem Weingeist geht anthranil-
saures Kali uud der braune Körper in Auflösung, während das schwefel-
saure Kali zurückbleibt. Die weingeistige Lösung wird zur Entfernung
des Weingeistes verdunstet, der Rückstand in Wasser gelöst und mi®
Essigsäure übersättigt, wo harte orangegelbe Kristalle von unreiner An-
thranilsäure auskristallisiren. Zur weiteren Reinigung verwandelt man sie
in Kalksalz, löst dieses in heifsem Wasser auf, und versetzt die heifse
Lösung mit Essigsäure. Beim Erkalten kristallisirt Anthranilsäurehydrcit
in halbzolllangen gelblichen, regelmäfsigen, durch zwei Flächen zuge-
schärften durchsichtigen Blättern von starkem Glanz. Eine gesättigte Auf-
lösung des Ealksalzes giebt, mit Essigsäure versetzt, feine weifse dünne
vier- und sechsseitige Nadeln.
In gelinder Wärme schmilzt die Anthranilsäure und sublimirt in schö-
nen regelmäfsigen glänzenden, der Benzoesäure äufserst ähnlichen Blät-
tern. Mit grobzerstofsenem Glase gemengt einer raschen Destillation un-
terworfen, zersetzt sich die Anthranilsäure in Kohlensäure und in eine
sauerstofffreie ölartige Substanz, in Anilin , was alle Eigenschaften einer
organischen Basis besitzt (siebe organ. Basen, Anilin'). Sie äst in kaltem
Wasser schwer löslich, leicht in Alkohol und Aether; die Auflösungen be-
sitzen den Geschmack der Benzoesäure und reagiren sauer.
Nach den Analysen von Fritzscke , welche durch J. L. bestätigt sind,
ist die kristallisirte Säure nach der Formel C14 Hlt Na 03 -4- HaO zusam-
mengesetzt; in dem Silbersalz ist das Hydratwasser ersetzt durch 1 Aeq.
Silberoxid,
Anthranilsäure Salze. Die im Eingang erwähnte unreine Anthranil-
säure giebt, mit Kalkmilch gekocht, eine klare schwachgelbiiche Auflösung,
die, mit etwas Thierkohle entfärbt, nach dem Erkalten anthranilsauren
Kalk in vollkommen farblosen klaren rhoinboedrischen Kristallen absetzt,
der sich in kältem Wasser schwierig, leicht in heifsem Wasser löst. Eine
Auflösung von diesem Kalksalz giebt, in verdünntem Zustande kochend-
heifs mit salpetersaurem Silberoxid vermischt, einen Niederschlag in kri-
stallinischen glänzend weifsen Blättern oder Blättchen, die sich in mehr
Wasser lösen und unverändert wieder kristallisireou Seine Formel ist
CltHI3N* 0, -4- AgO.
1148
Gemeiner Indigo.
Wenn man die Zusammensetzung des Indigblau’s mit der der wasser-
freien Anthranilsäure vergleicht, so ergiebt sich, dafs von dem Indigo
bei ihrer Bildung sich 2 Ai. Kohlenstoff trennen, während 1 Aeq. Wasser
zu seinen Elementen tritt. Was aus dem ausgetretenen Kohlenstoff wird,
ist nicht ermittelt.
Anhang zu Indigo lau.
Gemeiner Indigo.
Synonyme: Color Indiens, Pigmentum indicum.
Der Indig ist schon sehr lange bekannt. Die Griechen und Homer und
ältesten Bewohner Hindostans kannten ihn schon. Doch ist derselbe erst
seit dem löten Jahrhundert in Europa vorzüglich gebräuchlich. Planner ,
Chevreul u. a. , und in neuerer Zeit Runge, W. Crum, J. L ., Ber%elius
und Dumas untersuchten ihn genauer; J. L. und Ber%elius schieden 1827
zuerst den ungefärbten Indig rein ab. — Es liefern den Indig mehrere
Pflanzen; dahin gehört die Gattung Indigofera, als ladigofera tinctoria,
Anil, argentea etc., Wrightia (Nerium) tinctoria, der Waid (Isatis trnefco-
ria), Pergularäa tinctoria, Gymncma tingens, Polygonum tinctorium , Te-
pbrosia (Galega) tinctoria, Amorpha fruticosa u. s. w. Noch viele Pflan-
zen verdienen auf ladiggehalt untersucht zu werden, (lieber eine neue
Art Indig aus der Pflanze Pajanguit oder Aranguit vergl. Magaz. f. Phar-
mac. Bd. 34. S. 21.)
207. In den Indsgpflanzen ist der Indigo als weifser In-
digo (desoxidirter Indigo) enthalten, und er kann in diesem Zu-
stande ans den Blättern derselben durch Alkohol und Aether,
sowie durch kaltes und siedendes Wasser ausgezogen -wer-
den; es ist höchst wahrscheinlich, dafs er im Safte an eine
Basis (ein fixes Alkali oder Ammoniak) gebunden ist, . der er
seine Löslichkeit in Wasser verdankt. Der Indigo verhält
sich in dieser Beziehung wie die meisten stickstoffhaltigen
Bestandteile der Pflanzen , die sich unter Sauerstoffaufnahme
an der Luft dunkel färben und damit ihre Löslichkeit ver-
lieren.
In Nordamerika werden die Blätter der getrockneten
Indigpflanzen mit lauwarmem, die Blätter von Nerium mit
siedendem Wasser zwei Stunden lang ubergossen, bis die
Flüssigkeit eine grüne Farbe angenommen hat, und dieser
Auszug der Luft preisgegeben , wo sich in kurzer Zeit der
aufgelöste weifse Indigo als blauer Indigo absetzt. Die frisch
getrockneten Blätter dürfen rächt gefleckt erscheinen und müs-
sen zwischen den Fingern leicht zerreiblich seyn. Die schöne
grüne Farbe der Blätter geht nach und nach (in 4 Wochen)
in Bleigrau über 5 sie geben, bevor diese Farbenveränderung
statigefunden hat, an Wasser kein Pigment ab 5 die Auszieh-
barkeit nimmt über diesen Zeitpunkt wieder ab. Das Trock-
nen der Blätter hat den Vortheil, dafs man nicht alle reifen
Blätter auf einmal zu verarbeiten nöthig hat und die Gährung
damit durch eine kurze und einfachere Behandlung ersetzt
wird.
X
Gemeiner Indigo. 1 1 49
In Ost- und Westindien werden die frischen oder halb-
abgetrockneten blühenden Indigpflaiazen in steinernen oder
hölzernen Trögen mit Wasser übergossen und mit Gewichten
beschwert, wo nach einigen Stunden eine Fäulnifs eintritt,
in Folge welcher aller Indigo unter Ammoniak- und starker
Kohlensäureentwickelung so den Zustand von löslichem Indigo
übergeht 5 sobald auf der Oberfläche blau- oder kupferschil-
lernde Häute entstehen , iäfst man das Wasser in den Schlag-
bottig ab und schlägt es (zuweilen mit Zusatz von Kalk-
wasser) so lange, bis die Flüssigkeit eine grünlichblaue Farbe
annimmt, und Indigo als körniges Pulver sich absetzt. Nach
seiner völligen Abscheidung wird er gewaschen und getrock-
net. In Ostindien und Europa verfährt man mit den Blättern
der Wrightia tinctoria und Isatis tinctoria auf eine ähnliche
Weise; der letztere wird, um ihm die Qualitäten des indi-
schen zu geben, mit sehr verdünnter Salzsäure ausgewaschen»
§. 2D8. Der im Handel vorkommende lud ig stellt ein dunkel-
blaues Pulver, oder eine leichte, dunkelblaue, lose zusammen-
hängende Masse dar (bald sinkt sie in Wasser zu Boden,
bald schwimmt sie auf Wasser). Mit dem Nagel u. s. w.
gerieben, nimmt sie einen Kupferglanz an. Ist geschmack-
und geruchlos; unlöslich in Wässer, (fast) unlöslich in Wein-
geist, Aether, wässerigen Säuren und Alkalien (s. u.). So
wie der Indig iin Handel vorkoramt, ist er niemals rein,
sondern enthält mehr oder weniger fremde Beimischungen.
Man reinigt ihn, indem er mit Weingeist, Salzsäure und
Wasser behandelt wird, bis ihm diese nichts mehr entziehen,
oder nach Berzelius durch Behandeln desselben mit wässe-
rigen Säuren, Wasser, concentrirtem wässerigen Kali und
kochendem Weingeist. Der gewöhnliche Indig enthält; nach demsel-
ben folgende Stoffe: 1) Indigpflanzenleim ; diesen erhält man, indem man
den Indig erst mit verdünnter (Schwefel-) Säure, dann mit kochendem
Wasser behandelt, die heifs fiftrirte wässerige Flüssigkeit mit kohleasaurem
Kalk sättigt, das Filtrat verdampft, den Rückstand mit Alkohol auszieht
und wieder verdampfe. Eine dem Gliadin und Osmazom sehr ähnliche,
aber nicht klebrige und ziemlich leicht in Wasser lösliche Masse. — 2) In -
digbraun, wird aus dem mit Säuren und Wasser ausgezogenen Indig er-
halten durch gelindes Erhitzen desselben mit concentrirter Kalilösung,
Filtriren der aufgequollenen Masse ohne auszuwaschen. Versetzen des
dunkelbraunen Filtrats mit etwas überschüssiger Schwefelsäure, Zerlegen
des mit Wasser gewaschenen gallertartigen Niederschlags mit kohlensau-
rera Baryt, wo ein Theil in Wasser löslich, ein Theil mit Baryt verbunden
ungelöst bleibt , und Verdampfen der Lösung. Das ludigbraun bleibt als
ein dunkelbrauner glänzender Firnifs zurück. Es verbindet sich mit Säu-
ren zu meistens schwerlöslichen Mischungen. Reine Alkalien lösen es
leicht auf, die Auflösungen sind ganz dunkelbraun, reagiren , völlig gesät-
tigt , nicht alkalisch ; zur Trockne verdampft zeigen sie zum Theil kristal-
linische Textur. Dieses Indigbraun hat demnach mit Humussäure oder
Ouellsatzsäure Aehnlichkeit. — 31 Indigroth erhält man durch Ausziehen
des mit verdünnten Säuren, Wasser und Alkalien behandelten Indigs mit
Alkohol in der Hitze, so lange sich dieser färbt. Beim Abdestilliren des
Weingeistes fällt Iudigroth nieder; verdampft man das Filtrat, löst es in
1150
Gemeiner Indigo.
Wasser und versetzt die filtrirte Lösung mit Essigsäure , so schlägt sich
der Rest Dieder. Ein schwarzbraunrothes Pulver oder schwarzbrauner
glänzender Firnifs, unlöslich in Wasser, verdünnten wässerigen Säuren
und Alkalien, schwerlöslich in Weingeist, leichter in Aether; die Lösun-
gen sind intensiv dunkelroth. Vitriolöl löst es mit gelber Farbe. Beim
Erhitzen im luftleeren Raume sublimiren anfangs farblose glänzende Na-
deln, desoxidirtes Indiyroth , welches durch Salpetersäure wieder in ge-
färbtes Indigroth verwandelt wird. — Nach Entfernung dieser drei Sub-
stanzen bleibt 4) Indigblau zurück, welches zur völligen Reinigung mit
Kalk oder Kali und Eisenvitriol behandelt, ferner mit Säuren als Indig-
weifs gefällt wird, welches man iin feuchten Zustande der Luft darbietet,
bis es vollkommen blau ist.
Bei der trocknen Destillation liefert der Indigo, neben sublimirtem
Indig, kohlensaures und blausaures Ammoniak, sehr stinkendes brenzliches
Oel und Harz, ein braunes Extract, eine in Weingeist unlösliche schwarze
Substanz und Kristallin (siehe Anilin); Unverdorben. Es bleibt eine glän-
zende poröse Kohle, er verpufft mit Salpeter oder chlorsaurem Kali mit
prächtigem, aus Weifs, Purpurroth und Violett gemengtem Feuer, Schwe-
felzusatz färbt die Flamme grün.
Indiy-Küpen.
Unter ludigküpen versteht man Auflösungen von reducirtem Indigo in
alkalischen Flüssigkeiten, welche von den Färbern zum Behufe des ßlau-
färbens aus käuflichem Indigo dargestellt werden. Man unterscheidet kalte
und warme Küpen.
Warme Küpe.
a) Waidküpe , Waidindig- Küpe (cuve de pastel , pastel vat ). Vor der*
Bekanntwerdung des Indigo’s wurden namentlich in Flandern und England
die wollenen Tücher vermittelst Waid blau gefärbt. Der Waid enthält im
frischen Zustande % p. c. Indigo , getrocknet etwas weniger als zwei
Procent. Die gegohrnen oder blos getrockneten Blätter wurden mit heifsem
Wasser (60 — 70°) unter Zusatz von Kalk, Pottasche, Kleie und Krapp
sich selbst überlassen , wo durch eine bald eintretende Gährung der darin
enthaltene Indigo löslich wird. Bei der Einführung des Indigo’s behielt
man die Waidküpe bei, er wurde angeweudet, um sie zu verstärken.
4 Th. aufs feinste gemahlener Indigo, 50 Th. Waid, 2 Th. Krapp und
2 Th. Pottasche werden in einem eisernen Kessel mit 2000 Th. Wasser
einige Stunden bei einer Temperatur von 90° erhalten , sodann 1 y, fri.sch-
gelöschter Kalk in kleinen Portionen und nach grofsen Zwischenräumen
zugesetzt und sich selbst überlassen, wo durch eine in dem Waid vor-
gehende Veränderung eine Art von Fäulnifs eintritt. In Folge dieser
Fäuinifs wird dem blauen Indigo Sauerstoff entzogen, der an die organi-
schen Materien tritt; es entstehen hierbei Ameisensäure, Essigsäure und
Kohlensäure, die das Alkali neutralisiren. Der Zusatz von Kalk hat den
Zweck, das doppelt kohSensaure Kali in Kaliliydrat zurückzufiihren, wo-
durch der reducirte Indigo in Auflösung erhalten wird; er dient ferner
dazu , um das aufgelöste Indigbraun , was in die Pottaschenlösung aus dem
Indigo übergeht, auszufällen; bei Abwesenheit von allem Kalk fallen die
gefärbten Tücher schmutzig blau aus. Durch überschüssigen Kalk wird ein
Theil oder aller Indigo als eine basische gelbe unlösliche Verbindung nie-
dergeschlagen.
Als Zeichen der eingetretenen Gährung beobachtet man das Empor-
steigen von Gasblasen, mit denen sich die Oberfläche der Flüssigkeit
schaumartig bedeckt; der Schaum hat eine blaue Kupferfarbe (Blume, fleur
de cuve ); es entwickelt sich hierbei kohlensaures Ammoniak, was, durch
den Kalk zu Aetzammoniak zuriickgeführt , mit dazu beiträgt, um den re-
ducirten Indigo gelöst zu erhalten.
I n d i g k ü p e n.
1151
Die Küpenflüssigkeit besitzt eine dunkel weingelbe Farbe , sie wird an
der Luft grün, zuletzt unter Präcipitatiou des Indigo’s blau. Die zu fär-
bende Wolle oder das Tuch wird eine Zeitlang in derselben eingetaucht
erhalten, in der Luft getrocknet, zum zweitenmal ausgefärbt, bis es die
gewünschte dunkle Farbennuance an der Luft nach dem Trockenwerden
und Auswaschen in einer schwachen Lauge behält. Der Indigo schlägt
sich auf die Oberfläche der Wollenfasern nieder, ohne sich chemisch damit
zu verbinden; durch anhaltendes Klopfen im trocknen Zustande wird das
Tuch oder die Wolle wieder weifs, indem die Farbe staubartig abfliegt.
Die Kiipeuflüssigkeit behält ihr Vermögen, den Indigo zu reduciren, un-
verändert fort, so lange noch eine der Oxidation fähige organische Substanz
vorhanden ist. Wenn durch Zusatz von Kleien, Krapp, die organische
Substanz und von frischem Indigo der hinweggenommene in der Flüssigkeit
von Zeit zu Zeit wieder ersetzt wird, so läfsfc sich die einmal angesetzte
Küpe 5 — 6* Monate zum Färben benutzen.
Bei zuviel Kalk nimmt der Indigogebalt, das Färbungsvermögen der
Flüssigkeit, ab, es entsteht durch Bildung einer Haut von kohleusaurem
Kalk eine mattblaue Blume, Zusatz von kohleusaurem Ammoniak hebt diese
schädliche Wirkung auf. Wenn die Fäulnifs des Waids im Anfang, be-
günstigt durch eine zu hohe Temperatur, zu rasch vor sich gebt, so wird
der zugesetzte Indigo nicht oder nur theilweise reducirt; durch Zusatz von
Honig oder Traubenzucker, Kalk und Pottasche .wird diesem Uebelstande
abgeholfen. Anstatt des Waids läfst sich überhaupt mit Vortheil der Stärke-
zucker, minder wohlfeil Honig, anwenden; die Auflösung des Indigo’s in
einer Mischung von Kalk, Pottasche und Stärkezucker geht bei gelinder
Wärme in sehr kurzer Zeit von statten. Diese Küpe hat den Vortheil
eines sehr geringen Bodensatzes, aus dem sich jederzeit durch verdünnte
Salzsäure aller blaue Indigo, der ihm beigemischt ist, wieder gewinnen
läfst. Ein dem Indigo gleiches Gewicht Stärkezucker, in den meisten
Fällen noch weniger, reicht hin, um die Reducdoa zu bewirken. Bei der
sogenannten Pottascbküpe wird der Indigo durch Contact mit Krapp, Kleie
und Pottasche (auf ISO Kubikfufs Wasser 12 Pfund Indigo, 86 Krapp,
86* Kleie und 48 Pfund Pottasche, von der man die Hälfte im Anfänge,
nach 36 Stunden % und nach 72 Stunden das letzte Viertel zusetzt) re-
ducirt. Dieser Art ähnlich ist die Opermentkiipe (1 Th. Indigo, 2 Th.
Pottasche, 175 Wasser, 1 Th. Kalk und 1 Th. Auruinpigmentum), wo die
Reduction auf Kosten des sich bildenden Schwefelkaliums und der arseni-
gen Säure vor sich geht, so wie die V rinküpe.
Unter kalter Küpe, Yitriolkäpe, versteht man eine Auflösung von
weifsena Indigo in Kalkhydrat, welche man durch Digestion bei gewöhn-
licher Temperatur von i Th. feingeriebenem Indig, 2 Th. kupferfreiem
Eisenvitriol, S Th. Kalkhydrat und 150 bis 200 Th. Wasser erhält. Vor-
theilhaffc ist es, aus dieser Küpe durch Zusatz von Aetzammoniak und an-
derthalb kohlensaurem Ammoniak den freien Kalk, welcher die Verbindung
des Farbstoffs mit dem Zeuge hindert, hinwegzunehmen.
Sächsisches Blau. Mit diesem Namen bezeichnet mau die durch schwe-
felsauren Indigo auf Zeugen erhaltene Farbennuance ; in rauchender Schwe-
felsäure aufgelöster Indigo wurde zuerst in Sachsen von Barth zum Färben
angewendet. Mau trägt den trocknen feiagepulverten Indigo in 4— 6 Th.
rauchende Schwefelsäure in kleinen Portionen, wobei alle Erhitzung ver-
mieden werden mufs. Die Auflösung wird in ihr 30 — 50faches Volum
Wasser gegossen , und die zu färbende Wolle in dieser Flüssigkeit er-
wärmt. Ara schönsten wird die Farbe, wenn man sich des indighlau-
schwefelsauren Kali’s, dessen Auflösung in Wasser man mit Schwefelsäure
ansäuert, zum Färben bedient.
Um den Gehalt an reinem Farbstoff in dem käuflichen Indigo zu be-
stimmen, giebt es bis jetzt kein besseres Mittel, als die fortgesetzte Be-
handlung einer abgewogenen Menge desselben mit Wasser, Salzsäure,
1152
Coccusrotk
Aetzkalifauge und zulefc zfc mit Alkohol, wo dann das Gewicht, welches
bleibt, den reinen Indigogehalt ausdrückt. Alle andern Proben können
kaum auf annähernde Genauigkeit Anspruch machen, sie werden deshalb,
wie die Chlorprobe , die Reductionsprobe , niemals ange wendet.
Coccmroth , Carmimtoff (Carmine).
Von Pelletier und Caventou 1818 zuerst rein dargestellt. — Macht
den Farbstoff der Cochenille CCoccus Cacti ) aus.
$J. 259. Man erhält das Coccusroth , indem man die ge-
pulverte Cochenille zuerst mit Aether digerirt, um alles Fett
zu entfernen 5 dann den Rückstand durch Alkohol kochend
erschöpft, den Weingeist vom Auszug gröfstentheils abde-
stiliirt, und den Rest in einem offenen Gefäfse in gelindester
Wanne verdunstet ; den Rückstand behandelt man mit abso-
lutem Alkohol kalt, versetzt die vom braunen Absatz befreite
klare Lösung mit ihrem gleichen Volumen Aether, welcher
den Farbstoff niedersdilägt, indem eine gelbe Substanz gelöst
bleibt. (Andere Bereitungsarten.) — Die Eigenschaften des Coc-
cusroths sind: Es bildet purpurrothe, kristallinische Körner,
oder eine hochrothe, syrupartige Masse; ist leicht in Wasser
und Weingeist löslich, aber unlöslich in Aether. Die wäs-
serige Lösung wird durch Säuren rothgelb, durch Alkalien
violett ohne Fällung, durch ASaunerdehydrat wird das Roth
als ein schöner Lack gefällt. In der Hitze wird es zerlegt und
liefert ammoniakhaltende Dämpfe. — Bestandteile im Hundert:
49,83 Kohlenstoff, 6,66 Wasserstoff, 49,45 Sauerstoff und
3,56 Stickstoff; Felletier .
Bereitung des Carmins: Mach Trommsdorff ( dessen pharmac. ehern.
Wörterbuch Bd. 1. S. 563). Zu 6 Pfund in einem kupfernen Kessel sie-
denden Wassers setzt man 3 Unzen feingepulverte Cochenille, läfst 5 bis
6 Minuten kochen und schüttet 1 Drachme reinen Alaun zu. (Mach John
setzt man noch ll/2 Drachmen Zinnsolution und 1 Drachme Natron zu.
Andere setzen sogleich etwas Kali- oder Natron-Lösung zur Cochenille
und erst später Alaun.) Nach 3 Minuten seiht man die Flüssigkeit durch
ein feines Sieb in etwas flache Gefäfse von Porcellan, läfst sie 3 Tage
stehen, giefst die Flüssigkeit vorsichtig vom Niederschlag ab, und trocknet
diesen im Schatten. Aus der abgegossenen Flüssigkeit setzt sich nach
einiger Zeit noch ein feinerer Carmin ab. (Verschiedene andere Vor-
schriften zur Bereitung des Carmins finden sich im Magaz. für Pharmac.
Bd. 6. S. 163. — Um eine feurige schöne Farbe zu erhalten, soll man den
Carmin an hellen sonnigen Tagen bereiten.) Der Carmin ist eine der
feinsten Lackfarben von glänzendem Hochroth. Der gröbere Rückstand
kann, mit mehr Alaun gekocht und mit Kali präcipitirt, auf Florentiner-
Lack benutzt werden. Durch Eintauchen von Leinwandlappen in die wäs-
serige Abkochung der Cochenille erhält man die rothen Schminkläppchen,
Tournesol , Bexetta rubra . — Dem obigen Coccusroth nahe verwandt ist
Lackroth von Stocklack (JLacca in ramulis') , welches durch Ausziehen
aus demselben mit natronhaltigem Wasser und Fällen mit Alaun erhalten
wird. — Fenier das
Chermesroth (von Coccus Ilicis )< — Beide verhalten sich gegen Rea-
gens tien wie obiges Carminroth.
Aloe. 1153
Ueber das vom Bizio entdeckte Erythrogen s. Archiv des Apotheker-
Vereins im nördl. Deutschland Bd. 4. Heft 3.
Ueber die braune harzähnliche Masse im Opium , Opiumharz , s. Pel-
letier in den Annalen der Pharmacie Bd. V. S. 175.
Aloe.
Unter dem Kamen Aloe Üsoccotrina , hepatica, caballina ) kommt in
dem Handel der eingedickte Saft von verschiedenen Species Aloe ( socco -
trina , perfoliatct, spicata ) vor* welcher als ein sehr geschätztes Arznei-
mittel in der Medicin häufig augewendet wird, und eine stickstoffhaltig©
Materie enthält, die sich von allen übrigen durch ihr Verhalten zu Sal-
petersäure unterscheidet.
§. 210. Die besseren Sorten Aloe werden durch freiwilli-
ges Ausliiefsen des Saftes der an der Spitze abgeschnittenen
Blätter in der Sonnen wärme and Eintrocknen bereitet. Das
durch Auspressen der Blätter oder Auskochen erhaltene Ex-
tract wird minder geschätzt. Die vorzüglich angewendete
Aloe ist die soccotrinUche (von der Insel Sokotorah); sie
kommt in grofsen braunrothen Massen vor von niuschligem
Bruch, welche in dünnen Splittern durchscheinend roth sind,
der Bruch ist glänzend, gepulvert ist sie safrangelb, leicht
zerreiblich und hat einen der Myrrhe ähnlichen Geruch. Sie
besitzt einen rein bittern, lange anhaltenden Geschmack.
Die Aloe ist in Weingeist und heifsem Wasser voll-
ständig löslich. Die heifs gesättigte wässerige Lösung setzt
beim Erkalten eine braune pulvrige Substanz ab, die sich in
heifsem Wasser wieder löst und ohne Veränderung wieder
daraus niederfällt.
Der kalte wässerige Auszug der Aloe enthält den wirksamen fl es tau d-
theil dieses Heilmittels; der unauflösliche Rückstand ist snäfsig bitter, und
von gleicher Beschaffenheit wie der aus der heifsen Lösung sich bildende
Absatz. Der letztere ist harzartig, löst sich aber vollständig in heifsem
Wasser.
Der kalte wässerige Auszug ist, bei Abschlufs der Luft bereitet, hell-
gelb, bei Luftzutritt braun, abgedampft giebt er eine bräunliche durch-
scheinende Masse, von äufserst bitterm Geschmack, sie ist in Aether in
sehr geringer Menge löslich, leicht in Alkohol und Wasser. Die wässe-
rige Auflösung ist ohne Wirkung auf die Pflanzenfarben, sie wird durch
Schwefelsäure harzartig gefällt. Als Mittel zur weiteren Reinigung von
dem in kaltem Wasser unlöslichen Gemengtheil der Aloe wendet Bra-
connot Bleioxid an, welches er dem kochenden kaltbereiteten Auszug der
Aloe soccotrina zusefczt. Die davon abfistrirte Flüssigkeit liefert nach
demselben den bittern löslichen Bestandtheil in reinem Zustande. Winckler
sättigt einen kochenden Auszug von Aloe mit Glaubersalz und läfst er-
kalten, filtrirt die klare Flüssigkeit von dem Absatz und den Kristallen ab
und dampft sie weiter ein, wo sich reines Aloebitter an der Oberfläche
der Flüssigkeit harzartig abscheidet. Durch Auflösung in Alkohol und
Verdampfen erhält man ein hellgelbes Extract, was etwa 34 p. c. vom
Gewicht der Aloe beträgt. Alle bis jetzt über diesen Körper angestellten
Versuche sind sehr unvollkommen und verdienen wiederholt zu werden.
Hol
Aloe, künstliches Aioebitter.
Der Absatz , den man gewöhnlich für Harz nimmt , löst sich leicht in Al-
kalien, selbst Kalkwasser; er scheint ein Produkt der Einwirkung der
Luft auf den in kaltem Wasser löslichen Bestandtheil zu seyn ; die alka-
lische Lösung wird durch Säuren gefällt.
Eine kalte wässerige Lösung der Aloe wird durch neutrales essig-
saures Bleioxid braun gefällt; wenn dieses Salz keinen Niederschlag be-
wirkt, so entsteht durch Zusatz von basisch essigsaurem Bleioxid eine
neue Fällung von hellgelber Farbe, in der Art, dafs wenn die freigewor-
dene Säure jedesmal mit Ammoniak hinweggenommen wird, zuletzt der
bittere Geschmack der Auflösung völlig verschwindet. Durch Alkalien
wird die Farbe der wässerigen Auflösung dunkler, ebenso durch Eisen-
oxidsalze.
Bei trockner Destillation, so wie beim Schmelzen mit Kalihydrat, er-
hält man aus der Aloe eine reichliche Menge Ammoniak.
Zersetzungsprodukte der Aloe durch Salpetersäure.
Wenn man Aloe mit Salpetersäure in der Wärme behandelt, so ent-
steht eine Reihe von Zersetzungsprodukten, deren Zusammensetzung ab-
hängig ist von dem Zustand der Verdünnung der Säure oder der Dauer
der Einwirkung. Bei Anwendung von verdünnter Salpetersäure entsteht künst-
liches Aloebitter , welches durch weitere Behandlung mit stärkerer Salpeter-
säure in Chrysamminsäure , zuletzt in Chrysolepinsäure übergeht. Die be-
merkenswerthesten Untersuchungen dieser Säuren sind von Braconnot und
Schunck. Braconnot entdeckte die Pclychromsäure, Schunck die beiden
andern Säuren.
Künstliches Aloebitter , Polgchromsäure. Man übergiefst zur Dar-
stellung des künstlichen Aloebitters 1 Theil Aloe soccotrina mit 8 Th. Sal-
petersäure von 1,25 spec. Gewicht. Beim Erwärmen in einer Retorte er-
folgt eine sehr heftige Einwirkung, mit Entwickelung von salpetriger Säure.
Mau dampft die tief dunkelgelbe Auflösung zur Syrupdicke ab, und ver-
mischt sie mit kaltem Wasser, wo unreines künstliches Aloebitter nieder-
fäilt. Durch anhaltendes Waschen mit Wasser, bis die durchlaufende
Flüssigkeit eine reine Purpurfarbe annimmt, erhält man es rein, ln der
sauren Waschflüssigkeifc bleibt viel Oxalsäure gelöst.
Vollkommen ausgewaschen stellt das künstliche Aloebitter ein hoch-
gelbes oder braunes Pulver dar, von sehr bitterm zusammenziehenden
Geschmack, es röthet Lackmus und löst sich in 800 — 850 Th. Wasser
mit Purpurfarbe, in siedendem leichter. Die Auflösung wird durch Säuren
gelb gefärbt. Trocken erhitzt zerlegt es sich mit heftiger Verpuffung und
starker Lichtent\vickelung ; es löst sich in verdünnten Säuren in der Hitze
lind scheidet sich beim Erkalten oder Wasserzusatz wieder ab. Seine
kochende wässerige Lösung ertheiJt der Seide eine tiefe Purpurfarbe, etwas
ins Braune spielend; wird der Stoff vorher mit Kupfersalzen, Zinnoxidul-
salzen, Alaun etc. gebeizt, so lassen sich damit alle Nuancen von Braun,
Blau, Violett, Grün und Gelb färben. Diese Farben widerstehen dem
Seifenwasser, sie werden aber im Lichte in kürzerer oder längerer Zeit
gebleicht. Wolle färbt das künstliche Aloebitter tief schwarzroth , ins
Schwarze spielend.
Das künstliche Aioebitter löst sich in wässerigen alkalischen Flüssig-
keiten leicht auf mit rothbrauner Farbe. Wird die gesättigte Auflösung
des künstlichen Aloebitters in Kali mit einer Auflösung von Chlorbarium
vermischt, so erhält man einen braunrothen Niederschlag, die darüber-
stehende Flüssigkeit behält ihre dunkelrothe Farbe. Der Niederschlag und
die Flüssigkeit enthalten zwei von einander verschiedene Körper von sau-
ren Eigenschaften, die man als Hauptbestandtheile des künstlichen Aloe-
bitters zu betrachten hat; die eine nennt Schunck Aloetinsäure , die an-
dere Aloeresinsäure.
Chrysamminsäure.
1155
[He Aloeresinsäure Ist in dem braunrothen Niederschlag an Baryt ge-
bunden ^ und kann daraus durch Zersetzung mit Salpetersäure erhalten
werden; ihre Verbindungen mit den schweren Metalloxiden sind meistens
unlöslich, von brauner Farbe; ihre Verbindungen mit Kali und Natron
krisfcallisiren nicht, sondern bilden bei dem Abdampfen dicke gallertartige
braunrothe Massen.
Die Aloetinsäure erhält man durch Zusatz von Salpetersäure zu der
von dem erwähnten Barytniederschlag getrennten Flüssigkeit; sie fällt als
ein hochgelbes, nicht kristallinisches Pulver nieder, welches mit den Basen
rothe, meistens lösliche Salze bildet. Die gesättigte Auflösung der Säure
in Kali liefert beim Verdampfen und Abkühlen kleine glänzende Nadeln
von dunkel blutrother Farbe, an der Luft verdampft sind die Kristalle
ziemlich lang, rubinroth.
Die Zusammensetzung beider Säuren ist nicht ermittelt.
Chrysamminsäure. Formel C1S H2 N4 012 -f- aq CSchurick'). Zur Dar-
stellung dieser Säure übergiefst man t Th. Aloe mit 8 Th. Salpetersäure
von 1,37, erhitzt, bis die erste starke Einwirkung vorüber ist, in einer
weiten Porcellanschale, bringt die Flüssigkeit in eine Retorte und destillirt
die Salpetersäure zu 2/3 ab. Man setzt nun dem Rückstand aufs Neue 3
— 4 Th. Salpetersäure zu, und erhält das Ganze einige Tage in einer der
Siedhitze nahen Temperatur, so lange man noch Gasentwickelung bemerkt.
Wenn bis dahin der gröfste Theil der Salpetersäure abdestillirt ist, ver-
mischt man den Rückstand mit Wasser, so lange noch Fällung erfolgt.
Der Niederschlag ist Chrysamminsäure, in der Säure bleibt Chrysolepin-
säure und Oxalsäure gelöst.
Die sich absetzende Chrysamminsäure ist unrein , sie enthält freie Sal-
petersäure, Chrysolepinsäure und, beim Mangel an Salpetersäure, einge-
mengte Aloetin- und Aloeresinsäure. Nach dein vollkommenen Auswaschen
mit Wasser , wodurch die drei ersten Säuren entfernt werden , bleibt sie
in Gestalt eines grünlichgelbeu, schuppig kristallinischen, glänzenden Pul-
vers zurück, eine Beschaffenheit, welche das Gemenge von Aloetinsäure
nnd Aloeresinsäure niemals zeigt. Das reine Kalisalz giebt, in siedendem
Wasser gelöst und mit Salpetersäure versetzt, einen gelben Niederschlag,-
der nach dem Auswaschen und Trocknen die reine Chrysamminsäure dar-
stellt.
Die Chrysamminsäure besitzt eine goldgelbe Farbe und besteht aus
kleinen glänzenden Schuppen ; die in kaltem Wasser sehr wenig, in kochen-
dem etwas leichter löslich sind. Die Auflösung ist purpurroth, von bitterin
Geschmack, in Alkohol und Aether ist sie leicht löslich, ebenso in heifser
Salpetersäure und andern Miaeralsäuren. Trocken erhitzt verpufft sie heftig
mit einer leuchtenden rufsigen Flamme und dem Geruch nach bitteni Man-
deln und salpetriger Säure. In Chlorgas erwärmt entwickelt sie Chior-
wasserstoffsäure. Durch Schmelzen mit Kalihydrat entwickelt sich Am-
moniak, ebenso bei anhaltendem Kochen mit starker Kalilauge.
In rauchender Salpetersäure löst sich die Chrysamminsäure leicht, beim
Erwärmen mit starker Gasentwickelung. Nach längerem Kochen kristal-
lisirt beim Erkalten ein Körper in kleinen goldgelben glänzenden Schuppen,
welcher mit Kali eine in kaltem und siedendem Wasser unlösliche, mit
Natron eine in kleinen goldgrüuen Nadeln lösliche Verbindung liefert.
Beim Erwärmen der Chrysamminsäure mit concentrirter Schwefelsäure
löst sie sich zu einer dunkelbraunen Flüssigkeit, ohne Entwickelung von
schwefliger Säure. Beim Zusatz von Wasser und Erkalten setzt sich ein
Körper in kleinen grauschwarzen diamantglänzenden Nadeln ab, die sich
in siedendem Wasser mit brauner Farbe lösen. Diese Auflösung mit Sal-
petersäure vermischt liefert kleine gelbe, stark glänzende Blätter, ver-
schieden von der Chrysamminsäure.
Chrysamminsäure Salze. In dem Kali-, Baryt- und Bleisalz dieser
Säure ist das Hydratwasser der Säure ersetzt durch 1 Aeq. Metalloxid;
um
€ h r y g o I cp i n s ä ur e.
sie sind durch ihre Schwerlöslichkeit ausgezeichnet und verpuffen beim
Erhitzen. Mineralsäuren entziehen die Basis, und Mnterlassen die Chrys-
amminsäure.
Chrysamminsaures Kali. Die bei der Behandlung der Aloe mit Salpe-
tersäure nach dem Auswaschen mit Wasser erhaltene unreine Säure wird
mit SO Th. Wasser zum Sieden erhitzt und so lange eine verdünnte Auf-
lösung von kohlensaurem Kali zugesetzt, bis alles gelöst ist. Man filtrirt
und läfst erkalten, wo das chrysamminsäure Kali kristallisirt. Die feinen
körnigen Kristalle werden nun mit Wasser so lange gewaschen, bis das
Waschwasser hellroth abfliefst. Das von aloetin- und aloeresinsaurem
Kali auf diese Weise befreite Salz wird nun zum zweitenmale umkristal-
lisirt.
Aus einer kochendheifsen gesättigten Auflösung erhält man beim raschen
Erkalten dieses Salz in Gestalt eines prächtig carminrothen kristallinischen
Pulvers, beim langsamen Erkalten in kleinen goldgriinen Kristallblättern,
ähnlich dem Murexid. Es löst sich in 1850 kaltem Wasser, die Auflösung
ist purpurroth.
Das Natronsalz und Bitter erdesalz sind dem Kalisalz in ihren Eigen-
schaften ähnlich.
Chrysamminsaurer Kalk und Baryt sind dunkelroth, körnig- kristalli-
nisch , sehr schwerlöslich; das Bleioxidsalz ist ziegelroth, das Silbersalz
dunkelbraun, beide unlöslich. Das Kupferoxidsalz ist in heifsein Wasser
löslich, kristallisirbar ; ebenso das Zinkoxidsalz.
Alle diese Salze zeigen, mit einem Polirstahl trocken gerieben, einen
gelben Metallglanz.
Chrysamminsäure und Ammoniak. Chrysamminsäure löst sich in heifsem
wässerigem Ammoniak zu einer dunkelpurpurrothen Flüssigkeit auf, die
beim Erkalten kleine dunkelgrüne Kristalluadeln absetzt. Diese Kristalle
sind in ihrem chemischen Verhalten von dem der übrigen chrysämminsauren
Salze verschieden. Diese Kristalle geben, in heifsem Wasser gelöst, mit
andern Metallsalzen Niederschläge, die in ihrem äufsern Ansehen und ihrer
Zusammensetzung von den chrysamminsauren abweichen. Wird die heifse
Auflösung mit Salpetersäure vermischt, so wird sie hellpurpurroth , ohne
Chrysamminsäure abzusetzen; erst nach dem Erkalten setzen sich daraus
schwarze diamantglänzende Blätter ab, die durch Erhitzen mit Salpeter-
säure oder durch kochen mit Kali, unter Verlust von Ammoniak, wieder
in Chrysamminsäure rückwärts übergehen. Dieser Körper verdient eine
genauere Untersuchung.
Chrysolepinsäure. Die bei der Darstellung der Chrysamminsäure er-
haltene saure Mutterlauge und Waschflüssigkeit wird zur Kristallisation
abgedampft; die erhaltenen Kristalle werden durch Waschen mit kaltem
Wasser von anhängender Oxalsäure befreit. Der Rückstand besteht ent-
weder aus reiner Chrysolepinsäure, in glatten Schuppen oder Blättern von
glänzend gelber Farbe, oder ihre Kristallblätter sind gemengt mit künst-
lichem Aloebitter, in Gestalt eines gelben, nicht kristallinischen Pulvers.
In letzterem Fall mufs die Säure in Kalisalz verwandelt werden, aus
dessen heifser gesättigter Lösung die Chrysolepinsäure beim Zusatz von
Salpetersäure nach dem Erkalten kristallisirt. Die Chrysolepinsäure erhält
man in schönen goldgelben Schuppen und Kristallblättern, welche dunkler
sind wie Picriasalpetersäure, in ihren Eigenschaften sonst derselben sehr
ähnlich sind. Sie löst sich in kaltem Wasser schwer, in heifsem leichter.
Die heifse Auflösung setzt nach dem Erkalten die Säure als gelbes glanz-
loses Pulver ab; aus verdünnter Salpetersäure kristallisirt, behält sie ihre
ursprüngliche Beschaffenheit. Die wässerige Auflösung ist gelbbraun, sehr
bitter, durch Salpetersäure wird sie hellgelb. In einer Möhre erhitzt
schmilzt die trockene Säure zu einer dicken braunen Flüssigkeit, die beim
Erkalten kristallinisch wird ; weiter erhitzt verflüchtigt sie sich in stechen-
de«, die Lunge stark angreifenden Dämpfen. Basch und stark erhitzt
Asparagin.
iU7
verlegt sie sich plötzlich mit heftiger Explosion, unter Ausscheidung voll
Kohle. In trockenem Chlorgase geschmolzen bildet sich keine Chlorwas-
serstoffsäure. Mit Kalilauge eingedampft entwickelt sich zu Ende Ammo-
niak. Coneentrirte Schwefelsäure löst sie ohne Veränderung.
Nach der Analyse von Schunck besitzt die Chrysolepinsäure die nein-
liehe Zusammensetzung wie die Picrinsalpetersäure, ihre Formel ist C12
H4 N6 013 , aq; allein ihre Salze weichen in ihrem Verhalten von den pi-
crinsalpetersauren ab, namentlich ist das chrysolepinsäure Kali weit leichter
löslich wie das picrinsalpetersäure; sie detoniren übrigens beim Erhitzen
mit der nemlichen Heftigkeit.
Chry solepinsaures Kali. Formel: die nemliche wie die des picrio-
salpetersauren Kali’s. Werden die bei der Darstellung aus Aloe und Sal-
petersäure erhaltenen, von der Oxalsäure befreiten Kristalle der rohen
Chrysolepinsäure mit kohlensaurem Kali neutralisirt und zur Kristallisation
gebracht , so erhält man zuerst eine kristallinische Kruste von clirysolepin-
saurem Kali, später ein Gemenge dieses Salzes mit aloetinsaurem Kali.
Das letztere ist dem chrysolepinsauren in leichten Flocken beigemengt
und kann durch Abschlämmen leicht davon getrennt werden. Durch wie-
derholte Kristallisation erhält man reines chrysolepinsaures Kali in brand-
gelben, glänzenden, langen Nadeln, welche im reflectirten Lichte einen
violetten Metallglanz zeigen. Aus einer heifsen concentrirten Auflösung
setzt es sich in Schuppen ab. Das Natronsalz ist löslicher wie das Kali-
salz, es kristallisirt in langen, spitzen Nadeln, die Kristallflächen sind
gestreift und besitzen einen grünen Metallglanz. Das Ammoniaksalz kri-
stallisirt in braunen Nadeln. Das Barytsalz ist leicht löslich und leicht in
kurzen dunkelgelben Prismen zu erhalten. Das Silbersalz ist schwerlös-
lich, kristallisirbar, es stellt dunkelbraunrothe Nadeln dar, die im Lichte
ein Farbenspiel von Eoth und Grün zeigen.
Eine heifse coneentrirte Auflösung des Kali- oder Natronsalzes mit
essigsaurem Bleioxid gemischt, setzt gelbe siarkgJäazenrie Kristallblätter
ab, welche eine Verbindung sind von basisch chrysoiepinsaurem Bleioxid
mit neutralem essigsaurem Bleioxid, 2{Cii K4 N6 0J5), 3PbO-f- C4 H6 03, PbO.
Mit Wasser gekocht verlieren sie ihr kristallinisches Ansehen* und ver-
wandeln sich in ein gelbes Pulver, .welches sich in einem Ueberschufs von
einer gesättigten Auflösung von essigsaurem Bleioxid wieder löst und mit
seinen früheren Eigenschaften beim Erkalten wieder kristallisirt. In ver-
dünnter Essigsäure lösen sich die Kristalle leicht; die Auflösung setzt, zur
Syrupconsistenz gebracht , kleine dunkelbraune metailglänzende Schuppen
des neutralen (?) Bleisalzes ab. Das Verhalten dieser Bleisalze charakte-
risirt die Chrysolepinsäure. Das picrinsalpetersaure Kali bildet mit essig-
saurem Bleioxid einen gelben pulverigen, in Wasser kaum löslichen Nie-
derschlag.
Bei der Behandlung der Aloe mit Salpetersäure geht bei der Destilla-
tion ein flüchtiger Körper über, von Bittermandelgeruch. Boutin scheint
ihn dargestellt zu haben, doch sind seine Eigenschaften nicht näher von
ihm beschrieben und es gelang Schiinch seine Darstellung nicht.
Asparagin.
Zusammensetzung im kristallisirten Zustand C8 N4 ü16 06 -f* 2aq.
Zusammensetzung des bei ISO0 getrockneten C8 N4 H16 0*.
Synonyme: Asparamid, Althäm, Agedoil.
Das Asparagin entdeckten 1805 Vauquelin und Robiquet. Später fand
letzterer eine kristallisirbare Substanz im Süfsholz, die Caventou Agedoil
nannte, und Bacon eine angeblich alkalische in Althäawurzein , wrelche er
Althäin nannte. Genauere Versuche von Henry Plisson zeigten jedoch.
IS 58
A s p a r a g i n.
dafs alle diese Substanzen identisch sind. — Das Asparagin ti. s, w. findet
sich in den Spargelsprossen, dem Siifsholz, der Althäawurzel, dem Bein-
well (Sympliytum off.), den Kartoffeln und wohl noch mehreren andern
Pflanzen.
§. 21 i. Man macerirt zu seiner Darstellung: zerschnittene
Aithäwurzeln mit einer sehr dünnen Kalkmilch bei gewöhnlicher
Temperatur, seiht die Flüssigkeit klar ab, schlägt den ge-
lösten Kalk mit kohlensaurem Ammoniak nieder, und ver~
dampft das Filtrat zuletzt im Wasserbade bis zur Consistenz
eines dünnen Syrups. Nach 3 — 4 Tagen scheiden sich daraus
körnige, wie Sand anzufühlende Kristalle von Asparagin ab,
die man durch Abwaschen mit Wasser und Umkristallisiren
reinigt. Bontron und Pelouze wenden anstatt Kalkwasser reines Was-
ser an, und verfahren sonst wie angegeben. Vauquelin und Robiquet er-
hielten das Asparagin durch Aufkochen des ausgeprefsten Saftes frischer
Spargeln , Abdampfen und Kristallisiren.
§. 212. Das Asparagin kristallisirt in wasserhellen, durch-
sichtigen, geraden rhombischen, oder kurzen sechsseitigen
Prismen von 1,519 spec. Gew. bei 14° C.$ es ist geruchlos,
schmeckt kühlend fade, schwach ekelerregend, knirscht zwi-
schen den Zähnen und ist mäfsig hart, leicht zerreiblich. Beim
Erhitzen werden die Kristalle unter Wasserverlust (11,91 p. c.)
undurchsichtig. Es löst sich in 58 Th. Wasser von 13° C.,
leichter in heifsem. Es ist in WTeingeist, nicht in Alkohol,
Aether, fetten und flüchtigen Oelen löslich.
Durch die Einwirkung von Säuren und Alkalien wird es nicht in der
Kälte, wohl aber in der Wärme zerlegt in Ammoniak und Asparaginsäure.
.Dieselbe Veränderung erleidet es, wenn es in geschlossenen Apparaten
mit Wasser einer hohen Temperatur ausgesetzt wird ; auch in gäbreuden
Flüssigkeiten zerlegt es sich in dieselben Produkte. Metallsalze werden
von seinen Auflösungen nicht gefällt.
Asparaginsäure. Syn.: Aspartsäure , Asparamsäure. Zweibasische
Säure. Formel der wasserfreien in dem Silbersalz C3 N2 HI0 06 ; der kri-
stallisirten C8 N2 H10 06 -+- 2aq.
Diese Säure entsteht aus dem Asparagin durch Behandlung mit Alka-
lien und starken Säuren. Am einfachsten wird sie durch Kochen mit Kali-
lauge gebildet, wenn es so lange fortgesetzt wird, bis man keine Ent-
wickelung von Ammoniak mehr bemerkt. Es entsteht asparaginsaures Kali,
aus dem sich beim Uebersättigen mit Salzsäure und Abdampfen zur Trockne
die Asparaginsäure abscheidet ; sie bleibt rein zurück, wenn der trockene
Rückstand mit kaltem Wasser ausgewaschen wird.
Die Asparaginsäure stellt zarte weifse, glimmerartige Blättchen dar,
von Perlmutterglanz, sie sind geruchlos, von schwach säuerlichem Ge-
schmack; löslich in 128 Th. Wasser von 15°, in siedendem leichter; un-
löslich in Alkohol, schwerlöslich in Weingeist. Die Auflösungen röthen
Lackmus; durch mäfsig concentrirte Salpetersäure unveränderlich, selbst
beim Sieden, Beim anhaltenden Sieden mit starker Salzsäure , so wie beim
Erhitzen in starker Kalilauge zersetzbar in Ammoniak und eine neue , in
Wasser sehr lösliche, nicht näher untersuchte Säure. Die Asparaginsäure
verliert bei 120° nichts an ihrem Gewicht.
Die Asparaginsäure entsteht, indem sich von den Elementen des kri-
stallisirten Asparagins die Elemente von 1 Aeq. Ammoniak trennen.
Asparagin. Ammoniak. Asparaginsäure.
C8 N, H,0 08 — Nft = 0« N* Hi4 03
Organische Basen.
1159
Asp araginsaure Salze. Die Asparaginsäure enthält 2 At. Wasser
(13,43 p. c.), welche in den Salzen ganz oder zur Hälfte ersetzt sind
durch ihre Aequivalente von Metalloxid. Die bis jetzt dargestellten Salze
sind meistens in Wasser löslich. Das Silbersalz ist ein weifses kristalli-
nisches Pulver , seine Formel ist C8 N2 HJ0 06 -h SAgO.
Organische Basen .
Unter organischen Salzbasen begreift man im engern Sinne eine Klasse
von zusammengesetzten stickstoffhaltigen Körpern, welche die Eigen-
schaften der basischen jVfetalloxide besitzen , die sich also mit Säuren zu
Salzen zu verbinden vermögen. Sie unterscheiden sich wesentlich von den
stickstofffreien Basen, dem Aethjl und Methyl, insofern in ihren Salz-
verbindungen, durch wechselseitige Zersetzung mit andern Salzen, die
Säuren vertreten werden können durch andere Säuren ; sie sind in diesem
Verhalten am ähnlichsten den Ammoniaksalzen.
Die gröfere Anzahl der organischen Basen findet sich fertig gebildet in
Pflanzentheilen und Pfianzensäften, sie heifsen vegetabilische oder Pflanzen-
basen , andere können künstlich in gewissen Zersetzungsprocessen erzeugt
werden. Diejenigen unter den organischen Basen, welche in ihrer wässe-
rigen oder weingeistigen Lösung geröthetes Lackmus wieder in Blau zu-
rückführen oder Curcumapapier braun färben, heifsen auch organische
Alkalien, Alkaloide .
Die erste in der Natur vorkommende organische Basis wurde von
Sertürner (1804) entdeckt; das allgemeine Verfahren zur Darstellung der
organischen Basen richtet sich nach dem Zustande und den Eigenschaften,
die sie besitzen. Die in Wasser unlöslichen erhält man aus den Pflanzen-
stoffen, in denen sie Vorkommen, durch Ausziehung mit einer verdünnten
Säure, welche damit ein lösliches Salz bildet. Im Kleinen werden die
Pflanzenstoffe mit Salzsäure- oder Schwefelsäure-haltigem Wasser wieder-
holt ausgekocht, bis der letzte Auszug keine nachweisbare Spuren von
organischen Basen mehr enthält; im Grofsen geschieht das Ausziehen durch
die sog. Deplacirungsmethode, in welcher die gröblich gepulverten Stoffe,
in mehr hohe als weite Gefäfse gefüllt, anfänglich mit verdünnten Mineral-
säuren, zuletzt mit reinem Wasser bis zum Verschwinden aller sauren
Reaction ausgelaugt werden. Der zweite, dritte und die folgenden Auf-
güsse werden zum Ausziehen von frischen Stoffen benutzt ^ in der Art
also, dafs man stets nur sehr concentrirte Auszüge zur weiteren Bearbei-
tung verwendet. Der saure Auszug wird entweder geradezu, oder nach
vorhergegangener Concentration durch Abdampfen, mit einem löslichen
Alkali, mit Ammoniak, Kalkhydrat, kohlensaurem Natron schwach über-
sättigt, wo dann die Pflanzenbase, wiewohl meistens gefärbt und unrein,
niederfällt. Die weitere Reinigung geschieht, wenn sie in Alkohol in der
Kälte und Wärme ungleich löslich ist, durch Kristallisation aus Alkohol,
oder man sättigt sie genau mit einer Säure, mit der sie ein lösliches leiclit-
krsstallisirbares Salz bildet, behandelt diese Auflösung mit kalkfreier Thier-
kohle, reinigt das Salz durch weitere Kristallisationen aus Wasser, und
schlägt zuletzt aus dem reinen Salze die Basis mit einem Alkali nieder.
Manche organische Basen sind in Wasser löslich, flüchtig und destil-
lirbar; diese erhält man, wie das Coniin , Nicotin, am besten auf die
Weise, dafs man den Samen, das Kraut oder den Pflanzentheil , worin sie
Vorkommen, mit einer verdünnten Mineralsäure auskocht, die erhaltene
Auflösung zur schwachen Syrupconsistenz abdampft, mit einer starken
Kalilauge vermischt und der Destillation unterwirft. Man erhält in diesem
Fall ein Destillat, welches die flüchtige Basis und zu gleicher Zeit eine
reichliche Menge Ammoniak enthält. Man sättigt das Destillat mit ver-
um
Organisch© Basen. I
dünnter Oxalsäure oder Schwefelsäure, dampft es zur Trockne ab und
digerirt es in der Kälte mit Alkohol, wo oxalsaures und schwefelsaures
Ammoniak Zurückbleiben, während sich das oxalsaure oder schwefelsaure
Salz der organischen Basis auflöst. Aus der weingeistigen Auflösung des- |
selben entfernt man den Weingeist durch Verdampfen, bringt den Rück-
stand in ein verschliefsbares Glas, setzt ihm sein halbes Volum einer ■
starken Kalilauge und sodann sein gleiches Volum Aether zu, und sucht
das Ganze durch anhaltendes Schütteln aufs innigste zu mengen. Das
Kali scheidet die organische Basis ab, welche von dem Aether aufgeoom-
men wird; es entstehen zwei Schichten, von denen die obere eine etwas
ammoniakhalsige Auflösung der Basis in Aether ist; in einer Retorte ab-
destillirt entweicht das Ammoniak mit den Aetherdämpfen und es bleibt die
Basis zurück, welche bei fortgesetztem Erhitzen im Wasserbade in reinem
Zustande überdestillirt.
Auf eine ähnliche Weise erhält man die in Wasser und Aether lös-
liehen organischen Basen, indem der saure Auszug abgedampft und die
concentrirte Auflösung mit Aetzkalilauge und mit Aether digerirt wird, wo j
man eine ätherische Auflösung der Basis erhält, die beim Verdampfen des
Aethers die Basis hinterläfst. !
Was die alkalischen Eigenschaften der organischen Basen betrifft, so
scheint der Stickstoff einen hauptsächlichen Antheil daran zu haben. Die
meisten organischen Basen enthalten Stickstoff, Kohlenstoff, Wasserstoff
und Sauerstoff; in keiner einzigen fehlt der Stickstoff; in manchen ist kein
Sauerstoff enthalten, und in denen, in welchen Sauerstoff einen Bestand-
teil ausmacht, scheint er in keiner Beziehung zu ihrer Fähigkeit zu
stehen, mit den Säuren Salze zu bilden. In geradem Gegensatz mit dem
Verhalten der basischen Metalloxide nimmt nemlich mit ihrem Sauerstoff-
gelialte die Säuremenge, die sie zu ihrer Sättigung bedürfen, nicht zu; die
sauerstofffreien organischen Basen bedürfen bei gleichen Gewichten mehr
Säure, um neutrale Salze zu bilden, als die sauerstoffhaltigen, und diese
um so weniger Säure, je mehr Sauerstoff sie enthalten.
Die meisten bis jetzt untersuchten Basen enthalten in einem Atom (in
derjenigen Menge, die man bedarf, um 1 Aeq. irgend einer Säure zu neu-
tralisiren) 1 Aeq. Stickstoff, einige enthalten 2 und mehr Aequivalente von
diesem Elemente.
Die vom Kristallwasser befreiten organischen Basen vereinigen sich
direct und ohne etwas abzugehen mit wasserfreien Wassersfcoffsäuren.
Zu Sauerstoffsäuren verhalten sie sich wie Ammoniak, indem sie steh
nur mit den Hydraten dieser Säuren vereinigen, deren Hydratwasser, als
wesentlicher Bestandteil des Salzes, ohne Zersetzung nicht abgeschieden
w erden' kann. Wie das Ammoniak bilden ihre salzsauren Salze Doppel- |
Verbindungen mit Platinchlorid und mit Quecksilberchlorid. Von den Am-
moniaksalzen abweichend ist der Kristallwassergehalt ihrer salzsauren
Salze.
Die Salze von Aconitin, Atropin, Brucin, Chinin, Cinchonin, Codein,
Coniin, Delphiuin, Emetin, Morphin, Narcolin, Strychnin und Veratrin
wrerden von Gallusinfusion weifs gefällt, der Niederschlag ist ein gerb-
saures Salz, was durch Sauerstoffaufnahme an der Luft in ein lösliches
gallussaures Salz übergeht.
Durch Chlor erleiden die organischen Basen, so wie ihre Salze, bei
Gegenwart von Wasser eine Veränderung, es entsteht Salzsäure, die sich
mit der freien Basis zu einem löslichen Salze vereinigt, was durch Chlor
eine weitere Zersetzung erfährt. Eine Auflösung eines Brucinsalzes wird
beim Eiuleiten von Chlorgas gelb, brandgelb, hochroth , blutroth , zuletzt
wird sie wieder gelb. Chlorgas bringt in Strychninsalzen einen w?eifsen
Niederschlag hervor, welcher so lange zunimmt, bis kein Strychnin mehr
in Auflösung vorhanden ist; bei Einmengung von Brucin ist der Nieder-
schlag gelb oder roth gefärbt; der Strychnin-Niederschlag enthält Chlor
und Stickstoff. Da derselbe noch in Flüssigkeiten entstehe, die nur %00
Strychnin enthalten , so läfst sich das Chlor als Erkennungsmitfcel des
Organische Basen.
1161
Strychnins benutzen. Es ist kürzlich von Fujs behauptet worden, dafs
das Brucin eine Verbindung sey von Strychnin mit einem Harze, was sein
Verhalten gegen Chlor nicht sehr wahrscheinlich macht. Chinin- und Cin-
choninsalze werden durch Chlor gelb, rosenroth, violetlrofch; es schlägt
sich ein rother harzähnlicher Körper nieder, welcher an der Luft braun,
hart und pulverisirbar wird. Morphinsalze werden unter denselben Um-
ständen orange, später blutroth, zuletzt unter Fällung einer gelben Ma-
terie gelb; Narcoiin wird fleischroth, dunkelroth, zuletzt schlägt sich ein
brauner, beim Waschen grau werdender Körper nieder. (Pelletier .) Eine
Auflösung von schwefelsaurem Chinin, die man mit Chlor gesättigt hat,
nimmt bei Uebersättigung mit Ammoniak eine grasgrüne Farbe an, und es
schlägt sich ein körniges chlorfreies (?) Pulver von derselben Farbe nie-
der. Die rückbleibende Flüssigkeit wird an der Luft braun, und liefert
abgedarapft einen Rückstand, der sich in Alkohol mit rother Fagbe löst.
(Brandes <ijr Leber.')
Löst man 2 Th. Strychnin mit 1 Th. Iod in heifsem Alkohol auf und
läfst erkalten, so bilden sich gelbe glänzende, dem Musivgold ähnliche
Kristallschuppen, und aus der rückständigen Flüssigkeit kristallisirt iod-
wasserstoffsaures Strychnin. Aus einer Auflösung von Brucin in Alkohol
^rhält man mit Iodtinktur einen braun orangefarbenen Niederschlag; bei
Ueberschufs von Iod ist derselbe braun, harzartig. Chinin und Cinchonin
liefern, auf dieselbe Weise behandelt, klare braune Flüssigkeiten, die
beim Verdampfen safrangelbe Blättchen einer Iod Verbindung, zuletzt iod-
wasserstoffsaures Salz absetzen.
Die ebenerwähnten Niederschläge sind lodverbindungen , sie werden
durch Säuren beim Erwärmen unter Freiwerden von Iod zersetzt, die
Säure enthält die unveränderte Basis in Auflösung. Mit Kali und Natron
in Berührung entsteht lodkalium, mit salpetersaurem Silberoxid gelbes lod-
silber und das salpetersaure Salz dieser Basen. Wo der Sauerstoff des
Silberoxids oder des Kaliums hinkommt, wenn sie in diesen Zersetzungen
in lodkalium oder lodsilber übergehen, ist nicht ermittelt. Es ist feiner
nicht entschieden, ob diese lodverbindungen, welche von Pelletier zuerst
dargestelit wurden, mit einer Reihe von andern identisch sind, die von
Bouchardat als Verbindungen von Iod mit iodwasserstoffsauren Salzen be-
schrieben worden sind ; sie werden nach ihm dargestellt durch Fällung eines
Salzes einer organischen Basis mit einer mit Iod gesättigten Auflösung von
lodkalium. Es entstehen in diesem Fall gefärbte, in Wasser unlösliche, in
Alkohol zum Theil lösliche und kristallisirbare Niederschläge, die mit Eisen
und Zink in Berührung sich entfärben und damit Doppelverbindungen von
Iod-Eisen oder -Zink und dem iodwasserstoffsauren Salz der Basis bilden.
Alkalien sollen sich mit diesen Verbindungen zerlegen in lodkalium, in
eine Portion unveränderter Basis, und in eine zweite Portion, die den
Sauerstoff des in lodkalium übergegangenen Kaliums enthält; die letztere
soll hierdurch in eine neue salzfäbige Basis verwandelt werden.
Aus dem Verhalten dieser Basen zu Iod erklärt sich die Eigenschaft
der lodsäure, in den iodwasserstoffsauren Salzen der organischen Basen
unter Freiwerden von Iod gefärbte Niederschläge hervorzubringen.
Das Morphin weicht in seinem Verhalten zu Iod von den andern Basen
ab, es entsteht iod wasserstoffsaures Morphin und ein brauner Körper, der
kein Morphin mehr enthält.
Die Wirkung der Säuren auf die organischen Basen, insofern sie da-
durch verändert werden, ist nur einer Färbung nach bekannt, welche das
Brucin und seine Salze durch Salpetersäure, Morphin durch diese Säure
und lodsäure erfahren. Das Brucin wird durch Salpetersäure blutroth ge-
färbt (woran der Gehalt in brucinhaltigem Strychnin erkannt wird), Mor-
phin wird rosenroth. Anhaltend mit überschüssiger Salpetersäure gekocht
werden sie zerstört, die rückständige Flüssigkeit ist meistens gefärbt und
enthält kein Ammoniak.
Geiger’ s Pharmacie. I. ( fkc Aufl. )
74
Organische JJasen.
im
Was die Wirkung der Alkalien auf organische Basen betrifft, so weifs
man davon aufserst wenig; manche sind in Alkalien löslich (Chinin in
warmem Ammoniak, Morphin in kaustischen fixen Alkalien), alle werden
beim Schmelzen mit Kalihydrat unter Ammoniakentwickelung zersetzt.
Verändernde Einwirkungen von Salzen auf organische Basen kennt
man nur einer Färbung nach, welche Morphin und seine Salze mit Eisen-
chlorid und Goldchlorid zeigt , sie nehmen damit in Berührung eine dunkel-
blaue, leicht verschwindende Farbe an.
Uebersicht der Zusammensetzung der organischen
Salzbasen.
*
a) Sauerstofffreie , flüchtige
1) Anilin.
Fritxsche.
berechn.
Kohlenstoff 77,63
Wasserstoff 7 ,40
Stickstoff __ 14,97
100,00
Formel: C,a H14 Na.
Atemgew, ber. 1181,6.
2) Nicotin.
(in d. Platinverb.)
Ortigosa.
berechn.
73,26
9,65
17,09
100,00
Formel: C10 H16 Na.
Atgew. ber. 1035,4.
— gef. 1042,5.
Basen .
3) Coniin (?).
J. L.
gefund.
66,91
12,00
12,81
Sauerstoff 8,88
~IÖ0,00~
Formel: C12H28N20?
Atgew. 1369 (?).
b) Aus dem ätherischen Senföl entstehende Basen.
4) Thiosinammin. 5) Sinammin. 6) Sinapolin.
Varrentrapp u. Will. Varrentrapp u. Will.
Varrentrapp u. Will.
Kohlenstoff
41,66
58,77
60,32
Wasserstoff
6,81
7,20
8,42
Stickstoff
24,12
34,03
19,96
Sauerstoff
0,00
0,00
11,30
Schwefel
27,41
0,00
0,00
100,00
100,00
100,00
Formel : 08 1
Formel: C4H6N2.
Formel: Ci4H24N402.
Atgew. ber.
1467,7.
Atgew. ?
Atgew. ber. 1773,9,
— gef. 1496,7.
— gef. 1784.
c) ln den
Chinarinden enthaltene Basen .
7) Chinin.
8) Cinchonin.
9) Aricin?
J. L,
J. L.
Pelletier.
, C :
berechn.
berechn.
Kohlenstoff
74,37
78,18
71,0
Wasserstoff
7,30
7,66
7,0
Stickstoff
8,60
9,05
8,0
Sauerstoff
9,75
5,10
14,0
100,00
100,00
100,0
Formel : C20
H„Na02.
Formel : C20 H24 N2 0.
Formel : C20 Ht4 N2 03 ?
Atgew. ber.
2055,53.
Atgew. ber. 1955,5.
Atgew. ber. 2155.
- gef.
,2062.
— gef. 2005,1.
1163
Organische Basen.
d) ln den Papaveraceen vorkommende Basen.
10) Morphin.
11) Codein.
12) Narcotin.
berechn.
Kohlenstoff 72,28
Wasserstoff 6,74
Stickstoff 4,80
Sauerstoff 10,18
berechn.
74,27
6,93
4,92
13,88
berechn.
I.
65,27
5,32
3,78
25,63
berechn.
II.
64,99
5,30
3,11
26,16
100,00
100,00
100,00
100,00
Formel: C33H40Na06.
C3s h40 os.
C40 H*0 Oia.
- C48 H48 Na 01S,
Atgew. ber. 3602.
3702.
4684.
5645.
— gef. 3700.
mm
13)
Thebain.
Karte,
berechn.
gefand.
Kohlenstoff
74,57
— 74,41
Wasserstoff
6,83
— 6.78
Stickstoff
6,89
— 6,94
Sauerstoff
11,71
— 11,87
100,00
100,00
Formel : C5S H28 N2 Os ?
Atgevv. ber. 3562,6.
— gef. 2623 — 2745.
14) Pseudomorphin.
Pelletier .
gefund.
52,74
5,81
4,08
37,37
100,00
C3rH36NaOi4?
4090.
16) Narcein.
10) Chelidonin.
Couerbe.
Pelletier.
Will.
gefund.
gefund.
berechn.
Kohlenstoff 57,02
— 54,73
68,90
Wasserstoff 6,64
— 6,52
5,62
Stickstoff 4,76
— 4,33
11,97
Sauerstoff 31,58
— 34,42
13,51
100,00
100,00
100,00
Formel: Ca8H40NaOia?
- C„H48Na016?
C40H40 N. 06.
Atgew. ber. 4016,3.
4821,9.
4438,1.
— gef.
4434,9.
'
ln den Solaneen) Strychnaceen u. s. w.
vorkommende Bc
17) Atropin.
18) Solanin.
19) Jervin.
J. L.
Blanchet .
Will.
gefund.
gefund.
berechn.
Kohlenstoff 70,98
62,11
76,41
Wasserstoff 7,83
8,92
9,36
Stickstoff 4,83
1,64
5,89
Sauerstoff 16,36
27,33
8,34
100,00
100,00
100,00
Formel: C34H46Na06?
C84HI36N*Oa8?
C80 H90 N4 03.
Atgew. ber. 3662,9.
10308,6.
6001,7.
10763.
6014,
1164
Organische Basen,
90) Bruein.
91) Strychnin.
99) Sabadillin.
Couerhe.
berechn,.
berechn.
gefund.
Kohlenstoff 71,11
76,36
64,18
Wasserstoff 6,60
6,51
6,88
Stickstoff 7,49
8,04
7,95
Sauerstoff 14,80
9,09
20,99
100,00
100,00
100,00
Formel : C44H40N4Or.
Ca h46 n4 o4.
C20Hai,NaOs?
Atgew. her. 4729,1.
4404,25.
8368,3.
— gef. 4860,0.
4404,4.
2637,6.
Kohlenstoff
Wasserstoff
Stickstoff
Sauerstoff
93) Yeratrin.
Couerhe , Dum. u. Peilet.
gefund. gefund.
71,48 — 86,75
7,67 — 8,54
5,43 — 5,04
16,43 — 19,67
100,00
C-,
100,00
HiS N, Oft ?
94) Delphinin.
Couerhe .
gefund.
76,69
8,89
5,93
7,49
100,00
C2y Hjg N2 02 ?
95) Staphisain.
Couerhe .
gefund.
73,57
8,71
5,78
11,94
100,00
•C16Hä5NO?
gew. her. 3644,4.
2677.9.
— gef. 3418,1.
2627,8.
96) Menispermin.
97) Emetin.
98) Corydalin.
Pellet, u. Couerhe.
Pelletier.
Fr. Döhereiner.
gefund.
gefund.
gefund.
Kohlenstoff 71,89
64,57
63,05
Wasserstoff 8,01
7,77
6,83
Stickstoff 9,57
4,30
4,32
Sauerstoff 10,53
23,96
25,80
~~ 1 oö,oo~
100,00
100,00
Formel: C18H94NaO*?
C3r H54 Nj o10?
C54 H44 Na o10 y,?
Atgew. ber. 1902,6,
ber. 1369.
99) Berberin.
30) Piperin.
31) Harmalin.
Büchner, V. u. S.
Varrentrapp u. Will.
berechn.
berechn.
berechn.
Kohlenstoff 61,16
71,94
74,80
Wasserstoff 5,44
6,56
6,64
Stickstoff 4,29
4,90
14,48
Sauerstoff 29,1 1
16,70
4,08
— 100,00
100,00
100,00
Formel : C35 ll36 N2 Oia.
c34h38 n*o6.
^24 Hj6 N4 0.
Atgew. ber. 4124,1.
3613.
2450,7.
— gef. 4135,8
3490.
2454.
39) Caffein.
Formel : C8 H10 N4 03.
Atgew. her. 1327,9.
33) Theobromin.
Pfaff u. J. L.
Woskresensky.
berechn.
berechn.
gefund.
Kohlenstoff
49,79
46,43
— 46,97
Wasserstoff
5,08
4,21
— 4,61
Stickstoff
28,78
35,85
— 35,38
Sauerstoff
16,12
13,51
— 1 3,04
100,00
100,00
100,00
Cg Hl0 N6 02.
1543,8?
Organische Basen.
1165
Aus der Betrachtung der Formeln des Chinins und Cinchonins ergiebt
sich; dafs beide nur durch das Gewicht von einem Atom Sauerstoff von
einander verschieden sind, in der Art, dafs man beide als Oxide eines
und desselben Radikals betrachten könnte. Eine ähnliche Beziehung zeigt
sich zwischen dem Codein und Morphin , und ihr Vorkommen in einerlei
Pflanzen, ihre wechselnde Menge giebt der Vermuthung Raum, dafs diese
chemische Beziehung nicht zufällig ist, und dafs eine dieser Basen durch
Aufuehmen oder Abgeben von Sauerstoff in die audere übergehen kann.
Versuche, diese Verwandlung künstlich zu bewirken, haben bis jetzt zu
keinem Resultate geführt, woraus sich natürlich nicht folgern läfst, dafs
sie unmöglich ist. Nach dem von Varrentrapp und Will erhaltenen Atom-
gewicht des Brucins enthält es die Elemente von 8 At. Wasser und 1 At.
Sauerstoff mehr als das Strychnin.
Man hat die Vermuthung ausgesprochen, dafs der Stickstoff in diesen
Basen in der Form von Ammoniak oder in der Form von Amid enthalten
und dafs die basischen Eigenschaften hiervon abhängig seyn könnten. In
dem Harnstoff hat man in der That eine Amidverbindung von basischen
Eigenschaften, allein seine Constitution als Amid ist nur eine Vorstellung,
für welche man keinen Beweis hat. Soviel ist gewifs, wenn Ammoniak
fertig gebildet in diesen Körpern enthalten wäre, so müfste man ein Am-
moniaksalz bei ihrer Zerstörung durch Salpetersäure, oder beim Schmelzen
mit Kalihydrat eine dem Amid entsprechende Sauerstoffverbindung erhal-
ten ; beides ist nicht der Fall.
Berzelius hat für die organischen Basen zur Bezeichnung ihres elektro-
positiven Charakters den oder die Anfangsbuchstaben ihrer lateinischen
Namen mit dem darüber angebrachten Zeichen der positiven Elektricität
+
vorgeschlagen, was in dem Folgenden beibehalten wird. Ch bezeichnet
1 At. Chinin; Ci ~ 1 At. Cinchonin etc. ctc.
Unter den organischen Basen sind Anilin, Coniin, Nicotin ölartig,
flüchtig, die andern gröfstentheiis kristalfisirbar , farblos, geruchlos, luft-
beständig; an sich gewöhnlich geschmacklos, besitzen sie in ihren Auflö-
sungen oder in der Form von löslichen Salzen meistens einen sehr bittern
oder bitterscharfen Geschmack; sie gehören in gewissen Dosen zu den
kräftigsten Heilmitteln.
Die salzsauren Salze aller bis jetzt bekannten organischen Basen geben,
wie oben erwähnt, mit Platiochiorid Doppelverbindungen , welche kein
Wasser enthalten; gewöhnlich sind diese unlöslich und besitzen die Form
von kristallinischen gelben Niederschlägen ; manche davon, wie die des
Morphins und Nicotins, sind schwer löslich, andere, wie das Coniin-
Platindoppelsalz , leicht löslich in Wasser. Der Schwierigkeit wegen, die
Salze der organischen Basen in einer für die Ausmittelung ihres Atom-
gewichts geeigneten Form zu erhalten, werden diese Piatindoppelsnlze
gewöhnlich zu dieser Bestimmung benutzt, und als Grundlage zur Berech-
nung wird diejenige Menge organischer Basis als ein Atom angenommen,
die sich in diesen Platindoppeisalzen verbunden findet mit 1 At. Platin.
Aus der nach dem Glühen rückbSeibenden Menge Platin wird das Atom-
gewicht des Salzes berechnet, aus dem man, nach Abzug von 1 At. Pla-
tinchlorid , das Atomgewicht des wasserfreien neutralen salzsauren Salzes
übrig behält.
Eine weingeistige Auflösung von Picrinsalpetersäure (Kohlenstickstoff-
säure) fällt die weingeistigen Auflösungen von Chinin, Cinchonin, Oxya-
canthin reichlich hellgelb, Brucin dunkelgelb, Strychnin heller gelb wie
Brucin; Morphin, Narcotin , Veratrin, Solanin, Coniin, Emetin werden
nicht davon gefällt; Codein giebt damit einen schwachen Niederschlag.
Der Chinin- und Cinchoninniederschlag ist in Salpetersäure und Schwefel-
säure unlöslich; der Brucin- und Strychninniederschlag löst sich leicht iß
Salpetersäure, der erstere mit blufcrother Farbe. ( Kemp .)
1166
Organische Basen,
a) Flüchtige , ölartige organische Basen .
Anilin.
Syrnb. Ä. Formel und Zusammensetzung s. S. 1162.
Kristallin von Unverdorben. Als Zersetzungsprodukt der Anthranif-
säure und der anthranilsauren Salze entdeckt von Fritzsche.
Bei seiner Darstellung trennen sich von den Bestandtheilen der kristal-
lisirten Anthranilsäure (s. S. 1147) die Elemente von 2 At. Kohlensäure,
Ci* HIa Na 04 — 2C02 = C12 H,a N, r 1 Atom Anilin. Gewöhnlich de-
stillirt bei seiner Darstellnng etwas Anthranilsäure mit über, von der man
es durch Rectification über etwas Kalihydrat in einem Strome kohlensau-
rem Gas befreit.
Das Anilin stellt eine ölartige, farblose, das Licht stark brechende
Flüssigkeit dar von starkem unangenehm aromatischen Geruch ; mit Aether
und Alkohol ist es in allen Verhältnissen mischbar; in Wasser nur wenig
löslich nimmt es beim Contact damit eine gewisse Menge auf, welche bei
Destillation mit dem ersten Drittel des Destillats übergeht ; an der Luft
wird es gelb, dann braun und in einen harzähnlichen Körper verwandelt.
Es löst in der Hitze Schwefel auf, der in der Kälte wieder auskristalli-
sirt; es verbindet sich mit Iod unter Erhitzung.
Mit Salpetersäure im Ueberschufs erwärmt löst es sich mit blauer oder
grüner Farbe. In den Anilinsalzen bringt wässerige Chromsäure einen tief
schwarzblauen chromoxidhaltigen Niederschlag hervor.
Chlorwasser stoff saures Anilin , A,CI2H2, ist leichtlöslich, kristalli-
sirbar. Oxalsaures Anilin , A,Ö,aq; in Wasser löslich und daraus in
schönen, mehrere Linien langen Nadeln kristallisirbar; es enthält 67,64
p. c. Anilin.
Nicotin.
■¥
Symb. Ni. Entdeckt von Beimann und Posselt. (Formel und Zusam-
mensetzung s. S. 1162.)
§. 313. Die ätherische Auflösung des Nicotins, welche
man nach S. tl60 erhalten hat, wird in einer Retorte der
Destillation unterworfen, der Rückstand in der Retorte nach
Entfernung des Aethers in eine kleinere Retorte gebracht
und im Wasserbade destillirt , es geht im Anfänge ein etwas
wasser- und alkoholhaltiges, in der Mitte vollkommen farb-
loses, zuletzt etwas gelblich gefärbtes Nicotin über. Es ist
zweckmäfsig, während der Destillation einen schwachen Strom
kohlensaures Gas durch die Retorte zu leiten, theils um die
Destillation zu beschleunigen, theils um den zersetzenden
Einflufs der Luft ahzuschliefsen.
Man kann auch trockene Tabaksblätter mit l/u Aetzkali
und der nöthigen Menge Wasser destilliren, den Rückstand
noeh 3mal oder überhaupt so lange mit Zusatz von Wasser
wieder destilliren, bis er nicht mehr scharf schmeckt. Die
Destillate sättigt man mit Schwefelsäure, verdampft bei ge-
linder Wärme bis fast zur Trockne; zieht den Rückstand mit
absolutem Alkohol aus, destillirt den Weingeist ab, versetzt
den Rückstand mit wässerigem Kali und destillirt, so lange
eine fast farblose Flüssigkeit übergeht. Diese wird wieder-
Nicotin,
*167
holt mit Aether geschüttelt, bis sie nicht mehr scharf schmeckt,
die ätherische Lösung rait Chlorealciiim geschüttelt, bis dieses
nicht mehr feucht wird, und der Aether in gelinder Warme
abdestillirt. Das rückständige bräunliche Nicotin wird vor-
sichtig im salzsauren Kalkbad rectitieirt. (Reimann und Pos-
seil.)
214. Keines Nicotin stellt eine farblose , klare, ölartige
Flüssigkeit dar, von schwachem (bei Ammoniakgehalt sehr
starkem) Geruch nach Tabak; es siedet bei 245° unter Zer-
setzung, destillirt in niedrigeren Temperaturen langsam und
ohne Rückstand über; sein spec. Gew. ist I,0k8 (_ü. Henry
und Boulron-Charlard). Es stellt die gerötheten Pflanzen-
färben wieder her und bräunt vorübergehend Curcumapapier.
Es ist leicht entzündlich, mit rufsender Flamme verbrennend;
mischt sich mit Wasser und wird aus dieser Auflösung, wenn
sie mit Kalihydrat gesättigt wird, ölartig wieder abgeschie-
den. Aether entzieht der wässerigen Auflösung alles Nico-
tin; es ist mischbar in jedem Verhältnis mit Alkohol, fetten
und flüchtigen Oelen. Beim Contact mit trockenem Kalihydrat
wird es zersetzt.
An der Luft bräunt sich das Nicotin unter Bildung einer harzigen Sub-
stanz. Salpetersäure, lod und Chlor zersetzen das Nicotin.
Das Nicotin ist äufserst giftig (% Tropfen todtet ein Kaninchen, t
Tropfen einen Hund). Wirkt nicht erweiternd auf die Pupille (bei einer
Katze brachte %0 Gran Nicotin ins Auge gestrichen heftige Convulsionen
mit Schäumen vor dem Munde, beschleunigtes röchelndes Athmen, raschen
Herzschlag und Lähmung der hintern Extremitäten hervor, Zufälle^ die
nach einer Stunde verschwinden).
Das Nicotin verbindet sich mit Säuren und neutralisirt sie vollständig.
Alle diese Verbindungen sind in Wasser und Alkohol leicht löslich, schwie-
rig kristallisirbar.
Das mit Salzsäure schwach übersättigte Nicotin giebfc, in nicht zu con-
centrirter Lösung mit Platinchlorid vermischt, keinen Niederschlag; wenn
diese Mischung aber sich selbst überlassen wird , so bilden sich nach eini-
gen Stunden darin rothgelbe, schweriösliche, sehr regelmäfsige glänzende
Nadeln einer dem Platinsalmiak entsprechenden Doppelverbindung, welche
nach der Untersuchung von Qrtigosa nach der Formel C10 H16 N2, CI2 H2
H- PtCl4 zusammengesetzt ist. War das Nicotin ammoniakhaitig, so ent-
steht unter diesen Umständen sogleich Platinsalmiak ; liltrirt man in diesem
Fall die Flüssigkeit rasch von dem Niederschlag ab und läfst sie ruhig
stehen, so erhält man nach einiger Zeit das Nicotin-Platinsalz.
Mit Quecksilberchlorid bildet das Nicotin in seiner wässerigen Lösung
einen weifsen, schwach kristallinischen Niederschlag; nach Örtigosa ist er
nach der Formel C10 H16 N2, Cl2Hg zusammengesetzt.
Durch Digestion des ölartigen Nicotins mit Kalihydrat bilden sich zwei
Schichten, von denen die obere eine reichliche Menge Kali gelöst enthält;
wird sie der Destillation unterworfen, so gelii ein ölartiger Körper von
angenehmem Geruch über, der, mit Salzsäufö uni! Platinchlorid gemischt,
keine Kristalle von Nicoünplatinsalz liefert. Bei gelindem Abdampfen lie-
fert diese Mischung eine reichliche Kristallisation von gelblichen durch-
sichtigen Blättern, welche in Wasser leicht löslich sind und darin von
Nicotin-Platinchlorid wesentlich abweichen.
1168
Organische Basen.
Coniin ( Coniinum ).
Synonyme : Schierlingsstoff, Cicutin.
Das Coniin beobachtete zuerst Gieseke 1896. Es gelang ihm aber
nicht, dasselbe rein abzuscheiden. Geiger stellte es 1831 zuerst rein dar.
— Fiüdet sich in allen Theilen des Schierlings £Conium maculatum).
2! 5. Man erhält das Coniin am reichlichsten aus den
Früchten (sogenannten Samen) des Schierlings , indem diese zer-
quetscht, mit dem 4 — ßfachen Gewicht Wasser in einen De-
stillirapparat gegeben, y4 der angewendeten Menge Früchte
Aetzkafilauge oder ein Gemenge von % Pottasche und ya
Kalkhydrat zugesetzt, und nach gehörigem Umrühren so lange
destiilirt wird, als noch ein stark riechendes alkalisches Was-
ser übergeht; dieses sättigt man mit verdünnter Schwefel-
säure, verdampft in gelinder Wärme bis zur Syrupdicke,
behandelt den Rückstand wiederholt mit Aether- Weingeist,
aus i Theii Aether und 2 Theilen 90proceniigem Alkohol be-
stehend, so lange dieser noch etwas aufniinmt, zieht den
Aetherweingeist ab und erhitzt den Rückstand mit Zusatz
von etwas Wasser so lange in einer offenen Schale über dem
Wasserbad gelinde , als noch Alkoholdämpfe entweichen.
Dann versetzt man die Flüssigkeit in einer Retorte mit etwa
der Hälfte Aetzkalilauge, so dafs sie stark alkalisch reagirt,
und destiilirt etwas rasch im salzsauren Kalkbade in eine
kaltgehaltene Vorlage bis zur Trockne. Das Coniin trennt
man von der wässerigen Flüssigkeit, giefst diese in die Re-
torte zurück und wiederholt die Operation etwa mit neuem
Zusatz von etwas Aetzkali, so lange noch ölartiges Coniin
übergeht. Auf ähnliche Art verfährt man mit kurz vor dem
Blühen gesammeltem > schon in Stengel geschosssenen fri-
schem Schierlingkraut Zum medicinischen Gebrauch ist das
so erhaltene Coniin hinreichend rein. Um es völlig zu reini-
gen, bringt man es mit zerkleinertem Chlorcalcium in Berüh-
rung, so lange als dieses noch Wasser anzieht, giefst es
davon ab, und destiilirt es in trockenen Apparaten bei etwas
raschem Feuer, unter Luftausschtufs , in eine kaligehaltene
Vorlage. Den etwaigen Ammoniakgehalt entfernt man, indem
man es in einer Schäle unter eine Luftpumpe neben Vitriolöl
stellt und auspumpt, es wallt auf und Ammoniak entweicht
in grofsen Blasen, so wie das Blasenbilden aufhört, entfernt
man es und verwahrt es in hermetisch verschlossenen Ge-
fäfsen , am besten in zugeblasenen Glasröhren.
Nur frisches Schierlingkraut enthält das Coniin im unveränderten Zu-
stande, beim Trocknen desselben verliert es seine giftigen Eigenschaften,
dasselbe geschieht bei Darstellung des Extractes, wenn der Saft oder die
Abkochung bei einer hohen Temperatur abgedampft werden. Der wein-
geistige Auszug der Samen enthält das Coniin in reichlicher Menge.
§. 216. Die Eigenschaften des Coniins sind : Es ist eine
bei gewöhnlicher Temperatur tropfbare, farblosdurchsichtige,
Ölähnliche Flüssigkeit (ob es in starker Kälte erstarrt , ist bis jetzt
C o a i i n.
tm
nicht untersucht), leichter als Wasser; das spec. Gewicht ist
0,89. Es riecht höchst durchdringend widerlich stechend,
zum Theil dem Schierling ähnlich, doch auch abweichend,
in der Nähe den Kopf sehr einnehmend und zu Thränen rei-
zend, entfernt in geringer Menge mäuseähnlich ; schmeckt
höchst scharf widerlich, tabakähnlich; wirkt höchst energisch
giftig, schon in sehr geringen Dosen ( V» — 1 Gran) Starr-
krampf erregend und leicht schnell tödtend! nie Wirkung ist je-
doch bald vorübergehend , und wo nicht der Tod erfolgt , erholen sich die
Thiere schnell wieder vollständig. Bewirkt, äufserlich in’s Auge
gebracht, keine Erweiterung der Pupille. Es reagirt im was-
serhaltenden Zustande stark und bleibend alkalisch; das was-
serleere reagirt nicht alkalisch j Zusatz von wenig Wasser bewirkt
zugleich alkalische Reacüoa. Ist flüchtig, auf Papier gebracht
macht es einen durchscheinenden Oelfleck, der bei gelindem
Erwärmen vollständig verschwindet (bei sehr langsamem Verdun-
sten entsteht Bräunung); in verschlossenen Gefäfsen destillirt es
bei Luftausschlufs vollständig ohne Zerlegung über; sein
Siedepunkt liegt bei 170° C. ; in Verbindung mit Wasser de-
stillirt es viel leichter über. — Das Coniin erleidet leicht,
mitunter sehr merkwürdige, Veränderungen, wobei es zum
Theil sehr schöne und mannigfaltige Färbungen annimmt!
Schon bei gewöhnlicher Temperatur wird es an der Luft schnell braun
und verwandelt sich nach und nach in eine dunkelbraune harzähnliche
Masse (s. u.). Doch geht die vollständige Zerlegung mir sehr langsam
vor sich. Bei der Destillation desselben für sich oder mit Wasser in luft-
vollen Gefäfsen bräunt es sich ebenfalls und ein Theil wird zerlegt, jedoch
um so weniger, je reiner es ist und je rascher und gleichförmiger die De-
stillation betrieben wird. Hiebei entwickelt sich immer Ammoniak. Unter
Luftzutritt erhitzt verbrennt es mit heller rufsender Flamme wie ein äthe-
risches Oel. Concentrirte Salpetersäure färbt Coniin schön blutroth, bei
gröfserm Zusatz kommt die Mischung zum Kochen, es entwickelt sich sal-
petrige Säure, die Flüssigkeit färbt sich orange, Iod bildet mit Coniin so-
gleich dicke weifse Nebel, die Mischung erwärmt sich, wird blutroth, bei
hinreichend Iod dunkelolivengrün und metallisch schimmernd, bei durch-
fallendem Licht schwarzroih, dick, extractartig, von widerlichem Geruch
nach Iod und Coniin, Wasser nimmt nur einen Theil der Verbindung als
farblose Flüssigkeit auf. Chlorgas bewirkt ebenfalls weifse Nebel, die
Verbindung erhitzt sich, wird dunkelgrün, später braun , dick, extract-
artig, und verbreitet eineu eigentümlichen geistigen Geruch, in der Nähe
auch den von Chlor, Wasser bildet damit eine trübweifsliehe, später braun
werdende Lösung, Aetzkali entwickelt Coniingeruch unter Ablagerung einer
braunen harzähnlichen bittcra Masse. Trockenes salzsaures Gas färbt Co-
niin -zuerst purpurroth , zuletzt tief indigblau. Vitriolöl bildet damit unter
Erhitzung eine purpurrothe Verbindung, die später ins Ölivengrüne geht.
— In Wasser ist Coniin schwierig löslich und zwar löslicher
in der Kalle wie in der Wärme j i Theil erfordert bei ge-
wöhnlicher Temperatur 190 Theile Wasser, die Lösung trübt
sich beim Erwärmen. Sie schmeckt scharf und reagirt stark
alkalisch. Unter Luftzutritt bräunt sich die wässerige Lösung und trübt
sich nach und nach unter Ablagerung einer braunen liarzähnlichen Masse.
Coniin selbst löst ebenfalls Wasser und zwar bei niederer
Temperatur weil mehr als in der Wärme . Bei gewöhnlicher
Temperatur nimmt es % Wasser auf. Die Lösung trübt sich
4170
Organische Basen.
schon bei der Wärme der Hand 3 durch Erkalten bis auf etwa
— 0° C. nimmt es mehr als sein gleiches Gewicht Wasser
auf; die völlig klare Verbindung läfst beim Erwärmen den ,
grössten Theil Wasser fahren ! lodtinktur bewirkt unter hef- '
tiger Eeaction und scheinbarem Kochen, jedoch ohne Wärme- |
ent Wickelung, safrangelbe, schnell vorübergehende Trübung,
die Flüssigkeit wird dann fast wasserhell, Gallustinktur trübt
sie ebenfalls und es lagern sich später graue Flocken ab. —
Mit Weingeist ist Coniin in jedem Verhältnis mischbar, die
Verbindung ist weit löslicher in Wasser als reines Coniin,
und ein Gemische von I Coniin und 4 Weingeist trübt sich
nicht reit Wasser. Auch in Aether ist es leichtlöslich, 1 Theil
erfordert bei gewöhnlicher Temperatur 6 Theile; eben so ist
es in ätherischen und fetten Oelen leichtlöslich. In wässeri-
gen Alkalien ist es weniger löslich als in Wasser und diese
bewirken keine weitere Veränderung als Wasser selbst unter
Luftzutritt.
§. 217. Säuren neuiralisirt Coniin vollständig. Die
Corriimalxe erhält man durch unmittelbares Saturiren des Co-
rning mit verdünnten Säuren und Verdampfen der Lösung
unter der Luftpumpe. Sie sind, so weit sie untersucht sind,
nur schwierig, unter Luftausschlufs, zum Theil kristallisirbar;
im wasserleeren Zustande geruchlos, im wasserhaitenden ver-
breiten sie zum Theil schwachen Coniingeruch und schmecken
höchst scharf widerlich, wirken giftig, doch nicht so energisch
als reines Coniin (daher verdünnte Säuren, schnell angewendet, wohl
als Gegenmittel gegen Vergiftung durch Coniin angewendet werden können).
Alle sind sehr leicht löslich in Wasser, zerfliefsen zum Theil
schnell an der Luft, ebenfalls leicht löslich in Alkohol und in
der Regel auch in Aether Weingeist, aber unlöslich in reinem
Aether. Die wässerige Lösung wird durch lodtinktur (wie die
wässerige Lösung des Coniins, s. o.) stark, aber schnell vorüber-
gehend, safrangelb getrübt, durch Gallustinktur wird die Lö-
sung flockig gefällt. Fixe Alkalien entwickeln aus den Co-
niinsalzen den durchdringenden betäubenden Coniingeruch.
Durch Hitze werden sie zerstört. Die wässerige Lösung er-
leidet auch schon bei gewöhnlicher Temperatur unter Luft-
zutritt eine Veränderung, sie wird anfangs roth, dann violett,
endlich dunkelgrün oder tiefblau, Alkalien machen die Farben
verschwinden , und entwickeln Coniingeruch. Beim Erwärmen
und Verdampfen der wässerigen Lösungen unter Luftzutritt
verdunkeln sie sich bald; es scheiden sich braune Flocken
aus, gleichzeitig bildet sich ein Ammoniaksalz, und beim
Zerlegen der Verbindung mittelst Alkalien scheidet sich neben
Coniin und Ammoniak eine dunkelbraune, bittere , geruchlose ,
harzähnliche Masse aus (s. 0.), die keine giftige Eigenschaf-
ten hat. (Dieselbe Substanz bildet sich auch beim Aussetzen des Coniins
oder seiner wässerigen und geistigen Lösungen an die Luft; s. o.). Diese
Substanz ist anfangs zähe, klebend, unä trocknet nur laugsam zu einer
Coniin, Sinammin, Sinapoiin. 1171
festen Masse mit Firnifsglanz aus. Sie ist schwerer als Wasser., nicht
flüchtig ; durch Hitze wird sie zerstört, wobei sich ammoniakhaltige Dämpfe
entwickeln. In Wasser ist sie sehr wenig löslich, doch wird dieses beim
Erhitzen damit gelblich, die Substanz selbst wird halbflüssig und schwimmt
theils auf dem Wasser; die wässerige Lösung schmeckt bitter und reagirt
schwach alkalisch. In Weingeist und Aetherweingeist ist sie leicht löslich,
die Lösungen schmecken sehr bitter und reagiren alkalisch; reiner Aether
greift sie sehr wenig an. In verdünnten wässerigen (Säuren ist die Sub-
stanz leicht auflöslich; die dunkelbraunen Auflösungen schmecken auch sehr
bitter, Alkalien schlagen sie unverändert daraus nieder. Salpetersäure
wirkt aber verändernd darauf ein, es scheiden sich aus der verdünnten
Lösung harzähnliche Flocken aus. In wässerigen Alkalien ist die Substanz
unlöslich und sie wirken selbst beim anhaltenden Erhitzen nicht ver-
ändernd darauf. In dein Maafse als sich diese Substanz nebst
Ammoniak bildet, verschwindet das Coniin. — Man kennt bis
jetzt
Salpeter saures Coniin , unter Luftzutritt in gelinder Wärme
verdampft, bildet eine bräunliche extractartige Masse, mit kri-
stallinischen Körnchen und Nadeln untermengt $ sehr leicht
löslich in Wasser.
Salzsaures Coniin , unter der Luftpumpe durch langsames Zu-
sammentreten wässeriger salzsaurer Dämpfe mit Coniin erhalten , bildet
grofse zusammenhängende, farblosdurchsichtige Blätter, die
an der Lütt sehr schnell zerflietsen. Beim Verdampfen der Flüs-
sigkeit an der Luft wird diese erst purpurroth, daun tief indigblau, und
man erhall zuletzt braune blätterige Kristalle. (J. L.)
Weinsteinsaures Coniin trübte sich beim freiwilligen Verdampfen an
der Luft, wurde grün, dann braun, und zeigte Spuren von körniger Kri-
stallisation. In Wasser löste sich das Salz mit Trübung und Ablagerung
brauner Flocken.
Essigsaures Coniin trocknete unter ähnlichen Verhältnissen zu einer
braunen, firnifsarfcigen Masse aus, die sich ebenfalls unter Trübung in
Wasser löste.
Bis jetzt ist von Coniin nichts officinell. Es verdient jedoch als Arz-
neimittel eingeführt zu werden, da es bestimmt den wirksamen Bestandteil
des Schierlings ausmacht, und dieser, so wie alle bisherigen Präparate
desselben, wegen der leichten Zerlegbarkeit des Couiius sehr unsichere
Mittel sind. (Vergl. über Coniin Magaz. für Pharmac. Bd, 85. S. 73 u. 859 ;
ferner Bd. 88. S. 159.)
b) Aus dem Senföl entstehende Basen.
Sinammin ; Slnupolin und Thiosinammin , Formel und Zusammen-
setzung s. S. 1168.
Aus dem Senföl geht eine Reihe basischer Körper hervor, deren schon
bei Gelegenheit des Senföls gedacht worden ist und deren Verhalten hier
vervollständigt werden soll. Neuere Versuche haben nemlich gezeigt, dafs
das Senfölammoniak ebenfalls den Charakter einer Basis besitzt. Varren -
trapp und Will nennen es defshalb Thiosinammin und den durch Ent-
schwefelung daraus entstehenden Körper Sinammin .
Das Thiosinammin (Senfölammoniak) erhält man leicht, wenn Senföl
mit dem 3 — 4 fachen Volum concentrirten wässerigen Ammoniaks zusatn«
117*
Organische Basen.
mengestellt werden ; schneller erhält man Kristalle , wenn man in die Flüs-
sigkeit noch Ammoniakgas bis zur Sättigung einleitet. Nach einiger Zeit i
erstarrt fast die ganze Flüssigkeit zu einer kristallinischen Masse, die man
durch Umkristallisiren leicht farblos erhält.
Das Thiosinammin ist schwer löslich in kaltem Wasser, leichter in
heifsem , auch in Aether und Weingeist; es ist geruchlos, schmeckt bitter,
schmilzt bei 70°, verliert bei 100° nichts an Gewicht, zersetzt sich aber
bei 200° in freies Ammoniak und einen neuen basischen Körper, welcher
harzartig, spröde, kaum in Wasser, etwas leichter in Salzsäure löslich
ist; die salzsaure Auflösung wird, wie die des Thiosinämmins , durch Pla-
tinchlorid und Quecksilberchlorid gefällt. Das Thiosinammin verbindet sich
mit salzsaurem Gas ; es bildet jedoch mit Säuren keine kristallisirbaren
Salze. Die Platinverbindung hat die Formel C8 H16 N4 S2, Ci2 H2 -H PtCl4;
der durch Quecksilberchlorid entstehende Niederschlag ist C4 Hs Na S -H
CI4 Hg2. ( Varrentrapp und Will.') Siehe auch Seite 1060.
Das von Rohiquet und Bussy zuerst beobachtete Sinammin erhält man
am besten durch Entschwefelung des Thiosinämmins mittelst Bleioxidhydrat.
Man mischt Thiosinammin (Senfölaramoniak) mit einem Brei von frischge-
fälltem, gut ausgewaschenem Bleioxidhydrat und erwärmt im Wasserbade
so lange, bis eine abfiltrirte Probe mit Kali und neuem Bleioxidhydrat sich
nicht mehr schwärzt. Man zieht nun die Masse mit Wasser, zuletzt mit
Alkohol wiederholt aus und verdampft in gelinder Wärme, wo ein farb-
loser Syrup zurückbleibt, in dem aber nach 6 — 8 Wochen schöne, durch-
sichtige Kristalle von Sinammin entstehen. Diese Kristalle verwittern beim
Stehen über Schwefelsäure, sie schmelzen beim Erwärmen und verlieren
bei 100° ihren Wassergehalt. Das geschmolzene Sinammin erstarrt nur
sehr langsam wieder.
Das Sinammin ist eine starke Basis, es zersetzt Ammoniaksalze, fällt
Eisenoxid-, Kupferoxid- und Bleioxidsalze; die wässerige Auflösung reagirt
stark alkalisch. Es verbindet sich mit salzsaurem Gas, bildet jedoch keine
kristallisirbaren Salze. Platin- und Quecksilberchlorid wrerden davon ge-
fällt, ebenso salpetersaures Silberoxid. — Erjiitzt man Sinammin auf
160 — 200°, so entweicht nur Ammoniak, der Rückstand färbt sich kaum
gelblich; er erstarrt beim Erkalten zu einer harzartigen, in Wasser kaum,
in Salzsäure leichter löslichen Masse, welche, obwohl noch basisch in
ihren Eigenschaften, von dem Sinammin gänzlich verschieden ist. Die salz-
saure Auflösung dieses Körpers wird durch Ammoniak milchig getrübt; der
ausgeschiedene Körper setzt sich harzartig an den Boden der Gefäfse an;
Platinchlorid und Quecksilberchlorid gehen Verbindungen damit ein. Der
von Simon bei der Bereitung des Sinammius beobachtete zweite Körper ist
nichts anderes als ein basisches Bieioxidsalz gewesen.
Die Entstehung des Sinammins aus dem Thiosinammin erklärt sich
leicht aus ihrer Zusammensetzung. Sie beruht einfach auf dem Austreten
des gauzen Schwefelgehalts des letzteren in der Form von Schwefelwas-
serstoff. C8 H16 N4 S2 -H 2PbO = C, H12 N4 -4- 2 Pb S -b 211,0. ( Varr ein-
trapp und Will.) Es ist noch unentschieden > ob das Sinammin die Formel
C, il12 N4 oder C4 H6 Nä hat.
Das von Simon entdeckte Sinapolin entsteht durch Entschwefelung
des Senföls mittelst eines Alkali’s oder Bleioxidhj^drat. Man erhält es
sehr leicht, indem man Senföl mit frischgefälltem Bleioxid'iydrat digerirt ,
bis aller Schwefel entzogen ist; oder man erhitzt Senföl mit einem
Ueberschufs an Barytwasser, bis aller Geruch verschwunden ist. In bei-
den Fällen wird die Masse über dem Wasserbads eingetrocknet und mit
Alkohol oder Wasser heifs ausgezogen, wo nach dem Erkalten des Fil-
trats das Sinapolin herauskristallisirt. Der Rückstand von der Bereitung
mit Bleioxidhydrat enthält Schwefelblei und kohlensaures Bleioxid , der von
der Bereitung mit Barjrt enthält Schwefelbarium und kohlensauren Baryt.
Löst man Senföl in starkem Barytwasser auf und erhitzt beim Abscblufs
Chinin,
1173
der Luft zum Sieden , so entsteht ein reichlicher Niederschlag von kohlen-
saurem Baryt, während Schwefelbarium und Sinapolin gelöst bleiben. —
Das Sinapolin kristallisirt aus Wasser in fettig anzufühlenden , glänzenden,
in der Siedhitze des Wassers schmelzenden Blättchen. Das geschmolzene
Sinapolin erstarrt augenblicklich Mieder zu einer schon kristallinischen
Masse. Es ist in kalter Kalilauge nicht auflöslich , beim Kochen damit
schmilzt es, ohne Ammoniakentwickelung, zu ölartigen Tropfen, die sich
bei Zusatz von mehr Wasser auflösen , aber schon vor dem völligen Er-
kalten Mieder abscheiden und kristallinisch erstarren. Es ist leicht löslich
in Schwefelsäure und Essigsäure und wird durch Ammoniak daraus Mieder
abgeschieden. Die heifs gesättigte wässerige Auflösung des Sinapolius
reagirt alkalisch. Es verliert bei 100° nichts an Gewicht, in höherer Tem-
peratur wird es partiell zersetzt, indem ein Theil sich verflüchtigt. In
trockenem salzsaurem Gas schmilzt das Sinapolin unter beträchtlicher Er-
hitzuug und ohne Abscheidung von Wasser. Die Verbindung stöfst an
feuchter Duft salzsaure Dämpfe aus und wird durch Wasser unter Ab-
scheidung von Sinapolin zersetzt; sie bildet mit Platin- und Quecksilber-
chlorid Niederschläge. Bei der Bildung des Sinapolins tritt aus dem Senföi
der ganze Schwefelgehalt in der Form von Schwefelkohlenstoff aus, wäh-
rend dafür die Bestandtheile des Wassers in die Basis eintrcten. 2 At.
Senföl und 2 At. Wasser bilden 1 At. Sinapolin unter Austrefung der
Elemente von 2 At. Schwefelkohlenstoff: C16 H20 N4 S4 -4- 2 H20 ™ C,4 H24
N4 0,j -4- SCSj. Der Schwefelkohlenstoff bildet mit dem Bleioxid oder
Baryt ein Sclnvefelmetall und ein kohlensaurer Salz. ( Varrentrapp und
Will.)
e) Jn den Chinarinden vorkommende Pflanzenbasen .
Chinin ( "Chinium ).
Synonyme: Kinin, Quinia, Chinastoff, Chinaharz.
Das Chinin wurde 1820 von Pelletier und Caventon fast gleichzeitig
mit dem Cinchonin entdeckt. — Es findet sich in allen ächten Chiuasorten,
vorzüglich reichlich aber in der Königschina ( China regia vera seu Cali-
saya).
§. 218 . Man erhält das Chinin auf verschiedene Weise
aus der Königschina durch Ausziehen derselben mit säure-
($alz-, Schwefel- Säure-) haltendem Wasser, Fällen des
Auszugs mit einem Alkali, Behandeln des Niederschlags mit
Alkohol und Entfernen des Weingeistes vom klaren Auszug
durch Destillation. — Man digerire gepulverte Königschina
mit dem 4- bis öfachen Gewicht Wasser, welches mit etwa
Vso Schwefelsäure (oder Salzsäure) angesäuert wurde, 24—
48 Stunden unter fleifsigem Umrühren, bei etwa 6$ — 70° R.
(gut ist es auch, die China mit nur so viel, mit der gehörigen Menge Säure
angesäuertem , Wasser zu imprägniren , dafs ein stark feuchtes küimperiges
Pulver daraus wird , sie so einige Zeit liegen lassen , das Gemenge öfter
durchzuarbeiten und dann erst mit der gehörigen Menge Wasser zu digeriren),
kolire dann und presse den Rückstand scharf aus, feuchte ihn
nochmals mit wenig warmem Wasser an, und presse wieder.
(Die ausgezogene China erschöpft man M^eiter mit schwach angesäuertem
Wasser, bis sie geschmacklos ist, und benutzt die schwachen Auszüge
bei einer neuen Arbeit. Oder concentrirt sie durch Verdampfen in sehr
gelinder Wärme.) Den concentrirten Auszug setze man einige
Tage in offenen Gefäfsen unter öfterm Umrühren der Luft
1174
Organische Basen,
aus, lasse das Trübende ablagern, filtrire, und versetze das
Filtrat, so lange noch Trübung und flockiger Niederschlag
entsteht, mit gepulvertem kristallisirtem kohlensauren Natron.
Man prüfe öfter , ob auf neuen Zusatz von kohlensaurem Natron Trübung
entsteht, und höre nicht eher auf, zuzusetzen, bis die Flüssigkeit klar
bleibt. Es wird hiezu ein bedeutender Ueberschufs erfordert. (Vergl. auch
Morphiumbereitung S. 1188.) Das kohlensaure Natron gewinnt man wieder
durch Verdampfen der Mutterlauge, Kristallisiren und Glühen des Salzes.
Hiebei wird bei Anwendung von Schwefelsäure durch die gebildete Kohle
von der anhängenden Lauge etwas Schwefelnatrium gebildet, was wohl
der unmittelbaren Anwendung des kohlenhaltigen Salzes zu einer neuen
Arbeit nichts schadet. Uebrigens kann man es auch mittelst kohlensaurem
Kali u. s. w. reinigen. Den Niederschlag reinige man von an-
hängender Lauge durch Pressen und Waschen mit wenig
Wasser, trockne und zerreibe ihn und behandle ihn mit dem
5 — öfachen Gewicht Alkohol von 80 — 90 Procent Gehalt,
bei gewöhnlicher Temperatur, und erschöpfe das Ungelöste
mit neuen Mengen Weingeist, bis dieser nichts mehr auszieht.
Ist der Auszug gefärbt, was bei pünktlicher Arbeit und guter
Königschina nur in geringem Grade der Fall seyn wird, so
digerire man ihn mit etwas gereinigter Thierkohle oder Blut-
laugenkohle, bis er farblos ist: ziehe dann den Weingeist
bis auf lk oder weniger ab, und lasse erkalten. Kristallisirt
etwas Cinchonin heraus , so giefse man die klare Lösung da-
von ab 5 ist auch Chinin als eine harzähnliche Masse nieder-
gefallen, so nehme man dieses mit wässerigem Weingeist auf,
versetze die säinmtliche Lösung mit etwas Wasser und ziehe
allen Weingeist ab. Beim Erkalten bleibt Chinin-Hydrat als
eine gelbliche, harzähnliche, zähe Masse zurück. Um den
letzten Antheil Cinchonin zu entfernen, behandelt man es wie-
derholt mit reinem Aether, so lange dieser etwas aufnimmt,
und zieht den Aether vom klaren Auszug ab. Zum pharma-
ceutisch-medicinischen Gebrauch ist diese letzte Reinigung
unnöthig. Verlangt man es in Kristallen, so trockne man es
in gelinder Wärme, über dem Wasserbad, bis es keinen Ver-
lust mehr erleidet, löse es in absolutem Alkohol und überlasse
die Lösung an trockener Luft der freiwilligen Verdunstung,
oder verdampfe unter der Luftpumpe. Beim Verdampfen der vom
Chinin getrennten dunkelbraunen Lauge sondert sich noch ein wenig sehr
unreines Chinin aus, und aus der unkristallisirbaren Mutterlauge erhält
man durch Behandeln des zur Trockne verdampften Rückstandes mit
Alkohol wohl auch noch ein wenig sogenanntes Chinoidin. Man benutzt
sie ferner zur Darstellung der Chinasäure, indem man diese an Kalk bindet
und weiter nach s. 918 ff. reinigt. Gewöhnlich fällt man den sauren
Chinaauszug mit Kalkhydrat (hiebei ist salzsäurehaltiges Was-
ser dem schwefelsäurehaitigen- zum Ausziehen der China vor-
zuziehen), welches, mit Wasser zu dünnem Brei angerührt,
unter beständigem Umrühren zugesetzt wird. Man mufs eben-
falls einen Ueberschufs, etwa J/20 der angewendeten China,
C Henry schlägt % vor) zusetzen. Der kalkhaltige Niederschlag
wird durch Pressen und Waschen gereinigt, mit Alkohol aus-
Chinin.
1175
gezogen und mit dem geistigen Auszug weiter wie oben an-
gegeben verfahren. Die Ausbeute ist hier meistens geringer* weil
Chinin in der wässerigen Flüssigkeit gelöst bleibt* welches nur schwierig
zum Theil durch Saturiren derselben mit einer Säure* Concentrireu durch
Verdampfen , Fällen mit einem Alkali und Reinigen des Niederschlags auf
die angeführte Weise erhalten werden kann. — Hermann befeuchtet 50
Theile feingepulverte Königschina mit 15 Th eilen concentrirter Salzsäure*
und läfst das Gemenge 4 Wochen an der Luft liegen, dann vertheilt er es
in Glaskolben oder hölzernen Bottichen in 8 gleiche Theile und laugt mit
Wasser in der Art ans * dafs die von der ersten Portion abgegossene Flüs-
sigkeit auf die 2te* diese auf die 3te und so fort auf die 8te gegossen
wird. Diese Operation wird Miederholt* bis die Flüssigkeit in der 8ten
Flasche 6 p. c. fester Theile am Areometer zeigt. Die spätem Auswa-
schungen werden besonders gesammelt* bis sie nicht mehr sauer reagiren*
dann alle mit % Theil in Wasser gelöstem salzsaurem Zinnoxidul versetzt^
filtrirt und ausgelaugt* so lange die Flüssigkeit bitter schmeckt; hierauf
mit kühfensaurem Kali gefällt und der Niederschlag gut ausgewaschen.
Die rückständige China wird Mieder gemahlen * mit den zuerst erhaltenen
stärkern Auszügen gewaschen und die Operation Mie angezeigt noch 2-
bis 3mal wiederholt ; bei diesen letztem bedarf man aber nur halb so viel
oder weniger Zinnsalz. (Magazin für Pharmacie Bd. 25. Hft. 3. S. 710 —
Vorteilhaft kann man auch zur Darstellung des Chinins (und
Cinchonins) die gelbe China (China flava dura et fibrosa) an-
wenden. Man erschöpft diese mit schwefelsäurehaltigem (oder
salzsäurehaltigem) Wasser wie angeführt, filtrirt, setzt koh-
lensaures Natron oder Kalkmilch zu, behandelt den gewasche-
nen Niederschlag mit kochendem Alkohol und verfährt wie
oben angegeben wurde. Beim Abdestilliren des Weingeistes
bis auf y3 oder mehr, je nach seiner Stärke, und Erkalten-
lassen kristallisirt hier immer ein grofser Theil Cinchonin her-
aus. Liefert die Flüssigkeit beim fernem Verdampfen noch
mehr Kristalle, so dampft man weiter ab, zuletzt fällt (etwas
cinchoninhaltiges) Chinin als eine harzige Masse nieder, wel-
che auf die angeführte Art gereinigt wird, zur Trennung des
Cinchonins von Chinin kann man auch den Niederschlag mit Schwefelsäure
genau saturiren und kristallisiren lassen; anfangs schiefst nur schwefel-
saures Chinin an und die Mutterlauge enthält vorzüglich schwefelsaures
Cinchonin. Beide Salze werden nun wie angeführt zerlegt und gereinigt.
Bei diesen Arbeiten erhält man oft in der Mutterlauge viel sogenanntes
Chinoidin* welches nach S. 1185 weiter gereinigt wird. — Da die China-
rinden oft sehr ungleich an Alkaligehalt sind* so ist es zweckmäfsig* sie
vorher hierauf zu prüfen. Man verfährt am einfachsten nach der zuerst
angegebenen Bereitungs-Methode; erschöpft etwa 1 Unze mit säurehalten-
dem Wasser* verdampft den Auszug bis auf etwa 4 Unzen* filtrirt* fällt
mit überschüssigem kohlensauren Natron* zieht den Niederschlag vollstän-
dig mit Alkohol aus und verfährt weiter Mie angezeigt; oder bindet das
Chinin an Schwefelsäure , die aber nicht vorherrschen darf* und verdampft
in gelindester Wärme. Gute Königschina Mrird gegen 4 — 5 Procent* auch
mehr Salz geben* gelbe China fast 2 Procent Chinin- und Cinchonin-Salz.
Es versteht sich, dafs man bei solchen Versuchen im Kleinen sehr pünkt-
lich arbeiten mufs* sonst erhält man ein falsches Resultat. (Vergl. über
Prüfung der Chinarinden auch Annalen der Pharmacie Bd. 3. S. 12. und
Duflos in Schweigger- Seidel’ s Journal Bd. 62. S. 310.) — Berzelius
schlägt vor* den Chinaauszug mit Gallusaufgufs zu fällen, den gewasche-
nen Niederschlag in Weingeist zu lösen* mit essigsaurem Bleioxid zu fällen*
die durch Hydrothionsäure von Blei befreite Lösung mit einem Alkali nie-
1176
Organische Basen.
derzuschlagen , und weiter wie angegeben zu verfahren. — Auf diese Art
könnten vielleicht die meisten organischen Alkalien dargestellt werden.
Erklärung : Chinin ist in der China an Chinasäure (zum Theil auch
an Chinaroth) gebunden, aber die Verbindung ist zum Theil leicht zer-
legbar ^ beim Ausziehen mit Wasser bleibt leicht ein Theil basisch china-
saures Chinin (und die Verbindung desselben mit Farbstoff) zurück* Man
setzt defshalb Säure zu, um ein lösliches Chininsalz zu erhalten. Alkalien
zerlegen diese Verbindung und scheiden Chinin als in Wasser schwer lös-
lich aus. Man setzt darum überschüssiges kohlensaures Natron zu , weil
Chinin in dieser Flüssigkeit (fast) unlöslich ist, während viel färbende
Substanz, welche die Lauge ganz dunkel macht, gelöst bleibt. Aehnlich
wirkt der überschüssig zugesetzte Kalk oder Magnesia. Ein Theil Farb-
stoff (Chinaroth) fällt mit nieder. Beim Behandeln des trockenen Nieder-
schlags mit Alkohol wird nur Chinin (und Cinchonin) ausgezogen, der
Farbstoff bleibt fast ganz ungelöst zurück. Thierkohle schlägt den Rest
Bieder. Beim Abdestilliren des Weingeistes kristallisirt zuerst Cinchonin,
wenn welches vorhanden, als schwerlöslich heraus, Chinin bleibt gelöst
(s. u.). Die vollständige Trennung beider Alkalien durch Aetlier gründet
sich auf die Löslichkeit des Chinins in demselben, während Cinchonin darin
unlöslich ist. Schwefelsaures Chinin ist weit schwerer löslich als schwe-
felsaures Cinchonin ; daher sich beide Salze durch Kristallisation zum
Theil trennen lassen. Die übrige Scheidungsart ist wie bei den andern
organischen Basen.
§. 219. Die Eigenschaften des Chinins sind: Es kri-
stallisirt nach Pelletier aus seiner Lösung in fast wasser-
freiem Weingeist beim freiwilligen Verdampfen, nach J. L.
auch aus einer heifsen etwas ammoniakhalligen imsserigen
Lösung, in sehr feinen seidenartig glänzenden Nadeln, bü-
schelförmig ; gewöhnlich ist es nicht kristallisirt, sondern bildet
nur eine poröse, schmutzig- weifse Masse, die zerrieben ein
weifses Pulver giebt. Alkalien schlagen es aus seinen sauren
Auflösungen in weifsen käsigen Flocken nieder. Diese Flocken,
so wie das kristallisirte Chinin, sind ein Hydrat Dieses ist
bei gewöhnlicher Temperatur luftbeständig, Nichtleiter der
Elektricität, geruchlos, schmeckt sehr bitter, schmilzt leicht
in der Hitze zu einer ölartigen Flüssigkeit, die beim Erkalten
zu einer durchscheinenden harzähnlichen Masse erstarrt; läfst
bei anhaltendem Erhitzen ira Wasserbad sein Wasser fahren
und verflüchtigt sich bei vorsichtigem Erhitzen zum Theil u»r-
verändert. (Ln luftleeren Raume über Feuer geschmolzen, nimmt es
beim langsamen Erkalten auch eine kristallinische Textur an.) Das luft-
trockene Chinin verliert bei 120° 14,2 p. c. = 3 At. Wasser.
In rascher Eitze wird es zerstört; entwickelt in trockener Destillation
Ammoniak, und verbrennt, an der Luft entzündet, mit heller Flamme. —
In Wasser ist Chinin schwer löslich; bei gewöhnlicher Tem-
peratur erfordert es gegen 400, in der Kochhitze etwa 250
Theile. Die Lösung reagirt alkalisch , concentrirte Lösungen
von Alkalien fällen daraus Chinin, lodtinktur trübt sie braun,
salpetersaures Quecksilberoxid und Silbersolution trüben sie
weifs, Goldauflösung gelblichweifs und Piatinauflösung gelb-
lich, die violette Lösung des mineralischen Chamäleons färbt
Chinin.
1177
sie schön grün, Duflos ; Gallustinktur füllt sie stark weifs.
Concentrirte Salpeter- und Schwefelsäure lösen Chinin in der
Kälte ohne Färbung auf 5 beim Erhitzen färbt sich die Schwefelsäure
Mischung erst roth, dann schwarz. In Weingeist ist es sehr leicht
löslich, 1 Theil bedarf in der Kochhitze nur 2 Theile, beim
Erkalten bleibt die Lösung klar, sie schmeckt sehr bitter und
reagirt bedeutend alkalisch. Auch in Aether ist es ziemlich
löslich 5 1 Theil bedarf gegen 60 Theile bei gewöhnlicher
Temperatur.
§. 220. Mit Säuren bildet das Chinin die Chininsalze.
Diese sind neutral und sauer, meistens kristallisirbar, und
etwas schwerer löslich in Wasser, als die Cinchoninsalze;
in Weingeist sind sie leicht löslich, schmecken viel bitterer
als die Cinchoninsalze. Die wässerigen Lösungen der Chi-
ninsalze verhalten sich gegen die oben genannten Reagentien
wie die Lösung des Chinins. Im Sonnenlicht färben sich die
Chininsalze zum Theil gelb und braun.
Salzsaures Chinin, basisches. Formel: 2Ch,Cl2Ha, 8aq. Durch Sät-
tigen von Chinin uud Salzsäure zu erhalten, wobei man jedoch sehr leicht
eine harzartige Masse erhält. Nach Winkler stellt man es am besten dar,
wenn man 480 Th. verwittertes schwefelsaures Chinin mit 139 Th. kri-
staHisirtem Chlorbarium mischt, das Gemenge einige Zeit bei 40° mit Was-
ser digerirt, filtrirt und bei einer nicht über 40* gehenden Temperatur zur
Kristallisation verdampft, wo das Salz beim Erkalten in weifsen perlmut-
terglänzenden Nadeln anschiefst. Es ist in Wasser etwas schwer löslich.
Quecksilberchlorid fällt aus der Auflösung ein Doppelsalz, welches sich in
weifsen käsigen Flocken abscheidet und beim Erhitzen leicht schmilzt.
Wird eine Lösung des salzsauren Chinins oder eines andern Chininsalzes
mit Salzsäure und Platinchlorid vermischt, so fällt ein Doppelsalz nieder,
welches nach dem Trocknen als pomeranzengelbes kristallinisches Pulver
erscheint. Es bedarf 1500 Th. kalten, aber nur 120 Th. kochenden Was-
sers zu seiner Lösung. Alkohol nimmt nur l/2000 seines Gewichtes davon
auf. Es besteht aus 45,77 Platiuchlorid und 54,23 salzsaurem Chinin (J. LJ.
Vernachlässigt man den Zusatz von Salzsäure bei der Fällung, so erhält
man ein Gemisch von zwei Niederschlägen, wovon der eine weifs, der
andere gelb ist.
Das neutrale salzsaürö Chinin erhält man durch Sättigen von Chinin
mit trockenem salzsaurem Gas: Es enthält genau die doppelte Menge Salz-
säure wie das aus den neutralen Lösungen kristallisirte.
Chlorsaures Chinin, auf ähnliche Art wie salzsaures zu erhalten,
kristallisirt in büschelförmig-vereinten sehr zarten Prismen, die in Wasser
und Weingeist löslich sind. In gelinder Wärme schmelzen sie, beim Er-
kalten erstarrt das Salz zu einer durchsichtigen firnifsartigen Masse; in
stärkerer Hitze explodirt es.
Iodicasserstoff'saures Chinin , basisches. Feine, zu Warzen vereinigte
Kristalle ( Pelletier Das neutrale Salz, Ch -4- I2 Ha , kristallisirt in
zarten gelben Blättern, es verliert bei 100° 7,35 p. c. Wasser.
lodsaures Chinin, welches man durch Sättigen des Chinins mit wäs-
seriger lodsäure und Verdampfen erhält, kristallisirt in seidenartig glän-
zenden Nadeln, dem Schwefelsäuren Chinin (s. u.) ähnlich; ist ziemlich
löslich in Wasser, die Lösung wird durch freie lodsäure gefällt, indem
G*ige/i Pharm ade. /. ( 5 te Juü- ) 7 t*
ms
Organisch® Basen.
ein sehr schwer lösliches saures Salz sich bildet. Auch andere leicht lös-
liche Chiniusalze werden durch überschüssige lodsäure gefällt; Serullas.
(Aehniich verhalten sich die übrigen organischen Alkalien gegen lodsäure;
bis auf Morphin , welches sich ganz eigentümlich verhält.) Beim Er-
hitzen oder durch den Schlag verpufft es. — Wird von Serullas als Arz-
neimittel vorgeschlagen.
Schivefelsaures Chinin, basisches. Formel: 2Ch,so3,8aq.
Wird bei der Darstellung des Chinins durch Behandeln des Chinins mit Schwe-
felsäure erhalten. Man rnufs einen Ueberschufs von Schwefelsäure ver-
meiden^ sonst entsteht leicht lösliches neutrales Salz. Ein Paar Tropfen
Alkali der Lauge zugesetzt, bewirkt dann schnell Kristallisation. Da das
basisch Schwefelsäure Chinin ziemlich schwerlöslich in kaltem Wasser ist,
so läfst es sich leicht rein darstelleu. Man kann entweder die geistige
Lösung des nach g. 218 erhaltenen Chinins, von der der Weingeist gröfsten-
theils durch Destillation getrennt wurde, geradezu mit Schwefelsäure neu-
tralisiren und, wenn die Flüssigkeit gefärbt ist, etwas (ungefähr y40 der
angewendeten China) gereinigte Thierkohle zusetzen, oder das ausge-
schiedene Chinin mit dem BOfachen Gewicht Wasser erhitzen , mit Schwe-
felsäure neutralisiren , gereinigte Thierkohle zusetzen und kochendheifs
filtriren ; beim Erkalten des Filtrats kristallisirt der gröfste Theil schwefel-
saures Chinin heraus; enthält die Flüssigkeit noch Weingeist, so entfernt
man ihn durch freiwilliges Verdunsten. Das Salz reinigt man von der
Mutterlauge durch vorsichtiges Abgiefsen, wäscht es wiederholt mit kaltem
Wasser (was ohne bedeutenden Verlust geschehen kann), und trocknet
es an freier Luft, aber im Schatten. Kürzer wird es durch Auspressen
von der Mutterlauge befreit, aber es hat danu nicht die schöne, lockere,
zarte, kristallinische Beschaffenheit, sondern ein mehr pulveriges Ansehen,
und rnufs nochmals kristallisirt werden. Es versteht sich, dafs wenn die:
Lauge farblos ist oder durch Zinusolution u. s. w. entfärbt wurde, der Zu-
satz von Kohle unnöthig ist. Auch kanu aus guter Königschina, wenn
der saure Auszug stark verdampft und daun fikrirt wurde, ehe er mit
Alkalien behandelt wird, ohne Kohle ein Theil schwefelsaures Chinin durch
Waschen mit Wasser blendendw eifs erhalten werden. Sämmtliche Mutter-
laugen und Abwaschtlüssigkeiten werden verdampft und auf schwefelsaures
Chinin benutzt, indem man sie wiederholt, wie angeführt, reinigt oder sie
bei einer neuen Arbeit zusetzt. — Guilbert behandelt die China anfangs
mit sehr verdünntem wässerigen Ammoniak, entzieht ihr damit die färben-
den Theile, Fett, Harz u. s. w., und erhält dann mit Schwefelsäure direct
aus derselben ein reines weifses Salz. Eben so kann man mit Aetzkali
oder Natronlauge verfahren, wie neuerlich Cassola vorschreibt. Derselbe
kocht 2 Theile Königschina mit 8 Theilen Was^r, welches yioa Aetzkali
oder kohlensaures Kali enthält, seiht dyr.($Ä prefst und wäscht den
Rückstand mit wenig Wasser unter öfterm Pressen , bis die Flüssigkeit
fast farblos erscheint; dann kocht er wiederholt mit schwefelsäurehaltigem
Wasser aus, scheidet die überschüssige Säure mit kohlensaurem Kalk ab,
zersetzt das Filtrat mit einfach kohlensaurem Kali, löst den gewaschenen
Niederschlag in Alkohol, mit Schwefelsäure vermischt u. s. w. Auch ohne
Anwendung von Alkohol erhält man auf diese Art reines sehvvefelsaures
Chinin ; doch soll die mit kohlensaurem Kali behandelte China nur einmal
mit schwefelsäurehaltigem Wasser ausgekocht werden (auf 2 Th. China
10 Th. Wasser uud y3J Schwefelsäure); das gefällte Chiuiu wird daun
unmittelbar in verdünnter wässeriger Schwefelsäure aufgelöst, der Ueber-
schufs an Säure mit kohlensaureni Kalk entfernt, das Filtrat mit thierischer
Kohle gekocht und heifs filtrirt. (Magazin für Pharmacie Bd. 25. Heft 3.
8. 73.) Hiebei möchte jedoch ein Verlust an Chiuin nicht zu vermeiden
seyn. Die Anwendung von überschüssigem kohlensauren Natron zur Aus-
scheidung des Chinins ist wohl allen diesen , zum Theil unnöthig umständ-
lichen, Methoden bei weitem vorzuziehen! — Ohne Anwendung von Al-
kohol Iiiföt sich auch (jedoch nicht ohne Verlust) nach Henry und Plisson
C h i n i n.
1179
schwefelsaures Chinin erhalten : Diese kochen Königschina mit schwefel-
säurehaltigem Wasser aüs, setzen dem Filtrat so lange frisch bereitetes,
noch feuchtes Bleioxidhydrat zu, bis es neutral ist und nur wenig gefärbt
erscheint; das klare Filtrat befreit man durch Schwefelsäure oder Hydro-
thionsäure von Blei, filtrirt, setzt Kalkmilch nur wenig im Ueberschufs
zu, und neutralisirt den gewaschenen Niederschlag mit verdünnter Schwe-
felsäure. In den bleihaltigen Niederschlägen ist noch Chinin enthalten,
das durch Ausziehen mit Alkohol u. s. w. zu erhalten ist. Die Mutter-
lauge enthält reinen chinasauren Kalk und kann auf Chinasäure benutzt
werden. (Magaz. für Pharmac. Bd. 19. S. 155. — üeber Winckler’s Vor-
schlag, die Chinaalkalien und deren Salze ohne Anwendung von Alkohol
zu bereiten, siehe ebendaselbst S. 258.) — Die letzten Kristallisationen
enthalten auch schwefelsaures Cinchonin, welches, als viel leichter in Was-
ser löslich, erst zuletzt kristaliisirt , und die gefärbte unkristallisirbare Mut-
terlauge enthält sogenanntes Chinoidin (S. 1185). — Das basisch schwe-
felsaure Chinin bildet sehr feine, weifse, seidenglänzende,
etwas biegsame Nadeln und zarte Blättchen, ist so leicht und
locker wie Magnesia; schmeckt sehr bitter. Ist leicht schmelz-
bar ; phosphorescirt hei 100° C. im Dunkeln durch Reiben. An
trockener Luft verwittert es und verliert SA = 10,75 p. c. sei-
nes Kristallisationswassers. — Durch Hitze wird es zerstört. —
In kaltem Wasser ist es sehr schwer löslich, erfordert nach
Baup 740 Theile, leichter in heifsem, von welchem es 30
Theile bedarf. In Weingeist ist es leichter löslich, es bedarf
bei gewöhnlicher Temperatur 60 Theile von 0,85 spec. Ge-
wicht, in der Hitze weit weniger. Wenig löslich in Aether.
— Wird es mit mehr Säure versetzt, so bildet es einfach
schwefelsaures Chinin , das meistens in kleinen Nadeln an-
schiefst, die rectarsguläre Säulen sind (.Geiger erhielt es in lanr
gen, weifsen, seidenglänzenden, dünnen Nadeln, feinem Asbest ähnlich).
Dieses reagirt sauer, besteht aus I At. Chinin, 1 At. Schwe-
felsäure und 8 At. Wasser. Ist viel leichter in Wasser lös-
lich, erfordert bei gewöhnlicher Temperatur nur II Theile.
ln der Hitze schmilzt es in seinem Kristallwasser und verliert
bei 100° 24,66 p. C. Wasser. Daher kristaliisirt es schwierig uDd
es mufs bei Bereitung des einfach schwefelsauren Chinins ein Ueberschufs
an Säure vermieden werden. — Concentrirte freie Schwefelsäure zerstört
beide Salze l.eicht-, färbt sie in der Hitze roth und verkohlt sie. (Selbst
das Sonnenlicht bräunt reines schwefelsaures Chinin; Leverhöhn.') Auch
aus dem Grunde darf bei Bereitung des eiufach schwefelsauren Chinins
keine Säure vorherrschen. — Ueber Verfälschung dieses Salzes s. u. — *
Wird jetzt am meisten als Arzneimittel, in Pulverform mit Zucker u. s. w.
verordnet.
Unterschwefelsaures Chinin erhält man durch wechselseitige Zersetzung
von neutralem schwefelsauren Chinin mit upterschwefelsaurem Baryt. Es
kristaliisirt leicht und ist in Wasser schwerer löslich als das schwefel-
saure Salz.
Phosphorsaures Chinin kristaliisirt in farblosdurchsichtigen, perlmut»
terglänzenden Nadeln ; ist leicht löslich in Wasser und Weingeist. — Wird
neuerlichst als Arzneimittel gegen Wechselfieber u. s. w. sehr angerühmt
und selbst schwefelsaurem Chinin vorgezogen.
Blausaures Eiscnoxidul-Chinin , eisenblausaures Chinin , durch Zer-
legen des schwefelsauren Chinins mit blausaurem Eisenoxidul-Kali, Behan-
deln des unreinen Salzes mit lauem Alkohol und Verdampfen der geistigen
1180
Organische Basen.
Lösung zu erhalten, — kristallisirt in verworrenen, grünlichgelben Nadeln
von sehr bitterm, zugleich der Blausäure ähnlichen Geschmack. Ist leicht
löslich in Weingeist, unlöslich in Wasser, welches es besonders in der
Hitze zerlegt. — Wird in Italien als Arzneimittel gebraucht. (Vergl. An-
nalen der Pharmacie Bd. V. S. 306.)
Kleesaures Chinin , basisches. Formel: 2Ch,0,aq( RegnaultJ. Bildet
ein weifses, kristallinisches, schwerlösüches Pulver.
Weinsteinsaures Chinin ist dem kleesauren ähnlich, aber leichter
löslich.
Citronensaures Chinin , durch Zerlegen des schwefelsauren Chinins
mit saurem citronensauren Natron zu erhalten , — kristallisirt in Nadeln
von bitterm Geschmack , ist schwerlöslich in Wasser. — Wird in Italien
als Arzneimittel gebraucht. (Annalen der Pharmacie Bd. V. S. 208.)
Chinasaures Chinin, welches nach Henry und Plisson aufser durch
unmittelbares Sättigen des Chinins mit reiner Chinasäure auch unmittelbar
ans einer vorzüglich Chinin haltenden China erhalten wird; indem man das
wässerige Decoct zur Syrupsdicke verdampft, in dem 3fachen Gewicht
kaltem Wasser löst, fiitrirt, zur Hälfte verdampft und bis fast zur völligen
Neutralisation mit kohlcnsaurem Kalk versetzt, dann vorsichtig bis zur
Neutralität Bleioxidhydrat zusetzt, das Filtrat mit Hydrothionsäure vom
Blei befreit, zur Syrupsdicke verdampft, mit Alkohol von 0,842 spec. Ge
wicht auszieht, den Weingeist vom Filtrat abzieht, und den Rückstand
wiederholt mit Wasser und Weingeist behandelt, bis letzterer nichts mehr
abscheidet, und das Salz zuletzt der freiwilligen Verdunstung überläfst. — -
Oder man zerlegt Chinasäuren Baryt mit schwefelsaurem Chinin, fiitrirt und
verdampft das Filtrat zur Syrupsdicke, wo nach einigen Tagen das Salz
anschiefsi. Es kristallisirt schwierig in meistens warzenförmigen Krusten,
zum Theil aus kleinen Nadeln bestehend; wird an der Luft trüb und zum
Theil hornartig durchscheinend (im unreinen Zustande bildet es eine
schmutzige gelblich grünliche Masse); ist leichtlöslich in Wasser, etwas
schwerer löslich in starkem Weingeist; grünt Violensaft. Bei etwas vor-
waltender Säure kristallisirt es leichter in Nadeln. — Wird als Arznei-
mittel vorgeschlagen.
Essigsaures Chinin kristallisirt in seidenglänzenden Nadeln. Ist schwer-
löslich in kaltem, leichtlöslich in heifsem YVasser; verliert in der Wärme
einen Theil Säure.
Callussaures Chinin ist ein in kaltem Wasser fast unlösliches Pulver,
oder bildet durchsichtige Körner.
Die Prüfung auf die Reinheit des Chinins und der Chininsalze ergiebt
sich aus den Eigenschaften. Sie müssen schön weifs seyn, sehr bitter
schmecken, in der Hitze leicht schmelzen und unter Luftzutritt vollständig
verbrennen. Die Kohle mufs zwar langsam, aber bei anhaltendem Glühen
vollständig verschwinden. Man hat das schwefelsaure Chinin bis jetzt mit
Gyps, Kreide, Magnesia, Boraxsäure, Zucker, Mannastoff, Talgsäure
und Cinchonin verfälscht angetrofi’cn. Die vier ersten geben sich beim Er-
hitzen zu erkennen, sie bleiben beim Verbrennen zurück, oder die drei
ersten durch Behandeln mit Weingeist. Enthalten sie ßoraxsäure, so wird
der nach dem Verbrennen bleibende Rückstand, in Alkohol gelöst, diesem,
angezündet, eine grüne Flamme ertheilen, Zucker und Mannastoff wer-
den mit kaltem Wasser ausgezogen, und die Talgsäure giebt sieh zu er-
kennen, wenn das verdächtige Chininsalz mit säurehaitendem Wasser be-
handelt wTird, wo sie zurückbleibt. Stärkmehlgehalt würde sich durch die
blaue Farbe mit lodtinktur zu erkennen geben. Cinchoninhaltiges Chinin
giebt sich zum Theil durch das Ansehen zu erkennen ; es ist nicht so
locker; die Kristalle des Cinchonins sind meistens dicker und härter. Durch
Behandeln mit schwachem Weingeist entzieht man das Chi nie, und Cincho-
nin bleibt gröfstentheils ungelöst. Auch durch Zerlegen der Salze , wenn
Cinchonin.
1481
es schwefelsaures Cinchonin wäre, mit einem Alkali und Behandeln des
Niederschlags mit Aether scheidet man Cinchonin , welches unlöslich in
Aether ist, von Chinin ab. Concentrirte Schwefelsäure darf keine Chinin-
verbindung in der Kälte röthen, sonst enthielte sie Salicin. (Vergl. auch
Magazin für Pharmacie Bd. 6. S. 78, Bd. 1 !. 8. 36, Bd. IS. S. 71, Bd. IG.
S. 60, Bd. 17. 8. 73 u. 143, und vorzüglich Schweinsherg , Anleitung zur
Prüfung des schwefelsauren Chinins, ebendas. Bd. 33. S. 137 ff.)
Cinchonin (CinchoniumJ .
Pelletier und Caventou erkannten 1820 den schon 1811 von Gomes
ziemlich rein dargestellten, eigentümlichen , kristallisirbaren Stoff der
braunen China für ein organisches Alkali, und lehrten dessen Darstellung.
— Das Cinchonin findet sich vorwaltend in der grauen und braunen China;
ferner, nebst mehr Chinin, in der rothen und gelben China, und in ge-
ringer Menge in der Königschina.
221. Das Cinchonin wird ganz auf gleiche Weise wie
Chinin erhalten. Man wählt am zweckmäfsigsten kräftige
graue China £ China Huanuco auch die rostfarbige China
(China rubiginosa ) ist sehr reichhaltig an Cinchonin. Da
Cinchonin schwerer löslich ist als Chinin, so inufs man die
ziemlich feingepulverte Rinde mit säurehaltendem Wasser
wiederholt kochend erschöpfen. Den concentrirten Auszug
versetzt man übrigens wieder mit überschüssigem kohlen-
sauren Natron, so lange ein Niederschlag entsteht, oder ver-
setzt ihn mit überschüssiger Kalkmilch und behandelt den
durch Pressen und Waschen gereinigten Niederschlag mit
starkem ( ÖOprocentigem ) Alkohol kochend, so lange dieser
etwas aufnimmt, filtrirt heifs. wo beim Erkalten ein Theil
Cinchonin herauskristallisirt , zieht etwa 2/3 Weingeist ab
und läfst erkalten, wo wieder ein Theil Cinchonin heraus-
kristallisirt , versetzt den Rest der Flüssigkeit mit etwas Was-
ser, und destillirt wieder den gröfsten Theil Weingeist ab.
Die Flüssigkeit enthält jetzt nur noch Chinin und sogenanntes Chinoidin.
8ämmtiiches herauskristalüsirte Cinchonin löst man kochend
in starkem (OOprocentigem) Alkohol, entfärbt die Lösung nö-
thigen Falls mit gereinigter Thierkohle, und filtrirt heifs. Beim
Erkalten kristallisirt reines Cinchonin heraus, und durch Ver-
dampfen erhält man den Best. Die gefärbte Mutterlauge, so wie
die AbwaschOiissigkeiten sättige mau mit Schwefelsäure , entfärbe sie mit
Thierkohle und concentrire die Lösung, wo beim Erkalten etwas schwe-
felsaures Chinin anschiefst; zerlege das Flüssige mit einem Alkali, nehme
den gewaschenen Niederscltlag in kochendem Alkohol auf und lasse er-
kalten, wo man noch etwas Cinchonin erhält. Aus der Mutterlauge erhält
inan wieder Chinoidin. Auch kann man das Chinin mittelst Aether von
Cinchonin trennen. Dieser löst ersteres auf und läfst letzteres ungelöst.
— Nach Stratingh soll die China, anstatt mit reiner Schwefelsäure und
Wassei*, mit einer Mischung von 1 Theil concentrirter Schwefelsäure und
2 Theilen Salzsäure von 1,18 spec. Gew. und Wasser in dem oben ange-
führten Verhältnis (nämlicf* zu 1 Theil China 5 Theile Wasser mit %00
Schwefelsäure und 2/500 Salzsäure vermischt) ausgekocht und mit Kalk ge-
fällt werden; dadurch wird der mit Alkohol zu behandelnde Niederschlag
vermindert, weil der salzsaure Kalk in der Flüssigkeit gelöst bleibt. • —
1182
Organische Basen.
Oder mau behandelt graue China 3mal mit Wasser* dem %0 Salzsäure von
1*1& spec. Gew. zugesetzt wurde* wie eben angegeben ., in steinernen
öder gläsernen Gefäfsen (wobei die Flüssigkeit nur einige Stunden fast bis
zum Siedpunkt erhitzt wird)* und verfährt mit Kalkhydrat u. s. w. wie
angegeben wurde* oder setzt den. Auszügen y20 der angewendeten China
schwefelsaure Magnesia (Bittersalz) zu, und versetzt sie, so lange ein
Niederschlag entsteht* mit verdünntem wässerigen Aetzkali. Der Nieder-
schlag wird wie oben angegeben behandelt* und überhaupt mit der Flüs-
sigkeit u. s. w. auf ähnliche Art verfahren. Auch Hermann behandelt die
China mit Salzsäure und Wasser auf die angeführte Art und verdampft die
saure Flüssigkeit bis zu einem spec. Gewicht von 1,1091. Wittstock ver-
setzt die Colatur vor dem Verdampfen mit etwas Kali (auf 6 Theile an-
gewendeter Salzsäure 2 Theile), um die Säure zum Theil abzustumpfen*
und verdampft bis auf 2 Theile Flüssigkeit von 1 Theil angewendeter China;
dann wird filtrirt* wo viel unlöslich gewordenes Chiuaroth u. s. w. zu-
rückbleibt* und wie oben angegeben mit Kalk* Alkohol u. s. w. verfahren.
(Aehniich verfahren sie auch beim Ausziehen des Chinins.) Zur Reinigung
des Cinchonins (und Chinins) versetzt Hermann den sauren bis auf 1*1091
verdampften Auszug mit Zinnsolutiou* bis er eine helle weingelbe Farbe
angenommen hat, dann wird so lange Schwefelkalilösung zugesetzt, bis
alles Zinn ausgeschieden ist. Der Auszug ist nach einigen Tagen fast
wasserhell (hiebei ist aber ein IJeberschufs von Schwefelleberlösung zu
vermeiden* weil sonst ein Theil oder alles Chinaalkali mit gefällt werden
kann). Aus dem Filtrat schlägt derselbe das Cinchonin (und Chinin) mit
Aetzkali nieder* und behandelt den wohlgewaschenen Niederschlag mit
Alkohol u. s. w. — Ferner* man verfahre mit China* Schwefelsäure und
Wasser wie angegeben; löse in dem klaren Auszug l/l% der angcwendefcen
China Alaun* versetze denselben mit % so viel als China genommen wurde*
einfach kohlensaurem Kali in seinem öfachen Gewichte Wasser gelöst* oder
setze überhaupt so lange Kalilösung zu* als ein Niederschlag entsteht. Der
ausgewaschene Niederschlag wird weiter wie oben behandelt. Wird von
Stratingh als sehr vorteilhaft geschildert; die Behandlung mit Salzsäure
u, s. w. möchte aber doch zweckmäfsiger seyn* und die vorteilhafteste
ist doch wohl die zuerst angegebene Methode. — Auch aus ausgekochter
Chiua läfst sich noch Cinchonin erhalten* wenn dieselbe, mit verdünnter
Schwefelsäure angefeuchtet* mit warmem Wasser* dem l/200 Schwefelsäure
oder Salzsäure zugesetzt wurde* in der Realschen Presse ausgezogen
wird* so lange das Durchlaufende bitter schmeckt. Oder wenn dieselbe
mit schwach mit Schwefelsäure oder Salzsäure vermischtem Wasser dige-
rirt wird. Den Auszug behandelt man auf die angegebene Art.
Erklärung: Wie bei Chinin. Das Cinchonin ist aber etwas schwieri-
ger ausziehbar* daher mehr Hitze angewendet werden mufs. Auch ist es
in kaltem Weingeist schwieriger löslich* deshalb kocht man es mit star-
kem* und da es leicht kristaiiisirt* so erhält man es leichter rein und frei
von Chinin.
§. 222. Die Eigenschaßen des Cinchonins sind : Es kri-
staiiisirt in ansehnlichen , wasserheil durchsichtigen, glanzen-
den, vierseitigen Prismen, oder feinen weifsen Nadeln, von
stark lichtbrechender Kraft; ist geruchlos, fast geschmacklos,
erst später entwickelt sich ein schwacher bitterer China-
geschmack (Unterschied von Chinin) ; luftbeständig, schmilzt etwas
schwieriger als Chinin, verliert in der Wärme kein Wasser,
und sublimirt bei vorsichtigem Erhitzen fast vollständig in
weifsen Nebeln, die sich an kalte Orte in sehr lockern Flocken,
oder in glänzenden Nadeln, der Benzoesäure ähnlich* anlegen,
linier aromatischem Geruch (Unterschied von Chinin). Reicht wird
Cinehonia.
um
es aber hiebei und in stärkerer Hitze zum The!) unter ähnlichen Erschei-
nungen und Produkten wie Chinin zerlegt. An der Luft erhitzt verbrennt
es auch mit heller Flamme, und die rüekbleibende Kohle verglimmt Lang-
sam beim Glühen, ohne Rückstand zu lassen. — Es ist in kaltem
Wasser kaum, und nur in 2500 Theilen kochendem löslich.
Die kalte wässerige Lösung wird nur von Galiustinktur etwas
getrübt, die übrigen bei wässeriger Chininlösung angeführten
Reagentien wirken nicht darauf. Coneentrirte Salpetersäure
und Schwefelsäure wirken nicht lösend oder verändernd in
der Kälte darauf, in der Hitze färbt es letztere braunroth,
dann schwarz. Auch in kaltem, etwas wasserhaltendem Wein-
geist ist es schwer löslich, leichter in heifsem, noch leichter
in absolutem Weingeist. Die Lösung schmeckt bitter nach
China, und reagirt alkalisch 5 aus der heifsen coocenfrirten
Lösung kristaiüsirt beim Erkalten ein grofser Theil mit Leich-
tigkeit heraus (Unterschied von Chinin). Das mit färbenden Theilen und
Chinin vermengte Cinchonin ist auch iu wässerigem Weingeist leicht löslich.
In reinem Aether ist es unlöslich (Unterschied von Chinin).
§. 228. Säuren neutralisirt das Cinchonin auch vollstän-
dig, und bildet mit ihnen die Cinchoninsalze. Diese sind
ebenfalls meistens kristallisirbär, in der Regel leichter löslich
in Wasser und Weingeist als die analogen Chininsalze: un-
löslich in Aether; schmecken sehr bitter, wie China. lod-
tinktur bewirkt in der wässerigen Lösung braune Trübung,
Quecksilber- und Silber-Solution fällen sie nicht, Gofdaußö-
sung und Platinauflösung fällen sie gelb, die violette Lösung
vom mineralischen Chamäleon färbt sie grün, Huflos; anor-
ganische Alkalien und Galiustinktur lallen sie reichlich weifs.
— Daher darf kein Cinchoainsalz mit diesen Substanzen gegeben werden.
Salz saures Cinchonin , basisches. Formel: sei, Ci2 m2. Kri-
stallisirt in ansehnlichen, durchsichtigen , seidengfänzenden,
plattgedrückten , geschoben vierseitigen Säulen mit 8 — 4 Flä-
chen zugeschärft, oder in ästig auseinauderlaufenden weifsen,
glänzenden Nadeln. Ist leicht löslich in Wasser und Wein-
geist. Sublimatlösung fällt die wässerige Lüsting stark in
weifsen käsigen Flocken, als ein Doppeisalz. Platinchlorid
giebt mit salzsaurem Cinchonin ein gelbes kristallinisches Dop-
pelsalz, welches nach Duflos 27,3 p. c. Platin enthält.
lodwasserstoff saures Cinchonin > basisches. Formel: sei,
i2H2,2aq ( Regnauit ). Durchsichtige, perlmutterglänzende Na-
deln, in heifsem Wasser leicht löslich und daraus kristalli-
sirbar.
Chlorsaures Cinchonin kristaiüsirt in schönen glänzendweifsen, volu-
minösen , büschelförmig-vereinten Nadeln. Verhält sich sonst dem ehlor-
sauren Chinin ähnlich.
lodsaures Cinchonin. Formel: 2Ci, I2 Gs , Ü20. Bildet sehr feine,
büschelförmig-vereinigte, weifte, asbestglän^ende Prismen. Verhalt sich
sonst wie iodsaures Chinin.
U84t
Organische Basen.
Schwefelsaures Cinchonin , basisches. Formel: 2Ci,SOs,8a q
naulf). Dessen Bereitung kommt zum Theil bei der Darstellung des Cin-
chonins vor. Man versetzt nämlich sämmtliches , durch Alkohol erhaltene
unreine Cinchonin mit verdünnter Schwefelsäure * wie dort angegeben
'wurde, und vermeidet vorzüglich einen Ueberschufs derselben ; kristallisirt
und reinigt es wie dort erwähnt. Oder man löst reines Cinchonin unmit-
telbar in verdünnter Schwefelsäure bis zur völligen Neutralität auf, und
kristallisirt das Salz durch Verdampfen. — Dasselbe kristallisirt in weifsen,
perlmutterglänzenden, kurzen, rhomboidischen Säulen, öfter auch in un-
regelmäfsigen, weifsen, glänzenden Blättern; ist luftbeständig, schmeckt
bitter, wie graue oder braune China, jedoch stärker. Schmilzt etwas über
der Kochhitze des Wassers, und wird in höherer Temperatur zerstört.
Verbrennt, an der Luft entzündet, mit heller Flamme, ohne Rückstand
zu lassen. Ist ziemlich löslich in Wasser, erfordert bei gewöhnlicher
Temperatur 54 Theile; leicht löslich in Weingeist, erfordert bei gewöhn-
licher Temperatur 6% Theile von 0,85 spec. Gewicht und 11% Theile ab-
soluten. Unlöslich m Aether. — Mit mehr Schwefelsäure entsteht einfach
saures Salz. Dieses kristallisirt in farblosdurchsichtigen, rhomboidischen
Octaedern , und besteht aus 1 At. Cinchonin, 1 At. Schwefelsäure und
4 At. Kristal lisationswasser. An trockener Luft verwittert es ; ist sehr
leichtlöslich, bedarf bei gewöhnlicher Temperatur nur die Hälfte Wasser
und kaum sein gleiches Gewicht Alkohol zur Lösung. Concentrirte freie
Schwefelsäure zerstört auch leicht das Cinchonio in der Wärme, indem
sie es braunroth färbt, dann verkohlt; daher bei Bereitung dieses Salzes
und des Cinchonins ebenfalls nie viel Schwefelsäure vorherrschen darf,
weil diese beim Abdampfen leicht eine braunrothe Färbung bewirkt.
■+■
Salpetersaures Cinchonin ist nach der Formel 2Ci,NaOs,8aq ( Reg -
nault ) zusammengesetzt.
Phosphorsaures Cinchonin kristallisirt schwierig; bildet beim Ver-
dampfen nur eine undurchsichtige Masse, welche in Berührung mit kaltem
Wasser nach einigen Tagen eine kristallinische Textur an nimmt. Ist leicht
in Wasser löslich.
Kleesaures Cinchonin verhält sich wie kleesaures Chinin.
Weinsteinsaures Cinchonin eben so.
Chinasaures Cinchonin , wird wie chinasaures Chinin erhalten. Es
kristallisirt in seidenglänzenden Nadeln, die strahlenförmige Häufchen bil-
den, das etwas unreine kristallisirt schwierig in undeutlichen Körnern;
schmeckt bitter und zugleich herb chinaartig; ist sehr leichtlöslich in Was-
ser, etwas weniger löslich in Weingeist. — Wird von Henry und Plisson
als Arzneimittel vorgeschlagen.
Essigsaures Cinchonin reagirt gelöst immer sauer, und bildet beim
gelinden Verdunsten, wobei es neutral wird , nur eine kristallinisch kör-
nige und blätterig glänzende Masse. Wird durch Wasser partiell in saures
und basisches Salz zerlegt.
Gallussaures Cinchonin ist dem gallussauren Chinin sehr ähnlich.
Die Reinheit des Cinchonins und seiner Salze erhellt aus den ange-
führten Eigenschaften. Dasselbe mufs, so wie die angeführten Salze, leicht
schmelzen, und sich beim Erhitzen an der Luft flammend entzünden, und,
ohne einen Rückstand zu lassen, vollständig Verbrennen. Die weitere Prü-
fung geschieht wie bei Chinin.
Jetzt wird vorzüglich auch das schwefelsaure Cinchonin als Arznei-
mittel angewendet, entweder in Pulverform, oder gelöst in Mixturen, Man
vermeide, die oben angeführten Substanzen, welche es zerlegen, beizu-
misclten, Ein empfindliches Reagens auf Chinin- und Cinchonin -Salze ist
Gallustinktur , welche sie aas ihrer Lösung als einen grauiichweifsen Nie-
derschlag fällt ( fjerbestoff haltiges Chinin und Cinchonin }. Daher Gallus-
C h i n o i d i n.
1185
tinktur als ein Prüfungsmitfcel für die Güte der Chinarinden anzuwenden
ist. Die wässerigen Auszüge müssen dadurch reichlich gefällt werden.
Gallussäure fällt die Chinin- und Cinchonin -Salze nicht.
Chinoidin.
So nennt Sertürner ein von ihm 1828 in der rotheu und gelben (Kö-
nigs?-) China entdecktes drittes (?) Alkali. Auch andere Chemiker glaub-
ten schon früher in den braunen Mutterlaugen , woraus durch Kristallisation
weder Chinin noch Cinchonin mehr erhalten werden kann, ein eigenthüm-
liches Alkali zu erkennen. So beschrieb schon 1823 Thiel ein solches im
Magazin für Pharmacie Bd. 2. S. 83, welches er aus brauner China erhielt
als eine gelbe harzähnliche, sehr bittere, alkalische Substanz, welche mit
Säuren unkristallisirbare gefärbte Salze liefert, die durch ThierkolUe nicht
entfärbt werden konnten. Auch Bucholt , Sohn} bemerkte alkalische Eigen-
schaften an der braunen harzähnlichen Substanz aus brauner China ( Tromms -
dorffs n. Journ. der Pharmac. Bd. 6. St. 2. S. 94 ff.). Felletier und Caventou
beobachteten auch abweichende Eigenschaften an dem aus rother China er-
haltenen Chinin; und Grüner will in China flava und China nova (?, wahr-
scheinlich auch eine Art Ch. flava I) 2 neue Alkalien gefunden haben , wel-
che sich nach seinen Angaben durch beträchtliche Sättigungscapacität aus-
zeichnen ( Brandes Archiv Bd. 12. S. 156). Diese Angaben vermehrten
die Wahrscheinlichkeit der Existenz von mehr als 2 Alkalien in den China-
arten. Indessen gelang es Geiger bereits 1824 das Thiel’ sehe Alkali durch
Behandeln der schwefelsauren Lösung mit Bleizucker im Ueberschufs, Di-
geriren, Filtriren, Behandeln des Filtrats mit Hydrethionsäure, wieder
Digeriren und Filtriren und Digeriren des Filtrats mit Thierkohle, oder ge-
radezu Versetzen der schwefelsaureu Lösung mit überschüssigem Bleizucker,
Digeriren, Filtriren und Behandeln des Filtrats mit Thierkohle, welche
neben Farbstoff auch alles Blei fällte, dann Fällen des Filtrats mit Aetz-
ammoniak, Kali oder Natron, und Behandeln des Niederschlags mit Aether;
ferner Behandeln des bleihaltigen Niederschlags mit Alkohol, Verdampfen
des Auszugs und Behandeln des Rückstandes mit Aether, in Chinin, Cin-
chonin und zweierlei Harze, ein gelbes, in Aether lösliches, und ein
braunes, in Aether unlösliches zu zerlegen. (Vergl. Magaz. für Pharmac.
Bd. 7. $. 44.) In neuerer Zeit haben auch Henry und Delondre , so wie
Guihnurt , das Sertürner’ sehe Chinoidin in Cinchonin, Chinin und ein gel-
bes Harz zerlegt (Journ. de pharmac., Mars 1830. p. 144. und Journ. de
chim. medicale, Juin 1830. p. 353). — Obgleich nun diese Versuche die
Wahrscheinlichkeit des Daseyns von einem dritten Alkali in den China-
rinden sehr vermindern, so ist dessen Existenz damit doch nicht ganz wi-
derlegt, da die Versuche nicht quantitativ angestellt wurden und das dritte
Alkali vielleicht der Beobachtung entging oder sich mit den beiden andern
verband. Wenigstens ist die starke Sättigungscapacität des aus den Mut-
terlaugen erhaltenen gefärbten sogenannten Chinoidins (s. u.) bemerkens-
wert , und erst weitere Versuche müssen über dessen Existenz oder
Nichtexistenz entscheiden. — Da das sogenannte Chinoidin auch als Arz-
neimittel gebraucht wird, so theiäen wir hier dessen Bereitungsart mit.
Sertürner giebt dazu folgende Vorschrift: 20 Pfund gepulverte gelbe
(Königs?-) China rühre man mit Wasser zu dünnem Brei an, setze so
viel Aetzkalilauge zu , dafs die Flüssigkeit schwach alkalisch reagirt, koche
*/4 Stunde, presse nach dem Erkalten und wasche das Pulver mit kaltem'
Wasser; wiederhole diese Operation nochmals, um die färbenden Theile
möglichst zu entfernen, koche die so behandelte Rinde mit dem Ififachen
Gewicht Wasser, dem so viel Schwefelsäure zugesefczt wird, dafs die
Flüssigkeit sauer reagirt, kolire und presse schnell aus, und wiederhole
diese Operation 2mal. Sämmtliche vereinigte Auszüge erwärme man und
versetze sie so lange mit Kreide, als Brausen erfolgt, gebe noch etwa %<>
der verwendeten Kreide mehr hinzu, versetze sie mit aus Eisenvitriol
1186
Organische Basen.
mittelst Aetzkali frischgefälltem Eisenoxidul, etwa % Unze in ilreiform
auf 1 Pfund China, lasse ablagern und filirire; versetze das Filtrat mit
geschlagenem Eiweifs aus 30—40 Eiern, erhitze zum Sieden und filirire
nach dem Erkalten. Ist die Flüssigkeit nicht klar, so nmfs sie nochmals
mit etwas Eiweifs aufgekocht werden. Dann fällt man die helle Flüssig-
keit mit Aetzkali, wäscht den Niederschlag mit kaltem Wasser wohl aus,
löst ihn noch feucht in mit 5 Theilen Wasser verdünnter Schwefelsäure
auf, so dafs diese nur wenig vorherrscht, filtrirt vom Gyps ab, neutrali-
sirt mit Kreide, nach einigen Tagen kristallisirfc schwefelsaures Chinin her-
aus, giefst hierauf die Mutterlauge ab, wäscht das Chininsalz einigemal
mit wenig destiliirtem Wasser, welches nur das leichtlösliche schwefel-
saure Ciiinoidin (?) aufnimnit, fällt die Lösung mit Aetzkali, trocknet den
Niederschlag an der Luft (nicht in der Wärme), löst ihn in Alkohol auf,
lim färbende Theile u. s. w. zu entfernen , neutralisirt die Lösung mit Es-
sigsäure, versetzt sie mit einigen Pfunden destiliirtem Wasser, zieht den
Weingeist vollständig ab, filtrirt nach einiger Zeit kalt, verdünnt mit viel
W asser und fällt wieder mit Aetzkali. — Bei Bereitung des Chinins und
Cinchonins, so wie deren Salze, besonders bei Bereitung des schwefel-
sauren Chinins, erhält mau zuletzt immer mehr oder weniger gefärbte,
unkristallisirbare Mutterlauge. Diese wird entweder blos verdampft und
als sogenanntes Chinoidiu in den Handel gebracht; besser und allein zu-
lässig ist es aber, das Ciiinoidin daraus mittelst Alkalien zu fällen, und
den Niederschlag so viel als möglich zu reinigen. — Koch verdünnt die
Mutterlauge, woraus schwefelsaures Chinin herauskristallisirt ist, mit Was-
ser, bis keine Trübung mehr entsteht (es fällt viel dunkelbraune harzige
Masse heraus), schlägt das Chinoidin mit einem Alkali nieder, wäscht den
Niederschlag mit Wasser, löst ihn in der geringsten Menge Weingeist,
wo unreines Cinchonin zurückbleibt, filtrirt, zieht den Weingeist vom
klarer* Filtrat ab und trocknet die rückständige Masse im Wasserbad, bis
sie keine Feuchtigkeit mehr verliert, und beim Erkalten leicht zerreiblicli
ist. — Die Eigenschaften der so erhaltenen Substanz sind : Es ist eine
braune harzglänzende, in dünnen Lameiien durchscheinende, dem Colo-
phooium ähnliche, trockene, spröde Masse, die ein schmutzig gelbbraunes
Pulver giebt; nach Sertürner ist sie gelblich durchscheinend. Beim Fällen
erscheint sie in weifsen Flocken, die gerne zusammenkleben; geruchlos,
schmeckt sehr bitter, wie Chinin; leicht schmelzbar in der Hitze, nicht
flüchtig; verbrennt, an der Luft erhitzt, ohne Rückstand zu lassen» In
kaltem Wasser ist es fast unlöslich, in heifsem schmilzt es zu balsamarti-
gen Tropfen, löst sich etwas mehr, die Lösung schmeckt bitter, reagirt
alkalisch und zeigt überhaupt ganz gleiche Reactioneu wie die wässerige
Lösung des Chinins. In Wreingeist ist es sehr leicht löslich, Aether trübt
die alkoholische Lösung weifsiieh und scheidet sclnvarzbrauue Flocken
aus. In Aether ist es nur theiiweise löslich, die Lösung ist gelblich (vergi.
die Reinigung des Thiel’ sehen Produkts). — Säuren neutralisirt es voll-
ständig und bildet damit unkristallisirbare braune, klebende, extractartige,
sehr bitter schmeckende, in Wasser und Weingeist leichtlösliche Verbin-
dungen. Nach Koch sättigen 128 Theile scharf getrocknetes Chinoidin 20
Theile eoncentrirte Schwefelsäure, und von durch Ausziehen mit Aether
erhaltenem erforderten 20 Theile Schwefelsäure nur 120 Theile. Die Sät-
tigimgscapacität des Chinoidins überträfe demnach die des Cinchonins.
Auch Sertürner behauptet, dafs sein Chinoidin eine wreit gröfsere Sätti-
gungscapacität besitze als Chinin und Cinchonin (?). Doch müssen dieses
erst genauere Versuche entscheiden. — In jedem Fall ist das auf diese Art
(und wohl auch das nach Sertürner ) bereitete Präparat kein reines Pro-
dukt, und enthält immer noch Chinin, Cinchonin und Harz, oder besteht
ganz daraus? worüber nur fortgesetzte Versuche entscheiden können. —
Die Prüfung dieser Substanz ist darum auch schwierig. Das ziemlich hell-
braune glänzende Ansehen , der starke und rein bittere Geschmack , die
Luftbeständigkeit, vollkommenes Verbrennen ohne Rückstand beim Er-
hitzen, die Unlöslichkeit in kaltem Wasser, leichte und vollständige Lös-
Arie in, Pi fc 07 in.
1187
lichkeit in Weingeist und wässerigen Säuren, und die beträchtliche Säfcfci—
gungscapacität zeugen für dessen Güte! Schwarzbraunes, klebriges Chi-
noidin, das theilweise in Wasser löslich ist, einen fremdartigen Geschmack
besitzt und beim Verbrennen Asche hinterläfst, ist zu verwerfen. — Man
wendet das Chiuoidin jetzo ziemlich häufig, so wie Chinin, an und wie-
derholte ärztliche Beobachtungen bestätigten dessen Wirksamkeit als Fieber-
vertreibeudes Mittel. Es soll dem schwefelsauren Chinin nicht nachstehen.
Ja Sertürner behauptet, das nach seiner Methode dargestellte wirke noch
30mal kräftiger als Chinin!? Er nennt es einen wahren Fiebertödter {des-
sen Zeitschrift über die neuesten Entdeckungen io der Physik, Chemie,
Heilkunde u. s. w. Bd. 3. Hft. 2. S. 369). Indessen sind Versuche mit
einem so zusammengesetzten uusichern Mittel, bevor die Chemie über
dessen Eigenthümlichkeit entschieden hat, nur mit Einschränkung zu ge-
statten.
Aricin, Cmco-Cinchonin.
Von Pelletier und Coriol 1838 in der Cusco-China, Aricarinde (Ma~
gaz. für Pharmac. Bd. 39. S. 361. u. Bd. 30. 8. 177} gefunden. — Wird
ganz auf gleiche Weise wie Cinchonin aus dieser Rinde erhalten. — Die
Eigenschaften des Aricins sind denen des Cinchonius zum Theil sehr ähn-
lich. Es kristallisirt wie dieses in weifsen durchscheinenden glänzenden
Nadeln , ist anfangs geschmacklos , später entwickelt sich aber ein bitterer
und zugleich erwärmend herber Geschmack; luftbeständig, leicht schmolz-
bar, nicht flüchtig; wird durch Hitze zerstört (Unterschied von Cinchonin).
— ■ Pelletier nimmt an, gestützt auf seine Analyse des Aricins (S. 1163),
dafs Kohlenstoff, Wasserstoff und Stickstoff in allen 3 China- Alkalien
gleich sey und sie nur durch den Sauerstoffgehalt unterschieden sejren.
In Cinchonin ist 1 At. , in Chinin 3 und in Aricin 3 At. Sauerstoff. Also
wären alle 3 nur verschiedene Oxide eines und desselben stickstoffhaltigen
Radikals!? (Vergl. Annalen der Pharmacie ifüd. 6. S. 33.) — In Wasser
ist Aricin unlöslich, aber leichter löslich in Weingeist als Cinchonin, und
auch in Aether löslich (Unterschied von Cinchonin). Concentrirte Salpe-
tersäure färbt Aricin dunkelgrün (reines Chinin und Cinchonin verbinden
sich damit ohne Färbung), auch wenig verdünnte Salpetersäure färbt es
noch grün, sehr verdünnte Salpetersäure löst es ohne Färbung auf. (Der
wässerige Auszug der Aricarinde wird von Salpetersäure schwärzlich ge-
färbt.) — Die Aricinsalze schmecken sehr bitter, sind in der Regel leicht-
löslich in Wasser und Weingeist, aber unlöslich in Aether. Neutrales
(vielmehr basisches } schwefelsaures Aricin bildet beim Verdampfen seiner
wässerigen Lösung und Austrocknen eine hornartig durchscheinende Masse,
olAe Kristalle; die concentrirte wässerige Lösung erstarrt beim Erkalten
zu einer weifslichen zitternden Gallerte. Sn kochendem Weingeist gelöst
kristallisirt es aber beim Erkalten in seideaglänzeaden Nadeln , dem schwe-
felsauren -Chinin sehr ähnlich. Das saure ( einfach -) schwefelsaure Aricin
kristallisirt aber in glänzenden Nadeln. — Ueber die Wirkung des Aricins
ist nichts bekannt. Wahrscheinlich wirkt es auch fieberwidrig ! — Das
kristallisirte schwefelsaure Aricin kann mit schwefelsaurem Chinin ver-
wechselt werden. Die eigentümliche Reaction der Salpetersäure auf erste-
res lassen beide leicht unterscheiden.
Pitoyin .
Nach Peretti in der China Pitoga enthalten. Das wässerige Extracfc
der Rinde wird mit Alkohol ausgezogen, der Alkohol abdestUlirt, der
Rückstand in Wasser gelost, mit Ammoniak gefällt, der Niederschlag mit
Aether behandelt, welcher gerbsaures Pitoyin löst. Aus dem Rückstand
zieht Wasser reines Pitoyin aus. Für sich schmeckt es nicht bitter, son-
dern nur in Verbindung mit Säuren. Es schmilzt etwas über 100° und
läfsfc sich zum Theil unverändert in feinen Nadeln sublimirt erhalten. Das
1188
Organische Basen.
schwefelsaure Salz kristallisirt in fächerförmig-gruppirten Prismen , wel-
che 4 p. c. Säure und 96 p. c. Basis enthalten. Bas essigsaure Salz kri-
stallisirt nicht.
In der Carthagena-China fand Grüner eine Pflauzenbasis , die in fei- -}
nen Nadeln kristallisirbar und geschmacklos ist. Sie löst sich in Alkohol
und Aether, nicht in Wasser. Mit Schwefelsäure giebt sie ein in viersei- •
tigen Nadeln kristallisirendes Salz von bitterin Geschmack nach Aloe.
100 Th. dieser Basis neutraüsiren 14,69 Schwefelsäure. Nach Andern
besitzt diese Basis die chemischen, aber nicht die medicinischen Eigen-
schaften des Chinins.
Eine andere Pflanzenbasis fand Grüner in der China nova , von wel-
cher 100 Theile 12,3 Schwefelsäure zu ihrer Sättigung bedürfen.
Nach Milt enthält die von Mutis mit China blanca benannte Rinde , die
von Cincliona ovifolia oder macrocarpa stammt, eine von ihm mit Blatt -
ehinin bezeicbnete organische Basis.
d) ln den Papaveraceen verkommende Basen ,
Morphin ( Morphium ).
Die Entdeckung des Morphins s. o. S. 1159. Dasselbe kannte man
Im unreinen Zustande als Magisterium Opii bereits im 17ten Jahrhundert.
— Es findet sich im Opium und dem Milchsaft des bei uns wachsenden
Mohns (Papaver somniferum, orientale, wahrscheinlich auch in andern Pa-
paverarten).
§. 224. Man erhält das Morphin auf sehr verschiedene
Weise aus dem Opium. Die einfachste Art ist, das Opium
zunächst mit reinem hallen Wasser zu behandeln. Nach Merck
wird in kleine Stöcke geschnittenes Opium wiederholt ( 4-mal)
mit kaltem Wasser ausgezogen, bis es erschöpft ist. Sämmt-
liche Auszüge verdampft man in gelinder Wärme bis zur
starken Syrupdicke, versetzt die Flüssigkeit noch warm mit
einem bedeutenden IJeberschufs von gepulvertem kohlensauren
Natron, so lange noch Ammoniakentwickelung erfolgt, und
läfst erkalten 5 sammelt nach 24 Stunden den Niederschlag,
wäscht ihn so lange mit kallem Wasser, als dieses stark ge-
färbt wird; trocknet ihn und behandelt den trockenen zerrie-
benen Niederschlag kalt mit Weingeist von 0,85 spec. Gew.,
trocknet ihn wieder und behandelt ihn jetzt kalt mit sehr
verdünnter Essigsäure, so lange diese etwas aufnimmt, mit |
der Vorsicht jedoch, immer nur wenig neue Säure zuzusetzen
und jedesmal abzuwarten, bis die Flüssigkeit neutralisirt ist,
ehe man wieder zusetzt, so dafs sie auch zuletzt nur sehr
schwach sauer reagirt, filtrirt dann durch ein Kohlenfilter und
schlägt aus dem wasserheilen Filtrat das Morphin mit Ammo-
niak nieder (webei ein IJeberschufs zu vermeiden ist), löst den ge-
waschenen Niederschlag in heifsem Weingeist auf und läfst
erkalten, wo Morphin herauskristallisirt ; durch Verdampfen
der geistigen Lösung erhält man den liest. — Nach Mohr
wird das rohe, zerschnittene Opium mit der dreifachen Menge
Wasser macerirt und jedesmal scharf ausgeprefst; drei bis
Morphin.
1189
vier Auszüge sind genügend. Man giefst diese in einen Kalk-
brei, der an Kalk ungefähr ein V4 — *6 des Opiums enthält,
und kocht die Mischung während einigen Minuten. Wird der
Kalkbrei in die Auszüge gegossen, so "setzt sich an den Wän-
den eine zusammenbackende Masse an, welche sich schwierig
löst. Das Morphin wird nämlich von dem Kalke zuerst ge-
fällt, ehe es sich im Uebersehufs löst. Die Farbstofle werden
zum gröfsten Theil, das Narcotin vollständig durch den Kalk
gefällt Man giefst die dunkel weingelb gefärbte Flüssigkeit
durch Leinen, wäscht den Rückstand mit kochendem Wasser
und prefst ihn aus. Die Flüssigkeit wird eingedampft, bis sie
nicht mehr als das doppelte Gewicht des angewandten Opiums
beträgt, durch Papier filtrirt, zum Kochen erhitzt und derselben
für jedes Pfund Opium eine Unze Salmiakpulver zugesetzt.
Ist die Flüssigkeit sehr concentrirt, so entsteht sogleich eine Fällung, ist
sie weniger concentrirt, so kristalüsirt das Morphin gewöhnlich erst nach
einiger Zeit, beim ersten Schütteln oder Umrühren aber dann fast auf ein-
mal, und füllt die Hälfte der Flüssigkeit als feine Kristallnadeln. Durch
Lösen in Salzsäure, Kochen mit Kalkmilch und nochmaliges Niederschla-
gen mit Ammoniak wird es rein erhalten. — Im Kleinen, und um das
Opium auf Morphingchalt zu prüfen, kann man nach Merck etwa % Unze
zerschnittenes Opium mit 8 Unzen gewöhnlichem Branntwein auskochen,
filtriren und den Rückstand noch einmal mit 4 Unzen Branntwein aus-
kochen, sämmtliche filtrirte Auszüge, denen man 2 Drachmen kohlen-
saures Natron zugesetzt hat, zur Trockne verdunsten, die braune Masse
mit kaltem Wasser aufweichen, in einem schmalen Cylinderglas decanti-
ren, den Rückstand nochmals mit etwas Wasser waschen, dann mit 1 Unze
kaltem Weingeist von 0,85 spec. Gew. eine Stunde in Berührung lassen,
alles auf ein Filter bringen, noch mit Weingeist waschen, den Nieder-
schlag trocknen, in einem Gemische von . J/2 Unze destillirtem Essig und
eben so viel Wasser auflösen , durch das nämliche Filter filtriren und nochr
mals mit % Unze von derselben sauren Mischung nachwaschen, dann das
Filtrat in einem Cylinderglas mit Ammoniak in geringem Uebersehufs ver-
setzen und hiebei die Wände des Gefäfses mit einem Glasstab stark reiben,
wo Morphin niederfällt, das man nach 12 Stunden sammelt, trocknet und
wiegt. Von gutem Opium mufs man auf diese Art 30 bis 40 Gran reines
Morphin erhalten. — Duflos zieht Opium mit kaltem Wasser vollständig
aus, versetzt den Auszug mit % gepulvertem doppelt kohlensauren Kali,
filtrirt, erhitzt das Filtrat zum Kochen, so lange noch Kohlensäure ent-
weicht, und läfst langsam erkalten, wo nach 24 Stunden das Morphin
herauskristallisirt ist, das man in sehr verdünnter Schwefelsäure aufiöst.
Der Lösung setzt man so viel Weingeist (etwa das Doppelte) zu, dafs das
Ganze % des angewendeten Opiums beträgt, versetzt es mit so viel Am-
moniak, dafs dieses ein wenig vorherrscht; nach 24 Stunden ist Morphin
herauskristallisirt, das man wieder in Schwefelsäure auflöst und wie vor-
her verfährt. Die geistigen Flüssigkeiten enthalten Narcotin u. s. w. , aber
nur sehr wenig Morphin. — Robiquet digerirt das wässerige Opiumextracfc
mit Magnesia oder fällt rnit Ammoniak. Hottot zieht Opium zu wiederhol-
ten Malen mit kaltem Wasser aus, verdampft die vereinigten Auszüge bis
zu einem spec. Gewicht von 1,104, versetzt die halb erkaltete Flüssigkeit
vorsichtig mit Äetzammoniak, bis sie neutral ist oder nur kaum alkalisch
reagirt, wozu auf 2 Pfund Opium etwa 2 Drachmen erfordert werden,
filtrirt und setzt zu dem Filtrat Ammnniak, so lange ein Niederschlag ent-
steht. — Anichini’s Methode ist fast dieselbe. — Girardin behandelt das
unreine Morphin mit verdünnter Schwefelsäure, zerlegt das Filtrat mit
Ammoniak und zieht aus dem Niederschlag das Narcotin mit Aether aus.
Bei allen diesen Methoden mufs ein Uebersehufs an Ammoniak vermieden
1190
Organische Basen.
werden , sonst löst sieh ein Theil Morphin wieder auf. Zu der von Hottot
vorgeschriebenen Menge Opium bedarf man ungefähr 17 Drachmen. — Auch
kann man Opium anstatt mit Wasser mit verdünnten »Säuren ausziehen,
mit Ammoniak fällen , und das unreine Morphin wie angeführt reiqigen.
Man zieht es entweder mit verdünnter Essigsäure aus, verdampft die essig-
saure Auflösung zu wiederholten Malen vorsichtig zur Trockne und löst'
sie wieder in Wasser, bis die Flüssigkeit sehr wenig sauer mehr reagirt
(hierdurch wird Narcotin und Extractivstoff abgeschieden), schlägt das
Morphin mit Ammoniak nieder und verfährt wie Vorher; oder man löst das}
mit Wasser und Weingeist gewaschene Morphin in absolutem Alkohol (auch
90- bis 96*procentiger ist hinreichend stark), kocht und filtrirt heifs; das
Filtrat überläfst man der freiwilligen Verdunstung. Das niedergefallene!
und herauskristallisirte Morphin wird durch wiederholtes Lösen in starkem'
Alkohol und Krisfcallisiren gereinigt. Winckler behandelt das unreine Mor- j
phin mit dem Sfachen Gewicht Schwefelätherweingeist kalt, um Narcotin f
und färbende Theile zu entfernen , wäscht das Ungelöste mit wenig kaltem
Weingeist, löst es in 36 Theilen kochendem von 0,823 spec. Gew., filtrirt
und läfst erkalten. — Wittstock zieht Opium wiederholt mit salzsäure-
haltigem Wasser aus, setzt zu dem Auszug Zinnsolution, um färbende'
Theile zu entfernen , schlägt das Morphin mit Ammoniak nieder und reinigt
es durch Wiederauflösen in Salzsäure und Kristallisiren, von Narcotin u.
e. w. durch Auspressen, Lösen des kristallisirten Salzes in Wasser, Zer-I
legen mit Ammoniak, Lösen in Weingeist und Kristallisiren {Schubart’ s
Lehrbuch der theoretischen Chemie, 3te Auflage). Henry und Plisson
verfahren anfangs wie Wittstock. Sie zerlegen dann die unreine saure
Flüssigkeit mit überschüssigem Ammoniak oder Aetznatron, versetzen die
Mutterlauge und Abwaschwasser wieder mit wenig Salzsäure, verdampfen, >
fällen wie vorher mit Ammoniak orler Natron, und behandeln sämmtlichen
mit kaltem Wasser gewaschenen Niederschlag wiederholt mit kleinen Men-
gen sehr verdünnter Salzsäure, so lange diese neutralisirt wird; ver-l
dampfen, lassen kristallisiren, reinigen es mit Thierkohle und verfahren
weiter wie wittstock. — Auch zieht man das Opium mit salz-
haltigem Wasser aus. Nach Robinet macerirt man Opium zu wieder- '
holten Malen mit der sechsfachen Menge einer Kochsalzlösung yon 1,1155
spec. Gew., bis es erschöpft ist. Der Auszug wird verdampft, wo sich
das unreine Morphinsalz als eine braune harzige Masse auf der Oberfläche j
ausscheidet, welche man in Alkohol löst und kristallisiren läfst; was nach
Merck etwas schwierig geschieht und nur durch Behandeln der extract-
artigen Masse mit wenig Alkohol, Waschen der jetzt in eine kristallinische
Substanz verwandelten und durch wiederholtes Lösen derselben in Wasser |
und Kristallisiren erreicht wird. Diese Kristalle sind salzsaures Morphin
CRobinet’s vermeintliches codesaures Morphin gleichzeitig bildet sich
mecousaures Natron, was nach Robinet zuletzt aus dem geistigen Auszug
erhalten wird, nach Merck aber gröfstentheils in dem ungelösten Opium-
Rückstand enthalten ist. Das salzsaure Morphin wird nun mit Alkalien zerlegt
und durch Lösen in Alkohol und Kristallisiren gereinigt. — Die neueste preufs.
Pbarmacopöe läfst nach Wittstock’s späterem Verfahren den salzsäure-
haltigen Auszug mit Kochsalz versetzen, die klare Flüssigkeit mit Ammo-
niak fällen, und den Niederschlag durch wiederholtes Lösen in Alkohol,
Kristallisiren, Binden an Salzsäure, Kristallisiren des Salzes, Zerlegen
des salzsauren Morphins mit Ammoniak und Kristallisiren reinigen. 4 Theile
Opium werden mit 32 Th. Wasser und 1 Th. Salzsäure warm extrahirt
und diese Operation noch dreimal wiederholt. Die Auszüge versetzt man
mit 16 Th. Kochsalz, löst es unter fleifsigem Umrühren auf und läfst ab-
lagern. Die klare Flüssigkeit versetzt man mit Aetzanimouiak, so lange
ein Niederschlag entsteht, läfst 2 Tage ablagern, löst den mit kaltem
Wasser gewaschenen Niederschlag in 3 Theilen heifsem Alkohol ( Lever -
köhn findet es vorteilhaft, diesen unreinen Niederschlag mit Weingeist
von 0,895 zu digerircn) und behandelt das Ungelöste so lange mit neuen
Mengen Alkohol, als dieser etwas lost. Durch Abdestilliren und Erkalten
Morph i n.
1191
kristallisirt Morphin (und Narcotin) heraus , welches mit kaltem Weingeist
gewaschen und wieder in hinreichend mit 4 Theilen Wasser verdünnter
Salzsäure aufgelöst wird. Nach dem Erkalten kristallisirt salzsaures Mor-
phin heraus, welches durch Pressen zwischen Leinwand von dem flüssigen
salzsauren Narcotin getrennt, wieder in hinreichend heifsem Wasser ge-
löst und mit Aetzammoniak zerlegt wird. Den gewaschenen Niederschlag
löst man in hinreichend Alkohol in der Hitze, und läfst Morphin durch
Erkalten und Verdampfen kristallisireu. — Die neueste Methode, salzhal-
tige Flüssigkeit zur Bereitung des Morphins anzuwenden, ist die von Gre-
gory. Man macerirt Opium mit bis auf 38° C. erwärmtem Wasser, bis es
erschöpft ist, verdampft die Auszüge, denen man vorsichtig so viel gröb-
lich gepulverten Marmor zusetzt, bis alle Säure neutralisirt ist, bis zur
Syrupdicke, versetzt die Flüssigkeit jetzt mit einem Ueberschufs von rei-
nem eisenfreien salzsauren Kalk und kocht das Gemische einige Minuten,
giefst es dann in ein weites Gefäfs und verdünnt es nach dem Erkalten
mit Wasser, wo sich sehr viel harzähnliche Flocken abscheiden (man mufs
genau die rechte Menge Wasser treffen, dafs möglichst viel dieser Sub-
stanz ausgeschieden wird , zu viel oder zu w^enig läfst die Flüssigkeit un-
rein); die klare Flüssigkeit verdampft man wieder, indem man ein Stück-
chen Marmor hinein wirft , trennt sie aufs Neue vom Absatz und prüft sie,
ob hinreichend salzsaurer Kalk zugesetzt wurde, indem man etwas davon
mit der beim ersten Verdampfen erhaltenen concentrirteu vermischt, es
mufs sich mohnsaurer Kalk abscheiden. Ist dieses nicht der Fall, so mufs
noch salzsaurer Kalk zugesetzt werden. Man läfst nun erkalten, wo salz-
saures Morphin anschiefst. Mau preist die Kristalle scharf aus , um eine
schwarze Flüssigkeit abzusondern, löst sie in Wasser bei 15° C. , koiirt
durch feine Leinwand und verdampft aufs Neue unter Zusatz von ein wenig
salzsaurem Kalk, läfst kristallisiren und prefst aus, löst das Salz wieder
in Wasser, versetzt die Lösung mit eiu wenig Salzsäure, um die färbende
Substanz löslicher zu machen, und verdampft zur Kristallisation. Die
wieder durch scharfes Pressen gereinigten Kristalle von salzsaurem Mor-
phin löst mail nochmals in kochendem Wasser, nimmt die freie Säure mit
Kreide weg, versetzt die Lösung mit Thierkohle, und setzt so viel Was-
ser zu, bis das Salz auch in der Kälte gelöst bleibt, digerirt noch 24
Stunden bei einer Temperatur, die 88° C. nicht übersteigt, und filtrirt;
ist das Filtrat nicht völlig wmsserklar, so versetzt man es mit w-enig Salz-
säure, welche es ganz entfärbt, und verdampft zur Kristallisation. Die
Säure befördert zugleich die Kristallisation, ohne dafs ein saures Salz ge-
bildet wird. Man preist die Kristalle in 6 Unzen schweren Parthieen zwi-
schen Baumwollenlappen scharf aus, trocknet sie in einer Trockenkammer
bei 38° C, und schabt die äufsere etwas gefärbte Rinde der Kuchen ab,
die man einer neuen Operation zusetzt, das Innere ist ganz weifs; bei
accurater Arbeit und Anwendung von hinreichend salzsaurem Kalk sollen
die schw arzen Mutterlaugen keine Spur Morphin enthalten. Das so erhal-
tene salzsaure Morphin enthält aber noch Codein (s. u.). Man zerlegt es
mit Ammoniak und verfährt wie oben augezeigt wurde. ( Merck erhielt
jedoch nach dieser so sehr angepriesenen Methode weit weniger Morphin,
als nach seiner höchst einfachen, zuerst angegebenen. Auch die übrigen
hier angeführten Methoden, so wde noch eine Menge anderer, in neuerer
Zeit vorgeschlagener, sind ohne Noth zu umständlich und man erleidet
dabei leicht Verlust!) — Auch kann man Opium gleich anfangs mit etw*as
wässerigem oder säurehaltigem Weingeist extrahiren und mit Ammoniak
fällen. Guillermond extrahirt es wiederholt mit Weingeist von 0,875,
versetzt die Lösung mit überschüssigem Ammoniak, wro nach einigen Ta-
gen unreines Morphin herauskristallisirt, welches durch Waschen mit Was-
ser, Lösen in Alkohol und Kristallisireu gereinigt wird. — Staples digerirt
erst Opium mit etwas verdünnter Essigsäure, setzt dann Alkohol zu, und
verfährt übrigens ähnlich wie Guillermond. — Duflo-s behandelte früher
Opium wiederholt mit absolutem Alkohol, der y« Schwefelsäure enthält,
destillirt den Weingeist ab, zieht den Rückstand mit Wasser aus, behandelt
119$
Organische Basen.
das Filtrat mit Thierkohle, zersetzt es mit überschüssiger Kalkmilch; zieht
den gewaschenen Niederschlag mit heifsem Alkohol aus, versetzt das etwas
verdampfte Filtrat mit Wasser, um Narcotin zu fällen, und reinigt das
Morphin durch Kristallisation. Aus dein Opiumrückstand läfst sich durch \
Behandeln mit Wasser u. s. w. noch Morphin gewinnen. Diese Methoden
sind noch weniger zu empfehlen. Aber um aus inländischen Mohnköpfen
Morphin zu erhalten, zieht man sie, von den Samen gereinigt, zweck-
mäfsig mit Weingeist aus, destillirt den Weingeist vom Auszug ab, be-
handelt dann das Extract mit Wasser u. s. w. nach Merck’ s Methode, wo
man nach Winckler’t Angabe selbst aus den reifen Mohnköpfen eine die
Arbeit lohnende Menge Morphin erhält. Auf etwaigen NarCOtingehalt
prüft man das Morphin durch Behandeln mit Aether, der Nar-
cotin auflöst, oder man behandelt es mit wässerigen ätzenden
Alkalien (Ammoniak), welche Morphin auflösen und Narcotin
zurücklassen. Das narcotinhaitige Morphin reinigt man mit
sehr verdünnter Essigsäure u. s. w. nach Merck’s Angabe.
Die Mutterlaugen und Abwaschwasser enthalten öfter neben Narcotin u.
s. w. noch ziemlich Morphin. Diese werden mit Essigsäure übersättigt und
durch Behandeln mit Thierkohle und wiederholtes Verdampfen und Wieder-
lösen in Wasser u. s. w. gereinigt. (Die neuesten Abhandlungen über Dar-
stellung des Morphins s. im Magazin für Fbarmacie Bd. 0. S. 00 u. 281 ,
Bd. 13. S. 142, Bd. 14. S. 331, Bd. 15. S. 147, Bd. 17. S. 72, Bd. 19.
8. 151, Bd. 23. S. 14 u. 189, Bd. 24. S. 62. u. Bd. 27. S. 131.)
Erklärung: Das Morphin ist im Opium an Mecocsäure gebunden, und
als solches oder in Verbindung mit Essigsäure, Salzsäure in Wasser lös-
lich. Alkalien zerlegen diese Verbindung, das Morphin fällt, zum Theil
mit Narcotin, Harz u. s. w. verunreinigt, als unlöslich nieder, und wird
durch Waschen, vorsichtiges Binden an schwache Säuren, Zerlegen mit
Alkalien, Kristallisiren u. s. w. auf die angeführte Art gereinigt. Die Salz-
lösungen, Kochsalz und salzsaurer Kalk, haben zum Zweck, die färben-
den Theile des Opiums, welche darin unlöslich oder schwerlöslich sind,
zu entfernen, und so die Reinigung des Morphins zu erleichtern.
§. 225. Die Eigenschaffen des Morphins sind: Es kri-
stallisirt in weifsen, glänzenden, durchsichtigen, rectangu-
lären Säulen, die entweder gerade oder schief abgestumpft,
auch mit 2 Flächen zugeschärft sind, zum Theil schiefst es
auch in kubischen (? — wahrscheinlich kurzen rectaugulären) Säulen
und, nach Merck , in Octaedern an. Es ist geruchlos 5 hat
(nach Geiger’ s Beobachtungen) im feinzertheilten Zustande einen
starken und anhaltend bittern Geschmack; ist bei gewöhnlicher
Temperatur luftbeständig ; in gelinder Wärme wird es aber
trüb und undurchsichtig, indem es Kristall wasser verliert. —
Das kristailisirte Morphin enthält noch 2 At. Wasser. — In
gelinder Hitze schmilzt das Morphin und läfst sein Kristall-
wasser fahren, beim Erkalten erstarrt es zu einer kristallini-
schen Masse. In stärkerer Hitze wird es zerstört und liefert in trocke-
ner Destillation die Produkte stickstoffhaltiger organischer Substanzen. An
der Luft erhitzt brennt es. Concentrirte Salpetersäure färbt es reth ;
wässerige lodsäure oder ein Gemische von iodsaurem Alkali mit verdünnter
Schwefelsäure färbt es rothbraun , wie Kermes, unter Entwickelung von
loddämpfen , bei 7000facher Verdünnung ist noch gelbe Färbung wahrzu-
nehmen; Eisenchlorid färbt es dunkelblau, die Farbe verschwindet bald;
Robinet. — Es ist in kaltem Wasser kaum, auch nur sehr wenig
in heifsem löslich. Nach Merck lösen 500 Theile kochendes
Morphin.
1193
Wasser 1 Theil Morphin; beim Erkalten der Lösung* fällt es
gröfstentheils in kleinen Kristallen heraus; die kalte Läsung
enthält etwa Viooo Morphin. lodsäure färbt sie gelb, Goldauflösuog
blau, Silbersolution in Kurzem schwarzgrau, die violette Lösung des mi~
neralischen Chamäleons färbt sie schön grün ; Duflos. In kaltem Wein-
geist ist es auch nur sehr schwer löslich, von kochendem
Soprocentigen erfordert es nach Bucholz 24- Theile. Von 96-
procentigem Weingeist erfordert es nach Merck in der Kälte
90 Theile. Die Lösung schmeckt sehr bitter, reagirt alka-
lisch , und wirkt sehr betäubend giftig. In Aether ist es
(nach Geiger’ s Versuchen) unlöslich oder kaum löslich , wenigstens
erfordert 1 Theil über 2000 Theile Aether von 0,725 spec. Gewicht (was
vielleicht Codein war); auch in ätherischen öelen ist es kaum
löslich. Alkalien lösen es nach Rohinet ziemlich leicht auf,
daher beim Niederschlagen eines Morphinsalzes ein Ueberschufs zu ver-
ineiden ist. Selbst Kalkwasser löst es beträchtlich , so dafs man
beim Hindurchleiten von Kohlensäure durch morphinhaltiges Kalkwasser
neben kohlensaurem Kalk viel Morphin erhält.
Prüfung auf Reinheit : Das Morphin mufs schön weifs und kristallisirt
seyii; die Kristalle müssen die augezeigte Gestalt haben, keine breite
Nadeln bilden, bitter schmecken, Aether darf kaum etwas davon losen;
ätzende Alkalien müssen sie vollkommen auflösen. Durch Eisenchlorid
mufs es, so wie die weiogeistige Lösung, blau gefärbt werden. Mit
Essigsäure mufs es ein in Wasser leichtlösliches und mit Salzsäure ein
etwas schwerlösliches, leicht kristallisirbares bitteres Salz liefern; Aetz-
ammoniak mufs die Lösung in Essigsäure stark fällen, Gallustinktur wenig
oder nicht. An der Luft entzündet mufs es mit heller Flamme, ohue Rück»
stand zu lassen, verbrennen.
Anwendung : Das reine Morphin wird jetzt auch für sich als Arznei-
mittel benutzt, und besonders einige Verbindungen desselben mit Säuren.
Es ist ferner Bestandtheil des Opiums, s. o.
§. 226. Säuren neutraiisirt das Morphin auch vollständig,
und bildet damit die Morphinsalze . Sie werden durch unmit-
telbares Auflösen des Morphins in den verdünnten Säuren er-
halten. Diese sind meistens kristallisirbar und leicht löslich
in Wasser und Weingeist, unlöslich in Aether; schmecken
widerlich bitter, den Krähenaugen ähnlich, und wirken schon
in geringen Mengen narkotisch (schlafmachend) und in wenig
bedeutenden Quantitäten giftig, selbst tödtlich! Werden durch
Eisenchlorid blau gefärbt und durch Salpetersäure geröthet,
ihre Lösungen werden durch lodsäure stark in kermesartigen
Flocken gefällt, unter Entwickelung von loddämpfen; Send «
las. Iodtinktur fallt sie ebenfalls braunroth , und Goldauflösung
färbt die sehr verdünnte Lösung blau (durch Reduction des
Goldes), Merck ; Silbersolution schwärzt sich nach einiger
Zeit durch Reduction des Silbers, die violette Lösung des
mineralischen Chamäleons wird vorübergehend grün, Duflos ;
lodkalium, Kochsalz und Platinchlorid fällen die nicht zu
verdünnte Lösung weifs ; wässerige Gallustinktur fällt nur
die concentrirte Lösung schwach in graulichweifsen Flocken
Gcifffir’s Phftrmacie . /. ( 5 te Au fl,) 76
1194
Organische Basen.
(von Codein herrührend?), nicht die verdünnte. Anorganische
Alkalien zerlegen sie und scheiden Morphin als ein weifses
Pulver oder in Kristallen aus der Lösung. In der Hitze wer-
den sie zerstört.
Bekannt sind bis jetzt:
Salpeter saures Morphin, bildet sternförmig vereinigte
Nadeln, die sehr bitter schmecken und in Wasser sehr leicht
löslich sind.
Sal%saures Morphin . Formel: M, CJ2H2, Gaq. Concentrirte
Salzsäure greift Morphin in der Kälte nicht 'merklich an. Setzt man Was-
ser zu, so entsteht bald ein dickes Coagulum aus weifsen Flocken, welche
erst in viel Wasser verschwinden. (Ueber die Bereitung dieses Salzes
nach Gregory s. s. 1191.) — Es kristallisirt in zarten, weichen,
weifsen, seidenglänzenden, büschelförmig vereinigten Pris-
men; schmeckt ebenfalls sehr bitter; ist luftbeständig. — Ist
in 16—20 Theilen kaltem und in seinem gleichen Gewicht
heifsem Wasser löslich ; leichter löslich in Weingeist. —
Wird auch als Arzneimittel gebraucht.
Schwefelsaures Morphin . Formel: M/so3,6aq. Kristalli-
sirt in büschelförmig vereinten, zarten, farblosen Prismen von
Seidenglanz, die bei gewöhnlicher Temperatur luftbeständig
sind, aber bei 120° Kristallwasser fahren lassen, sehr bitter
schmecken, und sich leicht in Wasser lösen. — Das kristal-
lisirte Salz enthält 6 At. Wasser ; beim Erhitzen bis zu 120°
verliert es nur 5 At. Krisiallwasser und hält 1 At. zurück;
dieses Wasser zieht es mit Begierde wieder aus der Luft an ;
«/. L. — Wird als Arzneimittel angewendet. — Es existirt auch ein
saures schwefelsaures Morphin.
Phosphorsaures Morphin kristallisirt in ansehnlichen
dicken, schiefen, rhombischen und ungleich sechsseitigen
Säulen, die an der Luft beschlagen.
Kohlensaures Morphin soll in rectangulären Säulen mit 4 Flächen
zugeschärft kristallisiren , Glasglanz haben. Ist nach Bucholz schwerlös-
lich in Wasser, nach Choulant erfordert es nur 4 Theile (?). Schmeckt
schwach bitter. — Besteht aus 22 Morphin, 28 Kohlensäure und 50 Was-
ser ( Choulant') , wäre hiernach ein saures Salz. Verliert in gelinder
Wärme die Säure. Ist sehr problematisch. — Die Existenz fester kohlen-
saurer organischer Alkalien ist überhaupt höchst zweifelhaft.
Weinsteinsaures Morphin kristallisirt in verästelten Pris-
men; ist leicht in Wasser löslich.
Citronensaures Morphin wird im unreinen Zustande unter dem Namen
schwarze Tropfen (black drops) schon lange augewendefc. Nach Dr. Porter
wird es unter der Benennung Liquor Citratis Morphii auf folgende Art
bereitet: 2 Theile Opium und 4 Theile kristallisirte Citronensäure werden
l» einem steinernen Mörser mit 24 Theilen Wasser angericben, 24 Stunden
macerirt und dann filtrirt. (Vergl. Magaz. für Pharnmc. Bd. 11. S. 183.)
Essigsaures Morphin kristallisirt beim freiwilligen Ver-
C o d e i n
U95
dunsten aus der sauren Lösung in zarten , büschelförmig ver-
einten Prismen, beim raschen Verdampfen bleibt es als eine farblos-
durchsichtige firnifsartige Masse zurück ; schmeckt sehr bitter ; ist in
Wasser leicht, etwas weniger in Weingeist löslich, verliert
mit der Zeit leicht einen Theil Säure und ist dann nur theilweise löslich
in Wasser. — Wird als Arzneimittel augewendet. — Nicht selten ist dieses
Salz mit Narcotin verunreinigt , oder besteht fast ganz daraus, dann ist
es geschmacklos, unlöslich in Wasser und wird weder in Alkalien gelöst^
noch durch Eisenchlorid blau und Salpetersäure roth und lodsäure braun-
roth gefärbt. (Vergl. Merck im Magaz. f, Pharmac. Bd. 13. S. 142.) Im
unreinen Zustande ist diese Verbindung als Liquor Opii acetici gebrauch«
lieh. (Vergl. Houlton im Magaz. für Pharmac. Bd. 27. S. 168.)
Meconsaures Morphin , welches im Opium enthalten ist , kri~
stallisirt nicht, ist lereht löslich in Wasser und Weingeist,
färbt EiseilOXldsalze roth. Daher diese eiu Prüfungsmittel auf Opium
sind.
Codein (Codeinum').
Dieses organische Alkali entdeckte 1832 Robiquet. — Es findet sich
ebenfalls im Opium.
§. 227 . Bei Bereitung des Morphins , besonders des salz-
sauren Morphins nach Gregory' § Methode, wird es nach jßo-
biqnet auf folgende Weise dargestellt. Es wird dieses codein-
haltige Präparat in Wasser gelöst und das Morphin mit Aetz-
ammoniak gefällt, in der Mutterlauge ist Codein enthalten.
Diese wird verdampft, wo ein Doppelsalz von salzsaurem
Ammoniak und salzsaurem Codein anschiefst. Dieses prefst
man, wäscht es mit wenig Wasser und behandelt es mit
Aetzkalilauge, wo unreines Codein als eine klebrige, bald
erhärtende und kristallinisch werdende Masse abgeschieden
wird, die man mit Aether behandelt, welcher reines Codein
aufnimmt, und beim Verdampfen, besonders bei Zusatz von
etwas Wasser, kristailisirt hinterläfst. — Nach Merck erhält
man das Codein, indem der durch kohlensaures Natron er-
haltene Morphinniederschlag kalt mit Weingeist ausgezogen,
die Flüssigkeit genau mit Schwefelsäure neutralisirt, nach dem
Verdampfen des Alkohols mit Wasser versetzt, so lange Trü-
bung erfolgt, sodann filtrirt, zur Syrupconsistenz abgedampft
und dieser Rückstand mm mit seinem gleichen Volumen einer
mäfsig starken Kalilauge und seinem 4fachen Volum Aether
gemischt und in einem verschlossenen Gefäfse stark geschüttelt
wird. Die ätherische Flüssigkeit liefert beim Verdunsten Kri-
stalle von reinem Codein. Die Behandlung mit Aether wird
mehrmals wiederholt, um alles durch das Kali abgeschiedene
Codein zu erhalten. — Die Eigenschaften desselben sind:
Aus Wasser durch freiwilliges Verdampfen kristailisirt das
Codein in sehr regelmäfsigen , farblosen, durchsichtigen Octae-
1196
Organische Basen.
dem . welche 2 Atome = 5,8 p. c. Wasser bei 1 00° verlieren.
Aus Aether kristallisirt stellt es kurze, durchsichtige, weifse
Nadeln dar, die in der Wärme bei 150° ohne Gewichtsverlust
schmelzen. Das Codein besitzt für sich und in seinen Auflö-
sungen einen bittern Geschmack, es reagirt stark alkalisch,
röthet nicht Salpetersäure und färbt Eisenchlorid nicht blau. —
Das Codein ist weit leichter löslich in Wasser als Morphin,
1 Theil erfordert bei gewöhnlicher Temperatur kaum 80 und
in der Kochhitze nur 17 Theile. Ueberschüssiges Codein mit Wasser
erhitzt bildet ölartige Tropfen (wie Meconin), die schwerer als Wasser
sind, ein Hydrat? ln Weingeist ist es sehr leicht löslich, eben
so in Aether, aber unlöslich in wässerigen Alkalien (Unter-
schiede von Morphin). — Säuren saturirt es vollständig und bildet
damit die Codeinsalze , die zum Theil, wie z. B. das salpeter-
saure, sehr leicht kristallisiren. Die Lösungen werden von
den oben angezeigten ileagentien nicht verändert, aber Gallus-
tinktur fällt sie stark (Unterschied von Morphinsalzen).
Anwendung : Bis jetzt wurde Codein nicht als Arzneimittel gebraucht.
Es ist aber Bestandtheil des Opiums und des salzsauren Morphins nach
Gregory’ s Methode, welches die schottischen Aerzte allen andern Opium-
präparaten vorziehen. Es verdient darum auch für sich angewendet zu
werden. (Vergl. über Codein Annalen der Pharmacie Bd. 5. S. 106.)
Thebain.
Synonyme: Paramorphin.
Zuerst von Thiboumery dargestellt, von Pelletier näher untersucht,
später von Couerbe.
Das Thebain wird erhalten, wenn man den aus einer Opiuminfusion
durch Kalkhydrat erhaltenen Niederschlag bis zur Farblosigkeit auswascht,
in verdünnter Säure löst, mit Ammoniak fällt, den Niederschlag trocknet
und in Alkohol oder Aether löst, woraus es beim Verdunsten in farblosen
körnigen oder nadelförmigen Kristallen anschiefst. Es schmeckt scharf und
metallisch, reagirt stark alkalisch. Durch Reiben wird es stark negativ-
elektrisch. Es schmilzt bei 130 — 150° und erstarrt bei 110% in höherer
Temperatur wird es zerstört. Es ist wenig löslich in Wasser, aber selbst
in der Kälte leichtlöslich in Alkohol und Aether. Concentrirte Säuren
zerstören es, indem sie es verharzen. Von Schwefelsäure, die Salpeter-
säure enthält , wird es blutroth , nicht von Salpetersäure allein , durch Ei-
senoxidsalze nicht blau. Mit verdünnten Säuren neutralisirt , bildet es kri-
stallisirende Salze, aus denen es durch Alkali gefällt wird. Das kristal-
lisirte Thebain enthält 4 p. c. =r 2 At. Wasser. Seine Zusammensetzung
siche Seite 1163.
Pseudomorphin.
Es wurde 1832 von Pelletier entdeckt, der es zweimal bei der Ver-
arbeitung grofser Quantitäten Opiums fand. Es ist jedoch nicht in jedem
Opium enthalten.
Er erhielt es durch Fällung des wässerigen Opiumextractos mit Am-
moniak, Lösen des Niederschlags in kaustischem Natron, welches Morphin j|
und Pseudomorplün löst und Narcotin zurückläfst, Uebersättigen der alka-
lischen Lösung mit Schwefelsäure und Fällung des Morphins durch Am-
moniak. Aus der abfütrirten Flüssigkeit kristallisirt beim Verdampfen das |
Pseudomorphin in glimm erartigen Blättchen. Es wird in kochendem Was- ;
Nareein. 1197
ser gelöst und mit Ammoniak versetzt, worauf das Pseudomorphia in
glänzenden Blättchen kristallisirfc.
Es ist schwer in Wasser, nur wenig in verdünntem Weingeist und gar
nicht in absolutem Alkohol und Aether löslich. Aetzkali und Natronlauge
lösen es leicht, und wird daraus durch Neutralisation mit Säuren gefällt,
wobei es etwas Säure zurückhält. Arnmoniakßüssigkeit nimmt aber nicht
mehr davon auf als reines Wasser. Von Eisenoxidsalzen wird es wie
Morphin blau gefärbt, beim Kochen wird diese Verbindung grün. Von
verdünnter Schwefelsäure und Salpetersäure wird nur wenig gelöst; in
Salzsäure und besonders in Essigsäure ist es leichter löslich. Seine Ver-
bindung mit Schwefelsäure enthält 8,8 p. c. Säure. Seine Salze sind nicht
näher untersucht. Seine Zusammensetzung siehe Seite 1163.
Nareein.
Diese Substanz ist 1833 von Pelletier entdeckt worden. — Sie findet
sich ebenfalls im Opium I
Man erhält das Nareein aus derb wässerigen Opiumextract, aus wel-
chem man durch Lösen desselben in Wasser, Filtriren, Versetzen des
Filtrats mit Ammoniak im Ueberschufs, Auf kochen, uin das überschüssige
Ammoniak zu verjagen, Erkaltenlassen , Filtriren, Concentriren des Fil-
trats durch Verdampfen , und Fällen mit Bnrytwasser, Mohnsäure, Meco-
nin , Morphin und Narcotin geschieden hat, indem man das Filtrat mit
kohlensaurem Ammoniak versetzt, um den überschüssigen Baryt zu fällen,
dann das Filtrat bis zur Syrupdicke verdampft , wo nach einigen Tagen
unreines Nareein herausknstaliisirt. Dieses befreit man durch Abtröpfeln
und Pressen der Kristalle von der Mutterlauge, und behandelt es kochend
mit Alkohol von 0,823 spec. Gew., fiitrirt, und zieht den Weingeist
gröfsteutheils vom Filtrat ab ; beim Erkalten kristallisirt Nareein heraus ,
welches durch wiederholtes Lösen in Alkohol und Umkristaltisiren gerei-
nigt wird. Von etwa anhängendem Meeoom und Codein befreit man es
durch Behandeln mit Aether, der beide löst, aber Nareein ungelöst läfst.
— Es kristallisirt in weifsen, seidenartig glänzenden, zarten, zum Theii
(aus der wässerigen Lösung) platten und verfilzten Nadeln, von schwach
bitterm Geschmack, mit einem, dem durch Galvanismus erregten ähnlichen
metallischen Nachgeschmack; bei ungefähr 92° schmilzt es. In höherer
Temperatur wird es unter ähnlichen Erscheinungen wie Narcotin zerlegt.
Die Produkte der trockenen Destillation sind sauer. Das Nareein erleidet
leicht, mitunter merkwürdige Veränderungen, wrobei es schöne Färbun-
gen, blau und roth , aunimmt. Starke concentrirte Mineralsäuren zer-
stören es leicht, mit etwas Wasser verdünnte rauchende Salzsäure färbt
es schön azurblau, die blauen Kristalle lösen sich in viel Wasser zu einer
farblosen Flüssigkeit, beim langsamen Verdampfen der Flüssigkeit wird
die Lösung erst roth , dann violett und endlich dunkelblau. Auch hygro-
scopische Substanzen, welche die Feuchtigkeit stark anziehen, z. B. Chior-
calcium , bewirken in der farblosen Lösung durch Wasserentziehung diese
Färbungen. Salpetersäure mit 2 TSieilen Wasser verdünnt, und Schwefel-
säure mit 4 — 5 Theilen Wasser verdünnt, bewirken dieselben Färbungen
mit Nareein. Concentrirte Salpetersäure löst Nareein mit gelber Farbe
auf (ohne Röthung), das Nareein ist hiebei zerstört; beim Erhitzen der
Lösung entwickelt sich salpetrige Säure und es bildet sich Kleesäure und
wahrscheinlich Picrinsalpetersäure. Vegetabilische Säuren bewirken diese
Färbungen nicht, aufser bei Gegenwart einer starken Mineralsäure , denn
Weinsteinsäure färbt salzsaures Nareein blau. Eisenoxidsalze bewirken
aber mit Nareein keine blaue Färbung (Unterschied von Morphin). — In
Wasser ist Nareein löslich; es bedarf bei gewöhnlicher Temperatur 375
und in der Kochhitze 230 Theile. Die Lösung reagirt weder sauer noch
basisch. In Weingeist ist es leichter löslich als Narcotin; io Aether ist es
unlöslich. — Seine Zusammensetzung s. S. 1163. — Von verdünnten Säu-
1198
Organische Basen.
ren wird es gelöst ohne sie zu neutralisiren ; versucht man durch Ab-
dämpfe» kristallisirte Salze zu erhalten, so setzt sich unverändertes Nar-
cein ab.
Narcotin.
Synonyme: Opian, Desrosnesches Salz.
Desrosne stellte es 1803 zuerst dar; Sertürner hielt es lange für ein
basisches Morphinsalz. Robiquet erwies seine Verschiedenheit und seine
basischen Eigenschaften. — Findet sich ebenfalls im Opium und im Milch-
saft mehrerer Papaverarten.
§. 2528. Die einfachste Bereitungsart ist5 den mit Wasser
bei der Morphinbereitung erschöpften Eli ck stand des Opiums
mit starker Essigsäure zu kochen , die Flüssigkeit zu filtriren
und durch Ammoniak zu fällen. Man reinigt das niederge-
schlagene Narcotin durch Lösen in kochendem starkem Al-
kohol, dem man etwas Thierkohle beigem ngt hat Aus der
kochend filtrirten Lösung kristallisiri das Narcotin beim Er-
kalten. Auch kann man das mit Wasser ausgezogene Opium
mit Weingeist exfrahiren und den Weingeist abdestiiüren.
Bei der Behandlung des Opiums mit Wasser (s. S. 1188) bleibt der
gröfste Theil Narcotin im Rückstand 9 aus welchem man es dureh Behand-
lung desselben mit kochender Essigsäure, FäiäuDg mit Ammoniak, oder
durch kochenden Weingeist ausziehen kann. Der gefärbte Niederschlag
oder die aus dem Weingeist erhaltenen gefärbten Kristalle werden durch
Digestion mit etwas Kalilauge und neue Kristallisationen aus Alkohol, dem
man etwas Thierkohle zusetzt, weifs und rein erhalten. Extrahirt man
das Opium bei der Darstellung mit einem säurehaltigen Wasser, so löst
sich alles Narcotin mit d-ein Morphin auf, und der durch Alkalien aus dieser
Auflösung erhaltene Niederschlag enthält alles Narcotin neben Morphin.
Durch Behandlung desselben mit sehr verdünnter Essigsäure löst sich das
Morphin auf und das Narcotin bleibt ungelöst zurück; es wird wie oben
erwähnt gereinigt.
Durch Behandlung des feingepulverten Opiums mit Aether kann alles
Narcotin ausgezogen werden; die ätherische Lösung giebt, an der Luft
verdampft, grofse und reine Kristalle von Narcotin.
$. 229* Das Narcotin kristallisirt in farblosen, durchsich-
tigen, glänzenden, büschelförmig vereinigten , geraden rhom-
bischen Säulen oder plattgedrückten grofsen Nadeln; beim
Fällen aus seinen Salzen stellt es ein zartes, lockeres, weifses
Pulver dar. Es ist geschmack- und geruchlos, schmilzt bei
170°, wobei es 3 — 4 p. c. an Gewicht verliert, und erstarrt
bei 130°, bei langsamem Erkalten kristallinisch, bei schnellem
zu einer durchsichtigen zerspringenden Masse. Bei höherer
Temperatur zersetzt es sich wie Morphin. Seine Zusammen-
setzung siehe Seite 1463. — In kaltem Wasser ist es unlöslich
und nur sehr wenig löslich in heifsem (1000 Theile lösen 2
Theile). 106 Theile 85procentigen Weingeistes lösen beim
Kochen 5 Theile, von denen 4 Theile beim Erkalten heraus-
kristaliisiren. Kochender Aether löst 2 p. c., kalter nicht einmal
halbsoviel. Die Lösungen schmecken sehr bitter und reägiren
nicht alkalisch. Auch in ätherischen und fetten Oelen ist es
Narcotin, Chelidonin.
1199
löslich. 1» wässerigen Alkalien und Kalkwasser ist es un-
löslich. Eisenoxidsalze färben sich nicht damit blau. Durch
concentrirte »Salpetersäure wird es nicht geröthet; aber mit
Schwefelsäure übergossen, der etwas Salpetersäure, selbst
nur Viooo zugesetzt ist, wird es biutroth.
Die Narcotinsalze erhält man durch Auflösung von soviel Narcofcin iu
den verdünnten Säuren , als sie aufnehmeu können ; sie reagiren aber
immer sauer und schmecken sehr bitter. Beim Verdampfen der Lösungen
verflüchtigen sich die schwachen flüchtigen Säuren. Durch viel Wasser
werden die Verbindungen mit schwachen Säuren zersetzt, indem sich fast
alles Narcotin abscheidet.
Viele Narcotinsalze sind in Alkohol und Aether löslich. Salzsaures
Narcotin. Zur Syrupsconsistenz abgedampft, erzeugen sich bei Aufbewah-
rung an einem trockenen warmen Orte Kristallp unkte. Bei raschem Aus-
trockoen erhält man es als eine harte durchscheinende Masse. Trockene»
salzsaures Gas verbindet sich mit dem Narcotin zu einer Salzmasse, die,
in kochendem absoluten Alkohol gelöst, kristallisirt erhalten werden kann.
Es wird durch Quecksilber-, Gold- und Platinchlorid zu Doppelverbin-
dungen gefällt. Das schwefelsaure Salz trockuct zu einer harten Masse
eia . Das essigsaure Salz kann durch Abdampfen unter der Luftpumpe
kristallisirt erhalten werden. Die Kristalle bestehen nach Wittstock aus
reinem Narcotin. Basisch essigsaures Kali fällt das Narcotin aus der essig-
sauren Lösung, indem es sich in neutrales Salz verwandelt. Gallustinktur
fällt das Narcotin aus seinen Lösungen als weifse käsige Flocken. Es
äufsert keine ausgezeichneten Wirkungen als Heilmittel. — Nur in Ver-
bindung mit Essigsäure und Schwefelsäure soll es bei einer Dosis von 2 —
3 Grammen (30 — 40 Grau) Hunde tödten. In Olivenöl schon in einer
Dosis von 3 — 4 Gran (?). Auch Diefflenbach’ s Versuche (Archiv für
Physiologie und Anatomie, Januar 1820) sprechen für eine narkotisch-
giftige Wirkung.
Chelidonin . Von Goäefroy zuerst au fge runden, später von Pole.T ,
dann von Probst rein dargestellt und untersucht, ebenso von Reitling, je-
doch nicht im» vollkommen reinen Zustande. — Der bei Darstellung des
Ghelerythrins erhaltene, mit Aether digerirte Ammoniakniederschlag wird
in möglichst wenig schwefelsäurehaltigen» Wasser gelöst und mit der dop-
pelten Menge concentrirter Salzsäure gemischt. Nach einiger Zeit bildet
sich ein körnig-kristallinischer Niederschlag, den man mit kaltem Wasser
ab wascht, durch Digestion mit Ammoniak von aller Säure befreit, aufs
Neue in verdünnter Schwefelsäure löst, durch concentrirte Salzsäure fällt,
mit Ammoniak digerirt, iu Schwefelsäure löst, durch Ammoniak fällt und
in Alkohol löst, woraus das Chelidonin in farblosen Täfelchen kristallisirt.
Oder mau löst den Niederschlag in Essigsäure, aus der das Chelidonin beim
Verdunsten iu ausgebildeten Kristallen rein erhalten wird. Das Pulver färbt
stark ab.
Es ist farblos und ohne Geruch, von bitterem Geschmack, uulöslich
in Wasser, löslich in Alkohol und Aether; Gallustinktur und Alkalien
schlagen es aus seinen wässerigen Salzlösungen flockig nieder. Der Nie-
derschlag wird nach einiger Zeit körnig-kristallinisch. Es schmilzt bei
130° zu einer ölartigen Flüssigkeit* ohne zersetzt zu werden; bei stärkerer
Hitze wird es braun und brennt mit leuchtender, rufsender Flamme ohne
Rückstand zu hinterlassen. Es enthält 4.8 p. c. oder 2 At. Wasser, die
es bei 100° vollständig verliert. Seine Salze sind farblos, reagiren sauer,
sind meist löslich in Wasser, beim Verdunsten seiner Verbindungen mit
schwachen flüchtigen Säuren kristallisirt reines Chelidonin, auch Thier-
kohle entzieht es seinen Salzlösungen. Seine Zusammensetzung siehe
Seit© 1163.
1200
Organische Basen.
Schwefelsaures Chelidonin . Durch Lösen von Chelidonin in verdünnter
Schwefelsäure, Verdunste», Wegnehmen der überschüssigen Säure durch
Aether, Lösen in absolutem Alkohol und freiwilliges Verdunsten leicht
kristallisirt zu erhalten. Bei etwas warmer Luft trocknet die Lösung
leicht zu einer gummiartigen brüchigen Masse ein. Es ist luftbeständig,
reagirt sauer, sehr leicht löslich in Wasser und Alkohol« bei 50 — 60°
schmilzt es.
Phosphor saures Chelidonin kristallisirt leichter, ist ebenfalls in Wasser
und Alkohol leicht löslich, und schmilzt ehe es sich zersetzt.
Salpetersaures Chelidonin. Beim Lösen in sehr verdünnter Salpeter-
säure erhält man durch Verdunsten leicht schöne Kristalle. Von concen-
fcrirter Säure wird es leicht zersetzt. Es ist in Wasser schweriöslich,
weshalb man es auch erhalten kann durch Versetzen der concentrirten
Lösung von schwefelsaurem Salz mit verdünnter Salpetersäure als kristal-
linischen Niederschlag.
Salzsaures Chelidonin . Wird erhalten durch Lösen in möglichst wenig
salzsaurem Wasser, Verdampfen zur Trockne, Abwaschen mit Aether,
Lösen in heifsem Wasser und Verdunsten, wobei sich feine Kristallkrusten
abscheiden. Es reagirt wie die andern Salze sauer, schmeckt sehr bitter,
löst sich in 325 Th. Wasser von 18°. Mit Platinchlorid bildet es ein dem
Platinsalmiak analoges Doppelsalz, das sich ohne Zersetzung auswaschen
und mit verdünnter Salpetersäure kochen läfst.
Das essigsaure Salz läfst sich darstellen durch Fällung des schwefel-
sauren mit essigsaurem Baryt. An der Luft trocknet es zur gummiartigen
Masse ein, die, jedoch nur bei Zusatz von Essigsäure, vollständig in
Wasser sehr leicht löslich ist. Es besitzt keine giftige Wirkung. (Probst.')
Chelerythrin ( Pyrrhopin ).
Von Probst und Polex gleichzeitig in Chelidonium majus entdeckt,
von ersterem genau untersucht.
Besonders reichlich in den Wurzeln und unreifen .Samen des Schöll-
krautes enthalten, auch in der Wurzel von Glaucium luteum >
Frische oder getrocknete Wurzel oder der bei dein Ausziehen mit
kohlensaurem Natron behufs der Chelidonsäure gebliebene Rückstand wird
mit schwefelsäurehaltigem Wasser extrahirt, der Auszug durch Ammoniak
gefällt, der Niederschlag ausgesüfst, durch Pressen möglichst von Wasser
befreit, noch feucht in mit Schwefelsäure angesäuertem Weingeist gelöst,
der Alkohol abdestiilirt und die wässerige Lösung des Rückstandes durch
Ammoniak gefällt, der Niederschlag ausgewaschen, schnell bei gelinder
Temperatur getrocknet, zerrieben und das Chelerythrin mit Aether ausge-
zogen, der Rückstand ist zum gröfsten Theil Chelidonin. Die ätherische
Lösung hinterläfst beim Verdampfen eine grünliche klebrige Masse, die
man in möglichst wenig wässeriger Salzsäure löst, wobei eine harzartige
Materie zurückbleibt. Die tiefrothe Lösung wird zur Trockne verdampft
und mit Aether extrahirt, der salzsaures Chelerythrin zurückläfst. Dieses
löst man in möglichst wenig kaltem Wasser, wobei etwas salzsaures Che-
lidonin ungelöst bleibt, verdampft die Lösung zur Trockne und löst sie
wieder in wenig Wasser, so oft jenes Salz noch zurückbleibt. Zuletzt
wird die Masse in absolutem Alkohol gelöst, woraus man beim freiwilligen
Verdunsten salzsaures Chelerythrin kristallinisch erhält. Oder man fällt
die wässerige Lösung durch Ammoniak und löst den Niederschlag in Aether,
der beim Verdunsten reines Chelerythrin terpentinartig hinterläfst, welches
sehr schwer zu einer zerreiblichen glänzenden Masse eintrocknet. Durch
Alkalien wird es aus seinen Salzlösungen als grauweifser käsiger Nieder-
schlag gefällt, der, in sehr gelinder Temperatur getrocknet, ein zerreib-
Siebes, heftig Niesen erregendes Pulver darstellt. So lange es durch Ana-
Chelerythrin, Glaucin.
1204
moniak nicht so gefällt wird, dafs die Flüssigkeit wasserklar und farblos
erscheint, ist es nicht rein. Bei 85° erweicht es harzartig. Aus absolutem
Alkohol erhält man es warzenförmig kristallisirt. Es ist unlöslich in Was-
ser, die alkoholische Lösung ist gelblich. Mit Säuren übergossen färbt es
sich prächtig oranienroth, und bildet damit meist in Wasser lösliche, schön
gefärbte Salze, die selbst in kleinen Gaben narkotisch giftig wirken. Auf
Curcuma wirkt es nicht.
Schwefelsaures Chelerythrin. Durch Lösen in verdünnter Schwefel-
säure, Verdampfen zur Trockne, Abwaschen mit Aetlier und Lösen in
Alkohol bei freiwilliger Verdampfung nur schwierig kristallisirt zu erhalten.
Es ist leicht in Wasser, schwerer in Alkohol und nicht löslich in Aether.
Ist luftbeständig und schmilzt beim Erhitzen.
Phosphor saures Chelerythrin ist leichter kristallisirt zu erhalten. Das
salzsaure Salz wird auf gleiche Weise dargestellt, ist in freier Säure
schwerlöslich und wird dadurch theilweise gefällt. Es reagirt nicht sauer.
Das essigsaure Salz kann zur Trockne verdampft werden, ohne Säure und
seine vollständige Löslichkeit in Wasser zu verlieren. Chelidonsaures
Chelerythrin ist ebenfalls in Wasser und Weingeist löslich. Gallustinktur
fällt die wässerigen Salzlösungen, der Niederschlag wTird durch Alkohol
gelöst. (ProbstJ
Glaucin .
Von Probst in Glauciam luteum aufgefunden. Es ist in dem einjähri-
gen Kraute enthalten; aus der Wurzel konnte es nicht dargestellt werden.
Die von der Wurzel und den Blumen befreite einjährige Pflanze wird unter
Zusatz von Essigsäure zerstofsen, ausgeprefst, der Saft bis zur Ausschei-
dung des Chlorophylls etc. erwärmt, die Flüssigkeit mit Ammoniak gefällt,
der abfiltrirte Niederschlag in verdünnter Schwefelsäure gelöst, die Lösung
mit ebensoviel Alkohol gemischt, mit Ammoniak übersättigt, der Nieder-
schlag getrennt, das Filtrat mit Schwefelsäure übersättigt, der Alkohol
abdestillirt, die rückständige wässerige Flüssigkeit mit Glaubersalz gesät-
tigt und durch Ammoniak gefällt. öÖ Pfund frisches Kraut gaben nur 4VZ
Scrupel dieses Niederschlags, der harzartig ist und sich in lauge, seiden-
glänzende, bald brüchig werdeude Fäden ziehen läfst. Er wird mit Aether
ausgezogen, der beim völligen Verdunsten eine weifse terpentinartige,
nach längerem Erwärmen bei der Abkühlung zerreibliche Masse hinterläfst.
Diese wird in Wasser gelöst, woraus man beim Verdunsten das Glaucin
in peilmutterglänzenden schuppigen Kristallen erhält. Mehr Glaucin erhält
man, wenn der geklärte Saft mit salpetersaurem Bleioxid gefällt, das
überschüssige Blei durch Schwefelwasserstoff entfernt und aus der neutra-
lisirten Flüssigkeit durch Eichenrindendecoct das Glaucin gefällt wird. Der
Niederschlag wird mit Kalkhydrat gemischt, mit Alkohol extrahirt, der Kalk
durch Kohlensäure aus der Lösung gefällt, der Alkohol abgedampft, der
Rückstand mit wenig Wasser gewaschen , welches fast weifs das Glaucin
zurückläfst. Man löst dieses dann in kochendem Wasser, woraus man es
beim freiwilligen Verdunsten kristallisirt erhält. Aus seinen Salzlösungen
durch Alkalien gefällt bildet es einen käsigen Niederschlag, der sich bald
harzähnlich zusammeuballt. Schon unter dem Siedepunkt des Wassers
schmilzt es wie Oel , hat einen bittern, scharfen Geschmack. In heifsern
Wasser ist es löslich, sehr leicht wird es von Alkohol und Aether aufge-
nommen. Es bläut geröthetes Lackmus. Im Sonnenlichte wird es röthlich."
Mit den Säuren bildet es neutrale, weifse, scharfschmeckende Salze, die
von Gallustinktur gefällt werden. Thierkohle nimmt daraus das Glaucin
auf, und es kann nur sehr schwierig durch Alkohol ausgezogen werden.
Salzsaures Glaucin erhält man durch Lösen von Glaucin in verdünnter
Salzsäure. Die concentrirte Lösung erstarrt zu einer weichen, aus lauter
vm
Organische Basen.
Krisfc; allnadeln bestehenden Masse , von der man die Mutterlauge abprefsfc,
die b ei Anwendung von nicht ganz reinem Glaucin blauroth gefärbt ist.
Auch bei längerem Stehen der Lösung an der Luft, oder selbst der Kri-
stalle. am Licht, bildet sich die gefärbte Substanz; durch mehrmaliges Kri-
stalli siren aus Alkohol kann sie entfernt werden. In Aether ist die salz-
saurie Verbindung unlöslich.
Schwefelsmires Glaucin. Durch Zusatz von sehr verdünnter Schwe-
fels? iure zu Glaucin erhält man eine schmutzigrothe Lösung, die beim
frei willigen Verdunsten das Salz kristaliisirt hioterläfst; man wäscht es
mit Aetlier ab, sucht die rothe Substanz durch Alkohol zu entfernen und
lös! dann das Salz in Alkohol, aus dem es beim freiwilligen Verdunsten
kristaliisirt. Es ist in Wasser und Alkohol leicht, in Aether nicht löslich.
Wird Glaucin mit conceutrirter Schwefelsäure erhitzt, bis die Säure an-
fängt zu rauchen , so wird die Flüssigkeit bei Luftzutritt prachtvoll iudig-
violett; ohne dafs sich schweflige Säure entwickelt ist alles Glaucin bei
lac ge genug fortgesetztem Erwärmen verwandelt. In verschlossenen Glas-
röhren behält die Flüssigkeit ihre Farbe, beim Verdünnen mit Wasser wird
sich pfirsichroth, durch Ammoniak erhält man einen iodigblauen Nieder-
schlag, der in Alkohol mit blauer, in Säuren mit rother Farbe löslich ist
uud daraus durch Alkalien blau gefällt wird. Coneeiitrirte Salzsäure wirkt
in der Hitze ähnlich, nur schwächer auf Glaucin, coocentrirte Salpeter-
saure stärker zersetzend; die Phosphorsäure läfst sich damit leichter ohne
Z-ersetzuüg verbinden und die Verbindung ist leicht kristallisirbar.
Glaucopicrin.
Von Probst in der Wurzel von Glaucium luteum aufgefunden. Die
‘mit Ammoniak gefällten essigsauren Auszüge der Wurzel werden mit Es-
sigsäure neutralisirt und mit einer Abkochung von Eichenrinde gefällt, der
Niederschlag getrennt , gewaschen, mit Kalkhydrat und Weingeist gemengt,
gelinde erwärmt, filtrirt, durch Kohlensäure der Kalk aus der Lösung
entfernt, der Weingeist abdestiilirt , der Rückstand im Wasserbade einge-
trocknet, mit Aether erschöpft, die ätherischen Lösungen verdampft, mit
ganz wenig Aether abgewaschen , wo reines Glaucopicrin zuriickbleibt,
welches durch Lösen in heifsem Wasser und freiwilliges Verdunsten in
weifsen durchsichtigen Eiristallblättchen erhalten wird. Aus Aether, worin
es etwas schwerloslich ist, kristaliisirt es in körnigen Kristallen; in Al-
kohol ist es leicht löslich und in warmem Wasser mehr als in kaltem. Es
wird durch Thicrkohle aus seinen wässerigen und sauren Lösuugen mit
niedergerisseu , besitzt einen bitteren Geschmack, neutralisirt die Säuren
vollkommen und bildet damit weifse, sehr bitter, ekelerregend-schmeckeude
Salze.
Salzsaures Glaucopicrin wird erhalten durch Lösen des Alkaloides in
Salzsäure, Abdampfen, Ausziehen mit Aether, der eine braune Substanz
löst und die Verbindung zurückiäfst. Diese wird in Wasser gelöst, wor-
aus sie bei freiwilliger Verdunstung in durchsichtigen, glasglänzenden,
luftbeständigeo, rhombischen Tafeln oder büschelförmig vereinten Prismen
anschiefsfc.
Das schwefelsaure und phosphorsaure Salz werden erhalten durch Lö-
sung von Glaucopicrin in den sehr verdünnten Säuren bis zur Sättigung.
Beim freiwilligen Verdunsten liefert die Lösung Kristalle. Mit coihcentrirter
Schwefelsäure bis zum Rauchen der Säure erhitzt verwandelt sich das
Glaucopicrin in eine dunkel grasgrüne, zähe, Cautschouc ähnliche Mas^e
ohne Entwickelung von schwefliger Säure. Dieselbe Veränderung erfährt
es schon beim Erwärmen mit überschüssiger Schwefelsäure im Wasser-
bade, nur langsamer.
H y o s c y a m i n.
rm
e) ln den Solaneen , Strychnaceen und andern Pflanzen familien
vor kommende sauerstoffhaltige (?) Basen,
Eyoseyamin (Hyoscyamium).
Das Hyoscyanüo ist von Geiger nnd Hesse dargesfceilt worden. — Es
findet sich im schwarzeu Bilsenkraut ( Hyoscyamus niger woh! auch im
weifeen Bilsenkraut ^Hyoscyamus albus ) und andern Biisenarten (?). Die
Zusammensetzung und sein Atomgewicht sind unbekannt.
§. 230. Man erhält das Hyoscyamin am einfachsten aus
dem Samen. Dieser wird zerquetscht und mit Weingeist,
der mit etwa l/50 Schwefelsäure angesäuert wurde, heils ex-
trahirt, geprefst, filtrirt, das Filtrat unter fleifsigem Umrüh-
ren mit gepulvertem Aetzkalk im Ueberschufs versetzt, so
dafs die Flüssigkeit nicht unbeträchtlich alkalisch reagirt,
wieder filtrirt, das Filtrat mit Schwefelsäure gesättigt, so
dafs diese ein wenig vorherrscht, aufs Neue filtrirt, und der
Weingeist in gelinder Wärme bis auf y4 abdestillirt. Den
Rückstand versetzt man mit etwas Wasser und verdampft ihn
in gelindester Wärme, bis aller Weingeist verjagt ist 5 satu-
rirt dann das Zurückgebliebene vorsichtig mit einer concen-
trirten Lösung von kohlensaurem Kali und filtrirt aufs Neue,
wenn Trübung entsteht. Versetzt das Filtrat mit einem grofsen
Ueberschufs von kohlensaurem Kali und behandelt das Ge-
mische wiederholt mit Aether, so lange dieser etwas aufnimmt,
destillirt den Aether vom klaren Auszug ab, nimmt den Rück-
stand mit Wasser auf, versetzt ihn, so lange Trübung ent-
steht, mit neuen Mengen Wasser, filtrirt, versetzt das Filtrat
mit der doppelten Menge Aether-Weingeist, und schüttelt es
mit Blutlaugenkohle, bis eine Probe ganz wasserklarerscheint;
filtrirt, zieht den Aetherweingeist in gelindester Wärme ab
und verdunstet den Rückstand zuletzt unter der Luftpumpe,
bis er nichts mehr an Gewicht verliert. Ist er noch gefärbt,
so mufs er nochmals wie angeführt behandelt werden. Oder
man bindet ihn an eine verdünnte wässerige Säure (Schwe-
felsäure), filtrirt, wenn die Lösung trübe ist, versetzt das
Filtrat mit ebensoviel Alkohol, schüttelt mit Blutlaugenkohle,
bis es entfärbt ist, zerlegt das farblose Filtrat mit kohlensau-
reraliali, zieht das Hyoscyamin mit Aether aus und verfährt
wie vorher. Auch kann man es durch Fällen der concentrirlen
Lösung eines reinen Hyo^eyaminsalzes mit einem anorgani-
schen Alkali erhalten, oder durch Destillation, jedoch mit
bedeutendem Verlust, reinigen. Man verfährt dann wie bei
Coniin, und unterbricht die Operation, so wie brenzliche
Dämpfe erscheinen. Aus dem Kraut erhält man es, indem der
Saft der frischen blühenden Pflanze ausgeprefst, aufgekocht
und filtrirt wird; das Filtrat versetzt man mit Kalk, filtrirt
wieder, versetzt das Filtrat mit viel überschüssigem kohlen-
1204
Organische Basen.
sauren Kali oder Natron, erschöpft den Auszug mit Aether
und verfährt wie vorher. Oder man löst Bilsenkrautextract
in Wasser, filtrirt, versetzt das Filtrat mit Kalk u. s. w. und
verfährt wie vorher. Trockenes Kraut zieht man mit säure-
haltendem Wasser oder Weingeist aus, behandelt den Aus-
zug mit Kalk u. s. w. und verfährt überhaupt wie angezeigt.
Die Ausbeute ist öfter höchst unbedeutend !
Erkliiruny : Ilyoscyamin ist im Bilsenkraut an eine Säure gebunden
vorhanden. Da es aber bei der Kochhitze des Wassers sich kaum ein
wenig verflüchtigt und bei Einwirkung der Alkalien in der Wärme leicht
zerstört wird (s. u.), so läfst es sich nicht wie Nicotin und Coniin durch
Destillation mit Alkalien abscheiden; und wegen seiner Löslichkeit in Was-
ser (s. u.) hat man beim Fällen aus seinen sauren Auflösungen leicht Ver-
lust; daher man es besser auf die angeführte Art mit Aether extrahirt.
Durch Behandeln mit Thierkohle u. s. vv. entzieht man ihm die färbenden
Theile ; da diese Kohle aber selbst auf die wässerige Lösung zerlegend
einwirkt, so ist es zweckmäfsig , bei dieser Entfärbung Weingeist oder
Aetherweingeist zuzusetzen , welche die zerstörende Eiuwirkung derselben
auf Hyoscyamin vermindern.
§. 231. Die Eigenschaften des Myoscyamins sind: Es
kristallisirt in sternförmig vereinigten, seidenglänzenden Na-
deln , häufig erhält man es aber als eine farblosdurchsichtige,
zähe klebende Masse; möglichst trocken ist es geruchlos, im
feuchten, mehr noch im unreinen gefärbten Zustande riecht
es aber höchst widerlich betäubend, tabakähnlich; schmeckt
sehr widerlich beifsend scharf, tabakähnlich; wirkt schon in
sehr geringen Dosen narkotisch giftig, leicht tödtlich! ähnlich
dem Nicotin. Doch tödtet es langsamer als Coniin, erregt
auch nicht SO heftigen Starrkrampf; die Thiere vverdeu matt, tau-
meln, fallen um, bekommen Zuckungen und sterben binnen einigen Minuten
oder stunden. Auf das Auge gestrichen bewirkt es in äufserst
geringer Menge starke und anhaltende Erweiterung der
Pupille (Unterschied von Nicotin). Bei Katzen bemerkt man,
wenn die Quantität nicht zu klein ist, kurze Zeit ein eigentümliches Kauen
mit Schaumbildung und öfterm Unterwerfen des Kopfs. Es reagirt im
wasserleeren Zustande nicht alkalisch, Zusatz von Wasser
bewirkt sogleich starke und bleibende alkalische Reaction.
Bei gewöhnlicher Temperatur ist das Hyoscyamin nicht flüchtig
und erleidet auch an der Luft keine weitere Aenderu ng. In
gelinder Wärme schmilzt es leicht und fliefst wie Del, in
stärkerer Hitze ist es flüchtig und läfst sich bei vorsichtigem
Erhitzen gröfstentheils unverändert (?) als farbloser Dampf
destilliren. Leicht wird aber hiebei ein Theil zerstört. Es färbt
sich braun, zuletzt schwarz, verkohlt unter Entwickelung widerlich em-
pyreuinatischer ammoniakhaltiger Dämpfe. Mit Wasser anhaltend
gekocht verflüchtigt sich auch ein geringer Theil, und ertheilt
dem schwach alkalisch reagirenden Destillat narkotisch gütige
Eigenschaften. Der bei weitem gröfste Theil bleibt jedoch
zurück (Unterschied von Comin ued Nicotin). — Das Hy-
oscyaraiu ist leicht zerlegbar (sein Verhalten in der Hitze bei Luft-
Hyoscyamin, Daturin,
1205
ansschlufs s. o.). An der Luft erhitzt verbrennt es mit heller rufsender
Flamme. Besonders wirken fixe Alkalien in der Wärme zer-
legend darauf. Beim Erhitzen mit wässerigen Alkalien wird es braun^
es entwickelt sich Ammoniak und der Rückstand nimmt eine dunkle harz-
ähnliche Beschaffenheit au , und bei anhaltender Einwirkung wässeriger
Alkalien verliert es alle giftige Eigenschaften , so dafs Hyoscyamin ganz
zerstört wird! (Unterschied von Coniin und Nicotin). — In Wasser ist
Hyoscyamin ziemlich löslich, das etwas unreine ist in jedem
Verhältnis darin löslich. Die wässerige Lösung reagirt be-
trächtlich alkalisch, lodtinktur verdickt die ziemlich ver-
dünnte Lösung mit Kermesfarbe, Gallustinktur fällt sie stark
in weifsen Flocken, Goldaullösung bewirkt auch starke weifs-
liche Fällung, Platinaufiösung fällt sie nicht. Concentrirte
Salpetersäure löst Hyoscyamin ohne Färbung auf. Vitriolöl
färbt es bräunlich. Auch in Weingeist und Aether ist Hy-
oscyamin leicht löslich.
§. 232. Säuren neutralisirt Hyoscyamin vollständig und
zeigt hiebei eine nicht unbeträchtliche Sättigungs-Capacität.
Die Hy oscy aminsalze erhält man durch Saturiren des reinen
oder wässerigen Hyoscyamins mit verdünnten Säuren und
Verdampfen in gelindester Wärme, am besten zuletzt unter
der Luftpumpe. Sie sind zum Theil kristallisirbar und luft-
beständig, wie schwefelsaures Hyoscyamin. Geruchlos,
schmecken widerlich scharf, wie Hyoscyamin, und wirken
sehr giftig; in der Hegel leichtlöslich in Wasser und Wein-
geist. Die wässerigen Lösungen verhalten sich gegen die oben
genannten Reagentien wie die wässerige Lösung von reinem
Hyoscyamin. Anorganische Alkalien scheiden Hyoscyamin
aus, und zwar aus den concentrirten Lösungen zum Theil in
fester Form , aus den verdünnten Lösungen jedoch ohne
Fällung. In der Hitze werden sie zerstört.
Anwendung: Das Hyos-cyamin , so wie die Hyoscyaminsalze, verdie-
nen als sehr reine Produkte ^ weil sie die wirksame Substanz des Bilsen-
krauts ausmachen , als Arzneimittel eingeführt zu werden ^ und sie sind
wegen ihrer Gleichförmigkeit uqd sichern Bestimmung der Dose den bis-
herigen unsichern Präparaten des Bilsenkrauts bei weitem vorzuziehen !
Daturin ( DaturiumJ .
Auch dieses organische Alkali stellten Geiger und Hesse rein dar. —
Es findet sich in dem Stechapfel 0 Datura Stramoniuni) und wahrscheinlich
in noch andern Daturaarten.
Zusammensetzung und Atomgewicht unbekannt.
§. 233. Man erhält das Daturin auch am einfachsten aus
dem Stechapfelsamen , und verfährt anfangs ganz so wie bei
Hyoscyamin, mit säurehaltendem Weingeist, Kalk und Schwe-
felsäure, scheidet zuletzt das Oel von der wässerigen Salz-
lösung, schlägt aus dem klaren Filtrat das Daturin mit über-
schüssigem kohlensauren Kali nieder, welches sich in fester
1£06
Organisch® Basen.
Form als Flocken ausscheidet. Diese prefst man gelinde zwi-
schen vielfach gelegtem, öfter zu erneuerndem Druckpapier,
löst sie in absolutem Alkohol oder Aether Weingeist, zieht den
Geist vom klaren Filtrat ab, nimmt den weingeistfreien Rück-
stand mit verdünnter wässeriger Schwefelsäure auf, fiitrirt,
vermischt das Filtrat mit seinem gleichen Gewicht Alkohol und
behandelt die Lösung mit Thierkohle, bis sie ganz entfärbt
ist; verjagt von dem wasserklaren Filtrat den Weingeist durch
Verdampfen, schlägt aus der wässerigen Salzlösung das Da-
turin mit überschüssiger eoncentrirter kohlensaurer Kalilösung
nieder, reinigt den Niederschlag wie oben durch Pressen
zwischen Druckpapier, löst ihn in dem 4 — 5lachen Gewicht
absolutem Alkohol, fiitrirt, versetzt das Filtrat nach und nach
mit so viel Wasser, bis es milchig ist, und verdampft in offener
Schale in sehr gelinder Wärme.
Erklärung: Wie bei Hyoscyamin. Allein da Daturin schwierig in
Wasser löslich ist und mehr Tendenz zum Festwerden hat, so läfst es sich
viel leichter unmittelbar aus seiner Lösung in wässerigen Säuren durch
Alkalieu ausscheidet! und auf die angeführte Art reinigen.
§. £34. Die Eigenschaften des Daturins sind: Es kri-
stallisirt aus seiner geistig-wässerigen Lösung in ausgezeich-
neten, farblosen, stark glänzenden, büschelförmig vereinigten
Prismen. Beim Fäl en aus seiner sauren wässerigen Auflösung
mit Alkalien scheidet es sich in weifsen Flocken aus , welche
sich zu zähen, wachsähnlichen Klümpchen Zusammenhalten.
Es ist geruchlos, nur im unreinen Zustande riecht es höchst
widerlich narkotisch, schmeckt anfangs bitterlich, dann sehr
scharf, tabakähnlich. Wirkt höchst giftig! Zeigt ähnliche
Erscheinungen Wie Hyoscyamin (% Gran ist hinreichend, einen
Sperling binnen 3 Stunden zu tödten). Die geringste Menge ifl’s
Auge gebracht, bewirkt auch sehr anhaltende Erweiterung
der Pupille ! Es reagirt ira wasserhaltenden Zustande stark
alkalisch. An der Luft ist Daturin bei gewöhnlicher Tempe-
ratur ganz unveränderlich. Es schmilzt schon bei der Koch-
hitze des Wassers zu einem farblosen Del , welches zum Theil
auf dem Wasser schwimmt. In stärkerer Hitze verflüchtigt
es sich in weifsen, fast geruchlosen Nebeln, und läfst sich
bei vorsichtigem Erhitzen fast vollständig ohne Veränderung
verflüchtigen". Leicht wird aber hiebei ein Theil zerstöre,
und es erleidet danu ganz ähnliche Veränderungen wie Hyoscyamin. Es
hat beträchtliche Sätfcigungscapacität , wie ein Versuch im Kleinen zeigte.
— Daturin ist auch leicht zerlegbar, doch ist es stabiler als
die früher abgehandelten Alkalien. An der Luft erhitzt verbrennt
es mit sehr heiler rufsender Flamme. Wässerige fixe Alkalien zer-
legen es ebenfalls in der Wärme. Die Produkte sind den Zerle-
gungsprodukten von Hyoscyamin ähnlich. — In Wasser ist Daturin
schwer löslich : es erfordert bei gewöhnlicher Temperatur
gegen £80 Theile, in der Kochhitze lösen 7£ Theile Wasser
Daturin, S t r a na o n i n.
mm
nach und nach i Theii Daturm, die Lösung trübt sich beim
Erkalten, ohne dafs Daturin herauskristallisirt, nach einiger
Zeit hellt sie sich wieder auf, und beim Verdampfen der Lö-
sung erhält man das Daturin zuweilen als eine farblose firn ifs-
artige Masse, ohne Kristallisation; erst später bilden .sich an
der Luft Kristalle. Jodtinktur bewirkt in der wässerigen Lö-
sung kermesartige Verdickung, Gallustinktur fällt sie in wei.fsen
Flocken, auch Goldauflösuiig fallt sie stark weifslich, Piatin-
auflösung wirkt nicht darauf. In concentrirter Salpetersäure
und Schwefelsäure löst sich Daturin ohne Färbung, die letztere
Verbindung schwärzt sich beim Erhitzen. In Weingeist ist
es sehr leicht löslich, 1 Theii bedarf noch nicht 8 Tb eile;
beim Verdampfen der Lösung bleibt es als ein glasartig-
durchsichtiges Alkoholat (?); versetzt man aber die geistige
Lösung mit Wasser, so kristallisirt es in .schönen Prismen
(s. o.). Auch in Aether ist es ziemlich löslich, 1 Theii be-
darf bei gewöhnlicher Temperatur gegen 21 Theii e; beim
Verdampfen bleibt Daturin anfangs als ein ähnliches durch-
sichtiges Aetherat (?) zurück, das aber nach einiger Zeit sich
in schöne Kristalle verwandelt.
§. 235 . Säuren neutralisirt Daturin vollständig und bildet
damit die Daturinsalze , welche man durch unmittelbares
Auflösen des Daturins in verdünnten Säuren und Verdampfen
der Auflösung in gelinder Wärme erhält. Sie kristallislren,
so weit sie untersucht sind, leicht. ( 'Schwefelsäure* Daturin kri-
stallisirt in sehr zarten, sternförmig vereinten, atlasglänzen-
den Prismen; ist luftbeständig.) Sie schmecken widerlich
scharf und bitterlich, und wirken giftig. In Wasser und
Weingeist sind sie leicht löslich. Die wässerige Lösung ver-
hält sich gegen die angezeigten Reagentien wie die wässerige
Lösung des Daturins ; anorganische Alkalien scheiden aus der
wässerigen Lösung Daturin in fester Form aus (Unterschied von
Coniio mid Nicotin). In der Hitze werden sie zerstört.
Anwendung : Auch das Daturin verdient als Arzneimittel eingeführt zu
werden, indem es eben die Vorzüge vor den bisherigen Präparaten des
Stechapfels hat, als wie Hyoscyamin vor denen des Bilsenkrauts!
Stramonin . Von H. Trommsdorff in dem Samen des Stechapfels
(Datura Stramonium) neben Daturin aufgefundeo. Er erhielt es aus dem
hellen Oele, welches sich ausscheidet, wenn der geistige, mit Kalkhydrat
behandelte, filtrirte und wieder angesäuerte Auszug abgezogen wird, in
spiefsigen Kristallen. Sie wurden mit kaltem Aether abgewascken , in mehr
lieifsem Aether gelöst , woraus sie beim Erkalten kristallisirten. Es ist
weifs, geruch- und geschmacklos, schmilzt bei 150°, verbrennt mit stark
rufsender Flamme ohne Rückstand, bei vorsichtig geleiteter Hitze kann es
fast unverändert sublimirt werden. Es ist unlöslich in Wasser, schwer-
löslich in Weingeist, Aether aber löst es etwas leichter. Auch fette und
flüchtige Oele, so wie Kreosot, lösen es auf. Die Oösungen reagircn nicht
alkalisch. Iod und Schwefel wirken selbst in der Wärme nicht darauf ein.
Concentrirte Schwefelsäure löst es mit blutrother Farbe. Durch Halzsäure
wird es beim Kochen zersetzt, Salpetersäure zersetzt es bei mäfsiger
1208
Organische Basen.
Verdünnung selbst kochend nicht. Auch Kalilauge ist ohne Wirkung. Wird
durch Gold-, Platin-, Quecksilberchlorid, essigsaures Bleioxid nicht gefällt.
Atropin £ Atropium ).
Das Atropin wurde in neuester Zeit von Mein, Geiger und Hesse dar-
gestelit. — Es findet sich in allen Theilen des Tollkrauts ( Atropa Bella-
donna) und wahrscheinlich in andern Atropaarten.
236. Man erhält das Atropin am einfachsten aus der
Wurzel des Tollkrauts. Frischgetrocknete Belladonnawurzeln
werden gepulvert und (am besten in der llealschen Presse)
mit starkem 90procentigen Alkohol erschöpft. Den geistigen
Auszug versetzt man mit V24 der angewendeten Wurzeln oder
etwas mehr Kalkhydrat und läfst ihn unter öfterm Schütteln
24 Stunden damit in Berührung, filtrirt, sättigt das Filtrat
mit Schwefelsäure, so dafs diese aber etwas vorherrscht, filtrirt
aufs Neue, zieht etwas über die Hälfte von dem Weingeist
ab, versetzt den Rückstand mit Vs der angewendeten Menge
Wurzeln Wasser, destillirt noch etwas Weingeist ab und
verdampft zuletzt in einer weiten offenen Schale bei sehr ge-
linder Wärme , jedoch so schnell als möglich, bis aller Wein-
geist entfernt ist, filtrirt wieder und setzt das Verdampfen in
gelindester Wärme fort, bis etwa y12 der angewendeten Wur-
zeln Flüssigkeit übrig ist. Der erkalteten Flüssigkeit setzt
man jetzt unter beständigem Umrühren vorsichtig so lange
tropfenweise eine concentrirte Lösung von einfach kohlensau-
rem Kali zu, bis eine schmutzig graubraune Trübung entsteht
(doch nicht so viel, dafs die Flüssigkeit alkalisch reagirt), filtrirt nach
einigen Stunden, und versetzt das Filtrat wieder mit concen-
trirter kohlensaurer Kalilösung, so lange noch Trübung ent-
steht, nach 12 — 24 Stunden bringt man das herauskristalli-
sirte Atropin auf ein Filter, prefst es zwischen vielfach gelegtem
Druckpapier, trocknet es ; zerreibt das unreine trockene Atropin
zu feinem Pulver, bringt es mit so viel kaltem Wa&ser in
Berührung, dafs ein Brei entsteht, prefst diesen wieder zwi-
schen Druck- oder Löschpapier, trocknet es wieder, und löst
es in seinem Machen Gewichte starken Alkohol. Die klare
filtrirte Lösung versetzt man in kleinen Mengen mit gereinigter
Blutlaugenkohle, unter tüchtigem Schütteln, bis sie nach eini-
f en Stunden nur sehr wenig gefärbt erscheint, destillirt dann
en gröfsten Theil Weingeist ab und verdampft ferner in ge-
linder Wärme, wo zuletzt Atropin anschiefst, oder man zieht
etwa die Hälfte Weingeist ab, setzt dem Rückstand nach
und nach Wasser (3 — 4 Theile) zu, bis eine starke milchige
Flüssigkeit entsteht, erhitzt zum Kochen, wo sich alles lösen
mufs, und läfst langsam erkalten; oder man giefst die gerei-
nigte geistige Lösung in ihr 6faches Volumen kaltes Wasser,
so dafs eine stark milchige Flüssigkeit entsteht; nach 12
bis 24 Stunden kristallisirt Atropin heraus, das man alsbald
1209
A t r o p i n.
durch Filtriren von der Mutterlauge trennt und auf viel-
fach gelegtem, öfter zu erneuerndem Druckpapier trocknet.
Hiebei hat man jedoch Verlust! Trübt sich die Flüssigkeit nicht und
scheidet sich nach einigen Stunden" nur wenig oder kein Atropin aus, so
neutralisirt man sie alsbald mit Schwefelsäure, verdampft, zerlegt das
Salz mit kohlensaurem Kali u. s. w. wie angeführt. Aus der alkali-
schen Mutterlauge und den Abwaschflüssigkeiten der Filter
und Kohle erhält man den Rest Atropin, wenn sie wiederholt
mit Aether geschüttelt werden, so lange dieser etwas auf-
nimmt. Den Aether destillirt man ab, bindet das Atropin an
Schwefelsäure, zerlegt die wässerige Lösung mit kohlen-
saurem Kali und verfährt wie vorher. — Auf gleiche Weise
verfährt man mit Belladonnablättern. Oder man zieht diese
mit Wasser aus, verdampft den Auszug in gelinder Wärme
zur Extractdicke 5 löst dieses in Wasser und setzt so lange
zu, [als 1 Trübung entsteht, filtrirt, verdampft das Filtrat bis
zur dünnen Syrupdicke, versetzt es mit y4 mit Wasser zu
Milch abgeriebenem Kalkhydrat, und läfst das Gemenge einige
Stunden unter öfterm tüchtigen Schütteln kalt in Berührung*,
setzt dann 2 Theile des angewendeten Extracts Alkohol zu,
schüttelt tüchtig und versetzt hierauf das Gemenge mit 1 Theil
Aether, giefst die äther-weingeistige Lösung von dem Coa-
gulum ab , prefst dieses und wäscht es noch mit Aetherwein-
feist, versetztfden Auszug noch mit 1 Theil Aether, sondert
ie dunkelbraune wässerige Flüssigkeit ab, sättigt die geistig-
ätherische mit Schwefelsäure, filtrirt, zieht den Aetherweingeist
in gelinder Wärme gröfstentheils ab, versetzt den Rückstand
mit etwas Wasser und entfernt den Rest des Weingeistes
durch Verdampfen in offenen Gefäfsen in gelindester Wärme 5
der aufs Neue filtrirte Rückstand wird nun noch weiter wie
oben verdampft, vorsichtig mit kohlensaurem Kali bis zur Neu-
tralität versetzt, filtrirt und das iVtropin durch überschüssig
zugesetztes kohlensaures Kali gefällt und auf die angegebene
Art gereinigt. Auch kann man die schwefelsaure Losung mit ätzenden
Alkalien fallen, und die Flüssigkeit mit Kochsalz oder zerfallenem Glau-
bersalz versetzen, wo der Rest Atropin herausfällt, und wie vorher ver-
fahren; doch erleidet man hiebei leicht Verlust! Diese Arbeiten müs~
sen möglichst beschleunigt und allzugrofse Wärme mufs so
viel wie möglich vermieden werden, weil sonst ein grofser
Theil Atropin zerlegt wird!
Erklärung : Das Atropin ist im Tollkraut ebenfalls an Säuren gebunden,
am wenigsten mit fremden Beimischungen in der Wurzel enthalten. Alkohol
zieht das Atropinsalz aus, Aetzkalk zerlegt dasselbe und scheidet aufser
den organischen Säuren auch andere färbende extractive Theile und bei
Anwendung von Kraut auch viel Chlorophyll und Fettsäuren aus , welche
mit Kalk zum Theil eine in Weingeist unlösliche Verbindung bilden. Auf
Aetberzusatz scheidet sich noch mehr färbende Substanz aus, die in dem
Kraut reichlicher vorhanden ist (oder sich während dem Ausziehen und
Verdampfen bildet). Schwefelsäure wird zugesetzt, w'eil freies Atropin,
besonders in Verbindung mit Alkalien (s. u.), in der Wärme leicht zer-
Geiger** t Phnrmacie. 1. (5<o Auft.)
vm
Organische Basen.
setzt wird, auch scheiden sich mit dem niederfallenden Gyps noch färbende
Tlieife aus. Die gelindeste Wärme mufs beim Verdampfen darum ange-
wendet werden, weil selbst die Lösungen der Atropinsalze, besonders im
unreinen Zustande, leicht eine Veränderung erleiden (s. u.). Der Zusatz
von wenig kohlensaurem Kali ist nöfchig zur Abscheidung einer färbenden
harzähnlichen Substanz, welche der geistigen Lösung die Eigenschaft er-
theilt, blau zu schillern, und die wahrscheinlich von zerlegtem Atropin
lierrührt und die Kristallisation desselben hindert! Ein grofser Ueber-
schufs einer concentrirteu Lösung von kohlensaurem Kali ist nöthig, um
alles Atropin so schnell als möglich fest auszuscheiden (ähnlich wirken
auch andere leichtlösliche Salze, wie Kochsalz und Glaubersalz), denn
bei längerer Berührung desselben mit wässeriger Flüssigkeit verschwindet
es wieder! Aus dem Grunde mufs die Arbeit überhaupt möglichst be-
schleunigt werden, und die geistige Atropinlösung mufs sich beim Ver-
mischen mit der angemessenen Menge Wasser sogleich stark milchig trü-
ben, denn nur so scheidet sich die gröfste Menge kristallinisch aus; bleibt
alles klar, so bilden sich später nur wenige oder keine Kristalle, die bei
längerni Verweilen in der Flüssigkeit wieder verschwinden, weil Atropin
in einen veränderten, in Wasser löslichen Zustande übergeht! (s. u.).
Darum erhält man auch beim Verdampfen der Mutterlauge kein kristalli-
sirtes Atropin , und mufs es schnell an Säuren binden oder mit Aether
aus ziehen,
2H7. Die Eigenschaften des Atropins sind : Es kri-
stallisirt aus seiner concenfrirten heifsen wässerigen oder gei-
stigen Lösung in büschelförmig- vereinigten, weifsen, durch-
sichtigen, seidenglänzenden Prismen 5 ans der wässerig-
geistigen Lösung erhält inan es zum Theil in sehr zarten,
weifsen, sehr locker zusammengehäuften Nadeln, dem schwe-
felsauren Chinin (§. 880) sehr ähnlich. Beim langsamen
Verdunsten der geistigen Lösung bildet es öfter eine farblos-
durchsichtige, glasähnliche Masse. Es ist schwereres Wasser,
luftbeständig ; geruchlos (im unreinen Zustande kristallisirt
es nicht, ist gelblich oder bräunlich gefärbt, theils trocken,
luftbeständig, theils nicht austrocknend und klebrig bleibend.
In diesem Zustande hat es ebenfalls einen, dem unreinen
Hyoscyamin und Daturin ähnlichen, höchst widerlichen Ge-
ruch ! ) 5 schmeckt äufserst widerlich bitter, mit einem kratzend-
scharfen, gleichsam metallischen Nachgeschmack 5 wirkt höchst
giftig ! ohne in der Regel Starrkrampf zu erregen 5 es bewirkt
Zusammenziehung des Schlundes, Trockenheit im Munde,
Schwindel, heftiges Kopfweh u. s. w. und tödtet langsamer
als Coniin. Bewirkt aber vorzüglich Erweiterung der Pu-
pille ! und übertrifft hierin Hyoscyamin und wohl auch Datu-
rin (?), denn V1000 Gran ist hiezu hinreichend und gröfsere
Mengen bewirken 8 — 10 Tage andauernde Erweiterung !
( Bei Katzen bemerkt man hiebei anfangs auch das auffallende Kauen mit
Schaumbiidung am Maule, wobei sie uoter Zuckungen den Kopf urnher-
werfen, dann erst tritt Erweiterung der Pupille ein). Es reagirt stark
und bleibend alkalisch, schmilzt ungefähr beim Kochpunkte
des Wassers 5 in stärkerer Hitze ist es ein wenig flüchtig, der
gröfste Theil wird aber zerlegt. Es entwickeln sich hiebei amtno-
niakhaltende, zum Theil noch narkotisch giftig wirkende flüssige Produkte,
und viel stickstoffhaltige, schwierig einzuäschernde Kohle bleibt. An der
Atropin.
mt
Luft erhitzt verbrennt es mit heller Flamme , und die hinterlasseüe Kohle
verschwindet bei anhaltendem Erhitzen vollständig. — Das Atropin ist
sehr leicht zerlegbar (die Veränderung, welche es durch Hitze erlei-
det, s. o.). Besonders wirken auch fixe anorganische Alkalien
zerlegend darauf! Sie zerlegen es im wässerigen Zustande
langsam in der Kälte, weit schneller in der Wärme. Selbst
Wasser wirkt verändernd auf Atropin, während Säuren es
nicht oder nur langsam zerlegen. Concentrirte Salpetersäure lösfe
es mit blafsgelber Farbe auf, beim Erhitzen wird die Mischung orange,
dann entfärbt sie sich, es entwickeln sich nur wenige rothe Dämpfe und
die farblose Auflösung wird durch Galiustinktur stark gefällt, wirkt aber
nur wenig auf das Katzenauge. Chlor wirkt auch nur wenig verändernd
auf Atropin, es bildet sich eine gelbliche Flüssigkeit, die gröfstentheils
salzsaures Atropin ist; concemtrirte Schwefelsäure löst Atropin in der
Kälte ohne Färbung auf, beim Erhitzen wird die Mischung erst roth, dann
schwarz und es entwickelt sich schwellige Säure. Wässerige fixe Alka^
lien entwickeln besonders in der Wärme Ammoniak, und es bleibt eine
braune harzähnliche bittere Masse zurück. Daher beim Fällen des Atro-
pins durch Alkalien alle Wärme zu vermeiden ist; selbst in der Kälte be-
wirken sie, obschon langsam, diese Zerlegung, und man rnufs darum die
Arbeit möglichst beschleunigen. — In Wasser ist Atropin nur wenig
löslich, es bedarf bei gewöhnlicher Temperatur gegen ^00 Theile
(bei einem frühem Versuch erforderte 1 Th. Atropin gegen 500 Th. Wasser).
In der Hitze nehmen 54 Theile Wasser 1 Theil Atropin auf,
ohne dafs beim Erkalten etwas hk rauskristallisirt , aber beim
anhaltenden Kochen lösen 80 Theile Wasser i Theil Atropin,
beim Erkalten schiefst jetzt ein grofser Theil Atropin in schö-
nen Kristallen an. Beim Verdampfen der von den Kristallen
abgegossenen Flüssigkeit erhält man aber kein kristallisirtes
Atropin mehr! und iäfst man die wässerige oder wässerig-
weingeistige Lösung, woraus Atropin herauskristailisirt ist,
mit den Kristallen stehen, so verschwinden diese wieder, die
Flüssigkeit wird gelb und beim Verdampfen derselben erhält
man gelbliches unkristallisirbares Atropin von widerlichem Ge-
ruch, aber noch stark alkalischer Reaction, welches sich in
jedem Verhältnis mit Wasser vermischen Iäfst! Aus der con-
centrirten Lösung fällen aber kohlensaure Alkalien im lieber-
schufs theils öliges, theils festes kristallisirbares Atropin.
Aetzammoniak und wässerige kohlensaure fixe Alkalien scheinen nicht mehr
verändernd auf Atropin zu wirken, als reines Wasser, und letztere schei-
den im concentrirten Zustande, überschüssig zugesetzt, am meisten festes
aus einer Atropinsalzlösuug aus, daher diese zur Darstellung des Atropins
vorzüglich geeignet sind. Das Atropin zeigt übrigens keine Affi-
nität zu den anorganischen Alkalien. Jodtinktur bewirkt in
kalter wässeriger Atropinlösung kermesartige Färbung und
Verdunkelung, Gallustinktur fällt sie so stark, dafs ein fast
festes weifsliches Coagulum entsteht, Goldauflösung fällt sie
ebenfalls stark weifslich, Platinauflösung fällt sie nicht. — In
Weingeist ist es sehr leichtlöslich, 1 Theil bedarf bei gewöhn-
licher Temperatur nur Vh Theile absoluten Alkohol 5 in der
Hitze mischt es sich in jedem Verhältnis damit , beim Erkal-
ten und Verdampfen der alkoholischen Lösung kristallisirt es
Organische Basen,
zum Theil heraus, zum Theii bildet es damit ein dickliches,
gallertartiges, wasserhell-durchsichtiges, kristallinisches Al-
koholat. — In Aether ist es weniger löslich, 1 Theil erfordert
bei gewöhnlicher Temperatur gegen 25 Theile (bei einem frühem
Versuch löste sich nur %3), in der Kochhitze ungefähr 6 Theile,
in verschlossenen Gefäfsen erstarrt die concentrirte Lösung
beim Erkalten zu einem wasserhellen gelatinösen Aetherat;
an der Luft verdampft hinterläfst Aether das Atropin zum
Theil kristallisirt zurück. Die geistigen und ätherischen Lösungen
des Atropins entwickeln beim Verdampfen an der Luft, besonders gegen
Ende, den widerlichen Geruch des unreinen Atropins, was auf eine theil-
weise Veränderung desselben hiudeutet.
§. 238. Mit Säuren verbindet sich Atropin zu meistens
kristallisirbaren neutralen Air opinsa feen , welche man durch
unmittelbares Sättigen der verdünnten Säuren mit Atropin er-
hält. Sie zeichnen sich sämmtlich durch den widerlich bittern
und scharfen Geschmack des Atropins aus und wirken giftig.
Im reinsten Zustande sind sie geruchlos. Die unreinen verbreiten
noch schwach den widerlichen Geruch des uureineu Atropins. Sie sind
meistens luftbeständig und erleiden im festen Zustande bei
gewöhnlicher Temperatur keine Veränderung an der Luft.
Meistens sind sie leichtlöslich in Wasser und Weingeist, auch
löslich in Aether Weingeist, aber unlöslich in reinem Aether.
Ihre wässerigen Lösungen verändern sich in der Kegel bei
gewöhnlicher Temperatur an der Luft nicht merklich. Aber
in der Wärme werden sie zum Theil zerlegt (jedoch um so
weniger, je reiner sie sind). Sie färben sich schon bei der
Kochhitze des Wassers und es bilden sich Ammoniaksalze
(daher bei Bereitung des Atropius das Verdampfen der Salzlösung in gelin-
dester Wärme vorzunehmen ist, sonst erleidet man beträchtlichen Verlust !).
Iodtinktur verdickt die wässerige Lösung der Atropinsalze mit
Kermesfarbe, Goldaullösung bewirkt einen citronengelben Nie-
derschlag, der nach einiger Zeit kristallinisch wird, Platin-
auflösung fällt sie gelblich weifs, Gallustinktur fällt sie in dich-
ten weiislichen Flocken. Anorganische Alkalien scheiden aus
der concenti irren wässerigen Lösung reiner Atropinsalze festes
Atropin aus. Bei längerer Einwirkung überschüssiger fixer
wässeriger Alkalien wird aber das ausgeschiedene Atropin
langsam in der Kälte, schneller in der Wärme zerlegt (s. o.).
Auch Thierkohle wirkt leicht zerlegend auf die wässerige
Lösung der Atropinsalze, daher bei der Reinigung derselben mit
Thierkohle ein üeberschufs und allzulange Berührung mit derselben wohl
zu vermeiden ist! (s. Bereitung §. 23G). — Bis jet^t Würden dar-
gestelit:
Salpetersaures Atropin. Dieses trocknet in gelinder Wärme zu einer
festen farblosdurchsichtigeu Masse aus, die nichts Kristallinisches zeigt,
an der Luft etwas Feuchtigkeit anzieht.
Salzsaures Atropin kristallisirt in zarte» büschelförmig-vereinigten,
glänzendvveirsen Nadeln, die luftbeständig und in Wasser und Weingeist
leichtlöslich sind.
Solan in.
1213
Schwefelsaures Atropin kristallisirt leicht in sternförmig- oder büschel-
förmig-gruppirten , farblosen, zarten Nadeln, von schönem Atlasglanz; ist
luftbeständig und leichtlöslich.
Weinsteinsaures Atropin trocknet in der Wärme zu einer farblos-
durchsichtigen Masse aus, die au der Luft feucht und klebrig wird.
Essigsaures Atropin kristallisirt in sternförmig- gruppirten, zarten,
atlasglänzeuden Prismen; ist luftbeständig und leicht löslich. Seim wieder-
holten Lösen und Verdampfen entweicht aber etwras Essigsäure.
Anwendung : Bis jetzt hat man noch keine arzneiliche Anwendung von
Atropin und dessen Salzen gemacht. Sie verdienen es aber, und zwar
aufser reinem Atropin in Wasser oder Weingeist gelöst, das leicht kri-
stallisirbare salzsaure und schwefelsaure Atropin. Wegen der leichten
Zerlegbarkeit der wässerigen Lösung darf man diese nie vorräthig halten,
sondern mufs sie immer beim Verschreiben frisch bereiten.
Solanin Q Solanium ).
Besfosses entdeckte dieses organische Alkali 1821 ; Biltz erhielt je-
doch nach der von Besfosses angegebenen Methode (§. u.) kein Solanin.
In neuerer Zeit stellte es indessen Otto rein dar; auch Henri/ erhielt ein
ziemlich reines (?) Alkali. — Es findet sich im Nachtschatten ( Solanum
nigrurn) , der Kartoffelpflanze CSolanum tuberosum') , nach Otto besonders
in den Keimen von alten, in Kellern u. s. w. aufbewahrten Kartoffeln, in
Bittersüfs (?) CSolanum Dulcamara) , wroll krautblätterigem Nachtschatten
CSolanum verbascifolium) und wohl noch andern Solan umarten.
%. 239. Nach Heuling werden zur Darstellung des So-
lanins die getrockneten , nicht über 4 Zoll langen Kartoffel-
keirae mit verdünnter Schwefelsäure ausgezogen, die saure
Flüssigkeit wird zum Kochen erhitzt und mit Aetzammoniak
gefällt, der erhaltene Niederschlag wird mit Aetzammoniak
ausgewaschen, bis die ablaufende Flüssigkeit farblos ist, so-
dann in siedendem Weingeist gelöst, wo nach dem Fäkalien
das Solanin kristallisirt. Es geschieht zuweilen, dafs der Weingeist,
womit man den rohen Solaninniederschlag ausgekocht hat, nach dem Er-
kalten keine Kristalle liefert, sondern zu einer Gallerte erstarrt, die zu
einer hornartigen Masse austrocknet; in diesem Fall beruht diefs auf der
Gegenwart eines nicht näher bekannten Körpers, der durch Behandlung
mit Alkalien (Ammoniak, Kalilauge etc.) hi uwt eggen ommen werden kann.
Nach Otto werden die weifsen Keime ausgewachsener Kar-
toffeln zerkleinert, mit schwefelsäurehaltigem Wasser ausge-
zogen und der Auszug mit essigsaurem Bleioxid versetzt, so
lange ein Niederschlag entsteht, worauf man filtrirt. Das fast
farblose Filtrat versetzt man mit überschüssiger Kalkmilch,
wäscht den Niederschlag und zieht ihn mit SÖprocentigem
Alkohol aus, verdampft und reinigt das erhaltene Solanin
durch wiederholtes Lösen in Weingeist, Filtriren und Ver-
dampfen des Filtrats. Aus dem Kraut und unreifen Früchten der Kar-
toffelpflanze erhält man es wohl auf dieselbe Art, oder es wird wie Atropin
erhalten (?). — Besfosses erhielt es aus dem Saft der Nachtschatten-
beeren, durch Fällen desselben mit Ammoniak, Lösen des gewaschenen
Niederschlags in Weingeist und freiwilliges Verdunsten des Filtrats. —
Pagen und Chevallier zogen die Beeren von Solanum verbascifolium mit
Weingeist aus, verdampften den Auszug, behandelten den Rückstand mit
Wasser, versetzten das wässerige Filtrat mit Magnesia, zögen den ge-
nu
Organische Basen,
waschenen Niederschlag mit Weingeist aus, entfärbten den Auszug mit
Thierkohle und verdampften das Filtrat. — Henry zieht die gepul-
verten öittersüfsstengel mit Weingeist von 0,865 spec. Gew.,
der mit V34 Schwefelsäure angesäuert wurde, (wohl am besten in
der Reaischen Presse) aus, versetzt den Auszug mit überschüssi-
gem Kalkhydrat, schüttelt tüchtig, filtrirt hach einiger Zeit,
zieht den Weingeist von dem Filtrat ab, wäscht den trockenen
Rückstand mit Wasser, behandelt ihn dann mit sehr verdünn-
ter wässeriger Sch wefelsäure , so lange diese etwas aufnimmt,
versetzt die Lösung mit überschüssigem Aetzammoniak , wo
Solanin als ein gallertartiger Niederschlag sich ausscheidet,
das er mit kaltem Wasser wascht, dann in Alkohol löst und
Verdampft. Ist das Solanin noch nicht rein, so behandelt inan es wie-
derholt mit Alkohol, Kalk u. s. w. Vorsichtige Behandlung der geistigen
Lösung mit Blutlaugenkohle möchte wohl eher ein ganz reines Produkt
geben.
§. 240. Die Eigenschaf ten des Solanins sind : Eine gesättigte
heifse weingeistige Lösung des Solanins erstarrt zu einer aus
blendend weifsen, perlmutterglänzenden, durchsichtigen, platten
vierseitigen Prismen bestehendnn Masse {Renting). «Nach Ollo’s
Methode erhält man ein weifses perlmutterglänzendes Pulver.
( JPciyen und Chevatlier wollen es iu kleinen rectangulären Säulchen erhalten
haben?) Das aus Bittersüfs (nach Henry ) erhaltene ist eine
grünliche oder bräunliche, leicht zerreibüche Masse, die ein
schmutzig gelblichweifses Pulver giebt, (ist wohl noch unrein).
Es ist luftbeständig, geruchlos, schmeckt ekelhaft bitterlich
und anhaltend kratzend scharf, nach rohen Kartoffeln. Das aus
Bittersüfs erhaltene hat zugleich den reizenden Nachgeschmack
von Bittersüfs, wirkt narkotisch giftig, nach Otto auffallend
lähmend auf die hintern Extremitäten, bewirkt, aufs Auge ge-
strichen, keine Erweiterung der Pupille, reagirt sehr schwach
alkalisch; schmilzt nicht ohne Zerlegung. Das nach Henry
erhaltene schmilzt in gelinder Wärme zu einer harzähnlichen
Masse, welche, mit Alkohol befeuchtet, weifs und pulverig
wird 5 nicht flüchtig, durch Hitze wird es zerstört und liefert in trocke-
ner Destillation sauer reagirende, wenig nach thierischeu Theilen riechende
Dämpfe. An der Luft erhitzt, verbrennt es unter Schmelzen und Auf-
blähen mit heller Flamme. Concentrirte Salpetersäure löst das nach Otto
bereitete Solanin ohne Färbung auf, das Henry7 sehe färbt sie grünlich,
dann gelb und zuletzt blafs rosenroth; couceutrirre Schwefelsäure färbt
beide braun, dann violettroth. — In Wasser ist Solanin sehr wenig
löslich , die Lösung schäumt stark beim Schütteln , reagirt aber
fast gar nicht alkalisch, auch Gallustinktur trübt sie nicht.
Das Henry* sehe verbindet sich auch mit Wasser zu einem
weifseji gallertartigen Hydrat (s. 0.). In Weingeist ist das aus
Kartoffelkeimen bereitete etwas langsam löslich, das Henry
sehe etwas leichter, beide Lösungen reagiren schwach alka-
lisch; in Aether sind beide Arten unlöslich oder kaum löslich.
— Zu Säuren zeigen beide weit geringere Affinität als die
abgehandelten organischen Alkalien, sie neutralisiren sie
V e r a t r i n.
ms
schwieriger. Die Solaninsalze sind meistens unkristallisirbar.
Doch efflorescirt schwefelsaures Solanin nach Otto beim Ver-
dunsten der Lösung in blumenkohlähnlichen Auswüchsen. iPayen
und Chevallier wollen es auch in kristallinischen Binden erhalten haben.)
Sie sind geruchlos und schmecken widerlich bitterlich und an-
haltend kratzend-scharf, wirken narkotisch giftig. Sie sind
leicht löslich in Wasser und Weingeist, ihre wässerigen
Lötungen werden durch Gallustinktur flockig gefällt, sie ge-
ben mit Flatinchlorid einen gelben Niederschlag. Bis jetzt sind
die Solaninsalz© noch wenig, untersucht.
Das Solanin der Kartoffeln und das Solanin von Bittersüfs sind viel-
leicht verschiedene Alkalien, was weitere Versuche entscheiden müssen.
Anwendung : Bis jetzt wurde Solanin noch nicht als Arzneimittel be-
nutzt. Es macht aber den wirksamen Bestandteil der giftigen Solanura-
arten aus.
V er airin £ Veratrium).
Synonyme : Sabadiftio.
Meif stier entdeckte dieses Alkali 1818; Pelletier und Caventou er-
hielten dasselbe 181» ebenfalls. — Es findet sich in den Sabadillsamen
(von Veratrum ofßcinale Schlecht.') und den übrigen Veratrumarten.
§. $41. Man bereitet das Veratrin aus den von den Hülsen
befreiten und gepulverten Sabadillsamen nach Henry ganz
auf gleiche Weise wie das Solanin aus Bittersüfs (§• $Ü0).
Das durch Fällen mit Ammoniak erhaltene weifse Pulver ist
aber noch nicht rein. Man behandelt es mit Aether, so lange
dieser etwas aufnimmt (es bleibt meistens eine dunkelbraune, extract-
artige, sehr bittere, nicht merklich alkalisch reagiren.de, in Wasser schwie-
rig und tlieilwcise, in Weingeist leicht lösliche, in Aether unlösliche Masse
oder braune Flocke« zurück), und destiilirt den Aether ab, oder
giefst die Lösung auf Wasser und überläfst sie der freiwilli-
gen Verdunstung. — Oder man zieht die Samen wiederholt
kochend mit mit Salzsäure angesäuertem Wasser aus, ver-
dampft die Auszüge zur Syrupdicke, setzt so lange Salzsäure
zu, als Trübung entsteht, liitriri , zersetzt das Filtrat mit
überschüssigem Aetzkalk, digerirt den gewaschenen Nieder-
schlag mit Alkohol, verdampft den Auszug, löst den Rück-
stand in verdünnter Essigsäure auf, und feilt die Lösung
mit Ammoniak; Merck . Den gewaschenen Niederschlag rei-
nigt man nöthigen Falls mit Aether wie oben angeführt. —
Vasma zieht Sabadillsamen mit verdünnter Schwefelsäure aus
(1 Unze Säure auf i Pfund Samen), neutral isirt die wein-
gelbe Flüssigkeit genau mit kohlensaurem Natron, dampft zur
Extractdicke ab und behandelt das noch warme Extract mit
Alkohol. Die weingeistige Auflösung wird abdestillirt, der
Rückstand mit verdünnter Schwefelsäure ausgezogen und
diese Lösung so lange mit kohlensaurem Natron versetzt, als
sich noch ein Niederschlag bildet. Durch wiederholte Auflö-
sung in verdünnter Säure und Fällung mit Alkali wird es
1216
Organische Basen.
reiner erhalten. (10 Pfund Samen geben auf diese Weise
3 — 4 Drachmen Veratrin.)
§. 242. Das auf die beschriebenen Methoden dargestellte
Veratrin stellt ein weifses oder grimliehweifses, seidenglän-
zendes, unter dem Microscop kristallinisches Pulver dar, wel-
ches aus seiner Auflösung in Aether, wenn sie auf Wasser
verdunstet, in glänzenden durchsichtigen oder durchscheinen-
den Lamellen zurück bleibt. *) Das Veratrin ist geruchlos,
aber die geringste Menge Staub in die Nase gebracht ver-
ursacht das heftigste, anhaltendste Niesen, mit Kopfweh und
Uebelkeit; es schmeckt brennend scharf, ist sehr giftig, er-
regt innerlich genommen in kleinen Dosen Erbrechen und
Purgiren ( Vie Gran tödtete eine junge Katze binnen 10 Mi-
nuten) 5 es schmilzt leicht in gelinder Wärme, und wird in
höherer Temperatur zersetzt. Concentrirte Salpetersäure färbt
sich damit hochroth, später gelb. Concentrirte Schwefelsäure
färbt sich damit anfangs gelb, dann blutroth, später violett.
Unlöslich in Wasser und alkalischen Flüssigkeiten , leichtlös-
lich in Alkohol , schwieriger in Aether. Die Lösungen bläuen
rothes Lackmuspapier und färben rothes Dahlienpapier grün.
Nach einer spätem Angabe von Couerbe enthalten die Sabadillsamen
zwei organische Basen , von denen die eine, welche er Sabadillin nennt ,
in kochendem Waster löslich ist; er bediente sich zur Darstellung und
Scheidung der folgenden Methode. Man zieht die Sabadillsamen mit Al-
kohol aus destillirt den Alkohol ab, löst das erhaltene Extract in ver-
dünnter Schwefelsäure, digerirt mit Blutkohle und fällt die Lösung durch
Alkali (1 Pfund Samen giebt 72 Gran Niederschlag). Der erhaltene Nie-
derschlag besteht aus Veratrin, einer zweiten Pflanzenbasis: dem Saba-
dillin, welches kristallisirt erhalten werden kann, und einer dritten, nicht
kristallisirbaren. Aufserdem sind darin noch zwei nicht basische Substanzen
enthalten. Dm das Veratrin rein darzustellen, wird der Niederschlag
wieder in verdünnter Schwefelsäure gelöst und so lange Salpetersäure
zugesetzt, als dadurch noch ein schwarzer, pechartiger Niederschlag ent-
steht. Diese Substanz ist nicht untersucht. Die filtrirte Lösung wird durch
sehr verdünnte Kalilauge gefällt, der Niederschlag gewaschen, getrocknet
und in wasserfreiem Alkohol gelöst, die Lösung verdampft und der Rück-
stand mit Wasser ausgekocht, wobei Veratrin und eine nicht basische Sub-
stanz ungelöst Zurückbleiben, während Sabadillin und die andere Basi#
von dem Wasser aufgenommen werden. Aus dem unlöslichen Rückstand
*) Merck erhielt aus einer alkoholischen bedeckten Lösung des nach seiner
Methode dargestellten Veratrins beim Verdampfen an der Luft mehrerefLi-
nien lange rhombische Säulen, von denen er mir eine kleine Quantität zur
Untersuchung mittheilte; sie waren vollkommen farblos, durchsichtig, glas-
glänzend, unlöslich in siedendem Wasser, leichtlöslich in Alkohol, von alkali-
scher Reaction, in der Wärme undurchsichtig werdend, in höherer Tem-
peratur zu einer ölartigen Flüssigkeit schmelzend; bei fortgesetzter Erhitzung
trat Zersetzung ein ohne Zeichen von Sublimation; sie lösten sich in con-
centrirter Schwefelsäure mit blutrotber Farbe, leicht in warmer verdünnter
Essigsäure, diese Auflösung gab mit Ammoniak einen weifsen kristallinischen
Niederschlag; ihre verdünnte salzsaure Auflösung wurde durch Platinchlorid
nicht getrübt, die concentrirte giebt einen gelben kristallinischen Nieder-
schlag.
Sabadillin, Colehiciti.
mi
zieht man durch Aether das Veratrin aus. Bei dem Verdunsten der äthe-
rischen Lösung bleibt es als eine farblose, harzartige, spröde, bei 115°
schmelzende, nicht kristallinische Masse zurück, die iu ihren übrigen Ei-
genschaften mit dem nach andern Methoden dargestellten Veratrin überein-
kommt.
Die Salze des Veratrins haben einen schwachen, brennenden Geschmack,
reagiren neutral. Das reine salzsaure Veratrin kristallisirt in kurzen, in
Wasser und Alkohol leichtlöslichen Nadeln. Auf 1 Aeq. Salzsäure enthält
dieses Salz 3418,554 Veratrin [Couerbe'). Das schwefelsaure Salz wird
erhalten durch Auflösung von Veratrin in warmer verdünnter Schwefel-
säure. Beim Verdunsten kristallisirt es in langen vierseitigen Nadeln, di©
2 At. Kristallwasser enthalten, was beim Schmelzen fortgeht. 100 Vera-
trin sind darin mit 14,66 Schwefelsäure verbunden C Couerbe ).
Sabadillin .
Es wurde von Couerbe auf die beim Veratrin angegebene Weise ab-
geschieden, indem das mit Alkali gefällte Veratrin mit Wasser ausgekocht
wird, worin sich das Sabadillin löst. Beim Erkalten kristallisirt es fast
vollständig heraus in schwach rötblich gefärbten, sternförmig zusammen-
gruppirten, sechsseitigen Prismen. Im reinen Zustande ist es farblos, von
höchst scharfem Geschmack. Bei 200° schmilzt es zu einer harzähnlichen
Masse, wobei es 9,53 p. c. Wasser verliert; bei höherer Temperatur wird
es zersetzt. In kochendem Wasser ist es löslich , iu kaltem nur sehr we-
nig. Auch von Alkohol wird es leicht gelöst, kann aber daraus nicht kri-
stallisirt erhalten werden. Von Aether wird es nicht aufgenommen. Es
reagirt stark alkalisch und bildet mit den Säuren meist kristallisircnde Salze.
Durch starke Säuren wird es zersetzt. 100 Th. Sabadillin sättigen 19 Th.
Schwefelsäure. Nach der Analyse des schwefelsauren Salzes ist das Atom-
gewicht = 3687,68.
Wird die Flüssigkeit, aus der das Sabadillin kristallisirt ist, abge-
dampft, so scheiden sich ölartige Tropfen ab, die zu einer rothbraunen,
harzähnlichen, spröden Substanz erstarren. Couerbe nannte sie Resini-
gomme, später Monohydrate de Sabadillin. Es ist in Wasser löslich, rea-
girt alkalisch, bildet mit den Säuren nicht kristallisircnde Salze, aus denen
es durch Alkali abgeschieden wird, ln Alkohol ist es löslich, aber unlös-
lich in Aether. Couerbe giebt dafür die Formel C20 H28 N2 06 , wonach es
von dem geschmolzenen Sabadillin nur durch den Gehalt von 1 At. Wasser
verschieden wäre, dieses läfst sich aber durch Schmelzen nicht entfernen.
Die Verbindungen mit den Säuren sind durchaus von denen der beiden an-
dern Basen verschieden.
Die in Aether unlösliche, bei der Reinigung des Veratrins zurück-
bleibende Substanz ist braun, hart, harzähnlich , löslich in Alkohol und
Säuren, ohne dafs jedoch letztere davon neutralisirt werden. Nach einer
Analyse sind die Elemente in folgendem Verhältnifs darin enthalten: CI4
H1S N 03. — E. Simon behauptet, dafs Couerbe’s Sabadillin nichts anderes
als eine Doppel Verbindung von Harz und Natron mit Harz -Veratrin sey.
Wenn man sie in verdünnter Schwefelsäure löse, so könne man durch
Ammoniak reines Veratrin fällen.
Colchicin ( 'Colchicium ).
Dieses organische Alkali wurde von Pelletier und Caventou mit Ve-
ratrin zusaramengeworfen ; Geiger und Hesse zeigten in neuester Zeit
dessen Eigentümlichkeit. — Es findet sich in allen Theilen der Zeitlose
( Colchicum autumnale) und wohl in allen übrigen Colchicumarten»
Zusammensetzung und Atomgewicht unbekannt.
1218
Organische Basen.
§. 243. Man erhält das Colchicin auf die bei Daturia
angeführte Weise, durch Ausziehen der zerstofsenen Samen
mit mit Schwefelsäure angesäuertem Alkohol in der Wärme,
Versetzen des Auszugs mit Kalk, Saturiren des Filtrats mit
Schwefelsäure und Entfernen des Weingeistes wie angeführt.
Die concentrirte wässerige Flüssigkeit versetzt man mit über-
schüssigem kohlensauren Kali, prefst den Niederschlag zwi-
schen vielfach gelegtem Druckpapier, löst den trockenen
Rückstand in absolutem Alkohol, behandelt die filtrirte Lösung
mit Blutlaugenkohle, bis sie entfärbt ist, und verdampft das
Filtrat in gelindester Wärme. Ist das Alkali nicht rein, so
mufs es wiederholt in absolutem Weingeist gelöst und mit
Thierkohle behandelt werden ; oder man bindet es an eine
wässerige Säure, Schwefelsäure, zerlegt die Lösung mit über-
schüssigem Aetzkalk, zieht das Colchicin mit Aether aus;
destilliri den Aether vom Auszug ab, nimmt den Rückstand
mit Weingeist auf, behandelt ihn, wenn er nicht farblos ist,
nochmals mit Blutlaugenkohle, filtrirt, versetzt das Filtrat mit
etwas Wasser und verdampft in gelinder Wärme. — Auf
ähnliche Art wird Colchicin aus den Blumen und der im Juli
gegrabenen frischen Wurzel erhalten.
Erklärung wie bei Daturia , Veratrin und andern Alkalieu. Wegen
der leichten Löslichkeit des Colchicins in Wasser läfst es sich nicht so
leicht ohne bedeutenden Verlust durch blofses Fällen wie Veratrin rein
darstellen , und mufs darum auf angeführte Art gereinigt werden.
§. 244. Die Eigenschaf len des Colchicins sind: Es kri-
stailisirt aus seiner geistig- wässerigen Lösung in farblosen
Prismen und Nadeln. Beim Verdampfen seiner geistigen oder
ätherischen Lösung bleibt es zum Theii als eine durchsich-
tige firnifsartige Masse zurück; ist geruchlos, der Staub er-
regt a>«(:h nicht so Niesen wie Veratrin; schmeckt sehr bitter,
hintenriach anhaltend kratzend scharf, jedoch nicht brennend
wie Veratrin. Wirkt in sehr geringen Dosen heftig Erbre-
chen und Purgiren erregend, leicht giftig, selbst tödtlich !
C/i6 Grau war hinreichend, eine junge Katze unter kolikartigen krampfhaf-
ten Krümmungen, Erbrechen und Purgiren, binnen 12 Stunden zu tödtenl).
ßeagirt nur sehr schwach alkalisch, röthet jedoch Bhabarbarin
und bläut geröthetes Lackmuspapier. Ist luftbeständig, schmilzt
leicht in gelinder Wärme, in stärkerer Hitze wird es zerstört
und verhält sich dem Veratrin ähnlich. An der Luft erhitzt brennt es mit
heller Flamme, unter Hinterlassung einer schwierig völlig zu verbrennen-
den Kohle. Concentrirte Salpetersäure färbt es dunkel violett oder blau,
die Farbe geht schnell in Olivengrün und Gelb über, concentrirte Schi-ve-
felsäure färbt es gelbbraun , nicht violett (Unterschiede von Veratrin). —
In Wasser ist Colchicin ziemlich leichtlöslich (Unterschied von
Veratrin); die verdünnte Lösung wird durch lodtinktur schnell
mit schöner Kermesfarbe verdickt, Platinauflösung fällt sie
gelb, und Gallustinktur stark in weifsen Flocken. In Wein-
geist ist es sehr leicht löslich, auch in Aether ist es löslich. —
Säuren neutralisirt Colchicin vollständig und zeigt dabei, ob-
Aconitin.
m9
fleich es nur wenig1 alkalisch reagirt (s. o.)« eine nicht un~
eträchtliche Sättigungscapacität. Die Colchicinsalze sind
zum Theil kristaliisirbar und luftbeständig (wie schwefelsau-
res Colchicin), schmecken äufserst bitter, dann kratzend 5
wirken wie das Colchicin. Sie sind sehr leichtlöslich in Was
ser und Weingeist 5 die wässerige Lösung verhält sich gegen
Jodtinktur und Gailustinktur wie die wässerige Lösung des
reinen Colchicins, Platinauflösung fällt sie aber nicht; anorga-
nische Alkalien schlagen aus der concentrirten Lösung festes
Colchicin nieder, die verdünnten trüben sie nicht (Unterschied von
den Veratrinsalzen).
Anwendung: Bis jetzt wurde Colchicin nicht als Arzneimittel ge-
braucht. Es verdient aber die Beachtung der Aerzte in hohem Grade, da
es weit sicherere Dosenbestimmung gewährt, als alle bisherigen Präparate
der Zeitlose.
Aconilin ( Aconitium ).
Ist in neuester Zeit von Hesse entdeckt. — Findet sich in Aconitum
Napellus h. und wohl allen übrigen scharfen Arten von Aconitum.
Zusammensetzung und Atomgewicht unbekannt.
§. 245. Man erhält das Aconitin auf ähnliche Art wie
die vorhergehenden Alkalien, Entweder aus dem Saft der
frischen Blätter ähnlich wie Hyoseyamin u. s. w., oder aus
getrockneten scharfen Blättern durch Ausziehen derselben
mit Weingeist in der BeaSschen Presse, Versetzen des Aus-
zugs mit Kalkhydrat, Filtriren, Versetzen des Filtrats mit
Schwefelsäure, wieder Filtriren, Abziehen des gröfsten Theils
von Weingeist, Versetzen des Rückstandes mit Wasser und
Entfernen des letzten Restes Weingeist durch Verdunsten in
gelindester Wärme, Hinstellen in die Kälte, wieder Filtriren
und Zerlegen des klaren Filtrats mit kohiensaurem Kali, Pres-
sen des Niederschlags zwischen Druckpapier, Auflösen des-
selben in absolutem Alkohol , Behandeln der Lösung mit Blut-
laugenkohle und Verdampfen des mit etwas Wasser versetzten
Filtrats. Ist das Aconitin noch nicht farblos, so reinigt man
es wie Colchicin durch Binden an wässerige Schwefelsäure,
Zerlegen des schwefelsauren Aconitins mit überschüssigem
Aetzkalk, Ausziehen des Aconitins mit Aether, Abdestilliren
des Aethers, Aufnehmen des Rückstandes mit Weingeist und
Verdampfen der mit etwas Wasser versetzten geistigen Lösung.
— Aus dem Samen erhält man es wohl einfacher und in reichlicherer
Menge?
Erklärung , wie bei Colchiciu u. s. w.
§• 246. Die Eigenschaften des Aconitins sind: Es kri-
stallisirt aus seiner geistig-wässerigen Lösung beim Verdam-
pfen zum Theil in weifsen Körnchen, häufig bleibt es aber als
eine farblosdurchsichtige glasglänzende, völlig trocken brüchige
Masse zurück ; ist geruchlos, schmeckt bitter, dann anhaltend
1Ü&0 Organische Basen.
scharf und kratzend. Hat aber bei weitem nicht die bren-
nende, mehrere Stunden andauernde Schärfe des Krauts! Nur
unreines, noch bräunlich gefärbtes, schmeckt zum Theil sehr
brennend scharf. (Diese brennende Schärfe scheint ihm nicht wesentlich
anzugehören , sondern von eiuein dem Anemonin ähnlichen flüchtigen Stoff
herzurühren, der ihm innig anhängt.) Wirkt ällfserst giftig l Vso Gran
ist hinreichend , einen Sperling in einigen Minuten zu tödten, und l/l0 Gran
tödtet ihn blitzähnlich. Starrkrampf, wie bei Coniin , zeigt sich hiebei
nicht. Das wenig scharfe wirkt eben so giftig, als dasjenige,
welchem noch viele Schärfe anhängt. Aeufserlich auf’s Auge
gebracht, bewirkt es kurze Zeit Erweiterung der Pupille. Es
reagirt (im feuchten Zustande) beträchtlich und bleibend alka-
lisch \ ist luftbeständig, sehr leicht schmelzbar, nicht flüchtig.
Liefert in trockener Destillation ammoniakhaltende Dämpfe. Unter Luft-
zutritt erhitzt verbrennt es rasch mit heller rufsender Flamme, ohne
Rückstand zu lassen. Rauchende Salpetersäure löst es ohne Färbung
auf; Vitriolöl färbt es erst gelblich, dann schmutzig violettroth. — >
In Wasser ist Aconitin schwerlöslich, bei gewöhnlicher Tem-
peratur bedarf es ungefähr 150 und in der Kochhitze gegen
50 Theiie, die concentrirte Lösung trübt sich nicht beim Er-
kalten. Iodtinktur bewirkt in der verdünnten Lösung Ver-
dickung mit Kermesfarbe, Goldchiorid starke weifsliche
Trübung und später Bildung gelber körniger Kristäiichen.
Platinauflösung fällt sie nicht, Gallustinktur fällt sie stark in
weifslichen Flocken. In Weingeist ist es sehr leicht löslich,
auch löslich in Aether. — Säuren neutralisirt Aconitin voll-
ständig und bildet damit die Aconilinsalze. Diese sind, so
weit sie untersucht sind, unkristallisirbar, trocknen zu einer
gummiartigen Masse aus, schmecken bitter und scharf, wirken
sehr giftig. In Wasser und Weingeist sind sie leichtlöslich.
Die wässerige Lösung verhält sich gegen die genannten Ilea-
gentien wie die wässerige Lösung des Aconitins; anorganische
Alkalien schlagen daraus Aconitin als ein weifses Pulver oder
in weifsen Flocken nieder. Durch Hitze werden sie zerstört.
Anwendung: Aconitin verdient in mancher Hinsicht den bisherigen,
oft höchst unsiohern Präparaten von Aconitum Napeüus vorgezogeu zu
werden, besonders wenn man die rein narkotische Wirkung der Pflanze
haben will.
Delphinin ( 'Delphininum ).
1819 von Brandes , Lassaigne und Feneulle entdeckt. — Es findet sich
in den Stephanskörnern CDelphinium Staphisagria).
Nach Couerbe erhält man das Delphinin sehr rein durch Ausziehen der
grauen und bräunlichen, nicht der schwarzen Samen, denn diese enthalten
fast nichts davon, mit Alkohol. Dieser wird abdestillirt, der Rückstand
mit verdünnter Schwefelsäure behandelt, die filtrirte saure Lösung wird
mit Alkali gefällt, der Niederschlag getrocknet, in Alkohol gelöst, mit
Blutkohle digerirt, filtrirt und die Flüssigkeit verdampft. Ein Pfund giebt
55 — 60 Gran solchen Delphiuins. Man löst es dann in verdünnter Schwe-
felsäure, setzt tropfenweise Salpetersäure zu, wodurch eine dunkelbraune
Substanz gefällt und die Flüssigkeit entfärbt wird. Nach 24 Stunden kann
mau die Flüssigkeit klar abgiefsen. Durch verdünnte Kalilösung wird sie
Delphinin, Emetin.
im
gefällt, der Niederschlag gut ausgewaschen, getrocknet, in Alkohol gelost
und abgedampft. Es bleibt eine harzähnliche, schwach gelbliche, stark
alkalisch reagirende Masse zurück, die man mit Wasser abspült, um etwa
anhängenden Salpeter zu entfernen. Hierauf behandelt man sie mit Aether,
wodurch das Delphinin gelöst wird und eine andere, von Couerbe Staphi -
sain genannte Substanz zuriickbleibt. So dargestellt ist das Delphinin
schwach gelblich, harzähnlich, als Piilyer fast weifs, von brennendem,
sehr anhaltendem Geschmack, nicht kristallisirbar. Es schmilzt bei 120°,
ist nicht flüchtig; bei gewöhnlicher Temperatur greift Chlor es nicht an,
bei 150° aber färbt es sich damit grün, dann dunkelbraun unter Entwicke-
lung von Salzsäure, wobei nur der Wasserstoffgehalt sich ändert, die re-
lativen Mengen von Kohlenstoff und Stickstoff aber unverändert bleiben.
Die braune Masse enthält dreierlei Substanzen, in denen allen sich der
Kohlenstoff zum Stickstoff wie 15:1 verhält. 150 Tb. Delphinin nehmen
20 Th. salzsaures Gas auf, hiernach ist sein Atomgewicht 2627,8.
Das Delphinin bildet mit den Säuren vollkommen neutrale, aber nicht
genau untersuchte Salze. Die schwefelsaure und essigsaure Verbindung
trocknen zu gummiähnlichen Körpern ein, die salpetersaure und salzsaure
geben zerfliefsliche Salzmassen, das oxalsaure Salz bildet weifse Blättchen.
Das Staphisain ist ein fester, nicht kristallisirbarer, schwach gelb-
licher, bei 200° schmelzender Körper, der, obwohl fast unlöslich in Was-
ser, diesem einen scharfen Geschmack ertheilt, sich in Säuren löst, ohne
sie zu neutralisiren. Salpetersäure verharzt es in der Wärme. Chlor zer-
setzt es bei 150° und zerstört seinen scharfen Geschmack. Nach einer
Analyse soll es bestehen aus 73,56 Kohlenstoff, 8,71 Wasserstoff, 5,78
Stickstoff, 11,94 Sauerstoff, was dem Verhältnifs CI6 II33 N 02 entspricht.
Berzelius hält es für wahrscheinlich, dafs es nur mit einer fremden Ma-
terie verunreinigtes Delphinin sey.
In den übrigen Ranunculaceen , welche neben Schärfe auch noch nar-
kotisch giftige Eigenschaften zeigen, möchte ein ähnliches organisches Al-
kali enthalten seyn. — Die wirksame Substanz der rein scharfen Pflanzen
aus dieser Familie ist flüchtiger öl- und camphor artig er Natur (vergl. Pul-
satillencamphor S. 1064).
Emetin (EmetiumJ.
Das Emetin wurde 1817 von Pelletier und Caventou entdeckt, jedoch
erst 1820 im reinen Zustande dargestellt. Es findet sich in mehreren im
Handel vorkommenden Sorten von Ipecacuanba (von Callicona oder Ce-
phaelis Ipecacuanlia , Psychotria emetica, Richardia scabra u. a.).
$. 247. Man erhält das Emetin im unreinen Zustande, d. h.
mit Säure und Farbstoff verbunden , durch Ausziehen der zer-
stofsenen Wurzel mit kochendem Wasser, Verdampfen der
Lösung zur Trockne, Digeriren des Rückstandes mit Alkohol,
Filtriren der weingeistigen Lösung, Abdestilliren der gröfsten
Menge des Alkohols und Verdampfen zur Trockne. So dar-
gestellt bildet es eine feste durchscheinende Masse mit glän-
zendem muschligem Bruch, die sehr leicht Feuchtigkeit aus
der Luit anzieht, geruchlos ist, sehr scharf bitter ekelerregend
schmeckt und von Wasser sowohl wie von Alkohol leicht ge-
löst wird. Hieraus erhält man das reine Emetin am besten
nach Merck, indem man es in 4 Th. Wasser löst, welches
mit etwas Salzsäure angesäuert ist 5 diese Lösung wird, so
lange ein Niederschlag entsteht, mit Sublimatlösung versetzt.
Der voluminöse Niederschlag wird mit kaltem Wasser gut
i222
Organische Basen.
ausgewaschen, in Aikohoi gelöst, die Lösung mit Schwefel-
barium gefällt, filtrirt, der Baryt durch Schwefelsäure abge-
schieden} die Flüssigkeit wird mit mehr Wasser verdünnt
und so lange erhitzt, bis aller Weingeist verjagt ist. Als-
dann wird das Emetin durch Aetzammoniak niedergeschlagen
und mit kaltem Wasser gut ausgewaschen, wo man es voll-
kommen rein erhält. — Auch kann man die wässerige Lösung des
unreinen Emetins mit essigsaurem Bleioxid versetzen um die färbenden
Theile zu entfernen, das Filtrat mit Hydrothionsäure behandeln, aufs Neue
liltriren, mit überschüssiger reiner Magnesia digeriren , das mit sehr kaltem
Wasser gewaschene Unlösliche trocknen, mit Weingeist ausziehen, den
Auszug verdampfen, mit einer wässerigen Säure auflösen, die Lösung mit
gereinigter thierischer Kohle behandeln, filtriren, das Filtrat durch Ab-
dampfen ziemlich stark eoncentriren , mit Ammoniak, Kali oder Magnesia
fällen, den Niederschlag waschen und trocknen, oder den magnesiahalti-
gen Niederschlag nochmals mit Weingeist ausziehen, und das Filtrat ver-
dampfen. Durch wiederholtes Lösen in Säuren , Behandeln der Lösung
mit kalkfreier Thierkohle, und Fällen der concentrirten Lösung wie an-
gezeigt reinigt man es ferner. Doch gelingt diese Methode nicht so gut.
Das reine Emetin ist ein weifses Pulver, luftbeständig,
geruchlos und fast geschmacklos. Es reagirfc deutlich alka-
lisch. Es ist wenig löslich in kaltem, etwas löslicher in
warmem Wasser. Von Alkohol wird es leicht gelöst, aber
fast nicht von Aether, Oelen und kaustischer alkalischer Lauge.
Es schmilzt schon unter 50°. Mit concentrirter Salpetersäure
wird es zuerst in einen gelben harzartigen, bitteren Stoff
und hierauf in Oxalsäure zersetzt. Das Emetin neutralisirt
die Säuren, bildet aber damit meistens unkristallisirbare Ver-
bindungen; nur die sauren Salze können zum Theil kristalli-
sirt erhalten werden. Sie sind meist leichtlöslich in Wasser,
schmecken scharf und bitter. Durch Goldchlorid, Platinchlorid
und lodkalium werden sie braun, durch Sublimat in weifsen
Flocken gefällt. Gallustinktur bildet damit eine unlösliche
grauweifse Verbindung und wird daher als Gegenmittel gegen
die giftige Wirkung des Emetins benutzt. Schon Vi» dieses
wirkt brechenerregend , 2 — 4 Gran giftig.
In Frankreich wird unter dem Namen Emetine coloree ein unreines,
leicht zerfliefsliclies, braunes Emetin als Medikament angewendet. Es wird
erhalten durch Ausziehen der Brechwurzel mit Alkohol, Verdampfen zur
Trockne, Behandeln des Rückstandes mit Wasser, Sättigen der freien
Säure durch kohlensaure Magnesia und Eindampfen der filtrirten Flüssig-
keit zur Trockne.
Chiococcin. — Von Chiococca racemosa erhielt Brandes durch Behan-
deln des geistigen Auszugs mit Wasser, Versetzen des Filtats mit Aetz-
kali, Behandeln des Niederschlags mit Schwefelsäure, Zerlegen der schwe-
felsauren Auflösung mit Ammoniak, Ausziehen des Niederschlags mit Al-
kohol und freiwilliges Verdunsten des von dem anfangs niedergefallenen
Pulver getrennten Auszugs einen gelblichweifsen, unkristallisirbaren, firnifs-
artigen Rückstand, der zerrieben ein weifses Pulver gab, welches in Säuren
leicht auflöslich war, mit Schwefelsäure eine theils gummiartige, auf der
Oberfläche körnig-kristaiünische Masse bildete, die sauer reagirte. Alka-
lien und Gallustinktur zersetzten diese Verbindung. Diese Substanz stellt
ein hellgrau«» Pulver dar, ist luftbeständig, sohmeckt sehr bitter, hinten-
.v f\ yff! Pi ' ■ v .. . .• m
Strychnin.
tm
nach kratzend scharf; feuchtes lihabarberpapier bräunt es. Ist ziemlich
löslich in Wasser, die Lösung schäumt stark, leichter löslich in Wein-
geist; beide Lösungen reagiren schwach alkalisch und schmecken widerlich
bitter-scharf. Der wässerigen Lösung noch etwas Chiococcin zugesetzt,
blieb sie trübe; Essigsäure hellte die Lösung auf, Aetzammoniak stellte
die Trübung wieder her. Beim Erhitzen bläht sich das Chiococcin stark
auf, schwärzt sich, breiiDfc mit heller Flamme, unter Rücklassung einer
schwierig einzuäschernden Kohle, welche einen Hauch weifser Asche hin-
terläfst, die aber noch alkalisch reagirt. (Geiger. ~) — Nach v. Santen ist
das Chiococcin mit Emetin identisch.
Violin. Nach Boullay ist in der Viola odorata eine eigentümliche
Pflanzenbasis enthalten, welche sich von dem Emetin dadurch unterschei-
det, dafs sie rothes Lackmus grün färbt und leichter in Wasser, aber we-
niger in Weißgeist löslich ist als das Emetin. Man behandelt das alkoho-
lische Extract der Pflanze mit Aetlier, kocht den Rückstand mit verdünnter
Schwefelsäure aus, fällt die Lösung mit Bleioxid, trocknet den Nieder-
schlag und zieht ihn mit Alkohol aus, der heim Verdunsten das Violin als
blafsgelbes Pulver hinterläfst. Es ist leicht löslich in Alkohol, unlöslich in
Aether und Oelen, schmeckt scharf, ist schmelzbar, nicht flüchtig, reagirt
alkalisch, bildet mit den Säuren nicht deutlich ausgesprochene Salze. Die
schwefelsaure Lösung wird durch Gallussäure gefällt. Es wirkt brechen-
erregend.
Strychnin ( Strychnium ).
Dieses organische Alkali w-urde 1818 von Pelletier und Caveniou ent-
deckt. — Es findet sich in den Ignatiusbohnen (von Strychnos Ignatia oder
Iguatia amara), den Krähenaugen (von Strychnos Nux vomica), dem Schlan-
genhoiz (Strychnos colubrina), dem Upasgift (von Strychnos tieute; C'ortex
angusturae f'alsae).
§. 248. Man erMIt das Strychnin am vorteilhaftesten
aus clen Krähenaugen nach Merck ^ indem man die Krähen-
augen mit so viel Wasser, dem der 8te Theii der angewen-
deten Krähenaugen Schwefelsäure zugesetzt wurde, dafs die
Krähenaugen immer bedeckt sind, 24 — 36 Stunden in einem
bedeckten Kessel kocht, wodurch sie ganz erweicht werden $
dann zerquetscht oder mahlt man sie zwischen steinernen Wal-
zen zu einem Brei, was sehr leicht und schnell geht, prefst
diesen scharf aus, kocht den Rückstand wieder mit Wasser
und prefst aus. Sämmtüche Flüssigkeiten versetzt man mit
überschüssigem Aetzkalk, giefst die dunkle Flüssigkeit ab
und prefst den Niederschlag aus; behandelt ihn dann 2mal
mit einer hinreichenden Menge Alkohol von 6,85 spec. Gew.
heifs, destillirt den Weingeist ab und läfst den Rückstand
erkalten; entfernt die Flüssigkeit vom gebildeten Niederschlag,
wäscht diesen mit kaliem Weingeist, so lange sich dieser noch
stark färbt, kocht das wreifsgraue Pulver mit hinreichend
Alkohol und Thierkohle und fHtrirt heifs. Beim Erkalten kri-
stailisirt reines Strychnin heraus. Aus der Mutterlauge und
den Abwaschflüssigkeiten erhält man den Rest, indem alles
verdampft, der Rückstand in Essigsäure aufgelöst, mit Thier-
kohle entfärbt und mit Aetzammoniak gefällt wird. Den Nie-
derschlag sammelt man nach einigen Tagen und kocht ihn
im
Organische Basen.
so lange mit Wasser, als noch nach dem Erkalten Brucin (». u.)
herauskristallisirt. Das Ungelöste ist Strychnin, das man
durch Lösen in heifsem Weingeist, Erkalten und Verdampfen
kristallisirt erhalten kann. — Aehnlich verfahrt man mit den
Ignaliusbohnen und der falschen Angusturarinde . — wittstock
kocht die Krähenaugen einmal mit dein doppelten Gewicht Branntwein in
der Blase aus und trocknet sie, wodurch sie leichter zu pulverisiren sind
(was jedoch im Grofsen etwas schwierig gelingt). Das Pulver wird wie-
derholt (2- bis 3mal) mit hinreichend Branntwein behandelt, der Weingeist
von sämmtlichen Auszügen abdestillirt und das rückständige Flüssige bis
auf 1% Theile der angewendeten Krähenaugen verdampft, dann, so lange
ein Niederschlag entsteht, init essigsaurem Bleioxid versetzt, filtrirt, das
Filtrat zur Hälfte verdampft, mit y48 der angewendeten Krähenaugen Magne-
sia vermischt und 8 Tage digerirt; der erhaltene Niederschlag durch Aus-
pressen und Aussüfsen mit wenig kaltem Wasser gereinigt, getrocknet und
gepulvert, mit dem 6fachen Gewicht Alkohol von 0,835 2- bis 3mal aus-
gezogen, der Weingeist vom Filtrat abdestillirt, wo das Strychnin als ein
weifses Pulver herausfällt. Aus der Mutterlauge erhält inan beim fernem
Verdunsten noch etwas Strychnin und später Brucin. Ersteres wird ge-
reinigt, indem man es in genau hinreichender Menge sehr verdünnter Sal-
petersäure auflöst und bei gelinder Wärme verdampft, wo zuerst salpeter-
saures Strychnin anschiefst, welches wie angeführt durch Ammoniak oder
Magnesia zerlegt , in Alkohol gelöst und kristallisirt wird. — Dufios zieht
die geraspelten Krähenaugen mit Weingeist von 0,88 spec. Gew., dem
VstJ6 Schwefelsäure von 1,63 spec. Gew. zugesetzt wurde, wiederholt aus,
digerirt die Auszüge mit Knochenkohle, filtrirt und destillirt den Weingeist
ab; der Rückstand wird, wenn er nicht die Hälfte der angewandten Krä-
henaugen beträgt, mit hinreichend Wasser versetzt, dann so lange unter
beständigem Rühren doppeltkohlensaures Kali zugesetzt, bis die Flüssigkeit
etwas alkalisch reagirt, nach einiger Zeit filtrirt, und das Filtrat mit Aetz-
kali gefällt; nach 24 Stunden sammelt man den Niederschlag auf einem
Filter und wäscht ihn mit Wasser, trocknet und zerreibt ihn und über-
giefst ihn mit dem 4fachen Gewicht wasserfreiem Weingeist, schüttelt
öfter, filtrirt nach einigen Stunden und wiederholt die Operation, dann
kocht man das getrocknete Ungelöste wiederholt mit Wasser, bis das er-
kaltete Filtrat nicht mehr durch concentrirte Salpetersäure geröthet wird;
trocknet dann das Strychnin oder löst es in kochendem Alkohol und läfst
es kristallisiren. — Ferrari zieht die Krähenaugen wiederholt mit schwach
mit Schwefelsäure oder Salzsäure angesäuertem Wasser aus ; zerlegt die
Auszüge mit überschüssigem Kalk , versetzt die Mutterlaugen wieder mit
etwas Säure, verdampft bis auf wenig Rückstand, der wieder mit Kalk
versetzt wird. Die Niederschläge zieht er mit heifsem Alkohol aus; de-
stillirt den Weingeist vom Filtrat ab , und reinigt das Strychnin durch
Behandeln mit verdünnter Salpetersäure, Thierkohle u. s. w. wie oben.
(Vergl. auch Winckler im Magazin für Pharmacie Bd. 19. S. 26t.) —
Auch kann man im Kleinen die Krähenaugen fein raspeln, mit Wasser
befeuchten, so dafs sie stark zusammenballen, einige Zeit kalt anziehen
lassen, und sie mit kaltem Wasser in der Realschen Presse extrahiren.
(Die Masse mufs gleichförmig verbreitet und ganz locker in die Presse
gebracht werden, damit das Wasser [jedoch, wie immer bei der Presse,
langsam] durchdringe; man läfst so lange Wasser durchlaufen, bis dieses
nur noch mäfsig bitter schmeckt.) Der Auszug wird zur Trockne verdampft,
und mit Weingeist digerirt, so lange dieser etwas aufnimmt. Das Filtrat
wird bis auf weniges Flüssige verdunstet, mit reiner Magnesia versetzt,
digerirt, in gelinder Wärme fast zur Trockne verdampft, dann mit kaltem
Wasser gewaschen, und durch Einschlagen zwischen Fliefspapier und
Pressen die Feuchtigkeit möglichst entfernt. Der trockene Rückstand wird
mit gewöhnlichem Alkohol heifs behandelt, so lange dieser etwas löst, und
das Filtrat der freiwilligen Verdunstung überlassen. Durch Behandeln mit
Strychnin.
ms
schwachem Weingeist, wiederholtes Lösen in starkem, und Kristallisiren
oder Behandeln mit heifsem Wasser oder verdünnter Salpetersäure befreit
man es von Brucin. — Corriol zieht die Kräheuaugen mit kaltem Wasser
aus, aber er macerirt dieselben 8 Tage damit, und wiederholt die Opera-
tion dreimal. Robiquet macht hiergegen den gegriiudeten Einvvurf, dafs
der Auszug leicht in Gährung gehen und zum Theil verderben könne (also
ist die eben angegebene Methode vorzuziehen). Den Auszug verdampft er
nur zur Syrupsdicke, vermischt ihn mit Alkohol, destillirt den Weingeist
von dem Filtrat ab und nimmt den zur Extructdicke verdampften Rückstand
mit kaltem Wasser auf, filtrirt, um das Fett abzuscheiden, erwärmt das
Filtrat, versetzt es mit Kalkmilch im üeberschufs, behandelt den getrock«
neten und gewaschenen Niederschlag mit starkem Alkohol in der Hitze,
filtrirt und dampft ab ; macerirt das unreine Strychnin mit etwas schwachem
Alkohol, um die färbenden Theile und Brucin zu entfernen, löst es in
starkem kochenden Alkohol und überläfst die Lösung der freiwilligen Ver-
dunstung, wo das Strychnin schön herauskristallisirt. — Henry verfährt
auf ähnliche Art; nur kocht derselbe die gepulverten Krähenaugen wieder-
holt mit Wasser, versetzt den zur Syrupsdicke verdampften Auszug mit
Kalk etwas im üeberschufs, behandelt die Masse mit Weingeist, destillirt
denselben von dem Filtrat ab, und reinigt das Strychnin durch wiederholtes
Lösen in Weingeist und Kristallisiren; oder durch Auflösen desselben in
sehr verdünnter Salpetersäure, Behandeln der Flüssigkeit mit thierischer
Kohle, Fällen des Strychnins mit Ammoniak, Lösen des gewaschenen.
Niederschlags in Weingeist und Kristallisiren. — Die ursprüngliche Vor-
schrift von Pelletier und Cuventou , es aus den Ignatiusbohnen darzusteifen,
war: die zerkleinerten Bohnen erst mit Aether auszuziehen, um das Fett
zu entfernen; dann sie wiederholt mit Weingeist zu behandeln, bis sie
erschöpft sind , die weingeistigen Auszüge durch Destilliren und Abdampfen
in die Enge zu bringen , mit wässerigem Kali zu versetzen, so lange ela
Niederschlag entsteht, oder mit Magnesia zu digeriren; das erhaltene Un-
lösliche mit kaltem Wasser zu waschen, dann mit Alkohol kochen und
filtriren ; aus dem mit wenig Wasser versetzten Filtrat kristallisirt das
Strychnin beim freiwilligen Verdampfen. — Aelinlich verfuhren sie mit Krä-
henaugen , nur versetzten sie die wässerige Lösung, um die färbenden
öligen Theile zu entfernen, so lauge ein Niederschlag entsteht, mit essig-
saurem Bleioxid , und reinigten das von dem Niederschlag durch Filtriren
befreite Flüssige mit Hydrothionsäure vom Bleigehalt (wobei sich dieselbe
ebenfalls entfärbt) , bevor sie es mit Kali oder Magnesia versetzten. Da
hiebei Strychnin gefällt wird, so unterliefsen sie später die Behandlung mit
Bleisalz, sondern behandelten das vom Fett u. s. w. durch Filtriren befreite
Extract sogleich mit Magnesia, wuschen den Niederschlag mit kal#em Was-
ser, lösten ihn in kochendem Alkohol und dampften den Auszug zur star-
ken Syrupdicke ab, der in kurzer Zeit körnig wird; dann wuschen sie
denselben mit schwachem kalten Weingeist und lösten ihn in starkem in
der Hitze, wo beim Verdunsten Strychnin anschiefst. In den Mutterlaugen
und Abwaschwassern ist, neben wenig Strychnin, vorzüglich Brucin enthalten.
Erklärung : Aehnlich wie bei Morphin. Die Krähenaugen sind jedoch
wegen ihrer Härte und Zähigkeit schwierig zu zerkleinern, daher sie Merck
mit verdünnter Schwefelsäure anhaltend erhitzt, wodurch der harte Schleim
in Zucker verwandelt wird und die Faser ganz erweicht. Das Strychnin
ist iu den Pflanzen an eine Säure, sogenannte Igasursäure, gebunden,
von der es durch Alkalien getrennt, als sehr schwerlöslich in Wasser aus-
geschieden , und auf ähnliche Art gereinigt wird. — Die Reinigung von
Brucin gründet sich auf dessen leichtere Löslichkeit in Wasser und wässeri-
gem Weingeist, und die leichtere Löslichkeit des salpetersauren Brucins.
§• 249. Die Eigenschaften des Strychnins sind : Es
kristallisirt beim freiwilligen Verdunsten aus der wässerig-
Ceiger’s Pharmacie . /. (5 Ic Au ft.) 78
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Organische Basen.
geistigen Lösung in blendend weifsen, glänzenden, regel-
mäfsigen Octaedern, oder in sehr kleinen vierseitigen Prismen,
mit eingedrückten vierseitigen Pyramiden zugespitzt. Beim
schnellen Verdampfen und Erkalten der Lösung erhält man es
als ein weifses körniges Pulver. Ist luftbeständig, geruchlos,
schmeckt sehr bitter, mit einem unangenehmen , gleichsam
metallischen Nachgeschmack. Wirkt schon in sehr kleinen
Dosen äufserst giftig (Gegengifte nach Donne : Iod- und Brom-
Tinktur [? J. — Vergl. Magaz. für Pharmac. Bd. 29. S. 289). — Es ist
nicht schmelzbar, nicht flüchtig und wird durch Hitze leicht
zerstört. Concentrirte Salpetersäure löst es, wenn es ganz rein ist, mit
gelber oder grünlichgelber Farbe auf, welche durch Zinnsolution nicht
verändert wird; enthält es aber noch Brucin, so färbt sich die Auflösung
schön amarmitroth , dann gelb (s. u.). Concentrirte Schwefelsäure färbt
es braunroth, später violett; Merck. — Es erfordert 7000 Theile
kaltes und 2500 Theile kochendes Wasser zur Lösung. Die
lOÖfach verdünnte Lösung schmeckt noch merklich bitter.
Silber- und Goldsolution färben die Lösung unter Lichteinflufs,
erstere bräunlichroth, letztere bläulich 5 die violette Lösung
des mineralischen Chamäleons färbt sie grün, Gallustinktur
trübt sie weifs; Duflos. Auch in Weingeist ist Strychnin
etwas schwer löslich, und zwar weit schwerer löslich in ab-
solutem, der es kaum angreift, als in wasserhaltigem. Wein-
geist von 0,870 spec. Gew. löst nach Duflos 5 Procent, und
Branntwein von 0,934 nach Merck V240 bei gewöhnlicher Tem-
peratur. In Aether ist es unlöslich, eben so in ätzenden Al-
kalien.
Man schlägt das Strychnin und einige der im folgenden § beschriebe-
nen Strychninsalze als Arzneimittel vor. Gröfste Vorsicht hiebei.
§. 250. Das Strychnin neutralisirt die Säuren voilstän-
dig/und bildet mit ihnen die Stryck ninsalz e , welche durch
Auflösen des Strychnins in verdünnten Säuren und sehr ge-
lindes Verdunsten der Lösungen erhalten werden. Die Strych-
ninsalze sind meistens kristallisirbar und leicht löslich in Was-
ser, schmecken überaus bitter und wirken äufserst giftig; in
der Hitze sind einige etwas flüchtig; Ferrari . Wässeriges
Chlor trübt die Lösung der Strychninsalze stark, chlorsaures
Kali und Iodkalium bewirken weifse Niederschläge, Gold-
auflösung und Platinauflösung gelbe Niederschläge , Merck;
auch Gallustinktur fällt sie stark. Aetzende Alkalien zerle-
gen sie und schlagen Strychnin als ein weifses Pulver nieder
(io sehr verdünnten Lösungen entsteht erst Trübung und ein kristallinischer
Niederschlag, wenn man die Wände des Gefäfses mit einem Glasstab stark
reibt; Merck ). — Man kennt bis jetzt:
Salzsaures 8trgchnin. Formel: Sr, Cl2 H2. Kristallisirt in warzen-
förmig zusammengehäuften Nadeln, welche an der Luft undurchsichtig
werden. In Wasser ist es viel löslicher als das schwefelsaure Salz. Bei
Erhitzung bis zur beginnenden Zersetzung der Basis entwickelt sich Salz-
säure. Wird Chiorgas in mit Wasser angerührtes Strychnin geleitet, so
löst es sich, wahrscheinlich unter Bildung von chlorsaurem und salzsaurem
Strychnin.
1227
Salz, auf; beim Abdampfen wird die Masse braun. Quecksilber-Chlorid
und -Cyanid, so wie salpetersaures Quecksilberoxid, fällen das Salz als
weifse flockige (aus sehr verdünnten Lösungen kristallinische, Winkler')
Doppelverbindung. Durch Platinchlorid wird ein gelbes Doppelsalz gefällt,
welches 17,82 p. c. Platin enthält.
lodwasserstoffsaures Strychnin. Kleine weifse Blättchen oder glatte
Nadeln; in kaltem Wasser ist es so unlöslich, dafs es aus der Lösung
anderer Strychninsalze durch Iodkalium gefällt wird. Das S. 1161 er-
wähnte Iodstrychnin enthält nach Regnault auf 1 At. Strychnin 3 At. lod.
Cyanwasserstoffsaures Strychnin wird durch Auflösung der Basis in der
Säure erhalten und kristaliisirt beim Abdampfen der Lösung, die Eisen-
salze mit blauer Farbe fällt.
Schwefelcyanwasserstoffsaures Strychnin wird erhalten durch Mischung
einer wässerigen Lösung eines Strychninsalzes mit einer Lösung von Schwe-
felcyankalium ; hierbei trübt sich die Flüssigkeit und beim Umrühren fällt
das Salz in weifsen Sternchen kristaliisirt nieder. Beim Erhitzen bis zu
70° löst es sich und kristaliisirt beim Erkalten in seidenglänzenden Nadeln.
Man kann auf diese Weise y37S Strychnin in der Flüssigkeit entdecken;
nach Artus soll diese Reaction bei medicolegalen Fällen zur Aufsuchung
kleiner Mengen von Strychnin sehr anwendbar seyn. — Wird Schwefel-
wasserstoff in mit Wasser angerührtes Strychnin geleitet, so wird es ge-
löst, beim Verdampfen der Lösung aber entweicht der Schwefelwasserstoff
und die Basis fällt kristallinisch nieder. Auch durch Alkalien wird es aus
der Lösung gefällt.
+
Schwefelsaures Strychnin , neutrales. Formel: Sr, S03 , 8aq. Kri-
staliisirt in farblosen durchsichtigen, glasglänzenden, rectanguläreu Säul-
chen oder Würfeln, die an der Luft undurchsichtig werden. Lufttrocken
enthält es 8 At. Kristallwasser, von denen 7 At. 13,7 p. c. beim
Trocknen in höherer Temperatur ausgetrieben werden. Bei gelinder Hitze
schmilzt das Salz in seinem Kristall wasser und erstarrt nach dessen Ver-
dampfung. Es ist theil weise flüchtig, bei höherer Temperatur wird es
zersetzt. — Mit überschüssiger Schwefelsäure bildet das Strychnin ein
saures in Nadeln kristallisirendes Salz, welches zugleich bitter und sauer
schmeckt. Durch Abwaschen mit Aether entfernt man die anhängende
Säure. - — Wird schwefelsaures Kupferoxid mit Strychnin gekocht, so
schlägt dieses einen Theil Kupferoxid nieder und aus der filtrirten Flüssig-
keit erhält man durch Abdampfen ein in langen grünen Nadeln kristallisirtes
Doppelsalz.
Salpetersaures Strychnin, neutrales. Formel: Sr,N20s,aq. Wird
durch genaues Sättigen von verdünnter Salpetersäure imt Strychnin er-
halten und schiefst beim Abdampfen in perlmutterglänzenden, büschelförmig
vereinigten Nadeln an. Es ist in warmem Wasser viel löslicher als in
kaltem, nur sehr wrenig löslich in Alkohol und unlöslich in Aether. Trocken
etwas über 100° erwärmt wird es gelb , bläht sich auf und verpufft ohno
Feuer mit Hinterlassung von Kohle. — Das saure Salz entsteht durch Zu-
satz von etwas Salpetersäure zu der lauwarm gesättigten Lösuug des neu-
tralen Salzes, woraus es beim Erkalten in sehr feinen Nadeln kristaliisirt.
Beim Trocknen wird es roth, beim Erhitzen verpufft es unter Feuer-
erscheinung.
Iodsaures Strychnin erhält man durch wechselseitige Zersetzung von
iodsaurem Baryt mit schwefelsaurem Strychnin in Gestalt langer, dem
Cyanquecksilber ähnlichen Nadeln. ( Pelletier .)
Phosphor saures Strychnin . Durch Auflösen von Strychnin in heifser
verdünnter Phosphorsäure und Erkalten erhält man dieses Salz in kleinen
glänzenden Schuppen. Es enthält nach Regnault auf 1 At. Phosphorsäure
i At. Strychnin und 1 At. Wasser, eine Zusammensetzung, die nicht rieh'
1328
Org anische Basen,
tig seyn kann , da die Phosphorsäure zu ihrer Neutralisation drei Atome
Basis bedarf, von denen nur 1 Atom (1 At. Strychnin und 1 At. Wasser
sind nur einem Atom eines Metalloxids äquivalent) hiernach vorhanden
wäre. Die auf den gefundenen Kohlenstoffgehalt richtiger berechnete For-
mel ist P2 Os , SrH20, 2aq. Nach dieser Formel mufs das Strychnin 44
Atomen Kohlenstoff enthalten.
Kohlensaures Strychnin. Aus Strychninsalzlösungen durch kohlen-
saure Alkalien als weifse Flocken gefällt. Auch wird es erhalten, wenn
man Kohlensäure in mit Wasser verteiltes Strychnin leitet, wodurch dieses
gelöst wird. Beim Stehen an der Luft fällt allmählig das neutrale Salz in
kleinen Kristallkörnern heraus. Es ist nicht unlöslich in Wasser.
Oxalsaures , weinsaures und essigsaures Strychnin sind sehr leicht lös-
lich in Wasser, mit Ueberschufs an Säure kristallisiren sie leicht. Die Lö-
sung des essigsauren wird durch Quecksilberchlorid nicht gefällt, Zusatz
von Salzsäure bewirkt einen kristallinischen Niederschlag.
Eichengerhsaures Strychnin ist ein schwerlöslicher Niederschlag, der
aber in Lösungen, die nur 0,1 p. c. Strychnin enthalten, nicht mehr
entsteht.
Das Strychnin und seine Salze gehören zu den heftigsten Giften, und
letztere sind wegen ihrer Lösbchkeit meist noch weit giftiger als die Basis
selbst. Sowohl innerlich genommen als in Wunden gebracht wirken sie
schnell tödtlich. Man hat Galläpfelinfusion und Thee als Gegenmittel em-
pfohlen wegen der darin enthaltenen Gerbsäure. Als Heilmittel wird es
gegen Lähmungen in kleinen Dosen, wie yi2 Gran, angewendet, besonders
das nach Wittstockys Methode (S. 1224) erhaltene salpetersaure Salz.
Brucin.
Synonyme: Caniramin C Geiger ).
Dieses organische Alkali wurde ebenfalls von Pelletier und Caventou
1819 entdeckt. — Es findet sich in der falschen Angustura- Rinde (von
einer Strychnosart , nicht von Brucea ferruginea, wie man bisher glaubte).
Auch in den oben genannten Strychnosarten fanden Pelletier und Caventou ,
sieben Strychnin, Brucin. — Formel und Zusammensetzung s. S. 1164.
§. 351. Man erhält das Brucin bei Bereitung des Strych-
nins. Es ist in den Abwaschfliissigkeiten, welche zur Rei-
nigung des brucin haltigen Strychnins dienten, enthalten. Sie
werden verdampft und das Brucin durch Lösen in absolutem
Alkohol und Um kristallisiren gereinigt, wittstock sättigt diese mit
Salz- oder Schwefelsäure, zerlegt die vom Weingeist befreite Flüssigkeit
mit Kalkmilch, zieht den gewaschenen Niederschlag mit Alkohol aus, neu-
traüsirt wieder mit Säure, reinigt mit Thierkohle, überläfst die Lösung
der freiwilligen Verdunstung, sucht durch Umrühren die regelmäfsige Kri-
stallisation zu hindern, reinigt das ausgeschiedene Brucinsalz durch Kri-
stallisation, zerlegt es mit Ammoniak und verfährt wie vorher. — Duflos
sättigt die Abwaschflüssigkeiten mit Schwefelsäure, dampft bis auf ungefähr
den lOOsten Theil Brucingehalt ab, versetzt die Lösung mit doppelt-
kohlensaurem Kali, bis sie schwach alkalisch reagirt, filtrirt und schlägt
Brucin mit überschüssigem Aetzammoniak nieder, nach einiger Zeit kri-
stallisirt es heraus. — Pelletier und Caventou erhielten es zuerst aus der
falschen Angusturarinde, indem sie die Rinde anfangs wie die Strychnos-
arten behandelten, dann den Auszug mit Magnesia versetzten, das Unlös-
liche auswuschen; in der Flüssigkeit war Brucin enthalten ; diese sättigten
sie mit Kleesäure, dampften ab, und wuschen das trockene kleesaure
Brucin mit bis auf 0° erkältetem absoluten Alkohol, lösten es in Was-
ser, versetzten es mit Kalk oder Magnesia, dampften zur Trockne ab.
Brucin.
1229
digerirten den trockenen Rückstand mit Alkohol, filfcrirtau , versetzten das
Filtrat mit wenig Wasser, und überliefsen es der freiwilligen Verdunstung.
Erklärung: Wie bei Strychnin. Die Trennung des Brucins von
Strychnin gründet sich auf dessen leichtere Löslichkeit in Wasser und
starkem Weingeist. Bei der ursprünglichen Vorschrift, wo Brucin in der
Flüssigkeit gelöst blieb, während Strychnin niederfiel, verband man es mit
Kleesäure, weil dieses Salz in kaltem absoluten Weingeist unlöslich lat
und so auf angeführte Art von fremden Theilen befreit werden konnte.
§. 252. Die Eigenschaften des Brucins sind : Es kristal-
lisirt aus seiner wässerig-geistigen Lösung beim freiwilligen
Verdunsten in weifsen, durchsichtigen, geraden rhombischen
Säulen, welche zuweilen einige Linien dick sind 5 häufig aber
in sternförmig gruppirten Nadeln oder in unregelmäfsig zu-
sammengehäuften, perlmutterglänzenden Blättchen. Bei Fällung
eines Brucinsalzes mit Ammoniak erhält man es zuweilen anfangs als ein
flüssiges Oel, welches erst nach einiger Zeit in Berührung mit Wasser
kristallinisch wird; Wittstock. Ist luftbeständig, geruchlos, und
schmeckt sehr bitter. Wirkt giftig, doch minder energisch
als Strychnin (Gegengifte wie bei Strychnin, S. 1226). — Das kri-
stallisirte enthält nach J. L . 16,6, nach Regnault 15,55 p. c.
Wasser. Es schmilzt beim Erhitzen in seinem Kristallwasser,
beim Erkalten erstarrt es zu einer wachsähnlichen Masse, die
gepulvert und mit Wasser in Berührung in einigen Tagen
das Kristallwasser wieder aufnimmt Auch die klebrige zähe
Masse, welche von kaustischem Alkali aus dem Estract von
Krähenaugen gefällt wird, ist wasserfreies Brucin, welches,
in reines Wasser gebracht, aufschwillt und zerfällt, indem
sich einerseits das Wasser damit zu Hydrat verbindet, ande-
rerseits fast alle mit niedergefallene färbende Substanz löst.
Es bedarf 850 Th. kalten und 566 Th. kochenden Wassers
zur Lösung; mit färbenden organischen Theilen verunreinigt
ist es noch löslicher. In Weingeist, sowohl wässerigem als
absolutem, ist es leicht löslich; in Aether und fetten Oelen ist
es unlöslich, wenig löslich in ätherischen Oelen. In der Hitze
wird es leicht zerstört. Concentrirte Salpetersäure färbt es
erst hochroth, dann gelb, durch Zinnsolution wird diese Lö-
sung violett unter Bildung eines gleichgefärbten Niederschla-
ges, wodurch es sich von Morphin und reinem Strychnin un-
terscheidet. Concentrirte Schwefelsäure färbt es erst rosen-
roth, dann gelb und gelbgrün ( Merck] . Die wässerige Lö-
sung wird durch fixe Alkalien gefällt, durch Gold- und
Platinchlorid getrübt, und durch Gallustinktur stark gefällt.
§. 253. Mit Säuren bildet es die Brucinsalzes welche
meist kristallisiren , leichtlöslich in Wasser sind und sehr bitter
schmecken. Aufser durch die Alkalien und alkalischen Erden
wird die Basis daraus auch durch Morphin und Strychnin ab-
geschieden.
SalTisaures Brucin. Formel: Br, CI2 H2. Nach J. L. nehmen 100
Theile trockne» Brucin 18,06 , nach Regnault 9,3 salzsaures Gas auf. Mit
i2m
Organische Basen.
Plaünchlorid giebt salzsaures Brucin eine gelbe pulverige Doppelverbin-
dung, welche nach J. L. 16,16, nach Varrentrapp und Will 16, 5 J Platin
enthält. Es ist leicht löslich in Wasser, kristallisirt in vierseitigen schief-
abgestumpften Säulen, die oft haarfein sind.
lodwasserstoffsaures Brucin. Durchsichtige, vierseitige Blättchen,
oder kurze farblose Prismen, schwerlöslich in kaltem, leichter in heifsem
Wasser, leichtlöslich in Alkohol. Dieses Salz giebt mit lodsäure einen
brauuen Niederschlag, welcher (Brucin-Biiodür) 6 At. Iod auf 1 At. Brucin
enthält j die andere S. 1161 erwähnte lodverbindung enthält nur drei
Atome Iod.
Schwefelsaures Brucin enthält 1 At. Brucin, 1 At. Schwefelsäure und
8 At. Wasser.
+•
Salpetersaures Brucin, neutrales . Formel: Br,N2Os -fr- 5aq. Trock-
net zu einer guinmiälmlichen Masse ein. Das saure Salz kristallisirt leicht
in grofsen, vierseitigen, zweiflächig zugeschärften Prismen. Beim Erhitzen
wird es roth , nachher schwarz und verpufft mit Feuererscheinuog, Zur
Scheidung des Brucins vom Strychnin benutzt man vortheilhaft diese sau-
ren Salze. Das schwerlösliche Brucinsalz schiefst zuerst an in harten
Kristallen, die sich leicht von den weichen, biegsamen Nadeln des Strych-
liiusalzes unterscheiden.
Phosphorsaures Brucin mit Ueberschufs an Säure bildet grofse, recht-
winklige, tafclartige Kristalle mit stark abgestumpften Eudkanten, welche
an der Luft verwittern und leicht löslich sind. Das oxalsaure Salz kri-
staliisirt in langen Nadeln, das essigsaure nicht.
Das Brucin und seine Salze hat eine dem Strychnin ähnliche giftige
Wirkung, aber um sie in demselben Grade hervorzurufen , bedarf man
einer bei weitem gröfseren Menge.
Jervin.
Von E. Simon in der Wurzel von Veratrum album (Radix Bellebori
albi) entdeckt, worin es nebst Veratrin und Sabadillin enthalten ist. Das
alkoholische Extract der Wurzel ward mit verdünnter Salzsäure behandelt
und die geklärte salzsaure Lösung durch kohlensaures Natron gefällt. Der
Niederschlag wird in Alkohol gelöst, mit Kohle entfärbt, der Alkohol ab-
destillirt, wobei das meiste zu einer kristallinischen Masse gesteht. Durch
Auspresseu entfernt man den gröfsten Theil des nicht kristallinischen Ve-
ratrins. Wird der Rückstand nochmals in Weingeist augerührt und aus-
geprefst, so erhält man das Jervin fast rein. Die abgeprefste Flüssigkeit
enthält noch viel Jervin, man verdampft zur Trockne und behandelt mit
verdünnter Schwefelsäure, die das Veratrin leicht löst, während das
Schwefelsäure Jervin schwTerlöslich ist. Nach Will ist das Jervin weifs,
kristallinisch, schmilzt beim Erhitzen zu einer ölartigen Flüssigkeit; bei
höherer Temperatur entzündet es sich und verbrennt mit rufsender Flamme
ohne Rückstand. In Wasser ist es fast unlöslich, aber löslich in Alkohol.
Seine Verbindungen mit Salzsäure, Schwefelsäure uud Salpetersäure sind
in Wasser und Säuren schwTerlöslich ; das essigsaure Salz löst sich leicht
in Wasser, woraus es durch die drei erwähnten Mineralsäuren, so wie
durch Ammoniak, in volumiuösen Flocken gefällt wird. Will fand, dafs
das lufttrockne bei 130° 6,88 p. c. Wasser verliert Es bildet mit Platin-
chlorid einen hellgelben, flockigen, leicht uud unzersetzt auswaschbaren
Niederschlag, den man am besten erhält durch Fällung von essigsaurem
Jervin mit einer salzsauren Lösung von Platinchlorid. Es wurden bei der
Verbrennung 14,55 — 14,33 p. c. Platin als Rückstand erhalten. — Formel
und Zusammensetzung s. S. 1163.
Curarin.
Diese Pflanzenbase wurde von Boussingault und Roulin entdeckt;
später wairden ihre Versuche von Pelletier und Petroz wiederholt und be-
Curarin, Corydalin.
1231
stätigt. Das Curarin ist in einer Substanz enthalten, die Curara oder
Urari genannt wird und deren sich die Indianer des mittägigen Amerika’s
zum Vergiften der Pfeile bedienen. Nach Humboldt soll diefs erhalten
werden durch Behandlung mit Wasser einer zu der Familie der Strych-
neen gehörenden Pflanze, einer Liane, Mavacure genannt. Das wässerige
Extract wird dann mit einem gummihaltigen Extracte einer andern Pflanze
gemischt, um ihm dadurch Consistenz zu geben. In Wunden gebracht
tödtet es schon in wenigen Minuten, kann aber ohne schädliche Folgen
verschluckt werden. Nach Boussingaidt und Roulin wird zur Darstellung
des Curarins das Curara gepulvert, mit Alkohol extrahirt, die Lösung mit
Wasser vermischt, der Alkohol abdestillirt, die zurückbleibende wässerige
Flüssigkeit von dem sich absetzenden Harze abgegossen, durch Thierkohle
entfärbt und mit Galläpfelinfusion gefällt. Der Niederschlag wird ausge-
waschen, in Wasser angerührt und zum Kochen erhitzt, so lange mit
kristallisirter Oxalsäure versetzt, bis er vollständig gelost ist. Durch
Magnesia fällt man die Oxalsäure und Gerbsäure aus, während das Cura-
rin gelöst bleibt. Die Flüssigkeit wird zur Trockne verdampft und der
Rückstand mit Alkohol behandelt, der die noch beigemengte oxalsaure
Magnesia ungelöst läfst. Die alkoholische Lösung wird zur Trockne ver-
dunstet. Pelletier und Petroz stellen das Curarin dar, indem sie das al-
koholische Extract mittelst Aether von Harz und Fett befreien, den Rück-
stand in Wasser lösen, durch Bleiessig fremde Beimengungen ausfällen,
das überschüssig zugesetzte Blei durch Schwefelwasserstoff entfernen und
durch Thierkohle entfärben. Die filtrirte Flüssigkeit wird verdunstet, mit
in wasserfreiem Alkohol gelöster Schwefelsäure gemischt, um die Essig-
säure auszutreiben (besser wird mit Wasser verdünnte Schwefelsäure an-
gewandt, Berxelius} , die Schwefelsäure durch Baryterdehydrat gefällt,
der überschüssige Baryt durch Kohlensäure entfernt und die filtrirte Flüs-
sigkeit verdunstet.
Das so erhaltene Curarin bildet eine unkristallinische, gelbliche, horn-
ähnliche, nur in dünnen Splittern durchsichtige, an der Luft zerfliefsliche
Masse, von sehr bitterem Geschmack, mit deutlich alkalischer Reaction
auf Lackmus und Curcuma. Es ist leicht löslich in Wasser und Alkohol,
unlöslich in Aether und Terpentinöl. In der Hitze verkohlt es unter Ver-
breitung eines hornartigen Geruches und verbrennt. Wahrscheinlich kann
es theihveise untersetzt sublimiren. Mit Salzsäure, Schwefelsäure und
Essigsäure verbindet es sich zu neutralen, bitterschmeckenden, unkristal-
lisirbaren Salzen. Von Gerbsäure wird es gefällt. Es wirkt noch giftiger
als das Curara, woraus es erhalten worden ist.
Corydalin.
Von Wackenroder entdeckt. Er fand es in den Wurzeln von Cory-
dalis bulbosci und fabacea. Zu seiner Darstellung werden die getrockneten
Wurzeln gröblich gepulvert und mehrere Tage mit Wasser macerirt. Die
dunkeirothe, schwach sauer reagirende Lösung wird filtrirt und mit Alkali
versetzt bis zu schwach alkalischer Reaction, wodurch das Corydalin als
grauer Niederschlag gefällt wird. Durch nochmaliges Ausziehen der Wurzel
mit durch Schwefelsäure angesäuertem Wasser und nachheriges Uebersät-
tigen der Lösung mit Alkali wird noch mehr Corydalin erhalten, welches
jedoch schwerer zu reinigen ist als das zuerst erhaltene. Man trocknet
den Niederschlag, kocht ihn mit Alkohol aus, bis dieser nichts mehr löst,
dcstillirt diesen ab und verdampft den Rückstand zur Trockne, iibergiefst
ihn mit verdünnter Schwefelsäure, wodurch das Corydalin gelöst wird
und ein eingemengtes grünes Harz gröfstentheils zurückbleibt. Die saure
Flüssigkeit sättigt man nach und nach mit Alkali. Zuerst wird noch etwas
einer gefärbten Materie gefällt, die man trennt; bei weiterem Zusatz fällt
das Corydalin farblos nieder, nimmt aber beim Abwaschen eine graue
Farbe an. Nach Winkler erhält man das Corydalin am besten durch Zer-
ifB2
Organische Basen.
stofsen der frischen Wurzel und Auspressen des Saftes. Dieser wird in
der Wärme coagulirt, mit Bleizuckerlösung , so lange dadurch ein Nieder-
schlag entsteht , versetzt und filtrirt. Durch Schwefelsäure schlägt man
das Blei aus. der Flüssigkeit nieder und fällt nachher durch Ammoniak das
Corydalin. Es wird getrocknet in 13 — 16 Th. Alkohol von 80 p. c. ge-
löst, mit Blutkohle digerirt, heifs filtrirt und zur Kristallisation in gelinder
Wärme verdunstet. Durch Zusatz von viel Wasser kanu es pulverförmig
gefällt werden.
Im trocknen Zustande bildet es leichte, nicht zusammenhängende,
graulich weifse Massen, welche stark abfärben. Es ist geruch- und ge-
schmacklos, sehr löslich in Alkohol, besonders wasserfreiem, mit grün-
licher Farbe. Aus der heifs gesättigten Lösung kristallisirt es in Prismen,
keim freiwilligen Verdunsten setzt es sich schuppig ab. Die Lösung bläut
geröthetes Lackmus. Im Sonnenlicht wird es duDkler und grünlich. Schon
unter 100° schmilzt es zu einer kristallinisch erstarrenden Masse. Auch
in Aether ist es löslich, aber in kaltem Wasser nur .«sehr wenig, etwas
mehr in heifsem. Auch in alkalischen Flüssigkeiten ist es etwas löslicher
als in Wasser, wefshalb man bei der Fällung aus seinen Salzlösungen einen
zu grofsen Ueberschufs vermeiden mufs.
Salpetersäure zersetzt das Corydalin und färbt sich damit intensivroth,
selbst in sehr verdiinuten Lösungen wird es dadurch noch angezeigt. Auch
durch Galläpfelinfusion wird es gefällt. Seine Verbindung mit Salzsäure
kristallisirt nicht, bildet aber mit Quecksilberchlorid ein unlösliches Dop-
pelsalz {Winkler'). Mit Essigsäure giebt es ein kristallinisches, sehr leicht
in Wasser lösliches Salz. Verdünnte Schwefelsäure mit überschüssigem
Corydalin digerirt, bildet damit eia kristallinisches Salz. Die an Schwe-
felsäure reichere Verbindung, beiin Verdunsten der Flüssigkeit erhalten,
bildet eine gummiartige, an der Luft ua veränderliche, sehr leicht lösliche
Masse*
Carapin.
Nach Boullay, Petroz uud Robinet in der Rinde und dem Oele von
Carapus guianensis enthalten. Es ist schön weite, perlfarben, schmeckt
»ehr bitter, schmilzt unter Verbreitung eines widerlichen Geruches, ist
leicht in Wasser uud Weingeist löslich, unlöslich in Aether, reagirt alka-
lisch, wird durch Gerbsäure gefällt. Das salzsaure und essigsaure Salz
kristallisirt und ist löslich in Wasser.
Cuspcirin « — Von Saladin in der ächten Angusturarinde (von Ronplandia
trifoliata oder Cusparia febrifuga ) dargestellt. — Durcli Ausziehen der Rinde
mit kaltem wasserfreiem Alkohol und freiwilliges Verdunsten bei einer Tem-
peratur von — 9°. Die erhalteuen, mit einer extractähnlichen Masse ge-
mengten Kristalle werden geprefst, mit Wasser und Aether gewaschen,
in Alkohol von 0,833 spec. Gew. aufgelöst, die Auflösung mit Bleioxid-
liydRat geschüttelt, filtrirt und iu niedriger Temperatur verdampft. — Bildet
unregelmäfsige Tetraeder, schmilzt iu gelinder Wärme, indem es 33,09
p. c. an seinem Gewicht verliert. Wasser löst davon bei 15° 0,54 p. c. ,
bei 60° 0,71 p. c., bei 100° 1,1 p. c. ; Alkohol von 0,853 löst bei 13°
37 p. c. auf; es ist uulöslich in Aether und ätherischen Oelen. Durch Chlor
wird es unter Zersetzung gelb, durch Iod uud Brom brauu, durch rau-
chende Salpetersäure grünlich und durch Schwefelsäure braunroth ; durch
Alkalien wird es nicht verändert. Die wässerige Lösung wird durch Eisen-,
Blei- und Zinnsalze nicht gefällt; Gallustihktur bringt in der wässerigen
und alkoholischen Auflösung einen käsigen Niederschlag hervor.
Daphnin.
Von Vauquelin in dem Seidelbast und andern Daplmearten aufgefun-
den. Wird erhalten durch Digerircn der zerschnittenen Rinde mit Wasser,
Daphnin, Cap sic in.
Vermischen mit Magnesia und Destillation. Das Destillat besitzt einen
scharfen reizenden Geruch und Geschmack, soll alkalisch rcagiren, durch
Säuren gesättigt werden, und mit Salpetersäure und Schwefelsäure Salze
geben, welche in glänzenden weifsen Nadeln kristallisiren , essigsaures
Blei weifs, sammetartig glänzend, Kupfersalze grün, Silbersalze weifs,
bald roth werdend fällen. Vauquelin selbst läfst es dahingestellt seyu ,
ob das Daphnin nicht nur eiue Verbindung von Ammoniak mit einem flüch-
tigen PflanzenstofF sey. Bär und Gmelin konnten es nicht erhalten.
Fumarin, nach Peschier in Fumaria officinalis enthalten, wird auf
dieselbe Art wie dieses dargestellt und läfst sich davon durch seine Lös-
lichkeit in Wasser und Weingeist unterscheiden. Es schmeckt bitter, ist
unlöslich in Aether und fällt Leimlösung.
Bebeerin. Von Rodie in der Rinde eines von den Einwohnern des
brittischen Guyana’s Bebeeru genannten Baumes, die gegen Fieber ange-
wandt wird, aufgefunden. Es soll dem Chinin sehr nahe stehen, jedoch in
seinen Salzen davon verschieden seyn. Ist vielleicht nur unreines Chinin.
Sanguinarin.
Von Dana in der Wurzel von Sanguinaria canadensis aufgefunden.
Man zieht die Wrurzel mit wasserfreiem Alkohol aus, mischt die Lösung
mit wässerigem Ammoniak, wodurch ein rother Niederschlag entsteht, der
gewaschen, mit Wasser und Thierkohle gekocht und nach dem Abgiefsen
des Wassers in Alkohol gelöst wird. Beim Verdunsten bleibt das Sangui-
narin als perlgraue oder weifse Masse zurück. Es wird an der Luft gelb,
bräunt Curcuma, ist unlöslich in Wasser, löslich in Alkohol und Aether
und bildet mit den Säuren rothe Salze.
Azadirin.
Nach Piddinyton soll in Melea A%adirachta eine alkalisch reagirende
Substanz enthalten seyn, welche ein Salz mit Schwefelsäure bildet, was
als Surrogat des Chinins vorgeschlagen wird.
Capsiein.
Nach Braconnot in der Samenhülse des spanischen Pfeifers ( Capsi-
cum annuum) enthalten. Man zieht die Samenhülse mit Alkohol aus. Beim
Abdampfen scheidet sich stark gefärbtes Wachs ab, welches man trennt,
dann die Flüssigkeit zur Extractconsistenz verdampft und mit Aether aus-
zielit, worin sich nur das Capsiein löst. Beim Verdampfen bleibt es als
eine weiche, harzartige, gelb- oder rothbraune, anfangs balsamisch, dann
unerträglich, sehr anhaltend brennend schmeckende Substanz zurück, die
beim Erwärmen einen selbst bei grofser Vertheilung zum Husten und Nie-
sen reizenden Rauch giebt. Der Luft ausgesetzt erhärtet es allmählig.
Durch Chlor wird es gebleicht. In Wasser ist es etwas löslich, leicht-
löslich mit rothbrauner Farbe in Alkohol, Aether, Terpentinöl und Kali-
lauge. Mit Baryt bildet es eine unlösliche Verbindung. In Essig ist es
etwas löslich. — Witting scheint es reiner dargestellt zu haben und giebt
seine Eigenschaften au wie folgt: Es ist pulverig, kristallisirbar , luftbe-
ständig, nicht löslich in kaltem Wasser und Aether, wenig löslich in
heifsem Wasser und Alkohol. Es bildet mit Essigsäure, Salpetersäure und
Schwefelsäure kristallisirbare , in Wasser, aber nicht in Alkohol lösliche
Salze, aus denen es durch Alkalien fällbar ist.
Crotonin. Findet sich nach Brandes in den Samen von Croton tiglium.
Man zieht diese mit Alkohol aus, dcstillirt den grÖfsten Theil desselben
von dem Auszug ab, setzt mehr Wasser zu und digerirt mit Magnesia.
Den Niederschlag zieht man mit heifsem Alkohol aus, aus dem sich beim
1234
Organische Basen.
Erkalten das Crofcotiin absetzt. Auch durch Kochen von Crotonöl mit
Magnesia und Wasser kann es erhalten werden. Es bildet eine zusam-
menhängende , aus kleinen Kristallen bestehende Masse. Es schmilzt in
der Wärme , ist nicht flüchtig, fast unlöslich in Wasser. In kochendem
Alkohol ist es löslich und diese Lösung reagirt stark alkalisch , beim Er-
kalten scheidet sich das meiste wieder ab. Mit Schwefelsäure und Phos-
phorsäure bildet es kristallisirbare Salze.
Buxin. Von Faure entdeckt in dem Buchsbaum ( Buxus sempervirens).
Man erhält es durch Ausziehen der Rinde mit Alkohol , Abdestilliren des-
selben, Lösen des Rückstandes in Wasser, Fällung durch Kochen mit
Magnesia und Ausziehen des Niederschlags mit Alkohol, der beim Ver-
dampfen das Buxin als eine dunkelbraune durchsichtige Masse hinterläfst.
Selbst durch Behandeln mit Thierkohle läfst es sich nur schwer weifs er-
halten. Es ist bitter, erregt Niesen. Es ist unlöslich iii Wasser, löslich
in Alkohol und auch etwas löslich in Aether. Es bläut geröthetes Lack-
mus, bildet mit den Säuren neutrale Salze, von denen das schwefelsaure
kristallinisch ist und die mit den Alkalien weifse gelatinöse Niederschläge
geben. Die Rinde liefert etwa ein Procent Buxin; auch in allen übrigen
Theilen der Pflanze ist es enthalten.
Apirin. Von Bizio entdeckt. Es findet sich in den Kernen von Cocos
lapidea. Wird erhalten durch Ausziehen der Kerne mit Salzsäure, Fällen
der Lösung mit Ammoniak, Auswaschen und Trocknen des Niederschlags.
Es ist weifs, geruchlos, schmeckt hintennach etwas stechend, ist schwe-
rer als Wasser und ist in 600 Th. desselben löslich, beim Erhitzen trübt
sich die Lösung, welche deutlich alkalisch reagirt. Es ist nicht flüchtig.
In Säuren ist es leicht lösiich; aus den gesättigten Lösungen scheidet sich
durch Erwärmen das Salz aus, das weinsaure in kleinen tetraedrischen
Kristallen, das essigsaure wird beim Waschen mit kochendem Wasser
kristallinisch. Es wird von basisch essigsaurem Bleioxid und durch salpe-
tersaures Quecksilberoxidul gefällt.
Cynapin (?). Nach Ficimis in Aethusa Cynapium enthalten. Es ist
in Wasser und Alkohol, aber nicht in Aether löslich, reagirt alkalisch,
kristallisirt in rhombischen Prismen und giebt mit Schwefelsäure ein kri*
stallisirbares Salz.
Castin.
Es ist in den Samen von Vitex aynus Castus nach Länderer enthalten.
Weingeist liefert eine trübe grünlichgelbe Tinktur, aus der beim gelinden
Abdampfen sich sauerreagireude Oeltropfen abscheiden. Bei weiterem Ver-
dunsten erhält man eine bitterschmeckende Kristallmasse, die nur wenig
löslich in Wasser ist, theilweise aber von Essigsäure gelöst wird. Kali
und Ammouiak schlagen es daraus weifs nieder, der Niederschlag ist lös-
lich in Weingeist und daraus kristallisirbar. Es kann auch erhalten werden
durch Ausziehen der Samen mit verdünnter Salzsäure, Fällen der Lösung
mit Ammoniak oder Magnesia, Lösen in Weingeist und Kristallisation durch
freiwillige Verdunstung. Das so erhaltene ist jedoch schwerer zu reinigen.
In der Hitze bräunt es sich und ist unter Entwickelung schwach reizender
Dämpfe flüchtig. Es ist unlöslich in Wasser, aber löslich io Weingeist,
Aether und Säuren mit grünlicher, später gelb werdender Farbe, aus der
Lösung der letzteren wird es durch Alkalien gefällt; das salzsaure Salz
kristallisirt; in Aetzkali ist es unlöslich, doch scheint dadurch Ammoniak
entwickelt zu werdön.
Cicntin. Durch Auspressen der zerriebenen Wurzeln von Cicuta vi-
rosa, Maceriren des Rückstandes mit sehr verdünnter Schwefelsäure , Co-
Jiren und Destillation der erhaltenen, etwas eingedampften Flüssigkeiten
mit Kalihydrafc, bis die übergehende Flüssigkeit nicht mehr alkalisch ist.
Chaerophyllin, Euphorbiin.
1235
erhält man eine Auflösung von Cicutin, welche den Geruch der Pflanze in
hohem Grade besitzt (j Polex^); eine ähnliche Flüssigkeit erhielt Wittstein
bei der Destillation des frischen , aufgekochten Pflanzensaftes mit Kalilauge.
— E. Simon erhielt durch Destillation von 100 Pfund Wurzeln des Was-
serschierlings 6 Unzen eines ätherischen Oeles, welches keine giftige Ei-
genschaften besals. Dagegen wirkte das weingeistige Extract der getrock-
neten Wurzel als ein sehr heftiges Gift.
Chaerophyllin. Destillirt man die Samen von Cliaerophyllum bulbosum
mit Wasser und Kalilauge , behandelt das mit Schwefelsäure gesättigte und
verdampfte Destillat mit einem Gemisch von Alkohol und Aether, so bleibt
nach dem Verdunsten dieser Auflösung ein Salz zurück, welches mit Kali-
hydrat einen starken Geruch nach der Pflanze entwickelt und beim Schmel-
zen verkohlt. ( Polstorf .)
Limonin. Durch kalte Behandlung der gereinigten, nicht geschälten,
mit wenig Wasser zu einem Teig zerstofseneu Citronenkerne mit Alkohol,
Verdampfen und heifses Filtriren erhielt J Hernays ein weifses kristallini-
sches Pulver, von starkem, rein bitterem Geschmack, unlöslich in Wasser
und Aether, leichtlöslich in Alkohol und verdünnten Säuren. Entwickelt
bei der Zersetzung mit Alkalien Ammoniak. Die weingeistige Auflösung
wird durch Kohlenstickstoffsäure gelb gefällt. — Löst sich in concentrirter
Schwefelsäure mit gelber Farbe, in Salpetersäure unter Zersetzung auf.
Verdampft man die salzsaure Auflösung zur Trockne, so enthält der Rück-
stand keine Säure mehr. ( Büchner .)
Esenbeckin . Von Büchner in Esenbeckia febrifuga aufgefunden. Die
Rinde wird mit angesäuertem Wasser ausgekocht, mit Magnesia gefällt,
der Niederschlag mit kochendem Alkohol extrahirt; die Lösung hinterläfst
das Esenbeckin als eine schillernde Masse , welche bitter schmeckt , sich
in wenig Wasser und Alkohol, aber nicht in Aether löst, mit Essigsäure
lind Schwefelsäure leichtlösliche, durch oxalsaures Kali und Galläpfelinfu-
siou fällbare, sehr bittere Salze liefert und bei der trocknen Destillation
viel Ammoniak giebt. Nach N. v. Esenbeck ist die an Essigsäure gebun-
dene Substanz schwach sauer, schmeckt bitter, ekelerregend, ist in Was-
ser und Alkohol, nicht in Aether löslich, wird stark durch Gallustinktur,
schwach flockig durch Ammoniak gefällt, durch Chlorgold und Chloreisen
getrübt, durch kohlensaures Kali, lodtinktur, Chlorbarium, Bleizucker
und Bleiessig nicht gefällt.
Digitalin. Von Lancelot aus der Digitalis dargestellt. Das wässerige
Extract wird mit absolutem Alkohol behandelt, von dem klaren Auszug
der Alkohol abdestillirt , der Rückstand in Wasser gelöst und mit sehr
verdünnter Salzsäure so lange versetzt, als ein gelber Niederschlag ent-
steht; diesen löst man in Alkohol, entfärbt durch Blutkohle und läfst frei-
willig verdunsten, wobei sich das Digitalin als glänzend kristallinische,
körnige Masse absetzt. Es ist luftbeständig, schmeckt scharf, reagirt al-
kalisch, wird von Säuren gelöst, durch Wasser aber wieder gefällt. Von
concentrirter Schwefelsäure wird es erst roseuroth, dann olivengrün. Diese
Angaben bedürfen jedoch der Bestätigung. Trommsäorß d. A. und Andere
fanden kein Alkaloid in der Digitalis.
Eupatorin. Von Righini in Eupatorium cannabinum aufgefunden. Es
wird mit durch Schwefelsäure ungesäuertem Wasser extrahirt, durch Kalk-
hydrat gefällt; den Niederschlag setzt mau der Luft aus, wodurch die
Kalkerde kohlensauer wird, und digerirt ihn alsdann mehrere Tage mit
Alkohol, fütrirt und beim Verdunsten bleibt weifses, bitterschmeckendes
Eupatorin zurück. Es ist unlöslich in Wasser, aber löslich in Alkohol und
Aether. In der Hitze bläht es sich auf und zersetzt sich. Mit Schwefel-
säure bildet es ein in Nadeln kristallisirendes Salz.
Euphorbiin. In dem Euphorbiumharze nach Büchner und Herberger
enthalten. Das mit Wasser erschöpfte Harz wird in Alkohol gelöst, durch
1236
Organische Basen.
Bleizuckerlösung gefällt. Das Euphorbiin bleibt in der Lösung. Ks ist
farblos, spröde, glasartig, bitter und scharf schmeckend, geruchlos, un-
löslich in Wasser und Aether, löslich in Alkohol und verdünnten Säuren,
mit denen es zu glasartigen Verbindungen eintrocknet. In Alkalien ist es
unlöslich und wird durch concentrirte Schwefel- und Salpetersäure zerstört.
Convolmdin. Von Clamor Marquart in der Wurzel von Convolvolus
Scammonia aufgefunden. Die frischen zerschnittenen Wurzeln werden mit
Weingeist erschöpft, der Weingeist von den Tinkturen abdestillirt, der
Rückstand in Wasser gelöst, mit Gallustinktur gefällt, der Niederschlag
mit Kalkhydrat gemischt, mit Alkohol extrahirt und die Lösung verdampft.
Der Rückstand wurde in Wasser gelöst, e«r reagirte schwach alkalisch,
und mit verdünnter Schwefelsäure neutralisirt; beim Verdampfen erhielt
man strahlig vereinte Nadeln, die ohne Rückstand verbrannten, und deren
Lösung durch Gallustinktur, aber nicht durch oxalsaures Ammoniak ge-
fällt wurde.
Pereirin. Von Goos in der Pereirarinde aufgefunden. Die Binde
wird mit ungesäuertem Wasser kalt digerirt, mit Ammoniak gefällt, der
Niederschlag mit Alkohol extrahirt, der Alkohol abdestillirt, der Rück-
stand zur Trockne verdampft, zerrieben, in verdünnter Salzsäure gelöst,
durch Ammoniak gefällt, der Niederschlag getrocknet und in Aether ge-
löst. Beim Verdampfen bleibt das Pereirin als gelbröthliche Masse zurück.
Es schmeckt im rein-en Zustande nur wenig bitter, in Wasser ist es nur
sehr wenig, dagegen in Alkohol und Aether sehr leicht löslich. Von con-
centrirter Schwefelsäure wird es mit violetter Farbe gelöst. Bei Verdün-
nung wird diese Farbe erst olivengrün, dann grasgrün. Salpetersäure löst
es mit blutrother Farbe, welche beim Verdünnen verschwindet. Beim
Schmelzen wird es zuerst blutroth, bläht sieh dann stark auf und hintcr-
läfst eine schwammige Kohle. Es neutralisirt die Säuren vollkommen und
bildet damit meist in Wasser und Alkohol lösliche Salze, von denen keines
hristaüisirt erhalten wurde. Sie trocknen sämmtlich zu firnifsartigen , in
Wasser löslichen Massen ein. Sie werden durch oxalsaures Kali und durch
Gallussäure gefällt.
Pelosin QCissampelirf).
Von Wiggers in der amerikanischen Grieswurzel [Radix pareirae
bravae , von Cissampelos Pareira?) aufgefunden. Die zerstofsene Wurzel
wird mehrmals mit schwefelsäurehaltendem Wasser ausgekocht, die Aus-
züge filtrirt und mit kohlensaurem Natron, wobei ein grofser Ueberschufs
za vermeiden, gefällt. Der Niederschlag wird getrocknet in verdünnter
Schwefelsäure gelöst, mit Thierkohle behandelt, durch kohlensaures Na-
tron gefällt, ausgewaschen, getrocknet und mit Aether ausgezogen, der
das Pelosin löst. Die Wurzel enthält bis yis ihres Gewichtes. Wenn da3
Pelosin rein ist, so ist die Lösung farblos, sie zersetzt sich leicht etwas
an der Luft und wird gefärbt. Beim Verdunsten bleibt es als eine gelb-
liche, durchsichtige, spröde Masse, welche wasserfreies Pelosin ist , zurück.
Das Hydrat erhält man durch Mischen der ätherischen Lösung mit Wasser
und Abdestilliren des Aethers, auch durch längere Berührung beider Flüs-
sigkeiten, wo es sich zwischen beiden als weifses Pulver abscheidet.
Auch durch Fällung der alkoholischen Pelosinlösung durch Wasser. Es
verliert bei 100° diefs Wasser und ist dann leicht löslich in Alkohol und
Aether. Mit Wasser übergossen, in dem es unlöslich ist, wird es zu
Hydrat. Es ist unkrisfallisirbar, geruchlos, schmeckt süfslich bitter, be-
sonders seine Salze, schmilzt beim Erhitzen, bläht sich stark auf, brennt
mit rufsender Flamme und hinterläfst schwer verbrennliche Kohle. Es bläut
goröthetes Lackmus, neutralisirt die Säuren vollständig und bildet damit
sehr lösliche, nicht kristallisirende Salze, wovon nur das kristallinische
salzsaure Salz eine Ausnahme macht. Sie werden durch Alkalien, Gerb-
säure, Gold- und Platinchlorid , auch durch Zinnchlorür gefällt. — Durch
Oxyacanthin, Jamaicin.
1237
Salpetersäure, die nicht sehr verdünnt ist ^ wird es in ein braunes Harz
verwandelt. Durch Luft und Wärme wird es, besonders in seinen Lö-
sungen, so leicht zersetzt, dafs es nur schwierig und mit Verlust farblos
erhalten wird.
Oxyacanthin. Von Polex entdeckt. Man erhält es durch Ausziehen
der Rinde von Berberis vulgaris mit Alkohol, Vermischen der Lösung mit
dem dritten Theil Wasser und Abdestilliren des Alkohols. Es scheidet sich
Harz ab, welches man wegnimmt und die Flüssigkeit verdampft, bis sie
beim Erkalten Kristalle von Berberin absetzt. Aus dem Filtrat wird durch
kohlensaures Natron das Oxyacanthin gefällt. Dieses löst man in Schwe-
felsäure, entfärbt es durch Blutkohle und schlägt es nochmals durch koh-
lensaures Natron nieder, wodurch es als weifses, am Sonnenlichte gelb
werdendes Pulver erhalten wird. Es ist sehr bitter, schmilzt und zersetzt
sich in der Hitze, indem es ammoniakalische Produkte liefert. In Wasser
ist es fast unlöslich, aber selbst in verdünntem Spiritus leicht löslich,
ebenso in Aether und Oelen. Seine Lösungen reagiren alkalisch. Mit
Schwefelsäure, Salzsäure und Salpetersäure bildet es kristallisirbare Salze,
welche bitter schmecken und durch Eichengerbsäure gefällt w erden.
Surinamin.
Von Dr. Hüttenschmidt in der Rinde von Geoffraea surinamensis (?)
1824 entdeckt. — Wird aus dem geistigen Auszug der Rinde durch Be-
handeln desselben mit Wasser, Fällen der färbenden Theile mit Bleiessig,
Behandeln des Filtrats mit Hydrotliionsäure, Niederschlagen des Surinamins
aus dieser Flüssigkeit mit Schwefelsäure, Zerlegen des Schwefelsäuren
Surinamins durch kohlensauren Baryt und Wasser, und Verdunsten des
Filtrats erhalten. — Es kristallisirt aus seiner wässerigen Lösung in glän-
zendweifsen, lockern baumwrollenartigen Nadeln; ist geschmacklos und
geruchlos; luftbeständig; in der Hitze wird es zerstört und liefert ammo-
niakhaltende Dämpfe. Es ist etwas schwerlöslich in kaltem, leichtlöslich
in heifsem Wasser, in Weingeist schwieriger löslich; die Lösungen rea-
giren weder sauer noch alkalisch; weder Gallustinktur noch Sublimat fällt
die wässerige Lösung, aber salpetrige Säure färbt sie blau , Chlor, Hy-
drothionsäure, Zinnchlorür, Kali und Magnesia zerstören die Farbe nach
und nach. Beim Verdampfen wird die blaue Flüssigkeit bald blutroth. —
Mit Säuren bildet das Surinamin kristallisirbare, sauer reagirende, wreifse,
bitterlich oder rein salzig schmeckende Verbindungen, die leicht in Was-
ser löslich sind.
Jamaicin.
Von demselben Chemiker in der Rinde von Geoffraea inermis (?) gleich-
zeitig entdeckt. — Wird wie Surinamin erhalten. — Es kristallisirt aus
seiner Lösung in bräunlichgelben und durchsichtigen quadratischen Tafeln
von bitterm Geschmack, geruchlos, luftbeständig. In der Wärme sind die Kri-
stalle leicht schmelzbar, bei starker Hitze werden sie auch zerstört, ent-
wickeln ammoniakalische Dämpfe und verbrennen bei Luftzutritt, ohne
einen Rückstand zu lassen. Chlor färbt sie roth. In Wasser ist das Ja-
maicin leicht löslich, etwas weniger leicht in Weingeist; die Lösungen
reagiren auch weder sauer noch alkalisch. Sublimat und Gallustinktur
bilden gelbe Niederschläge. — Mit Säuren bildet es auch kristallisirbare,
gelbe, bitterschmeckende Salze, die sauer reagiren, aber die Säure, wenn
sie flüchtig ist, (eben so wenig wie die Suraminsalze) in der Hitze nicht
fahren lassen. (Vergl. Dissertatio inauguralis chemica sistens analysiu
chemicam corticis Geoffroyae jamaicensis nec non surinamensis ect. auctore
G. F. Hüttenschmidt , Heidelbergae 1824, und Magaz. für Pharmac. Bd. 7.
S. 251.)
1211 8
Organische Basen.
Berberin. — Färbender Bestandteil der Wurzel des Sauerdorns (Ber-
beris vulgaris). Zusammensetzung s. S. 1164. — Von Büchner, Vater und
Sohn, zuerst rein dargestellt und untersucht. — Man iibergiefst die zerschnittene
Wurzelrinde mit kochendem Wasser, läfst es damit einige Stunden dige-
riren, giefst ab und wiederholt diese Infusion noch ein- bis zweimal. Der
Rückstand wird ausgeprefst, die etwas erwärmten Auszüge durchgeseiht
und zur Consistenz eines dünnen Extractes abgedampft, letzteres wi.-d
alsdann wiederholt mit Alkohol von 82 p. c. warm behandelt, die braun-
gefärbten Tinkturen von dem ungelösten Extracte abgegossen , der gröfste
Theil des Weingeistes abdestillirt und der Rückstand der freiwilligen Ver-
dunstung überlassen. Die nach 24 Stunden daraus angeschossenen Kri-
stalle werden durch Pressen und Abwaschen mit kaltem Wasser von an-
hängendem Extracte befreit und in kochendem Wasser gelöst, wo beim
Erkalten Berberin niederfälit, weiches durch Ümkristallisiren aus Alkohol
gereinigt wird. Die Wurzelriude enthält ungefähr 1,3 p. c. dieses Stoffs.
— Das ßerberiu bildet ein sehr lockeres, aus feinen, seidenartig glänzen-
den Nadeln bestehendes, lebhaft hellgelbes Pulver. Beim Erkalten einer
kocliendheifs gesättigten wässerigen oder alkoholischen Auflösung schiefst
es in strahlenförmig zusammengesetzten Prismen an. Es schmeckt stark
und anhaltend rein bitter, ist geruchlos und verhält sich indifferent gegen
Pflanzenfarben; es ist in 500 Th. Wasser von 12° löslich; die verdünnte
Auflösung ist rein gelb, die concentrirtc gelbbraun. Alkohol von 82 p. c.
löst %so seines Gewichts; in kochendem Wasser und Alkohol ist es in
jedem Verhältnifs löslich; Lavendelöl, Terpentinöl und fette Oele lösen
etwas Berberin auf; in Aether, Schwefelkohlenstoff, Steinöl und Stein-
kohlentheeröl ist es unlöslich. Von concentrirter Schwefel- und Salpeter-
säure wird das Berberin zersetzt; aus seinen Auflösungen wird es aber
von eben diesen Säuren, so wie von Salz- und Phosphorsäure unverän-
dert gefällt. Schwächere Säuren lösen das Berberin auf und lassen es beim
Verdampfen unverändert fallen. Mit Gerbsäure bildet es eine in Wasser
unlösliche braungelbe Verbindung. Trockenes Chlor färbt es blutroth, in
einer Berberinauflösung entsteht durch Chlor ein brauner, in Wasser un-
löslicher, theilweise in kochendem Alkohol und ganz in Aetzkaii auflös-
licher Niederschlag, aus welcher Auflösung er durch Säuren wieder abge-
schieden wrird. Mit den Alkalien und mehreren Erden geht das Berberin,
unter Verdunkelung seiner Farbe, wirkliche Verbindungen ein; Säuren
stellen die gelbe Farbe wieder her. Beim Verdampfen einer ammoniakali-
schen Auflösung von Berberin erhält man braune Kristalle, welche mit Kali
Ammoniak entwickeln. Kocht man Berberin mit wässerigem Aetzkaii , so
wird es, ohne Ainmoniakentwickelung, in eine braune harzäbnliche Masse
verwandelt. Bleioxid-, Zinkoxid- und Eisenoxidul -Salze werden durch
Berberin nicht gefällt; die Silberveibindung enthält 25,98 p. c. Silberoxid.
Brom-, Iod- und Schwefelcyan-Kalium wird durch eine wässerige Auflösung
von Berberin hellgelb, Cyankalium rothgelb, Blutlaugensalz gelbgrün,
Schwefel kalium gelbbraun gefällt. — Das Berberin bildet mit Säuren gelbe,
kristallinische Verbindungen, die man durch Auflösen des Berberins in Al-
kohol und Zusatz von sehr verdünnter Satire erhält. (Kemp.) — Das Ber-
beritzengelb von Brandes ist unreines Berberin. — Das ßerberin wird zum
Gelbfärben benutzt.
Viper in.
Formel und Zusammensetzung s. S. 1164.
Von Oerstedt 1820 entdeckt. — Es findet sich im weifsen , scliw-arzen
und langen Pfeffer (von Piper niyrum und P. lonyum).
§. 2o4r. Darstellung : Man extrahirt gepulverten weifsen
Pfeffer mit Alkohol von 0,833 spec. Gewicht, destillirt den
Weingeist von dem Auszug ab und versetzt das zurück-
Piperin, Menispermin,
me
bleibende Extract mit Kalilauge, wodurch Harz aufgelöst wird,
während unreines Piperin ungelöst bleibt. Es wird mit Wasser
gewaschen und in Alkohol von derselben Stärke aufgelöst
Beim freiwilligen Verdunsten schiefst Piperin an, welches man
durch wiederholtes Umkristallisiren rein erhält. ( Poulet. ) —
Schwarzer Pfeffer liefert weniger leicht eia reines Piperin.
§. 255. Eigenschaften: Weifse, durchsichtige, viersei-
tige, schief abgestumpfte Prismen, bei rascher Kristallisation
zarte, lockere, zusammenhängende Nadeln; geschmack- und
geruchlos, luftbeständig, reagirt weder sauer noch alkalisch,
schmilzt bei 100°, nicht flüchtig, liefert bei der trockenen
Destillation ammoniakhaltige Produkte. In kaltem Wasser ist
das Piperin unlöslich, sehr wenig löslich in kochendem; leicht-
löslich in Alkohol, namentlich in kochendem, die Auflösung
wird durch Wasser gefällt; löslich in 100 Th. Aether bei ge-
wöhnlicher Temperatur, etwas löslich in fetten und flüchtigen
Oelen; die Auflösungen schmecken sehr scharf, pfetferartig.
Concentrirte Schwefelsäure löst es mit dunkel blutrother Farbe
auf, Wasser schlägt daraus Piperin nieder. Salpetersäure
färbt es rothgelb, beim Erhitzen bildet sich Oxalsäure und
Kohlenstickstolfsäure.
Das Piperin ist eine schwache organische Basis ohne alkalische Re-
action, allein es verbindet sich mit Säuren , sein salzsaures Salz mit Pla-
tinchlorid zu constanten Verbindungen. In trocknem salzsaurem Gase nimmt
feingepulvertes Piperin an Gewicht zu und färbt sich gelb, bei gelindem
Erwärmen ist die Gewichtszunahme stärker; die Verbindung enthält 18,74
p. c. Salzsäure, sie schmilzt und erstarrt kristallinisch , sie wird durch
Wasser zerlegt unter Abscheidung des Piperins. In Weingeist ist die salz-
saure Verbindung löslich ; versetzt man sie mit Platinchlorid und läfst an
der Luft verdampfen , so kristallisirt eine Doppelverbindung in orange-
gelben kleinen Wärzchen, sie ist in Weingeist, selbst in ätherhaltigem,
leicht löslich. (Var rantrapp und Will.') Concentrirte warme Salzsäure
löst das Piperin, ebenso Essigsäure. Beim Verdampfen entweicht die Säure
vollständig, ln alkalischen Flüssigkeiten ist es nicht löslich.
Menispermin. Von Pelletier und Couerbe in den Schalen der Kokkels-
körner entdeckt. Man behandelt das alkoholische Extract erst mit kaltem
Wasser, dann zieht man es mit warmem angesäuertem Wasser aus, fällt
die braune Lösung durch Alkali und zieht den Niederschlag mit höchst ver-
dünnter Essigsäure aus, wobei eine schwarzbraune Masse zurückbleibt.
Oder am besten zerstöfst man die ganzen Kokkelskörner, kocht sie mit
Alkohol von 0,833 spec. Gew. aus, destillirt den Alkohol von den Aus-
zügen ab, kocht das Extract mit Wasser und filtrirt siedendheifs. Beim
Erkalten, vorzüglich durch Zusatz von einigen Tropfen Säure, kristallisirt
das Picrotoxin (s. S. 1108) heraus. Das in reinem kochendem Wasser
Unlösliche wird nun mit säurehaltendem ausgezogen, mit Alkali gefällt,
aus dem körnigen Niederschlag durch wrenig kalten Alkohol eine fremde
gelbe Substanz ausgezogen und das Menispermin zuletzt in Aether gelöst,
aus dem es beim Verdampfen kristallisirt. Der Aether läfst eine schleimige
Substanz zurück, die man in wasserfreiem Alkohol löst, bei 45° verdun-
stet und kristallisirt erhält; es ist das Paramenispermin. — Das Mecisper-
min ist vreifs, undurchsichtig, kristallisirt in vierseitigen Prismen. Es ist
geschmacklos, soll nicht giftig seyn, schmilzt bei 120°, bei höherer Tem-
peratur wird es zersetzt. Es ist unlöslich in Wasser, löslich in Alkohol
und Aether, woraus es kristallisirt erhalten werden kann; es löst sich in
1240
Organische Basen.
verdünnten Säuren und bildet damit Salze, von denen das Schwefelsäure
ln Prismen kristallisirt, bei 165° schmilzt, in stärkerer Hitze wird es braun.
— Zusammensetzung s. S. 1164.
Paramenispermin hat dieselbe Zusammensetzung, schmilzt bei 250°,
verdampft in Gestalt eines weifsen Rauches, der in Gestalt von Schnee
sich sehr bald anlegt. In Wasser ist es unlöslich , wenig löslich in Aether,
am leichtesten wird es von heifsem Alkohol gelöst. Verdünnte Säuren lösen
es auf, ohne davon neutralisirt zu werden und ohne damit Salze zu liefern.
Harmalin . — Zusammensetzung und Formel siehe S. 1164. — Von
Gübel in dem Samen von Peyamim Harmala entdeckt, worin es an Phos-
phorsäure gebunden enthalten ist. — Die gepulverten Samen der in den
südrussischen Steppen sehr häufig wachsenden Pflanze werden mit essig-
säurehaltigem Wasser ausgekocht, der Auszug mit wässeriger Kalilösung
gefällt und der mit Wasser gewaschene Niederschlag mit sicdencfem abso-
lutem Alkohol behandelt. Die aus dem Filtrat sich absetzenden Kristalle
werden mit Essigsäure gesättigt, die Auflösung, nach der Entfärbung mit-
telst Pflanzenkohle, mit Ammoniak gefällt und der getrocknete Nieder-
schlag nochmals in Alkohol umkristallisirt. — Das Harmalin bildet durch-
scheinende, ins Bräunlichgelbe spielende rhombische Säulen, mit ein- und
zweigliedrigen Octaederflächen. Es besitzt einen schwach bittern, hinterher
etwas zusammenziehenden scharfen Geschmack, färbt den Speichel citron-
gelb, ist in Wasser und Aether schwer löslich, leichter in Alkohol. Reim
Erhitzen schmilzt es, stöfst unangenehm riechende, weifse Dämpfe aus,
entzündet sich und hinterläfst eine glänzende Kohle, die vollständig ver-
brennt. Erhitzt man es in einer Glasröhre, so erhält mau, unter partieller
Zersetzung, ein weifses, mehliges Sublimat. Das Harmalin stumpft die
Säuren ab und bildet damit gelbgefärbte, gröfstentheils leichtlösliche, zum
Theil kristallisirbare Salze, aus welchen es durch ätzende Alkalien sich
unverändert abscheiden läfst. Durch Oxidation geht das Harmalin in einen
rothen, von Gäbet Harmala genannten Farbstoff über, welcher mit Säuren
rothe Salze bildet, in Wasser unlöslich, in Aether ziemlich leicht löslich,
in absolutem Alkohol aber in allen Verhältnissen löslich ist. — Das Har-
malaroth ist das zum Färben von Zeugen zubereitete Pulver der Samen,
es enthält, statt des ursprünglichen gelben phosphorsauren Harmalins,
rotlies , phosphorsaures Harmala. Es ist braunroth , ähnlich der gepul-
verten Cochenille, und färbt mit Thonbeize versehene Seide oder Wolle,
jo nach dem Grade der Verdünnung der mit einem Alaunzusatz bereiteten
Abkochung, vom dunkeln Ponceau bis zum hellsten Blafsroth. ( Gäbet. ) —
Das Harmalin enthält kein Kristallwasser; die salzsaure Verbindung wird
durch Platinchlorid gelb gefällt. (Varrentrapp und Will.')
Theobromin. — Zusammensetzung siehe S. 1164. — Von Woskre-
sensky in den Cacaobohnen (von Theobroma Cacao ) entdeckt. — Man be-
baudelt die gepulverten Bohnen mit heifsem Wasser, fällt den klaren Aus-
zug mit essigsaurem Bleioxid und verdampft die vom Blei befreite Flüssig-
keit. Der Rückstand wird wiederholt in kochendem Alkohol gelöst, wo
man das reine Theobromin als weifses kristallinisches Pulver erhält. Es
ist schwach bitter, verändert sich nicht an der Luft, verliert bei 100° nur
0,81 p. c. seines Gewichts und zersetzt sich erst über 250°, wo es ein
kristallinisches Sublimat bildet. Es ist wenig löslich in kochendem Wasser,
noch schwerer löslich in Alkohol und Aether. Durch Säuren und Alkalien
wird es nicht zersetzt; Gerbstoff geht damit eine lösliche Verbindung ein;
Quecksilberchlorid bringt in der wässerigen Auflösung einen weifsen Nie-
derschlag hervor. CWoskresenskyJ
Gaffern, Thein , Guar anin.
Formel und Zusammensetzung siehe S. 1164.
Der unter diesen drei Namen beschriebene Körper findet sich in den
Caffeebohnen (Familie der Rubiaceen), den verschiedenen Theesorten
C affein, Thein.
1*11
(Theaceeo) und in dem Teig der Frucht von Paullinia sorbilis (Familie der
Sapindaceen). Aus den Caffeebohnen wurde er von Runge , aus dem Thee
von Oudry und aus der Guarana , einem von den Brasilianern geschätzten
Heilmittel, yoh Theodor Martins zuerst dargestellt.
Aus den Caffeebohnen erhält man diese Materie am einfachsten, wenn
sie mit Wasser wiederholt ausgekocht werden. Den heifsen Auszug ver-
setzt man mit etwas essigsaurem Bleioxid und kocht ihn unter erneuertem
Zusatz von feingepulverter Bleiglätte so lange, als die Flüssigkeit von ba-
sisch essigsaurem Bleioxid noch gelb gefällt wird. Sobald alle durch Blei-
oxid fällbare Materie entfernt ist, filtrirt man die Flüssigkeit von dem Nie-
derschlage heifs ab, versetzt sie miti verdünnter Schwefelsäure, mit Ver-
meidung eines Ueberschusses, und dampft sie nun nach Entfernung des
gebildeten Schwefelsäuren Bleioxids bis zur Kristallisation ab. Die zuerst
sich bildenden Kristalle trocknet man auf einem Ziegelstein und reinigt sie
durch eine neue Kristallisation. Die Mutterlauge liefert bei weiterem Ver-
dampfen noch mehr Kristalle.
- Aus dem Thee, oder wohlfeiler aus dem Theestaube, gewinnt man
diesen Stotf nach der nämlihen Methode. Mulder kocht den Theestaub mit
Wasser unter Zusatz von gebrannter Bittererde aus, filtrirt, verdampft
die Flüssigkeit zur Trockne, und zieht aus dem Rückstand die Substanz
mit warmem Aether aus, der sie nach dem Verdunsten rein hinterläfst.
Bei Anwendung von Guarana verfährt man auf dieselbe Weise.
Calfein, Thein und Guaranin besitzen einerlei Zusammensetzung, im
kristallisirten Zustande stellen sie sehr feine Nadeln dar, die sich von einer
glänzend weifsen Seide kaum unterscheiden lassen, bei 100° verlieren sie
8 p. c. Kristallwasser (~ 3 Atomen), wobei sie matt, glanzlos und leicht
zerreiblich werden j ihr Geschmack ist schwach bitter, sie schmelzen bei
177,8° und sublimiren bei 3S4°,7 ohne Veränderung. Die bei 130° ge-
trockneten Kristalle lösen sich bei gewöhnlicher Temperatur in 98 Th.
Wasser, 97 Alkohol und 194 Aether, sehr leicht in Jieifsem Wasser.
Eine gesättigte kochende Lösung erstarrt beim Erkalten zu einem kristal-
linischen Brei von feinen Nadeln. Die wasserhaltigen Kristalle lösen sich
bei 15° in 93 Th. Wasser, 158 Alkohol und 398 Aether. Aus Aether er-
halten sind die Kristalle wasserfrei. Die wässerige Auflösung dieser Ma-
terie wird aufser durch Gerbsäure (Gailäpfelaufgufs) durch kein Reagens
gefällt. DiesS Substanz besitzt schwach basische Eigenschaften, durch Auf-
lösung bis zur Sättigung in concentrirter Salzsäure und mäfsig verdünntet*
Schwefelsäure erhält man wasserfreie salzsaure oder Schwefelsäure Salze
in regelmäfsigen grofsen Kristallen (Herzog) , welche an der Luft erwärmt
oder mit Wasser gewaschen ihre Säure wieder abgeben. Mit gewöhnlicher
Salpetersäure kann es ohne Veränderung gekocht und abgedampft werden.
In concentrirter Schwefelsäure wird es beim Erwärmen zerstört. Durch
anhaltendes Kochen mit Barytwasser wird die Substanz zersetzt, man be-
obachtet die Bildung von Ammoniak, cyansaurem und ameiseusaurem Baryt.
(Mulder.')
Die Salzverbindungen dieser Materie sind schwierig in reinem Zustande
(frei von einem Ueberschufs oder Mangel an Säure) zu erhalten. Nach
Mulder absorbiren 100 Theile 31 bis 35,49 Salzsäure, die auf nassem
Wege dargestellten Kristalle enthalten 13,98 Salzsäure (Herzog) , so dafs
es ungewifs ist, ob das Atomgewicht derselben der Formel C8 HI0 N4 O,
oder C16 Hso N3 04 entspricht. Nach der ersten sollte die salzsaure Ver-
bindung 37, nach der andern 19 p. c. Salzsäure enthalten.
Anhang zu Caffein, Thein.
Obwohl über die Wirkung, welche Caffeia und Thein auf den Orga-
nismus haben, keine andere Beobachtungen vorliegen, als dafs sie nicht
narkotisch oder giftig sind, so kann man dennoch die Vermuthung nicht
Geiger’s Pharmacie. I. (5 te Aufi.) 79
1242
Caffee.
zurückweisen , dafs dieser Stoff, in den Organismus gebracht, eine dit
Funktionen gewisser Organe befördernde Eigenschaft besitzen mufs. Die
Menge der in dem Thee und Caffee genossenen Substanz ist so klein, dafs
von einem Antheil au der Ernährung nicht die Rede seyn kann. Das Vor-
kommen eines und desselben Körpers in den Saamen und Blättern zweier
verschiedener Pflanzengattungen, welche der Mensch, durch die Erfahrung
geleitet, als zuträglich und nützlich für die Lebensfunktionen erkannt und
in manchen Ländern zum täglichen Genüsse gewählt hat, würde zu selt-
sam erscheinen, wenn gerade von diesem Stoffe die Hauptwirkung nicht
abhängig wäre. Vergleicht man die Zusammensetzung des Caffeius und
Theins mit der des Alloxans, so findet man, dafs beide bis auf den Sauer-
stoff einerlei Elemente in dem nämlichen Verhältnis enthalten:
Caffein, Thein m C8 N4 H10 02
Alioxan = C8 N4 HJ0 0JÖ
und dafs sich Taurin (der stickstoffhaltige Bestandtlieil der Galle) durch die
Zusammensetzung des Caffeins plus einer gewissen Menge Sauerstoff und
Wasser ausdrücken läfst:
Cg N4 H10 09 -4- H18 09 + 09 = C3 N4 H28 0JO = Taurin.
Obwohl sich aus diesen Formeln keine Art von Schlüssen ziehen läfst, so
verdienen sie dennoch beachtet zu werden, da man auf den Genufs von
Caffein eine reichlichere Secretion von Harnstoff {Lehmann') uud Galle
beobachtet haben will.
Kaffeebohnen.
Nach Robiquet und Boutron lieferte 1 Pfund Caffechohnen
von Martinique
1,79
Grammen
—
32
Gran Caffein
Alexandrinischer
1,26
yy
22
yy
yy
von Java
1,26
yy
22
yy
yy
„ Mocca
1,06
yy
r —
20
yy
yy
,, Cayenne
1,00
yy
19
yy
yy
„ St. Domingo
0,85
yy
=
16
yy
yy
Die wässerige Abkochung der Caffeebohnen reagirt sauer, sie giebfc abge-
dampft ein braungelbes Extract, welches einen bittern, etw'as scharfen
Geschmack besitzt und zum Theil in Alkohol löslich ist. Kalkhaltiges Was-
ser, womit man Caffeebohnen übergossen hat, nimmt eine grasgrüne Farbe
an. Die Abkochung der Bohnen wird durch Kalkvvasser, sowie mit Eisen-
salzen vermischt, grasgrün; sie wird durch Bleiessig citronengeib gefällt.
Der Niederschlag, mit SchwefelwTasserstoffsäure zersetzt, liefert eine
(phosphorsauren) Kalk haltige saure Flüssigkeit, in welcher Robiquet die
Gegenwart von Gallussäure vermuthet, welches sehr unwahrscheinlich ist,
da sie nicht zum Kristallisiren gebracht werden kann. Die Bohnen nach
dem Auskochen mit Wasser getrocknet und gepulvert, mit Aether kalt aus-
gezogen , geben an diesen nahe % ihres Gewichts eines in der Consistenz
der Butter ähnlichen, grünlich gefärbten Fettes ab, wras leicht schmelzbar
ist und zum gröfsten Theil aus einein flüssigen Oele besteht, welches eine
geriuge Menge eines festen kristallinischen Fettes enthält. Robiquet und
Boutron erhielten zuweilen aus den letzten ätherischen Auszügen der Boh-
nen Spuren einer kristallinischen schwefelhaltigen Substanz. Wasser, Al-
kohol und Aether entziehen den Bohnen über ein Drittel an löslichen Ma-
terien, zu denen noch ein wachs- und ein harzartiger Körper gerechnet
werden mufs. Bei dem Rösten des Caffees verliert er 12J/a p. c. an seinem
Gewichte, aufser Essigsäure ein empyreumatisches Oel, im Anfang von
angenehmem, zuletzt von unangenehmem Geruch uud beim Verkohlen von
Kristallen von Caffein. Was beim Rösten des Caffees mit seiuen ver-
schiedenen Bestandtheilen vorgeht, ist unbekannt, w^as uni so weniger auf-
fallen kann, da man aufser dem Caffein keinen einzigen derselben mit
einiger Sorgfalt untersucht hat Die Asche der Caffeebohnen enthält koh-
*Thee. 1243
Iensaures, schwefelsaures Kali, Chlorkalium , kohlensäüren und phosphor-
sauren Kalk, Bittererdc, Eisen- und Manganoxid.
Thec.
Nach der Untersuchung von Mülder enthalten 100 Theile der folgen-
den Theesorten:
Chinesischer Thee. Javanischer Thee.
Flüchtiges Oel
Haysan. Congo.
(grüner) (schwarzer)
0,79 0,60
Haysan. Congo.
(grüner) (schwarzer)
0,98 0.65
Blattgrün
2,22
1,84
3,24
1,28
Wachs
0,28
—
0,32
__
Harz
2,22
3,64
1,04
2,44
Gummi
8,56
7,28
12,20
11,08
Gerbstoff
17,80
12,88
17,56
14,80
Theein
0,43
0,46
0,60
0,65
Extractivstoff
22,80
19,88
21,68
18,64
Apothein, dunkler
Farbstoff des
schwarzen Thees
1,48
1,64
durch Salzsäure
ausziehbar
23,60
19,12
20,36
18,24
Albumin
3,00
2,80
3,64
1,28
Faser
17,08
28,32
18,20
27,00
Asche
5,56
5,24
4,76
5,36
Das flüchtige Theeöl ist citrongelb, in der Kälte butterartig, leichter
wie Wasser, von dem Geruch des Thees, betäubend.
Das Theein wird durch Gerbstoff gefällt, der Niederschlag löst sich
in heifsem Wasser. Ein heifser Aufgufs von Thee enthält als Hauptbestand-
theil nächtiges Oel und gerbsaures Theein, was beim Erkalten niederfällt;
Gummi und Extractivstoff verbessern den Geschmack des Aufgusses, inso-
fern sie den des Gerbstoffes minder hervorstechend machen. Der grüne
enthält mehr Gerbstoff wie der schwarze. Der Unterschied der verschie-
denen Theesorten hängt ab von der Zeit, zu welcher die Blätter gepflückt
werden ; in einem Zwischenraum von drei Monaten sammelt man die kaum
entwickelten, dann die halb ausgewachsenen, zuletzt die vollständig aus-
gebildeten; die untern Blätter des Strauchs werden für sich gesammelt;
die Blätter werden zur Bewahrung ihrer Farbe noch denselben Tag ge-
trocknet. In gelinder Wärme getrocknet behalten die Blätter ihre Farbe,
in höherer Temperatur nehmen sie eine schwarzgrüne oder bräunlichgrüne
Farbe au.
100 Thee
geben bei viermaligem Auskocheü in Wasser an löslichen Theilen (Extract) ab:
Chinesischer
schwarzer Extract.
Javanischer
schwarzer
Extract.
Congo
36,7
. . • «
33,9
Pecco
34,5
38,0
Souchon
34,0
41,1
Kampoe
32,5
36,9
Bohee
29,5
37,1
Cuper Congo
29,0
grüner
—
grüner
Haysan
44,4
37,3
Uxim
41,6
45,7
Joosjes
40,8
37,4
Schin
37,6
i i «
34,8
Tonkay
36,5
i ...
34,0
Jonglo
85,3
— -
1244
StärkmehL
Die verschiedenen Theesorten hinterlasseu nach dem Einäschern eine
röthliche Asche, deren Farbe von Eisenoxid herrührt; die Farbe der Asche
des chinesischen Thees ist viel mehr gefärbt wie die des javanischen, so
dafs man durch den Unterschied in der Farbe der Asche diese Theesorten
z u unterscheiden vermag. Diese Aschen enthalten .Schwefelsäure, Phos-
phorsäure, Chlor, Kalk, Kali, Eisen und Kieselerde. ( [Mulder. )
Guarana.
Die Samen der Paullinia , von welchen das Guaranin bereitet wird,
enthalten aufser dem Marke, dem Gummi und Amylon, eine grünliche
fette ölartige Materie, Gerbsäure, welche Eisensalze grün (wie der Caffee-
absud) färbt, und Guaranin. Das letztere ist in den Samen mit Gerbsäure
verbunden, und diese Verbindung läfst sich, da sie in kaltem Wasser un-
löslich ist, aus beiden, aus Gerbsäure und Guaranin, direct darstellen.
(Berthemot und DechastelusJ
Allgemeine stickstofffreie Bestandtheile der
Pflanzen.
Mit allgemeinen Bestandtheilen der Pflanzen bezeichnen wir eine be-
sondere Klasse von Materien, von denen der eine oder der andere in
keiner Pflanze fehlt; sie sind ungefärbt, ohne hervorstechenden Geschmack,
ohne medicinische Eigenschaften und besitzen keinen bestimmten chemischen
Charakter. Hierher gehören Amylon oder Stärkmehl , Gummi , Schleim,
Pectin, Holzfaser , ihre Zersetzungsprodukte und die sich daran anreihen-
den Verbindungen.
Stärkmehl £ Amylum ~).
Synonyme: Satzmehl (Faecula) zum Theil, Kraftmehl, Amidon.
Das Stärkmehl war den alten Griechen schon bekannt. Es soll auf
der Insel Chios entdeckt worden seyn. — Dasselbe kommt in vielen Pflan-
zen vor, wie in den Samen aller Gräser (der Getreidearten u. s. w.). Auch
in den meisten Samen der Dicotyletonen (Hülsenfrüchte, Kastanien, Eicheln
u. s. w.). — In den Kartoffeln (von Solanum tuberosum), dem Manihot
(Janipha [Jatropha] Manihot), den Zwiebeln der Zeitlose (Colchicum au-
tumnale); Salap (von Orchis Morio etc.), jedocji nur in geringer Menge;
Aron (Arum maculatum); in den Wurzelknollen und Sprossen vieler Scita-
mineen, als Curcuma angustifolia, Cure, leucorrhiza R. u. a. , Maranta,
Sagittaria, Iris, Meclioakanne, Jalappe, den Bataten, der Belladonna-,
Osterluzey-, Kolumbo-, Dioscorea-, Bryonia-Wurzel, überhaupt in den
meisten Wurzeln; dem Stock von Aspidium Filix mas, Polypodium vul-
gare; im Stamme vieler Palmen (Sagus farinifera, Bumphii, Cycas circi-
nalis, C. revoluta, Caryota urens etc.). In manchen Rinden, China, Ca-
nell, Geoffraea; Obstarten, z. B. Aepfeln u. s. w.
Man bereitet das Stärkmehl im Grofsen meistens aus Getreide : Weizen
wird im Wasser macerirt, bis er stark aufgequollen, weich und, zwischen
den Fingern gedrückt, milchig ist, dann wird er unter Wasser in Säcken
geknetet, oder unter Mühlsteinen so lange geprefst, als das Wasser mil-
chig wird, oder zwischen Walzwerken zerquetscht uud mit 'Wasser an-
gerührt; das Stärke-haltende Wasser wird durch ein Haarsieb abgelassen.
Die Stärke lagert sich ab. Den obenauf befindlichen Kleber zieht man ab,
reinigt die Stärke durch wiederholtes Umrühren mit kaltem Wasser (zu-
weilen wird sie auch mit Weingeist gewaschen), und trocknet sie an der
Luft. Oder geschroteter Weizen wird mit Wasser zu Brei angerührt, der
StärkmehL
1945
sauren Gährung überlassen , in Säcken unter Wasser die Stärke ausgetre-
ten, und wie vorher verfahren. — Aus Kartoffeln, Möhren, der Wurzel
von Maranta arundinacea, Curcuma angustifolia und leucorrhiza, Tacca
pinnatifida, Arracascha esculenta u. s. w. bereitet man sie, indem diesel-
ben wohl gereinigt, zerrieben, mit Wasser geknetet und ausgewaschen
werden, so lange dieses milchig durch ein feines Haarsieb läuft. Die ab-
gesetzte Stärke wird wie oben gereinigt und getrocknet. — Die Tapioeca
erhält man, indem die frische Wurzel von Janipha Manihot zerrieben, und
der Saft ausgeprefst wird, aus welchem sich das Stärkmehl absetzt, wel-
ches wohl gewaschen und getrocknet wird. — Die Sago ist eine Art Stärke,
welche sich im hohlen Stamm obengenannter Palmen befindet. Sie wird
mit Wasser herausgespült, noch feucht durch Durchschläge getrieben, und
in warmer Luft oder künstlicher Wärme getrocknet, wodurch sic einen
festen Zusammenhang erhält, und etwas hornartig durchscheinend wird. —
Die Mandiocca , Cassave , ist der Rückstand von Tapioca, den man in ge-
linder Wärme in Pfannen unter Umrühren eintrocknet. Da hiebei Wärme
auf das feuchte Stärkmehl einwirkt, so wird dieses zum Theil verändert
(in Amidin umgewandelt. — - Die Bereitung der Sago und Mandiocca aus
Kartoffelstärke geschieht auf ähnliche Art). — Aus Linsen, Bohnen, Erbsen
erhält man das Stärkmehl, wenn man sie, mit warmem Wasser übergos-
sen, weich werden läfst, sodann in einem Mörser zerreibt, den Brei mit
vielem Wasser verdünnt auf ein Sieb schüttet, wo das Stärkmehl mit dem
Wasser durchfliefst, und beim ruhigen Stehen sich absetzt; durch wieder-
holtes Ausschlämmen mit frischem Wasser erhält man das Stärkmehl rein.
§. 956. Die Eigenschaften des Stärkmehls sind ; Es ist
ein blendend weifses, zartes Pulver, welches beim Drücken
knirscht. * Unter der Lupe erscheinen die Stärk etheiiehen als
wasserhell durchsichtige, theils kugelige, theils ovale oder
stumpfeckige Körner von verschiedener Gröfse (die Kartoffel-
stärke ist grobkörniger, glänzender und rollt leichter als
Weizenstärke, welche feucht leicht zusammenbackt und in
länglich viereckigen Stückchen zerschnitten als Stärke, staub-
artig zertheilt als Puder vorkommt und fast die feinste Stärk-
mehlart ist 5 zwischen beiden inne steht das Arrowroot , mit
welchem das Tikkur und die Tapioeca übereisakommt). Sago
kommt in rundlichen Körnern von der Gröfse eines Senfkorns
und darüber mit blafsröthlicher Farbe, als rolhe Sago fSago
rubra}, oder in kleinen unregelmäfsigen höckerigen Klümp-
chen von weifser Farbe und durchscheinend, weifse Sago
£ Sago alba }, vor. (Iu Frankreich kommt jetzt Sago von braunrother
Farbe vor, von welcher viel Rühmens gemacht wird. Es scheint gewöhn-
liche Sago zu seyn, die mit rothem Bolus gefärbt ist.) Die weifse Kar-
toffelsago kommt in sehr kleinen, kaum hirsenkorngrofsen , kugeligen
Körnehen vor. Die Mandiocca besteht aus unregelmäfsigen Kör-
nern und staubartigen Theilchen von weifslicher oder gelb-
licher Farbe. — Das Stärkmehl ist ferner gesell mack- und
geruchlos; luftbeständig; spec. Gewicht 1,53. Im lufttrocke-
nen Zustande enhält es 19 bis 18 p. c. Wasser, welches es
nur beim anhaltenden Erhitzen über dem Wasserbad zum Theil
verliert. Im luftleeren Raum bei 90° getrocknet behält es 9
p. c. Wasser zurück. Mit Feuchtigkeit gesättigt enthält es
85 p. c. und nafs geprefst 45 p. c. Wasser f Pagen}. In
kaltem Wasser ist das Stärkmehl unlöslich, ebenso in Alkohol
* C v A ,
1246
Stärkmehl.
und Aether. Das aus den Pflanzen gewonnene Stärkmehl ist nicht
rein, es enthält Fette, Wachs, oder cautschuckähnliche Materien, von
denen es nur schwierig zu befreien ist. Kartoffel-, Weizen-, Bohnen-,
Linsen- und Erbsen -Stärkmehl erhält man rein, wenn sie mit einer Auf-
lösung von 1 Th. Kalihydrat in 100 Th. Alkohol gekocht werden. Die
alkoholische Flüssigkeit verliert hierbei ihre alkalische Reaction und nimmt
meistens eine fette Säure auf. Zur völligen Reinigung wird dieses Stärk-
mehl zuerst mit reinem Weingeist und dann mit Wasser ausgewaschen.
Payen bekam durch Auswaschen des Kartoffelstärkmehls mit Alkohol,
nachdem er den Alkohol abdestillirt hatte, einen ölartigen Rückstand (aus
5 Kilogr. Kartoffelstärkmehl 2,5 Grm. fette Substanz), welcher ein kri-
staliisirbares Fett und Kartoffelfuselöl (?) enthielt; allein das Kartoffel-
fuselöl, was im Alkohol gelöst wird oder gelöst ist, geht mit den Alkohol-
dämpfen bei der Destillation über und kann nicht im Rückstand bleiben.
Setzt man lufttrockenes Kartoffelstärkmehl in einem offenen Gefäfse
einer Temperatur von 200° aus, so verliert es eine gewisse Quantität
Wasser, nimmt eine schwache Ambrafarbe an und erhält jetzt die Fähig-
keit , sieb zum gröfsten Theil in kaltem Wasser zu einer schleimigen Flüs-
sigkeit zu lösen. Wird dasselbe Stärkmehl (lufttrocken) in einem gut
verschlossenen Gefäfse sehr rasch einer Temperatur von 200° ausgesetzt,
so schmilzt es zu einer gleichförmigen durchscheinenden Masse; dieses
Schmelzen wird durch seinen Wassergehalt bedingt; vollkommen trockenes
Stärkmehl schmilzt nicht (_ Payen ) , erhält jedoch durch den Einflufs der
hohen Temperatur die Löslichkeit in kaltem Wasser. CPayen.~)
Wirkung des heißen Wassers auf Stärkmehl.
Eine Mischung von 1 Th. Stärkmehl mit 15 — 20 Th. Wasser wird bei
55° schleimig, bei 72° bis 100° entsteht eine dicke gelatinöse Masse, be-
kannt unter dem Namen Kleister, Papp (_empois~). Der mit gereinigtem
(s. o. ) Stärkmehl bereitete Kleister ist durchsichtig oder durchscheinend,
mit gewöhnlichem Stärkmehl erhält man ihn trübe, milchähnlich. Der
Kleister von Weizen- und Reis-Stärkniehl (welche die kleinsten Körnchen
haben) ist zusammenhängend, schmierig, der Kleister von Kartoffelstärk-
mehl hingegen gallertartig.
lieber den Zustand, in welchem das Stärkmehl in diesem Kleister ent-
haltet) ist, war man lange Zeit in Zweifel, bis durch neuere Versuche
von Guerin und Payen bewiesen worden ist, dafs die Kleisterbildung mehr
in einer Aufquellung, als in einer wirklichen Auflösuog beruht.
Verdünnt man frischen Kleister mit sehr vielem Wasser und giefst die
Mischung auf ein Filter, so geht eine klare Flüssigkeit hindurch, die man
früher für eine Auflösung eines veränderten Stärkmehls, von Amidin hielt,
verschieden von den auf dem Filter zurückbleibendeu gallertartigen Thei-
len durch seine Auflöslichkeit in kaltem Wasser. Allein diese scheinbare
Auflösung trennt sich bei dem Gefrieren in reines Wasser und in gallert-
artige Flocken, die sich in Wasser nicht mehr zertheilen. Dasselbe ge-
schieht, wenn die oben erwähnte Auflösung im leeren Raume abgedampft
wird, wo ein Rückstand bleibt, der in Wasser gallertartig aufschwillt,
ohne sich vollkommen wieder zu lösen.
Wird die von frischem Kleister abfiltrirte klare Flüssigkeit mit einer
Iodlösung vermischt, so entsteht eine dunkelblaue ganz durchsichtige Flüs-
sigkeit, welche mit derselben Farbe durch Filtrirpapier geht. Allein es
läfst sich durch gute Microscope erkennen, dafs die blaue Farbe durch-
sichtigen Flocken angehört, die in einer farblosen Flüssigkeit schwimmen.
Wenn diese scheinbare Lösung mit gallertartiger Thonerde, oder mit in
Wasser vertheilter Hausenblase vermischt wird, so schlägt sich die ent-
standene Iodverbindung nieder und die darüberstehende Flüssigkeit erscheint
farbjos. Eine Gypsauflösung, yi000o Chlorcalcium, sowie Säuren bewirken
ebenfalls ihre Abscheidung von der Flüssigkeit. Kohle entfärbt die blaue
StärkmehL
1247
Lösung. Diese Erfahrungen berechtigen zu dem Schlüsse, dafs die Wirkung
des heifsen Wassers auf das Stärkmehl in der Bildung einer chemischen
Verbindung beruht, welche grofse Mengen Wasser wie ein Schwamm
mechanisch in sich aufnimmt, ähnlich wie diefs bei den Schleimen (Tra-
ganth, Safep etc.) geschieht.
Durch mehrere Tage lang fortgesetztes Kochen des Kleisters mit Was-
ser erhielt Vogel eine bitterschmeckende gummihaltige Auflösung und einen
gallertartigen unlöslichen Rückstand.
Der Kleister trocknet an der Luft zu einer gelblichen , durchscheinen-
den, hornartigen Masse ein, die sich durch Wasser wieder erweichen läfst
und zu einer undurchsichtigen kleisterartigen Gallerte wieder aufquillt.
Sich selbst überlassen wird der Kleister nach und nach dünnflüssig,
bei eingemeugten fremden Substanzen (Kleber) nimmt er einen siifsen Ge-
schmack an und wird zuletzt ohne Gasentwickelung sauer. Es entsteht
hierbei Trauben- (Stärke-) Zucker, zuletzt Milchsäure. Kleister aus Wei-
zenmehl (ein Gemenge von Stärkmehl mit Kleber), Reismehl und andern
Mehlarten erleidet diese Veränderung noch rascher, mit dem Unterschiede
jedoch, dafs er zuletzt übelriechend (von freiwerdendem Schwefelwasser-
stoff) wird, und bei Zusatz von Alkalien Ammoniak entwickelt.
Die von einem mit Wasser sehr verdünnten Kleister abfiltrirte klare
Flüssigkeit wird durch Baryt- und Kalkwasser in weifsen Flocken gefällt,
die sich in einem Ueberschufs des Fällungsmittels wieder lösen. Phosphor-
saurer Kalk wird in einer Abkochung von Stärkmehlkleister in bemerk-
licher Menge gelöst. Basisch essigsaures und salpetersaures Bleioxid
bringen in dieser Flüssigkeit dicke weifse Niederschläge hervor; sie wird
durch Zusatz von Alkohol in der Form eines durchscheinenden weifsen
Geriünsels gefällt, was in reinem Wasser vollkommen wieder verschwin-
det. Durch Gerbsäure entsteht darin anfänglich eine milchige Trübung,
später setzt sich eine durchscheinende zähe Masse in dieser Mischung ab,
welche in der Wärme wieder verschwindet. Pflanzenstoffe, welche Gerb-
säure und Stärkmehl enthalten, geben deshalb beiin Abkochen klare Flüs-
sigkeiten, die sich beim Erkalten trüben, während der kalte Auszug ein
Extract liefert, was sich in kaltem und warmem Wasser klar auflöst.
(Unterschied des kalt- und warmbereiteten Ratanhiaextractes.)
Durch Säuren wird das Stärkmehl in Dextrin, zuletzt in Zucker ver-
wandelt, durch Alkalien in Dextrin (?). Mit Iod bildet es eine Verbindung
von indigblauer Farbe; durch Brom wird es feuergelb gefärbt.
Verhalten des Slärkmehls zu Säuren .
Verhalten in der Kälte. Verdünnte Schwefelsäure, Salzsäure tmd
Pflanzensäuren haben auf Stärkmehl in seinem gewöhnlichen Zustande bei
gewöhnlicher Temperatur keine Wirkung; die erstere wird in Stärke-
zuckerfabriken angewendet, um das frisch dargestellte Stärkmehl in feuch-
tem Zustande aufzubewahren und vor dem Schimmeln zu schützen. Die
im Winter aus Kartoffeln z. B. dargestellte Stärke, mit verdünnter Schwe-
felsäure angefeuchtet, hält sich Monate lang ohne Veränderung. Durch
concentrirte Schwefelsäure wird das Stärki.iehl unter Erhitzen verkohlt.
Kalt damit zusammengerieben wird es bei Zusatz von Wasser vollkommen
löslich und in Dextrin verwandelt.
Gegen sehr concentrirte Salpetersäure (spec. Gew. 1,5) verhält sich
das Stärkmehl auf eine eigenthümliche Weise, sie geht nämlich eine Ver-
bindung damit ein, die von Braconnot entdeckt und mit Xyloidin bezeich-
net worden ist.
Xyloidin. Kartoffelstärke mit Salpetersäure in einem Porceüanmörser
zusammengerieben, löst sich zu einer durchscheinenden schleimigen Gal-
lerte ohne Gasentwickelung auf, welche durch Zusatz von reinem Wasser
zu einer weifsen, käsigen, in Wasser völlig unlöslichen Masse gefällt
wird. Der entstandene Niederschlag, gewaschen und getrocknet, stellt
da» Xyloidin dar.
1248
Stärk me hl.
L)as Xyloidin ist weifs, pulvrig, geschmacklos, ohue Wirkung auf
Pflanzenfarben , durch Iodauflösung wird es gelb gefärbt. In siedendem
Wasser und verdünnter Schwefelsäure wird es weich und klebrig, ohne
sich bemerkSich zu lösen. In concentrirter Salzsäure ist es in der Wärme
löslich und wird durch Wasser wieder daraus gefällt. Cooccntrirte Schwe-
felsäure bildet damit eine klare Lösung, die durch Wasser nicht getrübt
wird. Es ist leicht löslich in der Kälte in verdünnter Salpetersäure und
giebt beiin Sieden damit Oxalsäure, keine Schleimsäure. Alkalien fällen
es aus der kalten Lösung. In starker Essigsäure ist es leicht zu einem
dicken Schleime löslich, der durch Wasser zu einer festen weifsen Masse
coagulirt wird. Die essigsaure Lösung giebt eingetrocknet eine durchsich-
tige Masse, auf Papier und Holz gestrichen einen glänzenden firnifsartigen
Ueherzug, der der Wirkung des Wassers vollkommen widersteht. In der
Kälte ist es in Ammoniak und kaustischer Kalilauge nicht auflöslich, es
wird aber klebrig und durchscheinend; beim Kochen erfolgt ein braune
Auflösung. Das Xyloidiu ist in Alkohol nicht oder sehr wenig löslich. In-
diglösung wird in Berührung mit Xyloidin nicht entfärbt. Es ist im hohen
Grade leicht entzündlich.
Sägespäne , Leinwand , Baumwolle liefern beim Erwärmen mit starker
Salpetersäure ohne Gasentwickelung eine schleimige Lösung, aus der man
durch Wasser ebenfalls Xyloidin erhält. Traganthyummi , arabisches
Gummi , Inulin und Saponin (aus der Rinde von Gymnot. canaäensis ) lie-
fern es ebenfalls, begleitet von einem andern Zersetzungsprodukt von bit-
term Geschmack. Das Gummi aus Leinwand, feiner Rohrzucker, Mannit
und Milchzucker geben kein Xyloidin.
Pelouze beobachtete, dafs die schleimige Auflösung der Kartoffelstärke
in Salpetersäure, sich selbst überlassen, nach und nach die verschiedenen
Färbungen eines Gemenges von Salpetersäure und Stickoxidgas annimmt,
und dafs sie bei längerem Stehen ihre Eigenschaft, durch Zusatz von
Wasser Xyloidin fallen zu hassen, vollständig verliert. Bei diesem Zeit-
punkte abgedampft, erhält man eine zerfliefsliche sehr saure Masse, welche
keine Oxalsäure enthält. (Es wird hierbei eine von der Zuckersäure ver-
schiedene stickstofffreie Säure neben Ameisensäure gebildet.)
Das Xyloidin ist nach Pelouze nach der Formel C6 Ha 04 H- Na 04 zu-
sammengesetzt.
Versetzt mau ein Gemenge von Kartoffelstärkmehl und starker Sal-
petersäure mit ccncentrirter Schwefelsäure, so entwickelt sich viel Slick-
oxidgas und Wasser fällt daraus eine kleisterartige Substanz , welche ge-
trocknet und mit Alkohol gekocht sich theilvveise löst. Beim Erkalten der
alkoholischen Auflösung schlägt sich eine weifse unkristallinische Materie
nieder, welche im Wasser zusammenbackt, an den Zähnen klebt und dem
Wachse gleicht, aber nicht schmilzt. Diese Produkte verdienen eine ge-
nauere Untersuchung.
Verhalten in der Wärme. In einer Mischung von 1 Th. concentrirter
Schwefelsäure mit 2 Th. Wasser löst sich das Stärkmehl in der Wärme
vollkommen auf und diese Auflösung giebt bei der Destillation unter star-
kem Aufblähen eine reichliche Menge Ameisensäure, welche von einem
die Augen stark reizenden flüchtigen Oele begleitet ist, während sie schwarz
wird und eine poröse in Wasser unlösliche Masse hinterläfst.
Erhitzt man Kleister von Weizenstärkmehl unter Zusatz von Salz-
säure, so wird die Mischung dünnflüssig, sie bleibt aber trübe und hinter-
läfst beim Filtriren auf dem Filter eine gelatinöse Masse , welche durch
lod nicht mehr blau gefärbt wird. Die durch das Filter gehende Flüssig-
keit wird anfänglich durch Iodtinktur blau niedergeschlagen , bei längerem
Stehen verliert sie diese Eigenschaft völlig. Die frische Auflösung enthält
ihrem chemischen Verhalten nach unveränderte Stärkesubstanz. Aus der
Auflösung von Stärkmehl in verdünnter Schwefelsäure erhält man durch
Zusatz von Alkohol ein weifses Coagulum, welches keine Schwefelsäure
in chemischer Verbindung enthält. ( Keller , A. W. Hofmann.') Bei gelin-
dem Erwärmen verwandelt sich das Stärkmehl in Dextrin.
Stärkmehl, Dextrin.
i£49
Dextrin. Eine Misehung von 1000 Th. Kartoffelstärke mit 60 Th.
Weinsäure, welche eine Stunde lang in einem verschlossenen Gefäfse einer
Temperatur von 125° ausgesetzt wurde, gab, mit Kreide gesättigt, beim
Abdampfen auf % eine durchscheinende gallertartige Masse, die beim
Trocknen den glasigen, muschligen Bruch und alle Eigenschaften des ara-
bischen Gummi’s zeigte (CouverchÜ')\ sie besafs einen faden, schleimigen
Geschmack und enthielt etwas Traubenzucker, der sieh durch AufTöseh in
Wasser und Fällung mittelst Alkohol entziehen liefs. Das in Alkohol un-
lösliche Produkt der Einwirkung der Säure auf das Stärkmehl hat den Na-
men Dextrin von der Eigenschaft seiner wässerigen Lösung, den polari-
sirten Lichstrahl nach Rechts abzulenken, erhalten. Es entsteht bei der
Auflösung von Amylon in verdünnten Mineralsäurcn , und ist das erste
Produkt, was bei seinem üebergang in Zucker (Stärkezücker) gebildet
wird; daher es stbts bei seiner Darstellung mehr oder weniger von Zucker
begleitet ist. Am leichtesten erhält man das Dextrin, wenn man in Klei-
ster verwandeltes Stärkmehl (100 Theile) mit einem warmen Auszug von
(5 Theilen) Gerstenmalz einer Temperatur von 60 — 65° aussetzt. Sehr
rasch verliert die Mischung ihre kleisterartige Beschaffenheit und wird
schleimig; sobald die Flüssigkeit von lodauflösung nicht mehr gefärbt wird,
ist die Umwandlung als vollendet anzusehen. Je nach der Menge des an-
gewendeten Malzes und der Dauer der Digestion hat man in der Flüssig-
keit mehr oder weniger Zucker (siehe Diastase ). Setzt inan der Mischung
Hefe zu, so geht die Flüssigkeit in Gährung über, aller Zucker ver-
schwindet und in der schleimigen Flüssigkeit bleibt das Dextrin zurück.
In diesem Zustande ist das Dextrin in dem Bier enthalten , was seine schlei-
mige Beschaffenheit davon erhält. Die Mischung von Zucker und Dextrin
wird durch Gerbesäure, durch Galläpfeltinktur, durch Bleiessig, Kalk- und
Barytwasser nicht gefällt, durch lod nicht blau gefärbt, ein Verhalten,
was sie wesentlich von dem Amylon unterscheidet.
Durch Behandlung mit 84procentigem Alkohol, in welchem das reine
Dextrin unlöslich, der Zucker leicht löslich ist, kann man den Zucker
vom Dextrin scheiden. Am besten geschieht diefs, wenn eine concentrirte
wässerige Lösung mehrmals mit 84procentigera Alkohol gefällt wird , wo-
durch sich das Dextrin in Gestalt eines dicken Syrups unlöslich abscheidet,
während der Zucker in Auflösung bleibt.
In einem warmen Luftstrom getrocknet stellt das Dextrin eine nicht
kristallinische Masse dar von 1,25 spec. Gewicht, welche die physikali-
schen Eigenschaften des arabischen Gummi’s besitzt, sie ist aber wesent-
lich davon durch die Leichtigkeit verschieden, mit welcher sie durch ver-
dünnte Schwefelsäure und einen warmen Malzauszug vollständig in Zucker
übergeführt werden kann; sie liefert ferner, mit Salpetersäure oxidirt,
keine Schleimsäure. Die mit Aetzkali versetzte Auflösung von Dextrin
läfst sich mit verdünntem schwefelsaurem Kupferoxid vermischen, ohne
dafs ein Niederschlag entsteht. Man erhält eine tief blaugefärbte Flüssig-
keit, die, auf 85° erwärmt, rothes Kupferoxidul unter Entfärbung absetzt,
eine Eigenschaft, die das arabische Gummi und die Schleime unter densel-
ben Umständen nicht zeigen.
Das Dextrin löst sich leicht ia Weingeist von 30 p. c. Alkoholgehalt,
schwieriger in 45procentigem, es ist unlöslich in 80procentigem. Eine bei
24° gesättigte Auflösung von Dextrin in 56procentigem Weingeist setzt
beim Abkühlen wasserhaltiges Dextrin in der Form eines Syrups ab, diese
Auflösung wird durch neutrales oder basisches essigsaures Bleioxid nicht
getrübt; versetzt man hingegen eine wässerige Dextrinauflösung mit Am-
moniak und mischt sie mit basisch essigsaurem Bleioxid , so erhält man einen
reichlichen weilsen Niederschlag, welcher eine Verbindung von Dextrin
mit Bleioxid enthält.
Eine Mischung von Holzgeist mit concentrirter wässeriger Dextrinlösung
wird ferner durch eine Auflösung von Baryt in Holzgeist niedergeschlagen.
Der NiederschVig ist Dextrin- Baryt.
1250
Stärkmehl.
Leiocome. Unter diesem Namen kommt im Handel eine durch den
Eiuflufs einer höheren Temperatur in kaltem Wasser löslich gemachte Kar-
toffelstärke vor* welche in Cattuu- und andern Fabriken als Verdickungs-
mittel anstatt des arabischen Guinmi’s angewendet wird. Ein sehr gutes
Verfahren, um Leiocome von möglichst heller Farbe zu gewinnen, bestell
darin, dafs man 400 Th. Kartoffelstärke mit einer Mischung von 20 Tk.
Wasser und einem Theil Salpetersäure (1,42 spec, Gew.) befeuchtet, gut
durcheinander arbeitet, an der Luft trocknet und alsdann einer Temperatur
von 108 bis 120° aussetzt, bis alle Salpetersäure vollständig entfernt ist.
Bei der Siedhitze des Wassers einige Zeit erhalten, bleibt dJese Mischung
weifs und wird mit kaltem Wasser dick Und schleimig, ohne sich aber
vollständig zu lösen; in heifsem Wasser ist sie hingegen zu einer klaren,
nicht gallertartigen Flüssigkeit löslich. In höherer Temperatur getrocknet
wird sie schwach gelblich und löst sich alsdann wie Gummi im Wasser.
Durch den blofsen Einflufs einer höheren Temperatur (150°) erhält die
Stärke die Eigenschaften des Dextrins, allein es färbt sich in diesem Fall
und nimmt eine hellbraune Farbe an. ( Payen .) Dem im Handel verkom-
menden Leiocome kann man durch Behandlung mit Alkohol den braunen
Farbstoff entziehen, doch ist der Rückstand nicht reines Dextrin, sondern
er enthält stets ein gewisse Menge Audion eingemengt.
Iod-Stürkmehl. Die Eigenschaft des Stärkmehls, mit Iod eine indigo-
blaue Verbindung zu bilden, wurde zuerst von Gaultier de Claubry be-
obachtet; sie wird als eiu sehr empfindliches Reagens auf Iod benutzt.
Einige Eigenschaften der in Wasser löslichen Verbindung des Iods mit
Stärkinehl sind S. 1246 schon angeführt. Die blaue Auflösung in Wasser
wird durch Zusatz von Mineralsäuren gefällt, ebenso durch Alkohol, ein
grofser Ueberschufs von Alkohol entzieht namentlich beim Erwärmen der
Verbindung alles Iod.
Löst man in der von sehr verdünntem Stärkekleister abfiltrirten klaren
Flüssigkeit lodkalium auf und setzt nun Chlorwasser zu, so schlägt sich
die Verbindung von Stärkmehl mit Iod als blaues Pulver nieder. ( Böttyer. )
Der Niederschlag enthält Spuren von Salzsäure, er löst sich in reinen» Wasser.
In einem ähnlichen Zustande erhält man das Iodstärkmehl , wenn
Stärkekleister mit verdünnter Salzsäure erwärmt wird, so dafs eine klare
Auflösung entsteht, die man mit einer Auflösung von Iod in Alkohol so
lange versetzt, als noch ein Niederschlag entsteht. Der Niederschlag löst
sich in reinem Wasser, nicht in säurehaltigem oder salzhaltigem Wasser.
Man bringt ihn auf ein Filter, läfst ihn abtropfen und wäscht ihn mit klei-
nen Portionen Wasser, bis die Flüssigkeit intensiv blau gefärbt durchfliefst.
Die feuchte zurückbleibende blaue Masse trocknet man unter einer Glocke
über concentrirter Schwefelsäure.
Das auf diesem Wege dargestellte Iodstärkmehl ist eine gummiartige,
schwarzblaue, glänzende, zerreibliche Masse, welche die Feuchtigkeit der
Luft anzieht und klebrig wird. Auf dem angegebenen Wege dargestellt
enthält sie Salzsäure. Die dunkelblaue Auflösung der Iodstärkc wird beim
Kochen farblos, beim Erkalten wieder blau gefärbt. Die Entfärbung wird
durch eine Trennung von Iod bewirkt, was sich beim Sieden mit den Was-
serdämpfen verflüchtigt. Nimmt man zur Auflösung soviel Wasser, dafs
das sich abscheidende Iod gelöst bleibt, so wird nach dem Erkalten die
Verbindung mit ihrer ursprünglichen Farbe wieder hergestellt; durch fort-
gesetztes Kochen kann alles Iod verflüchtigt werden, so dafs die Farbe
beim Erkalten nicht wieder erscheint. Zusatz von Iodtinktur färbt alsdann
die Flüssigkeit wieder blau, ein Beweis, dafs die Stärke hierbei nicht
wesentlich geändert wird ; beim Kochen geht eia Theil des Iods in Iod-
wasserstoffsäure über, daher durch Zusatz von Chlor die blaue Farbe
wieder erscheint. Die blaue Auflösung, welche mau durch wässerigen
Stärkekleister beim Zusatz von Iodtinktur erhält, behält ihre blaue Farbe
jahrelang unverändert. Die salzsaure- oder schwefelsäurehaltige blaue
Auflösung entfärbt sich hingegen beim Aufbewahren, theil3 indem sich Iod
verflüchtigt, theils durch Verwandlung des Slärkmehls in Dextrin.
Stärkmehi, Inulin.
1251
Die blaue Auflösung der lodstärke in Wasser entfärbt sich unter Bil-
dung von lodwasserstoffsäure durch Schwefelwasserstoff. Diese Entfärbung
hat man als Mittel benutzt/ um die Quantität von Schwefelwasserstoff in
Mineralwassern zu bestimmen.
Durch starken Alkohol , durch alle Alkalien wird dem Iod- Stärk mehl
das Iod entzogen, es wird entfärbt durch Chlor, Brom, schweflige Säure,
arsenige Säure und Sublimat.
Die wässerige Auflösung des Iod-Stärkniehls entfärbt sich im Sonnen-
lichte sehr rasch unter Bildung von Iod wasserstoffsäure, und nimmt in die-
sem Fall ihre ursprüngliche Farbe durch Chlor, Salpetersäure etc. wieder an.
Nach Lassaigne enthält das Iod -Stärkmehl auf 1 At. Stärkmehl (C10
H20 O20) 2 At. Iod, allein diese Verbindung enthält nach Payen freies Iod 5
es gelang letzterem nicht, Verbindungen zu erhalten, die über 4 p. c. Iod
enthielten. Die nach der beschriebenen Methode dargestellte lodstärke ist
nicht analysirt.
Zur Entdeckung des lods in Mineralwassern durch Stärke schlägt man
verschiedene Wege ein. Am einfachsten vermischt man das jr.u prüfende
Wasser mit etwas Stärkmehlkleister und setzt tropfenweise Salpetersäure
zu; Chlorwasser kann zu demselben Zweck benutzt werden, doch nur
mit grofser Vorsicht, da durch den geringsten Ueberschufs von Chlor die
blaue Farbe wieder verschwindet. Man dampft auch häufig das Mineral-
wasser zur Trockne ab, übergiefst den Salzrückstand in einem verschliefs-
baren Gefäfse mit coaicentrirter Schwefelsäure und hängt mit Stärkmehl-
kleister bestrichenes Papier in die Oeffnung des Gefäfses, die man nachher
verschliefst. Die Erscheinung einer blauen Farbe ist in allen diesen Fällen
ein Beweis für das Vorhandenseyn von lodmetallen.
Vermutbet man lodsäure in einer Flüssigkeit, so vermischt man sie mit
Stärkmehlkleister und setzt nach und nach tropfenweise eine Auflösung von
schwefliger Säure hinzu.
Nach diesen Verfahrungsweisen läfst sich Vioooo Iod einer Flüssig-
keit mit Sicherheit darthun.
Brom .«!• Stärkmehl. Ein Auflösung von Stärkniehl in Salzsäure giebt
mit Brom einen orangegelben Niederschlag, der sich beim Trocknen in ge-
wöhnlicher Temperatur unter Verflüchtigung des Broms schon zerlegt.
Die feuergelbe Farbe, welche Stärkmehl in der Mutterlauge des See-
wassers bei Zusatz von Chlorwasser annahm, führte Balard auf die Ent-
deckung des Broms. Eine Mischung von Stärkekleister mit einer Flüssig-
keit, welche Brom und Iod enthält, nimmt durch Chlor zuerst eine blaue
Farbe an, die nach kurzer Zeit oder bei stärkerem Zusatz von Chlor in
feuergelb übergeht.
Mit Chlor geht Stärkmehl keine Verbindung ein.
Inulin , Helenin , Alantin , Dahlin — von Funcke 1804 ent-
deckt; von Rose, John , Braconnot , Payen, Waltl , Mulder , zuletzt von
Parnell untersucht. — Mulder fand für das Inulin die Zusammensetzung des
Stärkmehls; Parnell erhielt zwei Bleiverbindungen, wovon die eine, nach
seinen Analysen, C24 H42021 -+-5PbO , die andere C24 H36018 -+- 3PbO ist; für
das bei 100° getrocknete Inulin berechnet er die Formel C24 H42On. — Findet
sich in der Alantwurzel (von Inula Helenium ), den Wurzeiknollen der Dahlie,
Dahlia (Qeorginia) variabiiis , den Erdäpfeln (Helianthus tuberosus), Cicho-
rienwurzel (Cichorium Intybus') und nach Waltl überhaupt blos in den Wur-
zeln vieler Synyenesisten ( Synantheren ), die alle kein gewöhnliches Stärkmehl
enthalten , vorkommend. — Das Inulin wird am einfachsten aus den
gefrornen Wurzelknollen der Dahlien £ Georginia variabiiis
IV. J oder andern inulinhaltigen Wurzeln wie das Xartoffel-
stärkmehl erhalten, indem man die Wurzeln zu Brei zerreibt,
diesen auf ein feines Haarsieb bringt und so lange reines
Wasser jn einem feinen Strahl aufgiefst, als dasselbe noch
milchig durchläuft. Das Inulin setzt sich ab, man giefst das
12 >52
Flechtenstärkmehl.
helle Wasser ab, rührt den Brei inst reinem Wasser an, läfst j
ablagern, und wiederholt dieses so lange, bis das Wasser
völlig farblos Über dem Brei stellt (auf einem Filter läfst es sich
nicht waschen). Setzt sich das Inulin nicht ab, so erhitzt man
die Flüssigkeit zum Kochen, nimmt den gerinnenden Eiweifs-
stoff ab, und läfst erkalten, wo es sich bald ablagert und
ausgewaschen werden kann. Aus trockenen Wurzeln wird es auch
durch Auskochen mit heifsem Wasser erhalten , wo es aus der heifs co-
lirten und durch Abdampfen bis zur Syrupsdicke conceacrirfcen Flüssigkeit i
beim Erkalten niederfällfc, und durch Auswaschen mit kaltem Wasser, wie-
derholtes Lösen in kochendem und Erkalten gereinigt wird. - — Die Ei-
genschaften desselben sind: Es trocknet zu einer weifsen
brüchigen Masse aus, die aus kristallinischen Körnern be-
steht, oder bildet ein zartes weifses Pulver ; klebt an den
Zähnen; über dem Kochpunkt des Wassers ist es schmelzbar
(und wandelt sich hierbei nach Waltl in Pyro -Inulin , eine pechartige
süfsliche Masse, die auch in kaltem Wasser leichtlöslich ist, um. Auch
kalte conc. Schwefelsäure und Salpetersäure verwandeln es unter Bräu-
nung in diese Substanz). Es ist geschmacklos, unlöslich in kaltem,
leichtlöslich in heifsem Wasser. Die Lösung ist mehr dünn-
flüssig, nicht kleisterartig wie von Stärkmehl. Beim Erkalten
fällt das Inulin wieder nieder. Hierdurch unterscheidet sich
dasselbe vorzüglich vom Stärkmehl. Die sehr verdünnte Lö-
sung trübt sich aber beim Erkalten nicht. Weingeist^ in
welchem Inulin unlöslich ist, fällt es hieraus. lod färbt das
Inulin nur vorübergehend braun. Kalkwasser, Zinnsolution,
Bleizucker, Quecksilberoxidul-, Silberoxid-Salze und Gallus-
tinktur fällen die wässerige Lösung nicht. Gegen Alkalien
verhält es sich wie Stärkmehl. Verdünnte Schwefelsäure verwan-
delt es beim Kochen schnell in sehr süfsen Schleimzucker; Waltl. Auch ■
durch blofses gelindes Erhitzen für sich verwandelt es sich in Zucker;
Rraconnot. Mit Hefe und Wasser vermengt ist es der geistigen Gährung
fähig; Payen. — Seit Kurzem fängt man an, das Inulin als Arzneimittel
zu gebrauchen. Es ist auch, wie oben angeführt, Bestandteil officineller
Pflanzen, und ist vielleicht nährender als Stärkmehl, da es leichter in
Wasser löslich ist.
Flechten- oder Moos-Stärkmehl. — Formel: C12h,0o 10OMuider).
— von Bei'zelius entdeckt. — Es wird aus dem durch Kali u. s. w.
von dem Bitterstoff befreiten Moos oder Flechte durch Aus-
kochen, Erkalten des Decocts, Filtriren 11. s. w. wie das i
Inulin erhalten. Schwarze, braunrothe, zusammenhängende,
harte, spröde Masse. Von der schwarzfärbenden Substanz
wird es befreit, wenn man die siedendheifse Lösung mit Al-
kohol fällt QGuerin-VarryJ. Der gelatinöse farblose Nieder-
schlag ist dann beim Trocknen gelblich. — Geschmacklos.
Schwillt im Wasser zu einer weifsen durchscheinenden Gal-
lerte. Löst sich in kochendem Wasser zu einer schleimigen
Flüssigkeit, aus der sich beim Erkalten das Moosstärkmehl
gallertartig ausscheidet. An der Luft mit Wasser gekocht,
bildet die Lösung auf der Oberfläche unlösliche Häute, die
Hordein, Stärkmehl und Dextrin,
125S
sich zu Boden senken und leicht am Geschirr anhängen (daher
brennt das isländische Moos leicht an, wenn es ohne Umrüh-
ren auf offenem Feuer gekocht wird). — Chlor verändert sie
nicht bedeutend. Jodtinktur färbt die Moosstärke in der Auf-
lösung nicht, die Moosgallerte wird davon blau. Bleiessig
und Gallustinktur fällt die Lösung des Flechtenstärkmehls.
Verdünnte Schwefelsäure verwandelt es beim Kochen in Zu-
cker, Salpetersäure in Oxal- und Zuckersäure, aber nicht in
Schleimsäure. Gegen Basen verhält es sich wie gewöhnliches
Stärkmehh
Macht den Hauptbestandteil der officinellen isländischen Flechte und
mehrerer Präparate daraus, als Gele, Pasta u. s. w ., aus.
Seifenkraut- Satzmehl. Von Trommsdorff entdeckt. — Durch Aus-
kochen der Seifenkrautwurzel und Kraut ISaponaria officinalis) , Ver-
dampfen des Auszuges bis auf ys, wo sich unreines Satzmehl ablagert,
welches durch wiederholtes Behandeln mit kaltem und wenig heifsem Was-
ser und Weingeist gereinigt wird, zu erhalten. Eine weifsgelbe, lockere,
leicht zerreibliche., nicht krystallinische, geschmack- und geruchlose, au
der Zunge klebende Masse, unlöslich in kaltem und in 700 Th. heifsem
Wasser mit gelber Farbe löslich; die Lösung liefert beim Verdampfen un-
verändertes Satzmehl. Säuren entfärben die Lösung, Alkalien färben sie
grünlichgelb; Metallsalze, Gallustinktur und Leimlösung fällen sid nicht,
aber Eisensalze fällen sie dunkelbraun; Iod färbt sie griinn, dann blau.
Säuren und Alkalien lösen es in der Hitze auf. In Aefcher und Oelen ist
es uulöslich. In der Hitze wird es zerstört. Salpetersäure liefert damit
keine Oxalsäure, sondern Kohle nstickstoffsäure.
Hordein . Ein sägespänartiges Pulver, welches nach Proust durch
Waschen des Gerstenmehls erhalten wird; ist nach Braconnot und Guibourt
ein blofses Gemenge von häutigen Theilen des Stärkmehls und Holzfaser,
zum Th eil auch Kleber. — Das präparirte Gerstenmehl, welches als sehr
leicht verdauliches nährendes Mittel gerühmt wird, bereitet man, indem
Gerstenmehl, in einen Beutel von Leinwand gebunden, 24 Stunden mit
Wasser gekocht wird. Nach dem Erkalten zerschneidet man die feste
Masse , und trennt den mittleren mehlartigen Theil als den gebräuchlichen
von der dicken hornartigen Rinde.
Ueber die Zusammensetzung des Stärkmehls und Dextrins .
Das Stärkmehl findet sich in den Höhlungen der Pflanzenzellen in Ge-
stalt kleiner, im Sonnenlichte glänzender Körner, welche keine Kristall-
form besitzen; ihrem Verhalten nach zu heifsem Wasser bestehen die
Stärkekörnchen aus concentrischen Schichten einer und derselben Materie
{Fritzsche , hink, Pagen , J aquelaiii) , deren äulsere Schicht durch kaltes
Wasser nicht angegriffen wird. Da man nun durch Auflösung der Weizen-
stärke in Salpetersäure (bei der Darstellung der Oxalsäure) stets eine ge-
wisse, wiewohl verhältnifsmäfsig kleine Menge 'Wachs erhält, so ist es
nicht unwahrscheinlich, dafs wachs-, harz- oder kautschuckäholiche Ma-
terien Jlestandtheile von Stärkmehl ausmachen, welche in gewöhnlichen
Temperaturen die Wirkung des Wassers hindern, während sie, durch heifses
Wasser erweicht, das Aufquellen des Amylons mit Wasser gestatten.
Durch Behandlung von Kartoffelstärkmehl mit Alkohol erhielt Pagen
nach dem Verdampfen des Alkohols %000 von dem Gewicht der Stärke
eines butterartigen Oels, was eine gewisse Menge eines kristallinischen
Fettes enthielt. Das Oel hielt Pagen für fertig gebildetes Fuselöl, was es
um so weniger seyn konnte, da gewöhnlicher Branntwein, der 50mal mehr
1254 Stärkmehlartige Faser.
Fuselöl enthält, bei der Destillation oder beim Verdampfen keine Spur
davon hinterläfst.
Von dem Gehalt an diesen fremden Materien hängt in vielen Stärk-
niehlarten ihre besondere Wirkung auf den Organismus ab, welche bei
Stärkmehl aus Aronwurzel ( Faecula aronis ) oder Schwerdtlilien ( Faec .
iridis ) von einer Beimischung des in diesen Wurzeln enthaltenen wirk-
samen harzartigen Bestandteils herrührt.
In reinem, oder gereinigtem Zustande besitzen alle Stärkmehlarten ,
aus welchen Pflanzen oder Pflanzentheilen sie auch dargestellt seyn mö-
gen, einerlei Zusammensetzung.
Die Zusammensetzung des bei 100° im leeren Baum getrockneten Stärk-
inehls entspricht genau der Formel C15 H20O10.
Das reine Dextrin enthält die nämlichen Elemente in demselben rela-
tiven Verhältnisse.
Das Stärkmehl verbindet sich mit Bleioxid in zwei Verhältnissen. Der
mittelst ammoniakhaltigem basisch -essigsaurem Bleioxid und einer klaren
Stärkmehlabkochung erhaltene Niederschlag ist, im leeren Raum bei 100®
getrocknet, nach der Formel C12 H20 O10 -4- 2PbO zusammengesetzt; bei
einer Temperatur von 170 — 180° wird dieser Niederschlag gelb, unter
Verlust von 1 At. Wasser (Payen') , allein er enthält alsdanu nach Mul-
der keine Stärke mehr. Das Dextrin giebt eine Verbindung mit Bleioxid,
die nach der Formel C12 H20 0,0, PbO und eine zweite, welche nach der
Formel CiaH20Oj0 -h 2PbO zusammengesetzt ist. Die letztere wird bei 180°
gelb und erleidet einen Gewichtsverlust, der einem Atom Wasser entspricht.
Holzartiges Stärkmehl. (»S laussure.) Nach der Behandlung des an der
Luft zersetzten Stärkmehlkleistcrs mit kochendem Wasser, Alkohol, Aether
und verdünnter Schwefelsäure bleibt ein unlöslicher Rückstand, der von
schwacher Kalilauge aufgenommen und daraus durch Zusatz von verdünn-
ter Schwefelsäure in der Form eines gelben leichten Pulvers fällbar ist,
was sich mit Iodtinktur blau färbt und beim Trocknen an der Luft schwarz
wird.
Stärkmehlartiye Faser. Mit diesem Namen bezeichnet Einhof den
faserigen Brei von Zellenwänden, welcher nach dem Zerreiben der Kar-
toffeln und Auswaschen der Stärke zurückbleibt. Sie erscheint in durch-
scheinenden Fasern, welche beim Kochen mit Wasser gallertartig auf-
quellen und erst bei langem Kochen einen Kleister bilden. Durch Iod-
tinktur werden sie tief blau gefärbt, beim Trocknen grauweifs, hart und
brüchig.
Vauquelin erhielt durch Kochen mit Wasser aus dieser Faser % bis Vs
Holzfaser. Clouei erhielt nach dem Kochen mit verdünnter Schwefelsäure
daraus ebenfalls % p. c. von dem Gewichte der Kartoffeln einer reinen
Holzfaser. Durch Verdampfen der wässerigen Abkochung der frischen
Kartoffelfaser erhielt Vauquelin einen nur in siedendem Wasser löslichen
Schleim oder Gummi (Pectin oder Pectinsänre; L. Gmelin') , der sich von
Dextrin dadurch unterschied, dafs er bei Behandlung mit Salpetersäure
Schleimsäure bildete.
Die jungen Wurzeln der Steckrüben und gelben Rüben enthalten eben-
falls stärkmehlartige Faser (Pectin?); Einhof.
Aehnlich dieser stärkmehlartigen Faser ist das von Schleiden beschrie-
bene Amyloid , womit er eine Substanz der Zellenwände in den Samen-
lappen von Schotia lalifolia , speciosa, Hymenaect Courbaril , Alumana
urens etc. bezeichnet. Zerschneidet man die Cotyledonensubstanz in feine
Späne und benetzt sie mit Iodtinktur, so nehmen die Zellenwände eine
blaue Farbe an. Mit Wasser gekocht bilden sie eine schleimige, nicht
kleisterartige Flüssigkeit, die sich mit lodwasser goldgelb färbt; durch
weingeistige Iodtinktur wird sie hingegen als eine blaue Gallerte nieder-
geschlagen. Der blaue Niederschlag löst sich in destitlirtem Wasser mit
Stärkraehlartige Faser.
1255
gelber Farbe. (Da der Weingeist der Iodtinktur alle Arten von Schleime
gallertartig fällt, und durch Vermischen mit Wasser Iod als feines Pulver
daraus abgeschieden wird, so ist die Anwesenheit einer stärkmehlähnlichen
löslichen Substanz in diesen Samen sehr zweifelhaft.) Nach dem Kochen
mit Wasser wird das ungelöst zuriickbleibende der Samenlappen von Iod-
tinktur noch blau gefärbt.
Papier erweicht sich in mäfsig concentrirter Salpetersäure und wird
gallertartig, bei Zusatz von Iodtinkfur färbt sich die Masse stellenweise
blau. (L. GmelihJ
Wird nach Schleiden feinzertheilte Holzsubstanz, z. B. Raspelspäne
von Kiehnspänen (JP inus sylvestris } mit Aetzkalilauge abgedampft und eine
Zeitlang im Sieden erhalten, das Alkali sodann mit Schwefelsäure über-
sättgt und Iodtinktur zugesetzt, so färben sie sich blau oder schwarzblau.
Nach demselben Beobachter wird Baumwolle in Stärk ml hl übergeführt,
wenn sie mit mäfsig concentrirter Schwefelsäure (3 Th. concentrirter Säure
und 1 Th. Wasser) befeuchtet eine halbe Minute stehen gelassen, in einem
PorcelJanmörser zerrieben und zu der Masse eine reichliche Quantität Iod-
tinktur zugesetzt wird, wo sich die Baumwolle tief dunkelblau färbt.
Dieser Versuch gelingt leicht und die Baumwolle nimmt in der Timt
unter diesen Umständen die blaue Farbe der lodstärke an; allein nichts-
destoweniger darf man den Schlüssen , die man aus der Entstehung der
blauen Farbe gezogen hat, keine zu grofse Bedeutung beilegen. Die blaue
Farbe der lodstärke ist nämlich nichts anders als die Farbe des unendlich
feiuzertheilten Iods, ähnlich wie die Purpurfarbe vieler Goldverbindungen
dem metallischen Golde angeliört. Die Stärke verhält sich gegen Iod ähn-
lich wie Thouerdehydrat gegen Farbstoffe , und wenn wir die Oberfläche
eines Körpers, eines organischen oder unorganischen, nwt Iod in gleicher
Weise zu verbinden vermögen, so erscheint diese blau, weil das fein-
zertheüte Iod eine tief violettblaue Farbe besitzt. Leinwand mit concen-
fcrirter Schwefelsäure befeuchtet wird gallertartig und durch Zusatz von
Iodtinktur blau gefärbt. Wird die Schwefelsäure völlig, zuerst mit Alko-
hol, zuletzt mit Wasser ausgewaschen, so färbt sich der Rückstand durch
eine Auflösung von Iod mit Essigsäure nicht mehr blau. Mit Iodtinktur
befeuchtet erscheint sie ebenfalls nicht blau, setzt man aber Wasser zu,
wodurch Iod aus der Iodtinktur auf die aufgequollene Faser gefällt wird,
so nimmt sie eine blaue Farbe an. Dasselbe zeigt sich mit Leinwand, die
man mit concentrirter Kalilauge einige Minuten im Sieden erhalten hat, bis
sie eine braungelbe Farbe aonimmt; wird alsdann das Kali durch Essig-
säure neutralisirt, die Flüssigkeit hinweggegossen und die rückständige
Leinwand mit Iodtinktur befeuchtet, so färbt sie sich beim Zusatz von
Wasser tief blau.
Das sich iu beiden Fällen Färbende ist nicht die Leinwand, sondern
ein durch die Einwirkung der Schwefelsäure oder des Kali’s neugebildeter
Körper, der in seinem Verhalten von Stärke gänzlich abweicht.
Hängt inan mit concentrirter Schwefelsäure befeuchtete Leinwand über
einer reinen Porcellansclmle auf, so zieht die Schwefelsäure nach und
nach Wasser an und es sammelt sich in der Schale eine farblose, ganz
durchsichtige, sehr saure Flüssigkeit au, welche folgendes Verhalten zeigt.
Sich selbst überlassen wird sie dick und gallertartig und giebt bei Zusatz
von Wasser einen wreifsen Niederschlag, der bei Zusatz von Iodtinktur
völlig weifs bleibt. Wird aber die Iodtinktur zuerst und nachher erst
Wasser zugesetzt, so schlägt sich Iod und der weifse Körper gleichzeitig
nieder, und in diesem Fall erhält man den Niederschlag blau, d. h. durch
Iod gefärbt.
Das Flechten- oder Moosstärkmehl, sowie das Inulin, werden in ihren
wässerigen Lösungen durch Iod nicht blau gefärbt, beide stehen aber in
ihrem chemischen Verhalten dem Stärkmehl unendlich näher, wie die Holz-
faser, und die Ursache, dafs sie sich durch Iod nicht färben, liegt offen-
bar darin , dafs sie sich in Wasser vollkommen lösen und im gelösten Zu-
stande keine Verbindung mit Iod eingehen, während sich auf den feinzer-
nm
Gummi.
fcheilteu aufgequollenen Flocken des Stärkmehls das lod niederschlägt. Die
durchscheinende Moosgallertc hingegen färbt sich mit lodtinktur blau.
Gummi,
Mit dem Namen Gummi bezeichnete man ehedem eine Menge höchst
verschiedenartiger Substanzen, welche, aus Pflanzen ausschwitzend oder
ausfliefsend und erhärtend, nur durch diese Form ihres Vorkommens Aehn-
lichkeit mit einander hatten; viele natürlichen IJarze, Camphor hiefsen
Gummi. Die nähere Kenntnifs und Erforschung der Eigenschaften dieser
verschiedenartigen Substanzen führte später, indem man die ähnlichen zu-
sammenstellte , auf mehrere Gruppen, von denen die Gummigruppe in dem
Folgenden abgehandelt werden soll.
§. 257. Mit Gummi bezeichnet man ira Allgemeinen einen
in dem Pflanzenreiche sehr verbreiteten Bestandteil, welcher
ira reinen Zustande eine feste, trockne, spröde, durchsichtige
oder durchscheinende, farblose (zuweilen durch fremde Bei-
mischungen gefärbte) Masse von glänzendem muschligem
Bruch darstellt. Der Hauptcharakter der Gummiarten ist ihre
Unfähigkeit zu kristallisiren, ihre Geruch- und Geschmack-
lösigkeit und ihre Unlöslichkeit in Aether, Alkohol, fetten
und ätherischen Oelen.
§. 258. Durch ihr Verhalten gegen kaltes Wasser las-
sen sich die verschiedenen Gummiarten in mehrere Unterab-
theilungen bringen : i) In kaltem Wasser lösliches Gummi;
a) Arabin , b) Schleim, — 2) In kaltem Wasser nur auf -
schwellendes Gummi; a) Bassorin> b) Cerasin , c) Pectin,
In ihrem chemischen Verhalten haben diese verschiedenen
Gummiarten die Eigenschaft gemein, dafs sie mit Salpeter-
säure unter andern Produkten Schleimsäure liefern.
§. 259. Nach ihrer Zusammensetzung geordnet gehören
die verschiedenen Gummiarten zwei Klassen durchaus ver-
schiedener Verbindungen an, welehe getrennt werden müs-
sen, indem sie, bis auf ihre Geschmacklosigkeit und Unkri-
stallisirbarkeit, kaum eine andere Eigenschaft mit einander
gemein haben, (da man nameotlicli die Bildung der Schleimsäure
als Oxidationsprodukt durch Salpetersäure nicht als Charakter eines
Gummi’s ansehen kann, indem der Milchzucker, den mau nicht zu den
Gummiarten rechnet, uuter denselben Umständen ebenfalls Schleimsäure
liefert). Das Cerasin enthält nämlich in seiner Zusammen-
setzung Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff, die beiden
letzteren Elemente genau in dem Verhältnis wie im Wasser;
Schleim , Bassorin, Pectin enthalten ein gröfseres Verhältnis
von Sauerstoff.
1) In kaltem Wasser lösliches Gummi,
Arabin,
Kommt möglichst rein als arabisches, Senegal-Gummi ( Gummi arabi-
cum, G. Senegal') vor. Fliefst aus mehreren Acacienarten, als Acacia
Cfummi. 1257
tortiüs, Sejal, Ehrenbergi, vera, arabica, Senegal u. s. w. , als ein an
der Luft erhärtender Saft aus.
Ueber seine Zusammensetzung siehe Anhang.
§. 260. Das gemeine (arabische) Gummi hat die §. 257
u. 258 i) angegebenen Eigenschaften. Ist im reinsten Zu-
stande farblosdurchsichtig (geringere Sorten sind mehr oder
weniger gelb oder braun. Durch Erhitzen der wässerigen Lösung
mit seht' wenig Chlor läfst sich das braune Gummi schnell entfärben),
hart, spröde, von stark glänzendem muschligen Bruch. Spec.
Gewicht 1,3 bis 1,1. Schmeckt fade, schwach süfslieh, zer-
geht im Munde, klebt stark an den Zähnen. Im lufttrocknen
Zustande enthält es gegen 16 p. c. Wasser, welches es bei
anhaltendem Erhitzen bis zum Kochpunkt des Wassers ver-
liert, aufserdem enthält es noch gegen 3 p. c. Salze. Das
von beiden möglichst befreite reine Gummi, Arahin , ist eine
farblose, ganz geschmacklose Masse; unschmelzbar, wird je-
doch bei 182° C. weich und läfst sich in Fäden ziehen, in
stärkerer Hitze wird es zerstört. ■— In kaltem Wasser ist das
Gummi leicht löslich, bildet mit wenig Wasser einen sehr
Zähen klebenden Schleim. (Die Lösung von einem Theil arabischem
Gummi in 3 Theilen Wasser hat Syrupconsistenz. Wird diese mit % Bo-
rax zusammengerieben, so erstarrt das Ganze zu einer dichten, gallert-
artigen, fast festen Masse; Zuckersaft, auch Säuren und weinsteiusaures
Kali, machen die Verbindung wieder flüssig, syruparfcig. Aehnlieh wirken
andere boraxsaure Alkalien.) Aetzkali coagulirt die Gummilösung,
ein Ueberschüfs macht sie wieder klar, Alkohol schlägt die
Verbindung käseartig nieder. Sn Wasser ist dieselbe leicht
löslich. Kieselfeuchtigkeit trübt die wässerige Lösung und
fällt sie nach einiger Zeit in weifsen Flocken ; schwefelsaures
Eisenoxid fällt sie in dichten gelben Flocken, oder gesteht
damit zu einer gelben gallertartigen Masse. Dieser Nieder-
schlag ist in überschüssiger Kalilauge löslich. Bleiessig (nicht
Bleizucker) fällt sie in dichten, weifsen, käsigen Flocken.
Auch salpetersaures Ouecksiiberoxidu! fällt sie weifs. Wenn
man zu einer durch Aetzkali alkalisch gemachten Gummiauflösung schwe-
felsaures Kupferoxid zusetzt, so entsteht, ein blauer Niederschlag, den
man in der Flüssigkeit zum Sieden erhitzen kann, ohne dafs er schwarz
wird. (Siehe das Verhalten des Dextrins.)
Durch starken Weingeist wird eine Gummiauflösung in
weifsen käsigen Flocken gefällt, GalSusaufgufs bringt keine
Veränderung darin hervor. Gummi ist nicht der geistigen
Gährung fähig.
Die verdünnte Auflösung des Gummi’s wird an der Luft schimmlicht
und nimmt eine saure Reaction an. Nach Brugnatelli, Biot und Persoz,
verwandelt sich das Gummi vollständig in gährungsfähigen Traubenzucker,
wenn eine Mischung von 798 Th. Gummi in 1724 Wasser gelöst mit 150
concentrirter Schwefelsäure, verdünnt mit 200 Th. Wasser, eine Zeitlang
in einer Temperatur von 96° erhalten wird.
Nach den Versuchen von Vauquelin und Simonin entsteht durch die
Einwirkung von Chlorgas auf eine Gummiauflosuug eine organische Säure
Geigers Pharmazie t I. {Sie jiufl.) 80
1258
Schleim.
( Vaicquelin hält sie für Citronsäure), welche von Andern nicht erhalten
werden konnte.
In der Pharmacie wird das Gummi häufig als Arzneimittel in Wasser
gelöst zu Mixturen, Emulsionen etc. angewendet; es mufs rein weifs, ge-
schmacklos und in Wasser vollkommen löslich seyn; bleiben aufgequollene
gallertartige Theile, so war es mit andern Gummiarten verfälscht.
Beim Pulvern des Gummi’s in metallenen Mörsern mufs allzuheftiges
Stofsen vermieden werden , sonst nimmt es leicht einen (häufig vorkom-
menden) brandigen Geschmack an.
Das arabische und Senegal- Gummi hinterläfst nach dem Einäschern
mehrentheils 2 — 3 p. c. einer weifsen Asche , in welcher Kalk ein nie
fehlender Bestandteil ist.
b) Lösliches schleimiges Gummi y Schleim.
Kommt in vielen Pflanzentheilen vor, z. B. dem Flohsamen (von Plau-
tago Psyllium), dem Leinsamen (von Linum usitatissimum), den Quitten-
kernen (von Pyrus Cydonia). Die Asperifoliae (oder Boragineen), z. B.
Symphj’tuin u. s. w., so wie die Linne’sche Klasse Monadelphia, Ordnung
Polyandria oder die Familie der Malvaceen enthält vorzüglich schleim-
haltige Pflanzen, wie Althaea, Malva etc.; — in dem Bockshornsamen
(von Trigonella Foenum graecum) u. v. a.
§. 261. Man erhält den Schleim aus diesen Pflanzen
durch Einweichen in kaltes Wasser, oder Ausziehen mit
heifsem, und Behandeln des Auszugs mit Weingeist; der
Schleim scheidet sich ab. — Der Schleim unterscheidet sich
von dem gemeinen Gummi, dafs er nicht so klar durchsich-
tig, im trockenen Zustande weniger brüchig, mehr zähe ist.
Er löst sich ebenfalls in kaltem Wasser; die Lösung ist aber
weniger klar, meistens aufgequollener (i Th. Quittenkerne macht
48 Th. Wasser so dickflüssig wie Syrup) und mehr schlüpfrig faden-
ziehend ; sie wird häufig durch Säuren und viele Salze ge-
fällt, welche die Lösung des Gummi’s nicht verändern, z. B.
durch Alaun, Zinnsolution, Bleizucker; dagegen fällt sie die
Kieselfeuchtigkeit nicht; auch Boraxlösuug verdickt den Schleim Eicht.
In der Hitze verhält sich der Schleim wie gemeines Gummi; Salpetersäure
bildet damit neben Kleesäure auch zum Theil Schleimsäure und Kohlen-
stickstoffsäure.
Die Schleime werden häufig als Arzneimittel verwendet: Den Lein-
samenschleim C Mucilago sem. Lini ) erhält man aus den ganzen Samen mit
hockendem oder bis auf 56° C. erwärmtem Wasser, Den Quittenkern-
schleim CMuc. sem. Cydonior .) durch Einweichen der ganzen Kerne in
kaltes oder laues Wasser (der Schleim umgiebt als ein körnig durchsich-
tiger Ueberzug die Samen); auf 1 Theil werden 48 — 60 Theile Wasser
genommen (auch kann man den schleimigen Auszug im Wasserbad zur
Trockne verdampfen , und den trockenen Schleim beim Dispensiren ver-
wenden. Es mufs aber vorsichtig verfahren werden , damit der Schleim
sich nicht verändere, brandig werde). Aus Althaea u. s. w. durch Aus-
kochen mit Wasser; hier wird zugleich das in den Pflanzen enthaltene
Stärkniehl in Schleim (Kleister) verwandelt. Durch Maceration der Wur
zel mit kaltem Wasser erhält man den Schleim reiner.
Bassorin, Cerasin.
1259
2) In kaltem Wasser unlösliches , nur au ['s cfm eilendes
Gummi .
a) Bassorin y Traganlhstoff*
Diese Gummiart ist von Vauquelin und Bucholz zuerst genauer un=
(ersucht worden. — Findet sich im Bassoragummi, Kutteragummi, dem
Tragantli (von Astragalus creticus etc.).
262. Der Hauptbestandteil des Bassora- und Tra-
ganthgumrai’s, SO wie der Salap. Das Traganthgummi enthalt
deutlich unter dem Microscope erkennbare Amylon-Körnchen ; der durch
siedendes Wasser bereitete Schleim färbt sich beim Zusatz von Iodtinktur
tiefblau. Der mit kaltem Wasser bereitete Salapschleim wird wie der
darin unlösliche Rückstand durch Iodtinktur blau gefärbt. — Eine dem
gemeinen Gummi im äufsern Ansehen ähnliche^ farblose Sub-
stanz, die aber nur halb durchsichtig ist, schwer pulverisir-
bar; geruch- und geschmacklos; auf der Zunge nur erwei-
chend und eine körnig schlüpfrige Masse bildend, ohne zu
zergehen. — In kaltem Wasser erweicht es, quillt sehr stark
auf und kann das oÖfache Gewicht aufnehmen, damit eine
steife durchsichtige, schlüpfrige Gallerte bildena, ohne sich
darin zu lösen, auch in kochendem Wasser löst sich reines
Bassorin nicht vollständig; reine Alkalien bilden damit eine
klare Auflösung, auch Kieselfeuchtigkeit löst die aufgequol-
lene Masse.
Das reine Bassorin ist nicht offieinell; macht aber die Hauptmasse
des Traganths und Salaps aus. Diese werden als Pulver, Traganthschleini
und Salapschleim angeweudet; der Tragauthsyrup ist eine Lösung von
16 Th. Zucker in 9 Th. dickem Traganthschleim. — Den Salapschleim be-
reitet man, indem 1 Th. Salap-Pulver mit 48 Th. Wasser unter beständi-
gem Rühren gekocht oder erhitzt wird, bis ein dicker Schleim entstanden
ist. In der Kälte schwillt Salap nur sehr langsam mit Wasser zu Schleim
an. Der Salapschleim erstarrt , mit reiner Magnesia vermengt , zu einer
dichten festen Gallerte (E. Brandes im Archiv des Apothekervereins im
nördl. Deutschland); auch mit Borax verdickt sich der Salapschleim.
Cerasin. Mit diesem Namen bezeichnet Guerin einen dem Bassorin
ähnlichen Bestaudtheil des aus Kirsch-, Pflaumen- und Mandelbäumen aus-
schwitzenden Gummi’s. Wenn man diese Gummiarten mit 400 Th. Wasser
von 20° digerirt, so löst sich ein dem Arabin ähnliches Gummi auf und
es bleibt (bei dem Kirschgummi 35 p. c.) einer aufgequollenen Masse zu-
rück, welche das Cerasin darstellt. Es unterscheidet sich von dem Bas-
sorin durch etwas gröfsere Durchsichtigkeit und ist leichter in Pulver zu
verwandeln ; es schwillt im Wasser weniger auf und giebt damit eine mehr
fadenziehende schlüpfrige Masse. Durch anhaltendes Sieden mit Wasser
soll es in Arabin übergehen. CGuerin-Varry .) Der in kaltem Wasser lös-
liche Bestandtheil des Kirschgummi’s giebt mit Zinnchlorür eine feste Gal-
lerte, durch schwefelsaures Eisenoxid wird er nicht gefällt, durch Blei-
essig erst nach 24 Stunden.
Gummi , durch die sogenannte Schleimgährung erzeugt. Zucker-
haltige Pflanzensäfte, der Saft von Runkelrüben, Möhren etc., erleiden
in höherer Temperatur sich selbst überlassen eine eigentlüimliche Zer-
setzungsweise (Gährung), in welcher der Zucker verschwindet. An seiner
Stelle findet man in der Flüssigkeit gelöst Milchsäure , Mannit, und neben
diesen eine Substanz, wodurch sie eine schleimige Beschaffenheit erhält.
1260
Pectin.
Zur Trockne abgedampft und mit Alkohol von aller Milchsäure und Mannit
befreit, bleibt eine dem Arabin ähnliche Substanz zurück, die sich in Was-
ser zu einer schleimigen Flüssigkeit löst. Nach der Analyse von Kircher
besitzt dieser Körper die Zusammensetzung des Arabius.
Ein diesem ähnliches Gummi scheint bei der Verderbnifs des Zucker-
rohrsaftes zu entstehen, es ist übrigens (nach Vauquelin ) insofern ver-
schieden von den beschriebenen Gummiarten , als es mit Salpetersäure
keine Schleimsäure bildet, (üeber das durch Veränderung des Amylons
entstehende Gummi siehe Dextrin.)
Die Phyteumacolla und das Pseudotoxin von Brandes scheinen auch
zum Theil hierher zu gehören. Diese Substanzen begleiten die meisten
wässerigen Pflanzenextracte , sind sehr schwer von den übrigen Pflanzen-
stoffen zu trennen , so wie sie selbst äufserst schwer im reinen Zustande
darzustellen sind (vielleicht noch nie dargestellt wurden [?]). Sie haben
den Charakter von Gummi, nämlich leichte Löslichkeit in Wasser, Unlös-
lichkeit oder Schwerlöslichkeit in Weingeist (auch Gummi ist in wässeri-
gem Weingeist nicht ganz unlöslich). Sind aber immer mehr oder weniger
braungefärbt und stickstoffhaltig.
Pectin.
Die Eigenschaft mit Zucker aufgekochter Säfte von Aepfeln, Johannis-
beeren, Kirschen etc., bei einer gewissen Concentration zu einer Gallerte
zu erstarren, veranlagte Braconnot zu einer näheren Untersuchung dieser
Früchte, und es gelang ihm, die gelatinirende Substanz, der sie diese
Eigenschaft verdanken, darzusteiien ; sie wurde von ihm mit dem Namen
Pectin bezeichnet (von coagulum). Wird der ausprefste Saft fleischi-
ger Früchte zum Sieden erhitzt, filtrirt, sodann mit Alkohol vermischt,
so gelatinirt der Saft entweder sogleich oder nach einigen Tagen zu einer
farblosen Gallerte. Wird sie zum zweitenmal mit Wasser aufgenommen
und wiederholt mit Alkohol gefällt und damit ausgewaschen, so erhält man
ein reineres Pectin.
Das Pectin ist halbdurchscheinend, in dünnen Blättern getrocknet der
Hausenblase ähnlich; in Wasser quillt es zu einer Gallerte auf, ohne sich
vollständig zu lösen. Durch Kochen mit Salpetersäure giebt es Oxalsäure
und Schleimsäure, die nämlichen Produkte wie Gummi und Schleim.
Nach dem Verbrennen hinterläfst das Pectin unter allen Umständen
eine gewisse Menge Asche, die aus kohlensaurem uud phosphorsaurem
Kalk besteht.
Bei Berührung mit alkalischen Basen verwandelt sich das Pectin in
Pectinsäure. Bei längerem Kochen mit verdünnten Säuren verwandelt sich
Pectin nicht in Zucker. ( Fremy. )
Pectinsäure (Acidum pecticum, Acide pectique'). Diese Säure ent-
deckte Braconnot 1825. Sie ist sehr allgemein im Pflanzenreich verbrei-
tet, in vielen Wurzeln, Kartoffeln, Möhren, Sellerie, Zwiebeln, Grind-
wurzein, Gichtrosen, Rüben, Scorzoneren u. s. w. ; in den Stengeln und
Blättern krautartiger Gewächse, in den Rinden der Bäume. In den Obst-
arteu , Aepfeln, Birnen , Pflaumen, Johannisbeeren, den Kürbisfrüchten
u. a. , ist die Pectinsäure nach Braconnot noch nicht gebildet vorhanden,
sondern wird nach demselben erst durch Einwirkung von Alkalien in Pectin-
säure verwandelt. — Man erhält die Pectinsäure, indem die Pflanzentheile
mit schwach alkalischem Wasser ausgezogen und die Lösungen durch
Säuren u. s. w. zerlegt werden. — Z. B. aus Möhren : Diese werden zer-
rieben, der Saft ausgeprefst, der Rückstand mit reinem destillirten (nicht
kalkhaltigem) Wasser so lange gewaschen , bis es ungefärbt abläuft. Dann
werden auf 50 Theile des geprefsten Rückstandes 300 Theile Wasser und
1 Theil Aetzkali ( Vauquelin nimmt doppelt kohlensaures Kali) genommen
und % Stunde gekocht, Iseifs kolirt uud geprefst. Die Flüssigkeit gesteht
Pectinsaure, Metapectinsäure.
4261
beim Erkalten zu einer Gallerte. Man schlägt die Pectinsäure mit einer
Säure (Salzsäure) nieder , oder besser , man versetzt das pectinsaure Kali
mit einer verdünnten Lösung von Chlorcalcium , so lange ein Niederschlag
entstellt; wäscht die erhaltene Gallerte mit kaltem Wasser, erhitzt sie
dann mit etwas Wasser und setzt Salzsäure zu, um den Kalk und Stärk-
mehl aufzulösen, wäscht den Rückstand aufs Neue reit kaltem Wasser und
trocknet ihn in gelinder Wärme. — Vauquelin schlägt mit Chlorbarium
nieder, zerlegt den gewaschenen Niederschlag mit überschüssiger Schwe-
felsäure, versetzt die Flüssigkeit mit Aetzkali und zerlegt das pectinsaure
Kali mit Salzsäure u. s. w. — Die Eigenschaften dieser Säure sind: Sie
erscheint trocken in durchsichtigen Lamellen; in kaltem Wasser ist sie
kaum löslich, schwillt auch wenig darin auf, in heifseni ist sie etwas lös-
licher. Reim Niederschlagen aus ihrer Verbindung mit Alkalien erscheint
sie als eine farblose durchsichtige Gallerte, die säuerlich schmeckt und
Lackmus röthet, auch jetzt in heifsem Wasser löslicher ist. Säuren, die
meisten Salze, Alkohol, Zucker u. s. w. schlagen sie als Gallerte nieder.
Eine Auflösung von Pectinsaure in schwacher Kalilauge verliert bei anhal-
tendem Sieden ihre Fähigkeit, durch Säuren gallertartig gefällt zu werden
CFremyJ'y es entsteht in diesem Fall eine neue Säure, welche Fremy ent-
deckt und Metapectinsäure genannt hat. ■ — Ueberschüssige ätzende Alka-
lien verwandeln die Pectinsaure in der Hitze in Kleesäure. {Vauquelin.)
Mit Basen bildet sie die pectinsauren Salze. Io reinen wässerigen Alka-
lien ist sie in der Wärme leicht löslich. Die Lösungen schmecken fade,
nicht alkalisch, sind neutral; sie zerlegt selbst kohlensaure Alkalien und
scheidet die Kohlensäure aus, Alkohol macht diese Lösung gallertartig
gerinnen, auch ein Ueberschufs von Kali oder Natron macht die Losung
gerinnen, daher ein solcher bei ihrer Bereitung zu vermeiden ist. Ammo-
niak macht die Lösung nicht gerinnen. Die pectinsauren reinen Alkalien
trocknen beim Verdampfen zu einer gurnmiähnlichen Masse aus, die in
reinem Wasser unverändert löslich ist. Mit erdig alkalischen, erdigen und
schweren M e tallsalzen bilden sie unlösliche gallertartige Niederschläge.
Die Pectinsaure hat überhaupt grofse Affinität zu den schweren Metall-
salzen, vorzüglich zu Kupferoxid und Bleioxid. — Braconnot schlägt diese
Säure vor zur Bereitung verschiedener Arten Pflanzen -Gele; denn schon
ein sehr geringer Theil ist hinreichend, Zuckersäfte u. s. w. zu gelatini-
siren. Man nimmt sie zu diesem Zweck in Gallertform , wie sie beim Be-
reiten erhalten wird, mischt z. 8. 1 Theil mit 3 Theilen reinem oder einem
aromatischen Wasser, setzt wenig Kali- oder Natron-Lösung zu, bis alles
flüssig ist, löst in der Flüssigkeit 3 Theilc Zucker, etwas Cifcronenzucker
u. s. w. , färbt sie nach Belieben, und setzt ein wenig Salz- oder Schwefel-
Säure zu, worauf das Gemische beim Erkalten zu Gelee gesteht. Auf
diese Art können allerlei aromatische Gelee’s bereitet werden. Diese Gal-
lerte hat aber wenig Zusammenhang und zerfällt nach dem Gestehen io
einzelne Stücke, daher sie keinen Eingang fand. — Auch gegen Vergif-
tung mit Blei- oder Kupferoxid -Salzen ist sie ein Gegenmittel, weil sie
mit diesen Metall oxiden unlösliche Verbindungen bildet.
Metapectinsäure ; entdeckt von Fremy. Wenn eine sehr verdünnte
Auflösung von Pectinsaure, welche einen schwachen Ueberschufs von kau-
stischem Kali enthält, so lange im Sieden erhalten wird, bis sie durch
Säuren nicht mehr gallertartig gefällt wird , und man neutralisirt sie nun
mit Essigsäure und vermischt sie mit essigsaurere Bleioxid, so erhält mau
einen weifsen Niederschlag von metapectinsaurem Bleioxid, aus dem man
durch Behandlung mit Schwefelwasserstoffsäure die Metapectinsäure erhält.
Diese Säure entsteht ebenfalls durch anhaltendes Kochen mit verdünnter
Schwefelsäure bis zur vollständigen Auflösung. Mit kohleusaurem Baryt
neutralisirt bleibt in dieser Flüssigkeit metapectinsaurer Baryt gelöst, aus
Bern man die Metapectinsäure durch Ausfällen des Baryts durch Schwefel-
säure darstellen kann, f Fremy .)
Die Metapectinsäure löst sich Wasser und ist im trocknen Zustande
1262
Arabin. Schleim, Bassorin etc.
zerfiiefslich au der Luft, sie schmeckt entschieden sauer und bildet mit
allen alkalischen Basen lösliche Salze , die nicht kristallisiren.
Ueber die Entstehung des Pectins hat Fremy einige interessante Ver-
suche angestellt. Unreife, mit Wasser zerriebene Johannisbeeren gaben
nach vollkommnem Auswaschen mit reinem Wasser, an siedendes Wasser
keinen löslichen Bestandteil ab. Wurde die Flüssigkeit nun mit etwas
Weinsäure, Aepfelsäure oder Schwefelsäure angesäuert, so nahm die
Flüssigkeit nach fortgesetztem Sieden eiue sehr schleimige Beschaffenheit
an und es hatte sich eine beträchtliche Menge Pectin gebildet.
Die Substanz der Zellen dieser Früchte scheint demnach eine Materie
zu enthalten, die zu dem Pectin in einer ähnlichen Beziehung steht, wie
in den Kartoffeln die stärkmehlartige Faser zu dem Amylon.
Bei allen Versuchen über Pectin und Pectinsäure ist übrigens aufser
Acht gelassen worden, dafs der ausgewaschene Brei von sauren Aepfelu
und namentlich von Möhren ( Daucus carota) beträchtliche Mengen Amylon
enthält, welche in die Zusammensetzung des Pectins mit übergehen.
Ueber die Zusammensetzung des Pectins siehe Anhang.
<4
Ueber die Zusammensetzung des ArabinsP Schleims , Bassorins
und Pectins.
Arabin. Nach den Untersuchungen von Gay-Lussac Sr Thenard, Göbel
uud Berzelius ist die Zusammensetzung des bei 100° getrockneten Arabins
genau der Formel C12 H2a On entsprechend. Diese Formel ist die nämliche,
wie die des Rohrzuckers. Nach Guerin und Makler verliert das Senegal-
und arabische Gummi bei 130° noch ein Atom Wasser, so dafs seine
Zusammensetzung bei dieser Temperatur durch die Formel C12 H20 O10 aus-
gedrückt werden rnufs. Ganz dieselbe Zusammensetzung besitzt es (nach
Mulder ) in dem Bleioxid-Niederschlag. Die Bleioxid-Verbindung, bei 180° «
getrocknet, ist nach Peligut nach der Formel C,2 HI8 Og -f- 2PbO zusam-
mengesetzt; allein nach der Untersuchung von Mulder enthält dieselbe in
diesem Zustaude ein durch die Hitze verändertes Gummi.
Schleim. Der au s Lichen Carragheen, Leinsamen , Quittenkernen , Al-
thäwurzeln, Symphytum und Salep darstellbare Schleim giebt mit Bleiessig
Niederschläge, deren Zusammensetzung von Mulder untersucht worden
ist. Die mit Bleioxid verbundene organische Substanz enthält in 100 Theilen
(nach dein früheren Atomgewicht des Kohlenstoffs berechnet)
a) Lichen Carragheen.
Kohlenstoff 45,17
Wasserstoff 4,88
Sauerstoff 49,95
Schleim aus
b) Quitten. c)
45,43
5,12
49,45
Leinsamen.
45,93
5,23
48,84
d) A!I thäwurzeln.
46,00
4,96
49,04
Die Bleioxidverbindung von b) enthielt 57,83, von c) 59,77, von d) 75,4,
von Symphytum 63,02 und von Salepschleim 55,51 Bleioxid.
Trayanth schleim. Das Vorhandenseyu von Arabin in dem Tragant!»
wird von Mulder durch die Analyse der Bleioxidverbindungen widerlegt.
Der durch vier auf einander folgende wässerige Aufgüsse erhaltene Schleim
lieferte mit Bleiessig vier Bleioxid Verbindungen, welche einerlei orgauische
Substanz enthielten :
Analyse I.
Kohlenstoff 45, 1
Wasserstoff
5,35
Sauerstoff 49,51 49,80
Die angeführten Analysen beweisen,
II. III. IV.
45,10 ‘ 44,80 44,78
5,10 5,30 5,21
49,90 50,01
dafs die mit Schleim und Bas-
sorin bezeichneteu Materien ein gröfseres Verhältnis von Sauerstoff en(-
Pectin und Pect in säure.
1*63
halten , als wie nöthig wäre, um mit dem darin enthaltenen Wasserstoff
Wasser zu bilden.
Pectin und Pectinsäure. Nach den Untersuchungen von Regnault
giebt die aus weifsen Rüben dargestellte Pectinsäure , wenn sie als Am-
moniaksalz mit Silbersalzen vermischt wird; Niederschläge von wechseln-
der Zusammensetzung. Eine dieser Verbindungen , welche 40,388 bis
41/117 p. c. Silberoxid enthielt, führt für die darin enthaltene Säure zu
folgender Formel.
Formel der Pectinsäure nach Regnault im Silbersalz.
berechnet
C12 — 45,77
H14 — 4,36
Ojo 49,8#
gefunden
44,013 — 43,655
4,695 — 4,636
51,393 — 51,719
Pie bei 140° getrocknete Pectinsäure gab: ( Regnault )
berechnet gefunden
C12 — 43,33 — 43,31
H16 — 4,73 — 4,71
01X — 51,96 — 53,08
Die Pectinsäure aus Möhren wurde von Mulder untersucht, sie besitzt
nach demselben in freiem Zustande die nämliche Zusammensetzung wie in
ihren Salzen. Die von ihm erhaltenen Resultate der Analyse führen zu
folgender Formel :
Säure
berechnet freie Säure im Bleisalz im Kupfersalz.
Cia — 45,47 — 45,473 — 45,808 — 45,345
H16 — 4,95 — 5,370 — 5,150 — 5,314
Oao — 49,58 — 49,357 — 49,143 — 49,441
* Der zerriebene Brei von Möhren ent'hält Amylon in den unzerrissenen
Zellen eingeschlossen , welches bei der Behandlung mit Kalilauge aufgelöst
wird und in alle Verbindungen der Pectinsäure mit übergeht. Hieraus
erklärt sich vielleicht der gröfsere Gehalt an Wasserstoff. Dasselbe gilt
für die Pectinsäure aus Aepfeln. Saure Aepfel lieferten Mulder eine Pec-
tinsäure, welche 9,33 p. c. Asche (Kalk) enthielt. Die aus süfsen Aepfeln
hinterliefs nach dem Einäschern 5,91 Kalk, die Säure aus weifsen Rüben
3,33 Kalk, aus Möhren 4,17 Asche.
Die neueste Untersuchung von Fremy hat die Ungewifsheifc , in der
wir uns über die wahre Anzahl der Atome in dem Pectin und der Pectin-
säure befinden, nicht gehoben.
Eine Auflösung von Pectin lieferte mit essigsaurem Bleioxid Nieder-
schläge von ungleichem Gehalt an Bleioxid. Eine dieser Verbindungen
(mit 49,5 p. c. Bleioxid) war nach der Formel C24 H34 022 -+- 3PbO zusam-
mengesetzt, eine andere Bleiverbindung enthielt 15,6 bis 16,5 p. c. uud
eine dritte 32,8 p. c. Bleioxid.
Die wässerige Auflösung des Pectins bringt nach Fremy anfänglich in
Bieioxidsalzen keinen Niederschlag hervor, wird sie aber sich selbst eine
Zeitlang überlassen, so erhält man damit in essigsaurem Bleioxid einen
weifsen Niederschlag, dessen Gehalt an Bleioxid zunimmt, wenn die Pec-
tinauflösung längere Zeit vor der Fällung im Sieden erhalten wird.
Das von Fremy analysirte Silbersalz der Pectinsäure (mit 36,5 p. c.
Silberoxid) ist nach der Formel C14 1I20 013 -4- AgO zusammengesetzt. Ein
Bieisalz derselben Säure (mit 30,5 p. c. Bleioxid) nach der Formel C,8
H26 016 ■+■ PbO, ein zweites (mit 41,9 p. c. Bleioxid) nach der Formel
C1; H14 O10 -+- PbO.
Die empirische Formel der mit den Metalloxideu in diesen verschiede-
nen Verbindungen enthaltenen organischen Substanz ist nach Fremy C, 2
HJr 0,,, was von dem Resultate RegnaulVs nur in einem Atom Wasser-
1264
ölycyrrhizi n.
stoff differirt; die empirische Formel der Metapectinsäure ist (nach Fremn\
die nämliche, wie die der Pectinsäure. Ein Bleisalz dieser Saure fand er
nach der ftormel C18 H26 016 gPbO , ein zweites nach der Formel Cln
U1S ün -h SPbO zusammengesetzt. In einer Anmerkung zu seinen Ana-
lysen bemerkt Fremy, dafs er in mehreren Bleioxidverbindungen des Pec-
tms und der Metapectinsäure weniger Wasserstoff (nämlich nur 4 4 p. c.
anstatt 5,1 bis 5,3 p. c.) erhalten habe , übereinstimmend also mit Reu -
nciulvs Analysen. y
Fremy bediente sich zu seinen Analysen Pectin, was aus Aepfelsaft
dargestellt war. Es ist nicht bemerkt, ob derselbe filirirt worden war
oder nicht, im gewöhnlichen Zustande enthält derselbe aufgeschlämmtes
Amylon, ähnlich wie der Saft von Möhren.
Der Ärmlichkeit in ihrer Zusammensetzung wegen glaubt sich Mulder
nach seinen Analysen zu dem Schlüsse berechtigt, dafs di« verschiedenen
Arten Schleime identisch seyen mit Pectin oder Pectinsäure : er betrachtet
sie als Verbindungen von Pectin oder Pectinsäure mit ungleichen Mengen
alkalischer Basen, von welchen letzteren die Verschiedenheit in ihren Ei-
genschaften abzuleiten seyen; allein weder Salapschleim noch Tra-anth-
schleim lassen sich in Pectinsäure überführen. 0
Eie Untersuchungen über die verschiedenen Schleime müssen ieden-
falls wieder aufgenommen werden , da man bis jetzt bei allen eine nie
fehlende Einmischung einer stickstoffhaltigen Substanz übersehen hat. Lein-
samenschleim, Salapschleim und Traganthschleira entwickeln beim Erwär-
men mit Kalilauge eine bemerkbare Quantität Ammoniak.
Glycyrrhizin.
Synonyme: Süfsholzzucker , Glycion , süßer Extractiv stoff.
«..riV®n Dobereiner und Berzelius zuerst dargestellt. Findet sich in der
unbeka^ntUrZel (-Glycyrrht%a ylabra und echinata ). Zusammensetzung ist
*»63. Nach Döber einer erhält man das Glycyrrhizin. in-
dem der kalte Auszug der Süfsholzwurzel so lange mit Zinn-
chlorür versetzt wird, als ein Niederschlag entsteht. Das
gelbe Präcipitat wird mit kaltem Wasser gewaschen ge-
trocknet und mit kochend heifsem Weingeist von 6,85 spec.
Gew. behandelt, heifs filtrirt und der Weingeist abdestillirt.
Berzelms fällt den concentrirten Auszug der Wurzel mit
Schwefelsäure, wäscht den Niederschlag erst mit saurem
dann 1 einem Wasser aus, lost ihn in Weingeist, neutraüsirt
init kohlensaurem Kali, filirirt und verdampft zur Trockne
Robiqvel bedient sich zur Fällung der Essigsäure, und wäscht
das gallertartige essigsaure Glycyrrhizin mit kaltem Wasser.
Das Glycyrrhizin ist eine hellbraune, glänzende, spröde
Masse, schmeckt anhaltend siifs und etwas kratzend. In
kaltem Wasser ist es schwer löslich, es quillt damit gallert-
art'g auf, in heifsem Wasser ist es leicht löslich und bildet
beim Erkalten wieder eine Gallerte 5 es ist der geistigen
Gährung unfähig. Durch Säuren und Metallsalze wird es
käsig gefallt, mit Salpetersäure giebt es Kohlenstickstoffsäure.
Gaiiustinktur fällt die wässerige Lösung nicht. In Alkohol
ist es leicht, in Aether nicht löslich. Das Glycyrrhizin macht
Pflanzenfaser. 1265
den Hauptbestandteil des Süfsholzsaftes fsuccus Liquiri -
tiaej aus.
Abrus pecatorius , eine westindische Pflanze, giebfc einen ähnlichen
Stoff wie Gl ycyrrhiziu , der sich ebenso gegen Reagentien verhält, aber
einen ziemlich bittern, reizenden siifsen Geschmack hat.
Der Süfsstoff des Engelsüfs ( 'Polypodium vulgare ) scheint hierher zu
gehören, nach Desfosses enthält er Sarcocoilin.
Sarcocoilin, Fischltimsüfs. Formel: C22H33 010 ( [Pelletier ), C40H64Oi4
(Johnston). Von Thomson entdeckt. Schwitzt aus einem Strauch in Per-
sien und Arabien, Penaea mucronata , aus und kommt in kleinen Körnern
zu uns, die Sarcacolla heifsen. Darstellung: Die Sarcacolla wird zur
Entfernung des Harzes mit Aether ausgezogen, und absoluter Alkohol
nimmt das Sarcocoilin auf, aus dem es durch Verdampfen abgeschieden
wird (Thomson.') Es ist eine bräunüchweifse gummiähnliche Masse, siifs-
lich bitter. Löslich in Wasser und Alkohol, nicht in Aether. Salpeter-
säure verwandelt es in Kleesäure. Gallustinktur giebt einen reichlichen
gelblichen Niederschlag, nicht aber Gallusinfusion oder Gallussäure. Wird
gefällt durch mit Essigsäure versetzte Bleizuckerlösung, aber nicht von
essigsaurem oder salpetersaurem Bleioxid, auch nicht von Aetzsublimat ,
Silber-, Zink- oder Kupferlösung. Concenüirte Schwefelsäure löst es auf
und färbt es dunkel. (Thomson.)
Johnston hat in neuester Zeit die Sarcocolla untersucht, und den
Rückstand nach dem Verdampfen des Alkohols nur bei 60° getrocknet,
mit 3 Atomen Wasser in Verbindung gefunden; ferner, dafs er durch Ba-
sen in mehrere nicht untersuchte organische Verbindungen zerlegt wird.
Die alkoholische Lösung derselben giebt mit neutralem essigsaurem Blei-
oxid ein Salz, dessen Säure C40 Hso 016 ; mit Ammoniak entsteht noch
ein anderes Salz, das nicht näher untersucht ist. Ferner hat er den in
Wasser löslichen Bestandtheil der rohen Sarcocolla untersucht und meh-
rere Salze bekommen, die noch nicht näher untersucht sind.
Pflanzenfaser , Holzfaser.
§. 264. Das feste Gerippe der Pflanzen, von allen durch
heifses Wasser, Weingeist, Aether, verdünnten alkalischen
Laugen und Säuren ausziehbaren Theilen befreit, bezeichnet
man mit Pflanzenfaser , bei den Holzpflanzen mit Holzfaser ,
f Lignin). Sie stellt eine feste, farblose, undurchsichtige,
geschmack- und geruchlose, in den genannten Lösungsmitteln
unlösliche Substanz dar, welche vollkommen trocken die Elek-
tricität nicht leitet, im Durchschnitt von 1,5 spec. Gewicht.
In ihren weiteren physikalischen Eigenschaften unterscheidet
sich die Pflanzenfaser je nach ihrem Vorkommen in den Pflan-
zentheilen} sie ist entweder sehr hart und dicht (wie die Samen-
schalen von Nüssen , Steinobst etc.) oder fasrig zähe und äufserst
biegsam c Hanf , Flachs , Baumwolle).
Nach den Analysen von Prout wird die Zusammensetzung der reinen
Holzfaser von Weidenholz und Buxbaumholz, bei 150 — 177° getrocknet,
sehr nahe durch die Formel C12 H16 09 ausgedrückt. Die des Eichenholzes
nach dem Auskochen mit Wasser und Alkohol, nach Gay-Lussac und
Thenarä durch die Formel C56 H44 022. Die Zusammensetzung der Holz-
faser des Buchenholzes (Fagus sylvatica) steht nach Gay-L. §r Th. in der
Mitte zwischen beiden Formeln. Nach allen Analysen enthält die Holz-
faser Kohlenstoff und die Elemente des Wassers.
1266
Pflanzenfaser.
Herzig machte die Beobachtung , dafs die meisten Holzpflanzen in ihren
Poren Stärkmehl in rundlichen grauen Körnchen enthalten, was sich aus
feinen Sägespänen durch Auswaschen auf einem feinen Siebe mit Wasser
erhalten läfst. (Aus dem Fichtensplint ist von Berzelius schon früher
Stärkmehl dargestellt worden, was aus der wässerigen Abkochung durch
Säuren in gallertartigen Klumpen von grauer Farbe gefällt wird.)
Nach den neuesten Untersuchungen von Vagen und Schleiden besteht
das^Holz aus zwei in ihrer Zusammensetzung abweichenden Bestandteilen.
Aus dem einen besteht die eigentliche Pflanzen- (Holz-) Zelle , der andere
füllt die Zelle aus oder bildet Ablagerungen auf den Zellenwänden von
ungleicher Dicke. Die eigentliche Zellensubstanz nennt Vagen Cellulose,
die Ausfüllungen Lignin. Bringt man Sägespäne von Buchenholz in Be-
rührung mit starker Salpetersäure und concentrirter Schwefelsäure, so
zeigen die beiden Holzbestandtheile ein ungleiches Verhalten. In Salpeter-
säure löst sich nach Vagen die Zellensubstanz nicht auf, wohl aber das
Lignin. In conc. Schwefelsäure wird die Zellensubstanz leicht und ohne
Schwärzung aufgenommen, wobei es in Dextrin übergeht. Nach Vagen
enthält die Zellensubstanz die nämlichen Verhältnisse von Elementen wie
das Stärkmehl, während das Lignin (die Ausfüllungen in und die Ablage-
rungen auf den Zellen) nach der Formel C55 H48 020 zusammengesetzt ist.
Schleiden beobachtete (1838), dafs die weiche gallertartige, dem Pflan-
zenschleim ähnliche Wandung neugebildeter Pflanzenzellen allmählig er-
härtet und ihr Vermögen, schleimartig im Wasser aufzuquellen, verliert.
Nach der völligen Ausbildung der Zelle verdickt sich ihre Wandung durch
secundäre Ablagerungen. Die gebildeten Zellen mit ihren Ablagerungen
unterscheiden sich in Bastzellen, Gefäfseu, Holz, bei denen die Längen-
dimensionen vorherrschen, und in Parenchym, bei dem keine Dimension
vorherrscht.
Mit Iodtinktur in Berührung wird die primäre Zellenwand nicht ge-
färbt, die Ablagerungen färben sich hingegen gelb, was auf eine Ungleich-
heit deutet. Mit Kalilauge eine Zeitlang im Sieden erhalten oder mit
Schwefelsäure befeuchtet geht die Ablagerung in eine Substanz über, die,
wie Stärkmehl, durch lorl eiue indigblaue Farbe erhält.
Baumwolle, Leinwand, Papier mit Schwefelsäure (3 Schwefelsäure,
1 Wasser) befeuchtet, verwandeln sich in eine zähe klebrige, wenig ge-
färbte Masse, welche nach 24 Stunden sich gröfstentheils im Wasser lost.
(Siehe Seite 1267 über die Einwirkung der Schwefelsäure auf Holzfaser.)
Die Auflösung in kaltem Wasser enthält einen Körper, der sich dem Dex-
trin gleich verhält, insofern er, in der sauren Flüssigkeit eine Zeitlang
erwärmt, in Traubenzucker übergeht. Bei der Einwirkung der Schwefel-
säure auf die genannten Substanzen entsteht noch ein leicht veränderliches
Produkt, welches Schwefelsäure oder Unterschwefelsäure in chemischer
Verbindung mit einer organischen Substanz enthält und an Kalk oder Ba-
ryt gebunden in der Flüssigkeit, die man damit neutralisirt hat, zurück-
bleibt. (Braconnot .)
Erhitzt man Leinwand oder Papier mit schwefelsäurehaltigem Wasser
in dem papinischen Digeste, so wird ein kleiner Theil löslich und in Trau-
benzucker verwandelt; L. Gmelin. (Man vergleiche übrigens über die
Verwandlung der Holzfaser in Amylon Seite 1255.)
Mit Salpetersäure und mäfsig verdünnter Schwefelsäure erwärmt, zer-
theilfc sich Leinwand in einen zarten stärkmehlähnlicben Brei , welcher in
Wasser nicht merklich löslich und nach der Formel C12 H20 O10 zusam-
mengesetzt ist (Vagen, Hofmann , Braconnot ). Durch conceDtrirte Schwe-
felsäure wird das Holz verkohlt, unter Bildung von schwefliger Säure,
Essigsäure, Ameisensäure und Wasser.
Aehnlich wie mit lod verbindet sich die Holzfaser mit Quecksilber-
chlorid, schwefelsaurem Kupferoxid, essigsaurem Eisenoxid unter .par-
tieller Zersetzung dieser Metallsalze, sowie mit Thonerdehydrat, Eisen-
oxid und vielen Farbstoffen.
Holzschwefelsäure.
1267
lu fcrockner Luft erhält sich das Holz Jahrhunderte lang ohne Ver-
änderung , ebenso unter Wasser bei Abschlufs der Luft. Bei gleichzeitiger
Einwirkung von Luft und Feuchtigkeit geht es hingegen in Fäulnifs und
Verwesung über, es verliert nach und nach allen Zusammenhang und ver-
wandelt sich in eine braune oder weifse , in feuchtem Zustand phosphoresci-
rende zerreibliche Materie. % Unze Eichenholzspäne mit Wasser befeuchtet
verwaudeln in 5 Wochen 10 Kubikzoll Sauerstoffgas in ebensoviel kohlen-
saures Gas, ohne Aenderung des Volums der Luft; nach dem Trocknen
nimmt ihr Gewicht um 15 Gran ab, sie überziehen sich mit einer braunen
Rinde, welche nach dem Verkohlen 20l/2 P- c, Kohle hinterläfst, während
das Holz für sich nur 17,5 p. c. gab. Befeuchtete Holzspäne geben an
Wasser, beim Auskochen, eine lösliche organische Materie ab, die sich
bei neuem Aussetzen an die Luft ohne Aufhören wieder erzeugt. Beim
Abschlufs der Luft entwickeln feuchte Holzspäne kohlensaures Gas und
zerfallen in eine weifsliche zerreibliche Substanz, die beim Verkohlen nur
lö p. c. Kohle hinterläfst. CSaussure.') Feuchte Leinwand, in Haufen zu-
sammenliegend , erhitzt sich unter Gasentwickelung, sie verwandelt sich
in eine weiche, leicht zertheilbare, weifse Masse (Papiermasse).
Das mit Wasser von allen löslichen Theilen befreite Holz erleidet den
Procefs der Fäulnifs, Verwesung oder Vermoderung weit langsamer als
das frische Holz; Berührung mit Alkalien erhöht seine Verwesungsfällig-
keit. Das frische Holz enthält im Safte stickstoffhaltige Substanzen, welche
leicht in Fäulnifs übergehen und ihren Zustand der Zersetzung auf die
Holzfaser übertragen; es enthält Kali, Natron und Kalk in Verbindung
mit organischen Säuren, welche durch Verwesung zerstört werden; durch
den Contact der gebildeten kohlensauren Alkalien mit der Holzfaser nimmt
ihr Vermögen, Sauerstoff anzuziehen, zu. Das mit Wasser völlig ausge-
laugte, oder mit den oben erwähnten Metallsalzen getränkte Holz ver-
ändert sich weit langsamer oder verliert seine Fähigkeit zu faulen völlig.
Ilolzschwefelsäure £ Acidum vegeto-sulphuricum~) .
Von Braconnot entdeckt. — Sägespäne, oder Leiuenlumpen werden
mit Schwefelsäure befeuchtet, in einem Porcellanmörser zu einem gleich-
förmigen Brei zerrieben, nach Zusatz von Wasser die freie Säure dann
mit kohlensaurem Bleioxid oder Baryterde gesättigt, die Flüssigkeit filtrirfc
und das Blei mit Schwefelwasserstoff oder die Baryterde durch vorsichti-
gen Zusatz von Schwefelsäure entfernt. Die wieder filtrirte Flüssigkeit
wird bei gelinder Wärme zur Syrupsconsistenz eingedampft und mit Al-
kohol behandelt. Der Alkohol scheidet gebildetes Dextrin ab und löst
Zucker und die freie Säure. Nach dem Verdampfen des Alkohols wird
der zurückbleibende Syrup mit Aether geschüttelt, dieser löst die Säure
und läfst den Zucker ungelöst zurück. Nach dem Verdampfen des Aethers
bleibt die Holzschwefelsäure zurück.
Die Holzschwefelsäure ist ungefärbt, scharf sauer, fast ätzend, nicht
kristallisirbar , zieht an der Luft Feuchtigkeit an. Bei einer -4- 20° über-
steigenden Temperatur färbt sie sich braun, bei 100° zersetzt sie sieb,
schwärzt sich und setzt beim Verdünnen eine kohlige Substanz ab; die
Flüssigkeit enthält freie Schwefelsäure uud fällt Barytsalze. Ueber -h 100°
entwickelt sich schweflige Säure. Sie giebt mit allen Basen leicht lösliche
Salze; sie fällt weder Chlorharium noch Bleiessig; das Baryt- und Bleisalz
ist leicht löslich, sie sind nicht kristallisirbar und trocknen zu einer gummi-
artigen Materie ein. Die meisten Salze sind zerfliefslich und in Alkohol
unlöslich. Die Salze mit alkalischer Basis geben bei gelindem Erhitzen in
Destillationsgefäfsen schweflige Säure und lassen ein mit Kohle gemengtes
neutrales schwefelsaures Salz zurück.
Mit der Substanz der Holzfaser ( Cellulose ) scheint das Mark gewisser
Pflanzen, namentlich das Hollundermark, Sonnenblumenmark, in eiuer be-
stimmten Beziehung zu .stehen, die Substanz der Rinden hingegen wesent-
ms
Verwesungsprodukte von Pflanzen.
lieh abzuweichen. Das mit Wasser und Alkohol ausgezogene Mark der
Sonnenblume und des Hollunders bezeichnet John mit Medullin; es ist in
Wasser, Alkohol, wässerigeu Alkalien, Aether und Oelen nicht löslich;
durch concentrirte Schwefelsäure wird es verkohlt, durch die Einwirkung
der Salpetersäure erhält man damit die Produkte der Oxidation der Holz-
faser, namentlich Oxalsäure, keine Korksäure. Bei der trocknen Destil-
lation des Hollundermarks erhielt Link stickstofffreie Produkte, bei der
des Sonnenbiumenmarks bekam John Ammoniak.
Der Hauptbestandteil des Korks (der äufseren Rinde von Quercus
suber ) und wahrscheinlich vieler andern Rinden , das Suberin , ist vor-
züglich von Chevreul untersucht worden. Der rohe Kork verliert durch
Auskochen mit Wasser und Alkohol 0,3 von seinem Gewicht und hinter-
läfst 0,7 Suberin von röthlichgrauer Farbe, ohne Aenderung der Form
und physikalischen Beschaffenheit. Bei der trocknen Destillation liefert
das Suberin im Rückstand 0,25 p. c. Kohle und giebt ein sehr saures Was-
ser, gefärbte brenzliche Oele und eine eigentümliche kristallisirende,
schmelzbare, fettähnliche, in der Hitze flüchtige, in Alkohol und Kali
wenig lösliche Materie. Durch Behandlung mit Salpetersäure t p. c. einer
w’eifsen, in Wasser und Alkohol unlöslichen Materie, 10 p. c. eines harz-
ähnlichen Körpers, 22,4 Korksäure, 7,6* kristaliisirte Oxalsäure, ferner
im Rückstand Ammoniak und eine gelbe bittere Substanz. Concentrirte
Schwefelsäure schwärzt den Kork und liefert damit kein Gummi. {.Vogel. )
Der Hauptbestandteil der Tannen- und Fiehtenrinde , sowie der Rinde
anderer Bäume, ist, bis auf die Eichen-, Zimmt- und Chinarinde, bis jetzt
einer näheren Untersuchung nicht unterworfen worden. Tannenrinde giebt
an heifseu Aether eine wachsartige kristallisirbare Substanz und an kochen-
den Alkohol eine grofse Menge einer dem Catechu ähnlichen Substanz ab,
die aus der concentrirten Lösung beim Erkalten sich gallertartig absetzt,
sie löst sich in siedendem Wasser und gebt mit Metalloxiden, namentlich
mit Bleioxid, Verbindungen ein. ( Gentli .)
Der feste Bestandteil der Schwämme (das Fungin) ist ziemlich reich
an Stickstoff, er wird unter den stickstoffhaltigen neutralen Bestandteilen
der Pflanzen abgehaudelt werden.
Zersetzungsprodukte der Pflanzen in dem Verwesung s- und
Fäulnifsprocefs.
Durch den Einflufs der Atmosphäre und der Feuchtigkeit erleiden die
Pflanzen und Pflanzenteile eine Veränderung in ihrer Form und Beschaf-
fenheit, sie verlieren ihren Zusammenhang und verwandeln sich in braune
oder weifse zerreibliche Materien, welche in gröfserem oder geringerem
Grade die Fähigkeit behalten, in feuchtem Zustande in Berührung mit Luft
den Sauerstoff dieser Luft in ein ihm gleiches Volumen Kohlensäure zu
verwandeln. Das braune faule Holz in dem Innern von alten Eichen oder
Ulmen bietet eine dieser Substanzen in ihrem reinsten Zustande dar.
Die organischen Bestandteile der Garten- und Ackererde sind durch
Fäulnifs der Ueberreste von Vegetabilien entstanden, die sich früher auf
diesem Boden entwickelt hatten. Die Erde, welche reich an diesen Ueber-
resten ist, bezeichnet man gewöhnlich mit Dammerde ; sie verdankt diesen
Ueberresten die Fähigkeit, ähnlich wrie das faule Holz, den Sauerstoff der
umgebenden Luft, bei Gegenwart von Feuchtigkeit, in Kohlensäure zu
verwandeln.
Die Torf- und Bratmkohleulager enthalten die Ueberreste früherer Ve-
getationen, von denen sich a priori voraussetzen läfst, dafs sie ähnliche
Veränderungen erlitten haben müssen, wiewohl sie der Luft nicht in dem-
selben Grade zugänglich waren, wie diejenigen, welche die Oberfläche der
Erde bedecken.
Zuletzt hat man in manchen Quellvvassern organische Bestandteile
aufgefundeu , deren Ursprung sich ebenfalls nur auf Fäulnilsprocesse von
Pflanzenstoffen zuriiekführen läfst.
Verwesungsprodukte von Pflanzen.
1269
Die Zusammensetzung des braunen faulen Holzes ist wahrscheinlich
je nach dem Zustande der Zersetzung, in dem es sich befindet, nach der
Zeit, in welcher es dem Zersetzungsprocefs ausgesetzt war, und der
Menge von Feuchtigkeit, die dabei mitgewirkt hat, verschieden; dasselbe
mufs von den verschiedenen Arten Braunkohlen vorausgesetzt werden, die
in ihrer Zusammensetzung schon der Lage nach von einander abweichen.
Aus den oberen Lagen genommen, führt ihre Analyse auf andere quanti-
tative Verhältnisse, wie die unteren Lagen, welche dem Einflufs der Luft
minder ausgesetzt sind.
In den Braunkohlenlagern, sowie in Torflagern, gehen fortwährend
Veränderungen vor sich, in deren Folge Kohlensäure in Gasform frei wird,
welche die Luft in den Gruben unathembar macht ; in der Nähe dieser
Lager finden sich häufig Quellen von kohlensaurem Gas, oder an Kohlen-
säure sehr reiche Mineralquellen, deren Kohlensäure höchst wahrschein-
lich von den Braunkohlen- und Torflagern geliefert wird. Die Kohlen-
säure dieser Gas- oder Mineralquellen ist stets frei von Stickgas, in den
Gruben ist sie zuweilen begleitet von brennbarem Gas; sie entsteht offenbar
in Folge von Veränderungen, an denen der Sauerstoff der Luft keinen
Antheil nimmt. Wäre in der That diese Kohlensäure auf Kosten des Sauer-
stoffs der Luft gebildet, so miifste sie begleitet seyn von dem Stickgas
der atmosphärischen Luft. (Die Kohlensäurequellen in vulkanischen Ge-
genden haben wahrscheinlich einen andern Ursprung.)
Nach den Untersuchungen von Will und Meyer gab a ) vermodertes
Eichenholz aus dem Innern eines hohlen Eichenstammes von dunkelbrauner
Farbe, /3) von lichtbrauner Farbe und einem andern Eichbaum
a ß
Kohlenstoff 56,212 — 53,36
Wasser 43,789 — 48,44
Ferner zeigte sich zusammengesetzt a) weifses faules Holz aus einem
Eicbstamm, b) harzfreie Braunkohle von Laubach mit deutlicher Holz-
struetur, c) Braunkohle von Ringkuhl, obere Schicht, d) von derselben
Kohle mittlere Schicht, in 100 Theilen:
a b c d
Kohlenstoff 47,11—48,14
Wasserstoff 3,31 — 6,06
Sauerstoff 45,3! — 44,43
Asche 1,27 — 1,37
— 57,28 — 63,83-
— 6,03 — 4,80-
— 36,10 — 25,44
— 0,59 — 5,86-
62,60 — 65,40— 64,01
5,02 — 4,75— 4,76
-26, 52
- 5,86
Vergleicht man diese Verhältnisse mit der Zusammensetzung des ge-
sunden, von allen in Wasser und Weingeist löslichen Bestandteilen be-
freiten Eichenholzes und sucht eine gemeinschaftliche Formel auf, durch
welche die vor sich gegangenen Veränderungen ausdrückbar sind, so er-
giebt sich für das gesunde Eichenholz (A) nach der Analyse von Thcnard
und Gay-Lussac die Formel:
A
H44
o„
für
a
cä5
H40
.?>
ß
c34
h56
Ci 8
>>
a
C35
hS4
b
C35
h4J
016
c
C32
Hao
09
Mau kann sich a) entstanden denken aus A durch Hinzutreten von
2 At. Sauerstoff aus der Luft und durch Abscheidung von 2 At. Wasser
und 1 At. Kohlensäure.
Ebenso /3) durch Hinzutreten von 4 At. Sauerstoff zu A und Abschei-
dung von 4 At. Wasser und 2 At. Kohlensäure.
Ebenso a) durch Hinzutreten von 3 At. Sauerstoff und 5 At. Wasser
unter Abscheidung von 3 At. Kohlensäure.
1270
Verwesungsprodukte von Pflanzen.
Ferner b) durch Kinzutreteu von 1 At. Sauerstoff unter Abscheidung
von 1 At. Wasser und 3 At. Kohlensäure.
Zuletzt c) durch Hinzutreten von 2 At. Sauerstoff unter Abscheidung
von 4 At. Kohlensäure und 7 At. Wasser.
Zersetzungsprodukle der in den Braunkohlen , dem Torf und der
Dammerde vorkommenden verfaulten und verwesten Pflanzen-
überreste durch Alkalien .
Das verfaulte Holz, sowie die Dammerde, die Braunkohlen und der
Torf geben an kaltes destillirtes Wasser keine gefärbten löslichen Bestaud-
theile ab. Mit kohlensauren oder ätzenden alkalischen Laugen behandelt,
entstehen dunkelbraune Auflösungen, welche durch Mineralsäuren in brau-
nen, meistens gallertartigen Flocken gefällt werden.
Frisch aus alkalischen Lösungen gefällt, löst sich der Niederschlag,
sobald alle Säure durch Waschen entfernt ist, in reinem Wasser zu einer
braunen Flüssigkeit auf; an der Luft getrocknet verliert er hingegen diese
Fähigkeit. Die wässerige braune Lösung verliert, an der Luft stehend,
ihre braune Farbe, sie absorbirt Sauerstoff, es entstellt eia brauner oder
schwarzer Absatz und in dem Wasser findet man freie Kohlensäure. Ein
ähnliches Verhalten zeigen ihre alkalischen Lösungen.
Der durch Behandlung von faulem Holze mit Alkalien und durch Fäl-
lung mit Säuren erhaltene Niederschlag besitzt die Eigenschaft, Lackmus-
papier zu röthen, welche dem faulen Holz für sich abgeht; er neutralisirt
die Alkalien vollständig. Werden diese sehr lösliohen Verbindungen mit
Erd- und Metallsalzen vermischt, so entstehen braungefärbte Niederschläge.
Man hat dieser Materie den Namen Ulmin , Ulminsäure, Humus , Hu-
mussäure, Gein, Geinsäure , Humin, Huminsäure gegeben. Die Chemiker
sind darüber einverstanden, dafs der in Alkalien lösliche, durch Säuren
fällbare und das Lackmus röthende Körper, welcher die Namen Ulmin-
säure, Huminsäure , Geinsäure, Humussäure trägt, durch die Einwirkung
des Alkali’s auf die Pflauzenüberreste erzeugt wird, und in dem Zustande,
in dem man ihn erhält, nicht fertig gebildet darin enthalten ist. Berzelius
sagt darüber in seinem Handbuch Bd. VIII. S. 38S: „In dem Zustande,
„in welchem die Huminsäure in der Erde vorkommt, scheint sie ein völlig
„neutraler Körper zu seyn , sie reagirt weder als Säure noch als Alkali
„uud läfst das Lackmuspapier unverändert/* Die unlösliche braune Ma-
terie, aus welcher die Huminsäure durch din Einwirkung der Alkalien ge-
bildet wird, bezeichnet Berzelius mit Humin (Humus, Gein, Ulmin); es
ist diefs also eine hypothetische Materie, von der man annimmt, dafs sie
in der Fäulnifs und Verwesung vou Pflanzen und Pflanzentheilen gebildet
werde; für sich ist sie nicht bekannt und ihre Existenz keineswegs ino-
tivirt.
Die abgestorbenen Pflanzen und Pflanzentheilo erleiden unter dem Eio-
flufs der Luft bei Gegenwart von Feuchtigkeit eine unausgesetzte Verän-
derung. Bei hinlänglichem Zutritt von Sauerstoff verschwinden sie zuletzt
völlig, und ihre Bestandteile kehren in die Atmosphäre zurück in der
Form von Kohlensäure, Ammoniak und Wasser. Dieser Oxidationsprocefs
(Verwesung) wird aufgehalten durch Mangel an Feuchtigkeit, er wird be-
fördert durch Confcact mit Alkalien und alkalischen Erden. Alle mit Hu-
min, Gein, Humus etc. bezeichneten Stoffe sind Theile von Pflanzen in
ihren verschiedenen Stadien der Verwesung; als für sich bestehende eigen-
tümliche Körper können sie nicht betrachtet werden; die aus ihnen durch
Behandlung mit Säuren und Alkalien darstellbaren Stoffe sind als solche
nicht darin enthalten, sondern Produkte einer neuen Umsetzung oder Ver-
änderung durch die eiuvvirkeuden Körper.
Aus dem nach vorhergegangener Ausziehung von Torf, von faulem
Weidenholz und Dammerde mit Wasser und Alkohol bleibenden Rückstand
Verwesungsprodukte von Pflanzen. 127 i
erhielt Mulder bei Behandlung mit kohlcnsaurein Natron und Fällung mit
Schwefelsäure einen in reinem Wasser völlig löslichen gallertartigen Nie-
derschlag, welcher , nach Entfernung der Miueralsäure durch Waschen,
getrocknet und analysirt wurde. Die Zusammensetzung desselben war
folgende :
a
b
c
d
e
Kohlenstoff 60,13
— 62,19
— 59,06
— 57,37
— 57,54
Wasserstoff 4,74
—
4,51
— 4,96
—
4,43
— 4,71
Stickstoff 3,61
—
0,00
— 2,80
—
3,23
— 6,87
Sauerstoff 31,52
— 33,30
— 33,18
— 34,95
— 30,98
f
g
h
i
Kohlenstoff
57,16
—
59,09 —
57,87
—
55,18
Wasserstoff
5,38
—
5,12 —
4,98
—
5,00
Stickstoff
6,11
—
3,63 —
3,52
—
2,35
Sauerstoff
31,35
—
32,18 —
33,53
—
37,47
Die Substanz der Analyse a) war aus Harlemmer Torf, b) aus friesischem
Torf, c) aus faulem Weidenholz, d) aus Dammerde eines Baumgartens,
e) aus Dammerde eines Gemüsegartens, f) aus Dammerde einer Wiese,
g) aus einem Boden, auf welchem Eichen wachsen, Ii) aus einem Garten
mit Johannisbeersträuchern, i) aus Bohnenland.
Diese Materien hinterliefsen, mit Ausnahme von a b c, nach dem Ver-
brennen eine gewisse Quantität Asche (d 5 — 6 p. c.), (e 2,0 p. c.), (f
3,2 p. c.), (g 12,5 p. c.) , Ch 6,2 p. c.), Ci 22,8 p. c.). Vor der Ver-
brennung wurden sie bei 140° getrocknet.
Aus den in der Analyse erhaltenen Zahlen entwickelt Mulder fogende
Formeln:
a) C40 H24 0„ -b N2 II6 -b 4H20
b) C40H28 0I2 -b 4H2 0
c) C40 H24 0„ + Nj H6 -b 3H2 O
d u. e) C40 H24 Oj4 N2 H6 -b 4H2 O
f) C40 H24 0lt -b 2N2 H6 -b 5H20
g) c40 H24 012 + N,H6 + 5H20
h) C40 H24 0a2 + N3H6 + 6H20
fiir ij giebt Mulder keine Formel. *
Wie man leiebfc bemerkt, lassen sich diese Niederschläge als Verbin-
dungen von Ammoniak betrachten mit Wasser und drei von einander in
ihrer Zusammensetzung abweichenden Stoffen, welche Mulder mit Säure
aus der Dammerde, Huminsäure und Ulminsäure bezeichnet.
Säure aus der Dammerde C40 H24 014
Huminsäure C40 H24 012
Ulminsäure C40 H28 0a2
Durch die Einwirkung von verdünnter Schwefelsäure auf Zucker ent-
steht eine gewisse Anzahl von Zersetzungsprodukten, die in ihrer Beschaf-
fenheit und Verhalten den aus den P/lanzeniiberresten dargestellten Kör-
pern ähnlich sind. Mulder , der diese Materien einer Untersuchung unter-
warf, hält beide Klassen von Verbindungen für identisch; allein die Ver-
gleichung der Analysen beider zeigt, dafs sie wesentlich von einander
verschieden sind.
Das von Mulder aus dem Zersetzungsprodukte des Zuckers darge-
stellte hurninsaure Ammoniak und die aus dem faulen Weidenholze erhal-
tene Materie C Analyse c) , welche Mulder mit demselben Narnen bezeich-
net, lieferten in der Analyse:
aus Zucker aus faulem Weidenholz
Kohlenstoff 64,58 — 59,06
Wasserstoff 4,22 — 4,96
Stickstoff 3,74 — 2,80
Sauerstoff 27,47 — 33,18
1272
Verwesungsprodukte von Pflanzen.
Die erstere entspricht sehr nahe der Formel C40 H31 N, 01S
die andere C4o H40 Öji
Malder spaltet diese Formeln in folgende:
hunünsaures Ammoniak aus Zucker C40 H24 Oia -f- Na Hö -f- H20
do. aus Weidenholz C40 H24 Oi2 -h Na H6 -f- 5H20
Die letztere Substanz enthält mithin die Elemente von 4 At Wasser mehr
als die andere, und da beide bei gleichen Temperaturen (140°) getrocknet
worden waren, so können sie nicht als identisch angesehen werden.
Nach den Analysen Herrmann’ s ist der braune gelatinöse Körper, der
aus einer Abkochung von faulem Holz mit einer Auflösung von kohlen-
saurem Kali durch verdünnte Schwefelsäure gefällt wird, nach der Formel
^:o H70 028 N? zusammengesetzt. Die Analyse gab 58,33 Kohlenstoff,
5,22 Wasserstoff, 29,98 Sauerstoff, 6,47 Stickstoff. Man sieht leicht,
dafs es ganz von Zufälligkeiten abhängig betrachtet werden mufs, wenn
zwei Analytiker die nämlichen Resultate von zwei auf gleiche Weise aus
faulem Holze oder aus Dammerde dargestellten Materien erhalten, welche
in ungleichen Zeiten den Einflüssen der Witterung ausgesetzt gewesen sind.
Als das bemerkenswerthestc Resultat geht aus diesen Untersuchungen her-
vor, dafs die faule Pflanzensubstanz Ammoniak in einer sehr innigen Ver-
bindung enthält, und es ist äufserst wahrscheinlich, dafs gerade in der
Fähigkeit derselben, Ammoniak aus der Luft auzuziehen und mit grofser
Kraft zurückzuhalten, der ausgezeichnet günstige Einflufs beruht, den
diese Materien auf die Vegetation ausüben. Der Rückstand, welcher nach
Behandlung des faulen Holzes mit kohlensauren Alkalien bleibt, ist nach
Herrmann an Stickstoff noch reicher wie der lösliche Theil desselben.
Herrmann nennt diesen Rückstand, der noch Holzstructur zeigt, Nitrolin ;
er fand darin 57,20 Kohlenstoff, 6,32 Wasserstoff, 24,28 Sauerstoff,
12,20 Stickstoff. Diese Zusammensetzung ist höchst unwahrscheinlich;
wäre sie richtig, so gäbe dieser Körper ein sehr geeignetes Material zur
Salmiakfabrikatiou ab.
Humusextract nennt Herrmann den in Alkalien und Wasser löslichen
Bestandteil des faulen Holzes, welcher nach der Fällung der alkalischen
Abkochung desselben durch Salpetersäure iu der gelb oder braungelb ge-
färbten Flüssigkeit zurückbleibt; er löst sich nach demselben Chemiker in
Aether und Alkohol; allein durch beide Lösungsmittel läfst er sich direct
aus faulem Holze nicht darstellen, und er hat sonach als Zersetzungspro-
dukt nicht das geringste Interesse.
Der Stickstoffgehait der von Herrmann analysirten Materien stammt
nach ihm von dem Stickgas der Atmosphäre; es ist diefs eine Voraus-
setzung, wie es viele giebt, die nämlich erfunden werden, wenn man die
Beweisführung über die Ursache einer Erscheinung schuldig bleiben will.
Torfsäure nennt Herrmann den Bestandteil des Torfs, von welchem
seine saure Reaction abhängig ist; sie ist auch in der Ackererde enthalten.
Um die Torfsäure rein zu erhalten, ist ein Material nötig, was weder
Holzhumussäure noch Ackersäure enthält. Herrmann war so glücklich,
es aus dem Gouvernement Nichnei Nowgorod in einer Ackererde und in
einem Torf bei Moskau zu erhalten. Da diese Substanz, welche die Haupt-
ei^enschaften der braunen Materie aus dem faulen Holze besitzt, vielleicht
von derselben Zusammensetzung nicht mehr vorkommfc , so begnüge ich
mich , die von ihm in der Analyse erhaltenen Zahlen anzuführen. 100 Theile
enthielten: Kohlenstoff 03,10 — 63,0, Wasserstoff 4,31 — 4,11, Stickstoff
7^73 — 8,02, Sauerstoff 24,86 — 24,87. Die aus Tula’scher Ackererde
durch kohlensaure Alkalien ausziehbare braune Materie ( Ackersäure) fand
Herrmann in 100 Theilen aus 62,905 Kohlenstoff, 4,311 Wasserstoff,
5,400 Stickstoff, 27,384 Sauerstoff, die Sibirische Äckersäure aus 62,57
Kohlenstoff, 4,80 Wasserstoff, 15,0 Stickstoff und 17,63 Sauerstoff zu-
sammengesetzt. Was durch die organische Eleinenfcaranalyse von derglei-
chen Stoffen eigentlich bezweeki werden soll, ist schwer einzusehen.
Quellsäure.
1273
Quellsäure (Acidum crenicum).
Diese Säure ist von Berzelius im Porlawasser, einer Mineralquelle in
Schweden, entdeckt worden. — Sie findet sich höchst wahrscheinlich
in den meisten Mineralquellen und war bisher im unreinen Zustande unter
dem Namen Extractivstoff des Mineralwassers bekannt; ferner findet sie
sich iß vermodertem Holz. Sie ist wohl Produkt der Zerstörung organi-
scher Körper.
§. 265. Man erhält die Quellsäure nach Berzelius am
leichtesten aus dem ockerigen Absatz eisenhaltiger Quellen
(auch aus Sumpferzen und Raseneisenstein), indem man diesen
Ocker mit Aetzkalilauge so lange kocht, bis der Absatz
eine flockige Beschaffenheit angenommen hat und die Flüs-
sigkeit leicht filtrirt werden kann. Das dunkelbraune Filtrat
sättigt man mit Essigsäure, und setzt ein wenig im Ueber-
schufs zu, versetzt dann die Auflösung so lange mit essig-
saurem Kupferoxid, als ein brauner Niederschlag entsteht
(ist der Niederschlag weifs, so mufs mehr Essigsäure zugesetzt werden),
filtrirt dann und setzt zum Filtrat kohlensaures Ammoniak
etwas im Ueberschufs, setzt hierauf wieder essigsaures Kupfer-
oxid zu, so lange ein weifsgrünlicher Niederschlag entsteht,
welcher, wohl gewaschen, in Wasser vertheilt, durch hy-
drothionsaures Gas zerlegt wird; das Filtrat wird unter der
Luftpumpe abgedampft, der Rückstand mit absolutem Alkohol
behandelt, die klare Lösung wieder unter der Luftpumpe
verdampft, der Rückstand in Wasser gelöst, der Lösung so
lange Bleizucker zugesetzt, als ein bräunlicher Niederschlag
entsteht, dann filtrirt, das Filtrat mit Bleiessig gefällt, der in
Wasser vertheilte gelbliche Niederschlag mit Hydrothionsäure
zerlegt und das Filtrat wieder unter der Luftpumpe verdampft.
(Diese Operationen haben zum Zweck, die Quellsäure von allen fremden
Salzen, besonders auch der nachher zu erwähnenden braunen Säure zu be-
freien , und sie selbst vor Veränderung durch den Luftzutritt zu schützen.)
— Die Eigenschaften der Quellsäure sind: Sie bildet, völlig
trocken, eine gelbe durchsichtige, nicht kristallinische, aber
viele Sprünge zeigende Masse; ist geruchlos, schmeckt erst
stechend und sauer, dann adstringirend, röthet stark Lackmus.
Durch Hitze wird sie zerstört. (Nach der Angabe von Herrmann drückt
die Formel C7 H16N06 die Zusammensetzung der Quellsäure aus, in 100
Theilen gefunden 40,34 Kohlenstoff, 7,89 Wasserstoff, 7,50 Stickstoff und
44,57 Sauerstoff.) — Die Quellsäure ist in jedem Verhältnifs
in Wasser und Weingeist löslich, die wässerige Lösung
schmeckt rein adstringirend, nicht sauer. — Mit Basen bildet
sie die quellsauren (Salze. Die quellsauren Alkalien sind
extractähnliche, in Wasser leichtlösliche, in absolutem Al-
kohol unlösliche Verbindungen. Mit Bleioxid giebt sie ein
gelbliches, mit Kupferoxid ein weifslichgrünes, in Wasser un-
lösliches Salz Cs. o.), mit Eisenoxidul giebt sie ein lösliches,
mit Eisenoxid ein unlösliches weifslich-graurothes Salz, mit
Silberoxid einen bald purpurroth werdenden, in Ammoniak
Gcigcr’s Pharmacie. I. {\ke Auß.) S1
1274
Quellsatzsänre. Mudesige Säure.
löslichen Niederschlag. — Die Quellsäure (so wie ihre Salse) wird (
sehr leicht verändert. Ihre wässerige Lösung (so wie die Lösungen quell- '
saurer Alkalien) wird an der Luft sehr schnell braun; es bildet sich eine
neue Säure , von Berzelius Quellsatzsäure ( Acidum apocrenicum) ge-
nannt. Diese Säure begleitet die Quellsäure und ist nur schwierig davon
zu trennen. — Man erhält die Quellsatzsäure aus dem braunen , mit essig-
saurem Kupferoxid erhaltenen Niederschlag (s. o.) durch Zeilegung des-
selben auf ähnliche Art wie die Quellsäure. — Es ist eine braune extract-
ähuliche Masse, von rein zusammenziehendem Geschmack; in Wasser ist
sie wenig löslich, aber leicht löslich in Verbindung mit Quellsäure. In
Alkohol ist sie löslicher als in Wasser. Salmiak fällt sie aus der wässe-
rigen Lösung in dunkelbraunen, nur in viel Wasser wieder verschwin-
denden Flocken. — Nach Herrmann ist die Formel der Quellsatzsäure
C,4 H14 Oj N3, in 100 Theilen 62,57 Kohlenstoff, 4,80 Wasserstoff, 15,0
Stickstoff und 17,63 Sauerstoff. — Die Quellsatzsäure zerlegt die essig-
sauren Verbindungen. Ihre Salze sind sämmtlich dunkelbraun, die der
reinen Alkalien löslich in Wasser, die übrigen schwerlöslich oder unlös-
lich, bis auf das Eisenoxidulsalz. — Diese Säuren ähneln in mancher
Hinsicht der Gerbsäure und der Humussäure. — Officineil sind sie an sich
nicht. Da sie jedoch einen sehr allgemeinen (bis jetzt zum Theil fast
übersehenen) Bestandteil der Mineralquellen ausmachen, und wohl mit
zu ihrer Wirkung beitragen, so sind sie auGh Gegenstand der medicini-
schen und pharinaceutischeu Chemie.
Analoge Säuren erhält man durch Einwirkung der Salpetersäure auf
Humus, Holzkohle, Gufseisen u. s. w. — (Vergl. über Quellsäure Annalen
der Pharmacie Bd. VI. S. 241.) — Vielleicht gehört auch BraconnoVs
Azulminsäurt hierher.
Mudesiye Säure. — In dem Pigotit an Thonerde gebundene, dunkel-
braune, lösliche organische Säure, deren Zusammensetzung in dem Sil-
bersalz durch die Formel C12 H10 08 ausgedrückt wird. Der Pigotit bildet
sich nach Johnston in gewissen Höhlen in den Granitklippen von Cornwall
aus Ueberresteu der auf deu Moorgründen wachsenden , abgestorbenen
Pflanzen, welche, indem sie durch das Wasser in die Spalten des darunter
liegenden Granits geführt werden, sich init der Thonerde des zersetzten
Feldspats verbinden. (Philos. Magaz. Novbr. 1840.)
Produkte der trocknen Destillation von Bolz»
Die Produkte, welche durch die Einwirkung der Wärme auf Hola
entstehen , sind aufserordeutlich zahlreich und weichen je nach der Ver-
schiedenheit der Hölzer, je nach ihrem Gehalte an Harz und fremden Sub-
stanzen von einander ab.
Die Produkte sind theils gasförmig, thoils flüssig; von den letzteren
löst sich ein Theil im Wasser, eine andere Portion ist in Wasser unlös-
lich und besitzt eine öl- oder salbenartige schmierige Beschaffenheit; dieses
Produkt lieifst Holztheer.
Die gasförmigen Produkte bestehen zum grofsen Theil aus Kohlen-
säure, Kohlenoxidgas, ölbildendem Gas uud Sumpfgas. Die in Wasser
löslichen sind Essigsäure, Holzgeist (Metbjloxid), essigsaures Methyloxid,
Liynon, Xylit uud Mesit.
Die Bestandteile des Holzteers sind vorzüglich Kreosot , Paraffin,
Eupion , Picamar, Kapnomor , Pittakal, Cedriret , Pyren und Chrysen.
Flüssige , flüchtige Produkte der Destillation des Holzes.
Durch fortgesetzte Rectification der flüchtigsten Produkte des rohen
Holzessigs erhält man eine farblose, flüchtige, mit Wasser mischbare, dem
Alkohol ähnliche Flüssigkeit, welche 1812 zuerst von Taylor erhalten
iind als Holzgeisfc ( pyroxyiic spirit ) beschrieben wurde. Mit rohem Holz-
H o 1 z g e i s t.
127 &
geisfc bezeichnet man ein Gemenge einer gewissen Anzahl flüchtiger Flüs-
sigkeiten, unter denen Methyloxidhydrat vorwaltet. Neben diesem befinden
sieh darin zwei oder drei andere, welche durch kaustische Alkalien eine
Zersetzung erleiden.
Je nach der Methode der Reinigung des rohen Holzgeistes ia den Holz-
essigfabriken, wo dieses Produkt für den Handel gewonnen wird, wechseln
die Mengeh dieser andern Produkte, welche das Methyloxid begleiten.
In den englischen Fabriken wird der rohe Holzgeist durch fortgesetzte
Destillationen rein und farblos erhalten , in Frankreich reinigt man den
rohen Holzgeist durch wiederholte Destillationen über gebrannten Kalk.
Nun enthält z. B. der rohe Holzgeist eine grofse Menge (% seines Ge-
wichtes) essigsaures Methyloxid, was durch Destillation und Berührung
mit Kalk in Methyloxidhydrat und essigsauren Kalk zerlegt wird. Dies©
Verbindung fehlt deshalb in dem französischen Holzgeist und ist in dem
englischen in reichlichster Menge vorhanden.
Aus dem Holzgeist von Wattwyl erhielt L, Gmelin durch fortgesetzte
Rectifieation über Chlorcalcium im Wasserbade eine Flüssigkeit, welche
bei 60° (J. I/.), bei £8,75° ( L . Gmelin ) siedet, ein spec. Gewicht von
0,804 (J. L.) bei 18° C., von 0,8426* bei 15° QL. Gm.'), einen stark und
durchdringenden ätherischen Geruch und gewürzfaaften Geschmack besitzt,
mit bläulich-, an der Spitze röthlich- gelber Flamme brennt, beim Ver-
mischen mit Salpetersäure unter heftiger Erhitzung zersetzt wird, wobei
sich Oxalsäure und ein gelbes harzartiges Oel bildet. Durch die Analyse
dieses Körpers, welchem L. Gmelin den Namen Lignon gegeben hat , wurde
erhalten 54,747 -54,753 Kohlenstoff, 10,758 — 11,111 Wasserstoff und
84,500— 34,136 Sauerstoff (J. L.); die letzte Analyse von Gmelin gab
55,372 Kohlenstoff, 9,837 Wasserstoff, 34,795 Sauerstoff. Chlorcalcium
wurde von dem von L. Gm. analysirtea Körper nicht aufgelöst. Die Flüs-
sigkeit, welche J. L. analysirte, löste Chlorcalcium in jeder Menge zu
einem Syrup auf.
Aus dem französischen Holzgeist erhielt L. Gm. bei fortgesetzten
Rectificationen über Chlorcalcium eine andere Flüssigkeit von 59 — 63°
Siedpunkt, welche ihrem Verhalten nach aus einem Gemenge von Aceton
(Essiggeist) mit Methyloxidhydrat bestand.
Nach Schweitzer besteht der ia der Schweiz vorkommende Holzgeisfc
aus drei in ihrer Zusammensetzung und ihren Eigenschaften verschiedenen
Körpern. Der Hauptbestandteil ist Methyloxidhydrat , ein zweiter ist eine
flüchtige, mit Wasser in allen Verhältnissen mischbare Flüssigkeit, der er
den Namen Xylit gab ; der dritte Bestandteil ist der von Reichenbach ent-
deckte Mesit . Aceton scheint demnach in dein von Schweitzer untersuch-
ten Holzgeist zu fehlen.
Zur Darstellung des Xylits undMesits sättigt man nach Schweitzer den im
Handel vorkommeudeu farblosen rohen Holzgeisfc mit gepulvertem geschmolze-
nem Chlorcalcium und unterwirft das Gemisch nach 24 Stunden der Destilla-
tion im Wasserbade. Xylit und Mesit destilliren über, während das Meshyl-
oxidhydrat an Chlorcalcium gebunden im Destillirapparate zurückbleibt.
Wird das erhaltene Gemenge von Xyfit und Mesit einer neuen De-
stillation (im Wasserbade) unterworfen, so geht der Xylit zuerst über.
Sobald das Cebergehende beim Zusatz von Wasser trüb wird und Tropfen
einer farblosen ätherischen Flüssigkeit abgeschieden werden , wechselt man
die Vorlage. In der ersten Hälfte des Destillats hat man Xylit, verunrei-
nigt durch etwas Mesit, in der letzten hat man Mesit, den man durch
Schütteln mit Wasser voa den letzten Spuren Xylit befreit und durch
Rectifieation über Chlorcalcium entwässert.
Zur Weiteren Reinigung des Xylits bringt man das daran reiche erste
Destillat mit gepulvertem Chlorcalcium zusammen, mit dem der Xylit eine
feste Verbindung eingeht. Man bringt die Masse auf einen Trichter, Iäfst
die Flüssigkeit ablaufen und unterwirft die feste Xylitverbißdung einer
neuen Destillation im Wasserbade.
Der Xylit stellt eine farblose Flüssigkeit dar von angenel snehj ätheri-
1276
Xylit. Mesit.
scheu Geruch und brennendem Geschmack, er brennt mit leuchtender
Flamme, siedet bei 61,5°, sein spec. Gew. ist 0,816, er ist mischbar in
allen Verhältnissen mit Wasser, Alkohol und Aether. Das speo. Gewicht
seines Dampfes ist 2,177 (gefunden).
Die Analyse desselben gab in 100 Theilen 58,50 Kohlenstoff, 10,04
•Wasserstoff und 31,46 Sauerstoff, entsprechend der Formel CiaH24Os.
Setzt man wasserfreiem Xylit in kleinen Portionen Kalihydrat zu, so
kommt ein Zeitpunkt, wo sich die Flüssigkeit mit weifsen silberglänzen-
den Blättchen erfüllt; vor dem Zütritt der Luft geschützt, auf einem Filter
mit reinein Xylit abgewaschen und unter der Luftpumpe über Schwefel-
säure getrocknet, erhält man diese Verbindung rein. Schweitzer bezeich-
net sie mit xylitsaurem Kali; die Analyse desselben gab 33,87 Kohlen-
stoff, 4,92 Wasserstoff, 18,21 Sauerstoff, 43,0 Kali, wonach Schweitzer
folgende Formel berechnet: C18 HJ0 07 -1- KO. Zieht man von der Formel !
des Xylits, doppelt genommen, die Elemente dieser Kaliverbindung ab, so
bleiben die Elemente von 3 At. Methyloxid, C24 H48 Oi0 — C18 H30 Or =
3(C2 H6 O). Nach Schweitzer verbindet sieb dieses Metbyloxid mit Wasser
zu Methyloxidhydrat, es gehören hierzu 3 At. Wasser, die von den 2 At.
Kalihydrat geliefert werden.
Destillirt man Xylit mit wässerigem Kali, so geht nach Schweitzer
Methyloxidhydrat über und es bleibt essigsaures Kali; die Gegenwart des
Methyloxidhydrats ist von Schweitzer nicht näher dargethan, es ist ferner
durch Versuche nicht ermittelt, ob die Luft an der Bildung des essigsau-
ren Kali’s Antheil nimmt oder nicht.
Setzt man bei der Darstellung des xylitsauren Kali’s mehr Kalibydrat
zu, als zur Bildung desselben erforderlich ist, so scheidet sich beim Zu-
satz von Wasser ein dunkelbraunes Oel aus, welches Mesit und drei neue
Zersetzungsprodukte, Xylitnaphta, Xylitöl und Xyiitharz enthält. Durch
Kalium wird der Xylit zerlegt in essigsaures Kali und die nämlichen Pro-
dukte.
Mit Schwefelsäurehydrat vermischt, wird der Xylit braun und dick.
Unterwirft man gleiche Theile Schwefelsäurehydrat und Xylit der Destil-
lation, so geht schweflige Säure über, das Destillat trennt sich in zwei
Schichten, deren obere aus Mesit und Methol besteht; das zuerst Ueber-
gehende enthält Xylit und Mesiten. Mit 2 Sehwefelsäurehydrat, 1 Xylit
und 1 saures oxalsaures Kali destillirt, geht ein neues Zersetzungspro-
dukt über, das Mesiten , zuletzt erscheint oxalsaures Methyloxid, Essig-
säure, Methol und schwefelsaurcs Methyloxid. 2 Theile Xylit, 2 Braun-
stein und 3 Schwefelsäurehydrat liefern bei der Destillation Ameisensäure
und Aldehyd ; die Bildung des Aldehj ds ist übrigens nicht durch Analysen
dargethan. Durch die Einwirkung des Chlors entsteht auf Xylit eine Chlor-
verbindung, welche 29,25 Kohlenstoff, 3,51 Wasserstoff, 8,92 Sauerstoff
und 58,32—57,00 Chlor enthält. Schweitzer giebt dafür die Formel C12
H16 05 Cl8.
Schweitzer hält den Xylit für eine Verbindung von Methyloxid mit
einer Säure, uuteracetylige Säure, welche auf die nämliche Menge Sauer-
stoff doppelt soviel Kohlenstoff und Wasserstoff enthält wie die Essig-
säure, 2C4 H6 + 03+ 2C* H6 0.
Mesit. Der Körper, welchen Schweitzer Mesit nennt, wird erhalten,
wie S. 1275 angegeben; er stellt eine farblose Flüssigkeit dar von sehr
angenehmem Geruch und brennendem Geschmack, er brennt mit leuchtender
Flamme, ist leichter als Wasser, (spec. Gew.?) und siedet über 70°;:
er löst sich ungefähr in 3 Th. Wasser. ( Schweitzer .)
Beim Zusammenbringen des Mesits mit Kalihydrat scheidet sich ein
Kalisalz ans, welches, mit Schwefelsäure destillirt, Essigsäure liefert.
Gegen Sehwefelsäurehydrat verhält sich der Mesit ähnlich wie der
Eolzgeist.
Läfst man Xylit mit eiuem Ueberschufs von Kalihydrat stehen, setzt
nach einiger Zeit Wasser zu, und destillirt die abgeschiedene ölige Fliis-
Mesiten. Methol.
1277
sigkeit im Wasserbade, so geht bis zu 80° Mesit über, ia höherer Tem-
peratur erhält man andere Produkte.
Nach deu Analysen von Schweitzer besitzt der Mesit die nämliche
Zusammensetzung wie Aceton; er betrachtet ihn als eine Verbindung von
Methyloxid mit einem hypothetischen Acetyloxid , C2 H6 0 + C4 H6 0.
Mesiten. Mit diesem Namen bezeichnet Schweitzer eine ätherisch©
Flüssigkeit, die man durch Destillation von gleichen Theilen etwas wasser-
haltigem Xylit mit Schwefelsäurehydrat erhält. Sobald sich das Ueber-
gehende in zwei Schichten trennt, wird die Vorlage gewechselt. Aus
dem Destillat scheidet sich beim Sättigen mit Chlorcalcium das Mesiten ab.
Auf welche Weise es von dem Mesit befreit wird (a. S. 1376), ist nicht
angegeben.
Das Mesiten ist eine farblose, sehr leichtflüssige, angenehm ätherisch
riechende Flüssigkeit; sein spec. Gewicht ist 0,805, es siedet bei 63°, es
löst sich in 3 Th. Wasser und brennt mit rufsender Flamme. Das spec.
Gewicht des Dampfes ist gefunden worden zu 3,873. Die Analyse gab
iu 100 Theilen 54,87 Kohlenstoff, 9,14 Wasserstoff, 35,99 Sauerstoff.
Schweitzer entwickelt daraus die Formel C6 HJ2 05.
Xylitnaphta. Das bei der Darstellung des Mesits aus Xylit bei höherer
Temperatur (100 — 130°) Uebergehende ist Xylitnaphta, verunreinigt durch
etwas Mesit und Xylitöl. Durch fortgesetzte Rectificationen bis zum cou-
stauten Siedpunkfc 110° erhält man sie rein; in diesem Zustande ist sie
farblos, leichtflüssig, von Pfeffermiinzgeruch und brennendem Geschmack;
sie ist leichter als Wasser, mischbar mit Aether, Alkohol, Holzgeist und
Xylit, nicht mit Wasser; sie brennt mit leuchtender rufsender Flamme;
ihr Siedpunkt liegt bei 110° C. Die Analyse derselben gab 66,83 Kohlen-
stoff, 11,08 Wasserstoff, 33,1 Sauerstoff. Schweitzer entwickelt hieraus
die Formel C12 H24 03. Durch die Einwirkung von Kalihydrat auf Xylit-
naphta entsteht eine schwarze Masse, aus der Wasser ein braunes Oel
ausscheidet; die alkalische Flüssigkeit giebt, mit Schwefelsäure übersät-
tigt, bei der Destillation Essigsäure, sie enthält etwas Holzgeist. In die-
sem, sowie in allen andern Versuchen von Schweitzer , wo von Erzeu-
gung von Holzgeist (Methyloxidhydrat) die Hede ist, wurde die Gegen-
wart desselben durch besonders zu diesem Zweck angestellte Versuche
nicht dargethau.
Xylitöl und Xylitharz. Beide sind Produkte der Einwirkung von
überschüssigem Kali auf Xylit. Das Xylitöl geht bei der Darstellung der
Xylitnaphta bei 300° über. Man sammelt die letzten Portionen für sich
auf und trennt in neuen Destillationen das vor 200° Uebergehende. Es
wird ebenfalls bei Einwirkung der Schwefelsäure auf Xylit gebildet.
Das Xylitöl ist farblos, leichter als Wasser, mischbar mit Aether und
Alkohol, schmeckt bitter, brennend und besitzt einen eigenthümlichen Ge-
ruch ; es brennt mit einer leuchtenden rufsenden Flamme. Die Analyse
gab 80,47 — 81,38 Kohlenstoff, 10,43 — 10,36 Wasserstoff, 9,11—8,26
Sauerstoff. Schweitzer berechnet hieraus die Formel C12 II, 8 O. Durch
die Einwirkung der Luft bei 40 — 50° geht das Xylitöl io Xylitharz über.
Xylitharz. Dieser Körper bleibt bei der Darstellung des Mesits, der
Xylitnaphta, des Xylitöls im Rückstände. Es ist rothbraun, bei 15 — 20a
weich uud zähe, in der Kälte spröde, schmilzt untor 100°, schwerer wie
Wasser und darin unlöslich , leicht löslich in Alkohol , Aether und Xylit,
wird aus diesen Auflösungen durch Bleisalze nicht gefällt; es enthält in
100 Theilen 78,85 Kohlenstoff, 9,53 Wasserstoff, 11,62 Sauerstoff. For-
mel C3 H12 0 (Schweitzer ).
Bei der Zersetzung des Xylits durch Schwefelsäurehydrat entsteht ein
gelbes Harz von derselben Zusammensetzung.
Methol. Gleiche Theiie Xylit und Schvvefelsäurehydrafc geben ein De-
stillat, was sich in zwei Schichten trennt, deren obere grofsentheUs aus
Methol besteht, aber neben diesem schweflige Säure, Mesiten und schwe-
felsaures Methyloxid enthält. (Nach einer früheren Angabe enthält diese
obere Schicht Mesit und Methol.) Man behandelt das Destillat mit Kali-
1278
Eeichenbach’s Mesit.
lauge und unterwirft das ölige Liquidum neuen Rectificationen, wobei die'
zuerst und zuletzt übergehenden Portionen gesondert werden. Zuletzt
rectificirt man über gebrannten Kalk.
Das Methol ist farblos , leichtflüssig, leichter wie Wasser, es siedet i
ungefähr bei 175° und hat einen dem Terpentinöl ähnlichen Geruch; es
erleidet an der Luft keine Veränderung. Zusammensetzung : 88,97 Koh-
lenstoff, 11,02 Wasserstoff. Formel : C4 U6 C Schweitzer ). Durch länge-
res Stehen und Schütteln mit Schwefelsäurehydrat wird das Methol zer- i
setzt, die Mischung wird schwarz unter Entwickelung schwefliger Säure.
Durch Zusatz von Wasser trennt sie sich in drei Schichten. Die untere
saure wässerige Schicht giebt mit Kalk neutralisirt ein Kalksalz, was in
100 Theilen 38,45 Kohlenstoff, 4,90 Wasserstoff, 41,52 Schwefelsäure 1
und 16,02 Kalk enthält. Die von Schweitzer hierauf berechnete Formel
ist C12 1118 S2 06 CaO; sie sollte aber nur 14,90 Kalk geben.
Mesit von Reichenbach. Aus den flüchtigsten Produkten des Holz-
theers stellte Reichenbach eine farblose, mit Wasser nicht in allen Ver-
hältnissen mischbare Flüssigkeit dar, welche von ihm mit Mesit benaunt
wurde. Später wurde von Berzelius in dem im Handel vorkommenden
Holzspiritus der nämliche Körper entdeckt, der nach ihm mit Leichtigkeit
und in grofser Menge erhalten werden kann, wenn der Holzgeist im Was-
serbade rectificirt und das zuerst übergehende flüchtige Produkt mit Chlor-
calcium gesättigt wird, wo er sich in Gestalt einer klaren ätherartigen
Schicht abscheidst.
Reichenbach fand, dafs dieser Körper bei 62° siedet, bei 15° ein spec.
Gewicht von 0,805 besitzt und mit 3 Theilen Wasser mischbar ist. Nach
den Versuchen von Berzelius ist Reickenbach’ s Mesit zum grofsen Theil
nichts anderes wie essigsaures Methyloxid. Mit Kalkhydrat in Berührung
entsteht essigsaurer Kalk und Holzgeit ; doch hält es nach ihm schwer,
diese Zersetzung vollständig zu bewirken.
Aus dieser Erfahrung ergiebt es sich von selbst, dafs dieser Körper
in dem Holzspiritus nicht enthalten seyn kann, den man aus Fabriken be-
zieht, in w elchen die Reinigungsmethode des rohen Holzgeistes auf einer
fortgesetzten llectification über Kalkhydrat beruht, dafs er sich hingegen
in anderrn Holzgeiste, der mit Kaikhjdrat nicht in Berührung war, in
reichlicher Menge finden mufs. Versuche, die in dieser Beziehung mit
französischem Holzgeiste (aus Thann in öberelsafs) und mit englischem
Caus Newcastle) in dem Laboratorium in Giefsen von Sangaletti und
Strecker augestellt wurden, ergaben in der That, dafs der erstere (der
französische) nur Spuren von diesem Körper enthält, während er nahe i
den vierten Theil an Volumen von dem englischen Holzgeist ausmacht.
Wrird der letztere mit Chlorcalcium gesättigt und im Wasserbade recti-
ficirt, so erhält man eine klare, mit Wasser völlig mischbare Flüssigkeit,
die sich, mit einer gesättigten Kochsalzlösung vermischt, in zwei Schich-
ten trennt, in eine obenaufschwimmende ätherische Schicht, und in eine J
wässerige salzhaltige, die einen zweiten brennbaren, mit Wasser in allen
Verhältnissen mischbaren Körper enthält.
Die obenaufsch^imrnende ätherische Schicht löst sich in ihrem drei-
fachen Volum Wasser und kann durch Sättigen desselben mit Kochsalz
wieder davon geschieden werden. Auf diese Weise mehrmals behandelt
und zuletzt durch Stehenlassen und Rectification über Chlorcalcium gerei- j
nigt, gab ihre Analyse in 100 Theilen (Siedpunkt 60°) 51,59 Kohlenstoff,
9,13 Wasserstoff und 39,28 Sauerstoff. (Reines essigsaures Methyloxid
würde gegeben haben 49,15 Kohlenstoff, 8,03 Wasserstoff und 42,82
Sauerstoff.) Mit einer dicken Kalkmilch in Berührung erstarrte diese über
Nacht zu einer festen kristallinischen Masse, aus der man beim Erhitzen
inj Wasserbade eine verliältnifsmäfsig geringe Menge einer ätherischen
Flüssigkeit erhielt, welche bei 71° siedete, und in 100 Theilen 57,2 Koh-
lenstoff, 10,97 Wasserstoff und 31,77 Sauerstoff gab. Wurde nach der
Abscheidung derselben das rückbleibende Chlorcalcium mit Wasser ver-
setzt und einer neuen Destillation unterworfen, so erhielt man eine brenn-
K r e o 8 o t.
1279
bare, mit Wasser mischbare Flüssigkeit in sehr geringer Menge,. die, von
Wasser befreit, in der Analyse 39,92 Kohlenstoff, 11,24 Wasserstoff und
48,80 Sauerstoff gab , was nicht geuau , aber nahe mit der Zusammen-
Setzung des Holzgeistes stimmt.
Der nach Berzelius Verfahren erhaltene Körper war offenbar eine
Mischung von essigsaurem Methyloxid mit einem andern, au Kohlenstoff
weit reicheren Körper. Die der Zusammensetzung des letzteren am näch-
sten kommende Formel ist C2S Hso 0,s. Durch die Einwirkung des Kalks
zerfällt derselbe in Essigsäure 3 CC4 H6 03) und in das flüchtige Produkt,
dessen Zusammensetzung genau der Formel 014 H52 06 oder C? H16 05 ent-
spricht. C Strecker r)
Die zur Scheidung dieses Körpers angewendete Kochsalzlösung für
sich der Destillation unterworfen, gab ein Destillat, was sich mit Chlor-
calcium in zwei Schichten trennte, von welchen die obere identisch mit
der beschriebenen zu seyu schien. Die untere Schicht war syrupartig,
sie gab bei der Destillation eine mit Wasser mischbare brennbare Flüssig-
keit, welche in der Anatyse 55,05 Kohlenstoff, 9,98 Wasserstoff uni
34,97 Sauerstoff gab; Formel C21 H46 010. Beide Körper zeichnen sich da-
durch aus, dafs sie, mit conceotrirter Schwefelsäure vermischt, dunkel-
rothbraun und dickflüssig werden. ( Strecker .)
Kreosot .
Synonyme: Fleischerhaltendes Princip, mumifieirendes Princip.
Dafs dem Bauch, so wie der durch trockene Destillation aus orga-
nischen, vorzüglich Pflanzen-Theiien erhaltenen Flüssigkeit, dem Holz-
essig, Theerwasser u. s. w. die merkwürdige Eigenschaft zukommfc, frische»
Fleisch vor Fäulnifs zu schützen und es so haltbar zu macheu , dafs es
zugleich noch als Nahrungsmittel tauglich ist, ist seit den ältesten Zeiten
bekannt, und seit undenklichen Zeiten räuchert man Fleisch, Würste u.
s. w. , um sie haltbar zh machen. Die alten Aeg3 ptier wandten vorzüg-
lich die durch trockene Destillation aus wohlriechende Harze enthaltende
Hölzer erhaltene Flüssigkeit, folglich Holzessig, an, um ihre Leichname
vor dem Verwesen zu schützen, und sie haben sich bis auf den heutigeu
Tag als Mumien erhalten. Das Princip aber kannte man nicht, und wufste
nur, dafs den brenzlich ätherisch-öligen Theilen diese Eigenschaft zukommt.
Reichenbach gelang es aber in neuerer Zeit, dieses Princip im reinsten
Zustande darzustellen, und er nannte es Kreosot , von v^icic, , Fleisch, und
ö-cu^ou, ich erhalte. Es bildet sich neben Paraffin, Eupioo, Picamar , auch
Naphtalin, ferner Essigsäure, Wasser u. s. w. bei der trockenen Destil-
lation des Holzes und der meisten übrigen organischen Substanzen , so wie
bei der Verrufsung derselben.
§. 266. Man erhalt das Kreosot nach Reichenbach aus
dem rohen (nicht rectificirten) Holzessig , indem man ihn bis
auf 75° C. erwärmt, und hierauf nach und nach so viel zer-
fallenes schwefelsaures Natron zusetzt, als sich darin auflöst,
und bis ein Theil ungelöst bleibt ; hiebei scheidet sich ein
dunkles Oel aus (auch kann man den Holzessig mit einem
Alkali sättigen, wo sich dieses Oel ausscheidet). Der Holz-
essig wird hiebei fast ganz entfärbt, das Oel wird sogleich
noch warm abgenommen und ein Paar Tage an einen kühlen
ört ruhig hingestellt, es sondert sich noch etwas Holzessig
und viel Glaubersalz in Kristallen ab, von welchen Theilen
es befreit wird. Man erwärmt es aufs Neue und trägt so
lange kohlensaures Kali unter Umschütteln zu, als noch Auf-
brausen erfolgt, läfst erkalten und ablagern, und destillirfc
1280
Kreosot.
das von der Salzlösung getrennte Oel mit Wasser vorsichtig.
Hiebei inufsmau Acht haben , dafs durch das Aufstofsen und durch Ver-
kohlen der braunen Masse an den Retortenwänden das Destillat nicht ver-
unreinigt werde. Das Maisgelbe Oel trennt man vom Wasser •
an der Luft bald braun und undurchsichtig: man
schüttelt es nun mit stark verdünnter Phosphorsäure mehrere
Minuten, läfst ablagern und wiederholt die Operation mit
dem von der sauren Flüssigkeit getrennten Oel mit neuer
verdünnter Phosphorsäure noch einmal, wäscht dann das Oel
wiederholt mit Wasser, bis dieses nicht mehr sauer rea<Wrf
schüttelt dieses so gereinigte Oel wieder mit seinem gleichen
Le wicht sehr verdünnter Phosphorsäure tüchtig, und destillirt
dasselbe über die saure Flüssigkeit ab, mit der Vorsicht, das
ubergehende Wasser von Zeit zu Zeit in die Retorte zunick-
zugiejsen. Das fast farblose schwere Oel in der Vorlage wird
von der wässerigen Flüssigkeit getrennt, und in Attzkali-
lauge von 1,12 spec. Gewicht kalt aufgelöst ; es scheidet sich
etwas Eupion aus, von welchem die Lösung getrennt wird.
Kann erhitzt man diese in einem offenen Gefäfse rasch bis
zum Kochen, setzt dieses kurze Zeit fort, bis die Mischun«*
schwarzbraun wird (jedoch nicht zu lange ), setzt dann der ab-
gekuhiten Lösung verdünnte Schwefelsäure im Ueberschufs
zu, bis das Oel sich ausscheidet, entfernt es noch heifs von
der Salzlösung und destillirt (in einer Retorte, die nur halb so weit,
als die Flüssigkeit steht, mit Sand umgeben ist), jedoch nicht Zur
Irockne; es bleibt ein brauner Rückstand. Das farblose Oel
wird nun nochmals mit Kalilösung wie angeführt erhitzt, mit
Schwefelsäure versetzt und rectificirt, welche Operation so
oft wiederholt wird, bis das Oel beim Erhitzen mit Kali-
losung sich nicht mehr bräunt, sondern nur blafs röthlich
wird, dann setzt man noch ein wrenig concentrirte Aetzkali-
1 äuge zu, welche sich in dem Oel auflöst, so dafs es deut-
hch alkalisch reagirt, und destillirt so lange, als eine was-
serheHe Flüssigkeit übergeht, aber nicht bis zur Trockne.
Ier Kuckstand muls das 4 — öfache der angewandten Kalilauge betragen,
harbt sich das Oel in einigen Tagen an der Luft nicht, so
rectificirt man es über der Weingeistlampe, wobei die obern und
Seiten - Th eile der Retorte mit trockenen Tuchlappen umwickelt werden.
Anfangs stofst es stark, so lange es noch wasserhaltig ist,
wie das AVasser entfernt ist, hört dieses auf: man wechselt
nun die Vorlage und fängt das Nachfolgende besonders auf.
Hiebei hat man sich sehr in Acht zu nehmen, dafs das Oel durch einen
Antheil sich an den Wänden der Retorte bräunenden Rückstandes nicht
verunreinigt und gefärbt wird, sonst mufs inan die angeführte Operation
wiederholen. — Aus Holztheev (besonders Buchenholztheer )
erhält man das Kreosot, indem man diesen fast zur Trockne,
d. h. so weit destillirt, dafs der Rückstand die Consistenz des
gewöhnlichen Schusterpecbs hat, aber nicht bis zum Auf-
blähen oder gar \ erkohlen desselben, in diesem Fall mufs das
Bei vorsichtiger Arbeit erhält man
Destillat rectificirt werden.
Kreosot.
nsi
3 Schichten, die untere trennt man durch vorsichtiges Ab-
nehmen von der obersten öligen und mittleren wässerig-
sauren. Vermischen sich die Oele, so rectificirt man langsam
und sondert das Uebergehende so lange ab, als es auf dem
Wasser schwimmt (dieses enthält viel Eupion), dann destiliirt man
rascher, bis weifsgelbe Nebel (von Paraffin) erscheinen, alsdann
unterbricht man die Destillation. Das Del behandelt man nun
wieder wie angeführt mit kohlensaurem Kali, und rectificirt
sehr vorsichtig (schwimmt der zuerst übergehende Theii auf
dem Wasser, so wird dieser entfernt), behandelt das schwere
Destillat wieder mehrmals mit phosphorsäurehaltendem Was-
ser, Aetzkalilauge (wobei sich oft viel müdes Eupion von blumeuarti-
gem Geruch abscheidet) und Schwefelsäure, destiliirt, und wie-
derholt diese Arbeiten, bis sich das Del an der Luft nicht
mehr färbt 5 dann rectificirt man es unter den angeführten
Vorsichtsmafsregeln, indem man das, was mit Wasser anfangs
übergeht, entfernt, und nur dasjenige als rein betrachtet und
für sich auffängt, was bei höherer Temperatur «als farblose
Flüssigkeit Übergeht. Im Holzessig sind ungefähr 1% Procent, im
Holztheer aber gegen 20 — 25 Procent Kreosot enthalten. (Das mittelst
Kalilauge abgeschiedene Eupion enthält noch Kreosot, welches ihm durch
Behandlung mit neuen Mengen Kalilösung entzogen werden kann.) — Auch
aus Steinkohlentheer und Thieröl oder Thiertheer läfsfc sich auf ähnliche
Art Kreosot darstellen. Bei letzterm fällt die Behandlung mit kohlensau-
rem Kali weg; man hat aber mehr Sorgfalt auf die Trennung desselben von
Ammouiak zu verwenden; auch von Galleufetfi mufs es befreit werden, und
das aus Steinkohlentheer von Naphtalin. — Zur Kreosotbereitung aus Theer
nimmt man auch nach Simon eine kupferne Destillirblase und verfährt an-
fangs nach Reichenbach. Die bei der Destillation erhaltene ölige Flüssig-
keit wird in Kalilauge von 1,120 spec. Gew. gelöst. Das in Kali Unlös-
liche ist Eupion. Das in Kalilauge Gelöste wird mit l1/* Volum Wasser
verdünnt, destiliirt, und das Wasser von Zeit zu Zeit in die Blase zurück-
gegossen , so lange noch Eupion übergeht. Wenn alles Eupion überge-
gangen, giefst man in die Blase genau soviel Schwefelsäure, dafs dadurch
% des angewandten Kali’s gesättigt wird, und destiliirt von neuem. Zuerst
geht noch etwas Eupion-haltiges Kreosot über, dann folgt aber so reines,
dafs es mit Kalilauge und Wasser nicht mehr milchig wird. Das in der
Blase rückständige schwefelsaure Kreosotkali wird mit Schwefelsäure im
Ueberschufs vermischt und destiliirt. Wenn mit dem vou Zeit zu Zeit
übergehenden Wasser kein Kreosot mehr übergeht, ist die Destillation
vollendet. Das erhaltene Kreosot wird mit dem übergegaugenen Wasser
nochmals oder so oft destiliirt , bis es sich an der Luft nach einiger Zeit
nicht mehr roth färbt. Von dem Wasser wird das Kreosot durch Destil-
lation aus einer Glasretorte befreit; sowie alles Wasser übergegangen,
wird die Vorlage gewechselt , um das reine Kreosot aufzufangeo. — Kcene
erhielt aus dem Theer des Torfes mehr Kreosot, als aus dem Theer des
Tannenholzes. 1 Pfund des Torftheers lieferte 10 Drachmen gereinigtes
Kreosot. Das Destillat dieses Tlieers enthält aber viel Naphtalin, das durch
Erkalten heranskristallisirt und abgeprefst wird. Durch Erwärmen mit
Holzessig bis zum Schmelzen zieht man noch etwas Kreosot aus. Der
Holzessig wird mit kohlensaurem Kali gesättigt, die gesammelten Oele mit
Vao Phosphorsäure und dann mit Wasser geschüttelt, und hierauf nach
Reichenbach’ s Methode verfahren. — Calderini giebt au, dafs Holztheer,
mit Kalkerde gemischt, bei der Destillation mehr Kreosot giebt.
Erklärung : Das Kreosot ist im Holzessig gelöst; Glaubersalz (oder
1282
Kreosot.
ein anderes Salz) scheidet es in Verbindung mit Essigsäure , Eupion, Pa-
raffin, auch Fettsäuren, Blausäure, Ammoniak, Picamar und einem leicht
oxidablen, halb verharzten Stoff, der die Ursache der braunen Farbe ist,
und andern Stoffen ab. Durch Behandeln mit koblensaureni Kali trennt i
mau die Essigsäure, beim Rectificireu bleibt ein Theil braune harzige
Masse zurück; durch Behandeln des Destillats mit Wasser und Phosphor-
säure und Destilliren trennt man es noch mehr von dieser Substanz, auch
von Ammoniak ; Kalilösung löst Kreosot und scheidet Eupion und Paraffin
ab, welche darin unlöslich sind, und beim Erhitzen der Kalilösung wird
die leicht oxidable Substanz verharzt und verkohlt; wirkt aber Luft und
Kali zu lauge darauf ein, so wird auch Kreosot zerstört ; daher sättigt
man mit Schwefelsäure und rectificirt, wo ein Theil der veränderten Sub-
stanz zurückbleibt. Die Reinigung hievon, sowie von Eupion, gelingt
aber nur schwierig, weil diese Substanzen innig mit Kreosot verbunden
sind, daher eine wiederholte Behandlung nöthig ist. Da Eupion flüchtiger
als Kreosot ist, so lassen sich die letzten Antheile des erstem zuletzt
durch Destillation trennen. — Im Thecr ist Kreosot auf ähnliche Weise
verbunden, doch herrscht hier Paraffin und die veränderte schwarze harz-
artige Substanz vor, letztere bleibt bei vorsichtiger Destillation gröfsten-
theils zurück. Die Trennung des Kreosots von der oxidabeln Substanz
gelingt nun auf gleiche Weise, und die Trennung von Eupion und Paraffin
zum Theil durch gut geleitete Destillation, gründet sich auf die gröfsere
Flüchtigkeit des erstem und geringere Flüchtigkeit des letztem als Kreosot.
267. Die Eigenschaften des Kreosots sind : Es ist eine
tropfbare, farblosdurchsichtige , ziemlich dünne, ölähnliche
Flüssigkeit von 1,037 spec. Gewicht, und sehr stark licht-
brechender Kraft; ist Nichtleiter der Elektricität. Es fühlt
sich schwach fettig an, bildet auf Papier einen Oelfleck, der
aber in kurzer Zeit verschwindet; riecht sehr durchdringend
unangenehm , nicht stinkend , in der Ferne geräuchertem
Fleisch oder Bibergeil ähnlich, der Geruch haftet sehr lange;
schmeckt höchst brennend ätzend, hintennach süfslich, er-
zeugt auf der Zunge sogleich Verletzung, es bildet sich ein
weifser Fleck und die Haut löst sich ab; ähnlich wirkt es
überhaupt auf die Haut, erregt jedoch keine Entzündung; an
zarten Theilen, von der Epidermis entblöfsten Stellen, den
Augen u. s. w. erregt es aber heftigen Schmerz (Wirkung des
Rauchs auf die Augen); wirkt innerlich genommen höchst giftig;
reagirt weder sauer noch basisch; ist flüchtig, verdunstet bei
gewöhnlicher Temperatur an der Luft langsam und erleidet
hiebei keine Veränderung (färbt sich nicht), siedet aber erst bei
4-^03° und destillirt in verschlossenen Gefäfsen unverändert
über. An der Luft eine Zeitlang zum Sieden erhitzt, färbt
es sich aber langsam rosenroth. Selbst beim Kochen mit
Braunstein oder Mennige erleidet es keine Veränderung. Ge-
friert noch nicht bei — 27°. — In Masse läfst sich das Kreosot
mit einem llammenden Körper nicht entzünden, aber mittelst
eines Dochts, oder wenn es an der Luft über seinen Siede-
punkt erhitzt wird, brennt es mit heller Flamme unter starkem
Bufsrauch. Durch eine glühende Röhre getrieben bildet sich viel Rufs,
glänzende graphitähuliche blätterige Kohle und Naphtalin lagern sich ab,
mit einer fettigen Substanz ohne Wasser. Es entbindet sich viel Gas,
welches augezüudet mit sehr heller Flamme bremit ohne Rauch , in welcher
Kreosot.
1283
rothe feurige Lichtfaden von glühendem Naphtalin aufsteigen. • — Salpeter-
säure wirkt heftig auf Kreosot ein, es entsteht, unter Entwickelung von
rothen Dämpfen, Erhitzung, die Flüssigkeit färbt sich rothgelb und bräunt
und verharzt sich, bei concentrirter Säure geht die Erhitzung bis zur Ex-
plosion. Chlor wird davon verschluckt und färbt sich unter Bildung von
Salzsäure und Harz rothgelb; doch wird Kreosot nur langsam vollständig
zerlegt. Brom wirkt ebenfalls heftig darauf ein ; die Mischung färbt sich
rosenroth. Iod löst sich reichlich in Kreosot zu einer braunrothen Flüssig-
keit; concentrirte Schwefelsäure färbt sich damit in der Kälte erst rosen-
roth, dann purpur-, zuletzt schvvarzroth, beim Erhitzen wird die Mischung
unter Entwickelung von schwefliger Säure schwarz; verdünnte Schwefel-
säure wirkt nicht verändernd darauf, ebensowenig Salzsäure. Quecksil-
beroxid damit erhitzt, wird reducirfc, die Flüssigkeit wird roth, dann braun
und dick, und beim anhaltenden Erhitzen mit hinreichend Quecksilberoxid
verwandelt sich das Kreosot in ein in der Kälte sprödes Ilarz. Kalium
entwickelt in Kreosot viel Gas und verwandelt sich zum Theil in Kali,
das sich in der Flüssigkeit auflöst; das Kreosot wird, besonders beim Er-
wärmen des Gemisches, dick und sehr zähe, bleibt aber bei Luftaussciilufs
farblos, unter Luftzutritt wird es braun. Auf Kalium wirkt die zähe
Masse nicht merklich mehr ein. Destillirt man das Gemische, so erhält
inan den gröfsten Theil Kreosot unverändert, der zersetzte verkohlt sich.
Natrium wirkt ähnlich, aber langsamer. — Zusammensetzung des im
Handel vorkommenden Kreosots nach J. L. = 75,56 Koh-
lenstoff, 7,78 Wasserstoff, 16,66 Sauerstoff. — In Wasser
ist das Kreosot schwer löslich, 100 Theile Wasser nehmen
bei gewöhnlicher Temperatur 1,25 Theile, bei der Siedhitze
4,25 Theile auf, beim Erkalten fällt der gröfste Theil wieder
heraus. Kreosot selbst nimmt aber beim Schütteln mit Wasser
Vio auf. Das Kreosotwasser schmeckt brennend, hiniennach
süfsüch, riecht stark nach Hauch, selbst eine Lösung von
i Theil Kreosot in 10000 Theileh Wasser riecht und schmeckt
noch deutlich nach Hauch ! Sauren und Alkalien bewirken
meistens keine Veränderung in Kreosotwasser, doch färben
letztere es in einigen Tagen gelbröthlich. Eben so wenig
verändernd wirken die meisten Salze, nur dafs sie es bei
hinreichender Menge aus dem Wasser abscheiden (worauf sieb
die Ausscheidung desselben aus Holzessig gründet). Uebermangansäure
wird aber dadurch schnell entfärbt; salpetersaures Silberoxid wird nach
einiger Zeit zerlegt und Silber reducirt; essigsaures Silberoxid schwärzt
sich damit nach einiger Zeit; salpetersaures Quecksilberoxid färbt sich
damit nach und nach purpurroth, dann schvvarzroth; Chlor bewirkt Trü-
bung und Ausscheidung eines rothen schweren Oels, ähnlich verhält sich
Brom wasser; Goldauflösung bewirkt schnell Schwärzung und Ausscheidung
von Gold ; Platinauflösung bewirkt nach einiger Zeit einen braunen har-
zigen Niederschlag ; Bleiessig und Bleizuckerlösung bewirken in reinem
Kreosotwasser keinen Niederschlag, enthält es aber Ammoniak, so ent-
steht ein weifser Niederschlag ; diese Salze dienen also als Reageutien
auf die Reinheit des Kreosots; schwefelsaures Eisenoxid trübt sich damit
unter Absatz eines braunrothen Niederschlags , der sich in Alkohol unter
Abscheidung von schwefelsaurem Eisenoxi<&«£ löst, und beim Verdampfen
der Lösung ein rothgelbes Harz hinterläfst. Schwefelsaures Kupferoxid-
Ammoniak läfst braunes Kupf'eroxid fallen. Leimlösung fällt das Kreosot-
wasser nicht, es wirkt auch nicht verändernd stuf den thierischen Faserstoff.
Die merkwürdigste Wirkung übt aber das Kreosotwasser auf
frisches Fleisch aus. Es eonsercirl es vollkommen, so dafs
es, nachdem es l/% — i Stunde in Kreosotwasser gelegen hat.
«81
Kreosot.
herausgenommen und in warme Luft gehängt werden kann, '
ohne dctfs es fault > sondern es trocknet nach und nach ein
und nimmt ganz die Beschaffenheit von geräuchertem
Fleisch an (aus diesem Gründe gab Reichenbach diesem eigen thiimli-
chen Stoff den Namen Kreosot ). Auf dieser Eigenschaft beruht
auch die blutstillende Wirkung des Kreosotwassers bei Wun-
den, es coagulirt das Eiweifs in denselben und macht das
Blut stocken, ohne Entzündung oder sonstige üble Nebenzu- !
fälle zu erregen. Aber lebende Thiere, Fische, Insekten in
Kreosotwasser gebracht, sterben unter heftigen Zuckungen
(Wirkung des Holzessigs ; die Wirkung des reinen Kreosots siehe oben).
Ebenso sterben Pflanzen, mit Kreosotwasser begossen, bald
ab (Wirkung der Kohlenmeiler). Todte Fflanzientheile werden
aber ebenso wie thierische durch Kreosot vor Verwesung
geschützt (Wirkung des Theers auf Holzwerk, Tauwerk u. s. w.). —
Obgleich das Kreosot weder sauer noch basisch reagirt, so
verbindet es sich doch sowohl mit Säuren als Basen . phos-
phorsäure von 1,135 spec. Gewicht löst y50 Kreosot in der Wärme auf,
gleichzeitig nehmen 30 Theile Kreosot 1 Th. Phosphorsäure auf, Citrouen-
säure löst ya0 und 1 Th. Kreosot l/10 Citronensäure in der Hitze, beim
Erkalten der Lösungen scheidet sich wieder ein Theil aus; ähnlich ver-
halten sich Weinsteiusäure, Paravveinsteinsäure , Kleesäure, Bernsteinsäure
und Benzoesäure. Die Fettsäuren löseu sich reichlich in Kreosot. Kohlen-
stickstoffsäure wird in der Wärme in jeder Menge aufgelöst, die gelbe
Lösung bleibt auch beim Erkalten klar. Unter allen Säuren zeigt Essig-
säure vorzüglich Affinität zu Kreosot; beide lösen sich im concentrirten
Zustande gegenseitig in jedem Verhältnis auf. Selbst die verdünnte Säure
zeigt starke auflösende Kraft auf Kreosot; leichtlösliche Salze scheiden
das Kreosot gröfstentheils aus der verdünnten Lösung ab, aber ein Theil
Säure bleibt mit dem Kreosot in Verbindung (daher man diese bei der Aus-
scheidung desselben mit einem Alkali davon trennen mufs). Boraxsäure
löst Kreosot auch in beträchtlicher Menge auf, in der Kälte fällt sie wieder
heraus; Salzsäure löst nicht mehr Kreosot auf als das Wasser, aber 10
Theile Kreosot lösen ungefähr 1 Th. Säure; reichlicher löst sich Hydriod-
säure 'in demselben. — Zu Kali hat das Kreosot beträchtliche Affiuität;
trockenes Kalihydrat löst sich darin unter Erwärmung als wasserleeres
zu eiuer dickflüssigen ölartigen Verbindung, uud tritt Wasser an den un-
gelösten Theil ab, welcher darin zerfliefst und etwas Kreosot aufnimmt,
ähnlich verhält sich eiue concentrirte Kalilösung; aber nach einiger Zeit
bilden sich sowohl in der öligen Kreosotlage als in der untern wässerigen
Kalilösuug Kristalle in perlmutterglänzenden Blättchen von Kreosot-Kali ;
beim Erhitzen schmelzen die Kristalle und scheiden sich gröfstentheils aus
der Mutterlauge aus, beim Erkalten des Ganzen erstarren sie wieder. An
der Luft zerfliefsea sie uud sind in Wasser sehr leicht löslich, daher Kreosot
in etwas verdünnter Kalilauge sich reichlich löst. Erhitzt man die Lösung
in verschlossenen Gefäfsen, so geht Kreosot mit Wasser über, bei starkem
Kaliüberschufs hält aber dieses einen Theil Kreosot hartnäckig zurück.
Säuren, selbst Kohlensäure, scheiden das Kreosot ab. An der Luft röthet
und bräunt sich die Verbindung uud wird zersetzt, schneller beim Er-
hitzen. Die stark verdünnte Lösung färbt sich aber bei gewöhnlicher Tem-
peratur an der Luft nicht, beim Erhitzen färbt sie sich jedoch nach uud
nach. — Natron verhält sich gegen Kreosot wie Kali. — Kalk und Baryt,
in Verbindung mit Wasser, bilden damit schmierige, seifenartige, an der
Luft trocken und pulverig werdende , schwerlösliche Verbindungen. Dienen
deshalb wahrscheinlich zur einfachsten Darstellung des Kreosots. — Am-
moniak löst ebenfalls mit Leichtigkeit Kreosot; die Verbindung wird an
Kreosot.
1285
der Luft roth , und ist etwas schwierig vollkommen zu trennen. Kupfer
oxidhydrat löst sich in Kreosot beim Erwärmen mit brauner Farbe auf. —
Auch mehrere ISalze löst das Kreosot und bildet damit zum
Theil eine Art Doppelsalze . Sättigt man eine concentrirte Aullösung
des Kreosots in Kali vorsichtig mit Schwefelsäure , so bilden sich beim
Neutralisationspuckt eine Menge perlmutterglänzende Blättchen von schwa-
felsaurem Kreosot -Kali. Mit Chlorcalcium verbindet es sich innig; die
Verbindung wird durch Wärme nicht zerlegt; daher taugt dieses nicht
zum Entwässern des Kreosots. Essigsaures Kali , Natron, Zinkoxid und
Bleioxid lösen sich in beträchtlicher Menge in der Wärme in Kreosot,
beim Erkalten kristallisiren aus den Lösungen kreosothaltige Salze ; Grün-
span wird durch Kreosot in der Wärme zerlegt, es löst Essigsäure, an-
fangs auch Kupferoxid mit brauner Farbe , bei Ueberschufs von Grünspan
scheidet sich Kupferoxid aus; essigsaures Quecksilber- und Silber-Oxid
werden in der Wärme durch Kreosot zerlegt und die Metalloxide redu-
cirt; salpetersaures Silberoxid löst sich kalt in beträchtlicher Menge in
Kreosot, beim Erhitzen der Lösung wird das Metalloxid reducirt. —
Mit Alkohol, Aether und Essigäther mischt sich Kreosot in
jedem Verhältnis, eben so mit Schwefelkohlenstoff, Steinöl
und Eupion , von welchem letztem es nur schwierig zu trennen ist,
durch Erkälten läfst sich die Verbindung einigermafsen trennen, eben so
durch wiederholte Destillation und Behandeln mit Kalilauge und Schwefel-
säure (siehe Krcosotbereitung). Paraffin zeigt im reinen Zustande
wenig Affinität zu Kreosot, aber mit Eupion vermischt löst es
sich darin reichlich auf. Naphtalin löst sich darin in grofser
Menge. Bernstein und Asphalt lösen sich darin theihveise.
Die meisten Harze und Balsame lösen sich leicht in Kreosot,
eben so die Fette, ätherische Oele und Camphor; auch Indig-
blau löst sich darin in der Wärme, so wie mehrere andere
Farbstoffe. Die organischen Basen lösen sich sämmtlich
leicht in Kreosot ; auch Salicin und Menispermin lösen sich
darin. Zucker und Gummi sind in Kreosot unlöslich.
Die Reinheit des Kreosots ergiebt sich aus den eben angeführten Ei-
genschaften. Es darf weder sauer noch basisch reagiren. Auf Eupion-
und Paraffin-Gehalt prüft man es, indem man es in concentrirter Kalilösuug
auflöst und die Auflösung mit Wasser verdüuut , sie darf sich nicht trüben;
auch wirkt ein stark eupionhaltiges Kreosot wenig auf die Haut. Picamar
giebt sich durch den bittern Geschmack und verdünnte Aetzkalilauge zu
erkennen, mit welchem es in der Kälte Kristalle bildet. Das leicht oxi-
dable Priucip giebt sich durch die Bräunung desselben au der Luft zu er-
kennen ; schneller noch ist diefs der Fall , wenn es mit überschüssiger
Aetzkalilauge der Luft bei gewöhnlicher Temperatur dargeboten wird ; oder
man löst Kreosot in Wasser lind setzt der gesättigten Lösung 1 Tropfen
schwefelsaure Eisenoxidlösung zu, der Niederschlag darf nur rothbraun,
nicht schwarz aussehen. Ammoniak giebt sich auch zu erkennen durch
Bleizuckerlösung, welche das Kreesotwasser nicht trüben darf.
Anwendung: Reines Kreosot ist bis jetzt nicht officinell, und kann
wegen seiner heftigen Wirkung wohl nicht als Arzneinßttel gebraucht wer-
den. Aber das Kreosotivasser ist ein höchst wichtiges Arzneimittel ! Aeufser-
lich dient es als vortreffliches Mittel gegen faulende Geschwüre. Selbst
gegen Krebs und Caries wurde es mit Erfolg angewendet 1 Vorzüglich
auch als blutstillendes Mittel bei Wunden, wegen seiner Fähigkeit, das
Eiweifs zu coaguliren. — Hierher gehört wohl die seit mehr als 30 Jahren
in Italien gebräuchliche Aqua Binelli, deren Bereitung geheim gehalten
wird , die aber nach Berzelius Versuchen nichts anderes als eine ver-
dünnte wässerige Lösung von (unreinem) Kreosot ist. — Dieselbe oder
4386
Pioamnr.
eine ähnliche Verbindung ist die in Schlesien gebräuchliche Aqua empy *
reumatica, welche man erhält, indem roher Holzessig mit überschüssigem
Kalk oder Kreide gemischt und alles Flüssige langsam (am besten im Was-
serbad in geräumigen Gefäfsen) zur Trockne destillirt wird. Sicherer
bleibt es immer , reines Kreosot in einer bestimmten Menge Wasser zu
lösen und als Heilmittel zu dispensiren ! Das verdünnte Kreosotwasser
wird ferner (in Verbindung mit etwas Essigsäure und Eupion) mit vorzüg-
lichem Nutzen zum Erhalten tlücrischer Theile (anatomischer Präparate),
auch zum Austrocknen des Fleisches, anstatt der Räucherung, verwendet.
(Wirkung des Rufses, der GJanzrufslösung und des rohen Holzessigs.) —
Viele kreosothaltige Substanzen sind zum Theii schon längst officinell, und
verdanken wohl vorzüglich diesem Stoff ihre Heilkräfte. Dahin gehören
der Holzessig, das geröstete Fleisch, das Pyrothonid u. s. w.
Picamar (von Reichenbach entdeckt). Man erhält es ebenfalls aus dem
Theeröl neben Kreosot u. s. w. , indem mau das rohe brenzliche Oel mit
8 Theilen Aetzkalilauge von 1,15 spec. Gew. mischt, und das Gemische
durch wiederholt abgebrochene Destillation auf ein spec. Gewicht von 1,08
bis 1,10 bringt. In der Kälte schicfsen nach einigen Tagen Kristalle von
Picamar-Kali an, während Kreosot gelöst bleibt. Man trennt das Picamar-
Kali von der Flüssigkeit, zerlegt die gereinigten Kristalle mit einer Säure,
und reinigt das abgeschiedene Picamar durch Destillation. — Die Eigen-
schaften desselben sind: Es ist ebenfalls ein farbloses Oel von 1,10 spec.
Gew., fühlt sicSi fettig an, riecht schwach, schmeckt brennend und äufserst
bitter, daher sein Name von Pix amarus (während das höchst scharfe
Kreosot einen süfsen Nachgeschmack hinterläfst) ; ist bei gewöhnlicher
Temperatur an der Luft nicht merklich flüchtig und wird an derselben in
der Kälte nicht verändert. In der Siedhitze schwärzt es Mennige (Unter-
schied von Kreosot). Kocht erst bei 270° und gefriert noch nicht bei
— 16°; reagirt weder sauer noch basisch. In Wasser ist es höchst wenig
löslich, aber in jedem Verhältnifs in Alkohol; eben so in Aether, Holz-
geist, Schwefelkohlenstoff und Steinöl, aber nicht in Eupion; es löst auch
nicht Paraffin. Es verbindet sich mit Chlor, Brom, Iod, Schwefel, Selen
und Phosphor. Harze löst es auf, aber nicht Cautchuc, und zeigt nur
wenig Affinität zu den Fetten. Schwefelsäure löst es unverändert auf,
Salpetersäure zerstört es. Kalium entwickelt darin langsam Blasen; sal-
petersaures Silberoxid wird dadurch reducirt; mittelst eiues Dochts brennt
es, angezündet, mit rufsender Flamme. — Dafs es giftig wirkt, ist un-
wahrscheinlich; auf die Lippen wirkt es nicht, wie Kreosot, ein.
Mit Alkalien geht es kristallinische Verbindungen ein. Picamar-Kali
wird erhaben, wenn man das Picamar in Kalilauge von 1,15 spec. Gew.
in der Wärme auflöst. Beim Erkalten kristallisirt das Picamar-Kali in
glänzenden Nadeln, die durch Alkohol von dem anhängenden Kali befreit
werden. Es ist in überschüssiger Kalilauge schwer löslich und kann daher
aus seiner Lösung durch Kali gefällt werden. Die Kristalle reagiren alka-
lisch, sie werden durch Wasser iu ein basisches Salz zerlegt, indem sich
freies Picamar abscheidet. Wenn man Kali nicht im Ueberschusse zusetzt,
löst sich das freigewordene Picamar wieder auf. Absoluter Alkohol zer-
legt das Picamar-Kali ebenfalls in ein basisches Salz, löst aber das frei-
gewordene Picamar auf. Wasserhaltiger Alkohol löst das Salz in der
Wärme, aus dem es beim Erkalten herauskristallisirt. 100 Th. Picamar-
Kali gaben 32 Th.- kohleusaures Kali, dem entsprechen 21,8 Kali, das
Atomgewicht des Picamars wäre demnach zz 2117. Die Zusammensetzung
ist durch die Elementaranatyse nicht ermittelt, man weifs ntsr, dafs es,
so wie das freie Picamar, Sauerstoff enthält, aus dem Verhalten des Ka-
liums. — Picamarnatron ist ähnlich der Kaliverbiudung, kristallisirt aber
leichter. Nach dem Atomgewichte des Kalisalzes besteht es in 100 Th. aus
15,5 Natron und 84,5 Picamar. — Wird Picamar mit kaustischem Ammo-
niak gemischt, so erstarrt es. Beim Erhitzen wird ein Theii aufgelöst,
das Ungelöste schmilzt, erstarrt aber beim Erkalten wieder kristallinisch.
Paraffin.
1287
Aus der Losung kristallisirt das Picamar- Ammoniak. — Wird Picamar-
Ammoniak mit Chlorcalcium gemischt, so schiefst nach einiger Zeit das
schwerlösliche Kalksalz in Gruppen von concentrischen Nadeln au. Picamar-
Baryterde ist ein erdiger Niederschlag.
Varaffin (von Reichenbach entdeckt). Formel Cj H2 fJul. Gay-Lussac
Ca0 H4J ( Lewy~). Bildet sich bei der trockenen Destillation organischer, beson-
ders harziger und fetter Substanzen, Wachs u. s. w. Esi st Bestandteil des
Rufses, Theers, Thieröls. — Man erhält das Paraffin nach Reichenbach ,
wenn Holztheer vorsichtig destillirt wird, wobei ein schweres und leichtes
Oel übergeht $ ersteres, unter der zugleich übergehenden wässerigen Flüs-
sigkeit sich ablagernd, sondert man ohne Schütteln von letztem ab, und
destillirt es aufs Neue, so lange noch bei verstärkter Hitze etwas über-
geht. Das mit einer Menge Flitter vermengte ölige Destillat vermischt
man nach und nach mit gewöhnlichem höchst rectificirten Weingeist, bis
starke Trübung und Ausscheidung vcn Paraffin sich zeigt. Man wäscht
das ausgeschiedene Paraffin noch mit Weingeist, löst es in heifscin Alko-
hol, beiin Erkalten kristallisirt es heraus, durch Verdampfen der Mutter-
lauge erhält man noch mehr; durch wiederholtes Lösen und Umkristallisircn
wird es weiter gereinigt. Aus Thierthegr (Ol. Corot. Cervi) und Stein-
kohlentheer erhält man es auf ähnliche Weise; nur wird dieses Destillat
mehrmals rectificirt, der feine dünnere zuerst übergehende Antheil jedes-
mal abgesondert und nur das zuletzt übergehende Dickliche mit Alkohol
iie s. w. behandelt. Zur völligen Reinigung des Paraffins iibergiefst es
Reichenbach mit dem doppelten Gewicht Vitriolöl, erwärmt bis auf etwa
100° und schüttelt tüchtig, digerirt eine Zeitlang; das vom Vitriolöl ge-
trennte Paraffin wird mit neuen Mengen Schwefelsäure noch 1 — 2mal
ebenso behandelt; die Schwefelsäure zerstört alle anhängende organische
Theile ; darauf wird es gewaschen, in Alkohol gelöst, erkältet, und das
Herauskristallisirte in heifsem Wasser geschmolzen. Auch kann man das
paraffinhaltige dickliche Oel des Holz- oder Thier -Theers geradezu nach
und nach mit Vitriolöl (etw'a %-) vermischen, einige Zeit erhitzen, wobei
die organischen Stoffe zerstört werden ; das obenaufschwimmende öl-
(Eupion-) haltige Paraffin reinigt man durch Pressen, Lösen in Alkohol
u. s. xv. Aus Wachsbutter läfst es sieh wohl durch Behandeln derselben
mit Alkalien, Wasser, Alkohol ( Ettling } u. s. w. leicht rein darstellen. —
Die Eigenschaften dieser Substanz sind: Aus seiner Lösung kristallisirt es
in zarten Nadeln und Blättchen von schneeweifser Farbe, deren Kernform
eine rechtwinkelig 4seitige Säule ist. Zusammeugeschmolzen bildet es
nach dem Erkalten eine weifse durchscheinende in dünne# Lagen glasartig-
durchsichtige Masse von kristallinisch -blättrigem Gefüge und schwachem
Perlmutterglanz, dem Wallrath ähnlich, fühlt sich auch jenem ähnlich
mehr zart und schlüpfrig als fettig an, ist weich und leicht zerbrechlich,
beim Zerdrücken leicht in zarte etwas zähe Blättchen trennbar, macht
auf Papier keinen Fettflecken; geruch- und geschmacklos; spec. Gewicht
0,870; ist Nichtleiter der Elektricität ; in geliuder Wärme (bei -4-43°,75)
schmilzt es zu einem farblosen Oel, in verschlossenen Gefäfsen stärker
erhitzt, verflüchtigt es sich unverändert und läfst sich iiberdestiliiren. Der
Flamme in Masse dargeboten brennt es nicht, dagegen mittelst eines
Dochts, oder -wenn es unter Luftzutritt bis zum Verdampfon erhitzt wird,
läfst es sich leicht entzünden und brennt mit glänzender nicht rulsender
Flamme, ohne Rückstand zu lassen. Merkwürdig ist dieser Körper be-
sonders w egen seinem indifferenten Verhalten gegen andere. Weder Chlor,
Salpetersäure, Salzsäure, noch Vitriolöl wirken selbst in der Hitze ver-
ändernd darauf (nach Jules Gay-Lussac wird es durch rauchendes Vitriolöl
allerdings in der Hitze langsam zersetzt), ebensowenig Kalium und Alka-
lien, mit denen es sich nicht verbindet. (Wegen diesem indifferenten Ver-
halten gab ihm der Entdecker den Namen Paraffin, von purum affinis ).
In Wasser ist es unlöslich, wenig löslich in Alkohol; dagegen lösen es
leicht Aether und ätherische Oele, weniger die fetten Oeie; mit natürlichen
1288
Eupion. Kapnomor.
festen Felten, Camphor und Naphtalin vereinigt es sich nicht, mit Stearin
verbindet es sich. — Offmiuell ist Paraffin nicht, doch ist es Bestandteil '
der Wachsbutter, und kann Anwendung zu Lichtern finden.
Eupion. Formel “ C* HJ2 (l/e/s). Ist von Reichenbach entdeckt und
von demselben nach dem griechischen FLov Fett und der Präposition ev
rein, edel, bezeichnend, gebildet. — Es bildet sich unter gleichen Um-
ständen wie das Paraffin bei der trockenen Destillation organischer Sub-
stanzen mit demselben. — Man erhält es auch mit Paraffin gemischt bei
der Bereitung desselben , und es läfst sich durch vorsichtige wiederholte
Destillation von demselben trennen. Am reichlichsten gewinnt man es aus
rectificirtem Thieröl, oder aus den Destillationsprodukten des Rüböls,
welches man nach und nach in kleinen Mengen mit ungefähr */* Vitriolöl,
unter tüchtigem Umschütteln versetzt, die über der schweren rothen Ver-
bindung stehende hellgelbe Flüssigkeit mit dem gleichen Gewicht Vitriolöl
und Zusatz von etwas Salpeter bis zu s/4 abdestillirt , welche Operation
mit derselben Menge Vitriolöl (ohne Salpeter) wiederholt wird. Durch
wiederholtes Waschen mit Kalilauge und Wasser, ferner durch vorsich-
tiges Destilliren und Entwässern des Destillats unter der Luftpumpe mit
Vitriolöl endlich Behandeln desselben mit Kalium, bis sich dieses nicht
mehr färbt, wird es vollkommen gereinigt. — Die Eigenschaften dieser
Substanz sind: Es ist eine bei gewöhnlicher Temperatur tropfbare farblose
Flüssigkeit, so dünnflüssig als Alkohol, fühlt sich nicht fettig, sondern
weniger mild als Wasser au, ein Stopfer damit getränkt, knirscht beim
Verschliefsen eines Gefäfses; von angenehmem Geruch und geschmacklos;
spec. Gewicht 0,740. Ist flüchtig, verdampft bei gewöhnlicher Temperatur
lano-sam ohne Rückstand, macht auf Papier einen Oelfleck, der aber nach
einiger Zeit verschwindet, kocht bei gewöhnlichem Luftdruck bei -+-47°
und^destilürt ohne Veränderung über ; ist Nichtleiter der Elektricität. Läfst
sich bei gewöhnlicher Temperatur nicht mittelst eines flammenden Körper«
entzünden, verbrennt aber, bis zum Kochen erhitzt, oder mittelst eines
Dochts mit glänzender Flamme ohne Rufsabsatz. — Es verhält sich gegen
die meisten übrigen Körper eben so indifferent wie Paraffin, wird nament-
lich weder durch den Sauerstoff. der Luft, noch Salpetersäure, Vitriolöl
u s w. so wie Kalium , Alkalien und schwere Metalloxide verändert
oder aufgelöst; Chlor abscrbirl es zwar, läfst es aber beim Erwärmen
ohne Veränderung wieder fahren. Schwefel und Phosphor löst es in der
Kälte nicht, aber in der Wärme, beim Erkalten fallen sie gröfstentheils
wieder heraus. — In Wasser ist es völlig unlöslich, auch schwerlöslich in
gewöhnlichem Alkohol, leichter in absolutem, Aether, ätherischen und
fetten Gelen. Feste Fette, Naphtalin, Camphor, Wachs und Paraffin löst
es in ziemlicher Menge. Die meisteu Harze löst es nur schwierig und
teilweise, aber Cautschuck in der Hitze vollständig, die Lösung trocknet
an der Luft zu einem trocknen Firnifs aus. — Nach der Untersuchung von
Hefs ist es ein Produkt der Schwefelsäure auf Brandöle. Die Zusammen-
setzung der Brandöle fand ließ == C H2 ; 6 Atome davon gaben, mit
2 At. Schwefelsäure erhitzt:
1 At. Eupion = C5 H12
1 At. Kohlensäure = C 02
2 At. schweflige Säure ~ S2 04
6~Ät. Kohlen Wasserstoff = C6 H12
2 At. Schwefelsäure S2 O*.
Kapnomor. Eutdeckt von Reichenbach. (Der Name von y.awvo; Rauch
und poioa Antheil.) Findet sich ebenfalls im Theeröl des Buchentheers,
so wie überhaupt organischer Substanzen. Das Theeröl w ird einer fractio-
nirten Destillation unterworfen. In dem zuletzt übergehenden schweren
Oele ist Kapuomor, mit Kreosot o. s. w. , enthalten. Die im Oele enthal-
tene Essigsäure wird mit kohlensaurem Kali gesättigt, das ausgeschiedene
Gel aber" in Kalilauge von 1,20 spec. Gew. geschüttelt. Die geklärte
Cedriret. Pittakall.
1289
Flüssigkeit wird bis zum Kochen erhitzt , um Eupion fortzutreibeu , und
dann mit Schwefelsäure gesättigt. Das sich dabei ausscheidende Oel wird
3 — 4 und mehrmals mit Kalilauge von 1,13, dann von 1,08 und endlich
von 1,05 spec. Gew. gemischt und bis nahe zur Trockne destillirt, das
Destillat wieder auf die eben beschriebene Weise behandelt, bis sich alles
ohne Rückstand in sehr schwacher Kalilauge löst. Das letzte, in schwachem
Kali unlösliche Oel ist das an Kapnomor reichste. — Zur Entfernung von
anhängendem Kreosot wird es nochmals mit Kalilauge vou 1,30 spec. Gew.
geschüttell, dann abgenommen, mit concentrirter Schwefelsäure gemischt,
wobei sich die Flüssigkeit erwärmt und roth färbt. Hierauf wird sie mit
Wasser vermischt, das abgeschiedene Oel abgenommeu, die Schwefelsäure
mit Ammoniak gesättigt, das sich abscheidende Oel wieder entfernt, und
die Flüssigkeit abdestillirt. Gegen das Ende, wenn das Salz trocken zu
werden anfängt, destillirt Kapnomor über; dieses wird auf dieselbe Weise
nochmals behandelt, dann wieder destillirt und über Chlorcalcium entwäs-
sert. Das Kapnomor ist rein, wenn es einen gewürzhaften Geruch hat
und mit Schwefelsäure nicht mehr blau wird.
Das Kapnomor ist ein wasserhelles, ungefärbtes, flüchtiges, Lichtstark
brechendes Oel, von Geruch nach Ingwer, mit einem hintennach stechen-
den Geschmack. Spec. Gew. ~ 0,9775; ist Nichtleiter der Elektricität ,
ganz neutral, kocht bei -4-185°, unverändert destillirbar , brennt in einem
Docht mit rufsender Flamme. Es löst sich fast nicht in Wasser, doch
nimmt es Wasser auf; löst sich in Alkohol und Aether, in flüchtigen, fet-
ten und Brand -Oelen. Es löst Phosphor, Schwefel und Selen. Mit den
Salzbildern geht es unter Entwickelung von Chlorwasserstoffsäure Verbin-
dungen ein.
Mit Schwefelsäure mischt es sich mit rother Farbe, verbindet sich
mit derselben und geht dann Verbindungen mit Basen ein, analog den
benzoeschwefelsauren und naphtalinschwefelsauren Verbindungen. Das
kapnomorschwefelsaure Kali ist kristallisirbar. Von Salpetersäure wird
es in Oxalsäure, Kohlenstickstoffsäure und in eine neue nicht untersuchte
kristallisirte Substanz verwandelt. Von den organischen Säuren wird das
Kapnomor blofs etwas von Essigsäure gelöst, dagegen löst es viele orga-
nische Säuren auf. — Kalium und Natrium werden in Kapnomor wenig
verändert, ebensowenig wirken Alkalien und alkalische Erden.
Cedriret (von Reichenbach entdeckt). Das rectificirte Theeröl wird
zur Entfernung der Essigsäure mit kohlensaurem Kali gesättigt, hierauf
durch Bebaudlung mit Kali von dem darin unlöslichen Eupion, Kapnomor
und Mesit befreit, und dann das Kali mit Essigsäure gesättigt. Hierbei
scheidet sich aufgelöstes Oel ab und ein Theii bleibt noch mit dem essig-
sauren Kali in Verbindung, von dem es durch Desiillation geschieden wird.
Sobald das Uebergehende mit schwefelsaurem Eisenoxidul einen rothen
Niederschlag giebt, sammelt man auf, was uoch übergeht, diefs ist das
Cedriret. Es kristallisirt aus einer Eisenvitriollösuug in feinen rotheu Na-
deln, läfst sich entzünden und brennt mit Flamme. In der Hitze wird es
zerlegt, Schwefelsäure löst es mit blauer Farbe, Salpetersäure zersetzt
es gänzlich. Es ist unlöslich in Wasser, Alkohol, Aether, Terpentinöl,
Eupion, Picamar, Kapnomor und Steinöl. Es löst sich in Kreosot mit
Purpurfarbe, und kann durch Alkohol kristallinisch daraus gefällt werden.
Es verursacht wahrscheinlich die Farbenänderungen des Hoiztheers.
Pittakall (von Reichenbaeh entdeckt). Wenn man das letzte schwere
Destillat vom Theeröl gröfstentheils mit Kali sättigt, so dafs es nur noch
schwach sauer ist, und setzt dann Barythydrat zu, so wird das Oel,
wenn es an der Luft getrocknet wird, dunkelblau. Nur Barj'terde bringt
diese Reaction hervor. Die Reindarstellung des Pittakalls ist nicht bekannt
gemacht. In reinem Zustande besitzt es folgende Eigenschaften : Aus seinen
Geiger’ s Pharmacie . T. (5 le Auß..) 82
1890
Chrysen. Pyren.
Auflösungen gefällt erscheint es in spröden, abfärbenden, dunkelblauen
Massen mit Kupfer-Strich und -Glanz. Es ist geschmack- und geruchlos,
nicht unzersetzt destillirbar, giebt bei der Destillation Ammoniak. In Was-
ser ist es unlöslich, löslich aber in Säuren, und nur aus Essigsäure mit
unveränderter Farbe durch Alkalien abscheidbar. Die Auflösung in Essig-
säure wird durch die kleinste Spur Alkali schon blau gefärbt. — Es ver-
bindet sich mit Thonerde und Zinnoxid, und kann auf Zeuge niedergeschla-
gen werden, wobei es ein Blau giebt, das durch Licht, Wasser, Seife,
Ammoniak, Wein und Urin nicht geändert wird. Darauf bezieht sich der
Name Pittakall (von xaAAo; schön und x/ttci Harz). Zusammensetzung un-
bekannt.
Chrysen und Pyren.
Diese von Laurent entdeckte Körper sind Produkte der trocknen
Destillation fetter, harziger Körper, so wie der Steinkohlen, und werden
aus dem Theer der Leuchtgas -Fabriken durch eine neue Destillation er-
halten. Die zuletzt ubergehenden Produkte bestehen aus einer gelben
oder röthlichen weichen Masse, und einem dicken Oele, in dem sich
Kristallblättchen erkennen lassen ; der Hauptbestandtheil der in dem Hals
der Retorte verdichteten Masse besteht aus Chrysen, in der Vorlage be-
findet sich das Pyren. Beide lassen sich durch Aetlier trennen , indem
sich das Pyren löst, während Chrysen zurückbleibt. Durch Abkühlung
des Aethers, der zum Reinigen des Chrysens gedient hat, in einem Kälte-
gemisch kristallisirt das Pyren aus.
Chrysen. Formel C3 Ha { Laurent ). In reinem Zustande gelb, pulvrig,
kristallinisch, geruch- und geschmacklos, unlöslich in Wasser und Alko-
hol, schwerlöslich in Aether, wenig in siedendem Terpentinöl und daraus
kristallisirbar.
Durch Salpetersäure, Brom und Chlor, so wie durch Schwefelsäure-
hydrat wird Chrysen zersetzt. Sehr kleine Quantitäten Chrysen färben
Schw’efelsäurehydrat in der Wärme schön grün.
Chrysen schmilzt bei 230 — 235° und erstarrt kristallinisch nadelför-
mig, in höherer Temperatur ist es unter theilweiser Zersetzung flüchtig,
auf glühenden Kohlen entzündlich.
Der Formel nach besitzt Chrysen die nämliche Zusammensetzung wie
Idrialene.
Durch Behandlung mit Salpetersäure entsteht aus dem Chrysen eine
gelbrothe unlösliche Verbindung {nitrite de Chrysenase') , sie ist nach der
Formel Cia H6 04 Na zusammengesetzt ; durch weitere Behandlung mit Sal-
petersäure entsteht ein neuer Körper, der nach der Formel C24 HJ0 N4 09
zusammengesetzt ist { Nitrite de Chrysene~).
Pyren. Formel C10 H4 { Laurent ). Aus Alkohol kristallisirt das Pyren
in rhomboidalen microscopischen Blättchen , es ist geschmack- und geruch-
los, unlöslich in Wasser, wenig in Alkohol und Aether, aus beiden kri-
stallisirbar, in Terpentinöl ist es leicht löslich; es schmilzt bei 170 — 180°
und gesteht zu einer im Bruch blättrig-kristallinischen Masse; destiUirt in
höherer Temperatur ohne Veränderung. Durch Schwefelsäure wird Pyren
verkohlt. Durch Einwirkung vou Salpetersäure auf Pyren entsteht eine
Verbindung, zusammengesetzt nach der Formel C1S H10 04 Na. {Laurent
bezeichnet sie mit nitrite de pyrenase.')
Brandöl und Brandharz.
Die beschriebenen Produkte der trocknen Destillation des Holzes sind
stets begleitet von flüchtigen öl- oder salbenartigen, mehr oder weniger
gefärbten Substanzen , welche die Hauptmasse des sogenannten Theers
ausmachen. Der Theer enthält eine beträchtliche Menge Ammoniak, von
dem sich übrigens eine gewisse Menge auch an Essigsäure gebunden in
der wässerigen Flüssigkeit vorfiadet.
Karbolsäure und Phenylverbindungen. 1291
Durch wiederholte Destillation mit Wasser von den flüchtigsten ölarti-
gen Verbindungen befreit , hinterläfst der Theer eine den Harzen ähnliche
Substanz, die sich leicht mit Alkalien verbindet.
Produkte der trocknen Destillation der Braunkohle *
Unter den Produkten der Destillation der Braunkohlen verdieht als
das Bemerkenswertheste ein butterartiges brenzliches Oel erwähnt zu wer-
den, von dem in der Medicin, nach den Erfahrungen von Dr. Luccis, ge-
gen Gicht und Lähmung nützliche Anwendungen gemacht worden sind.
Die Braunkohlen enthalten sehr ungleiche Mengen einer durch Alkohol und
Aether ausziehbaren Materie, die in ihren Eigenschaften zwischen Harz
und Bergtalg steht und vorzugsweise das erwähnte Destiliationsprodukt zu
liefern scheint. Bley erhielt von 86 Pfund Braunkohlen 6 Unzen brenz-
liches Oel von butfcerartiger Consistenz, graubrauner Farbe, von durch-
dringendem Geruch, dem ätherischen thierischen Oele ähnlich, und ein
Brandharz, was dem Castoreum sehr ähnlich riecht. Die übergehende
wässerige Flüssigkeit besafs eine alkalische Reaction und enthielt Schwe-
felsäure» und essigsaures Ammoniak, so wie Salmiak. Nach Bley ist das
empyreumatische Braunkohlenöl kreosothaltig, und J. E. Simon erhielt
aus dem Braunkohlentheer durch eine neue Destillation ein flüchtiges pa-
raffinhaltiges Oel , was in sofern sich ähnlich wie flüchtiges Bernsteinöl
verhält, als es mit Salpetersäure ein harzartiges Produkt liefert, was iden-
tisch ist in allen seinen physikalischen Eigenschaften mit dem sogenannten
künstlichen Moschus.
Produkte der Destillation der Steinkohlen ;
Die Steinkohlen liefern bei der trocknen Destillation im Anfänge der-
selben vorzüglich brennbare Gase, welche Gemenge sind von Sumpfgas,
ölbildendem Gas, Schwefelwassersfcoffgas und Wasserstoffgas. Das rela-
tive Verhältuifs dieser Gase wechselt je nach der Temperatur, in welcher
die Destillation vorgenommen wurde, und kann ziemlich genau durch das
specifische Gewicht derselben bemessen werden. Es ist bekannt, dafs öl-
bildendes Gas durch eine hohe Temperatur zerlegt wird in Kohle, die sich
absetzt, und in Sumpfgas, dafs das Sumpfgas zuletzt unter denselben Be-
dingungen sich zersetzt in Kohle und Wasserstoffgas 5 es wird durch Schwe-
fel , welcher in allen Steinkohlen in der Form von Schwefelkies enthalten
ist, zerlegt in Kohle und Schwefelwasserstoff.
Der in den Fabriken von Leuchtgas erhaltene Theer enthält Ammoniak
und eine Menge der merkwürdigsten Produkte, von denen manche stick-
stoffhaltig sind und den Charakter der organischen Basen besitzen. Die
flüchtigen stickstofffreien Produkte sind mehrere an Flüchtigkeit ungleiche
Oele, Karbolsäure, Naphtalin etc. Unter den wässerigen Produkten der
Destillation verdient hier kohlensaures Ammoniak noch besonders erwähn
zu werden.
Karbolsäure und Phenylverbindungen .
Durch Behandlung des bei der Rectification von Steinkohlentheer er^
haltenen flüchtigen Oels mit Kalkmilch erhielt Runge eine in Wasser lös-
liche Verbindung, aus der sich durch Zusatz von Säuren ein ölartiger
Körper abschied , welcher die Eigenschaft besafs, mit allen Basen salz-
artige Verbindungen zu bilden; er ist von ihm unter dem Namen Karbol -
s säure besdhrieben worden. Laurent erhielt den nämlichen Körper durch
Behandlung des Steinkohlenöls mit Kalilauge an Kali gebunden, er be-
schrieb ihn als das Hydrat eines organischen Oxids, dem er den Namen
Phenyl beilegte; der letztere ist in den von der Karbolsäure abgeleiteter?
Verbindungen beibehalten worden.
Die von Laurent untersuchten Verbindungen *
1292
Karbolsäure.
Karbolsäure
Karbol-Schwefelsäure
Chlorphenessäure
Chlorphenissäure
Rroniphenissäure
Nitrophenessäure
Nitrophenissäure
C„ H10 0, H20
C12 Hjo 0; H20, 2SOs
c12 h6 ci4 0, h2o
C12 H4 CJ6 O, H20 (identisch mit Erdmann’s
Clilorindoptensäure).
C12 H, Br6 0, H20
C12 H6 (2N204) O, H20
CJ2 H4 (3N204) O, H20 (iudentisch mitPicrin-
säure).
Karbolsäure , Phenylhydrat. Dieser Körper ist in vorzüglicher Menge
in dein rectificirten Steinkohlentlieeröl enthalten, was bei 150 — 200° über-
geht. Zur Darstellung schüttelt man dieses Oel mit seinem doppelten Vo-
lum einer mäfsig starken Kalilauge, oder Kalkmilch, scheidet die wässe-
rige Schicht von dem obenaufschwimmenden Oele ab und versetzt sie mit
Salzsäure, wodurch Karbolsäurehydrat in der Form eines schweren Oels
abgeschieden wird. Zur weiteren Reinigung unterwirft man sie der Recti-
fication für sich oder mit Zusatz von 5 p. c. Kalihydrat (Runge). Im An-
fang geht ein Gemenge von Karbolsäure mit Wasser, zuletzt reines Kar-
bolsäurehydrat über.
Das KArbolsäurehydrat stellt für gewöhnlich eine farblose ölähnlicho
Flüssigkeit ohne Wirkung auf Lackmus und Curcuma dar, von starkem
Lichtbrechungsvermögen. Unter Umständen, deren Grund Runge nicht
erforschen konnte, erhält man diese Säure kristallisirt und zwar oft in
zweizölligen durchsichtigen Nadeln, die bei 15° noch nicht schmelzen;
jedoch verliert diese kristallisirte Substanz das Vermögen, ihre feste Form
zu behaupten, selbst in verschlossenen Gefäfsen, aus unbekannten Grün-
den. ( Runge , Pogg. XXXII. S. 310.)
Die Krislalle des Karbolsäurehydrats, mit Luft in Berührung, werden |
schnell flüssig; es scheint, dafs eine Spur Feuchtigkeit hinreicht, um sie
flüssig zu machen; denn die Analyse der flüssigen und festen Substanz
gab Laurent sehr fiahe die nämliche Zusammensetzung. (Ann. de chimie
et de phys. T. III. 841. p. 198.)
Das kristallisirte Karbolsäurehydrat schmilzt bei 84 — 35° und siedet
bei 187 — 188° (Laurent) , bei 197,5° (Runge); die flüssige Substanz ist
farblos durchsichtig, ölartig, im Geruch dem Biebergeil oder Kreosot äus-
serst ähnlich, der Geschmack ist brennend ätzend. Auf die Haut gebracht
entsteht ein Brennen, mit Wasser benetzt erscheint die Stelle weifs und
erhaben , sie w ird später roth und glänzend und schuppt sich ab. Mit
Karbolsäure benetzte Baumwolle auf den Schenkel eines Kaninchens ge-
legt, bewirkt ein Zusammenzie/ien des Felles, nach 12 Stunden zeigt sich
dieses wie am Muskel angekleht, hat eine schorfartige Härte und ist wie
abgestorben. Auf blutende Wunden gebracht bringt es eine Gerinnung
hervor, ohne die Blutung zu stillen.
Das Karbolsäurehydrat besitzt ein spec. Gewicht von 1,062 bei 20°
{Runge) , von 1,065 bei 18° {Laurent) , es ist in einer Flamme entzünd-
lich und brennt mit rufsemler Flamme, es löst in der Wärme Schwefel
und Iod in reichlicher Menge und ohne davon eine Veränderung zu er-
fahren auf. Durch Chlor und Brom wird es unter Salzsäureentwickelung I
zersetzt, durch Behandlung mit Salpetersäure geht es in Picrinsalpeter-
säure über.
Taucht man einen E»chenspau in Karbolsäure und dann in mäfsig' starke
Salpetersäure, so nimmt er eine dunkelblaue Farbe an, die sehr bald in
braun übergeht {Runge, Laurent), dieselbe erscheint mit Salzsäure {Runge).
Schwefelsäureh3'drat läfst sich in allen Verhältnissen ohne Verände-
rung mit Karbolsäurehydrat mischen , eine Mischung beider zu gleichen
Volumtheilcn löst sich vollständig in Wasser {Runge), sie enthält Karbol-
schwefelsäure (Laurent). Mit Weingeist, Alkohol, Aethcr ist das Kar-
bolsäurehydrat in allen Verhältnissen mischbar, 100 Theile Wasser lösen
Karbolsäure. i 293
bei 20° 3,26 Theiie auf, Zusatz von Kochsalz scheidet den gelösten Theil
ölartig ab. (Runge.}
Das Verhalten der Karbolsäure zu organischen Stoffen ist ganz in-
teressant, und es soll deshalb, da es mancher nützlichen Anwendungen
fähig ist, etwas ausführliche^* beschrieben werden.
Indigo löst sich bei 100° in Karbolsäure mit hochblauer Farbe, die
Lösung ist mit Alkohol und Aether ohne Veränderung mischbar, sie ent-
färbt sich übrigens nach einigen Stunden. Cautsehuck und Bernstein wer-
den davon nicht gelöst. Colophoniurn löst sich darin vollständig. Copai
zerfliefst darin zu einem dicken fadenzieheuden Firnifs, der sich in mehr
Karbolsäure vollkommen löst. Au der Luft entweicht nach und nach die
Karbolsäure und es bleibt ein glänzender Ueberzug zurück, der noch nach
6 Monaten eine weiche Beschaffenheit zeigt.
Abgeschnittene frische Pflanzen verwelken in einer gesättigten wässe-
rigen Karbolsäurelösung sehr schnell. Ins Auge gestrichen verursacht die
nämliche Lösung sehr heftigen Schmerz; Blut damit gemischt, gerinnt au-
genblicklich. Auf Blutegel und Fische wirkt sie äufserst giftig, sie sterben
in wenigen Minuten und ohne convulsivische Bewegungen, die todten
Thiere trocknen an der Luft ohne zu faulen. Schwache Leiniauflösungen
werden durch Karbolwasser nicht getrübt, in. conceotrirten Lösungen ent-
stellt eine milchige Trübung, die bei mehr Wasser verschwindet. Trock-
ner Leim quillt in Karbolwasser nicht auf, sondern verwandelt sich in eine
zähe, weifse, klebrige Masse. Eiweifs gerinnt mit Karbolwasser zu einer
weifsen fadenartigen Masse, die bei einem Ueberschufs von Eiweifs in
Wasser gelöst wird. Die unlösliche Verbindung trocknet zu einer durch-
sichtigen hornartigen Masse. Milch ( Kässtoff) gerinnt mit Karbol wasser
nicht, es sondern sich nur einige Flocken ab. Starkriechender Käse ver-
liert im Karbolwasser allen Geruch und wird weich und schmierig.
Durch Kalkmilch enthaarte Thierhaut wird auf der Haarseite, in Kar-
bolwasser liegeud, weifs, nach dem Trocknen hornartig und durchschei-
nend, in Wasser wird sie wieder weich und schlüpfrig wie eine frische
Haut, fault aber nicht mehr. Ein mit Kalk nicht zubereitetes Hammelfell
verhält sich auf eine andere Weise, das Karbolwasser giebt ihm eine
lederartige Beschaffenheit, und nimmt ihm die Fähigkeit , in Wasser wieder
weich und schlüpfrig zu werden. Schweinsblase wird in Karbolwasser
weifs, nach dem Trocknen durchsichtig und spröder. Rohes Rindfleisch
nimmt darin eine braune Farbe an, trocknet alsdann zu einer harten Masse
ein, die durch Kochen nicht weich wird.
Faulendes Fleisch und faulende Fische verlieren in Karbolwasser au-
genblicklich ihren Geruch, ebenso Menschenexcremeute ; Harn damit ge-
mischt, fault nicht. In allen angeführten Fällen geht die Karbolsäure eine
Verbindung mit den Thierstoffen ein«
Kalium mit Karbolsäurehydrat zusammengebracht, bewirkt eine Ent-
wickelung von Wasserstoffgas, es entstellt eine feste weifse kristallinische
Masse, eine salzartige Verbindung von Kali mit Karbolsäure. ( Runge,
Laurent.')
Karbolsaure Salze. Karbolsäure verbindet sich leicht mit Metalloxidesi
und bildet damit mehreniheils lösliche Salze; sie sättigt die Alkalien voll-
kommen, allein die Salze besitzen eine alkalische Reactioa auf Pflaozen-
farben. Kalilauge verliert durch Sättigung mit Karbolsäure ihr Vermögen,
das neutrale gelbe chromsaure Bleioxid in rotes basisches Salz zu ver-
wandeln, und Ammoniak damit gesättigt verliert seine ihm eigentümliche
Wirkung auf Kupferoxidsalze.
Alle löslichen karbolsauren Salze erteilen dem damit getränkten Fich-
tenholz die Eigenschaft, durch Befeuchten mit Salzsäure nach l/2 bis 1 Stunde
intensiv dunkelblau zu werden.
Karbolsaures Kali. Diese Verbindung entsteht, wenn man Steinkoh-
lenthcoröi mit einer höchst concoutrirten Kalilauge mischt j das Ganze er-
im
Karbols chwefelßäure.
starrt meistens zu einer kristallinischen Masse. Trockne« kohlensaures
Kali wird von Karbolsäure gelöst, die Mischung entwickelt keine Kohlen-
säure (Runge')*, durch die Einwirkung von Kalium auf Karbolsäurehydrafc
erhält man unter Entwickelung von Wasserstoff kristallisirtes karbolsaures
Kali, was nach dem Waschen mit Aether rein zurückbleibt. Das trockne
Salz löst sich leicht in Wasser und Weingeist.
Karbolsaurer Baryt. Laurent erhielt aus Barytwasser , was, mit Kar-
bolsäure übersättigt, zur Austreibung der überschüssigen Säure gekocht
und zuletzt im leeren Raume abgedampft worden war, einen kristallini-
schen Salzrückstand, dessen Zusammensetzung, nach dem Barytgehalt be-
rechnet, der Formel C12 HI0 O, BaO 2aq entspricht.
Karbolsaurer Kalk. Kalkhydrat löst sich mit grofser Leichtigkeit in
der Karbolsäure unter Abscheidung von Wasser zu einem klaren Syrup,
der sich in mehr Wasser vollständig auflöst. In der mit Kalk gesättigten
wässerigen Auflösung sind auf 100 Karbolsäurehydrat enthalten 48,35 Kalk.
Die Auflösung Ist alkalisch und wird durch eingeleitete Kohlensäure theil-
weise zersetzt. Eine concentrirte wässerige Lösung von karbolsaurem
Kalk wird durch Zusatz von Alkohol in weifsen kristallinischen Körnern
gefällt. ( Runge .)
Karbolsaures Bleioxid. Die Karbolsäure bildet mit Bleioxid drei Ver-
bindungen. Neutrales karbolsaures Bleioxid ist flüssig, farblos, ölartig,
löslich in Weingeist; durch Zusatz von Wasser wird es zersetzt in ein
weifses basisches Salz und in Karbolsäure, letzteres erhält man als einen
weifsen, frischgefälltem Chlorsilber ähnlichen Niederschlag durch Zusatz
von basisch essigsaurem Bleioxid zu eiuer wässerigen Lösung von Karbol-
säure; beim trocknen Erhitzen auf 200° schmilzt dieses Bleisalz und ent-
läfst in höherer Temperatur reine Karbolsäure , später kommen Zersetzungs-
produkte derselben. Bei §00° getrocknet enthält dieses Bleisalz 65,08 Blei-
oxid, was einer Verbindung von 2 At. Karbolsäure mit 3 At. Bleioxid
entspricht.
Karbolschwefelsäure , Phenschwe felsäure ( Laurent ). Formel: 2SOs ,
Ca* HI0 O -4- aq ( Laurent ). Eine Mischung voa gleichen Theilen Karbol-
säure und Schwefelsäurehydrat löst sich ohne Rückstand in Wasser (Runge ),
mit kohlensaurem Baryt gesättigt bleibt in der Flüssigkeit ein Barytsalz,
was durch Abdampfen kristallisirt und durch Kristallisation aus Alkohol
gereinigt wird; es fällt aus einer kochend gesättigteu Lösung in Alkohol
in Gestalt eines weifsen Breies nieder, der aus sehr kleinen microscopi-
schen Nadeln besteht. An der Luft getrocknet ist es nach der Formel
2S0s , CI2 H10 O, BaO, 4aq zusammengesetzt. Drei Atome Wasser entwei-
chen bei 100°. ( Laurent .)
Aus dem Barytsalz erhält man durch vorsichtigen Zusatz von Schwe-
felsäure Karbolschvvefelsäure, sie schmeckt sauer und trocknet zu einem
Syrup ein. Die Ammoniakverbindung dieser Säure isc kristallisirbar , durch
Behandlung mit siedender Salpetersäure erhält man damit Picrinsalpeter-
säure.
Zersetzungsprodukte der Karbolsäure duj'ch Chlor und Brom.
Durch die Einwirkung des Chlors auf Karbolsäure entstehen zwei Zer-
sefczungsprodukte von sauren Eigenschaften. Laurent , welcher sie ent-
deckte, bezeichnet die eine mit Chlor phenessäure , die andere mit Chlor -
phenissäure ; sie entstehen beide durch Substitution einer gewissen Quan-
tität Wasserstoff in der Karbolsäure durch eine gleiche Anzahl von Aequi-
valenten Chlor. Bei der Bildung der Chlorphenessäure werden durch die
Einwirkung von 8 At. Chlor auf 1 At. Karbolsäure, 4 At. Salzsäure ge-
bildet nnd die andern 4 At. Chlor treten an die Stelle des Iiinweggenom-
ntenen Wasserstoffs. Eine ganz ähnliche Zersetzung geht bei der Bildung
der Chlorphenissäure vor sieb.
Nitrophenessäure.
1295
Karbolsäure = Cia H10 0 + 11,0
Chlorphenessäure = CI2 JO -+- 11*0
H )
Olilorphenissäure = C12 ^ j O H- H20
Nach den Untersuchungen von Laurent ist die Chlorphenissäure iden-
tisch in ihren Eigenschaften und Zusammensetzung mit Erdmann’s Chlor-
indoptensäure, was durch spätere Analysen dieser Säure aus Indigo von
Erdmann bestätigt worden ist.
Chlorphenessäure . Diese Säure besitzt eine ölartige Beschaffenheit und
einen höchst durchdringenden Geruch, sie ist nicht in WAsser löslich , mit
Alkohol und Aether in allen Verhältnissen mischbar; durch die Einwirkung
von Chlor geht sie in die folgende Säure über.
Chlorphenissäure. Am einfachsten und in gröfster Menge erhält man
diese Säure, wenn das flüchtige Oel des Steinkohlentheers, was bei 170
— 190° siedet, mit Chlor theil weise gesättigt, sodann der Destillation un-
terworfen wird, und das Destillat, von dem man das im Anfänge und das
zuletzt Uebergeheude getrennt hat, einer neuen Behandlung mit Chlor so
lange unterwirft, bis es zu einer weichen kristallinischen Masse geworden
ist.° Man behandelt diese Masse mit wässerigem Ammoniak, bringt die
Mischung zum Sieden und läfst die Flüssigkeit nach dem Filtriren erkal-
ten, wo das Ammoniaksalz der Chlorphenissäure kristallisirt, aus dessen
Auflösung die Chlorphenissäure durch Zusatz von Salzsäure gefällt wird.
Die Chlorphenissäure besteht aus kleinen nadelförmigen Kristallen, welche
bei 44° schmelzen und in höherer Temperatur ohne Zersetzung in feinen
weifsen langen Nadeln sublimiren. Diese Säure besitzt einen widrigen,
sehr haftenden Geruch; sie ist in Wasser unlöslich, leicht in Alkohol und
Aether; sie löst sich in Schwefel- und Salzsäure und giebt mit Salpeter-
säure behandelt ein kristallinisches Produkt.
Durch die Einwirkung des Broms auf Karbolsäure entsteht Bromphenis-
säure, Cia H4 Br6 0 -h H20 CLaurent). — Mit salzsaurem Chlorophems
bezeichnet Laurent das von Mitscherlich entdeckte Chlorbenzid, C12 H12 Cl12
oder C12 H6 Cl6 -1- Cl6 H6. In einer weingeistigen Lösung von Kalihydrat
treten 3 Aeq. Salzsäure aus diesem Körper aus nnd es bleibt C12CI6H6,
eine Verbindung, die Laurent Chlorphenis genannt hat, obwohl sie aus
den Phenylverbindungen nicht dargestellt werden kann.
Produkte der Einwirkung der Salpetersäure auf flüchtiges Stein -
kohlentheeröl.
Durch die Behandlung des flüchtigen Steinkohlentheeröls mit gewöhn-
licher Salpetersäure entstehen, je nach der Dauer der Einwirkung, zwei
Zersetzungsprodukte, von denen Laurent es wahrscheinlich gemacht hat,
dafs sie aus der Karbolsäure entspringen. Beide enthalten die Bestand-
tlieile der salpetrigen oder Untersalpetersäure, und sind ziemlich starke
Säuren, die mit Basen charakteristische schöne Salze bilden. Die eine
dieser Säuren bezeichnet Laurent mit Nitrophenessäure ; die andere, Ni-
trophenissäure, Ist identisch mit der aus Seide, Indigo , Salicin etc. auf
einem ganz gleichen Wege entstehenden Picrinsalpetersäure. Wir be-
schreiben nur die erste dieser Säuren, da in Beziehung auf die andere
durch LaurenVs Untersuchung nichts Neues hinzugefügt werden ist.
Nitrophenessäure. Formel C12 H6 N4 09 -4- H20 CLaurent}. Mischt
man nach Runge gleiche Theiie Karbolsäure und Salpetersäure von 1,^7U
spec. Gewicht^ so entsteht unter Erhitzen und Aufbrausen eine rothbraune
Materie, welche nach Laurent, in der Siedhitze in verdünntem Ammoniak
gelöst, nach dem Filtriren und Erkalten unreines nitrophenessaures Am-
moniak giebt, was man durch fortgesetzte Kristallisationen reinigt. Zu-
letzt lost man alles erhaltene Ammoniaksalz in siedendem Wasser und
Kyanol, Leukol, Pyrrol.
versetze dio Auflösung mit: Salpetersäure, wodurch Nitrophenessäure «e_
faUt wird. Die erhaltene Saure reinigt man zuletzt durch wiederholte
Kristallisationen aus keifsem Alkohol.
Die Nitrophenessäure ist hellgelb, in dünnen Blättchen kaum merklich
gdb , sie ist geruchlos, in ihren Auflösungen von sehr bitterm Geschmack
Sie knstallisirt in geraden rechtwinklichen Prismen, sie schmilzt bei 104°
und gesteht nach dem Erkalten zu einer blättrig-kristallinischeu Masse • in
einen» Luftstrom ist sie unzersetzt flüchtig, rasch und stark erhitzt ver-
pufft sie mit rother Flamme und Rufsabsatz. Sie ist schwer in kaltem
etwas leichter in siedendem Wasser löslich, und wird leicht von Alkohol
und Aether aufgenommen. In der Wärme löst der Alkohol etwa ein Viertel
seines Gewichtes; sie ist löslich in Salzsäure und Schwefelsäurehydrat
ohne Zersetzung. Durch kochende Salpetersäure wird sie rasch in Picrin-
sa petersaure ubergeführt. Mit Zink und verdünnter Schwefelsäure in ße-
rubrung, oder mit Kalk und einem Eisenoxidulsalz, erleidet sie ganz ähn-
Jiehe Veränderungen wie die Picrinsalpetersäure.
Nitrophenessäure Salze. In den nitrophenessauren Salzen ist das Hy-
dratwasser der Saure ersetzt durch ein Aeq. Metalloxid, mit Bleioxid bildet
sie zwei basische Salze; sie sind mehrentheils von einer glänzend gelben
hpiXr0tJl|eDifFairre/,»dfiS ßarjfc~ umi Ka,isal/j sind besonders ausgezeichnet,
lwas?.ei> das Kalisalz 1 At. , das Barytsalz 5 Atome'
Das Silbersalz ist schwerloslich in Wasser, in verdünnten Auflösungen
erhalt man keinen Niederschlag, es ist löslich in Weingeist. °
Alle diese Salze verpuffen beim Erhitzen; stärkere Säuren scheiden
aus ihren Auflösungen Nitrophenessäure ab.
Bezeichnet man die Formel der Nitrophenessäure mit
1V . . C12 K6 (N4 08) O 4- H20, so ist die der
Picrinsalpetersäure C12 fl4 (Nö 0X2) 0 -h H*0.
Wie man leicht bemerkt, enthält nach letzterer Formel die Picrinsal peter-
saure den ganzen Koiiienstoffgehalt der Karbolsäure.
,!ll( deRV “ber Kapferoxid rectificirten Steinkohlentheeröl hat Runge
durch Behandlung mit Alkalien und Säure aufser der beschriebenen Kar-
bolsäure noch fünf andere Stoffe erhalten, von denen drei die Eigenschaft
besitzen, sich mit Sauren zu verbiuden und mit manchen kristallisirbare
Salze zu bilden; die beiden andern Produkte sind Säuren.
Die drei basischen Materien nennt Runge Kyanol, Leukol. Pgrrol:
iq zwei Säuren Brunol- und Rosolsäure. Da die Eigenschaften dieser
Körper Interesse darbieten, so sollen in dem Folgenden zuerst ihre Dar-
stellung, sodann ihre Eigenschaften ausführlich beschrieben werden.
Der Weg, aut welchem Runge die drei basischen Körper erhielt, ist
sehr umständlich und kann kaum eine Methode zur Darstellung genannt
werden. Anstatt nämlich das Steinkohlenöl mit einer Säure zu behaudelu,
um die darin enthaltenen Stoffe in der Form von Salzen von dem Oel zu
scheiden, schüttelt Runge 12 Steinkohlenöl, 2 Kalkhydrat und 50 Was-
ser abwechselnd 6—8 Stunden lang, filtrirt die wässerige Auflösung von
dem aufschwimmenden Oele ab und unterwirft sie der Destillation , wo-
durch karbolsaures Ammoniak, Leukol, Pyrrol und Kyanol in die Vorlage
übergehen, wahrend im Rückstand Karbol-, Brunol- und Rosolsäure bleibt.
Das Destillat übersättigt Runge mit Salzsäure und destillirfc es zum zwei-
tenmal, wodurch Karbolsäure und salzsaures Pyrrol entfernt werden.
5^ano1 UDd Le,,k.ül bleiben an Salzsäure gebunden irn Rück-
/ . Durch Zusatz von Kali- oder Natronlauge werden diese drei Sub-
s anzen von der Säure abgeschieden , bei der Destillation gehen sie mit
Wasser in die Vorlage über. Das Destillat übersättigt Runge mit Essig-
säure und unterwirft es einer vierteil Destillation , das Uebergehende ist
ssigsaures Kyanol und Leukol, der gröfste Theil des Amtnouiaks bleibt
s saures essigsaures Ammoniak zurück. Dem erhaltenen essigsauren
Kyanol, Leukol, Pyrrol.
m7
Kyanol und Leukol setze man Oxalsäure zu und destillirt zum fünftenmal;
hierbei wird die Essigsäure abgeschieden, und oxalsaures Kyanol, Leukol
uud Ammoniak bleiben in der Retorte. So lauge hierbei reine Essigsäure
übergeht, mufs man zu dem Rückstände neu© Portionen essigsaures Leukol
und Kyanol zusetzen, bis das üebergehende Kyanol enthält, was man
daran sieht, dafs es Fichtenholz gelb färbt. In diesem Fall ist die zuge-
setzte Oxalsäure gesättigt. Man dampft nun die Flüssigkeit in der Re-
torte, welche, wie erwähnt, oxalsaures Kyanol, Leukol und überdiefs
noch Ammoniak enthält, im Wasserbade ab; der trockne Rückstand wird
zu Pulver geriehen, er ist dunkelbraun, durch eine Materie gefärbt,
welche in Alkohol leicht löslich ist. Zu ihrer Entfernung und zur Tren-
nung des Leukol- und Kyaool-Salzes von dem Ammoniaksalze bringt man
sie auf ein Filter und wäscht die Masse mit wenig Alkohol so lange, bis
sie weifs geworden. Man fährt alsdann fort, Weingeist von 85 Procent
aufzugiefsen, so lange dieser noch etwas auflöst. Durch diefs Verfahren
gewinnt man oxalsaures Leukol und Kyanol in Auflösung, auf dem Trich-
ter bleibt saures oxalsaures Ammoniak zurück. Man bringt die weingei-
stige Auflösung zur Trockne, löst das. Gemenge von Leukol- und Kyauol-
salz in der Wärme in wenig Wasser auf und läfst sie durch Verdampfen
an der Luft kristallisiren» Zuerst bilden sich Kristalle von oxalsaurem
Leukol in schönen Gruppen feiner Nadeln, später kristallisirt oxalsaures
Kyanol in nesterartigen Anhäufungen von Blättchen ; die letztem siqd
meistens bräunlich gefärbt. Mau sondert beide Salze von einander uud
reinigt sie durch wiederholtes Auflösen und Kristallisiren au.Y Wasser und
Weingeist. Das oxalsaure Leukol darf sich, mit einer Auflösung von Bleich-
kalk übergossen, nicht violettblau uud Fichtenholzspäne nicht goldgelb fär-
ben, diese Reaction gehört dem Kyauolsalze an ; letzteres ist schwierig von
dem letzten Rest von Leukolsalz zu befreien. Das reine oxalsaure Kyanol
darf, zwischen feuchten Fingern zerrieben, nicht phosphorartig riechen.
Man sollte denken, dafs man zwei Destillationen sich ersparen könnte,
wenn man das Gemenge von Leukol, Kyanol und Ammoniak, was man
durch Destillation der salzsauren Salze dieser Basen mit Natronlauge er-
hält, geradezu mit Oxalsäure sättigen und wie zuletzt behandeln würde.
Auch ist es wahrscheinlich, dafs mau durch blofses Schütteln dieses De-
stillates mit Aether Leukol und Kyanol in Auflösung erhält.
Aus dem oxalsauren Kyanol erhält man durch Destillation mit einer
Auflösung von kohlensaurem Natron eine Auflösung von Kyanol in Was-
ser, welche das Kyanol beim Schütteln mit Aether an den Aether abgiebt,
aus welchem man es durch freiwillige Verdunstung in Gestalt einer farb-
losen , öligen Flüssigkeit von schwachem aber eigenthümlichern Geruch
erhält. Das Kyanol ist flüchtig, es verdunstet an der Luft; es löst sich
ia Wasser, diese Auflösung besitzt keine Reaction auf Pflanzenfarben; es
ist in Aether und Alkohol löslich. Pflanzen und Blutegel sterben in seiner
wässerigen Auflösung. Durch Salpetersäure wird es in eine braunschwarze
Masse verwandelt. Schwefelsäure färbt es beim Erwärmen braun.
Das Kyanol enthält Stickstoff. Metallsalze werden davon kaum ver-
ändert, in Bleisalzen entstehen durch seine wässerige Auflösung weifse
Fällungen. Die Salze des Kyanols sind farblos ; essigsaures Kyanol ist
bei 100° flüchtig, nicht kristallisirbar.
Versetzt mail verdünnte Schwefelsäure mit einem Ueberschufs von
Kyanol, so erhält man nach dem Eintrocknen eine weifse, nicht zerfliefs-
liche Kristallmasse. Beim trocknen Erhitzen geht schwefligsaures Ammo-
niak über.
Salpetersaures Kyanol kristallisirt in farblosen , nicht zerfliefslicheu
Nadeln; es ist in Wasser, Alkohol und Aether löslich.
Salzsaures Kyanol. Dieses Salz ist im trocknen Zustande sublimirbar.
Nach Runye’s Analyse enthalten 100 Tlieiie dieses Salzes 20,fi3 Salzsäure.
Oxalsaures Kyanol. Aus der wässerigen Auflösung kristallisirt dieses
Salz in Blättchen, aus der weingeistigen in sternförmig vereinigten Nadeln,
welche bei 100° unveränderlich sind; in höherer Temperatur entweicht
129$
Brunolsäure, Rosolsäure.
Kyanol, es bleibt ein saures Salz. In Aether, Alkohol und Wasser ist
dieses Salz wieder löslich, wie die andern Kyanolsalze.
Der leicht erkennbare Charakter des Kyanols, von dem sein Name
abgeleitet ist, besteht darin, dafs es mit einer Auflösung von Bleichkalk
eine intensiv veilchenblaugefärbte Flüssigkeit bildet. Schüttelt man 1 Th.
Steinkohlentheeröl mit einer Auflösung von 1 Th. Bleichkalk in 20 Th.
Wasser, so färbt sich das Oel dunkelroth und die wässerige Flüssigkeit
schön blau, ganz wie eine Auflösung von schwefelsaurem Kupferoxid-
ammoniak. Durch den Bleichkalk wird das Kyanol in eine Säure verwan-
delt, die mit Basen blaue Verbindungen bildet, sie ist in der Bleichkalk-
lösung an den freien Kalk gebunden. Durch überschüssiges Chlor wird
sie zerstört, es entsteht in diesem Fall eine orangegelbe Verbindung.
Als ein zweites Erkennungsmittel des Kyanols kann die Eigenschaft
seiner Salze betrachtet werden, Fichtenholz oder weifses Hollundermark
intensiv gelb zu färben, eine Farbe, welche dem Chlor widersteht. Was
in dem Holze gefärbt wird, ist nicht die Holzfaser, sondern ein aus dem
Holze durch Wasser und Weingeist ausziehbarer Stoff; daher Papier,
Baumwolle, Leinwand, Wolle und Seide keine gelbe Farbe davon an-
nehmen.
Leukol. Das Leukol ist ölartig, riecht durchdringend, namentlich mit
feuchter Haut in Berührung phosphorartig; es bildet mit Oxalsäure ein kri-
stallisirendes Salz. Der an Blausäure und Phosphor erinnernde starke Ge-
ruch, der sich aus dem Steinkohlenöl entwickelt, wenn es mit Kalkbrei
gemischt wird, rührt vom Leukol her.
Vyrrol. Dieser Stoff verflüchtigt sich mit der Karbolsäure, wenn die
Kalkmilch, welche man mit Steinkohlenöl geschüttelt hat, mit Salzsäure
versetzt der Destillation unterworfen wird ; es macht einen Hauptbestand-
teil der flüchtigen Produkte thierischer Körper aus , und kann aus dem
wässerigen empyreumatischen Ammoniak (dem sog. Knochen- oder Horn-
spiritus) am leichtesten erhalten werden, wenn man beim Sättigen dessel-
ben mit einer Mineralsäure die sich entwickelnden Gase (Schwefelwasser-
stoff und Kohlensäure) durch mehrere Woulfische Flaschen mit Kalkmilch
leitet; das sich mit entwickelnde Pyrrol wird von der alkalischen Flüssig-
keit gelöst. Durch Destillation derselben geht es mit Wasser über. Die
erhaltene wässerige Auflösung ist farblos , sie riecht nach Teltower Rüben
und zeichnet sich dadurch aus, dafs sie durch Salpetersäure hochroth ge-
färbt wird und einem mit Salzsäure befeuchteten Fichtenholzspan eine
purpurrothe Farbe ertheilt. In reinem Zustande soll dieser Körper gas-
förmig seyn; das Pyrrol ist jedenfalls eine sehr eigentümliche Basis, in-
sofern sie durch Säuren aus ihrer Verbindung im Knochenspiritus ausge-
trieben wird.
Sättigt man Steinkohlenöl, was bei der Rectification unmittelbar vor
dem Naphtalin übergeht, mit salzsaurem Gas und setzt nachher Wasser
zu, so nimmt dieses die salzsaure Verbindung einer organischen Basis auf,
die man durch Destillation mit Kalilauge in Form eines farblosen Oels dar-
aus erhält. Ueber Kalihydrat rectificirt, wird es rein erhalten. Diese
Basis besitzt keine oder nur eine schwache Reaction auf Pflanzenfarben,
sie geht mit allen Säuren im Wasser leicht lösliche Verbindungen ein, und
enthält 85,5 Kohlenstoff, 5,32 Wasserstoff, 9,28 Stickstoff. Mit Platin-
chlorid entsteht in der salzsauren Auflösung ein gelber kristallinischer
Niederschlag, nach dessen Platingehalt berechnet diese Basis nach der For-
mel C,8 H10 N2 zusammengesetzt ist. Oiofmann.') ..
Brunolsiiure und Rosolsäure. Wenn die alkalische Flüssigkeit, die
man durch Behandlung des Steinkohlentheeröls mit Kalkmilch erhalten hat,
mit einer Säure versetzt wird , so scheidet sich ein Gemenge von Karbol-
säure, Brunol- und Rosolsäure ab. Unterwirft man das braune Oel mit
Wasser der Destillation, so gellt Karbolsäure über und es bleibt in der
Retorte ein brauner pechartiger Rückstand, vvclcher die letztgenannten
Säuren enthält. Man löst ihn in etwas Weingeist und mischt diese Losung
mit Kalkmilch, wodurch rosolsaurer tfalk entsteht, der mit rosenrother
Naphtalin.
1399
Farbe In Auflösung bleibt; brunolsaurer Kalk scheidet sich in der Form
eines braunen Niederschlags ab. >#
Durch Behandlung des braunen Niederschlags mit Salzsaure wird der
Kalk entfernt, es bleibt Brunolsäure in braunen Flocken zuruck.
Zur Darstellung der Rosolsäure ist es am zweekmafsigsteu, wenn die
rohe Kalkverbindung . die man durch Behandlung des Steinkohl enols mit
Kalkmilch erhalten hat, im Wasserbade bis zur Syrupdicke eingedampft
uud mit V, Weingeist vermischt wird, wo sich nach einigen Tagen hoch-
roth o-efarbte Kristalle von rosolsaurem Kalk absetzen. Man rinmgt sie
durch%viederholtes Auflösen in Wasser, Abdampfen, Zerlegen mit Essig-
säure und Wiederauflösen in Kalkmilch. Wenn endlich die rosolsäure
Kalkauflösung mit einer reinen rotheu Farbe erscheint, so wird durch Zu-
satz von Essigsäure die Rosolsäure abgeschieden.
Rosolsäure. Die Rosolsäure ist eiue harzartige Masse von orange-
o-elber Farbe, sie löst sich in Alkohol, nicht in Wasser, sie giebt mit ge-
eigneten Beitzen rothe Farben und Lacke, die an Schönheit denen aus
Krapp und Cochenille gleichen; sie ist ein Produkt der Einwirkung des
Alkali’s auf das Steinkohlenöl; die alkalische Auflösung, welche anfangs
farblos ist, wird durch stundenlanges Kochen roth und setzt m der Ruhe
Brunolsäure. Diese Säure begleitet die Rosolsäure, sie isfc glasig,
braun, leicht zu pulvern.
Naphtalin. Formel C10 H8. Aiomgew. = 814,39.
Es wurde zuerst von Garden in dem Steinkohlentheer beobachtet,
dann von Kidd ausführlicher beschriebeu und benannt. Es bildet sich nach
Reichenbach stets, wenn die trockene Destillation organischer Matenen
bei einer sehr hohen Temperatur vorgenoramcn wird, oder wenn J;e üjt
stillatioasprodukte einer grofsen Hitze ausgese.tzt, z. B- d“rch
Röhren geleitet werden. Andere glauben, dafs in jedem Theer Naphtalm
enthalten sey in brenzlichen Oelen gelöst, und sich daraus leicht darstel en
lasse, wenn diese zerstört werden, sey es nun durch erhöhte Temperatur
(Bumasl, oder durch die Einwirkung von Sauerstoff oder Chlor iLiau-
renn. Auch bildet sich Naphtalin bei der Kienrufsbereitung , bei der Zer-
setzung des ölbildendeu Gases durch Chlor, nach Peligot ebenfalls neben
Benzon bei der Destillation von benzoesaurem Kalk und bei der Zersetzung
des Camphors in glühenden Röhren ; auch bei der Destillation von weifsem
Pech wird es erzeugt ( Pelletier und Walter > ... ..
Kidd erhielt es, als er Steinkohlentheer tropfenweise in einen roth-
glühenden Cylinder leitete, vermischt mit den übrigen condensirbaren De-
stillationsprodukten. Nach Laurent wird Steinkohlentheer, der längere
Zeit an der Luft gestanden hat, bis zur Verdampfung alles Wassers m
offenen Gefäfsen erhitzt und alsdann der Destillation Unterworten Zuerst
geht ein gelbes, an der Luft schwarz werdendes Oel über, was »ei Ab-
kühlung bis zu — 10° Naphtalin absetzt ; später enthalt das Oel so viel
Naphtalin, dafs es von selbst zu einer weichen Masse erstarrt; zu Ende
der Operation geht eine klebrige, orangogelbe, an Paranaphtalin sehr
reiche Masse über. Leichter noch erhält man nach demselben das Naph-
talin rein, wenn man von gewöhnlichem Steinkohlentheer die Hälfte ab-
destillirt ; durch das Destillat wird mehrere Tage laug Chlorgas geleitet,
wobei sich Salzsäure entwickelt, die sich nebsj; einer rothen Flüssigkeit
zum gröfsten Theile in der Vorlage verdichtet; das ganz schwarz gewor-
dene Oel wird durch Waschen mit Wasser von Salzsäure und von einer
nicht näher untersuchten Substanz befreit , die durch Ammoniak in weilsen
Flocken gefällt wird, welche sich bald zu grünen starkriechenden Engeln
vereinigen; dann bis zur Verkohlung destillirt, das Destillat bis —
abgekühlt, das Oel von dem sich absetzenden Naphtalin durch Pressen- ge-
trennt und dieses durch Lösen in Alkohol gereinigt. Auf diese Weise er-
hielt Laurent sehr bedeutende Ausbeute.
1300
Naphtalin- und Naphtinunterschwefelsäure.
Das Naphtalin ist kristallinisch, durchsichtig, farblos, riecht eigen-
tümlich, in der Ferne nicht unangenehm, schmeckt brennend aromatisch.
Bei langsamem Abdampfen der alkoholischen Lösung, sowie bei langsamer
1 Sublimation kristallisirt es in dünnen Tafeln. Aus einer Lösung in 10 Th.
Alkohol schiefst es in schillernden Kristallschuppen an ; das spec. Gewicht
des geschmolzenen ist 1,048. Es schmilzt bei 79°, kocht bei 213° und
das spec. Gew. seines Gases ist 4,528 ( Dumas ). Mit Wasserdämpfen de-
stillirt es leicht über, ist schwer entzündlich und brennt mit leuchtender
stark rufsender Flamme. Es besitzt weder alkalische noch saure Reaction,
ist in kaltem Wasser unlöslich , in heifsem nur wenig löslich, doch wird
die kochend gesättigte Lösung beim Erkalten trübe; es löst sich in 4 Th.
kochendem Alkohol, die Lösung gesteht beim Erkalten; auch in Aether,
fetten und flüchtigen Oelen ist es leicht löslich; aus seiner warm gesät-
tigten Ld-sung in Terpentinöl soll es in prismatischen Kristallen mit pyra-
midaler Zuspitzung anschiefsen. Es vereinigt sich mit Säuren. Seine Ver-
bindungs- und Zersetzungsprodukte mit Schwefelsäure und Salpetersäure
siehe unten. Von Salzsäure wird es nur wenig gelöst mit rother Farbe;
in Essigsäure und Oxalsäure ist es leicht ebenfalls mit rother Farbe löslich,
die heifs gesättigte essigsaure Lösung gesteht beim Erkalten zu einer kri-
stallinischen Masse. Die durch Einwirkung von Chlor und Brom entstehen-
den Produkte siehe unten.
Verhalten des Naphtalins zu Schwefelsäure .
Wenn man Naphtalin in Schwefelsäurehydrat bei 90° bis zur Sätti-
gung löst und die syrupdicke Auflösung an der Luft offen stehen läfst , so
erstarrt sie durch Wasseranziehung zu einer schmutzig violetten, ganz
festen Masse. Dasselbe kann durch Zumischen von einer kleinen Menge
Wasser bewirkt werden. Auf einem trockenen Ziegelstein unter einer
Glocke liegend, wird die Masse grauweifs und trocken, sie besteht aus
glimmer- oder talkartigen Blättchen, welche sich in Wasser und Alkohol
mit grofser Leichtigkeit lösen , sie bestehen aus einem kristallisirten Ge-
menge von zwei wasserfreien Säuren, von Naphtalinunterschwefelsäure
und Naphtinunterschwefelsäure . ( Wähler. J
Naphtalinunter Schwefelsäurehydrat. C20 H,6 S2 Os? in dem Barytsalz
CBerzelius). Die aus dem Bleisalz dieser Säure durch Schwefelwasserstoff
dargestellte saure Flüssigkeit giebt beim Abdampfen im leeren Raum über
Schwefelsäure eine farblose, harte, kristallinische, spröde Masse, welche
nach Reynault 3 At. Wasser enthält, bei 100° schmilzt und nach dem
Erkalten wieder kristallinisch erstarrt, bei höherer Temperatur tritt unter
Ausscheidung von sublimirendem Naphtalin Zersetzung ein; sie ist in Was-
ser in allen Verhältnissen löslich, au feuchter Luft zerfliefslich, von sau-
rem bittern Geschmack; in der Wärme abgedampft wird die Auflösung
gelb, zuletzt braun; die gelbe Auflösung giebt, mit Bleioxid gesättigt, einen
gelben ble:oxidlialtigen Niederschlag und weifses naphtaliuunterschwefel-
saures Bleioxid.
Naphtalinunter schwefelsaure Salze. Alle bis jetzt untersuchten Ver-
bindungen dieser Säure mit Basen sind in Wasser, viele davon auch in
Alkohol löslich ; die Salze haben einen bittern metallischen Geschmack ,
an der Luft erhitzt verbrennen sie mit Flamme. Mit Kalihydrat geschmol-
zen entsteht schwefelsaures und schwefligsaures Kali.
Naphtalinunterschwefelsaurer Baryt , kristallisirt. C20 U16 8* 04 , BaO,
HjO tBerzelius). Aus Wasser kristallisirt besitzt es die Form vou klei-
nen Schuppen, aus Alkohol kristallisirt es in ziemlich grofseu, durchsich-
tigen, glänzenden Blättern, welche an der Luft matt werden und bei 100°
alles Kristallwasser verlieren. 100 Theile Wasser lösen nach Reynault
bei 15° 1,13, bei 100° 4,76 Theile auf.
Naphtalinunterschwefelsaures Bleioxid. C20 Ul6 S2 Os , PbO fBerze-
lius ). Das oben erwähnte trockene Gemisch der beiden Säuren, die mau
aus Naphtalin durch die Einwirkung von Schwefelsäurehydrat erhält, löst
mrtn zur Darstellung dieses Salzes in Wasser und sättigt die Auflösung
Glutinunterschwcfelsäure.
1301
mit kohlensaurem Bleioxid. Man erhält unlösliches schwefelsaures Blei -
oxid, während das naphtalin- und naphtin-unterschwefelsaure Bleioxid in
der Flüssigkeit gelöst bleiben. Man dampft zur Kristallisation ein und
trennt beide Salze durch Alkohol. Das naphtalinunterschwefelsaure Blei-
oxid ist in heifsem Alkohol löslich und daraus kristallisirbar, das naphtin-
unterschwefelsaure Bleioxid wird nur in sehr geringer Menge davon auf-
genommen. Aus Alkohol kristallisirt dieses Salz in schuppig verwehten
Blättchen, durch freiwillige Verdunstung in ausgebildeten, in Blättchen
wie Glimmer spaltbaren Kristallen. Nach Regnault bildet die Naphtalin-
untersclnvefelsäure noch zwei basische Salze mit Bleioxid, wovou das eine
doppelt^ das andere 4mal soviel Bleioxid enthält wie das neutrale.
Naphtinunter Schwefelsäure. Cn H9 0, S2 Os (Berzelius). Diese Säure
ist in dem bei der Darstellung des naphtalinuuterschwefelsauren Bleioxids
erhaltenen, in Alkohol unlöslich zurückbleibenden Bleisalze enthalten, und
kann daraus durch Zersetzung mit Schwefelsäure oder Schwefelwasser-
stoffsäure erhalten werden. Im leeren Baume über Schwefelsäurehydrat
trocknet die wässerige Lösung dieser Säure zu einer blättrig -kristallini-
schen Masse ein, welche stets etwas braun gefärbt ist, sie schmeckt sauer
und bitter, wird an der Luft nicht feucht und färbt sich im Sonnenlicht
stärker; ihre wässerige Lösung ist gelb, sie löst sich in Alkohol.
Naplitiminter schwefelsaure Salze. Die Salze, welche die Naphtin-
uuterschvvefelsäure mit Basen bildet, sind den naphtalinunterschwefelsau-
ren ähnlich; sie schmecken bitter, werden in der Hitze unter Sublimation
von etwas Naphtalin und Bildung von schwelliger Säure zerstört; sie sind
in Wasser leicht-, in Alkohol schwerlöslich; sie sind schwierig in regel-
mäfsigen Kristallen zu erhalten, meistens stellen sie unkristallinische Mas-
sen dar.
Faraday erhielt bei der Sättigung der Auflösung des Naphtalins in
Schwefelsäurehydrat mit Baryt noch ein anderes Barytsalz, was sich von
den vorherbeschriebenen dadurch unterscheidet, dafs es beim Erhitzen in
der Luft nicht mit Flamme verbrennt, sondern blos verglimmt; es bleibt
mit dem Schwefelsäuren Baryt, der sich abscheidet, gemengt und kann
durch siedendes Wasser ausgezogen werden. Es liinterläfst nach der Cal-
cination 41,93 ( [Faraday ) bis 42,4 fBerzelius ) schwefelsauren Baryt, und
ist nicht näher untersucht.
Nach Berzelius enthält die Mutterlauge von der Bereitung der beiden
naphtalinuuterschwefelsauren Bleisalze noch ein drittes Bleisalz, dessen
Säure nicht untersucht worden ist.
Verhalten des Naphtalins zu wasserfreier Schwefelsäure.
Läfst inan die Dämpfe von wasserfreier Schwefelsäure in ein Gefäfs
treteu, worin Naphtalin im Schmelzen erhalten wird, so verwandelt sich
das Naphtalin unter Absorption der Schwefelsäure in eine syrupdicke,
schön rothe Flüssigkeit. Bei Ueberschufs von Naphtalin entsteht ‘ hierbei
Sulfonaphtalin und Sulfonaphtalid , bei Ueberschufs von Schwefelsäure
bildet sich Glutinunterschwefelsäure und die ebengenannten Körper, wie-
wohl beide in geringerer Menge; das Sulfonaphtalin entsteht ebenfalls
bei der Behandlung des Naphtalins mit Schwefelsäurehydrat.
Glutinunterschwefelsäure. Vermischt man die gesättigte Verbindung
des Naphtalins mit wasserfreier Schwefelsäure mit Wasser und neutrali-
sirt die saure Flüssigkeit mit kohlensaurem Natron und dampft ah , so schei-
det sich glutiuuntersclnvefelsaures Natron in Gestalt einer pechartigen Masse
ab; man läfst das vorhandene Schwefel- und kohlensaure Natron auskri-
stallisiren, und vermischt die Mutterlauge, so wde das vorher abgeschie-
dene in wenig Wasser wieder aufgelöste Natronsalz, mit einem Ueber-
schufs von concentrirter Salzsäure, wodurch die Glutinunterschwefelsäure
gefällt wird; sie ist terpentiu- oder pechähnlich zähe, von brauner Farbe;
man trocknet sie bei 50° bis zum Verjagen aller Salzsäure, löst sie in
wässerigem Ammoniak und vermischt mit einer sehr verdünnten kochenden
1302
Sulfonaph talin , Sulfonaphtalid,
Lösung von cssigsaurem Bleioxid ; es entsteht hierdurch ein gelbbrauner
Bleiuiedersch lag, Melcher einen harzähnlichen Körper enthält, das glufcin-
uuterschwefe Isaure Bleioxid bleibt gelöst; die farblose Auflösung giebt nach
dem Filtriren. und Verdampfen reines glutinunterschwefelsaures Bleioxid,
aus dein man die Säure durch Zersetzung mit Schwefelwasserstoffsäure
gewinnt.
Die Glutinunterschwefelsäure stellt trocken eine durchsichtige, glas-
artige, nicht kristallinische, harte Masse dar, von schwach gelber Farbe;
sie schmeckt säuerlich, etwas bitter, löst sich in Wasser und Alkohol
leicht, schwieriger in Aether. Die mäfsig coucentrirte wässerige Lösung
wird durch starke Salzsäure milchähnlich trübe, die Säure setzt sich dar-
aus allmäblig in farblosen, durchsichtigen, zähen, klebrigen Tropfen ab.
Die Salze sind mehrentheils löslich, nicht kristallisirbar ; das Kalisalz giebt
mit Kalihydrat ein Gemenge von schwefelsaurem und schwefligsaurem Kali,
Sulfonaphtalin und Sulfonaphtalid. Bei einem Ueberschufs von Naph-
talin bleibt nach der Aufnahme von wasserfreier Schwefelsäure, M-enn die
gewonnene rothe Verbindung mit Wasser vermischt wird, eine Masse un-
gelöst, vcelche diese beiden Verbindungen nebst freiem Naphtalin enthält.
Durch anhaltendes Sieden mit Wasser bis zum Verschwinden alles Naph-
talingeruches kann das Naphtalin entfernt werden, Sulfonaphtalin und
Sulfonaphtalid bleiben in diesem Fall in Gestalt etecs in der Kälte erstar-
renden Talges zurück. Beide werden durch Behandlung mit wasserhaltigem
Alkohol getrennt, worin das erstere leicht löslich, das andere unlöslich ist.
Das Sulfonaphtalin, Formel C20 Hi6 S02 (Berzelius') , kristallisirt aus
der M^eingeistigen Auflösung warzenförmig, es ist geruch- und geschmack-
los, schmilzt bei 70° C. und erstarrt zu einer durchsichtigen, durch Reiben
sehr elektrisch werdenden Masse, bei höherer Temperatur wird es unter
Entwickelung von schwefliger Säure zersetzt. Es löst sich nur wenig in
Wasser, leichter in siedendem Alkohol, aus dem es beim Erkalten pulver-
förmig oder in klaren Tropfen uiederfällt. Durch Königswasser Mord es
allmählig gelöst, ohne dafs der Schwefel in Schwefelsäure verwandelt
wird. Von kochender Kalilauge wird es nicht angegriffen; nur durch Ver-
brennen mit einem Gemenge von Salpeter mit kohiensaurem Kali kann der
Schwefel in Schwefelsäure verwandelt werden.
Die Naphtalinunterschwefelsäure enthält die Elemente von Sulfonaph-
talin und Schwefelsäure, doch kann sie mit diesem Körper nicht hervor-
gebracht werden.
Das Sulfonaphtalid , Formel C24 H20 S02 CBerzelius~) , bleibt bei der
Darstellung des Sulfonaphtalins als ein in Alkohol sehr wenig lösliches
Pulver zurück. Durch Kochen mit wasserfreiem Alkohol wird es, wie-
wohl schwierig, gelöst, die lieifse Auflösung setzt es beim Erkalten in
kristallinischen Körnern ab; es ist geschmack- und geruchlos, schmilzt
nicht bei 100° und liefert bei trockner Destillation schweflige Säure ; in
einem schwachen Luftstrom erhitzt giebt es ein kristallinisches und ein
nicht kristallinisches Sublimat. Gegen Königswasser und Kali verhält es
sich wie Sulfonaphtalin; es ist in Aether wTenig löslich.
Diese beiden Verbindungen, sowie die Glutinuuterschwefelsäure und
ftil i ) h t a li n u n t e r s c h w e f e I s ä u r e sind von Berzelius , die Naphtalinschwrefel-
säurt.' von Faraday entdeckt worden.
2iersei%ung$produkle des Naphtalins und einiger Verbindungen
desselben durch Salpetersäure.
Durch die Einwirkung siedender Salpetersäure auf Naphtalin entstehen,
ie nach der Dauer der Einwirkung, verschiedene Produkte, welche auf
gleichen Kohlenstoffgehalt mit dem Naphtalin weniger Wassersoff und
eine gewisse Menge Untersalpetersäure (N2 0.) enthalten. Alle diese
Produkte sind von Laurent entdeckt worden , sie besitzen nach ihm fol-
gende Zusammensetzung:
Nitronaphtalase, Nitro na phtale.
1303
Nitronaphtalase C30 Hia (N2 04) = Cao H,4 Nä 04
Nitronaplitalese C40 H12 (N4 08) = C20 H12 N4 08
Nitronaphtaleise C20 Hn CNS 010) = C40 H22 NI0 O20
Nitronaphtalise C2o Dio C^6 t)22) * C4o H,0 N8 012
Nitronaphtalase . DieserJKörper bildet vierseitige zugespitzte Prismen
von gelber Farbe , er schmilzt bei 43% gesteht bei 54° (?), sublimirt in
gelinder Wärme und verbrennt in höherer Temperatur mit einer schwachen
Verpuffung; er ist unlöslich in Wasser, leichtlöslich in Alkohol und dar-
aus kristallisirbar; er ist ohne Wirkung auf Pflanzenfarben und wird von
Chlor und Brom zersetzt; er löst sich in concentrirter Schwefelsäure und
wird von Wasser daraus wieder gefällt, in der Wärme tritt Zersetzung
ein. Durch eine weingeistige Auflösung von Kalihydrat wird er mit rotlier
Farbe gelöst, wässerige Kalilauge ist ohne Wirkung. Bei Destillation mit
Aetzkalk erhält man Ammoniak , ein braunes Oel und ein dickes gelbes
Liquidum, was in Aether nicht löslich ist, Laurent fand darin in 100 Thei-
len 89,08 C, 5,09 H und 5,83 0.
Nitronaplitalese , entsteht aus der vorhergehenden Verbindung durch
weitere Behandlung mit Salpetersäure. Es stellt ein kristallinisches farb-
loses Pulver car, ohne Wirkung auf Pflanzenfarben; es schmilzt und su-
blimirt bei 185°, rasch und stärker erhitzt erfolgt Zersetzung mit Deto-
nation; es ist unlöslich in Wasser, wrenig in heifsem Alkohol, leichter in
Aether. In Schwefelsäurehydrat in der Wärme löslich und daraus kri-
stallisirbar; Salzsäure und Salpetersäure sind ohne Wirkung. Kalilauge
damit gekocht färbt sich braun und entwickelt Ammoniak. Bei Destilla-
tion mit Kalk erhält man damit Ammoniak , Naphtalin und ein braunes
Oel. Im Rückstand bleibt Kohle.
Nitronaplitaleise. Kristallisirt in federartig vereinigten Nadeln von
schwach gelber Farbe, es ist unlöslich in Wasser, wenig in Alkohol,
ziemlich löslich in Aether, es schmilzt in siedendem Alkohol zu Oel-
tropfen, scheint ohne Veränderung zu destilliren, wird durch eine wrein-
geistige Auflösung von Kalihydrat aufgelöst und beim Kochen vollkommen
zersetzt, löst sich in Salpetersäure und ist daraus kristallisirbar.
Nitronaphtalise. Dieser Körper entsteht durch mehrtägiges Sieden von
Naphtalin mit Salpetersäure; er stellt Nadeln oder verlängerte gezähnte
Lamellen dar, deren Form ein scharfes Prisma mit rhombischer Basis ist;
von schwach gelblicher Farbe, geruchlos, unlöslich in Wasser, wenig in
siedendem Alkohol und Aether, er schmilzt nach Marignac etwas über
100°, nach Laurent bei 210°, auf einem Blech erhitzt leicht flüchtig, in
einem geschlossenen Gcfafse hingegen entzündet er sich, einen Rückstand
von Kohle hinterlassend. In Salpetersäure uud Schwefelsäurehydrat ist
er in gelinder Wärme löslich. Durch eine Auflösung von Kalihydrat in
Alkohol wird er zersetzt. (JSlarxgnac } Laurent.')
Nitronaphtale. Dicfs i3t das letzte Produkt der Zersetzung des’ Naph-
talins durch Salpetersäure, es wird aus einem der vorher beschriebenen
Produkte durch Hinw'egnahme von Kohlenstoff gebildet. Das Nitronaphtale
ist farblos oder schwach gelblich, es ist unter allen Verbindungen dieser
Klasse das in Alkohol und Aether schwerlöslichste; die Kristalle^sind klein
und stellen schiefe Säulen mit rechtwinklicher Basis dar; es schmilzt bei
215° C., in seinen übrigen Eigenschaften verhält es sich wie das vorher-
gehende Produkt, mit dem es in seiner Zusammensetzung eine «rofse
Aehnlickkeit bat. Laurent giebt dafür die Formel CJ8 H10 Oj, N6 , welche
um 1 At. Sauerstoff und 2 At. Kohlenstoff von dem Nitronaphtalise differirt.
Zersetzungsprodukte der obigen Verbindungen mit Alkalien .
Nitronaphtalesinsäure. Entsteht aus dem Nitronaplitalese beim Auf-
losen und Kocheu mit einer weingeistigen Auflösung von Kalihydrat, uud
wird aus dieser Auflösung durch verdünnte Salpetersäure gefällt. Diese
1304
Nitronaphtalsäure.
Säure stellt ein braunschwarzes, unkrisfallinisches, geschmack- und ge-
ruchloses Pulver dar, was in AVasser, Alkohol und Aether unlöslich ist.
Mit Alkalien bildet sie Verbindungen von brauner Farbe.
Nach den Analysen Laurent* s ist diese Säure nach deivFormel Ci2 HJ8
N6 08 zusammengesetzt (gefunden 62,2 C — 3,2 H — 13,1 N — 21,5 0.
Atomgewicht unbekannt).
Die Nitronaphtalesinsäure löst sich in Salpetersäure und erfährt beim
Sieden damit eine Veränderung. Zusatz von AAasser bringt in dieser Auf-
lösung einen flockigen gelben Niederschlag hervor, der in der Wanne ver-
pufft und in Alkohol und Alkalien löslich ist. Die davon abfiltrirte Flüs-
sigkeit giebt beim Verdampfen eine andere kristallinische Säure.
Nitronaphtaleseinsäure. AA^ird auf die nämliche AVeise mit dem Nitro-
naphtaleise erhalten und besitzt die nämlichen Eigenschaften wie die Ni-
tronaphtalesinsäure. Die Analyse gab 51,5 C — 2,6 H •— 31,5 0 — 14,4 N.
C Laurent .)
Nitronaphtalishisäure . Das Nitronaphtalise giebt ein ähnliches Pro-
dukt, weün es durch eine weingeistige Auflösung von Kalihydrat zersetzt
wird, ebenso das Nitronaphtale. Seine Zusammensetzung ist nach Ma-
rignac Cu H6 N2 04.
Nitronaphtalsäure,
Durch die Einwirkung der Salpetersäure auf Naphtalin entstehen neben
den beschriebenen Produkten noch mehrere andere, welche entschieden
saure Eigenschaften besitzen ; sie bleiben in der von den Kristallen ge-
trennten saureu Mutterlauge zurück, welche man erhält, wenn man Naph-
talin bis zum Verschwinden des obenaufschwimmendeu öligen Körpers
(Nitronaphtalase) mit Salpetersäure gekocht und erkalten gelassen hat.
Die saure Mutterlauge vermischt man mit AA7asser, trennt durch ein Filter
das niederfailende Nitronaphfalese und dampft sie bis zur Syrupconsistenz
ab, wo sich uach dem Erkalten Kristalle der Nitronaphtalsäure absetzen.
Die Mutterlauge, in der sie sich gebildet haben, giebt beim Neufralisiren
mit Ammoniak und Verdampfen zwei Ammoniaksalze, das erste ist nitro-
naphtalsaures Ammoniak, das zweite phtalsaures Aimnoukak. Die letzten
Mutterlaugen enthalten noch eine oder zwei leichtlösliche Säuren, welche
durch Fällung mit Barytwasser und Zersetzung des Barytuiederschlags
durch Schwefelsäure daraus erhalten werden können.
Nitronaphtalsäure. Durch Kristallisation aus Alkohol gereinigt erhält
man die Nitronaphtalsäure in schönen rhomboidalen Tafeln oder durch Ab-
stumpfung der spitzen AA’inkel in sechsseitigen Blättchen von schwach
gelblicher Farbe, sie sind in kaltem AA7asser schwer-, in heifsem leicht-
löslich, und lösen sich in Alkohol und Aether. Durch trockene Destilla-
tion schmelzen die Kristalle, verlieren A\Tasser und verwandeln sich in
wasserfreie Säure, in stärkerer Hitze tritt Zersetzung ein unter Entwicke-
lung von salpetriger Säure; es bleibt Kohle im Rückstand. Nach Lau-
rent’ s Aualyse ist diese Säure nach der Formel C16 HJ0 N2 012 zusammen-
gesetzt; sie ist eine zweibasische Säure. (JMarignac , Laurent
Bei sehr gelindem Schmelzen verliert diese Säure 2 At. Wasser, es
subJimirt wasserfreie Nitronaphtalinsäure in schönen weifsen zolllangen
Nadeln, ihre Formel ist C16 H6 N2 O10. (Marignac , Laurent )
Das Silbersalz dieser Säure ist weifs, unlöslich in AATasser, es enthält
1 At. wasserfreie Säure iu Verbindung mit 2 At. Silberoxid. ( Marignac .)
Das Ammouiaksalz enthält 2 Aeq. Ammoniumoxid, C16 H6 N2010, 2AdH40.
Zerlegt man nitronaphtalsaures Bleioxid mit Schwefelwasserstoff, so
erhält man Schwefelblei und eine farblose schwachsaure Flüssigkeit, die
sich selbst überlassen gelblich, zuletzt braunschwarz wird und einen
brauusch warzen Körper fallen läfst, der sich beim Kochea leicht und
schnell und iu gröfserer Menge bildet, er ist löslich in Alkohol, nicht in
Salzsäure , Aether und AATasser. AArird die von dem Schwefelblei abfiltrirte
Phtalsäure, Phtalimid.
4305
Flüssigkeit nach Entfernung des Schwefelwasserstoffs sogleich mit essig-
saurem Bleioxid versetzt , so entsteht ein nach der Formel C16HaNj09-f-
3PbO zusammengesetzter Niederschlag, in welchem, wie es scheint, ehie
neue Säure enthalten ist, die man als Nitronaphtalsäure betrachten kann,
in welcher 1 Aeq. Sauerstoff durch 1 Aeq. Wasserstoff sich vertreten findet.
( Marignac. )
Phtalsäure .
Diese Säure bildet sich bei der Behandlung des Naphtalins mit Salpe-
tersäure, leichter und in gröfserer Menge bei Behandlung des Naphtalin-
chlorids (CI0 H8 Cl4) mit Salpetersäure, wo man als zweites Produkt einen
flüchtigen , aus Kohlenstoff, Chlor, Stickstoff und Sauerstoff zusammenge-
setzten Körper erhält.
Bei der Darstellung der Phtalsäure aus Naphtalinchlorid (Chlornaph-
tales) bleibt sie in der Salpetersäure gelöst, aus welcher man sie beim
Verdampfen und Abkühlung in kleinen zu einem Kaufwerk vereinigten
Kristallen von unbestimmbarer Form erhält. Werden diese Kristalle der
Sublimation unterworfen und die sublimirte Säure durch anhaltendes Kochen
in siedendem Wasser gelöst, so erhält man das Hydrat der Phtalsäure in
dünnen 4- oder sechsseitigen Tafeln, welche einem schiefen rhomboidalen
Prisma anzugehören scheinen. Bei 120° verlieren sie kein Wasser. Die
Formel der kristallisirten Säure ist C16 ü12 08. (Marignac , Laurent.')
Wasserfreie Phtalsäure. Die kristallisirte Säure enthält 2 At. Was-
ser, die sie bei der Sublimation verliert. Die sublimirte Säure erhält man
in langen, biegsamen, weifsen Nadeln von Seidenglanz, deren Form einem
rhombischen Prisma angehört; sie ist kaum löslich in kaltem Wasser, wird
bei auhaitendem Kochen damit gelöst und diese Auflösung giebt beim Er-
kalten Kristalle der wasserhaltigen Säure. Die Formel der wasserfreien
Säure ist 016 H8 06. ( Marignac .)
Phtalsaures Ammoniak , saures. Kristallisirt leicht in dünnen rhom-
| bischen oder sechsseitigen Tafeln; die Kristalle sind farblos, ziemlich lös-
lich, sie verlieren bei 120° kein Wasser. Formel Ci6 H6
Phtalsaures Silberoxid. Weifser leichter kristallinischer Niederschlag,
behält leicht und hartnäckig salpetersaures Ammoniak zurück, ist etwas
löslich in Wasser. Formel Clf, Hg 06, 2AgO. (Marignac.)
Phtalimide.
Eine Auflösung von wasserfreier Phtalsäure in Ammoniak giebt bei der
Kristallisation eine aus feinen, kleinen biegsamen Nadeln bestehende Masse,
die sich leicht in Wasser löst. Die Auflösung reagirt sauer; die Zusam-
mensetzung dieser Kristalle wird durch die Formel Ci6 Hs | ausge-
drückt, es ist mithin wasserfreie Phtalsäure, worin 1 At. Sauerstoff ver-
treten ist durch 1 At. Amid. Die wässerige Auflösung giebt heifs mit sal-
petersaurem Silberoxid gefällt, kristallinische weifse glänzende Schuppen,
welche gleiche Atomgewichte Phtalimid und Silberoxid enthalten.
In siedendem Wasser gelöst und eine Zeitlang im Sieden erhalten ver-
wandelt sich dieses Amid in saures phtalsaures Ammoniak. ( Marignac.)
Trocken auf 120° erhitzt verliert dieser Körper 1 Atom Wasser, er ver-
liert seine leichte Löslichkeit im Wasser, seine saure Reaction und geht
in deu Körper über, den Laurent bei der trocknen Destillation des sauren
phtaisauren Ammoniaks erhalten und als Phtalimid beschrieben hat. Die
Formel des letzteren ist C16 H10 Na 04.
Gri^c, Pt PhArmacie. I. (Ute Aujl.)
88
I30ti Cfiiomaphtalase, Ohlornapläalese.
Produkte der Einwirkung des Chlors auf Naphtalin.
Die Zusammensetzung der vou Laurent entdeckten, durch die Einwir-
kung des Chlors auf Naphtalin entstehenden Produkte ist folgende:
Naphtalin
C20Hl6
Salzsaures Chlornaphtalase
C40 Hl6 CI* — C20 H,* CJ2 + CJj h2
Chlornaphtalase
c20 H14 Cl2
Salzsaures Chlornaphtalese
C20 11,6 Cl8 = C20 H12 CI* -+- CI* H*
Chlornaphtalese
(■20 Hia Cl4
Perchiornaphtalese >
Salzsaures Chlornaplitalose )
Cao 1112 ci12 = C20 h8 CI, -h CI* H*
Chlornaphtalise
C2„ h1# a.
Chlornaphtalose
Cjjq ü8 da.
Chlornaphtalase , salzsaures.
(Naphtalinchloriir , Berzelius.') Dieser
Körper ist das erste Produkt der Einwirkung des Chlors auf Naphtalin, es
tst in reinem Zustande eine ölartige gelbliche Flüssigkeit, schwerer wie
Wasser und darin unlöslich, mischbar mit Aether und Alkohol. Durch
Destillation für sich oder über Kalihydrat trenneu sich davon die Elemente
vou 1 *Aeq. Salzsäure und man erhält:
Chlornaphtalase von ölartiger Beschaffenheit, farblos, flüchtig, de-
stillirbar.
Salzsaures Chlornaphtalese , bildet sich bei der Sättigung des Naphta-
lins mit Chlor bei gewöhnlicher Temperatur neben der ersten Verbindung
und bieibt nach Behandlung mit kaltem Aether rein zurück. Es stellt ein
vveifses kristallinisches Pulver dar, nicht in Wasser, wenig in heifsem
Alkohol, in 30 siedendem Aether löslich und daraus in farblosen rhom-
boidalen Tafeln kristaliisirbar, schmilzt bei 160°, wird durch den Eiuflufs
einer höheren Temperatur in Chlornaphtalese und Salzsäure zersetzt; eine
ähnliche Zersetzung erfolgt bei Destillation mit Kalihydrat, oder beim Auf-
lösen und Kochen mit einer weiugeistigen Lösucg von Kalihydrat, wobei
sich Parachlornaphtalese bildet. Beim Kochen mit Salpetersäure erhält
snan damit Fhtalsäure, Oxalsäure und ein flüchtiges Produkt.
Chlornaphtalese , kristallisirt in langen, farblosen, durchsichtigen,
schmalen rhombischen Prismen, ist geschmacklos, geruchlos, leicht in
Aether und Alkohol löslich und daraus kristaliisirbar, schmilzt und er-
starrt bei 44°. Destillirbar ohne Zersetzung. Erleidet durch Säuren und
Alkalien keine Veränderung. Verwandelt sich durch Behandlung in der
Kälte mit Chlor in Per chlor naphtalese.
Parachlornaphtalese. Dieser Körper, welcher die nämliche Zusam-
mensetzung und ähnliche Eigenschaften wie der vorherbeschriebene be-
sitzt, kristallisirt in spitzen kleinen Lamellen, schmilzt bei 28° und er-
starrt bei 18 — 20°. Durch Chlor verwandeln sich beide Körper in Chlor-
naphtalose. Ein dritter ölartiger Körper von derselben Zusammensetzung
entsteht .bei Destillation des salzsauren Chlornaphtalese.
Per chlor naphtalese. Das mit Chlor in der Kälte gesättigte Chlornaph-
talese hinterläfst diesen Körper nach Behandlung mit Aether; in warmem
Aether gelöst kristallisirt er daraus in kleinen, sehr glänzenden, ausge-
hildeten schiefen rhombischen Prismen ; die Kristalle sind geruch- und ge-
schmacklos, in kaltem Alkohol wenig löslich, leichter in Aether, sie
schmelzen und erstarren bei 141°. Durch weitere Einwirkung vou Chlor
in der Wärme verwandelt sich dieser Körper in Chlor na phtalose y dasselbe
Produkt erhält man durch Einwirkung von Kalihydrat.
Chlornaphtalis. Entsteht durch die Einwirkung des Chlprs auf Nitro-
uaphtalase und Nitrouaphtalese, so wie bei der Sättigung des Naphtalins
mit Chlor. Das Chlornaphtalis ist färb- und geruchlos, unlöslich in AVas-
ser, sehr wenig in Alkohol, sehr leicht in Aether; kristallisirt in feder-
fürmig vereinigten kleinen Nadeln oder in unrcgelmäfsigeu sechsseitigen
Cfaloronaphtalose , Chlornaphtalinsänre.
130?
Prismen; die Kristalle sind woich , knetbar wie Wachs, sie schmelzen bei
C5° und erstarren beim Erkalten kristallinisch. Destillirt ohne Verände-
rung und ist in Schwefelsäurehydrat in der Wärme löslich. Chlor geht
damit eine Verbindung ein.
Chlor naplitalos. Entsteht aus den vorherbeschriebenen Chlorverbin-
dungen, so wie aus dem Nitronaphtalase und Nitronaphtalese durch Ein-
wirkung des Chlors in der Wärme, es ist das letzte Produkt dieser Ein-
wirkung. Das Chlornaphtalos ist weifs, färb- und geruchlos, löslich in
Aefther und Alkohol , kristallisirt in langen Nadeln von rhombischer Basis,
welche bei 126° schmelzen und sich bei Destillation unzersetzt verflüch-
tigen. Ein diesem Körper gleich zusammengesetztes Produkt entsteht,
wenn der bei der Destillation des salzsauren Cblornaphtalese erhaltene
Ölartige Körper, von dem festen kristallisirharen getrennt, der Einwirkung
des Chlors und einer weingeistigen Lösung von Kalihydrat unterworfen
wird; er ist fast weifs, kristallisirt in schiefen rhombischen Prismen, ist
wenig löslich in Alkohol und Aether und unterscheidet sich wesentlich
von dem vorhergehenden durch seinen Schmelzpunkt 160°.
Brom bildet die folgende Gruppe von Verbindungen.
Bromnaphtalese C20 H14 Bra
Bromnaphtalese C20 flu Br4.
Durch die Einwirkung von Brom auf Chlornaphtalase entstehen:
Salzsaures Chlorbromnaphtalose C20 H„ CI4 Br* 4- H* Br*
Chlorbromaaphtalose C20 H6 CI* Br*.
Produkte der Einwirkung von Salpetersäure auf einige der be-
schriebenen Chlorverbindungen des Naphtalins,
Bei der Behandlung des salzsauren Chlornaphtalase mit Salpetersäure
erhält man aufser Phtalsäme und Oxalsäure noch ein flüchtiges Produkt,
was sich zum Theil in Salpetersäure gelöst, theils in Gestalt schwerer
Oeltropfen in die Vorlage begiebt. Durch Reetificätion des Destillates für
sich geht dieser Körper zuerst über, durch Waschen mit etwas Kalilauge
und neue Destillation erhält man ihn rein, farblos, durchsichtig, von 1,685
spec. Gewicht, siedet über 100°, von sehr starkem, die Augen reizenden
Geruch, dem Chlorcyan ähnlich, ohne Reaction auf Pflanzenfarben, in
Wasser unlöslich, mit Alkohol und Aether mischbar. Wird durch Säuren
und wässerige Alkalien nicht verändert. Mit metallischem Quecksilber
erwärmt wird er zersetzt, es entsteht Quecksilberchlorür, Kohlensäure
und Stickoxidgas. Diese merkwürdige Verbindung ist von Marignac ent-
deckt worden, sie enthält Chlor, Kohlenstoff und die Elemente der Unter-
salpetersäure und ist nach der Formel C CJ2 Na 0* zusammengesetzt.
Chlornaphtalinsäure.
Wenn die butterartige, in warmem Wasser schmelzbare Masse, die
man durch anhaltendes Hinüberleiten von Chlorgas über Naphtalin erhält,
mit siedender Salpetersäure eine Zeitlang behandelt wird, so erhält man
eine saure Auflösung, welche Phtalsäure und Oxalsäure enthält, und ein
zweites in der Wärme Ölartiges Produkt, was bei gewöhnlicher Tempe-
ratur fest wird. Der Hauptbestandteil desselben ist Chlornaphtalinsäure^
die man daraus erhält, wenn es bis zur Sättigung in siedender schwacher
Kalilauge gelöst, mit Salpetersäure übersättigt und erkalten gelassen wird.
Man erhält auf diese Weise Chlornaphtalinsäurehydrat , das man durch
wiederholte Verbindung mit Kali, Auflösung des Kalisalzes in siedendem
schwachem Alkohol und Zusatz von Salpetersäure beim Erkalten kristal-
lisirt erhält. Das Chlornaphtalinsäurehydrat ist gelb, durchscheinend, ge-
ruchlos und unveränderlich an der Luft; es ist in Wasser nicht merklich
löslich , schwierig in Aether und heifsem Alkohol. Aus letzterem kristal-
ms
N a p h t a 1 i d a m.
lisirt sie in Lochst feinen fadenförmigen Verzweigungen , ähnlich gewissen
Schimmelvegetationen , oder in uuregelmäfsigen kurzen glänzenden Pris-
men; sie schmilzt bei 200° und erstarrt beim Erkalten in rechtwinkligen
Blättern, destillirt und sublimirt ohne Veränderung, löst sich in Schwefel-
säurehydrat und wird durch Wasser daraus wieder gefällt. Die Formel
dieser Säure ist C20 Hj0 Cl2 0Ä oder C20 H8 Cl2 0S -h H20. In den Salzen
ist. das Wasseratom ersetzt durch t At. Metalloxid (MO). DievSaIze sind
von ausgezeichneter Schönheit, gelb oder carminroth, meistens sehr wenig
löslich in Wasser. Das Kalisalz ist C20 fl8 Cl2 04 H- KO -+- H20. Das Ba-
rytsalz C20 H8 Cl3 Os , BaO. (Laurent, }
Bei der Behandlung des salzsauren Chlornaphfalise erhielt Laurent
noch zwei andere Produkte, das eine, Oxichlornaphtalose , C20 R8 CI4 02
-f- HjO, ist gelb, glänzend, schmilzt bei f)8° und bildet bei der Sublima-
tion schiefwiukhche Blätter, es löst sich in Schwefelsäurehydrat mit braun-
rother Farbe, Zusatz von Wasser fällt es aus dieser Auflösung; geht durch
Behandlung mit Salpetersäure in Chlornaphtalinsäure über. Ein anderer
hierbei entstehender Körper, Oxichlarnaphtalenose , C18 U8 Cl6 0, stellt
vveifse glänzende Nadeln dar , welche unlöslich in Wasser, schwerlöslich
in Alkohol und Aether sind und bei 160° schmelzen.
Zersetzung des Nitronaphtalase durch Schwefelwasserstoff
Naphtalidam. — Organische Salzbasis, entdeckt von Zinin. Formel:
C20 H,3 N2 (Zinin}.
Zur Darstellung dieser interessanten Verbindung übergiefst man 1 Th.
Nitronaphtalase mit 10 Th. Weingeist und setzt so viel Schvvefelammo-
mutn hinzu , bis sich in gelinder Wärme alles gelöst hat und ein schwa-
cher Geruch nach Schwefelammonium bleibt. Die Auflösung enthält
schwefelvvasserstofFsaures Naphtalidam und überschüssiges Schwefelammo-
nium, beide gelöst im Weingeist. Durch Sättigung derselben mit ver^
dünnter Schwefelsäure entsteht schwerlösliches schwefelsaures Naphtalidam
unter Abscheidung von Schwefel und Schwefelwasserstoff und Bildung von
schwefelsaurem Ammoniak. Die nach dem Erkalten erstarrte Masse prefst
man aus und reinigt das schwefelsaure Naphtalidam durch mehrmaliges
Kristalüsiren. Zuletzt übersättigt mau die gesättigte wässerige Auflösung
desselben mit Ammoniak, wo sich in der Ruhe das Naphtalidam in seiden-
glänzenden feinen weifsen, flach zusammengedrückten Nadeln abscheidet.
Das Naphtalidam schmilzt bei 50° und siedet bei 300°, wobei cs ohne
Zersetzung destillirbar ist. An der Luft wird es durch Sauerstoffaufnahme
violett. Es besitzt einen eigentümlichen starken unangenehmen Geruch
und einen bittern pfefferartigen Geschmack, es ist unlöslich in Wasser,
leicht in Alkohol und Aether. Die Auflösungen besitzen keine alkalische
Reaction , es verbindet sich mit allen Säuren zu wohlkristallisirbaren Sal-
zen; die Verbindungen mit Wasserstoffsäureu sind wasserfrei, die mit
Sauerstoffsäuren enthalten, wie die correspondirenden Anamoniaksalze,
t Aeq. Wasser. Mit Platin- und Quecksilber-Chlorid geht es Doppelver*
bindungen ein.
Schwefelsaures Naphtalidam. Löst man Naphtalidam bei gelinder
Wärme in conceutrirter Schwefelsäure und setzt Wasser zu, so erfüllt
sich die Flüssigkeit mit weifsen schuppigen Kristalleu des neutralen Schwe-
felsäuren Salzes. An der Luft wird es roth gefärbt. Das phosphorsaure
Naphtalidam ist leichtlöslich in kochendem Alkohol und Wasser, das pyro-
phosphorsaure hingegen sehr schwer löslich in diesen Flüssigkeiten. Das
mit verdünnter Säure bereitete salpetersaure Naphtalidam ist kristallisir-
bar, durch concentrirte Salpetersäure wird es dunkelviolett gefärbt und in
ein braunes, leicht in Alkohol mit violetter Farbe lösliches Pulver verwan-
delt. Mit Oxalsäure bildet diese Basis ein saures und ein neutrales Salz.
Das letztere enthält 3 At. Wasser.
Constitution des Naphtalins.
1309
Das salzsaure Salz ist in weifsen Nadeln bei 200° sublimlrbar , ziem-
lich in Wasser, leichter jedoch in Alkohol und Aether löslich. Es enthält
1 Aeq. Nuphtalidam auf 1 Aeq. Salzsäure.
Eine Auflösung von Quecksilbersublimat giebt mit einer weingeistigen
Lösung von Naphtalidam einen gelblichen käseartigen Niederschlag. Die
Doppelverbindung des salzsauren Naphtalidams mit Platinchlorid besteht
aus gleichen Aequivalenten von beiden und stellt ein bräunlich-grüngelbes
kristallinisches Pulver dar.
Leitet man Chlorgas durch eine Auflösung vou salzsaurem Naphtalidam,
so färbt sie sich violett unter Abscheidung eines braunen Pulvers. Bei dem
freiwilligen Verdampfen der stark sauren Flüssigkeit kristallisirt eine neue
Verbindung in laugen goldgelben Nadeln.
Nitronaplit diese giebt nach Zinin , auf dieselbe Weise wie Nitro-
nuphtalase behandelt, eine neue, in feinen rotheu Nadeln kristallisirende
Basis, die sich mit Salzsäure zu einem weifsen feinschuppigen Salze ver-
bindet.
lieber die Constitution des Naphtalins und einiger seiner Ver-
bindungen.
Das Verhalten des Naphtalins zum Chlor und einiger seiner Chlorver-
bindungen zur Salpetersäure erklärt sich auf eine einfache Weise, wenn
man sich das Naphtalin als eine Verbindung von zwei Kohlenwasserstoffen
denkt :
Naphtalin C20 H16 =|^16^8
Durch die Einwirkung des Chlors in der Kälte geht der Kohlenwasserstoff
C4 Hs eine Verbindung mit demselben ein. Die Zusammensetzung des salz-
sauren Chlornaphtalose, Chlornaphtalese und Chloruaphtalase würde hier-
nach sevn:
~ (CH
Chloruaphtalase =)c“h<,C1, -f- CI, H,
Chlornaphtalese = {cjj£8ci4 + Cjt ,j
Chlornaphtalose \ C16 H3
salzsaures ( C4 Cl8 •+• II*
Chlornaphtalose
Da sich bei der Einwirkung der Salpetersäure auf Naphtalin Oxalsäure
einerseits uud auf der andern Phtalsäure bildet, da man ferner durch Be-
handlung des salzsaureu Chlornaphtalose mit Salpetersaure ein fluchtiges
Chlor- und Kohlenstoff-haltiges Produkt und die nämliche Saure erhalt,
so scheinen offenbar die Kohlenstoff- und Wasserstoff-Atome des Naphta-
lins zweierlei Verbindungen anzugehören, von denen in der einen der
Wasserstoff durch Chlor ausgetauscht und der Kohlenstoff ganz, oder zum
TSieil hinweggenommen werden kann, während die andere Kohienwasser-
stoffverbindung, als Radikal betrachtet, in ihrer Zusammensetzung sich
gleich bleibt; mit 6 Atomen Sauerstoff würde diese letztere Phtaisaure
(C16 Hg -+- 60) uud durch Ersatz vou 1 Aeq. Wasserstoff durch 1 Aeq
Untersalpetersäure, Nitronaphtalinsäure ^J®^6 j -+■ ^6 bilden. ( Marignac.')
Diese Ansicht ist sehr wahrscheinlich und sie verspricht, w'enn sie puf die
sauerstofffreien ätherischen Oele übertragen und durchgeführt werden kann,
genügende Aufschlüsse über ihr bei gleiciier Zusammensetzung^ verschie-
denes Verhalten.
mo
P a r a li a p h t a 1 i n.
Verhalten de s Naphtalins zu den fetten Körpern.
Eine Mischung von gleichen Theilen Naphtalin und Schweineschmalz,
die man mehrere Wochen der Luft aussetzt , wird unter Saucrstoffauf-
nähme und Kohlensaureentwickelung schwarz. Bei Behandlung der Masse
mit Aether bleibt eine Verbindung ungelöst, welche Kohlenstoff uud Was-
serstoff in dem Verhältnifs wie 4 : 3 enthält. Durch Kristallisation aus
Alkohol erhält man sie in dicken graulichen Blättern von Seidenglanz,
weich irn Anfühlen , zwischen den Fingern erweichend.
Bei Anwendung von mehr Schweineschmalz entsteht der nämliche
Körper und mit demselben eine eigenthiimliche Säure, welche Rossignon ,
der diese Verbindungen entdeckte, Naphtolein säure nennt, sie ist halb-
flüssig, gelb und durchscheinend, von empyreumatischem Geruch.
Paranaphtalin.
Antftracen (Laurent). Entdeckt von Dumas und Laurent unter den
Destillationsprodukten der Steinkohlen.
Formel nach dem spec. Gewicht seines Dampfes C30 H34. (Dumas,
Laurent .)
In den bei 19° übergehenden Produkten der Rectification des Stein-
kohleutheers ist eine reichliche Menge Paranaphtalin enthalten, was sich
daraus beim starken Abkühlen in kristallinischen Körnern laicht in Blät-
tern) absetzt; man prefst es zwischen Papier und reinigt es am besten
durch wiederholte Destillationen, bei denen Naphtalin, wenn es beige-
mischt ist, im Anfang übergeht.
Das Paranaphtalin ist weifs, blättrig - kristallinisch , von geringerem
Glanze wie Naphtalin, schmilzt bei 180°, destillirt bei 300°, in niedriger
Temperatur sublimirt es in Kristallblättchen, deren Form nicht bestimmbar
ist. Es ist unlöslich in Wasser, wenig in kochendem Alkohol und Aether
und kristallisirt daraus in Flocken. Am leichtesten löst es sich in Terpen-
tinöl und kann daraus in körnigen Kristallen erhalten werden. Das spec.
Gewicht seines Dampfes Ist 6,7323 (berechnet; — gefunden 6,741, Du-
mas Laurent ).
In concentrirter Schwefelsäure löst sich das Paranaplitalin mit
schmutzig-grüner Farbe.
Zersetzungsprodukte des Paranaphtalins durch Salpetersäure .
Laurent erhielt durch Behandlung des Anthracens mit Salpetersäure
folgende Reihe vou Verbindungen:
Anthracene
©30
hJ4
Nitrite d’Anthracenase
©so
H2i
Binitrite d’Anthracenese
©SO
h20
Trinitrite d’Anthracenuse
©30
Hi b
Nitritre d’Aothracenise
Cjo
Hlfl
Nitrite d’Anthracenose
©50
Hi 6
Anthracenuso
©50
Hi 4
Chlorauthracenuse
©30
«20
Paranaphtalin.
O Hh N, 03 unbekannt.
02 4- 2N2 Oj
O- 3N2 Oj 4- 3 fl, O
04 4- N2 Oj
04 4- N2 Oj 4- Hi©
©3
Ci4.
Destillationsprodukte des Alaunschiefers (A mp elit , Brog niartj
Unterwirft man Alauuschiefer der trocknen Destillation, so erhält man
neben brennbaren Gasen ein Brandöl. von dicklicher Consistenz. Einer
Rectification bei steigender Temperatur unterworfen, läfst sich daraus eine
Reihe flüchtiger Oeie darstellen, deren Siedpuukt von 80° bis 300° zu-
nimmt. Das bei 80 bis 85° übergehende Oel , mit concentrirter Schwefel-
säure behandelt und über Kalibydrat rectificirt, ist farblos, von 0,714 spec.
Gew. , der Naphfa in seinen Eigenschaften und Zusammensetzung ähnlich;
§§ €8fhält in 100 Theilen 86 Kohlenstoff, 14 WassestofF ( Laurent), Das
I3ii
Ampeiiusäure, EetiuiL
bei 1(19° übergehende OeU mit coneefitrirter Schwefelsäure und Kalihydrat
gemengt« besitzt alle Eigenschaften des Eupion , es gab in 100 Theilen
85 60 Kohlenstoff, 14,50 Wasserstoff. (Eupion, was Laurent analysirte,
gab ihm 85,30 Kohlenstoff und 15,10 Wasserstoff.)
Ampelinsäure. Behandelt man die durch Rectification des Alaunscliicfer-
theers bei 150° ubergehenden Produkte in einer Retorte mit Salpetersäure, so
geben flüchtige Oele über und aus der Säure in der Retorte erhält man beim
Verdampfen uiid Abkühlen weifse Flocken, welche, mit kaltem Wasser
gewaschen, getrocknet und durch Destillation zuletzt gereinigt. Ampelin-
säure darstellen. Diese Säure ist färb- und geruchlos, beinahe unlöslich
in kaltem, leichter in siedendem Wasser, leicht löslich in heifsem Alkohol
und Aether; sie schmilzt bei 260° und sublimirt iu höherer Temperatur
Sie brennt auf glühende Kohlen geworfen, löst sich hi coneentrirter Schwe
felsäure und wird durch Wasser wieder daraus gefällt. S*e verbindet sich
mit Alkalien zu sehr löslichen Salzeu. (Laurent. j
Aus dem flüchtigen Oel des Steinkohlentheers , welches zwischen 130
bis 160° siedet, erhielt Laurent durch eine ähnliche Behandlung eine s.iure
Flüssigkeit, welche, mit Ammoniak neutralisirt und zur Trockne akge-
dampft, an Alkohol ein Ammouiaksalz abgiebt, aus dem man durch Zusatz
von Salpetersäure eine der Ampelinsäure in ihren Eigenschaften ähnliche
oder gleiche Säure erhält. Die Analyse derselben gab 60,0 Kohlenstoff,
4 4 Wasserstoff und 55,6 Sauerstoff, entsprechend der Formel C14 Il12 0?.
0400 ampelinsaures Silberoxid hinterliefsen 0,0446 Silber, diefs giebt für
das Atomgewicht der wasserfreien Säure 1573, es sollte seyn 1613.
( Laurent .)
Ampelin . üeber dieses ölartige, in Wasser, Alkohol und Aether lös-
liche Produkt der Einwirkung von Schwefelsäurehydrat auf das zwischen
300 und 280° kochende Oei des Alaunschiefertheers siehe Ann. de chint.
et de phys. T. LXiV. pag. 326.
Uetinit oder Betinasphalt ist ein bisweilen in den Braunkohlen vor-
kommendes fossiles Harz von graugelber, brauner oder rother Farbe, ge-
ringem Glanz, harzartigem Bruch, von 1,07 — 1,35 spec. Gew., leicht
schmelzbar uud entzündlich, mit leuchtender, rufsender Flamme brennend
mit Hinterlassung von wenig Asche. Von 100 Th. werden 9 t durch Al-
kohol gelöst mit rothbrauner Farbe. Reiner Aether, so wie Terpentinöl
und Petroleum lösen nur wenig von diesem Harze. Es verbindet sich rmu
41ka!ien die Verbindung ist leicht löslich in Wasser, aber uuioslica m
Alkalien. Der unlösliche Rückstand ist ebenfalls in Aether schwerloshch,
aber löslich in Alkalien. Es schmilzt schwierig und zersetzt sich. Bei
der trocknen Destillation des Retinits entwickelt sich Kohlensäure und
Kohlenwasserstoff, ein etwas dickflüssiges Oel und sehr wenig Essigsäure
wurden erhalten , aber kein Ammoniak und keine Bernsteinsäure.
Aehnliche fossile Harze sind in Bovey in England gefunden und von
JoJmston und Eatchet untersucht worden , wovon 55 pCt. in Alkohol lös-
lich waren : auch am Cap Sable in Nordamerika ist ein ganz ähnliches ge-
funden und von Troost darin 55% Th. in Alkohol löslichen Karzes naca-
gewlesen worden.
Thomson beschreibt ein im Aeufseren ähnliches Harz von Higligate-Hill
in England, welches aber kaum an Alkohol etwas Lösliches abgiebt, harter
als Colophonium ist, ein spec. Gew. von 1,046 hat, von Aether undurch-
sichtig, weifs und zerdrückbar, von Schwefelsäure und Salpetersaure zer-
setzt, von Alkalien nicht gelöst wird.
Betinsäure. — Formel: C21 H„ Ö5. (Johnsionj ' Durch Ausziehen des
Retinaspbalts aus dem Braunkohlealager bei Bovey mit Weingeist und Ver-
dampfen des Filtrats erhalten. — Hellbraun, leicht löslich 111 Aether,
schmilzt bei 137°, zersetzt sich bei höherer Temperatur und geht mit
Silber- uad Bleioxid Verbindungen ein.
131«
Hatchetin, Idrialin.
Uatcketin kommt k» England bei Merthyr-Tydwttl und tn Schottland
am Locb-Fyne in Torf- und Steinkohlenlagern vor und ist von Conybeare
untersucht. Er ist geschmack- und geruchlos, unlöslich in Wasser , aber
löslich in Alkohol, Aether, fetten und flüchtigen Oeleu. Alkalien wirken
nicht darauf. Der englische ist hellgrüniicbgelb durchscheinend, schmilzt
bei 7 6° , hinterläfst bei der Destillation we.nig Kohle. Der schottische ist
farblos, leichter als Wasser, voll Luftblasen, hat ein spec. Gewicht von
0,608, nach dem Schmelzen von 0,983, schmilzt bei 47°, -fängt bei 143°
an zu destillireo. Johnston untersuchte Hatchetin von Gl as m o r gan s h i r e ,
dessen Schmelzpunkt bei 64° lag und dessen spec. Gew, 0,916 war; ec
war am leichtesten in kochendem Aether löslich, die Lösung gerinnt beim
Erkalten zu einer kristallinischen Masse. Lange an der Luft liegend
schwärzt er sich. Salpetersäure ist ohne Wirkung darauf; Schwefelsäure
verkohlt und zersetzt ihn beim Erhitzen; er fand darin 85,91 Kohlenstoff
und 14,62 Wasserstoff.
Scheererit, von Könlein in Braunkohlenlagern bei Utznach am Zurcher-
see entdeckt. Er findet sich dort in den noch fast unveränderten Kiefer-
Stämmen. Man löst ihn in kochendem Alkohol, aus dem er beim Ab-
dampfen und Erkalten kristallisirt. Es ist farblos durchscheinend, perl-
muttergläuzend , schwerer als Wasser, geruch- und geschmacklos, fühlt
sich fettig an, schmilzt bei 45°. Es destillirt bei 200° eine farblose Flüs-
sigkeit über, die sich in einen festen und flüssigen, gleich zusammenge-
setzten Körper, den Pyro-Scheererit, scheidet. Der Scheererit brennt mit
leuchtender rufsender Flamme, ist unlöslich in Wasser, leichtlöslich in
Alkohol und Aether und läfst sich mit fetten und flüchtigen Oelen zusam-
menschmelzen. Chlor verbindet sich damit zu einer körnigen, aromatisch
riechenden Masse, die nicht sauer reagirt, nicht schmilzt und beim Ver-
flüchtigen sich nur wenig zersetzt. Salpetersäure wirkt nur schwierig
auf Scheererit. Schwefelsäure bräunt sich damit beim Erhitzen und giebt
beim Neutralismen mit Baryt ein lösliches Salz. Er besteht nach Kraus
aus 92,45 Kohlenstoff und 7,42 Wasserstoff.
Middletonit findet sich in den Steinkohlenlagern von Leeds und New-
castle in kleinen runden, leicht zerreiblichen , durchscheinenden, röthlich-
braunen Massen von 1,6 spec. Gew., an der Luft wird er schwarz. Er
erträgt über 220° ohne zu schmelzen- und sich zu zersetzen. Durch Sal-
petersäure und Schwefelsäure wird er verändert. Er enthält nach Johnston
86,4 Kohlenstoff, 8,0 Wasserstoff und 5,6 Sauerstoff?
Idrialin. Es wurde zuerst von Pumas aus dem Quecksilberbranderz
oder Lebererz von Idria dargestellt; später auch von Schrötter untersucht.
Das Lebererz ist ein Gemenge von Zinnober, mit einigen Mineralsubstan-
zeu verunreinigt, und Idrialin, welches bis zu 21 p. c. beträgt ( Schrötter ).
Man erhält es durch Ausziehen des Erzes mit kochendem Terpentinöl,
oder auch durch Abdestilliren in einem Strome von Kohlensäure, wobei
sich jedoch stets viel zersetzt und leicht Quecksilber eiugemengt erhalten
wird. Aus dem Terpentinöl kristallisirt es in farblosen feinen Kristallen.
Es ist unlöslich in Wasser und kaum löslich iu Alkohol und Aether, subli-
mirt zum Theil verändert in feinen wolligen Kristallschuppen über, der
gröfsfce Theil wird dabei selbst im luftleeren Raume zersetzt. Mit Chlor
giebt es eine feste Verbindung; mit Schwefelsäure färbt es sich intensiv
blau, indem sich eine eigne Säure, wahrscheinlich Idrialinunterschwefel-
säure, bildet, die mit Kali ein in silberglänzenden Kristallen anschiefsendes
Salz bildet. Nach Dumas und Schrötter besteht es aus 94,9 Kohlenstoff
und 5,1 Wasserstoff, was der Formel C5 Ha , vielleicht C21 H14, entspricht.
Nach Laurent bildet Salpetersäure damit eine nach der Formel C1S Hs 0
N2 04 zusammengesetzte Säure.
Succisteren wurde von Pelletier und Walter bei der trocknen Destil-
lation des Bernsteins erhalten und von gleicher Zusammensetzung wie das
Ozofcerit, Fichlelit.
tais
Idrialin gefunden; mit Schwefelsäure bildet ea auch eine blaue Verblödung
und ist wahrscheinlich mit jenem identisch.
Ozokerit, fossiles Wachs. — Er findet sich in der Moldau bei Slamick
unter einem Lager von bituminösem Thonschiefer in Massen von 80 — 100
Dieser wurde von Magnus , Schrötter und Malaguti , ein bei Newcastle an
derTjne gefundener von Johnston analysirt mit fast gleichen Resultaten. Sie
fanden darin 85,75— 86,8 Kohlenstoff, 13,7 — 14,0 Wasserstoff. Er ist jedoch
keine einfache Substanz. Malaguti erhielt daraus durch Alkohol eine bei
75° schmelzende Substanz, der Rückstand schmolz bei 90®. Der Schmelz-
punkt des Ozokerits wurde von allen etwas verschieden gefunden , was
wohl von der verschiedenen relativen Menge der beiden Substanzen her-
riihrt. Er ist gelbbraun, blättrig, hat einen perlmutterglänzenden musch-
ligen Bruch, schmilzt etwas über 80°, hat ein spec. Gew. von 0,953, ist
schwerlöslich in Alkohol und Aether; Terpentinöl, Steinöl und fette Oele
lösen ihn leicht, riecht dem Steinöl nicht unähnlich und brennt angezündet
mit leuchtender, wenig rufsender Flamme. Salpetersäure wirkt nur wenig
darauf ein, ebensowenig Alkalien, auch nicht Chlorwasser, Chlorgas aber
macht ihn weich und löslich in Aether. Kalte Schwefelsäure verändert
ihn nicht, beim Erhitzen schwärzt sie sich unter Entwickelung von schwefli-
ger Säure, Wasser fällt daraus schwarze Flocken, die man auswascht,
trocknet und mit kochendem Aether auszieht, der beim Erkalten eine
weifse, flockige, wachsähnliche, wenig in Weingeist lösliche, bei 73°
schmelzende Masse absetzt. Bei der trocknen Destillation erhält man
daraus 10,34 Th. Gas, 74,01 ölige Substanzen, 13,55 Th. einer kristal-
linischen Masse, Wachs des Ozokerits genannt, und 3t Th. Kohle bleiben
zurück ( Malaguti ). Das Wachs besteht nach demselben aus 85,96 Koh-
lenstoff und 14,04 Wasserstoff. Man erhält es durch Digestion des De-
stillates mit Aether und Abpressen der Flüssigkeit, wo es als wreifser
perlmutterglänzender, fettiger, bei 75 — 77° schmelzender und bei 300°
siedender Rückstand bleibt. Aber bei der neuen Destillation bildet sich
stets wieder Oel und Wachs, was in heifsem Aether löslich ist, auch in
kochendem absoluten Alkohol j nach mehrmaliger Rectification kann es
fast unzersetzt destillirt werden und schmilzt dann bei 56°, hat aber die
oben angegebene Zusammensetzung.
Beim Verdunsten der abgeprefsten ätherischen Lösung erhält man ein
rothbraunes Oel, welches bei auffallendem Licht grün erscheint, bei 0°
etwas Paraffin in Blättchen absetzt, durch Schwefelsäure entfärbt wird
und bei der Destillation zuerst ein blafsgelbes durchsichtiges Oel , dann
viel Paraffin liefert.
Fichtelit findet sich in einem trocknen Torflager an noch wenig ver-
änderten Fichfcenstämmen bei Redwitz am Fichtelgebirge. Bromeis fand
darin 89,3 Kohlenstoff und 10,7 Wasserstoff, was mit der Formel C20 Hso
übereinstimmt und seine Entstehung «aus Terpentinöl (C20 H35) sehr wahr-
scheinlich macht. Er schmilzt bei 46°, destillirt unverändert über, erstarrt
kristallinisch, ist wenig löslich in Alkohol, d«agegen sehr leicht in Aether.
— B Trommsdorff hat einen Bergtälg von demselben Fundorte anal3Tsirt,
der aber erst bei 107° schmilzt; aus absolutem Alkohol, der beim Kochen
8,5 Th. löst, kristallisirt er beim Erkalten und besteht aus 93,4 Kohlen-
stoff und 7,5 Wasserstoff, was dem VerhsUfnifs von 1 At. Kohlenstoff und
1 At. Wasserstoff entspricht.
Tekoretin , Phylloretin } Xyloretin und Boloretin. In den dänischen
Torfmooren finden sich Ueberreste eines früher vorhandenen Tannenwaldes,
bei deren näherer Untersuchung Forchhammer die vier eben genannten
Körper entdeckt hat.
Tekoretin und Phylloretin kommen kristallisirt in den Intercellular-
gängen der Stämme , in den Zwischenräumen zwischen Rinde nnd Holz
und in den Rissen in dem Holze vor; sie werden durch Kristallisation aus
1314
Tekoretin, Phylloretin, Xyloretin.
Alkohol von einander getrennt, wo das Tekoretin zuerst, das Phylloreiiu
zuletzt kristallisirt.
Das Tekoretin ist farblos, kristallisirt in Prismen, schmilzt bei 45° C.,
und destillirt beim Siedpunkt des Quecksilbers unverändert über 5 sein spee.
Gew. ist = l,OOS bei 1 1,25° C. , es ist unlöslich in Wasser, leichtlöslich in
Aether, schvverlöslich in Alkohol. Durch Chlor wird es zersetzt, indem
Wasserstoff als Salzsäure abgeschieden und Chlor aufgenommen wird.
Salpetersäure erzeugt damit Oxalsäure und eine braune, wahrscheinlich
stickstoffhaltige, harzartige Materie. — Bei der Analyse fand Forchhammer
87,17 Kohlenstoff und 12,84 Wasserstoff, was am nächsten der Formel
C4 H9 entspricht.
Das Phylloretin schmilzt bei 87,5° C., kocht beim Siedepunkt des
Quecksilbers, ist farblos und kristallisirt in glimmerartigen Blättern. Es
ist unlöslich in Wasser, leichtlöslich in Aether und in Alkohol. Die Ana-
lyse gab 90,18 p. c. Kohlenstoff und 9,24 Wasserstoff, woroach F. es für
wahrscheinlich hält, dafs das Phylloretin nach der Formel C5 Hs zusam-
mengesetzt sey.
Xyloretin. Wird aus dem fossilen Tannenholz durch Ausziehen mit
starkem Alkohol, Verdampfen und Behandeln des Rückstandes mit Aether
aus der Lösung kristallisirt erhalten. Es schmilzt bei 165°, ist nicht flüch-
tig ohne Zersetzung, unlöslich in Wasser, leichtlöslich in Alkohol und
Aether. Im Mittel von 5 Analysen enthält es 78,97 Kohlenstoff, 10,87
Wasserstoff und 10,16 Sauerstoff, was der Formel C40 H66 04 entspricht,
die sich von der der Sylvinsäure nur um 2 At. Wasserstoff unterscheidet.
Boloretin. Scheidet sich, nach dem Auskochen des fossilen Tannen-
holzes und dessen Binde mit Alkohol , beim Erkalten als graubraunes Pul-
ver ab, das durch wiederholte Auflösung g -einigt wird. In gröfs.erer
Menge wird es aus einer grauen Substanz vo~ erdigem Ansehen erhalten,
die sich in den hohlen, fossilen Tanneustämmen vorfindet, und ist auch in
einer Lyseklyn genannten Torfart von Jylland, so wie in den frischen
und abgefalleaen Nadeln der Nadelhölzer enthalten. • — Es kristallisirt nicht,
schmilzt zwischen 75 — 76°. — Die Analyse des Boloretins aus frischen
Fichtennadeln gab: 79,60 Kohlenstoff, 11,01 Wasserstoff und 9,39 Sauer-
stoff; in anderen Analysen wurde weniger Kohlenstoff und mehr Sauerstoff
und Wasserstoff erhalten, so dafs F. darnach die Formeln C40 II64 -4- 3aq,
■4- 5aq und 4- 6aq berechnete. (Amial. der Chem. u. Pharm, ßd. 41.
S. 39.)
Asphalt , Erdpech , Judenpech ist ein auf dem todten Meere, an einem
See auf Trinidat, bei Arlona in Albanien, bei Coxitambo in Südamerika
verkommendes Erdharz. Es schmilzt etwas über 100°, ist leicht ent-
zündlich, verbrennt mit leuchtender, stark rufsender Flamme und hinter-
läfst wenig Asche. Bei der trockenen Destillation giebt er brenzliches Del,
etwas Ammoniak, brennbare Gase und hinterlüfst % seines Gewichtes
Kohle. Er ist in Wasser ganz unlöslich, absoluter Alkohol zieht 5 p. c.
eines gelben Harzes aus, Aether löst weitere 70 p. c. eines schwarz-
braunen Marzös auf, welches sich auch in Steinöl und ätherischen Oelen
löst. Der in Alkohol unlösliche, in Aether schwerlösliche Theil, von
Boussingault Asphaltene genannt, wird von Steinöl und Terpentinöl leicht
gelöst, ist schwarz, glänzend, von muschligem Bruch, erweicht erst bei
800°, und zersetzt sich, ehe er vollkommen schmilzt. Er enthält 75,5
Kohlenstoff, 9,3 Wasserstoff und 14,8 Sauerstoff, was der Forme! C20
H51 03 entspricht. Der Asphalt scheint sehr veränderliche Mengen der nä-
heren Bestandteile zu enthalten; so besteht der von Coxitambo fast nur
aus Asphaltene t Boussingault ). Schwefel- und Salpeter-Säure zersetzen
ihn, indem sich sogenannter künstlicher Gerbstoff bildet. Kali löst ihn zum
Theil mit schwarzer Farbe.
Bergtheer kommt besonders im Departement Niederrhein , auch in Han-
nover vor. Er stellt öem Asphalt sehr nahe und enthält wie dieser e4u
Asphalt, Petroleum.
IMS
festes, dem Asphalt ähnliches, und ein flüssiges, dem Petroleum sehr
nahe kommendes Oel, welches Boussingault Petrolhie nennt. Es kocht
bei 380°, hat ein spec. Gew. von 0,89, brennt mit leuchtender Flamme,
löst sich wenig in Alkohol, leicht in Aether, und besteht aus 88,5 Koh-
lenstoff und 11,5 Wasserstoff, was dem Veyhältnifs Cs H8 entspricht. Nach
dem spec. Gew. seines Dampfes ist seine Formel C20 H5V Der Bergtheer
von Hannover hinterläfst bei der Destillation nach Lampadius keinen Asphalt,
sondern einen kohligen Rückstand. Die Benutzung des Bergtheers zu
Asphalt-Cäment , Mastic bitumineux ist hinlänglich bekannt. Boussingault
betrachtet das Asphaltene als ein Oxyd des Petrolens; es beträgt an 15
p. c. des Bechelbronner Bergtheers.
Elastisches Erdharz findet sich in Derbysbire und Montrelais; von
Johnston untersucht. Es verliert, bis zu 11?° erhitzt, an Gewicht, unter
Verflüchtigung eines stark riechenden Kohlenwasserstoffs, ist weich, ela-
stisch und enthält 85,4 — 88,1 Kohlenstoff und 1.3,5 — 13,3 Wasserstoff in
den verschiedenartigsten Varietäten.
Naphteine haben Joubert und Desvaux einen Im üebergangskalk im
Departement Maine et Loire verkommenden Körper, der sich den vorher-
gehenden anreiht, genannt. Er ist durchscheinend gelblichgriio, an der
Luft wird er unklar und rothgelb, hat eine gelatinöso schmierige Consi-
etenz, fühlt sich fettig an, schmilzt bei 51°, schwimmt auf Wasser, löst
sich in kochendem Alkohol, Aether und Terpentinöl, macht auf Papier
Fettflecken, entzündet sich nicht auf glühenden Kohlen, raucht aber und
riecht nach FA*tt.
Petroleum , Steinöl , Naphta ist eia flüchtiges Oel, welches sich in
den jüngsten Erd-Formationen an mehreren Orten, besonders an der Nord-
westseite des Caspischen Meeres, im Thonmergel, den es ganz durchtränkt,
findet und daraus häufig mit Wasser hervorquillt. Auch in Europa findet
es sich an vielen Stellen, z. B. bei Tegernsee in Bayern, bei Neufchatel,
in Frankreich im Departement l’Ain. Man sammelt es durch (graben von
SO Fufs tiefen Brunnen. Die reinste Sorte wird Naphta , die mehrfach
verunreinigte Petroleum genannt; erstere ist gelblich, von 0,753 spec.
Gew., und hinterläfst bei der Destillation mit Wasser nur wenig Rück-
stand; das letztere ist braunroth, von 0,83 — 0,88 spec. Gew., und hin—
terläfst bei der Destillation viel einer braunen zähen Masse, eine darin
gelöste, dem Erdpech analoge Substanz. Bei der Destillation des Steinöls
ohne Wasser erhält man stets nur einen Theil, der Rest verharzt und
brennt an. Nach Unverdorben enthält es ein bei 95°, ein zweites bei
113° und ein drittes erst bei 313° übergehendes Oel; der Rückstand in
der Retorte enthält etwas Bergtalg und Harz. Das Steinöl ist leicht flüch-
tig, es verdampft an der Luft, und dieses Gemenge brennt wie ölbilden-
des Gas, ohne aber durch den elektrischen Funken zu explodiren. In
Wasser ist das Oel unlöslich, mischt sich in allen Verhältnissen mit was-
serfreiem Weingeist, eben so mit Aether, fetten und flüchtigen Oelen.
Schwefel und Phosphor werden beim Kochen davon in geringer Menge
gelöst. Schwefelsäure und Salpetersäure wirken auf rectificirtes Steinöl
nicht zersetzend, wodurch eine Verfälschung mit Terpentinöl leicht zu
entdecken. Chlor verbindet sich damit unter Salzsäureentwickelung zu
einem öligen Körper. Alkalien und Kalium wirken nicht darauf; daher
benutzt man es, um Kalium darunter aufzubewahren und vor dem Luft-
zutritt zu schützen. In der Medicin wird es nicht viel angewandt; seine
allgemeinste Benutzung ist zur Erleuchtung an Orten, wo sein Rauch nicht
beschwerlich werden kann. — Es ist von vielen Chemikern änalysirt, und
der Kohlenstoffgehalt in den flüchtigeren Theilen stets geringer als in den
bei höherer Temperatur siedenden gefunden worden. Daher variiren auch
die Resultate ihrer Analysen zwischen 85,4 und 88,4 Kohlenstoff und
14,3 — 13,7 Wasserstoff. Das spec. Gew. seines Dampfes fand SMimas Qiit
dem nach der Formel Cs Hs berechneten übereinstimmend.
1316
Rufs.
In manchen Sorten Petroleum hat Gregor y Paraffin als Bestandteil
nachgewiesen.
Nach Reichenbach geben die gewöhnlichen Steinkohlen, mit Wasser
destillirt, ein flüchtiges Oel, was in vielen Eigenschaften sich dem Petro-
leum gleich verhält.
Rufs.
Bei der unvollkommnen Verbrennung von organischen Materien ent-
steht Rauch und Rufs , der sich an kälteren Orten zum Theil als eine
lockere, glanzlose, pulvrige, FLatterrufs , zum Theil an wärmeren als
eine glänzende, dichte, schwarze Masse, Glanzrufs QFuligo splendensj,
anlegt. Dieser wurde von Braconnot untersucht. Er fand darin saures
Brandharz, theilvveise mit Basen, die aus der Asche mit fortgerissen wur-
den, gesättigt, ferner Kohle, welche von der unvollständigen Verbrennung
von Kohlenwasserstoff und Brandöl herrührt, deren Wasserstoff sich oxi-
dirte, ohne dafs der Kohlenstoff zugleich verbrennen konnte. Ferner fand
er stickstoffhaltigen extractartigen Stoff, Humin, Asbolin. Dieses erhält
mau rein, wenn Flatterrufs mit Wasser ausgekocht, die Lösung verdampft,
wieder in Wasser gelöst, mit Salzsäure versetzt, der pechähnliche Nie-
derschlag mit kaltem Wasser gewaschen, dann ausgekocht, das Decoct
nach dem Erkalteu abfiltrirt, abgedampft und so oft in heifsem Wasser
gelöst wird, bis sich beim Erkalten nichts mehr ausscheidet. Beim Ab-
dampfen bekommt man eine firnifsartige Masse, die man mit Alkohol ex-
trahirt, die Lösung verdampft, den Rückstand mit Aether behaudelt, der
bei seiner Verflüchtigung das Asbolin rein liio terläfst als ein gelbes, sehr
scharfes, bitteres, nicht flüchtiges Oel, leichter als Wasser, mit Flamme
brennend, ein ammoniakaliscbes Destillat gebend, etwas in Wasser, leicht
in Weingeist, nicht in Terpentinöl und fetten Oelen löslich. Salpetersäure
löst es mit rothgelber Farbe. Die Lösung giebt beim Abdampfen künst-
liches Bitter und etwas Kleesäure. Die wässerige Lösung färbt sich durch
Alkalien dunkelroth, wird durch öleizucker pomeranzeuroth gefällt, auch
durch Galläpfelinfusion, Silbersoiatiou wird nach einiger Zeit davon gefällt
unter gleichzeitiger Reduction. — Der in einem Schornstein gesammelte
Rufs von Torf und Holz, mit Wasser von allen löslichen Theilen befreit,
hinterläfst einen schwarzen Rückstand, der sich zum grofsen Theil in koh-
lensaurem Natron löst. In dieser Lösung bringt Schwefelsäure einen brau-
nen gallertartigen Niederschlag hervor, der nach dem Auskoclien mit Al-
kohol in der Analyse gab 64,4 Kohlenstoff, 5,31 Wasserstoff, 6, 79 Stick-
stoff und 23,50 Sauerstoff. (Mulder.')
Kienrufs wiid erhalten durch Verbrennen von harzreichem Holz bei
unzureichendem Luftzutritt in Oefeu mit laugen, liegenden, mit wollenem
Tuch ausgekleideten Schornsteinen. Er besteht der gröfsten Menge nach
aus Kohle (an 80 p. c.), die sich durch alleinige Oxidation des Wasser-
stoffs von flüchtigen Produkten der Destillation absetzte. Er enthält je-
doch stets etwas Brandharz, wefshalb er sich nicht mit Wasser mischt,
wenn er nicht vorher mit Weingeist abgerieben wird.
Lampenrufs wird vermittelst einer Oellampe in einer den Luftzutritt
hemmenden Vorrichtung erhalten, gegen deren mit Wasser kaltgehaltenen
Deckel die Flamme schlägt und daran den Rufs als feine schwarze Kohle
absetzt.
Pyrothonid , so nennt man das Produkt, welches erhalten wird, in-
dem man Papier, oder Leinwand, in Cylinder gerollt, in der Art verbrennt,
dafs man die Substanz in ein offenes, flaches, dickes Metallgefäfs (eiser-
nen Kessel u. s. w. , der mit kaltem Wasser umgeben ist) stellt und oben
anzündet, dafs sie langsam herabbreunen (ist also eine Art Theerschwclerei
im Kleinen). Es schlägt sich eine braune extractartige Masse von stark
brenzlichem Geruch und Geschmack nieder, die man in Wasser löst, filtrire
und wiedöi* zur dünnen Extraotdicke verdampft. Es enthält die Bestand-
Pfk*n<zen-Albuinin , «öasein, -F&rin, 1B1T
theile der Rufslösung und trockenen Destillation , ist aber stickstofffrei. —
Wird jetzt in Frankreich als äufserliches Mittel gebraucht.
Die sch wefelkaitigen Bestandtheile der Pflanzen
und Thiere.
Unter den flüchtigen Oelen sind mehrere Verbindungen beschrieben
worden , die sich vor allen andern durch Mangel oder Abwesenheit von
Sauerstoff und einen beträchtlichen Gehalt an Schwefel auszeichncn.
Manche davon, wie das flüchtige Senföl, sind reich an Stickstoff. Man
hat viele Gründe, zu glauben, dafs diese Stoffe in dem Zustande, wie sie
dargestellt werden, nicht fertig gebildet i*n den Pflanzen oder Pflanzen-
theilen Vorkommen, sondern dafs sie Produkte der Zersetzung von andern
unbekannten Schwefelverbindungen sind.
Aufser diesen Verbindungen, wTelche nur einzelnen Pflanzengattungen
angehören, giebfc es eine Klasse, die sich in allen Pflanzen ohne Unter-
schied findet ; es sind diefs gewisse Stickstoffverbindungen , welche reich
an Sauerstoff und vor allen andern ausgezeichnet sind durch einen nie
fehlenden Gehalt an Schwefel; sie sind ohne Ausnahme fest, werden in
höheren Temperaturen zerlegt, und liefern beim Erhitzen eigenthüinlich
stinkende, flüchtige, schwefelhaltige, ammoniakalische Produkte und sind
ohne alle medieinische oder giftige Wirkungen auf den thierischen Orga-
nismus.
Der eine dieser Pflanzenbestandteile, das Pflanzenalbumin, findet sich
in allen Pflanzensäften im gelösten Zustande, in reichlichster Menge in
den sogenannten Gemüsepflanzen, ferner in dem weifsen Bestandteile der
ölreichen Saamen.
Der zweite, das Pflrmzencasein , ist vorzüglich in den Erbsen, Linsen
und Bohnen enthalten.
Der dritte, das Pflanzenfibrin , findet sich im unlöslichen Zustande in
den Saamen der Cerealien, *o wie in dem Safte vieler Pflanzen, aus denen
es sich nach dem Auspressen in der Form eines Coaguluins abscheidet,
was gewöhnlich durch fettige oder harzige Substanzen grün gefärbt ist.
Diese drei Stoffe besitzen den gemeinschaftlichen Charakter, sich unter
Zersetzung in mäfsig starker Salzsäure mit indigo- oder violett-blauer
Farbe zu lösen ; sie werden ferner mit Leichtigkeit von Kalilauge aufge-
löst und geben, damit gekocht, einerlei Zersetzungsprodukte; ein Theil
des Kali’s geht nämlich hierbei in Schwefelkalium über, und wenn der
Schwefel aus der Verbindung durch die Einwirkung des Alkali’s vollkom-
men ausgetreten ist, so erhält man aus der alkalischen Lösung, wenn sie
vorsichtig mit Essigsäure neutraiisirt wird, unter Entwickelung von Schwe-
felwasserstoff, einen gelatinösen Niederschlag, welcher eine gleiche Zu-
sammensetzung besitzt, gleichgültig, welchen der drei Pflanzensfoffe man
dieser Zersetzungsweise unterworfen hat.
Von der Bildung dieses Körpers her, welcher als Zersetzungsprodukt
von Mulder zuerst beobachtet worden ist und von ihm den Namen Protein
erhalten hat, heifsen alle Verbindungen, aus denen er darstellbar ist,
Proteinverbindungen.
Eine Vergleichung der Zusammensetzung und der Eigenschaften dieser
an Stickstoff reichen Schwefelverbindungen mit den Bestandteilen des
Blutes der Thiere hat ergeben, dafs beide nur der Form nach von einander
verschieden , in ihrem chemischen Verhalten hingegen identisch sind.
Der eine Hauptbestandteil des Blutes, das Thierfibrin , scheidet sich
aus dem Blute ab , wenn es aus -der Circulation genommen und sich selbst
überlassen wird. Durch diese Abscheidung wird die von selbst vorgehende
Gerinnung des Blutes bedingt
Wird frisch gelassenes Blut während des Gerinnens mit einem Stabe
gepeitscht oder geschlagen, so hängt sich das Thierfibrin an den Stab in
*318
Pflanzen alb umin.
langen , ruhen, elastischen Fäden an, und kann auf diese Weise von dem
Blute getrennt erhalten werden.
Das in der Ruhe gerinnende Blut trennt sich in zwei Schichten, in
eine gallertartige Masse, in Blutkuchen, von der, wie in einem Netzwerk
von feinen Faden, die färbenden Bestandteile des Blutes eingeschlossen
sich befinden, und in eine meistens schwach trübe, gelbliche oder grün-
liche Flüssigkeit, das Blutserum , Bluticasser , Serum . Das Blutwasser
enthält als Hauptbestandteil Thieralbumin.
Die Milch der Thiere enthält zuletzt eine stickstoffreiche Schwefel-
verbindung, die in ihren Eigenschaften und ihrer Zusammensetzung mit dem
Pflanzencasein identisch ist.
Pflanzenalbumin.
NTur in dem durch Hitze coagulirten Zustand bekannt.
Das Pfianzenalbumin ist in den Säften der Pflanzen gelöst enthalten,
und findet sich in vorzüglicher Menge mit Pflanzencasein in den ölreichen
Saamen. Seine Löslichkeit in den Säften ist bedingt durch Kali oder Na-
tron, oder durch Salze mit alkalischer Basis. (Viele Pflanzen, deren Salt
keine Schwefelsäure enthält, geben nach dem Einäschern eine Asche, in
welcher schwefelsaures Kali nachweisbar ist, dessen Säure von dem
Schwefel des Pflanzenalburains herrühren mufs.) Der Hauptcharakter des
Pflauzenalbumins beruht in seiner Gerinnbarkeit, in seinen Eigenschaften
nämlich, sich aus seinen Lösungen in einem unlöslichen Zustande abzu-
scheiden, wenn sie auf 60 — 75° erhitzt werden. Aus Kartoffeln kann
man sich coagulirtes Pflauzenalbumin in Menge und ziemlich rein ver-
schaffen, wenn sie in Scheiben zerschnitten und mit Wasser übergossen
werden, welches zwei Procent Schwefelsäure enthält. Giefst man das
Wasser nach 24 Stunden ab und auf frische Kartoffeln und wiederholt diefs
noch mehrmals, so erhält man eine gelbliche Flüssigkeit, die nach der
Neutralisation mit Alkali beim Sieden in dicken weifsen Flocken gerinnt.
Um das phosphorsaure Bittererde-Ammoniak in Auflösung zu behalten, ist
es gut, einen schwachen Uebcrschufs von Säure zu lassen. — In sehr
verdünnten Auflösungen bleibt das Pflanzenalbumin beim Sieden gelöst, es
scheidet sich aber in diesem Fall beim Abdampfen ab ; einmal abgeschie-
den , ist es in der ursprünglichen Menge Wasser nicht mehr löslich. In
den durch Auspressen ohne Wasserzusatz erhaltenen filtrirten Säften der
Gemüspflanzen entsteht beim Kochen ein weifses oder grünlichweifses
flockiges Gerinnsel, was nach Behandlung mit Aether und Alkohol reines
coagulirtes Pflauzenalbumin hinterläfst; in seinen Auflösungen wird es durch
Galiäpfelaufgufs, durch Kreosot und Sublimat in weifsen Flocken gefällt.
Siehe ferner Syaaptase, S. 1321. (Die andern Eigenschaften desselben
siehe bei Thieraibumin.)
Pflanzenfibrin .
Hauptbestandteil des Klebers , Pflanzen eiweif 's (Berzelius').
Findet sich vorzüglich in Getreidearten, in reichlichster Menge in
Weizen.
Zur Darstellung des Pflanzenfibrins knetet man einen festen Teig von|
Weizenmehl in einem reinen Sack von Leinwand oder in der Hand unter
Wasser, so lange als dieses durch Aufnahme von Amylon noch milchig
abfliefst.
In weit reinerem Zustande erhält man ihn als Nebenprodukt bei der
Bereitung der Weizenstärke aus den aufgequollenen ganzen Weizenkör-
nern, nachdem sie durch Kneten mit Wasser in Säcken von Leinwaud
von allem Stärkmehl befreit sind. Vertheilt man diese Hülsen in nicht zu-
viel Wasser und peitscht sie mit einem Besen aus Reisstroh oder mit einer
aus Biikenreifsern zusammengebuudenen Ruthe, so hängt sich das Pflanzen-
Pf lanzenfiferin.
tato
fibrin an die Ruthe in Gestalt von langen, durchscheinenden , zähen , ela-
stischen Fäden an.
Aua Weizenmehl dargestellt , enthält das Pflanzenfibriu Doch kleine
Antheile von Stärkmehl und Kleie, sowie phosphorsaurer Ammoniak-Bitter-
erde und fettem Oel; es ist im frischen Zustande eine blafsgraugelbliche,
*-ähe, dehnbare und klebrige Masse , welche die letzteren Eigenschaften
einer beigemischten fremden Materie verdankt, die sich durch Behandlung
mit Alkohol, in dem das reine Pflanzenfibrin unlöslich ist, entfernen läfst.
Das aus den Rückständen der Weizenstärke dargestellte Pflanzen-
fibrin ist frei von Stärke und mechanischen Einmengungen. Nach Behand-
lung mit Aether und Alkohol bleibt es rein zurück. Der Aether nimmt
etwa 5,7 p. c. eines dickflüssigen Oeles aus dem frischen Kleber auf.
Itn trocknen Zustande ist das Pflanzenfibrin bräunliehgrau , in dünnen
Stückchen hornartig durchscheinend, hart, fest, zusammenhängend, von
mattgiänzendem Bruch, schwerer als Wasser, geschmack- und geruchlos.
In der trocknen Destillation liefert es alle Produkte der trocknen Destil-
lation animalischer Körper, und hinterläfst beim Glühen an der Luft eine
Alkali-freie Asche, welche grofseotheils aus phosphorsaurem Kalk besteht.
Im feuchten Zustande sich selbst überlassen, erweicht es sich und geht in
stinkende ammoniakalische Fäulnifs über, es entwickelt kohlensaures und
reines Wasserstoffgas. Das trockne Pflanzenfibriu erweicht sich in kaltem
Wasser und nimmt seine frühere elastische Beschaffenheit wieder an, Eeim
Sieden mit Wasser schrumpft es zusammen, ohne sich bemerklich zu iösen,
und verliert damit die Eigenschaft, mit Wasser aufzuschwellen. (Coagu-
lirtes Pflanzenfibrin.
Verdünnte Phosphorsäuro !ös.t das Pflanzenfibrin leicht auf, ebenso
Essigsäure $ die sauren Auflösungen werden durch kohlensaures Ammoniak
in weifsen, ferner durch Biutlaugensalz vollständig in weifsen, durch Gall-
äpfeltiactur in graugelben Flocken gefällt. In mäfsig concentrirten Mineral-
säuren ist das Pflanzenfibriu nicht löslich; es geht eine Verbindung mit
diesen Säuren ein , die sich in reinem Wasser löst.
In sehr verdünntem kaustischen Kali löst sich das Pflanzenfibrin in
gelinder Wärme vollständig; die gesättigte Auflösung ist farblos, ohne
alkalischen Geschmack, sie wird durch Mineralsäuren in der Form eines
weifsen Gerinnsels gefällt, Phosphorsäure und Essigsäure bringen in dieser
Lösung bei der Neutralisation einen Niederschlag hervor, der sich in über-
schüssiger Säure sehr leicht wieder löst.
Das durch Kochen mit Wasser coagulirte Pflanzenfibrin ist in ätzen-
dem Ammoniak nicht mehr löslich ; das aus sauren Auflösungen durch
kohlensaüres Ammoniak gefällte Pflanzenfibrin enthält Ammoniak, was ihm
die Eigenschaft erteilt, beim Waschen rothes Lackmuspapier blau zu
färben, und sich nach und nach zu lösen.
Das in verdünnten Mineraisäuren gelöste Pflanzenfibrin wird durch
Galläpfelaufgufs und Sublimat gefällt, der Niederschlag durch Sublimat ist
in Phosphorsäure und Essigsäure löslich.
J?flan%encasein.
Legumin (Braconnof). Hauptbestandteil der Hülsenfrtichte, ist ferner
in den öligen Saamen neben Pflanzenalbumin enthalten. Nur in Verbindung
mit Säuren oder Alkalien, nicht in reinem Zustande bekannt.
Zur Darstellung des Pflanzencaseins übergiefst man Bohnen, Linsen
oder Erbsen mit warmem Wasser und läfst sie damit so lange stehen, bis
sie weich und in einem Porcellanmörser zerreibbar geworden sind. Den
feingeriebenen Brei verdünnt man mit vielem Wasser und giefst die Mischung
auf ein feines Sieb, auf welchem die Hülsen Zurückbleiben, während Amy-
lon und Pflanzencasein, das letztere in der Flüssigkeit gelöst, durchfliefsen.
Beim ruhigen Stehen setzt sich das Amylon zu Boclea und man kann die
*320
P f 1 a n 2 e n c a « e i n.
Auflösung des Pflanzencaseins klar abgiefson. Sie Ist gewöhnlich gelblich-
weifs, inilcliartig getrübt und wird , an der Luft stehend, rasch sauer,
indem sie gerinnt, ähnlich wie verdünnte abgerahmte Milch. Die Haupfc-
cigenschaften des Pflanzencaseins lassen sich an dieser Auflösung am besten
dartbun.
Zum Sieden erhitzt, wird sie nicht coagulirt; beim Abdampfen entsteht
auf der Oberfläche der Flüssigkeit eine Haut, die sich eben so oft er-
neuert , als man sie hiuwegnimmt.
Durch vorsichtigen Zusatz von Pflanzensäuren entsteht sogleich ein
dickes Gerinnsel, was durch einen Ueberschufs dieser Säuren wieder ver-
schwindet; in diesen Auflösungen bringen Mineralsäuren bleibende Nieder-
schläge hervor.
Die Auflösung des Pflanzencaseins in Wasser wird durch Alkohol zum
Gerinnen gebracht; der durch Alkohol gefällte und mit Aether gewaschene
Niederschlag ist weifs , iin trocknen Zustande halbdurehscheinend, er hin-
terläfst nach dem Einäschern eine alkalische Asche, welche phosphor-
sauren Kalk enthält.
Zur Darstellung des reinen Pflanzencaseins versetzt man die aus den
Hülsenfrüchten nach obigem Verfahren dargestellte Auflösung mit sehr we-
nig Essigsäure bis zur vollkommenen Gerinnung, wäscht den Niederschlag
zuerst mit AVasser, sodann mit Alkohol und Aether aus, oder nach Braconnot
mit verdünnter Salpetersäure, wäscht den Niederschlag mit Wasser, kocht
ilm sodann wiederholt mit Alkohol aus, und löst ihn io siedendem Wasser,
was durch etwas Ammoniak alkalisch gemacht ist. Diese Auflösung schlägt
man zuerst mit Alkohol nieder und wäscht den Niederschlag von reinem
(aiamoniakhaltigem ?) Pflauzencasein damit aus. ( Braconnot .)
In diesem Zustande besitzt das Pflauzencasein das Anseben von Stärke-
kleister, es bläut geröthetes Lackinuspapier (eine Eigenschaft, die sich
beim Trocknen verliert) und stellt getrocknet eine durchscheinende glän-
zende Masse dar, die in der Wärme, ohne zu gerinnen, flüssig wird.
Im Wasser vertheilt sich das Pfianzencasein wie Stärkekleister. Mi-
neralsäuren bringen in dieser Mischung ein Gerinnsel hervor; die nämliche
Eigenschaft besitzt der Sublimat, Galla pfelaufgufs und Kreosot. Es löst
sich mit grofser Leichtigkeit in verdünnter Weinsäure und Oxalsäure;
die Auflösung in Weinsäure wird stark durch Galläpfelaufgufs und durch
Zusatz von Mineralsäuren niedergeschlagen, nicht durch Alkohol und Su-
blimatlösung. Die Verbindungen der schweren Metalloxide mit Mineral-
sauren (Blei-, Kupfer- ete. Salze) bringen in dieser Auflösung Nieder-
schläge hervor. Wird die Auflösung unter Zusatz von schwefelsaurem
Kalk erhitzt, so scheidet sich alles Pflanzencasein in der Form einer un-
löslichen Kalkverbiudung ab. ( Braconnot. )
Das reine Pflanzencasein scheint sich in Berührung mit lod in der Kälte
zu lösen. Die Mischung erhitzt, giebt einen schön citrongelben Nieder-
schlag, der sich mit Alkohol waschen und trocknen läfst, ohne Aenderung
in seiner Farbe; in kochendem Wasser ist er unlöslich, mit Stärkekleister
zusammengebracht nimmt dieser die bekannte blaue Farbe an; er löst sich
in Ammoniak zu einer farblosen Flüssigkeit, durch Zusatz von Salpeter-
säure wird er aus dieser Auflösung wieder gefällt.
Das Pflanzencasein löst sich mit Leichtigkeit in reinen und kohlensau-
ren Alkalien, in der Kälte selbst in verdünntem Kalk- und Barytwasser;
die Auflösungen des Pflanzencaseins in Kali, Natron und Ammoniak erlei-
den beim Sieden keine Veränderung. Beim vorsichtigen Neutralisiren mit
einer Pflanzensäure wird das Pflauzencasein wieder abgeschieden. Die in
Baryt- und Kalkwasser coaguliren in der Hitze, es scheidet sich alles
Pflanzencasein in Verbindung mit Kalk oder Baryt im unlöslichen Zustande
ab. ( Braconnot .)
Das schwefelsaure oder salpetersaure Pflauzencasein (d. h. der durch
verdünnte Schwefelsäure oder Salpetersäure aus seinen Auflösungen er-
haltene Niederschlag) giebt, mit kohlensaureni Kalk oder Baryt erwärmt,
ein an der Luft fest und hart werdendes Gerinnsel, welches Schwefel-
Pflanzencasein, Emulsin.
rm
sauren oder kohlensauren Kalk in chemischer Verbindung enthält Alle
Kalksalze bringen , mit der aus den Hülsenfrüebten direct erhaltenen un-
reinen Lösung von Pflanzencasein erhitzt, diese unlösliche Kalkverbindum?
hervor. (Hartkochen der Hülsenfrüchte in Wasser, was Kalksalre en t
hält.) ( Braconnot. )
Die Verbindungen des Pflanzencaseins mit Mineralsäuren sind in reinem
Wasser schwierig löslich , leicht hingegen und schon in der Kälte in con-
centrirter Salz- und Schwefel-Säure; die letztem Auflösungen sind dick
syrupartig, schleimig, zähe, das Aufgelöste wird durch Zusatz von reinem
Wasser vollständig wieder gefällt; wird die Auflösung in concentrirter
Schwefelsäure erwärmt, so verliert sie ihre schleimige Beschaffenheit
und durch Zusatz von Wasser findet keine Fällung mehr statt; in diesem
Zustande längere Zeit im Sieden erhalten , sodann mit kohlensanrem Kalk
gesättigt, liefert die von dem Gyps abfiltrirte Flüssigkeit, zur Trockne
abgedampft , einen Rückstand, aus welchem siedender Alkohol Leucin
auflöst (siehe thierische Faser). ( Braconnot .)
In der durch Wasser aus den Hülsenfrüchten erhaltenen Auflösung von
unreinem Pflanzencasein entsteht, wenn sie sich selbst überlassen bleibt,
Milchsäure. Das sich abscheidende Coagulum geht in stinkende Fäulnifs
über und bewirkt, io dem ersten Stadium der Zersetzung Zuekerauflösun-
gen zugesetzt, eine lebhafte Gährung. (Kohlensäure -Entwickelung und
Bildung von Alkohol.) ( Braconnot )
Nach der Untersuchung von Braconnot enthalten die Erbsen 18,4 p. c.,
die Bohnen 18,3 Pflanzencasein, und neben Amylon etwas Zucker, ein
gelbes oder grünes Fett (Chlorophyll), sowie Kalisalze und phosphorsau-
reu Kalk.
Nach den Bestimmungen von Zytowieki und Noll enthalten 100 Theile
geschälter Erbsen 4,33 Stickstoff, wonach sich (den Stickstoffgehalt des
Pflanzencaseins zu 15 p. c. angenommen) 38 p. c. Pflanzencasein berechnen.
Emulsin , Synaptase.
Die in den öligen Saanaen (Mandeln, Wallnüssen, Buchein etc.) ent-
haltene weifse Materie enthält Schwefel und ist reich an Stickstoff Eine
Emulsion von diesen Saamen ist der Thiermilch äufserst ähnlich ; in der
Ruhe sammelt sich das Oel in der Form von Rahm auf der Oberfläche der
Flüssigkeit, und die wässerige Flüssigkeit wird von Essigsäure ähnlich
wie Milch coagulirt. Der Hauptunterschied der Saamenmilch von der
Thiermilch besteht darin, dafs sie in der Siedhitze gerinnt und dafs sich
mic dem Oel eine dem coagulirten Eiweifs gleiche Materie im geronnenen
Zustande abscheidet. Die von der geronnenen Masse getrennte (grünlich-
gelbe) Flüssigkeit wird in 34 Stunden sauer, sie setzt ein blendend weifses
Coagulum ab und in der Flüssigkeit findet sich Milchsäure. Setzt mau
derselben vor dem Sauerwerden Zucker zu, so gerät dieser in Gährung.
Die faulende Saamenmilch verbreitet den Geruch nach Käse. ( Soubeiran .
Journ. de Pharm. T. XII. p. 53, fand in der gefaulten Masse kein Käsoxid.) — >
Der weifse Bestandteil der öligen Saamen ist in kaltem Wasser löslich
und nähert sich in seinen Eigenschaften dem Pflanzenalbumin , insofern er
durch die Hitze, und dem Pflanzencasein, insofern er durch Essigsäure
gerinnt. Der weifse Bestandtheil der süfseu und bittern Mandeln übt ferner
eine eigentümliche Wirkung auf das Amygdalin aus, und es ist von Äo-
oiquet gezeigt worden, dafs sie einer leicht veränderlichen Materie angehört
(Synaptase), die in den andern öligen Saamen fehlt. Durch Behandlung
mit Aether und kochendem Alkohol scheinen die Eigenschaften des weifseu
Bestandteils der öligen Saamen übrigens eine wesentliche Veränderung
zu erleiden, wenigstens haben Robiquet und Boutron gezeigt, dafs die
mit kochendem Alkohol behandelte Kleie von bittern Mandeln an kaltes
Gttigtr’s Pharmncie . /. (5te Aufl ,) 84
1322
Fungin, Calendulin.
Wasser eine reichliche Menge löslicher Materie abgiebt , welche dem Was-
ser eine schleimige Beschaffenheit ertheilt. Diese Auflösung der Siedhitze
ausgesetzt, wird trübe und dick, ohne zu gerinnen. Beim Erkalten nimmt
sie die Beschaffenheit von Kleister an und wird beim Erwärmen flüssiger.
Alle diese Körper bedürfen einer genaueren Untersuchung.
In dem Maismehl oder Welschkorn (Zea Mais) fand Gorham eine ei-
gene, zähe, klebende Substanz von vvachsgelber Farbe, die er Zein nannte
(Journ. d. Phys. 93, 156). Bizio zerlegte dasselbe in Gliadin , Zymon
und fettes Del ( Schweigger’s Journ. f. Ch. n. R, Bd. 7. S. 377). Nach neue-
ren Versuchen enthält das Welschkorn 4 pCt. eines gelben, durch Aether
ausziehbaren, fetten Oels.
Fungin .
Diese Substanz macht die Hauptmasse der Pilze ( Schwämme'} aus.
Eine weifsliche, zellig-fibrose , im feuchten Zustande weiche, etwas ela-
stische, fade schmeckende Substanz. Liefert in trockner Destillation nicht
unbeträchtlich Ammoniak. Es verbrennt, an der Luft entzündet, mit Flamme;
bildet, mit Salpetersäure destillirt, Blausäure, künstlichen Gerbestoff, soge-
nanntes künstliches Bitter, Kleesäure und eine fettige Substanz, ln kocheuder
Kalilauge löst es sich fast vollständig zu einer seifenartigen Verbindung auf.
Calendulin .
Dieser in der Ringelblume ( Calendula officinalis) von Geiger und
nachher von Stoltze gefundene eigenthiiraliche Stoff scheint dem Entdecker
dem Gliadin nahe zu stehen. — Man erhält es aus den Blättern und Blu-
men der Ringelblume, indem man sie mit Weingeist auszieht, verdunstet,
das Extract mit Wasser behandelt, dann den unlöslichen Rückstand mit
Aether digerirt. Das darin Unlösliche ist Calendulin. — Eigenschaften :
Eine weifsgelbliche durchscheinende Masse von festem Zusammenhang;
geschmack- und geruchlos. Unlöslich in Wasser, schwillt aber damit zu
einer häutigen elastisch zähen, sehr klebenden Masse, und dann zu einer
Gallerte auf. In Verbindung mit den übrigen extractiven Theilen der
Pflanze ist es löslich in Wasser und ertheilt dem wässerigen Auszug die
Eigenschaft, selbst bei grofser Verdünnung iu der Kälte gallertartig zu
gestehen. Ist leichtlöslich in Weingeist, die etwas Wasser haltende gei-
stige Lösung hinterläfst beim Verdampfen das Calendulin als eine weifse,
durchscheinende Gallerte. Unlöslich in Aether und ätherischen Oelen.
Aber in ätzenden wässerigen Alkalien ist es leicht löslich, .Säuren fällen
es daraus in Flocken , welche auf Zusatz von Alkohol verschwinden. Auch
in concentrirter Essigsäure ist es leichtlöslich, Wasser fällt es daraus in
Flocken. — Mit Bassorin oder einer ähnlichen schleimigen Substanz kann
es hiernach nicht zusammengeworfen werden. Dieser Körper scheint übri-
gens keinen Stickstoff zu enthalten ( llofmann ). (Vergi. Dissertatio de
Calendula ©fficinali etc. auctore Ph. L . Geigero , Heidelbergae 1818.)
Anhang zu den s chwef eihaltigen Bestandtheilen der
Pflanzen.
In Pflanzensäften ist das Pffanzenalbumin in Verbindung mit Alkalien,
mit Kali und Natron enthalten, denen es seine Löslichkeit verdankt; es
findet sich vorzüglich in denjenigen Pflanzensäften, welche, wie dei Saft
der Gemüspflanzen, keine saure Reaction besitzen; in dem Traubensaft,
sowie in andern, welche durch organische Säuren eine saure Reaction
erhalten, scheint Pflanzencasehu enthalten zu seyn. Doch sind hierüber
keine nähere Untersuchungen bekannt. Das Pflanzeucasein in den Hülsen-
früchten enthält eine reichliche Menge Kali in chemischer Verbindung.
Das Pflanzenfibrin hinterläfst nach dem Verbrennen eiDe alkaiifreie Asche.
Kleber, Gliadin, Mn ei n.
13£3
Mit dem durch Siedhitze in Pflanzeüsäffen coagulirenden Pflauzen-
albumin scheiden sich fette, meistens kristallisirende , gelb oder grün ge-
färbte Materien ab, die sich durch Aetlier oder Alkohol davon trennen
lassen ; ebenso ist das aus seinen wässerigen Auflösungen sich von selbst
abscheidende (milchsaure) pflanzencasein begleitet von Fett, und aus dem
Pflanzenfibrin, was dem ausgeprefsten Saft der Gräser die unklare und
trübe Beschaffenheit giebfc, läfst sich durch Aether ebenfalls ein Fett in
schönen, klaren, durchsichtigen Kristallen atisziehen. Diese Materien
sind nicht näher untersucht.
Die zähe klebrige Beschaffenheit erhält das aus Weizenmehl darge-
stellte Pflanzenfibrin durch einen in andern Säuren selten vorkonimenden
Bestandteil , der sich durch wiederholtes Auskochen mit Alkohol davon
trennen läfst. Die weingeistige Auflösung setzt beim Verdampfen diesen
Stoff in Gestalt eines sehr zähen klebrigen Syrups ab, der, mit Aether
behandelt, ein Fett abgiebt und trocken die äufsere Beschaffenheit des
Horns besitzt. Dieser Stoff löst sich leicht in ätzendem Ammoniak zu einer
trüben Flüssigkeit, welche, zum Sieden erhitzt, beim vorsichtigen Zusatz
von Essigsäure ein weifses Gerinnsel absetzt, nicht unterscheidbar in sei-
nem Ansehen von frisch geronnenem Käse. Dieses Gerinnsel enthält
Schwefel und ist in seiner Zusammensetzung von dem des Pflanzenalbumins
nicht verschieden. Von seinen klebenden Eigenschaften her hat das roho
aus Weizenmehl dargestellte Pflanzenfibrin den Namen Kleber, die kle-
bende Substanz Gliadin , Pflanzenleim erhalten.
Eine Materie von gleichem chemischen Verhalten erhält man beim Aus-
kochen von Roggenniehl mit Alkohol in dieser Flüssigkeit gelöst. Sie
kann durch Zusatz von Wasser, oder Abdampfen, Behandlung des Rück-
standes mit Aether rein erhalten werden. In diesem Zustande ist sic
bräunlich, hart wie Horn, zähe, klebend, unlöslich in Wasser und Aether;
ihre weingeistige Lösung wird durch Sublimat, Gerbesäure und Bleizucker
gefällt; gegen Ammoniak, Kali verhält sie sich wie das Gliadin. Wird
die concentrirte Auflösung in Aetzkali unter Zusatz von etwas essigsau-
rem Bleioxid gekocht, so wird die Flüssigkeit nach einiger Zeit schwarz
wie Dinte, von gebildetem Schwefeiblei. In Essigsäure löst sie sich leicht;
in concentrirter Salzsäure mit purpurrother Farbe {Held). In 100 Theilen
enthält sie 56,88 Kohlenstoff, 7,87 Wasserstoff, 15,83 Stickstoff, 19,92
Sauerstoff (und Schwefel). {Held.)
Eine dritte Substanz von schleimiger Beschaffenheit hat Saussure aus
dem rohen Kleber dargestellt und ihr den Namen Mucin gegeben.
Werden Pflanzensäfte, welche frei von Gerbesäure und Gallussäure
sind, bei Zutritt der Luft in höherer Temperatur abgedampft, so scheidet
sich das in ihnen gelöste Pflanzenalbumin sogleich oder beim Abdampfen
ab. Dasselbe geschieht mit dem darin gelösten Pflanzencasein ; bei dieser
Abscheidung findet Sauersteffaufuahme aus der Luft statt, das Extraet löst
sich nicht mehr vollständig in Wasser, sondern liinterläfst eine in Wasser
und Alkohol unlösliche, meist schwarze oder braune Substanz, welche
auf glühenden Kohlen einen stinkenden Horngeruch verbreitet. Dieser
Extraet- Absatz ist früher mit dem Namen stickstoffhaltiger Extractivstoff
bezeichnet worden , er besteht hauptsächlich aus Pflanzenalbumiu oder
Pflanzencasein, welche durch die Einwirkung der Luft eine (nicht näher
untersuchte) Veränderung erlitten haben.
Alle Pflanzensäfte erleiden, frisch ausgeprefst und der Luft ausgesetzt,
eine Veränderung in ihrer Beschaffenheit, sie färben sich mehr oder we-
niger dunkel, manche braun oder schwarz, und werden trübe; diese Ver-
änderung beschränkt sich anfänglich auf die Schwefel- und Stickstoff-
haltigen ßestandtheile des Saftes; einmal eingetreten wird sie, wenn der
Saft Zucker und andere leicht veränderliche stickstofffreie Materien ent-
hält, auf diese übertragen und es tritt die sogenannte geistige Gährung
ein, in welcher sich die Zersetzung des stickstoffhaltigen Bestandteils im
Safte vollendet. Meistens erhöht sich hierbei die Temperatur der gähren-
den Flüssigkeit und es scheidet sich ein schmutziggelber oder grauer Bo-
1324
Pflanzensäft e.
densatz ab , bekannt unter dem Namen Hefe oder Ferment. Die stickstoff-
freien Bcstandtheile der Säfte , namentlich der Zucker, zerlegen sich hierbei
in Alkohol und Kohlensäure, oder in Milchsäure, Schleim und Mannit;
das relative Verhältnis dieser Produkte steht mit der Temperatur der
gährenden Flüssigkeit in einer bestimmten Beziehung, und mit der Art
und Weise der Umsetzung, in der sich die Bestandtheile der stickstoff-
haltigen Substanz befinden.
Wenn die Umsetzung der Bestandtheile des Zuckers vollendet ist und
cs bleibt noch stickstoffhaltige Substanz im Safte gelöst, so hört bei Ab-
schlufs der Luft die weitere Veränderung auf. Bei Zutritt der Luft hin-
gegen fährt diese Substanz fort, Sauerstoff aufzunehmen, und der Act
dieser Oxidation überträgt sich auf den Alkohol, er wird in Essigsäure
übergeführt. Bleiben in dem gebildeten Essig noch Materien zurück , wel-
che die Fähigkeit haben, Sauerstoff aufzuuehmen, so verschwindet nach
und nach die Essigsäure und es erzeugen sich neue, nicht näher unter-
suchte Produkte.
Ist die Menge des Zuckers in den Pflanzensäften überwiegend, so geht
der gelöste stickstoffhaltige Körper in den Zustand der unlöslichen liefe
über, und der Zucker in dem davon getrennten gegohrnen Saft erleidet
keine weitere Veränderung mehr.
Bei Gegenwart von Weinsäure im gährenden Safte bilden sich Aether-
arten (Oenanthsäureäther), welche den gegohrnen Flüssigkeiten einen ei-
gentümlichen Geruch ertheilen. (In einem Versuche, in welchem man
einen vom fetten Oel befreiten, bereits in Zersetzung übergegangenen
wässerigen Auszug von süfsen Mandeln mit Zucker gähren liefs, wurde
durch Destillation reiner, mit Wasser abscheidbarer Essigäther erhalten.
«7 . 1/.)
Man unterscheidet Obergührung , Unter g ähr ung , Nachgährung. Die
Obergährung findet bei Abschlufs oder unvollkommenem Zutritt der Luft,
die Untergährung bei vollem Zutritt der Luft in weiten offenen Gefäfsen
statt. Durch eine niedere Temperatur (10—12° C.) wird die Essigbildung
bei der Untergährung gehindert. Die bei Ausschlufs der Luft gegohrne
Flüssigkeit behält, wenn der Saft arm war an Zucker, das Vermögen,
Sauerstoff aufzuuehmen, wodurch Essigbildung herbeigeführt wird. In der
Untergährung wird die Abscheidung der stickstoffhaltigen Substanz voll-
kommen bewirkt ; je nach dem Grade ihrer Entfernung vermindert sich
das Vermögen der gegohrnen Flüssigkeit, in Essig überzugehen; bei voll-
kommener Abscheidung wird sie nicht mehr sauer.
Nachgährung nennt man die fortschreitende Veränderung der letzten
Reste von Zucker und stickstoffhaltiger Substanz; es ist eine Art Unter-
gährung, welche durch den unvollkommenen Luftzutritt sehr verlangsamt
wird.
Werden Pflanzensäfte, welche die Fähigkeit haben, in Gährung über-
zugehen, oder schon in Gährung befindliche, in verschlossenen Gefäfsen
auf 100° erhitzt, so hört alle weitere Veränderung völlig auf, sie tritt
erst mit der Berührung mit dem Sauerstoff der Luft wieder ein.
Werden frische Pflanzentlieile , deren Saft Zucker und Pflanzencasein
enthält, mit oder ohne Zusatz von Kochsalz, sich selbst überlassen, so
entsteht nach und nach milchsaures Pflanzencasein, was in Fäulnifs (Gäh-
rung) übergeht und seinen Zustand der Zersetzung den löslichen Bestand-
teilen des Saftes mittheilt. Der Zucker verwandelt sich in Milchsäure,
und die Pflanzentlieile nehmen den Geruch von altem Käse an ( Sauer-
kraut, saure Rüben, gekochte unreife oder reife ErbsenJ. Die grünen
Schoten von Bohnen , welche eine reichliche Menge Pflanzenalbumin ent-
halten , werden unter diesen Umständen nicht sauer. Auf eine ähnliche
Weise verhalten sich feuchte Pflanzenstoffe (Mehl), welche Pflanzenfibrin
und der Lösung fähige stickstofffreie Materien enthalten.
Das Pflanzenfibrin, in dem Zustande, wie es in dem Weizenmehl ent-
halten oder frisGh daraus dargestellt (also vor dem Auskochen mit Alko-
hol), geht bei Gegenwart von Wasser unausgesetzt einer Veränderung
Diastase. 1325
entgegen , und äufsert in den verschiedenen Perioden dieses Zustandes eine
sehr merkwürdige Einwirkung auf Stärkmehl.
Setzt man einem dünnen Kleister von Kartoffelstärkrachl das gleiche
Gewicht an Weizenmehl hinzu und setzt diese Mischung einige Stunden
lang einer Temperatur von 60 — 70° aus, so verliert sie ihre kleisterartige
Beschaffenheit und wird dünnflüssig, zuletzt süfs; sie kann durch Hefe iu
Gährung gesetzt werden und liefert Alkohol und Kohlensäure. Die Kar-
toffelstärke findet sich theils in Dextrin , theils in Zucker verwandelt.
Wendet man anstatt des Weizenmehls frischen Kleber an, so wird durch
seine Einwirkung auf den Stärkekleister die Mischung durchsichtig und
klar. Bei dieser Zuckerbildung bildet sich etwas Kohlensäure, sie findet
übrigens statt bei völligem Ausschlufs der Luft. (De Saussure.')
Manche Mehlsorten, oder Saamen, die fertig gebildetes Dextrin oder
eine dieser ähnlichen Substanz enthalten, wie Roggenmehl, werden, mit
Wasser von 65— -70° zu einem dicken Brei angerührt, schon nach 3—4
Stunden durchsichtig und sehr süfs.
Bei dieser Umwandlung wird der die Zerlegung bewirkende Theil des
Pflanzenfibrins löslich in der Flüssigkeit (irn Wasser).
Am vollkommensten geht die Üeberführung des Pflanzenfibrins in eine
lösliche Materie, welche die Eigenschaft besitzt, Stärkmebl und Dextrin
in Zucker überzuführen, bei dem Keimungsprocefs der Pflanzenfibrin-
haltigen Saamen vor sich. Ein klarer, mäfsig concentrirter, kalter oder
warmer Auszug von gekeimter Gerste oder Weizen (Malx), mit Stärk-
mehlkleister in einer 75° C. nicht übersteigenden Temperatur in Berührung,
macht den Kleister in einigen Minuten dünnflüssig, und bewirkt die völlige
Verwandlung des Stärkmehls in Traubenzucker nach einigen Stunden. Je
nach der Menge des augewendeten Gerstenmalzes ist die Verwandlung
des Stärkmehls mehr oder weniger vollkommen. 100 Stärkmehl, 1000
Wasser und 25 Th. Gerstenmalz lieferten Dubrunfaut 90 Th. Zucker; bei
Anwendung von weniger Gerstenmalz bleibt ein Theil der Stärke unver-
ändert, oder er findet sich in der Auflösung als Dextrin.
Die in dem Keimungsprocefs gebildete Substanz hat von Payen , der
sie mit Person entdeckte, den Namen Diastase erhalten ; sie wird nach
ihm auf folgende Weise erhalten.
Diastase. Frisch gekeimte Gerste wird in einem Mörser mit der Hälfte
ihres Gewichtes Wasser zu einem Brei zerrieben und in einem Sack von
Leinwand stark ausgeprefst. Man setzt der ablaufenden Flüssigkeit nicht
mehr Alkohol zu, als nöthig ist, um ihre schleimige Beschaffenheit aufzu-
heben und um sie filtrirbar zu machen. Hierdurch wird eine stickstoff-
haltige Materie gefällt, welche als Pflanzenalbumin betrachtet werden
mufs, da sie durch eine Temperatur von 75° zum Gerinnen gebracht wer-
den kann. Nach der Absonderung derselben setzt man aufs Neue so lange
Alkohol hinzu, als noch Trübung bewirkt wird. Der Niederschlag wird
durch wiederholte Auflösung in Wasser und Fällungen mit Alkohol gerei-
nigt. Man sammelt den zuletzt erhaltenen Niederschlag auf eiuem Filter,
nimmt ihn noch feucht davon ab und trocknet ihn, in dünne Schichten auf
Glas ausgebreitet, bei 40 — 50°.
Man kann auch die gekeimte Gerste mit ihrem gleichen Volum Wasser
auf 75° erhitzen, wodurch das Pflanzenalbumin in der Gerste coagulirt
wird. Wird die Masse nun ausgeprefst, so erhält man eine Lösung von
Zucker, färbender Substanz und von Diastase im Wasser, die man filtrirt
und mit Alkohol fällt. Der Niederschlag ist unreine Diastase, sie scheidet
sich in Flocken ab, die man auf einem Filter sammelt und bei niederer
Temperatur trocknet. Wie aus diesen Verfahrungs weisen sich von selbst
ergiebt, fehlt jeder Anhaltpunkt zur Beurtheilung ihrer Reinheit, sie kann
namentlich nicht frei von Dextrin seyn. Nur soviel ist gewifs, dafs diese
nach beiden Methoden gewonnenen Niederschläge das Vermögen, Stärke-
kleister in Zucker überzuführen, im höchsten Grade besitzen. Aus der
gekeimten Gerste der Bierbrauer erhält man selten mehr wie y50o Diastase,
(Payen).
1326
Diastase, Bierwürze.
Die Diastase ist fest, weifs, nicht kristallinisch, unlöslich in Alkohol,
löslich in Wasser und schwachem Weingeist; die wässerige Lösung ist
ohne Reaction, ohne hervorstechenden Geschmack, sie wird nicht durch
basisch essigsaures Bleioxid gefällt; die wässerige Auflösung verändert sich
äufserst rasch, wird sauer und verliert ihre Wirkung auf den Stärke-
kleister; in trocknem Zustande geschieht diefs ebenfalls, wiewohl erst in
längerer Zeit, durch Sieden mit Wasser augenblicklich.
Sie enthält um so weniger Stickstoff, je mehr sie sich dem Zustand i
der Reinheit nähert (?) (je weniger gefärbt sie ist). Rohrzucker und
Gummi, sowie Inulin, werden durch Diastase nicht in Traubenzucker ver-
wandelt, was bekanntlich durch verdünnte Schwefelsäure geschieht; allein
sie übertrifft diese im hohen Grade in der Fähigkeit, Stärkekleister in
Dextrin oder Zucker überzuführen. Ein Theil Diastase reicht bin , um
2000 Theile Amyion ihres kleisterartigen Zustandes zu berauheu (in ein
Gemenge von viel Dextrin mit sehr wenig Zucker zu verwandeln).
Man kann dem Stärkekleister durch kohlensaures Kali, Natron, Kalk
eine alkalische Reaction ertheilen, ohne dafs damit die Einwirkung der ■
Diastase gehindert wird. ( Payen Pei'soz').
Nach Guerin-Varry lieferten 100 Amyion, 1000 Wasser und 1,7
Diastase 17,58 Zucker, mit 6,13 Diastase erhielt er aus 100 Amyion
86,61 Zucker. Da nun, wie oben angegeben, Dubrunfaut bei Anwen-
dung von 25 Gerstenmalz, aus 100 Amyion 90 Zucker erhielt, so sollte
man in 25 Pfund Gerstenmalz 6,35 Diastase vermuthen, was nahe soviel
beträgt als wie der ganze Gehalt der Gerste an stickstoffhaltigen Bestand-
teilen. Bei einem Verhältnifs von 1 Th. Gerstenmalz auf 20 Kartoffel-
stärke, wird die letztere vorzüglich in Dextrin verwandelt.
Nicht alle Theile des gekeimten Saamens enthalten das auf Stärke- j
kleister wirkende Priucip, es findet sich namentlich nicht in den Wurzel- i
eben, sondern vorzugsweise in der Nähe des Keims. ( Payen 6r Persoz.~)
Aus dem Verhalten der stickstoffhaltigen Bestandteile der Getreide- >
saamen gegen Stärkmehl ergiebt sich ihre Wirkungsweise in der Bier- und
Branntwein-Fabrikation.
Bierwürze. Zur Darstellung der Bierwürze wird Gerste mit Wasser
eingequellt, sodann in einer nicht zu hohen Schicht der Luft ausgesetzt, j
wo sie nach häufigem Wenden den vierten bis fünften Tag zu keimen be-
ginnt. Ein hinlänglicher Zutritt von Luft (Sauerstoff) ist eine Bedingung |
zur Entwickelung des Keims. Die Körner, welche feucht, vor der Luft
geschützt, sich selbst überlassen werden, keimen nicht, sondern schimmeln.
Durch häufiges Umschaufeln wird die zu hohe Erwärmung verhütet und der
Luft ein hinlänglicher Zutritt gestattet. Bei diesem Keimungsprocefs ent-
wickelt sich eine beträchtliche Menge Kohlensäure. Die Saamen nehmen
eine schwach saure Reaction und einen süfsen Geschmack au. Die ge-
keimten Körner heifsen Malz. Wenn der Keim die Länge des Korns er-
reicht hat, so wird der Keimungsprocefs unterbrochen. Diefs geschieht
durch Austrocknen in der Luft (Luftmalz) , oder in einem warmen Luft-
strom (Barr malz). Wird zum Austrocknen eine die Temperatur von 100°
übersteigende Hitze angeweridet, so wird die Wirkung der gebildeten Dia-
stase auf frisches Stärkmehl zerstört.
Das geschrotene Malz wird grob gemahlen und für sich allein oder
mit Zusatz von ungemalzter Gerste (Weizen, Hafer etc.) mit Wasser von
60 — 75° ausgezogeu. Am besten ist, das Malz mit Wasser in einem durch
Wasserdanipf zu erhitzenden Gefäfse mehrere Stunden lang in einer Tem-
peratur von 75° zu erhalten. Hierdurch wird Stärke und Diastase im Was-
ser löslich, und die Verwandlung der ersteren in Zucker, die nur thcil-
weise beim Keimen stattgefunden hat, vollendet. Die Flüssigkeit wird sehr
süfs, sie heifst jetzt Würze. Man Iäfst sie abfliefsen und laugt das einmal
ausgezogenc Malz mit kochendem Wasser vollständig aus. Dieses Aus-
laugen geschieht am zweck mäfsigsten auf die Weise, dafs mau das Malz
in drei kleine Kufen (ohne doppelten Boden) vertheilt, sodann eine der-
selben mit kochendem Wasser aufüllt , nach dem Durcheinauderarbeiten das
Branntweinbrennerei.
1327
noch heifse Wasser auf die zweite , von dieser auf die dritte Kufe ab-
fliefsen läfst, wodurch mau concentrirterc Auszüge erhält, die man dem
ersten Auszuge hinzufügt. Ein dreimaliger Auszug mit heifsem Wasser
wird zu verdünnt, als dafs er die Kosten des Eindampfens lohnen würde.
Alle Auszüge zusammen, kommen jetzt in einen gemeinschaftlichen
Kessel und werden darin ins Sieden gebracht und darin erhalten, theils
um das aufgelüste Pflanzenalbumin durch Coagulation abzuscheideu, theils
um die (zu verdünnte) Würze zu concentriren. Gegeu das Ende dieser
Operation wird (l bis 2 p. c. von dem Gewichte des Malzes) Hopfen der
kochenden Flüssigkeit zugesetzt, eine Zeitlaag noch im Sieden erhalten,
sodann auf 12 — 15° C. abgekühlt und durch Hefe in Gälirung gesetzt. Die
gegohrno Flüssigkeit ist Bier.
In Belgien werden spirituöse Flüssigkeiten aus ungemalztem Getreide,
aus Gerste, Weizen etc., wiewohl nie ohne Zusatz von Gersten- oder
Dinkel- (Dinkel oder Spelz, Seigle blanc') Malz, gebraut, welche unter die
Biere nicht gerechnet werden können, da man keinen Hopfen zusetzt; sie
siud sehr süfs, kommen ohne Hefe in Gährung und sind sehr wenig haltbar.
Ein Zusatz von Kartoffelstärke beim Einteigen des Malzes hat man
an vielen Orten mH; Vortheil in Anwendung gebracht. Andere Bierbrauer
setzen vor der Gährung der Bierwürze Syrup aus Kartoffelstärkmebl zu.
Die braune Farbe vieler Biere beruht theils auf der Anwendung des
in höherer Temperatur getrockneten Malzes (Darrmalz), theils wird sie
durch geröstete Gerste oder Gerstenmalz gegeben. Ein lange dauerndes
Kochen der Würze giebt ihr ebenfalls eine mehr oder weniger braune
Farbe.
Branntweinbrennerei . Aus Getreide. Zur Darstellung des Getreide-
branntweins wird entweder ungeinalztes Getreide (in ein grobes Mehl ver-
wandelt) für sich allein, gewöhnlicher aber mit einem Zusatz von Malz
angewTendet. Mau hat es vorteilhaft gefunden, nicht einerlei Getreide,
sondern eine Mischung zweier Getreidearten (Roggen und Gerste, oder
Weizen und Gerste, Hafer etc.) zu verwenden. Auf 4 Th. Getreide nimmt
man 1 Th. Malz. Das Mehl (10 Theile) wird mit Wasser von 70 — 75°
(81 Theile) aufs innigste gemischt und mehrere Stunden iu bedeckten Ge-
fäfsen sich selbst überlassen. Sehr bald fängt die anfänglich dicke Masse
an, dünnflüssig zu werden und nimmt einen süfsen Geschmack an. Man
verdünnt alsdann mit (49 Theilen) Wasser, so dafs die Mischung eine
Temperatur von 24 bis 26° C. behält. Man setzt alsdann Hefe zu und un-
terwirft nach beendigter Gährung die Flüssigkeit der Destillation. Kalk-
haltiges Wasser (Brunnenwasser) oder Zusatz von Kreide beim Einmeischen,
erhöht den Ertrag an Branntwein, indem cs die Säurebildung (den Ueber-
gang des Alkohols in Essig und die Bildung der Milchsäure) hindert. Wie
erwähnt erhält man durch Einteigen von Roggenmehl mit Wasser von 70
— 75° ohue allen Malzzusatz eine sehr süfse Flüssigkeit, die mit Hefe in
Gährung übergeht.
Aus Kartoffeln. Zur Darstellung des Kartoffelbranntweins werden die
Kartoffeln mit Wasserdampf gar gekocht und durch mechanische Vorrich-
tungen noch heifs in einen Brei verwandelt; diesem Brei wird %6 von dem
Gewicht der Kartoffeln (ein Drittel oder Viertel von dem Gewicht des darin
enthaltenen Stärkmehls) frisches oder lufttrocknes Malzschrot aufs innigste
zugemischt, und soviel Wasser zugesetzt, dafs die Temperatur der Mi-
schung 6b* — 70° beträgt. Nach eiuer bis zwei Standen ist die Masse
dünnflüssig und süfs; sie wird rasch abgekühlt (um die Säurung zu ver-
hüten), mit Hefe in Gährung gesetzt und sodann der Destillation unter-
worfen.
An manchen Orten setzt man den zerkleinerten Kartoffeln Roggenmehl
zu, erhält die Temperatur eine Zeitlang auf 70° und verfährt wie ange-
geben. Zusatz vou Alkalien, welche die Säure binden, hat sich beim
Branntweinbrcnoen aus Kartoffeln vorzüglich bewährt.
100 W (50 Kilogr.) Weizen liefern in guten Brennereien 15,3 D. M*
(30,7 Litres) Branntwein von 50 %.
1328
Brod.
*223? IiC-r“ 1%sDLM- Branntwein von 50 %.
— Kartoffeln— 5,5 — (n* ) _
H»iH^hL7'UCker',a,Uige?5r‘ic,,ten’ Aepfel», Birnen, Pflaumen, Hirschen
Heidelbeeren , «Johannisbeeren , Vogelbeeren etc erhält mom r , *
Gährung der mit den Kernen Wtffcen7n und ^
rührten Fruchte oder des Saftes C Traubensaftes) für sich, durch Destilia
wc"n^meher ReLLetanderddUrCh "l" Gescl,mack sich unterscheidende BranntI
:,er Rückstand des gegohrnen und der Destillation unterworfenen
beSut/^ und läfst sich auf ihre Darstellung
und 21 K i0!!°n! »gr-.Befertcn AiMoy 182 Litres Branntwein von 20° B.
und 2 i Kuogr. Citronsaure). Aus den Früchten der wilden Kastanien
H;was A,e i'0®! lhrem adstringirenflen Bcstandtheil durch Behandlung mit
^ “,aUge UDd Auswasch«ö befreit sind, läfst sich durch Zusatz
von Malz, wie aus den Kartoffeln , Branntwein erhalten.
Der aus Kartoffeln dargestellte Branntwein enthält in der Form des
sogenannten FuseJöls Amyloxidhydrat, was ihm Geruch und GescSInack
und schädliche Eigenschaften crtheilt. Durch Fillriren über hinlängliche
Mengen grobem Kohlenpulver von leichten Hölzern, Zusatz von ßfeich-
kalk, Salpeter- und Schwefel -Säure, Destillation mit Aetzkali wird das
Fuselöl theils zerstört, theils zurückgehalten. Dafs dieses Fuselöl ein
Produkt der Gährung ist und durch genauere Beachtung der Bedingungen
unter denen es sich bildet, vermieden werden kann, geht zweifeHos\ui
der Erfahrung hervor, dafs es ebenfalls aus dem letzten Syrup in Ter
l?r^elipbeüZUCk^r/abri^ (Melasse) durch Gährung desselben in reich-
T? XV p t71.)m rSCÜem (Gaultier de Claubry , Comptes rendus
*.^Der Gcfreldebranilt'vein erhaIt seineu Geruch und Geschmack von dem
A®f?er C1^e a nettieDi Saur?* d,e sicb namentlich aus Roggenmehl durch Aus-
kochen mit Alkohol ausziehen läfst. Das aus dem Getreidebranntwein ge-
wonnene Fuse ol ist von Mulder untersucht worden. Das roEe OeK m*t
Kalilauge destillirt, liefert im Rückstand önanihsaures und niar^arinsaures
llafc bestellt aus Weingeist und einem flüchtigen'bel, wel-
ker neu nf es ol Äci? f*W.*?serst0* 110(1 J>6 7 Sauerstoff enthält. Mul-
der nennt es Getreideol (01. siticum, von o-zro; frumentum)
Der Weinbranntwein enthält Oenanthsäureäther : in vorzüohcher Meno-o
ZnlLm^llfebCn dUrCh DeStillati°n dCr iD dcr Gährung sic^absch^-
... • Br<)d' ,Zur Brodbereitung dienen alle Mehlarten, welche Pflanzen-
hbrin enthalten. Ein Theil des Mehls wird mit Wasser von 27 bis 45° zu
2?J.dU;nfn «Ifichför^e» Teige eingeknetet, sodann mit einem Gähr-
men Ort/\vinigS .C P-?0"?* und 4~6 Sfuoden oder länger an einem war-
men Orte sich selbst uberlassen. In dieser Masse stellt sich sehr bald eine
Grtsentvvickeluog ein, die Masse hebt sich und wird dünnflüssiger. Um
ihr die zum Backen gehörige Cousistenz zu geben (das Auseinanderfliefsen
zu verhindern) wird in diesem Zeitpunkte eine gehörige Ouantität Mehl
eingeknetet, in Brode geformt und diese einer Temperatur von 16*0 — 170°
AllS^CSCtzt«
®®i.m Biüfceisen des Mehls mit warmem Wasser ist bei dem Weizen-
mehl die Temperatur nicht hoch genug, um die Stärke in Kleister zu ver-
wandeln und mittelst dieser Zucker- und Dextrin- Bildung durch die Ein-
wirkuug des Pflanzenfibrins einzuleiten. Als Gährmittel wird beim Weizeu-
wthLVOr?,Ug.l1Ch B,S,'h(;fe »“gewendet, durch deren Wirkung auf den im
Mehle enthaltenen Zucker Weingeist und Kohlensäure gebildet wird. Die
intwtvifa f," TeiS aüf"nd raacht ihn bIasi* und Porös. Beim Backen
entweicht der Alkohol und die Kohlensäure, und in der hohen Temperatur
Ilu *F*m*°n y‘Um Jheil iD einen süfsen, elastischen Kleister verwan-
wL. K r fSSer 0St T Weizenb™d ««r wenig auf; mit warmem
Wasser bekommt man einen Auszug, der durch lod stark blau gefärbt wird.
Fäulnifs stickstoffhaltiger Pflanzenstoffe.
1329
In feuchtem Weizenmehl stellt sich bei Abschlufs der Luft eine Zer-
setzung, oft erkennbar durch Ammoniakbildung, ein, welche sich aus-
schliefslich auf das Pflanzeafibrin beschränkt. Zusatz von Hefe zu einem
Teige aus diesem Mehl befördert diese Zersetzung, der Teig wird dünn-
flüssig, bleibt schmierig und fliefst beim Backen. Durch Zusatz zum Mehl
von sehr verdünnter Schwefelsäure oder Alaun C/l0 bis % p. c.) wird dieser
Nachtheil gehoben , ohne schädliche Folgen für die Gesundheit. Durch
diese Zusätze wird die Zersetzung des Pflanzenfibrins unterdrückt; eine
zu grofse Quantität davon , hemmt die Gährung ganz.
Beim Einteigen von Roggenmehl mit warmem Wasser findet Zucker-
bildung statt, durch den Zusatz von Sauerteig wird geistige Gährung
cingeleitet, der gebildete Alkohol geht sehr rasch in Essigsäure über. Ist
der Sauerteig zu alt, so enthält er Milchsäure und es findet durch ihn
Milchsäurebildung in dem Teige statt Das Roggenbrod löst sich zum Theil
in kaltem Wasser, dieser Auszug wird durch Iod schwach weinroth ge-
färbt, er enthält eine beträchtliche Menge Gummi.
Da in dem gewöhnlichen Verfahren der Brodbereitung , um das Mehl
in den zum Kauen geeigneten und verdaubareren Zustand zu versetzen,
eiae gewisse Anzahl seiner für die Ernährung vollkommen tauglichen Be-
staudtheile geopfert werden mufs, um die Gährung zu bewirken, ist mau
namentlich in England bedacht gewesen, diesem Verluste vorzubeugeu
und ein gutes und schmackhaftes Brod ohne Gährung hervorzubringen.
Diese Versuche sind vollkommen gelungen. Man backt in England vor-
treffliches Brod, indem man dem Teige zuerst eine gewisse Menge doppelt
kohlensaures Natron und sodann eine zur Bildung von Kochsalz genau
entsprechende Menge reine Salzsäure zusetzt. In Glasgow wendet man
hierzu Alaun und doppelt kohlensaures Natron an.
Der Verlust an Brod, der durch die Gährung des Teiges verursacht
wird, beträgt nach der Bestimmung Thomson’s 61/, p. c. , in der Art, dafs
wenn ein gegebenes Gewicht Mehl 1500 Laibe gegohrnes Brod giebt , so
erhält man daraus ohne Gährung 1600 Laibe von gleichem Gewichte
{Thomson.)
Die Nahrhaftigkeit aller Mehlsorten stellt im geraden Verhältnifs zu
ihren zur Blutbildung dienenden stickstoffhaltigen Bestaudtheilen. Von dem
aus verschiedenen Mehlsorten bereiteten Brod müssen, um einen gleichen
Effect im Körper hervorzubriugen , ungleiche Mengen genossen werden ,
von dem an Biutbestandtheilen armen Brod mehr, wie von andern Brod-
sorten. Hieraus ergiebt sich von selbst, dafs der Zusatz von Kartoffeln,
von Stärkmehi und Dextrin die Nahrhaftigkeit des ßrodes vermindert. Um
diese Thatsache in ihrer richtigen Bedeutung aufzufassen, darf man sich
nur an die Quantität von Nahrung erinnern, welche verschiedene Thier-
klassen zu ihrer Ernährung bedürfen. Die Gefräfsigkeit derselben steht
im umgekehrten Verhältnifs zu den in der Nahrung enthaltenen Blutbestand-
theilen, die sie verzehren. Eine Holzraupo z. B. verzehrt ihr 5- bis Öfaches
Gewicht von der an Pflanzenalbumiu oder stickstoffhaltigen Nahrungsstoffen
ärmsten Holzsubstanz der Waldbäume. Aehnlich wie bei dieser, geht bei
den Menschen alle stickstofffreie Substanz, die sie mehr geniefsen, als
von dem Organismus aufnehmbar ist und verwendet wird, in die Excre-
mente über; es ist defshalb vernünftiger, nicht über ein gewisses Ver-
hältnifs davon in den Körper zu bringen , und auch das an den Blutbestand-
theilen reichste Mehl enthält immer noch eine zu grofse Menge davon.
CDie Excremente eines Hundes, der mit Weizenbrod gefüttert wird, ent-
halten Amylon.)
Fäulnifs der Schwefel - und Stickstoff -haltigen Pflanzenstoffe.
Das Verhalten der Saaraen der Getreidepflanzen im Keimungsprocefs
zeigt, dafs der Stickstoff- und schwefelhaltige Bestandteil derselben eine
1330
Fäulnifs stickstoffhaltiger Pflanzenstoffe.
Veränderung erleidet, in deren Folge er in wässerigen Flüssigkeiten lös-
lich wird. In diesem löslichen Zustande sowohl , wie während seines
Uebergangs, erleidet er eine Umsetzung, die sich den Elementen des Amy-
lons überträgt. Das AmyJon verwandelt sich in Dextrin, zuletzt in Zucker.
Die unzweifelhaftesten Erfahrungen beweisen, dafs der organische Procefs
des Keimens keineswegs die Bedingung ist zur Verwandlung des Amylons
in Zucker, oder zu dem Uebergang der stickstoffhaltigen Bestandteile in
die lösliche Substanz, durch deren Gegenwart sie bewirkt wird. Es ist
erwähnt worden, dafs an vielen Orten Belgiens aus Gerste, Weizen,
Buchvveizeu , Hafer geistige Getränke ohne Hopfen, sogenannte Weifs-
biere j gebraut werden, die sich durch ihren süfsen Geschmack vor allen
eigentlichen Bieren auszeichnen. Der wichtigste und bemerkenswerteste
Umstand in dieser Bierbereitung ist, dafs sich in der erhalteuen Würze,
der Abwesenheit des Hopfens wegen, die Gährung von selbst einsteilt,
deren Eintreten in den braunen Bieren durch die aromatischen Bestand-
teile des Hopfens gehemmt wird, dafs mau also , um sie einzuleiten, keine
Hefe zusetzt, und dafs in diesen Flüssigkeiten die Gährung sich genau so
vollendet, wie in Trauben und andern Säften. Diese Biere enthalten übri-
gens nach der Gährung noch eine beträchtliche Menge Amylon. In Bou-
teillen gefüllt, vollendet sich die Gährung, wTobei das gelöste Amylon ver-
schwindet. Geschieht diefs Einfüllen in Bouteillen nicht sehr bald, so wer-
den diese Biere von gebildeter Milchsäure sehr sauer. ( De Konink .)
Es mufs hieraus geschlossen werden, dafs die stickstoffhaltigen Be-
standteile der Saamen nach und nach die nämliche Form anzunehmen
vermögen, in welcher sich die stickstoffhaltigen Stoffe befinden, durch
deren Zersetzung bei Gegenwart von Luft die Gährung in dem Trauben-
uud andern Säften bewirkt wird.
Da nun überdiefs mit Sieber allein die Verwandlung des Stärkeklei-
sters in Zucker bewirkt werden kann, so geht hieraus hervor, dafs der
Stoff, dem man den Namen Diastase gegeben hat, nichts weiter ist, als
Kleber in einem gewissen Stadium der Umsetzung seiner Bestandteile.
Nach der Untersuchung Proust’ s (Anu. da chim, et de phys. T. V.
p. 842) enthalten 100 T heile Gerstenmehl
von ungekeimter von gekeimter Gerste.
Gelbes Harz 1 1
Gummi
Zucker .......
Kleber
Mit heifsem Wasser Kleister- (
bildendes Stärkmehl
In heifisem Wasser unlösliches £
Stärkmehl
Nach de Saussure’s Untersuchung sind die Bestandteile des Wei-
zens :
Nach 6monatlicher Berührung
mit Wasser beim Ausschlufs
Nach dem Keimen. der Luft.
. 65,8 . . . 61,81
. 7,64
. 7,91
. 5,07
. 2,67
. 5,6
... 3 . . .
. . . . 1
| . . 32 . . . ,
| . 55 . . . .
Stärkinehl
Kleber .
Dextrin .
Zucker .
Albumin
Kleie
Kohlensäure, Essig-
Vor dem Keimen,
. 72,72 .
. 14,75 .
2,44
1,43
0,000
0,000
0,81
1,93
10,79
8,14
4,07
unbestimmte Mengen.
Aus der blofsen Ausichfc dieser Zahlen ergiebt sich, dafs der Kleber
(das Pflanzenflbriu) durch den Keimuugsprocefs sowohl, wie durch die
Ferment.
133t
Berührung mit Wasser , in den löslichen Zustand übergeht; eine Modifika-
tion die in der zweiten und dritten Analyse als Albumin aufgeführt ist.
Unter dem Namen Mucin beschrieb de Saussure eine Substanz, die
in dem rohen Kleber enthalten und von Pflanzen -Fibrin, -Albumin und
Pflaczeuleim in mehreren Eigenschaften abwich; in unreinem Zustande
bleibt es aufgelöst im Wasser zurück, wenn der frisch dargestellte Kleber
aus Weizenmehl mit Alkohol ausgekocht, die Auflösung mit ihrem Volum
Wasser gemischt und bis zur Entfernung alles Alkohols im Wasserbade
erhitzt wird; diese wässerige Lösung, welche ohne Wirkung auf Pflanzen-
farben ist, geht schnell in Fäuloifs über und reagirt dann alkalisch; durch
Abdampfen derselben erhält man das Mucin in Gestalt einer durchsichtigen
Masse, welche verbrennt die Produkte der Thiersubstanzen giebt; es löst
sich in Kalilauge und zeigt in dieser Lösung alle Eigenschaften des Pflanzen-
albumins oder Pflanzenfibrins ; es macht etwa 1 p c. des trocknen Klebers
(also % p. c. des Weizenmehls) aus. Die Wirkung der Bestandtheile des rohen
Klebers auf Amylon ist, wie sich wegen ihres verschiedenen Grades von
Löslichkeit in Wasser voraussehen liefs , sehr verschieden. 100 Th. Amy-
lon in Kleister verwandelt, geben, im Wasserbade mit der gehörigen Menge
Wasser auf 50 bis 70° 10 Stunden laug erhalten, mit 50 Pflanzenleiin
(dem in Alkohol löslichen Bestandteil des rohen Klebers) 6 Th. Dextrin
und 1% Th. Zucker, mit 50 Mucin (dem in Wasser löslichen Bestandteil
des Pflanzenleims) 15 Th. Dextrin und 22 Th. Zucker, mit 50 rohem Kleber
16/2 Tb. Dextrin und 14x/2 Th. Zucker. ( de Saussure , Bibliot. univer-
selle 1833. Juli. pag. 200—276.)
Fäulnifs des feuchten Klebers (unreinen Pflanzenfibrins). Der aus
Weizenmehl dargestellte frische Kleber schwillt uuter Wasser bei 1 0 —
15° nach einigen Tagen unter Gasentwickelung auf, und entwickelt eine
reichliche Menge kohlensaures Gas , reines kohlenstofffreies Wasserstoff-
gas und Schwefelwasserstoff, er wird weicher und flüssiger, fadenziehend;
das Wasser, womit er bedeckt ist, wird sehr sauer und enthält Käsoxid ,
essigsaures, phosphorsaures und kässaures Ammoniak; seine Farbe ändert
sich in braunrot, zuletzt wird er schwärzlich, er löst sich zuletzt in
mehr Wasser zu einer trüben Flüssigkeit, welche sauer reagirt und durch
Chlor, Mlueralsäuren , Sublimat und. Galläpfelaufgufs gefällt wird , Alkalien
damit zusammengebracht, entwickeln Ammoniak. (100 Grm. frischer Kle-
ber entwickelten in de Saussure’s Versuchen in 5 Wochen 2807 Kubik-
centimeter Gas, was 5/4 Kohlensäure und % reines Wassersfcoffgas ent-
hielt.) Siehe Käsoxid und Kässäure.
Das Pflanzencasein fault unter Wasser mit stinkendem Käsgeruch und
entwickelt reichlich Schwefel wasserstoffgas.
Ferment , Weinhefe, Bierhefe. — Der in der Gährung des Weins sich
bildende Absatz, die Weinhefe, ist grau oder gelblichweifs; uuter dem
Microscope betrachtet scheint er aus lauter durchscheinenden Kügelchen
zu bestehen , an denen sich weder ein Kern noch sonst ein Zeichen von
Organisation wahrnehmen läfst, zuweilen siud sie perlenschnurartig an-
einandergereiht ; sich selbst überlassen fährt dieser Absatz fort, Kohlen-
säure zu entwickeln, zuletzt geht er in stinkende Fäulnifs über. Bra-
connot , welcher die Weinhefe «aus rot hem Weine untersucht hat (Ann. do
chim. et de phy-s. T. XLVI1. p. 59), fand, dafs dieser Absatz sich voll-
ständig in schwachen alkalischen Laugen, seihst iu Kalkwasser löst, und
dafs er daraus durch alle Säuren gallertartig wieder gefällt wird. Die
gefällte Masse röthet kaum Lackmus, iu Berührung mit kohlensaurem Kalk
oder Bittererde löst sie sich wieder vollständig in Wasser und wird aus
dieser Lösung durch Säuren wieder unverändert gefällt. Io Wasser zer-
t heilt sie sich, ohne eine vollständige Lösung zu geben; damit gekocht,
gerinnt sie zu dicken festen Flocken, scheidet sich vollständig von der
Flüssigkeit ab und verliert dadurch ihre Löslichkeit in schwachen alkali-
schen Laugen. Nur durch Kochen mit starker Kalilauge geht sie wieder
1332
K ä s o x i d.
eine lösliche Verbindung damit ein und nimmt ihre frühem Eigenschaften
wieder an. In schwacher Ammoniakflüssigkeit gelöst und abgedampft,
bleibt eine braune, glänzende, zerbrechliche Substanz, die in Wasser
wie Bassoragummi aufquillt, ein Theil davon löst sich im Wasser, der un-
lösliche Theil geht mit Gerbsäure eine Verbindung ein, ähnlich wie Leim,
er wird von Kalkwasser uud Ammoniak nicht mehr aufgenommen.
Durch trockne Destillation erhält inan daraus Ammoniak, empyreuma-
tisches Oel und Schwefelwasserstoff. In Säuren ist dieser Bestandtheil der
Hefe nicht löslich. Frisch niedergeschlagen, ist sie ohne Wirkung auf den
Zucker. Mit siedendem Alkohol behandelt, giebt die Weinhefe (von rothem
Wein) eine kristallinische wachsartige Substanz ab, und die Flüssigkeit
hält in Lösung einen rothen FarbstofF, sowie etwas Gerbsäure und eine
ölartige Materie. Trocken verbrannt, hinterläfst sie 36 p. c. einer weifsen
Asche, von der sich 25 Theile im Wasser lösen. 100 Th. Weinhefe ent-
hielten nach Br. Analyse 20 Th. org. Substanz, 0,50 wachsähnliches Fett,
1,60 salbenähnliches Oel, 6 phosphors. Kalk, 60,75 Weinstein, 5,25 wein-
sauren Kalk, 0,40 weinsaure Bittererde, 2,80 schwefelsaures und phos-
phorsaures Kali, 2,00 Sand. (^Braconnot.)
Die Bierhefe zeigt unter dem Microscope eine der Weinhefe ähnliche
Beschaffenheit, eine chemische Untersuchung derselben ist sehr wünschens-
werth. Sich selbst überlassen, geht sie bald in stinkende Fäulnifs über;
ihre Wirkung auf den Zucker wird durch Auskochen mit Wasser, Berüh-
rung mit starkem Alkohol, Quecksilbersalzen, Holzessig, ätherischen
Oelen, schwefliger Säure vernichtet.
Mit Traubenzucker in Berührung, bewirkt sie sehr rasch die Zerlegung
des Zuckers. Rohrzucker gährt langsamer und verwandelt sich vor dem
Zerfallen in Alkohol und Kohlensäure, in Traubenzucker (ff. Rose'),
Eine gegebene Quantität Bierhefe mit immer neuem Zuckerwasser in
Berührung gebracht, hinterläfst 10 — 15 p. c. Rückstand, welcher frei von
Stickstoff ist, ohne Horugeruch verbrennt, und die Fähigkeit, Gährung zu
erregen, völlig verloren hat. Unter denselben Umständen bleibt bei An-
wendung von Weinhefe von rothem Wein zuletzt ein Rückstand, welcher
nach Braconnot noch sehr reich an Stickstoff ist; allein die Hefe, welche
Braconnot untersuchte, enthielt Gerbsäure, d. h. eine gerbsaure Verbin-
dung des stickstoffhaltigen Bestandtheils des Traubensaftes, von dem sich
nicht behaupten läfst, dafs er die Eigenschaft, Gährung zu erregen, jemals
besafs, der, ähnlich wie der Leim, durch die Gerbsäure seine Fähigkeit,
zu faulen, verliert und unverändert im Rückstände bleiben mufs, wenn
der die Gährung bedingende Theil der Hefe sich in neue Produkte umge-
setzt hat.
Die Bierhefe unterscheidet sich zuletzt von der Weinhefe (aus rothem
Wein) durch ihre Löslichkeit in Säuren. ( Thomson .)
Käsoxid , Kässäure CAposepedine) ; entdeckt von Proust. Wenn
man feuchten Kleber mehrere Monate, mit Wasser bedeckt, sich selbst
iiberläfst, bis die Gasentwickelung in Folge der vollendeten Fäulnifs auf-
gehört hat, die Masse mit vielem Wasser verdünnt, von dem Ungelösten
abfiltrirt, in der Wärme bis zur Syrupconsistenz conceutrirt und an einem
kühlen Ort sich selbst überläfst, so erhält man eine kristallinische Masse
von widrigem Käsgeruch und Geschmack. Mit Alkohol gemischt , löst sie
sich zum grofsen Theil auf, unter Abscheidung eines weifsen Pulvers, was
man durch Waschen mit Alkohol, sowie durch Auflösung in Wasser, Be-
handlung mit Thierkohle und Kristallisation oder Fällung der concentrirten
Flüssigkeit mit Alkohol rein erhält. (Prowsf, Walter Crurti.)
Diese Materie, welche von Proust den Namen Käsoxid erhalten hat,
stellt glänzend weifse glimmerartige Blättchen dar, welche weich und fettig
im Anfühlen, durch kaltes Wasser kaum benetzt in heifsem Wasser leicht
gelöst werden. Die kaltgesättigte Auflösung enthält in 15 Theilen l Theil
Käsozyd. Die Auflösung ist geruchlos, von einem schwachen Geschmack
Thieralbumin.
1833
nach gebratenem Fleisch , ohne Wirkung auf Pflanzenfarben ; es löst sich
wenig in kaltem Alkohol, nicht in Aether, leicht in alkalischen Laugen;
in einem Luftstrom auf einem Platinblech schmilzt es und verflüchtigt sich
dem Anschein nach ohne Zersetzung; der Destillation unterworfen, wird
ein Theil davon in Ammoniak und ein höchst stinkendes Oel zersetzt, es
bleibt ein Rückstand von Kohle. Zusammensetzung unbekannt.
Kässäure. W7enn man die obenerwähnte alkoholische Auflösung, aus
welcher sich das Käsoxid abgesetzt hat , mit ihrem gleichen Volumen star-
ken Weingeist vermischt, so scheidet sich eine syrupartige, nicht näher
untersuchte, Flüssigkeit ab, und die darüberstehende Flüssigkeit enthält
essigsaures, phosphorsaures Ammoniak, so wie das Ammoniaksalz einer
eigentümlichen Säure, welche Proust mit Kässäure bezeichnet. Kocht
man den Rückstand, welcher nach Entfernung des Alkohols bleibt, mit
überschüssigem kohlensaurem Bleioxid, so entweicht kohlensaures Am»
moniak, es schlägt sich unlösliches phosphorsaures Bleioxid nieder, und
die Flüssigkeit enthält essig- und kässaures Bleioxid gelöst. Das letz-
tere, durch Einleiten von Schwefelwasserstoff getrennt, liefert eine Flüs-
sigkeit, welche abgedampft Kässäure, in der Form eines Syrups, von
bitterlich saurem käsartigem Geschmack hinterläfst; ihre wässerige Auf-
lösung ist ohne Wirkung auf Platinchlorid, auf Kalk-, Zinn- und Blei-
Salze; in Silberauflösung bringt sie einen weifsen Niederschlag hervor,
der am Licht roth wird ; Sublimat wird ebenfalls davon gefällt ; mit Gall-
äpfelaufgufs gemischt, entsteht ein weifser dicker Niederschlag. Die Käs-
säure wird von Salpetersäure leicht zerlegt, es entsteht hierbei eine reich-
liche Menge Oxalsäure, Benzoesäure (?), zuletzt Picrinsalpetersäure.
( Proust bemerkt, dafs sich hierbei auch oxalsaurer Kalk bilde, was auf
einen Kalkgehalt in seiner Säure hinweist.) Trocken erhitzt zerlegt sie
sich und liefert die Produkte der thierischen Körper. Diese Säure bedarf,
in Hinsicht auf ihre Eigenthümlichkeit, einer neuen Untersuchung. (Siehe
übrigens die Zersetzungsprodukte des Käses durch Fäulnifs.)
Schwefel- und stickstoffhaltige Bestandtheile
des Thierorganismus.
- Die Bestandtheile des Thierkörpers, welche Schwefel und Stickstoff
enthalten, finden sich hauptsächlich im Blute, in der Muskelfaser und in
der Milch. Die Hauptbestandtbeile des Blutes sind Thieralbumin und Thier-
fibrin, die Milch enthält Thiercasein; aufser diesen mufs zu den schwefel-
haltigen Thierbestandtheilen noch das Chondrin (Knorpelleim) und der
Schleim der Galle und das Horn gerechnet werden.
Thieralbumin. Eiweifsstoff'.
In reinem Zustande ist das Thieralbumin nur unvollkommen bekannt;
die Eigenschaften, die man ihm zuschreibt, beziehen sich auf sein Ver-
halten im Blutserum und im Weifsen der Hühnereier.
Als reinstes Thieralbumin ist (nach Pr. Denis~) der Niederschlag zu
betrachten, welcher entsteht, wenn man Blutserum oder Eiweifs mit Essig-
säure genau neutralisirt und mit sehr vielem Wasser verdünnt; das Albu-
min scheidet sich in Gestalt von durchscheinenden, körnig gelatinösen
Flocken ab, die, mit reinem Wasser gewaschen, ein kleisterartiges An-
sehen haben, übrigens frei von Säure und löslichen Salzen sind.
Albumin im Blutserum . Das Blutserum, in gelinder Wärme ver-
dampft, hinterläfst eine durchscheinende, harte, brüchige Masse, welche
sich durch Digestion wieder vollständig in Wasser löst. Gepulvert und
auf einem Filter mit Wasser gewaschen, bleibt ein gelatinöser Rückstand,
der alle Eigenschaften des obigen durch Essigsäure gefällten Albumins
i.m
Thieralbumin.
besitzt. Beide sind in reinem Wasser sehr wenig löslich, leicht hingegen
in den schwächsten alkalischen Laugen und in allen Salzen mit alkalischer
Basis , namentlich Salpeter- und schwefelsaurem Natron.
Albumin im Eiweifs. Das Weifse im Hühnerei besteht aus dünnen,
durchsichtigen, grofsen Zellen, welche eine farblose oder «chwacli gelb-
liche Flüssigkeit, Eiweifs , einschliefsen , welche ziemlich stark alkalisch
reagirt. Mit vielem Wasser geschlagen, scheiden sich in der Ruhe die
Zellen in Gestalt von dünnen durchscheinenden Häuten von der Auflösung.
Eine ähnliche Trennung findet statt im Eiweifs, was man einem starken
Kältegrad längere Zeit aussetzt. *)
Das in gelinder Wärme eingetrocknete Eiweifs ist gelblich, durch-
scheinend, glänzend, zerreiblich , geschraack- und geruchlos. Mit kaltem
Wasser in Berührung, kehrt es in seinen ursprünglichen Zustand einer
schleimigen Flüssigkeit zurück. Eingeäschert hinterläfst es 6 — 7 p. c.
Salze (Kochsalz, kohlensaures, phosphorsaures uud schwefelsaures Natron
und phosphorsauren Kalk).
In offnem Feuer bläht sich Eiweifs auf unter Verbreitung eines Ge-
ruches nach verbrannten Federn, unter Schwärzung und Entflammung, es
bleibt eine schw^erverbrennliche Kohle.
Im luftleeren Raume getrocknetes Eiweifs (von Enteneiern) giebt an
Weingeist (von 0,821 spec. Gewicht) Natron, Kochsalz und Fett ab (2,2
p. c. von seinem Gewicht); ebenso löst Alkohol aus trocknem Blutserum
Salze und Fett auf, der Rückstand ist in beiden Fällen nicht mehr im
Wasser löslich, sondern bildet damit eine gallertartige zähe Masse, die
sich in Salzen mit alkalischer Basis leicht löst.
Das Albumin erleidet durch den Einflufs der Wärme eine sehr merk-
würdige Veränderung in den Eigenschaften, die es im Eiweifs und Blut-
serum besitzt. Für sich oder mit etwas Wasser verdünnt, gesteht es bei
6*3 bis 73° zu einer festen, weifsen, elastischen Masse, welche beim
Trocknen gelb, spröde, durchscheinend, horuartig wird. Sehr verdünnte
Mischungen von Wasser mit Eiweifs oder Blutserum werden beim Erhitzen
trübe , ohne Gerinnung ; aber beim Entfernen des Wassers durch Ver-
dampfen scheidet sich geronnenes Eiweifs in Flocken oder Häuten ab. Zwei
gleiche Portionen des nämlichen Eiweifses, von welchem man die eine
Portion bei gewöhnlicher Temperatur über Schwefelsäure, die andere nach
vorbergegangener Gerinnung zur Trockne gebracht hat, hinterlassen gleich-
viel Rückstand ( Chevreul ). Das trockne coagulirte Eiweifs nimmt >m
Wasser seine weiche, elastische, undurchsichtige Beschaffenheit wieder ‘an.
(Ein Theil getrocknetes coaguiirtes Eiweifs saugt, in Wasser gelegt, in
vier Tagen 5 Th. Wasser ein; frisches Euteneivveifs hinterläfst, im luft-
leeren Raume getrocknet, 13,65 festen Rückstand. Chevreul .)
Das coagulirte Eiweifs ist in kaltem Wasser unlöslich, es löst sich in
siedendem Wasser beim anhaltenden Kochen zum Theil auf. Mit etwras
Wasser in eine starke Glasröhre eingeschlossen uud auf 150° erhitzt, ent-
steht eine klare Auflösung, die beim Erkalten nicht gelatinirt. (L. Gmelin ,
Wühler J
Das Albumin im Blutserum und Eiw eifs zeigt in Berührung mit andern
Körpern folgendes Verhalten.
Mit Sauerstoffgas in Berührung, wird das Volumen dieses Gases in
24 Stunden nicht merklich geändert; bei Gegenwart von Kali erfolgt eine
Absorbtion des Gases. Chlorgas oder Chlorwasser bringen darin ein w7eifses
Gerinnsel hervor. Das Blutserum, sowie Eiweifs, absorbiren beträchtliche
Mengen kohlensaures Gas. Durch vorsichtigen Zusatz von Essigsäure,
Salpetersäure, Schwefelsäure etc. läfst sich die alkalische Reaction des
*) Die weifsen Häute, die sich hierbei ausscheiden, sind nach Couerbe stick-
stofffrei (?), zerreiblich, in kochendem Wasser nicht löslich. Couerbe be-
zeichnete die Substanz derselben mit dem Namen Oonin ,
Tili er alb um in,
1335
mit Wasser verdünnten und von der Zellensubstanz durch Filtriren be-
freiten Eivveifses und Blutserums hinwegnehmen, ohne dafs eine Verände-
rung entsteht. Wird diese Flüssigkeit mit vielem Wasser vermischt , so
entsteht ein gelatinöser durchscheinender Niederschlag, der, mit reinem
Wasser gewaschen, frei von Säure und löslichen Salzen ist; er äst leicht
löslich in Essigsäure und Phosphorsäure, sowie in den schwächsten alka-
lischen Laugen ; er wird ferner leicht in Auflösungen von Salzen mit alka-
lischen Basen aufgenommen , namentlich Salpeter- und schwefelsaurem Na-
tron. Durch Kochen mit Wasser verliert er diese letztere Eigenschaft.
P. Denis betrachtet diesen Niederschlag als reinstes Albumin , was seine
Mischbarkeit und Löslichkeit im Wasser der Gegenwart von Natron oder
Salzen mit alkalischen Basen im Blut und Eiweifs verdankt. Die concen-
trirte Auflösung desselben in Salpeterwasser gerinnt beim Erhitzen zu einer
festen Masse.
Mit etwas Wasser verdünntes und filtrirtes Eiweifs oder Blutserum
läfst sich mit verdünnter Schwefelsäure, ohne Trübung, bis zum Entstehen
einer sauren Reaction vermischen. Die erhaltene schwefelsaure Auflösung
giebt beim Verdampfen im leeren Raum eine blafs citronengelbe Masse,
die sich mit Hinterlassung eines schleimigen Schwefelsäure-haltigen Rück-
standes löst. Diese Auflösung gerinnt bei 65°, sie wird durch Alkohol,
sowie durch überschüssige Schwefelsäure, selbst durch Essigsäure gefällt.
Der in diesen Fällen gebildete Niederschlag enthält Albumin in chemischer
Verbindung mit Schwefelsäure. Durch Zusatz von überschüssiger Schwe-
felsäure zu Albumin- haltigen Flüssigkeiten wird das Albumin nahe voll-
ständig in der Form dieser schwefelsauren Verbindung ausgefällt ( Berze -
lius) j die letztere kann durch Behandlung mit kohlensaurem Ammoniak
entzogen werden. Nach Hruschauer entsteht nur bei Mischung von con-
centrirter Schwefelsäure mit Eiweifs oder Blutserum sogleich eine Coagu-
lation, welche zum Theil dem Freiwerden von Wärme oder Wasserent-
ziehung zuzuschreiben ist. Werden beide mit ihrem einfachen oder dop-
pelten Volum Wasser vermischt, so entsteht bei Zusatz von kalter ver-
dünnter Schwefelsäure (1 Theil Säure auf 2 bis 4 Theile Wasser), auch
bei einem grofsen Ueberschufs, kein Niederschlag, erst nach einigen
Stunden tritt eine Scheidung ein, es entsteht ein weil'ser flockiger Nieder-
schlag, dem bei hinreichend langem Waschen die Säure entzogen werden
kann , ohne dafs sein Volumen beträchtlich abnimmt. Die Existenz einer
chemischen Verbindung von Albumin mit Schwefelsäure ist hiernach sehr
problematisch.
Fällt man Eiweifs oder Blutserum mit Salzsäure, so entsteht ein dickes
weifses Gerinnsel, welches, mit reinem Wasser gewaschen, sich voll-
ständig löst. Zusatz von Säure bewirkt in dieser Auflösung aufs Neue
eine Fällung; wird sie mit kohlensaurem Ammoniak versetzt, so entsteht
ein gelatinöser Niederschlag, der, mit Wasser gewaschen, frei von Salz-
säure ist. Trocken mit Aether behandelt, löst dieser Fett daraus auf.
f Berzelius .) Salpetersäure verhält sich ähnlich wie Salzsäure. Der ent-
stehende weifse Niederschlag erhält durch Waschen eine schleimige klei-
sterartige Beschaffenheit; Zusatz von überschüssiger Salpetersäure fällt
aus dem klaren Waschwasser weifse gallertartige Flocken, die bei länge-
rer Berührung mit concentrirter Säure gelb werden, ln Essigsäure ist der
zuerst durch Salpetersäure entstehende Niederschlag löslich. Durch Fällung
des Blutserums und Eiweifses mit Salzsäure und Salpetersäure scheint das
Albumin eine besondere Veränderung zu erleiden; diese Säuren sind in
ihrer Wirkung jedenfalls sehr verschieden von der Wirkung der Schwefel-
säure. [Hru schauer.)
Essigsäure und Phosphorsäure bringen, Albuminauflösungen im Ueber-
schufs zugesetzt, keiue Fällung hervor; die essigsaure Lösuug gerinnt nicht
beim Sieden. ( Berzelius .)
Verdünnte Kali- und Natronlauge mischt sich mit Eiweifs und Blut -
serum io allen Verhältnissen. Diese Mischungen coagulirert nicht beim
Sieden ; abgedampft bildet sich auf der Oberfläche eine ziemlich feste Haut,
1336
Thier albumiii.
die sich so oft erneuert, als noch Albumin in Lösung sich befindet. Con-
centrirte Kali- oder Natronlaugen bewirken in dem Eiweifs eine Gerin- 1
nung durch Wasserentziehung , bei gelinder Erwärmung entsteht hingegen
eine vollkommene Auflösung, beim Kochen tritt Zersetzung ein (siehe An-
hang). Kalk- und Barytwasser lassen sich mit verdünntem Eiweifs ohne
Trübung mischen.
Eiweifs und Blutserum geben (durch ihren Gehalt an freiem Alkali)
mit Alaun, mit vielen Metallsalzen, namentlich Blei-, Eisen-, Kupfer-,
Quecksilber- und Silber-Salzen, Niederschläge, welche, mit Wasser ge-
waschen, Verbindungen von Albumin mit den Metalloxiden hinterlassen.
Wird das freie Alkali durch Essigsäure hinweggeuommen , so entsteht im
Eiweifs oder Blutserum durch Kupfer- oder Bleisalze keine Fällung. Ein
(Jeberschufs des Salzes oder von Albumin löst meistens den entstandenen
Niederschlag wieder auf; sie lösen sich ferner in ätzenden Alkalien, in
neutralen Salzen mit alkalischer Basis, Iodkalium, phosphorsaurem Na-
tron, Blutlaugensalz und verdünnten Säuren.
Quecksilberchlorid zeigt in einer Auflösung, welche %909 Albumin ent-
hält, das Albumin durch einen weifsen Niederschlag noch an. (Albumin,
Milch etc. dient als Gegenmittel bei Quecksilbervergiftungen.)
Alle sauren Auflösungen des Albumins werden durch Galläpfeltinktur
und Blutlaugensalz gefällt.
Galläpfelaufgufs fällt das Eiweifs und Blutseram in bräunlichgelben ,
zusammenhängenden, pechartigen Flocken. Durch eine Auflösung von
Kreosot entsteht ebenfalls ein starker Niederschlag. *
Durch Zusatz von Alkohol zu Eiweifs und Blutserum entsteht ein star-
kes Gerinnsel, der entstehende Niederschlag löst sich nicht in reinem
Wasser.
Weingeistfreier AöÄer verdickt das Eiweifs zu einer festen Gallerte,
ebenso Terpentinöl. Das Blutserum gerinnt nicht durch Aether.
üncoagulirtes Albumin, mit Alkohol gekocht, dem man etwas Kali-
lauge zugesetzt hatte, löst sich zum grofsen Theile auf. Beim Erkalten
scheiden sich Flocken aus , die sich im Wasser und Alkohol wieder lösen.
(^Scherer.')
Verhalten des gekochten Albumins. Es ist völlig unermittelt, in wel-
chem Zustande sich das Albumin befindet, was in den Niederschlägen ent-
halten ist, die in dem Vorhergehenden beschrieben worden sind; höchst
wahrscheinlich ist es in keinem derselben von der Beschaffenheit, die es
durch Erhitzen oder Sieden mit Wasser erhält. Die Gerinnung durch Hitze
findet statt in luftleeren Gefäfsen, ohne Gasentwickelung, ohne Vergröfse-
rung oder Verminderung des Umfangs. (Frischgelegte Eier, oder solche,
die man sogleich nach dem Legen mit Oel überzog, sollen durch Hitze
nur unvollständig gerinnen.) Das mit Wasser wohl ausgekochte Eiweifs
hinterläfst in der Asche keine löslichen alkalischen Salze, sondern nur
phosphorsauren und schwefelsauren Kalk.
In einer sehr verdünnten Mineralsäure , Salzsäure z. B. , löst sich ge-
kochtes Eiweifs bei 70 — 80°, unter Zurücklassung von w*enig weifsen
Flocken , in einigen Tagen auf. Wird die Salzsäure einige Stunden mit
der Schleimhaut des Labmagens vom Kalbe digerirt, so erlangt sie die
Fähigkeit, gekochtes Eiweifs bei 30 — 40° in 8 — 12 Stunden aufzulösen.
Die Auflösung in kochender concentrirter Salzsäure färbt sich nach
einiger Zeit schön blau, zuweilen purpurroth.
In schwacher Kalilauge löst sich gekochtes Eiweifs leicht auf^ die
Auflösung giebt, mit Schwefelsäure übersättigt, einen zarten weifsen Nie-
derschlag, welcher frei von Schwefelsäure ist.
Durch Kochen einer concentrirten alkalischen Lösung von Eiweifs tritt
Zersetzung ein, die Flüssigkeit empfängt einen Gehalt von Schwefel-
kalium ; durch Bleisalze erhält man jetzt einen schwarzen Niederschlag
von Schwcfelblei ; Säuren bewirken eine Entwickelung von Schwefel-
wasserstoff und scheiden bei genauer Neutralisation einen gelatinösen Nie-
derschlag ab, der sich in einen» Ueberschnfs von Säure wieder löst. In
Thierfibrin.
1837
Kalkwasser ist das gekochte Eiweifs ebenfalls löslich. (^Scheele.') Sich
selbst überlassen fault das Blutserum und Eiweifs bei Zutritt der Luft ziem-
lich rasch, es entsteht unter andern Produkten, die nicht naher untersucht
sind, Schwefelammonium. Das gekochte Eiweifs widersteht unter Wasser
lange Zeit der Fäulnifs.
Thierfibrin.
Das Thierfibrin wurde besonders von Fourcrog Vmquelin , Berze -
lius etc. untersucht; es bildet einen Bestandteil des Blutes, der Lymphe
und des Cbylus , und macht die Hauptmasse der Muskeln aus.
Wenn frisches Blut während dem Gerinnen mit einem Stabe oder einer
Ruthe gepeitscht und geschlagen wird, so hängt sich das Fibrin in Gestalt
von dicken, aufgequollenen, elastischen, weifsen Fäden an dem Stabe an.
Durch Kneten in erneutem reinem Wasser befreit man es von dem Blut-
farbestoff. Man kann es auch aus dem Blutkuchen gewinnen, wenn der-
selbe in reine Leinwand eingebunden und in einem Strome reinen Wassers
so lange geknetet und gewaschen wird, bis das Wasser klar und farblos
abfliefsfc. Zur weiteren Reinigung digerirt man das Fibrin mit Alkohol und
Aether, wodurch fette Materien entfernt werden.
Im trocknen Zustande stellt das Fibrin eine sehr zähe, harte, horn-
artige, durchscheinende, gelbliche oder graue, geruch- und geschmack-
lose Masse dar, welche in höherer Temperatur schmilzt, nach verbrann-
tem Horn riecht und eine schwer einzuäschernde stickstoffhaltige Kohle
hinterläfst. Vollkommen verbrannt bleiben 0,77 bis 2,5 p. c. Asche,
welche phosphorsauren Kalk und Bittererde enthält.
Das frisch dargestellte feuchte Fibrin (aus arteriellem Blut der Kuh)
enthält (durch Austrocknen im leeren Raume bestimmt) 80,65 p. c. Was-
ser, das aus venösem Blut 78,95 Wasser. ( Chevreul .)
Der trockne Faserstoff nimmt im Wasser sein dreifaches Gewicht Was-
ser wieder auf, ohne übrigens ganz sein früheres Ansehen wieder zu ge-
winnen. In siedendem Wasser schrumpft das Thierfibrin ein, verliert seine
elastische Beschaffenheit und wird weich und zerreiblich, bei längerem
Sieden wird es zum grofseu Theil aufgelöst. Die Auflösung schmeckt nach
Fleischbrühe, sie trocknet zu einer spröden, gelblichen, durchsichtigen,
in Wasser wieder löslichen Masse ein, ohne zu gelatiniren.
Feuchtes Fibrin, in einer mit Sauerstoffgas gefüllten und durch Queck-
silber gesperrten Giocke absorbirt V10 von dem Volumen des Gases und
verwandelt das Rückständige in Kohlensäure, üeberläfst inan Fibrin (von
venösem Blut) mit Wasser bedeckt, sich selbst, so wird die Mischung
nach einigen Tagen schleimig und nimmt den Geruch nach altem Käse an,
es entstehen Ammoniaksalze , sie wird nach und nach flüssig und coagulirfc
alsdann ähnlich wie Blutserum beim Erhitzen, Zusatz von Sublimat und
Alkohol. 100 Gramme feuchtes Fibrin, auf einem Trichter mit Wasser
bedeckt, was man alle zwei bis drei Tage abfliefsen liefs und wieder
durch frisches ersetzte, verschwindet in drei Monaten völlig, nur eine
dünne braune Schicht auf dem Papier liinterlassend , die sich nicht ablösen
liefs. ( Gay-Lussac Ann. d. chim. et de phys. IV. p. 71).
Muskelöeisch von Ochsen und ein Stück Leber verhielten sich gleich,
mit dem Unterschiede jedoch , dafs das darin enthaltene Fett auf dem Filter
zurückblieb.
Frisches Fibrin aus venösem Blut löst sich in gelinder Wärme in essig-
saurem Natron und Salmiak ( Berthollet ), dasselbe löst sich bei 40 50°
in einer kaltgesättigten Salpeterlösung. Die erhaltene Fibrinlösung coa-
gulirfc beim Kochen und wird durch Alkohol und Sublimat gefällt, so wie
durch Essigsäure; sie zeigt mithin die Eigenschaften des Albumins (und
Caseins).
Das Fibrin der Muskelfaser kann durch Salpeterlösung ebenfalls ver-
flüssigt werden. Diese Eigenschaft geht dem Fibrin aus arteriellem Blute,
Geiger’ $ Pharma cie. I. (5 te Aufi.) 85
1338
Thiercasein.
so wie dem Fibrin aus dem in entzündlichen Krankheiten gelassenen Blute
ab. Durch Aussetzen an die Luft, Behandlung mit siedendem Wasser ver-
liert auch das Fibrin des venösen Blutes seine Fälligkeit, sich in Salpeter-
wasser zu lösen.
Gegen Alkalien und Säuren verhält sich das Fibrin ähnlich wie das
gekochte Albumin.
Mit Wasserstoffhyperoxid in Berührung bringt frisches Thierfibrin eine
Zersetzung unter lebhafter Entwickelung von Sauerstoffgas hervor, durch
Kochen oder Behandlung mit Alkohol verliert das Fibrin diese Eigenschaft.
Thiercasein .
Das Thiercaseiu ist vorzüglich in der Milch der Säugethiere enthalten
und der Schwefel- und stickstoffhaltige Hauptbestandteil derselben , wel-
cher in dem Ernäliruugsprocefs zur Blutbildung verwendet wird.
Das Thiercasein ist in reinem Zustande unbekannt, man kennt nur
seine Verbindungen mit Basen oder Säuren, zu welchen beiden es eine
ausgezeichnete Verwandschaft besitzt. Die Widersprüche in den Eigen-
schaften, die man diesem Körper zuschreibt, erklären sich aus der Ver-
schiedenheit der Verbindungen, die man davon dargestellt und irrigerweise
als reines Thiercaseiu beschrieben bat.
Das reine Thiercasein ist für sich im Wasser nicht löslich und in der
Milch durch Kali io Auflösung erhalten, welches derselben eine schwach
alkalische Keaction ertlieilt. Alle Säuren bringen bei vorsichtiger Neutra-
lisation des Alkali’s in der abgerahmten Milch keine Gerinnung hervor,
erhitzt man aber nun zum Sieden , so scheidet sich das Casein in zähen,
weifsen, zusammenklebenden Flocken aus. Bei einem Uebcrschufs von
Oxal- und Weinsäure löst sich der gebildete Niederschlag wieder auf; er
ist sehr wenig löslich in verdünnten oder mäfsig concentrirten Mineral-
säuren , woher es kommt , dafs in den Auflösungen des Thiercaseins in
Pfianzensäuren durch Salzsäure und Schwefelsäure ein Niederschlag her-
vorgebracht wird. Io der mit Wasser verdünnten Milch bringt Essigsäure
einen Niederschlag hervor, der durch einen Ueberschufs von Säure wieder
verschwindet. Verdünnte Phosphorsäure bringt in derMilch keine Gerin-
nung hervor, diese erfolgt sogleich, wenn der kochenden Milch einige
Tropfen mäfsig concentriner Phosphorsäure zugesetzt werden. Das durch
überschüssige Schwefelsäure in der Milch hervorgebrachte Coagulum ent-
hält eine gewisse Menge Säure in chemischer Verbindung, die durch Wa-
schen hiuweggenommen werden kann. Dieses Coagulum löst sich in
kohlensauren Alkalien leicht tnd mit Aufbrausen auf und kann durch neuen
Zusatz von verdünnter Schwefelsäure wieder daraus gefällt werden. Der
Niederschlag, der durch Neutralisation der Milch mit Schwefelsäure beim
Sieden erhalten wird, reagirt nicht sauer, er hinterläfst nach dem Aus-
waschen mit kochendem Wasser, Trocknen und Verbrennen eine alkalische
Asche, welche Kalk, Gyps und phosphorsauren Kalk enthält. Wird das
schwefelsaure Thiercasein mehrmals hintereinander in einer alkalischen
Flüssigkeit gelöst, kochend mit verdünnter Schwefelsäure gefällt und in
heifsem Wasser völlig ausgewaschen , so gelingt es zuletzt, ein schwe-
felsaures Thiercasein zu erhalten, was beim Verbrennen keine Asche mehr
hinterläfst.
Das Schwefelsäure Thiercasein ist in kaltem Wasser schwierig, in ko-
chenden ziemlich leicht löslich. Die heifse Auflösung reagirt wie bemerkt
sauer und giebt bei vorsichtigem Zusatz von kohlensaurem Kali ein starkes
weifses Coagulum von Casein, was sich bei einem schwachen Ueberschufs |
von Alkali vollständig wieder löst. Diese Erscheinung dürfte sich nicht
zeigen, wenn das Casein, wie man gewöhnlich glaubt, für sich im Wasser
löslich wäre.
Setzt man schwefelgaurem Casein Barytwasser in kleinen Portionen
zu, bis alle saure Reaction verschwunden ist, so erhält man einen in
Wasser unlöslichen Rückstand. Digerirt man schwefelsaures Casein bei
Thiercasein.
1339
gewöhnlicher Temperatur mit Wasser und kohlensaurer» Baryt , so erhält
man eine Auflösung von Casein «eiche, zur Trockne abgedampft, eine
Masse giebt, die JO — 21 p. c. Kohlensäuren Baryt nach dem Verbrennen
hinterlafst. (Vogel,') Auf diesem Wege kann demnach kein neues Casein
dargestellfc werden. Vermischt man abgerahmte Milch mit ihrem Reichen
Volum Alkohol; so entsteht ein dicker weifser Niederschlag "vvekTier eine
zähe , alkalische Asche nach dem Verbrennen hinterläfst.° Mit Weingeist
in feuchtem Zustande ausgekocht; löst sich eine beträchtliche Menne davon
auf und scheidet sich beim Erkalten theilweise in Flocken wieder aus
Diese Flocken bestehen aus einer an Alkali reichen Verbindung des Caseins“
sie losen sich in reinem Wasser. (Scherer.) Die weingeistige Lösun^
des Caseins gient , mit Essigsäure versetzt ; einen Niederschlag , der bp!
einem üeberschufs von Säure verschwindet. Alle weingeistigen Lösungen
von Casein hinterlassen nach dem Abdampfen und Verbrennen eine alkSli-
reiche Asche. (Scherer). Nach dem Auskochen des mit Alkohol aus der
Milch erhaltenen Coagulums, mit Weingeist ; Waschen mit Aetlier und
Wasser; bleibt der gröfste Thei] des Caseins im Rückstand und stellt in
trocknem Zustande eine weifse, undurchsichtige; geruch- und geschmack-
lose und in Wasser unlösliche harte Masse dar, welche nicht als reines
Casem betrachtet werden kann; da sie nach dem Verbrennen 10 p c
Asche und namentlich phosphorsauren Kalk hinterläfsC (Scherer). Diese
Masse; mit kaustischem Ammoniak in Berührung, schwillt wie Traganfch
auf und bildet eine Gallerte , die sich in mehr Wasser vollständig lösk
Sie lost sich ferner mit Leichtigkeit in reinen und kohlensauren fixen Al-
Kal 16 II«
Man nimmt gewöhnlich an, dafs das kohlensaure Kali, was man nach
,mpfen und Verbrennung des Rückstandes der Molken erhält, in
der Milch in der Form von milchsaurem Kali enthalten sey, allein in fri-
scher Milch kann keine Milchsäure nachgewiesen werden. Man kann im
Gegentheile die Milch mit einer beträchtlichen Menge verdünnter Schwe-
felsäure oder Salzsäure vermischen, ohne dafs sie eine saure Reaction
annirnmt. Wäre das Casein für sich in Wasser löslich und das Alkali an
Milchsäure gebunden , so müfste ein jeder Tropfen der zugesetzten Säure
ein Aequivalent Milchsäure in Freiheit setzen. (Haidien.)
Lösliches Thiercasein. Mit diesem Namen bezeichnen wir mit Bra
connot eine Verbindung des Thiercaseins mit Kali, welche erhalten wird
indem man schwefelsaures Casein mit Wasser zum Sieden erhitzt und so
lange tropfenvveise kohlensaures Kali zusetzt, bis sich alles vollständig
zu einer schleimigen Flüssigkeit gelöst hat, welche trübe und unklar von
eingemengten FetttheiJen ist. Man mischt sie mit Alkohol, bis ein schwa-
cher Niederschlag gebildet wird und überläfst sie der Ruhe , wo sie sich
klart. Den Absatz am Boden und an der Oberfläche der Flüssigkeit trennt
man durch Filtration und dampft die erhaltene klare Flüssigkeit zur
Trockne ab. Die trockne Masse stellt lösliches Casein dar, von 'schwach-
saurer Reaction, es ist fest, hart, unveränderlich an der Luft, durch-
sichtig und dem reinen arabischen Gummi sehr ähnlich, es löst sieh in kal-
tem und kochendem Wasser zu einer schleimigen Flüssigkeit , die beim
Abdampfen auf der Oberfläche eine Haut bildet, welche eben so oft wieder
neu entsteht, als man sie hinwegnimmt. (Braconnot.)
M-, „?äure“ Averha!*eö sich ^egen die Auflösung des Caseins wie gegen die
Milch , mit Ausna£rae der Phosphorsäure, durch welche keine Coagulation
bewirkt wird. (Braconnot.) Die durch Säuren bewirkten Niederschläge
losen sich m essigsauren Alkalien auf. Alle Erden- und Metalloxide Bit-
tererde und Zinnoxid scheiden aus der Auflösung des löslichen Caseins
das Casem ab, indem sie sich damit verbinden. In einer ähnlichen Weise
verhalten sich Metallsalze oder Kalk, Baryt und Erdsalze? “m7n zu
?? ??i.AU|fl?SUI1’i. V?i" Gypswasser und erhitzt zum Sieden,
n t Si‘fh 3 les Gasem ia GestaU eines unlöslichen Coagu-
lums ab. Kohlensaurer Kalk oder schwefelsaurer Baryt mit einer Auflö-
18 iO
Milch.
sung von Casein erwärmt und abgedampft , gebt damit eine unauflösliche
Verbindung ein. (Braconnot.)
Alkohol hat keine Wirkung auf das lösliche Casein, in schwachem
Weingeist ist es hingegen löslich. C Braconnot. )
Durch Zusatz von Zucker oder löslichen Salzen mit alkalischen Basen
tritt ähnlich wie bei den Seifen eine Scheidung ein, das lösliche Casein
scheidet sich in Gestalt einer körnigen Masse ab, die in reinem Wasser
wieder löslich ist.
Mit Gummi erwärmt verliert das lösliche Casein völlig seine Löslichkeit,
was Braconnot den darin enthaltenen Kalksalzen zuschreibt.
Die Milch .
Beim Abdampfen der Milch in der Wärme an der Luft entsteht an
ihrer Oberfläche eine weifse Haut, welche hänweggenommen , sich wieder
erneuert. In einem sauerstotffreien Gase beobachtet man die Bildung der-
selben nicht. ( Scherer.") Mit Alkohol und Aether von dem anhängenden
Fett befreit stellt sie eine in kaltem und heifsem Wasser unlösliche,
weiche, zerreibliche Masse dar, die beim Verbrennen Kalk und phosphor-
sauren Kalk hinterläfst. Wird die Milch im luftleeren Raum zur Trockne
abgedampft und der Rückstand mit einer Mischung von Aether und Alkohol
ausgewaschen, so löst sich die Butter auf. Durch weitere Behandlung mit
kaltem Wasser werden die Salze und der Milchzucker aufgelöst, zuletzt
bleibt das Thiercasein im unlöslichen Zustande zurück. Dieser Weg wird
gewöhnlich zur Analyse der Milch eingeschlagen.
Ueberläfst man die Milch der Einwirkung der Luft, so erleidet das
aufgelöste Casein durch den Einflufs des Sauerstoffs eine Veränderung,
die sich bei gewöhnlicher Temperatur auf den in der Milch enthaltenen
Milchzucker überträgt. Nach 24 Stunden oder einigen Tagen gerinnt die
Milch ohne bemerkliehe Gasentwickelung zu einer zitternden , weifsen,
gallertartigen Masse, die sich beim Erwärmen zu dicken weifsen Flocken
zusammenzieht, welche iu einer gelblichen Flüssigkeit, Molken , schwim-
men. Bei dieser Aenderung in der Beschaffenheit der Milch beobachtet
man einen Zeitpunkt, wo dieselbe bei gewöhnlicher Temperatur noch voll-
kommen flüssig, durchaus keine äufserlich wahrnehmbaren Zeichen von
Zersetzung darbietet, wo aber Coagulation eiutritt, sobald sie zum Sieden
erhitzt wird, ln einem weiter fortgeschrittenen Zustande findet man, dafs
sie schon bei gelinder Wärme zu einer zusammenhängenden Masse ge-
rinnt und eine saure Reaction darbietet. [Schet'er.} Diese Erscheinung
hängt offenbar mit der ungleichen Menge der in diesen verschiedenen Sta-
dien aus dem Milchzucker gebildeten Milchsäure zusammen, und das Ge-
rinnen selbst mufs von der Gegenwart des Milchzuckers als abhängig be-
trachtet werden.
Die saure Reaction der Molken nimmt in offenen Gefäfsen bei fort-
dauernder Einwirkung des abgeschiedenen Caseins auf deu noch vorhan-
denen Milchzucker zu , bis derselbe völlig verschwunden ist. Sättigt man
die freie Milchsäure mit kohlensaurem Natron und fügt der Masse eine
neue Quantität Milchzucker hinzu, so wird eine der zugesetzten Menge
correspondirende Menge Milchsäure erzeugt , und in dieser Weise kann
durch abwechselnden Zusatz von Natron und Milchzucker der letztere so
lange in Milchsäure übergeführt werden, als noch Casein im Zustand der
Umsetzuug vorhanden ist. ( Fremy .) Das durch Sauerwerden der Milch
gebildete Coagulum hinterläfst nach dem Verbrennen 2 p. c. nichtalkalische
Asche. (Scherer.} Durch Zusatz von kohlensaureu Alkalien läfst sich
das Sauerwerden der Milch vermeiden, es wird ferner verlangsamt dureh
Zusatz von Salzen mit alkalischer Basis.
Erhitzt man frisch gemolkene Milch in einem gut verschlossenen Ge-
fäfse iu siedendem Wasser, bis sie die Temperatur desselben angenommen
hat, so erhält sie sich eine unbegränzte Zeit ohne alle Veränderung. Mit
dem Oeffnen des Gefäfses, d. h. mit dem Zutritt der Luft, tritt hingegen
Milch.
1341
die beschriebene Veränderung ein. Dafs in der That die Bildung der Milch-
säure aus dem Milchzucker die Ursache des Gerinnens der Milch ist^ geht
mit zweifelloser Gewifsheit daraus hervor, dafs thierische Materien , die
im Zustand der Veränderung begriffen, den Milchzucker für sich in Milch-
säure zu verwandeln vermögen , die Gerinnung der frischen Milch im ho-
hen Grade beschleunigen. Dies geschieht namentlich schnell durch die
Schleimhaut des Magens junger Kälber (Labmagen) oder vielmehr durch
eine lösliche Materie, die durch Zersetzung desselben in Berührung mit
Wasser gebildet wird.
Wird ein kleines Stück der frischen oder eingesalzenen Schleimhaut
mit Wasser 10 Stunden oder länger in Berührung gelassen und diese Flüs-
sigkeit sodann mit dem zweitausendfachen Volum frischer erwärmter Milch
gemischt, so gerinnt sie nach einer bis zwei Stunden völlig ohne Gas-
entwickelung zu einer zitternden Gallerte. Von dieser Eigenschaft wird
in der Käsebereitung Anwendung gemacht. Durch vorsichtige Bewegung
der geronnenen Masse vereinigt sich das Gerinnsel zu dichten Flocken,
süfser Käse, die keine saure Reaction besitzen nnd in einer weder sauren
noch alkalischen Flüssigkeit schwimmen , süfse Molken. Die siifsen Mol-
ken, so rasch und so vollständig wie möglich von dem Coagulum befreit,
geben beim Abdampfen und Kristallisiren den unverändert gebliebenen
Milchzucker. Längere Zeit mit dem süfsen Käse in Berührung , geht der
Milchzucker in Milchsäure über.
Das nach Braconnot dargestellte lösliche Casein wird durch die Schleim-
haut des Kalbsmagens unter denselben Umständen nicht coagulirt.
Werden süfse oder saure Molken zum Sieden erhitzt, so entsteht eine
neue, wiewohl schwache Gerinnung durch Abscheidung weifser Flocken,
die nach ihren Eigenschaften dem ThieraJhumin identisch sind. (Zieger.)
Das Gewicht des frischen Käse zu dem des Ziegers verhält sich im trock-
nen Zustande wie 100: 16 — 18. (Scherer.)
WTird die Milch nach der von selbst erfolgenden Gerinnung bei ge-
wöhnlicher oder besser bei einer Temperatur von 24 — 30° in einem ver-
schlossenen Gefäfse sich selbst überlassen , so stellt sich eine lebhafte
Gasentwickelung ein, ein Thei! des Milchzuckers verwandelt sich in Trau-
benzucker , der durch die Einwirkung des sich zersetzenden Käse in Al-
kohol und Kohlensäure zerfällt. Bei der Destillation erhält man einen an
Ammoniak reichen nach Buttersäure riechenden Weingeist. Die gegohrne
Milch, längere Zeit der Luft ausgesetzt, giebt einen schwachen Essig,
der durch Zusatz von Branntwein und längeres Aussetzen an die Luft ver-
stärkt werden kann. Zucker, den man in höheren Temperaturen mit Käse
gähren läfst, liefert unterWasserstoffgas und Kohlensäureentwickelung
eine reichliche Menge Buttersäure. ( Pelouxc .)
In der Verwesung des Thiercaseins (in offenen Gefäfsen) wird nach
diesen Beobachtungen der Milchzucker in Milchsäure verwandelt , in dem
eigentlichen Fäulnifsprocefs hingegen erleidet er die nämlichen Verände-
rungen wie der Rohrzucker. In einer andern Zersetzungsweise , welche
bis jetzt nicht näher untersucht ist , nimmt die Milch eine schleimige Be-
schaffenheit an und läfst sich in lange Fäden ziehen. (Langwerden derMilch.)
Die Milch enthält neben Tbiercasein Milchzucker, Fett (Butter) und
Salze. Die nieht wechselnden fixen Bestandteile in der Milch der Kuh
sind Kali und phosphorsaurer Kalk, die Frauenmilch ist reicher an Alkali
und zwar an Natron.
Berzeliits fand in der Kuhmilch Chlorkalium, phosphorsaures Alkali,
phosphorsauren Kalk, freien Kalk, Bittererde, nebst Spuren von Eisen-
oxid. Da man in der Milch der Thiere und des Menschen viele Salze wie-
der findet , die sie durch den Mund zu sich genommen haben, wie kohlen-
saures Natron , Iodkalium, Kochsalz etc., so hat man bei Analjsen der
Milch auf den Inhalt der Nahrung an Salzen Rücksicht zu nehmen,
( Peligot .)
Nach der Untersuchung von Jlaidlen enthielten 100 Th. Milch zweier
Kühe
1312
Milch.
I.
II.
Phosphorsauren Kalk
0,281
0,344
M
Bittererde
0,042
0,064
Eisenoxyd
0,007
0,097
Chlorkalium .
0,144
0,183
Chlornatrium .
0,024
0,034
Natron . . .
0,042
0,045
0,490 0,677
Da ferner das Casein eine nicht; unbeträchtliche Menge Schwefel ent-
halt, so ist es stets der Fall, dafs sich bei Einäscherung des nach der
Verdampfung bleibenden Rückstandes eine gewisse Menge schwefelsaures
Salz vorfindet, was z. B. (nach Berzelius ) in der Kuhmilch fehlt.
Die bis jetzt angestellten Analysen der Milch geben über die Menge
der in den Brüsten milchgebeuder Thiere abgesonderten festen Bestandteile i
keinen Aufschlufs. Der Wassergehalt der Milch wechselt mit der Nah-
rung und dem Zustand der Bewegung und Anstrengung, deuen sich das
Thier hingeben mufs, um sich die Nahrung zu verschaffen. Bei Stallfütte-
rung gibt eine Kuh eine gröfsere Quantität Milch, als auf freier Weide,
sie ist aber der procentischen Zusammensetzung nach ärmer an festen Be-
standteilen und enthält mehr Wasser. Das relative Verhältnis der Butter
und des Milchzuckers zum Käse ist eben so wechselnd, bei starker Be-
wegung ändert sich mit dem Wassergehalt das relative Verhältnis der
Butter zum Käse. Einen ähnlichen Einflufs hat die Nahrung auf die Zu-
sammensetzung der Milch , eine an Stickstoff reiche Nahrung gieht eine
an Käse reiche Milch, Amylon erhöht den Butter- und Milchzuckergehalt.
F. Simon erhielt bei dem Abdampfen einer frischen Kuhmilch 85,9 p. c.
Wasser und 14,1 p. c. Rückstand, der letztere bestand aus 7 Casein,
8,93 Butter, 3,87 Milchzucker und Salze. Boussingault erhielt von 100
Kuhmilch 3 bis 3,4 Casein, 3,5 bis 5,6 Butter, 4,3 bis 5,5 Milchzucker
und 86,5 bis 88,8 Wasser. Für diese beiden Analysen hört jede Verglei-
chung auf.
Eine der besten Methoden zur Analyse der Milch ist von Haidien
(Annalen der Pharmazie T. XLV. p. 274) beschrieben worden. Man be-
feuchtet gebrannten Gyps mit Wasser, reibt die hartgewordene Masse zu
feinem Pulver und trocknet alsdann so lange im Wasserbade , bis er nichts
mehr am Gewicht verliert. Man wiegt alsdann eine gewisse Quantität
davon ab und trägt dieselbe in etwa das fünffache Gewicht Milch ein,
die man sodann bis zum Sieden erhitzt. Das Ganze wird alsdann zur
Trockne im Wasserbade eingedampft und gewogen, wenn kein Gewichts-
verlust mehr bemerkbar ist. Zieht man das Gewicht des zugesetzten
Gypses von dem erhaltenen Gewicht ab, so hat man das Gewicht aller in
der Milch enthaltenen fixen Bestandtheile zusammengeuommen. Die trockne
Masse wird nun, was leiclit geschieht, aus der Porzellanschalo heraus-
genommen, zu Pulver zerrieben, ein bestimmtes Gewicht davon in ein
tarirtes Glaskölbchen gebracht und mit Aefcher so lange ausgezogen, als
dieser noch Butter aufnimmt, das Glaskölbchen mit der Substanz im Was-
eerbade getrocknet, gibt bei einer neuen Wägung in dem Verlust die aus-
gezogene Butter, die man zum üeberfluss durch das Gewicht des Rück-
standes nach Verdampfung des Aethers controliren kann. Nach der Be- i
handlung mit Aether wird der Rückstand in dem Glaskölbchen mit Wein-
geist von 0,85 erschöpft, der Gewichtsverlust gibt den Milchzucker und
die im Weingeist löslichen Salze der Milch. Was mit dem Gj ps verbun-
den bleibt, ist Casein und enthält die unlöslichen Salze der Milch, durch
Abdampfen und Verbrennen des Rückstandes einer zweiten Quantität der
nämlichen Milch, erhält man die Summe der Salze, die durch Wasser in
lösliche und unlösliche getrennt und bestimmt werden. Nach diesem Ver-
fahren gaben 100 Th. Milch einer
Fäulniss des Tliiercaseins.
1843
Kuh 8 Butter, 4,8 Milchzucker, 5,1 Casein und unlösliche Salze,
Frauenmilch 3,4 — 4,3 — 3,1 — von einer andern kran-
ke« Frau
— 1,3 — 3,2 — 8,7 {Haidien.-)
Zur Vergleichung der Zusammensetzung der Milch von verschiedenen
Thieren geben wir im Folgenden einige Analysen von Chevallier und
Henry , die nur in so fern einen gewissen Werth haben, als sie nach einer
und derselben Methode angestellt sind. (Die Milch wurde im Kochen durch
Essigsäure cuagulirt , der abgeschiedene Käse von der Butter durch Aether
geschieden, die Molken abgedampft und der trockne Rückstand gewogen;
unter Salzen sind die feuerbeständigen Bestandteile begriffen.)
Kuh- Esels- Frauen- Ziegen - Schaf-
milch milch milch milch milch
Trockner Käse . . 4,48 . . 1,88 . . 1,53 . . 4,03 . . 4,50
Butter . . r . . .. 3,13 . . 0,11 . . 3,55 . . 3,33 . . 4,30
Trockner Milchzucker 4,77 . . 6,08 . . 6,50 . . 5,38 . . 5,00
Salze 0,60 . . 0,34 . . 0,45 . . 0,58 . . 0,88
Wasser 87,08 . . 91,65 . . 87,95 . . 86,80 . . 85,63
Colostrum. Mit diesem Namen bezeichnet man die in der ersten Zeit
nach der Geburt abgeschiedene Flüssigkeit, welche durchaus ihrem Ver-
halten und ihrer Zusammensetzung nach von der Milch verschieden ist;
bei Kühen ist sie dunkelgelb , dickschleimig und enthält mir Spuren von
Butter, nicht durch Labmagen coagulirbar. Beim Erwärmen gesteht sio
gänzlich wie Serum zu einer festen dem coagulirten Serum ähnlichen
Masse.
Zusammensetzung des Colostrums der
Kuh Eselin Ziege
Chevallier u. Henry BoussingauU
Albumin (durch H;tze coa-
gulirbar 15,07 .... 15,1 . . 11,60 . 84,50
Casein 3, . . 0,80 . 3,00
Butter 8,60 .... 8,6 . . 0,56 . 5,30
Milchzucker Spuren . . . 3,6 . 4 4,30 . 3,30
Wasser 80,38 .... 78,4 . . 83,84 . 64,10
Salze 0,3
Von der Milch fleischfressender Thiere ist die Hundemilch von Simon,
untersucht worden. Zwei Analysen gaben
Käse 17,40 . . . 14,60
Butter .... 16,20 . . . 13,30
extractartige Stoffe 2,90 . . . 3,00
Salze 1,40 .. . 1,48
Wasser .... 65,74 . . . 68,20
Bemerkenswerth in dieser Milch ist die Abwesenheit des Milchzuckers.
Fäulnifs des Thier caseins.
Die Veränderungen , welche das reine Thiercasein durch Fäulnifs er-
leidet , sind unbekannt. Braconnot überliefs reines schwefelsaures Casein
mit Wasser bedeckt sich selbst und beobachtete, dafs es sich zertheilte
und zum grofsen Theil in Wasser löslich wurde, ohne einen fauligen Ge-
ruch zu verbreiten , ea* erhielt eine gelbliche Flüssigkeit von salzigem
Geschmack, welche schwefelsaures Ammoniak, Casein und Käsoxyd
(aposepedine) enthielt.
Gewöhnlicher frischer unausgewaschener weifser Käse von abgerahm-
ter Kuhmilch, die von selbst sauer geworden war, den man also nach
dem , was man in dem Augenblick davon weifs , als ein Gemenge von
milchsaurem Casein, Milchsäure, Milchzucker (Alkohol?), Butter und
einer der Flüssigkeit entsprechenden Menge Salze der Milch anzusehen
1344
Fäulaiss des Thier oaseins.
hat, geht, mit etwas mehr als seinem gleichen Volum Wasser vermischt,
in stinkende Fäulnifs über. Vach einem Monat verändert sich die Masse
und man erhält beim Filtriren eine wenig gefärbte, sauer reagirende Flüs-
sigkeit , welche Bleisalze nie!* t schwärzt und einen weifsen im Wasser
unlöslichen Rückstand. Die Flüssigkeit gibt bei der Destillation ein äus-
serst stinkendes Oel und setzt beim Sieden ein dem Eiweifs ähnliches
weifses Coagulum ab, der Rückstand in der Retorte zu einem Syrup ab-
gedampft, verbreitet den Geruch nach Essigsäure und gesteht beim Erkal-
ten zu einer kristallinischen Masse, die, mit Weingeist verdünnt, eine
beträchtliche Menge Käsoxid hinterläfst, während sich mehrere andere
Substanzen lösen, unter denen phosphorsaures Natron-Ammoniak, so wie
eine ölige in Wasser lösliche Säure (Ruttersäure? Caprin- oder Capron-
säure?) von scharfem, brennendem Geschmack, eine in Wasser und Al-
kohol lösliche stickstoffhaltige , und eine zweite in Alkohol unlösliche Sub-
stanz die bemerkenswertnesten sind. Der nach der Fäulnifs des weifsen
Käse bleibende im Wasser unlösliche Rückstand bestand aus Margarin-
säure , margarinsaurem Kalk, Oelsäure und einer braunen stickstoffhaltigen
Materie. C Braconnot .)
Der im Handel vorkommende Käse ist ein Product einer aliinäligen
Veränderung der in der Milch vorhandenen im Wasser uulöslichen Stoffe;
er besitzt eine sehr ungleiche Beschaffenheit. Man unterscheidet magern
und fetten und Rahmkäs. Der erstere ist aus abgerahmter, der andere
aus unabgerahmter Milch, der letztere aus Milch gewonnen, der eine ge-
wisse Quantität Rahm zugesetzt wurde.
Die bei gleichem Alter mehr oder weniger feste Beschaffenheit des
Käse hängt von der Menge der darin enthaltenen fetten ßestandtheile ab,
der an diesen reichste Käse ist schmierig, der magere Käse ist weich, ela-
stisch, mit einem gewissen Grade von Zähigkeit. Mit dem Alter vermin-
dert sich die Festigkeit aller Arten Käse, sie werden weicher, manche
schmierig.
Die schweizer , holländischen und englischen Käse werden aus unab-
gerahmter Kuhmilch, die besten französischen Käse, von Roquefort z. B.,
aus Schafmilch, gewonnen; die des Abends und den nächsten Morgen ge-
sammelte Milch wird durch Lab zum Gerinnen gebracht. (In Chedder dient
für 200 Litres Milcb, die Flüssigkeit, die man durch ein Stück eingesalzenen
Labmagen von etwa 8 Quadratzoll Oberfläche erhält, das man über Nacht
in etwa einem Pfunde Wasser ein weicht, in Giocester wird hierzu die
gesättigte Kochsalzlösung angewendet, in dem man den ganzen Vorrath
des Labmagens aufbewahrt.) Man vermischt die Labflüssigkeit mit der
lauwarmen Milch , die damit nach einer oder zwei Stunden zu einer zit-
ternden Gallerte gerinnt. Durch eine sehr vorsichtige Bewegung wird die
Scheidung der Molken vom Käse befördert und ähnlich wie durch Schlagen
und Bewegung des gerinnenden Blutes, das sich in der Ruhe in der Form
eiuer Gallerte abscheidende Fibrin die Form von zusammenhängenden Fä-
den gewinnt, geschieht dies bei der unablässigen Zertheilung des gallert-
artigen Käse; das wie in Zellen oder einem Schwamm eingeschlossene
Wasser trennt sich davon, der Käse gewinnt die Form von dichten ela-
stischen Flocken, die noch härter und dichter werden, wenn sie (wie in
Chedder) mit einem Theil der zum Sieden erhitzten Molken augebrüht werden.
Für die Güte des Käse ist die vollständige Trennung der Molken von dem Käse
eine Hauptbedingung, sobald sie eiagetreten ist, wird der Käse heraus-
genommen und einem steigenden Druck in einer Schraubenpresse unter-
worfen; das Salzen des Käses hat die Entfernung der Molken, oder wenn
miau will, die Entfernung des Wassers zum Zwecke, der frische Käse
n mmt kein Salz auf, er verhält sich gegen Salz oder Salzwasser wie
andere thierische Materien oder wie Seife, der im wasserhaltigen Zustande
in Berührung mit Kochsalz das Wasser entzogen wird. Vor dem Pressen
wird in den Käsedistricten bei Chedder der frische Käse mit einem Theil
der zum Sieden erhitzten Molken nochmals aufs sorgfältigste zertheilt,
durch ein Sieb von der Flüssigkeit getrennt, mit dem dreifsigsten oder
Käse. Thierschleim,
1345
vierzigsten Theil Kochsalz vermischt und mehrere Tage einem steigenden
Drucke unterworfen. In Gloccster wird der frische Käse ohne Zusatz
von Salz sogleich nach seiner Darstellung in hölzerne Formen geprefst
und so bald er eine zusammenhängende Beschaffenheit erhalten hat, 14
Tage und länger von aufsen mit Kochsalz eiugerieben , während welcher
Zeit man ihn einem steigenden Drucke unterwirft. Nach dieser Zeit wird
der Käse bei gewöhnlicher Temperatur an einem vor dem Luftwechsel
geschützten , wiewohl nicht feuchten Ort ein Jahr lang und länger sich
selbst überlassen, wo er dann allmälig den Geschmack und die Beschaffen-
heit des Tafelkäses annimmt. Die englischen Käse haben einen schwachen,
durchaus nicht stinkenden Geruch , sie sind nicht blasig oder porös und
verdanken ihren Geschmack vorzüglich den in der Butter enthaltenen
flüchtigen Säuren. Ist die Trennung der Molken von dem Käse unvoll-
ständig, so bleibt eine bemerkliche Menge Milchzucker in dem frischen
Käse zurück, der, indem er in Gährung übergeht, Kohlensäure entwickelt,
wodurch der Käse eine blasige Beschaffenheit erhält, üeberträgt sich
diese Gährung dem Thiercasein, so erleidet dies eine von der in den eng-
lischen Käsen verschiedene Veränderung, er nimmt einen stärkeren Ge
schmack und einen stinkenden Geruch an. Wird dem Käse mehr Salz zu-
gesetzt, als die Scheidung von dem Wasser (von den Molken) nöthig
macht, so wird die Zersetzung der Butter aufgehalten und theil weise un-
terdrückt. Dieser Art von Käsen (wie die holländischen) geht der eigen-
tümliche aromatische Geschmack, der die englischen Käsesorten charak-
terisirt, ab.
Die Qualität des Käses oder der Unterschied der verschiedenen Käse-
sorten hängt von der Methode der Bereitung und Darstellung und den at-
mosphärischen Bedingungen während der ganzen Dauer der Behandlung
vorzüglich ab*). Die Milch der Kuh ist im Frühling, Sommer und Herbst
ungleich in ihrer Zusammensetzung, was in den daraus bereiteten Käsen
keine in die Augen fallende Verschiedenheit hervorbriugt, der Unterschied
ist wenigstens nicht gröfser, als wie der von zwei Käsen, die in dersel-
ben Gegend und Jahreszeit und in zwei verschiedenen Häusern gewonnen
wurden. Es ist zweifellos , dafs die von den Thieren genossenen nament-
lich aromatischen Pflanzen einen gewissen Eiuflufs auf den Geschmack des
Käses ausüben , (der Geschmack des Allium canadense und Alüum ursi-
num geht in die Milch und den daraus bereiteten Käse über) allein dieser
Einfluss ist sehr untergeordnet. Strenge genommen kann die nämliche
Fläche in ungleichen Zeiten keine Käse liefern, welche vollkommen iden-
tisch sind, eben weil die Entwickelung und Blüthe der Pflanzen, von denen
die Milch stammt, einer ungleichen Jahreszeit angehört, allein wie be-
merkt, dieser Einflufs ertheilt den Käsen keine characteristischen Ver-
schiedenheiten.
Thierschleim.
Die Oberfläche der meisten Kanäle und Behälter von Flüssigkeiten im
thierischen Körper sondert eine eigentluimliche Materie von schleim- oder
gallertartiger Beschaffenheit ab , die man mit dem allgemeinen Namen
Thierschleim bezeichnet. In trocknem Zustande ist er weifs, fest, hart und
*) Die Qualität des Roquefort-Käses hängt ausschliefslicb von den Räumen ab,
in denen die geprefsten Käse während der Zeit des Reifens aufbewahrt
werden; es sind diefs mit Gebirgsgrotten oder Spalten in Verbindung ste-
hende Keller, die durch Luftströme , welche aus den Spalten des Gebirgs
kommen, sehr kühl (5 bis 6°) erhalten werden. Diese Keller haben je
nach der niedrigen Temperatur einen sehr ungleichen Werth. Girou
(Aon. de chim. et de phys. T. XLV. S. 371) führt an, dafs ein Keller,
dessen Construction nicht über 12ooo Fcs. gekostet hatte, zu al5ooo Fcs.
verkauft wurde.
1346
Hornsubstanz.
pulverisirbar ; er schmilzt in der Wärme und zerlegt sich unter einer reich-
lichen Entwickelung von kohlensasirem Ammoniak; er quillt im Wasser,
ohne sich darin bemerklich zu lösen, zu einer weichen, schlüpfrigen,
halbflüssigen Masse auf; er geht in diesem Zustande leicht in stinkende
Fäuluifs über. Nicht alle Materien, die zu dem Thierschleim gerechnet
werden , besitzen einen gleichen chemischen Charakter. Der Nasenschleim
löst sich mit großer Leichtigkeit in Säuren. Der Schleim der Gallenblase
scheidet sich beim Vermischen der frischen Galle mit Weingeist in Gestalt
einer Gallerte ab. Durch Auswaschen mit schwachem Weingeist, zuletzt
mit Aether , bleibt er rein zurück. In feuchtem Zustande ist der Galleu-
blasenschleim von grünlicher Farbe, in trocknem Zustande dunkelgefärbt
( Kemp ); er quillt im Wasser wieder gallertartig auf, eine Eigenschaft,
die er durch Behandlung mit Alkohol verliert, er ist in Säuren unlöslich,
löst sich in Alkalien und wird daraus bei der Neutralisatiou wieder gefällt.
Der durch Aether und Alkohol gereinigte Gallenschleim ist von Kemp
mit grofser Sorgfalt analysirt worden, (siehe Seite 1351); er enthält
Schwefel (Kemp). Bei einer Temperatur von 210° löst sich der Gallen-
schleim in Wasser auf.
Eins der besten Reagentien auf Schleim (bei Abwesenheit vou Albumin
ist die Picrinsalpetersäure , die ihn als hellgelben Niederschlag fällt.
(Kemp.')
Kocht man Gallenschleim lange mit Wasser, dampft die Lösung zur
Trockne ab und behandelt den Rückstand mit Alkohol, so bleibt ein Kör-
per, der im Wasser aufquillt, zuletzt sich nahe vollständig löst. Die
Auflösung wird durch Chlor und Säuren, so wie durch Kalkwasser und
viele Metallsalze gefällt. (L. Gmelin.)
Hornsubstanz.
Unter die schwefel- und stickstoffhaltigen Bestandteile der Thier-
gebilde gehören: Die Oberhaut der Thiere, die Haare, Wolle, Borsten,
Federn, Nägel, Klauen, Hufe und Hörner, das Schildpatt, sowie höchst
wahrscheinlich die Substanz der Badeschwämme.
Alle diese Materien besitzen die gemeinschaftliche Eigenschaft, unter
Ammoniakentwickelung mit kaustischer Kalilauge in der Wärme eine Auf-
lösung zu liefern, welche mit Essigsäure neutralisirt einen weifsen gal-
lertartigen Niederschlag giebt, wobei sich eine reichliche Menge Schwe-
felwasserstoff entwickelt. (Siehe Protein).
Bei der trocknen Destillation liefern sie neben festem, kohlensauren
Ammoniak eine gewisse Menge Schwefelainmonium.
Sie geben an siedendes Wasser und Alkohol nur höchst geringe Men-
gen löslicher Materien, au Aether etwas Fett ab, sind in Mineral- und
Pflanzensäuren bei gewöhnlicher Temperatur unlöslich, von Salpetersäure
werden sie unter starker Eutwickeluug von salpetriger Säure aufgelöst.
Die Substanz der Haare, die nach dem Auskochen derselben mit
Wasser, Alkohol und Aether zuriickbleibt , löst sich in verdünnten Mi-
neralsäuren in der Wärme (Vauquelin), in Salpetersäure unter Zersetzung,
in Chlorgas verlieren sie ihre Farbe, werden weich, gelb und terpentin-
artig, sie geben nach dem Einäschern 1 % p. c. Asche, welche Eisen,
Mangan, Kalksalze und Schwefel- und Phosphorsäure nebst Spuren von
Kieselerde enthält. Mit Blei und Silberoxid oder ihren Salzen schwärzen
sich die hellgefärbten Haare, indem sich an ihrer Oberfläche eine dünne
Lage von Schwefelblei oder Silber bildet. Bedeckt man die behaarte Haut
einige Minuten lang mit einem Brei von Kalkliydrat , das man mit Schwe-
felwasserstoff gesättigt hat, so werden die Haare weich, breiartig und
lassen sich mit einein gewöhnlichen Messer hinwegnelimen. Die Epidermis
wird in ähnlicherWeise, wiewohl schwächer verändert, nach dem Trock-
nen nimmt sie eine harte, schwielige, firnifsartige Beschaffenheit an. Mit
Wasser einer hohen Tfmperatur ausgesetzt, lösen sich die Haare beinahe
gänzlich zn einer Flüssigkeit auf, die beim Concentriren und Erkalten
Badeschwämme.
1347
nicht gelatinirt, sie enthält Schwefelwasserstoff und wird durch concen-
trirte Säuren (nicht von den verdünnten) von Chlor und Bleiessig gefällt.
Das Horn enthält eine beträchtliche Menge Schwefel. Weifses oder
gelbes Horn mit einem Brei von Kalkhydrat und Mennige bedeckt , wird
schwarz oder braun von gebildetem Schwefelblei. Aus seiner alkalischen
Auflösung erhält man bei der Neutralisation mit Essigsäure einen gelatinö-
sen Niederschlag , der die Zusammensetzung des Proteins besitzt, bei wei-
tem der gröfste Theil der Hornsubstanz bleibt aber im löslichen Zustande
in der Flüssigkeit zurück. Aus einer stark concentrirten Auflösung von
Horn in Kali wird durch Kalkhydrat und Kochsalz eine braune seifen-
artige Verbindung (von Hornkali) abgeschieden.
Die Wolle verliert beim Waschen Vs bis 0,45 ihres Gewichtes. Was
das Wasser hinwegnimmt, ist eine wahre Seife, gebildet durch Kali in
Verbindung mit einer oder mehreren nicht näher untersuchten fetten Säuren.
Die entfettete Wolle löst sich in Schwefelsäure, der rnan % ihres Ge-
wichtes Wasser zugesetzt hat, zu einem gleichartigen Schleim. Beim
langen Kochen mit verdünnter Säure entsteht unter andern Producten eine
gewisse Menge Leucin .
Die Badeschwämme hinterlassen nach dem Einäschern durchschnittlich
S1/, p. c. Asche, welche Kieselerde, Schwefel-, phosphor- und kohlen-
sauren Kalk , so wie etwas lodkaüuin enthält. In Berührung mit concen-
trirter Schwefelsäure verlieren die Schwämme ihre elastische Beschaffen-
heit, sie gehen damit keine in Wasser lösliche Verbindung ein. Salpeter-
säure löst einen Theil davon unter Zersetzung, was ungelöst zurückbleibt,
stellt eine schlüpfrige weiche, im Wasser unlösliche Substanz dar, welche
von Ammoniak vollständig mit gelber, von Kali mit rother Farbe aufge-
nommen wird. In Salzsäure gekocht lösen sich die Schwämme vollständig
mit brauner Farbe. In Ammoniak erleiden die Schwämme keine Verän-
derung, in Kalilauge hingegen sind sie schon bei gewöhnlicher Temperatur,
in Barytwasser beim Kochen vollständig löslich. Die alkalische Lösung
giebt , vorsichtig mit Essigsäure neutralisirt , einen gelatinösen Nieder-
schlag, der bei üeberschufs verschwindet, hierbei bemerkt man eine Ent-
wickelung von Schwefelwasserstoff. C Posselt.) Die mit Aether, Alkohol
verdünnter Salzsäure ausgewaschenen Schwämme lieferten bei 100° ge-
trocknet in der Eleinentaraualyse folgende Verhältnisse:
Posselt
Kohlenstoff
49,11
48,75
48,74
Wasserstoff
6,25
6,35
6,26
Stickstoff
15,90
16,40
16,40
Sauerstoff etc.
25,15
24,91
25,00
Asche
3,59
3,59
3,59
Wird die braune Auflösung der Schwämme in Barytwasser mit Koh-
lensäure von dem überschüssigen Baryt befreit und mit essigsaurem Blei-
oxid vermischt, so zeigt sich eine geringe Trübung, die Flüssigkeit davon
abfiltrirt, giebt, nachdem durch vorsichtigen Zusatz von Schwefelsäure
alles Blei uud Baryt abgeschieden worden, beim Abdampfen einen braunen
Syrup, der, mit Alkohol behandelt, sich in einen darin löslichen Stoff und in
einen andern trennt, welcher nicht davon aufgenommen wird. Der erstere
wird durch Gallustiuktur , nicht durch Bleiessig oder Blutlaugensalz ge-
fällt. Bei Digestion mit Bleioxid löst sich davon eine beträchtliche
Menge auf.
Das in Alkohol unlösliche Produkt :
Posselt
" ■ um
Kohlenstoff 46,48
Wasserstoff 6,40
Stickstoff 14,81
•Sauerstoff 32,31
46,33
6,17
14,81
82,69
das lösliche :
46,66
6,27
5,81
41,19
1348 Zusammensetzung* der schwefel» und
Behandelt mau rohe Seide nach einander mit kochendem Wasser, Al-
kohol, Aetber und Essigsäure, so verliert sie nahe die Hälfte an ihrem
Gewichte und es bleibt eine Seidenfaser. Sie ist in diesem Zustande wenig
glänzend , weich , sehr weifs , sie schmälzt und verkohlt sich unter Horn-
geruch , löst sich bei gewöhnlicher Temperatur in concentrirter Salzsäure
und Schwefelsäure, in Phosphorsäure bei gelindem Erwärmen mit hellbrau-
ner Farbe, das Aufgelöste wird nicht durch Wasser, aber durch Gallus-
tinktur bei Neutralisation mit einem Alkali gefällt 3 bei Ueberschufs von
Alkali löst sich der gebildete Niederschlag wieder auf. In Kalilauge ist
die Seidenfaser beim Kochen löslich und sie wird daraus durch Säuren
wieder gefällt. Die rohe Seide enthält Albumiu und Seidenleim, Fett und
Farbstoff, der durch die erwähnten Lösungsmittel getrennt werden kann.
Sie hiuterläfst beim Einäschern die gewöhnlichen Bestandtheile der Aschen
von Thiersubstanzen.
Chitin hat man die äufsere harte Bedeckung der Käfer genannt, ihr
wahrer chemischer Character ist nicht bekannt. Nach Odier wird alle
stickstoffhaltige Substanz durch kaustisches Kali daraus aufgelöst und es
bleibt eine verkohlbare stickstofffreie Schale zurück. Nach Hatchett löst
Salzsäure Knochenerde daraus auf und es bleibt 0,26* eines kuorpelartigen
Körpers zurück.
Die Hummerschalen bestehen aus 44,76 Thiersubstanz, 49,26 kohlen-
saurem Kalk, 3,22 phosphorsaurem Kalk, 1,26 phosphorsaurer Bittererde,
1 ,50 Salze mit Natron zur Basis. Die Hummerscheeren enthalten 62,8
kohlensau-ren Kalk, 28,6 Thiersubstanz, 6,0 phosphorsaurea Kalk , 1,0
phosphorsaure ßittererde und 1,6 Salze. ( Chevreul J
Zusammensetzung der Schwefel - und stickstoffhaltigen Pflanzen -
Stoffe .
(Die Analysen von Midder, Scherer , Jones, Varrentrapp und Will
sind nach dem Atomgewicht des Kohlenstoffs 76,43 und 75,8 berechnet,
die fixen Bestandtheile sind als Asche abgezogen.
Die Analysen von Dumas sind nach dem Atomgewicht des Kohlen-
stoffs zu 75 berechnet. Aus ihrer Abhandlung in den Comptes rendus
de l’academie läfst sich nicht entnehmen, ob die fixen Bestandtheile in Ab-
zug gebracht sind oder nicht.)
Pflanzencasein.
er er*}
Jones**}
Will n.
Röchle der***}
Dumas
Varrentrapp
aus
aus Bohnen
aus Erbse«
1 Mehl
54,14
55,05
51,41
52,99 51,15
54,49
53,46
7,16
7,59
7,83
6,99 (>,49
7,40
7,13
15,67
15,89
14,48
14,81 14,01
14,78
1 6,04
22,03
21,47
26,28
25,21 28,35
23,33
23,37
Pflanzenalbumin
a. Roggen a. Weizen
a. Pflanzenleim
a. Man dein
a. Mehl
Jones
Jones
Adriani
Varrentrapp u. Will
Jones
Dumas
54,74
55,01
54,78
54,85
57,03
53,74
7,77
7,23
7,34
6,96
7,53
7,11
15,85
15,92
16,01
15,88
13,45
15,66
i 21,64
21,8
21,87
22,39
21,96
23,50
*) Scherer in den Ann. de Pharm. B. XL. p. 1. 184I.
Jones ,, ,, ,, ^ Bd. XL. p, 65. 1841*
***) Der Kohlenstoff und Stickstoff des Pflanzencaseins aus Bohnen, Linsen und
Erbsen verhalten sich in Varrentrapp und Will und Dr* Roehlcder's Ana-
stickstoffhaltigen Pflanzen- und Thierstoffe. 1319
Pflanzenfibrin
In Alkohol löslicher Bestandtlieil
a. Mehl
des Roggenmehls .
Scherer
Jones Dumas
Heidt
c
54,095
53,83 53,23
ÖS, 27
H
7,308
7,02 7,01
7,97
N
15,659
15,58 16,41
15,83
0 etc
. 22,938
23,56 23,35
1 9,93
Pflanzenleim.
Jones Boussingault
C
55,22
53,25
H
7,43
7,00
N
15,98
16,40
Ou.S 21,38
23,35
Legumin ***)
aus
aus
aus
aus
iiifsen Mandeln
Pflaumenkernen Aprikosenkernen weifs. Senf
C
50,94
50,93
50,72
50,83
H
6,72
6,73
6,65
6,72
N
18,93
18,64
18,78
18,58
0
23,41
23,70
23,85
23,87
Mit dem Namen
Legumin bezeichnen
Dumas und Cahours den stick-
stoffhaltigen Bestandteil der Kerne der Steinfrüchte; er unterscheidet sich
von dem Pflanzencasein durch seine Gerinnbarkeit in der Wärme und durch
seine Löslichkeit in Essigsäure; Dumas und Cahours hielten diese Substanz
für identisch mit dem Pflanzencasein und geben auch an, darin 18 p. c.
Stickstoff gefunden zu haben, allein es ist neuerdings von Rochleder nach-
i gewiesen worden, dafs die Analysen der französischen Chemiker mit
! einem Fehler in dem Stickstoffgehalt behaftet sind und dass die S. 1348
| angeführten Analysen von Scherer, Jones, Will uxiS Varrentrapp in Be-
ziehung auf das relative Verhaltnifs von Stickstoff und Kohlenstoff (C : N
= 8:1) richtig sind.
Zusammensetzung der Schwefel- und stickstoffhaltigen Thierstoffe .
Thieralbumin
aus Eigelb Vitellin a. Eiweifs a, Blutserum a. Gehirn - a. Hgdrocele
albumin
Jones
Dumas
Scherer
Scherer
Jones
Scherer
C
53,59
51,60
55,000
54,803
55,50
54,921
H
7,60
7,22
7,073
7,03 t
7,19
7,077
N
I:
13,47
15,03
15,920
15,677
16,31
15,465
|25,34
26,16
23,007
22,499
21,00
22,537
P
lysen — 8 : 1 , das nämliche Yerhältniss wie im Albumin und Fibrin
(siehe Annalen der Pharm. XLVI. p. 162.)
*) Scherer , Jones und Dumas a. a. O. — Heidt , Ann. d. Chem. u. Pharm.
Bd. XLV. 1843.
**) Dumas und Cahours Comptes rendus T. XV. S. 976. 1842.
***) Roh. Thomson s und Richardson s Analyse des stickstoffhaltigen Bestand-
teils der süssen Mandeln (siehe Seite 684) stimmt mit der Analyse des
nämlichen Körpers von Dumas so vollkommen überein, dafs inan an
ihrer Identität nicht zweifeln kann. Der einzige Unterschied liegt darin,
dass Th . und R. den analysirten Körper nicht bei 140°, sondern bei ioo°
getrocknet batten.
****) Scherer , Jones und Dumas 3,a. O. Mulder , Ann. der Pharm Bd. 28. S.y3. t838.
1350
Zusammensetzung der schwefel- und
aus
Congestions-
abscejs
aus Eiter
aus hydropischer
Flüssigkeit
1
C
54,757
Scherer
54,382
54,302
Mulder
54,84
H
7,171
6,985
7,176
7,09
N
15,848
15,749
15,717
15,83
° #
S l
22,224
22,884
22,805
21,23
0,68
I> )
0,33
Dui?ms und Cahours
Serum des
Serum des
Serum des
Serum des
aus
Schafs
Ochsen
Kalbs
Menschen
Eiweif s
C
53,54
53,40
53,49
53,32
53,37
H
7,08
7,20
7,27
7,29
7,10
N
15,82
15,70
15,72
15,70
15,77
0
etc. 23,56
23,70
23,59
23,69
23,76
Thier fibr in.
Scherer
Mulder
45,443
54,56
6,997
6,90
15,824
15,72
22,13
22,726
0,33
0,36
Dumas und
Cahours
aus
aus
aus
21233EESffiSSZ!
aus
aus
von einem v. einem 4?%
aus
Schaf-
Kalbs-
Ochsen-
Pferds-
Hunde-
- 2%Monat Monat mit
Men-
blut
blut
blut
blut
blut
mit Fleisch Brod ge-
schen-
C
52,8
52,5
52,7
52,67
52,74
genährten nährten
Hund Hund
52,77 52,57
blut
52,78
H
7,0
7,0
7,0
7,00
6,92
6,95
7,07
6,96
N
16,5
16,5
16,6
16,63
16,72
16,51
16,55
16,78
0 etc. 23,7
24,0
23,7
23,70
23,62
23,77
23,81
23,48
Thiercasein
aus Milch aus Zieger
Scherer
Scherer
C
54,668
54,507
li
7,302
6,913
N
15,683
15,670
Si
22,347
22,910
*) Scherer ,
Mulder 9
54,96
7,15
15,80
21,73
0,36
7,11
54,19
7,17
53,93
7,07
na$ a. a. O. Kemp 9 Ann. d. Pharm. Bd. XLI1I.
p. ix5 1842.
**) Durch Schwefelsäure gefällt.
■***) Aus einer schwefelsauren Auflösung von Casein durch hohlensaures Natron
gefällt.
****) Durch Essigsäure gefällt.
stickstoffhaltigen Thier st o ffe,
1B51
Bunins und Cahours
aus
aus
aus
aus
aus
aus
Kuhmilch
Ziegenmilch
Eselsmilch
Schafmilch
Frauenmilch
Blut
C 53,50
53,00
53,66
53,52
53,47
53,75
H 7,05
7,11
7,14
7,07
7,13
7,09
N 15,77
15,78
16,00
15,80
15,83
15,87
0 etc. 23,08
23,51
23,20
23,61
23,57
23,29
Thierschleim aus der Galle .
Kemp.
C 52,42
H 7,81
N 14,54
S u. 0. 25,23
llorngebilde.
Scherer
Oberhaut Haare Bart- Kopf-
der v.Laer *) haare haare
Fufs sohle
blonde braune schwarze Büffel -
horn
50,894
6,781
17,225
25,100
6,36
17,14
25,85
51,529 50,652 49,345 50,622
6,687 6,769 6,576 6,613
17,936 17,936 17,936 17,936
23,848 24,643 26,143 24,829
0,
Nägel
Wolle
berechnet
C43 ^78 -^14 (
C
51,089
50,653
51,718
H
6,824
7,029
6,860
N
16,901
17,710
17,469
° i
8 )
25,188
24,608
23,953
49.935
6,631
17.936
25,498
51,578
6,712
17,284
24,426
Federn.
Scherer
berechnet
Fahne
Spule
O
&
ES
CO
C
50,434
52,427
52,457
H
7,110
7,213
6,958
N
17,682
17,893
17,719
0
24,774
22,467
22,866
Mittlere Arterienhaut.
Scherer
gefunden
C 53,572
U 7,026
N 15,360
O 24,042
berechnet
ca8 h:6n12o10
53,91
6,96
15,60
23,53
*) Die Haare entfallen nach v, Laer ina Mittel mehrerer Versuche 5 pCt.
Schwefel.
1352 Protein.
Zersetzungsprodukte der Schwefel - und stickstoffhaltigen Be-
slandtheile der Pflanzen und Thiere durch Alkalien.
Pflanzenfibrin , Albumin oder Casein oder die denselben correspondi-
renden Bestandteile der Thiere, so wie das Horn nach Scherer lösen
sich leicht in Kalilauge und werden, damit zum Sieden erhitzt, zerlegt.
Je nach der Dauer des Siedens erhält man verschiedene Produkte. Wird
eine Portion der alkalischen Flüssigkeit von Zeit zu Zeit mit einer Säure
versetzt und das Erhitzen unterbrochen, wenn sich beim Zusatz der Säure
Schwefel wasserstoffgas entwickelt, so entsteht bei vorsichtiger Neutrali-
sation mit Essigsäure ein gelatinöser Niederschlag, den mau durch Wa-
schen mit Wasser von allen alkalischen Salzen befreit.
Dieses Zersetzungsprodukt hat von Mulder, der es entdeckte, den
Namen Protein erhalten (von ■jr^ourfutu ich nehme den ersten Platz ein),
es bildet im feuchten Zustande helldurchscheinende grauliche Flocken, die
beim Trocknen gelblich, hart und spröde werden; es ist geschmack- und
geruchlos, zieht mit Begierde Wasser aus der Luft an, was es bei 100°
wieder verliert. Es schmilzt in der Hitze, liefert aminoniakalische Pro-
dukte und hinterläfst eine poröse Kohle, welche schwierig und ohne Rück-
stand verbrennt; in Wasser sinkt es zu Boden, schwillt auf und nimmt
das frühere gallertartige Ansehen wieder an , es ist weder in Wasser,
noch in Alkohol, Aether oder flüchtigen Oelen löslich. Durch anhaltendes
Sieden mit Wasser wird ein Theil davon gelöst, dessen Eigenschaften
hierdurch eine Veränderung erleiden. Essigsäure und Phosphorsäure
lösen das Protein bei jedem Concentrationsgrade auf, in den andern Mi-
neralsäuren ist es, wenn sie verdünnt sind, ebenfalls mit Leichtigkeit
löslich , Zusatz von concentrirten Säuren fällt aus dieser Lösung eine
darin unlösliche Verbindung des Proteins mit der Säure. Aus den sauren
Lösungen wird das ProteiD durch Blutlaugensalz, Eisencyanidkalium, Gerb-
säure, so wie durch Neutralisation mit einem Alkali gefällt.
Von concentrirter Salzsäure wird es mit indigblauer Farbe aufgenom-
men , beim Kochen wird diese Auflösung schwarz. Mit concentrirter
Schwefelsäure entsteht eine Gallerte, die in Wasser sich zusammenzieht
und nach dem Auswaschen mit Wasser und Alkohol, Lakmus nicht röthet
in Alkalien löslich ist und 8,34 p. c. Schwefelsäure enthält. Mulder nennt
diesen Körper Proteinschwefelsäure.
Mit verdünnter Schwefelsäure gekocht wird das Protein purpurfarbig.
Mit Alkalien und alkalischen Erden vereinigt sich das Protein zu Ver-
bindungen , die sich im Wasser leicht lösen und durch Alkohol daraus ge-
fällt werden. Die mit Essigsäure neutralisirte alkalische Auflösung des
Proteins giebt mit essig- und salpetersaurem Bleioxid Niederschläge, welche
12,45 — 12,08 Bleioxid enthält; mit basischessigsaurem Bleioxid erhielt
Mulder eine Verbindung, welche 30,63 Bleioxid und mit salpetersaurem
Silberoxid eine andere , die 12,63 Silberoxid enthielt.
Nach Midder’s und Scherer’s Analysen besteht das Protein in 100
Theilen (Kohlenstoff 76,437) aus:
aus Pflan-
aus
Fibrin
aus Albumin
aus Kri -
a. Horn
zenfibrin
Mulder Scherer
Midder Scherer
stalllinse Scherer
Midder
Scherer
Kohlenstoff 54,99
55,44
54,848
55,30
55,160
55,300
55,408
Wasserstoff 6,87
5,95
6,959
6,94
7,055
6,940
7,238
Stickstoff 15,66
16,65
15,847
16,02
15,966
16,216
15,593
Sauerstoff 22,48
21,36
22,346
21,34
21,819
21,544
21761
Midder berechnet hierauf die Formel C40
Hra N10
0ia, Scherer die
Formel C48 H72 Nia 014.
Protein - bioxid.
chlorige Säure,
1353
Mulder’ s Formel
Scherer’s Formel
berechnet
berechnet
C40 55,29
C48 55,742
H61 7,00
6,827
N10 16,01
N1# 16,143
0lt 21,70
0I4 21,288
Wird Protein oder die Thiersubstanzen, woraus man es erhält, in
starker Kalilauge im Sieden erhalten , so lange sich Ammoniak entwickelt,
die Flüssigkeit sodann mit Schwefelsäure neutralisirt, zur Trockne abge-
dampft und der Rückstand durch Auskochen mit Alkohol erschöpft, so
lösen sich davon drei Zersetzungsprodukte auf, von welchen das eine, das
Erythroprotid beim Erkalten des Alkohols in öligen Tropfen, ein zweites
Leucin beim Verdunsten an der Luft sich abscheidet, während in der Mutter-
lauge ein dritter Körper Protid nebst ameisensaurem Kali bleibt. {Mulder).
Proteinbioxid
r'
Scherer
v. Laer
berechnet
'40 ^62 N10 014
Proteintritoxid
Mulder berechnet
C40 N10 Oj{
C 53,52 53,44 53,36 51,47 51,45
H 7,17 7,04 6,75 6,60 6,72
N 14,80 14,51 15,45 15,37 14,90
O 24,51 25,01 24,44 26,95 26,93
Proteinbioxid. Dieser Körper bleibt bei anhaltendem Kochen des Fibrins
mit Wasser ungelöst zurück und ist ein Hauptbestandtheil der Speckhaut
des Bluts von entzündlichen Krankheiten. ( Mulder .) Wenn man das Pro-
tein durch eine Säure aus eiaer Auflösung von Haaren in verdünnter
Kalilauge ausgefällt hat, so entsteht durch neuen Säurezusatz ein von
dem Protein in seiner Zusammensetzung verschiedener Niederschlag, des-
sen eigentümliche Natur von v. Laer erkannt wurde. Es ist das Pro-
teinbioxid, welches, an der Luft getrocknet, eine schwarze glänzende
Masse, als Pulver von bernsteingelber Farbe ist, unlöslich in Wasser
und Alkohol; löslich in verdünnten Säuren, die Auflösung wird durch
mehrere Salze gefällt, {v. Laer.')
Proteintritoxid , Oxyprotein. Wird beim Kochen des Fibrins und Al-
bumins in Wasser gelöst erhalten. ^Mulder.) Es entsteht ebenfalls, wenn
man proteiachlorige Säure in Ammoniak löst , unter Entwickelung von
Stickgas. Aus der verdampften und in lieifsein Wasser wieder gelösten
Masse schlägt Alkohol das Oxyprotein nieder. Die Flüssigkeit enthält
Salmiak. Es ist eine zerreibliche, bernsteingelbe Masse, löslich in Wasser,
fast unlöslich in Alkohol und ganz unlöslich in Aether. Löslich in Alka-
lien , Schwefel- und Salzsäure; von Salpetersäure wird es in Xauthopro-
teinsäure verwandelt. Die wässerige Auflösung wird durch Schwefelsäure,
durch Galläpfelaufgufs und durch mehrere Metalloxidsalze gefällt, von
welchen Niederschlägen Mulder das Kupferoxidsalz, Schröder das Blei -
und Silber salz untersuchte. {Mulder.)
Proteinchlorige Säure.
Eine Auflösung von Eiweifs in Wasser, von Casein oder Fibrin in
Ammoniak, gibt, mit Chlorgas übersättigt, einen Niederschlag in weifsen
Flocken, welcher, ausgewaschen und bei 100° getrocknet, ein strohgel-
bes, zartanzufühlendes Pulver, proteinchlorige Säure, darstellt, und in Al-
kohol und Aether unlöslich , fast unlöslich in Wasser ist. In concentrirter
Schwefelsäure ist diese Substanz ohne Schwärzung löslich, wird durch
Salpetersäure in Xanthoproteinsäure verwandelt, sie ist in Salzsäure ohne
Färbung löslich. Bei Behandlung mit Alkalien wird das Chlor entzogen,
bei Anwendung von Ammoniak unter Entwickelung von Stickgas, die Sub-
stanz wird hierdurch in Oxyprotein , Proteintritoxid verwandelt. {Mulder.)
Geiger’ s Pharmacie . I. (5 ie Aufl.) Sß
1354 Verhalten «1. Schwefel- n. Stiekafo ff-halti
gen
C*0H62N10OJ2ClaO5
48,76
6,16
14,11
19,13
11,84
Die Zusammensetzung der proteinclilorigea Säure ist folgende:
berechnet
aus Albumin aus Fibrin aus Casein
Kohlenstoff .... 48,54 48,74 49,17
Wasserstofl ... . 6,15 6,06 6,39
Stickstoff 14,08 ,, ,,
Sauerstoff .... 19,53 ,, „
Chlorige Säure CJ203 11,70 11,56 12,27
Die proteinchlorige Säure bildet mit Baryt eine salzartige Verbindung,
welche 11,51 bis 11,88 Baryt enthält. Die Kupferverbindung enthält 3,48
— 3,87 Kupferoxid, die Eisenoxidverbiuduug 2,37 Eisenoxid. ( DIulder .)
Leucin. Dieser Körper wurde zuerst von Braconnot durch die Ein-
wirkung der Schwefelsäure auf Muskelfleisch, Wolle und Pflanzcucasein
erhalten. Durch neue Kristallisation gereinigt, stellt das Leucin glänzende,
farblose Blättchen dar, die zwischen den Zähnen knirschen; es ist leichter
wie Wasser, geruch- und geschmacklos, ohne Wirkung auf die Pflanzen-
farben , fettig im Anfühlen. Bei 170° sublimirt es ohne Zersetzung; es
enthält kein chemisch gebundenes Wssser, löst sich in 27,7 Th. Wasser
bei 17,5° und in 62,5 W eingeist von 0,828 spec. Gew. , in kochendem ist
es leichter löslich; es ist unlöslich in Aether , löslich in concentrirter
Schwefelsäure und Salzsäure ohne Veränderung. Mit Salpetersäure bildet
es bei gewöhnlicher Temperatur Leucinsalpetersäure, beim Kochen damit
wird es verflüchtigt. Durch Chlor wird es zerstört; es ist löslicher in
kaustischem Ammoniak als in Wasser. Wird, aufser durch salpetersaures
(}uecksilberoxydul , durch kein anderes Metallsalz gefällt. 100 Leucin
nehmen in trocknem salzsauren Gase um 27,6 — 28,3 am Gewichte zu.
Leucinsalpetersäure. Die Auflösung des Leucins in mäfsig starker
Salpetersäure erstarrt, ohne Zeicheu vou Gasentwicklung, zu einer kri-
stallinischen Masse, die man durch Pressen zwischen Druckpapier, Lösen
in Wasser und freiwilliges Verdunsten in nadelförmigen Kristallen rein
erhält. Diese Verbindung enthält gleiche Atomgewichte Leucin, Salpeter-
säure und Wasser, sie vereinigt sich mit Basen, indem das Wasser ersetzt
wird durch ein Aequivalent Metalloxyd.
Erythroprotid. Formel nach DIulder C^H^N^O*. Brauner extractarti-
gor Körper. Löslich in Wasser.
Protid. Formel nach DIulder ClsH18Na04. Die Mutterlauge, aus der
das Leucin kristallisirt ist, giebt mit neutralen Blcisalzen einen Niederschlag,
ein Erythroprotid-Bleioxid und nach der Absonderung desselben mit Blei-
essig einen zweiten von Protid-Bleioxid, der mit Schwefelwasserstoff zer-
legt, Protid in Auflösung giebt. In trocknem Zustande ist das Protid stroh-
gelb, nicht kristallinisch, die wässrige Lösung ist farblos.
Nach DIulders Formel des Proteins enthält dieses, doppelt genommen,
bei Hinzufügung von 9 At Wasser die Elemente von 2 At. Protid , 2 At.
Erythroprotid, 3 At. Leucin, 1 At. Ameisensäure, 2 At. Kohlensäure und
8 At. Ammoniak (NH3). Da aber die relative Menge von keinem dieser
Körper ausgemittelt worden ist ,
Setzung ungewiss.
so bleibt dieses Sshema für die Zcr-
Y erhalten der Schwefel - und Stickstoff -haltigen Thier- und
Pflanzensloffe gegen Säuren.
Uebergiefst man frisches feuchtes Blutfibrin mit Wasser, welches */, con-
centrirte Schwefelsäure enthält, so schrumpft es zu einer unelastischen, weis-
sen Masse zusammen, welche Schwefelsäure in chemischer Verbindung
enthält. Wird die freie Säure durch Waschen hinweggenommen und der
Rückstand in reines Wasser gelegt, so quillt er zu einer Gallerte auf,
die sich vollständig in mehr Wasser löst; diese Lösung ist kaum sauer
und scheidet sich durch Zusatz von Säure wieder als weifses Gerinnsel
nb , durch Sublimat, Blutlaugensalz und Gerbstoff entsteht in der neutralen
'Thier- u. Pflanze n -Stoffe gegen Säuren. 135^
Flüssigkeit ebenfalls ein starker Niederschlag. Gegen Salzsäure verhälÄ
sich das Fibrin ganz gleich. CBerzelius'). Das Verhalten des uncoagulir
ten Albumins gegen Säuren ist oben weitläufig erwähnt worden.
Bouchardat hat in Uebereinstimmung mit dem eben beschriebenen
Verhalten des Fibrins gegen Säuren gezeigt, dafs feuchtes Fibrin in
Wasser, was ein halb tausendtel Salzsäure enthält, zu einer Gallerte
aufschwillt, die sich nach und nach bis auf eine geringe Menge weifser
Flocken vollständig löst. Die Auflösung röthet kaum Lackmus, sie wird
durch überschüssige Mineralsäuren, durch Sublimatlösung, Galläpfelaufgufs
und Blutlaugonsalz reichlich gefällt, beim vorsichtigen Abdampfen bleibt
eine feste Masse in dünnen durchsichtigen, biegsamen, schwach gefärbten
Häuten zurück; die Auflösung lenkt die Strahlen des polarisirten Lichtes
links ab. Andere Säuren, Essigsäure, Phosphorsäure, Schwefel- und Milch-
säure haben auf Fibrin eiue ähnliche Einwirkung; sie hinterlassen ebenfalls
eine nicht bestimmbare Menge weifslicher Flocken , welche Bouchardat
Epidermose nennt, weil er sie mit der Materie für identisch hält, welche
die Grundlage der Epidermis und Hornsubstanz ausmacht, obwohl er we-
der die eine, noch die andere untersucht hat. Kleber (Pflanzenfibrin),
Serum und im Wasser vertheiltes Eiweifs, was er bis zur bemerklicben
sauren Reaction mit Salzsäure vermischt hatte, sowie eine Auflösung yoq
neutralem salzsauren Casein, verhalten sich der Fibrinlösung gleich.
Dafs die sauren, sowie die alkalischen Auflösungen der genanntem
ThierstofFe gegen alle bekannten Reagentien ein ganz gleiches Verhalten
zeigen, ist lange vor Bouchardat dargethan gewesen, sie sind von Mulder
als Verbindungen eines in seiner Zusammensetzung stets gleichen Stoffes,
den er Protein nennt, betrachtet worden. Bouchardat , der zu dem näm-
lichen Schlusseg elangte, machte in soferu eine neue Entdeckung aus seinen
Beobachtungen, als er diesen Grundstoff mit Albuminose bezeichnet. Nach
Mulder sind diese beiden Materien die Epidermose und Albuminose) nichts
anderes als Proteinbioxid.
Bouchardat hat angegeben , dafs, wenn man die Speckhaut, die sich
auf dem Blute der an acuter Pleuopueumanie oder acutem Gliederrheuma-
! tismus Leidenden bildet, mit 3 — 4 Th. Wasser auf die Hälfte einkocht,
| man nach dem Abseihen eine Flüssigkeit erhält, die beim Erkalten zu
! einer zusammenhängenden Gallerte gesteht, welche in der Auflösung nicht
von Salpetersäure, wohl aber von Chlor, Sublimatlösung und Gerbsäure
gefällt wird. Er schliefst hieraus, dafs diese Speckhaut Leimsubstanz
enthalte.
Mulder fand, dafs sich Bouchardat hinsichtlich des Leimgehalts des4
Entzündungshaut getäuscht habe; er erklärt sie nach seiner Analj’se für
eine Verbindung zweier Oxide des Proteins (Proteinbioxid und Proteintrit«*
oxid), die sich aus dem Fibrin des Blutes unter Sauerstoffaufnahme erzeugen.
Das in Wasser lösliche Proteintritoxid ist von ß. für Leim gehalten worden|
es bildet sich auch bei mehrstündigem Kochen von Fibrin oder Albumin mit
Wasser. Das Proteinbioxid entsteht auf diesem Wege aus Fibrin; es bleibt
beim Kochen des letzteren mit Wasser als unlöslich und von constanter
Zusammensetzung zurück.
üebergiefst man Casein mit einer Quantität schwefelsäurehaltigem
Wasser, in der es sich beim Sieden nicht löst, und setzt dieses Gemenge
mehrere Tage lang einer Temperatur von 50 — 70° aus, so verschwindet
alles schwefelsaure Casein, ohne dass die Flüssigkeit beim Erkalten etwas
absetzt. Braconnot beobachtete, dafs schwefelsaures Casein bei gewöhn-
licher Temperatur mit Wasser, sich selbst überlassen, nach und nach zum
grofsea Theil und ohne Fäulnifsgeruch sich löst; er erhielt eine gelbliche
Flüssigkeit von bitterem Geschmack, welche schwefelsaures Ammoniak,
etwas Casein und Käsoxid enthielt.
Es ist schon früher bemerkt worden, dass Pflanzen- und Thier-Casein,
-Fibrin und -Albumin, mit concentrirter Salzsäure und Luft in Berührung
1356
Xanthoproteinsäure.
sich darin mit purpurrother oder blauer Farbe auflosen. Ganz besonders
leicht bildet sich mit Casein diese gefärhtc Auflösung.
Bei Abschluss der Luft lösen sich (nach Mulder ) Fibrin und coagulir-
tes Albumin allmälig in starker Salzsäure zu einer strohgelben Flüssigkeit,
welche nuu mit Luft oder Sauerstoff in Berührung, dieses Gas absorbirt,
während sie dunkelbraun, zuletzt schwarz wird. Es bildet sich hierbei Sal-
miak und eine schwarze Substanz, welche Kohlenstoff und die Elemente
des Wassers enthält, und in ihren Eigenschaften der Materie ähnlich ist,
die man durch Behandlung des Zuckers mit Salzsäure erhält. Der nach
dem Eintrocknen der schwarz gewordenen salzsauren Auflösung bleibende
Rückstand ergab in der Analyse ( Mulder'} folgende Zusammensetzung:
S8,‘<8 Kohlenstoff, 6,12 Wasserstoff, 11,09 Stickstoff, 22,65 Sauerstoff
und 21,86 Chlor, worauf Mulder die Formel C40 H,8 N10 020 Cl8 berech-
net. Genauer entspricht dieser Analyse die Formel C48 Nja H94 024 Cl10.
Die Zersetzungsweise dieser Thiersubstanzen, so wie die Produkte,
welche sich hierbei bilden, haben in so fern ein grofses Interesse, als sie
zu Schlüssen über die Bildungsweise derselben in dem Organismus der Pflanzen
zu führen vermögen; wir haben bis jetzt keine Vorstellung über die Art
und Weise, auf welche aus dem Ammoniak, aus der einzigen stickstoff-
haltigen Nahrung der wildwachsenden und Culturpflanzen , die stickstoff-
haltigen Bestandtbeile derselben erzeugt werden. Die beschriebene Zer-
setzung ist aber eine Spaltung in Ammoniak und in einen stickstofffreien
Körper, der aus Amylon und Zucker durch die nämliche Säure gebildet
wird , sie geht vor sich beim Hinzutritt von Sauerstoff.
Nach den von Mulder ausgemittelten Verhältnissen enthalten die durch
Salzsäure unter dem Einfluss des Sauerstoffs auf Fibrin und Albumin ge-
bildeten Produkte die Elemente von
Protein
Wasser
Sauerstoff
Salzsäure
C48NI2H720J4 \ ftrockuem )r „ n
H12 ()6 / \ Traubenzucker a4
04 \oder von < Ammoniak N2If6
H10 Clio C J Salmiak NjqH4q Clio
C43 N12H94 Oa4Cl10 J C C48Ni2H94Oa4Cli0
Es kann mithin der organische Grundstoff der Thiersubstauzen als ent-
standen betrachtet werden, durch die Vereinigung der Elemente des Zuckers
und des Ammoniaks und durch Austreten der Elemente von Wasser und
Sauerstoff. Von der Salzsäure des Salmiaks abgesehen, haben wir
Zucker C48 H43 Oa4 ) ( Protein c48n13h:2o14
Ammoniak N12H5< \ = < Sauerstoff 04
) v Wasser a 0 6
C48 N12 H84 024 — C48N|2Hg4Oa,
Durch die Einwirkung von Salpetersäure auf Fibrin, Albumin, Casein
erhält man unter andern Produkten einen gelben, im Wasser, Alkohol
und Aether unlöslichen Körper, den Mulder mit dem Namen Xanthopro-
teinsäure bezeichnet. Durch Auskochen mit Wasser und Alkohol wird
sie gereinigt. Sie ist oraugegelb, nicht kristallinisch, geschmack- und
geruchlos, sic röthet die Pflanzenfarben, verkohlt unter dem Geruch nach
Horn, ohne zu schmelzen. Sie löst sich in concentrirten Säuren, Zusatz
von Wasser fällt aus dieser Lösung eine Verbindung der Xanthoprotein-
säure mit der angewandten Säure, die durch Waschen mit Wasser zer*
legt wird. Sie löst sich in Alkalien mit dunkelrother Farbe und wird
daraus durch Neutralisation wieder gefällt. Durch Kochen in einer kau-
stischen Kalilauge wird sie unter Ammoniakentwicklung zerstört. Die
bei 130° getrocknete, wasserhaltige Säure ist (nach Mulder') nach der
Formel C54 H48 Ns 012 -f- 2Aq. zusammengesetzt, sie scheint keine Oxi-
dationsstufe des Stickstoffs oder der Salpetersäure zu enthalten. Das Ba-
Leimsubstanz.
1H57
rytsalz ist nach der Formel C54 H48 N8 013 -t- j das Bleisalz nach der
Formel Ci4 H4B N8 Oi3 -f- PbO zusammengesetzt. {Mulder ).
Löst man das Ammoniaksalz dieser Säure in Wasser und sättigt diese
Auflösung mit Chlor, so scheiden sich hellgelbe Flocken ab, welche Mul-
der als eine Verbindung von 1 At. chloriger Säure (Cl2 Os) mit 2 At.
Xanthoproteinsäure betrachtet. Durch Auflösung dieser Flocken in Ammo-
niak erhält man Salmiak und der Analyse nach unverändertes xanthoprotein-
sanres Ammoniak. Fettfreies, ausgepresstes Muskelfleisch mit concenrirter
Schwefelsäure in Berührung wird gallertartig und löst sich darin auf (ein
Verhalten, wodurch sich das Fibrin der Muskelfaser von dem Blutfibrin
unterscheidet). Diese Auflösung Jäfst sich mit Wasser ohne Absatz von
schwefelsaurem Fibrin verdünnen. Wird die mit ihrem doppelten Gewichte
Wasser verdünnte Auflösung 9 Stunden lang gekocht, so entsteht schwe-
felsaures Ammoniak, und die Flüssigkeit giebt, mit Kreide neutralisirfc
und zur Trockne verdunstet, eine extraktartige gelbe Masse, welche
Leucin und eine im Alkohol leicht lösliche Substanz von syrupartiger
Beschaffenheit enthält. Wolle liefert, auf die nämliche Weise behandelt,
ebenfalls Leucin. ( Braconnot ). Leim giebt nach demselben Verfahren
Leimzucker ( Braconnot ) und eine süfsschmeckende Substanz, die bei Zu-
satz von Hefe in Gährung geräth und Alkohol und Kohlensäure liefert,
{Gerhardt).
Leimsubstan%.
Unter dieser allgemeinen Bezeichnung begreifen wir einen oder meh-
rere Bestandtheile des Thierkörpers, welche die Fähigkeit besitzen, an
siedendes Wasser eine Materie abzugeben, welche in mäfsig concentrirter
Lösung dem Wasser eine mehr oder weniger feste, gallertartige Beschaf-
fenheit ertheilt. In vorzüglicher Menge sind sie enthalten in dem Zellge-
webe, der Lederhaut der Membranen, Sehnen, Bändern, Knochen, Knor-
peln, dem Hirschhorn.
Das Zellgewebe und die Membranen bestehen zum gröfsten Theil aus
Leimsubstanz; in dem Zustand, in welchem sie darin vorhanden ist, löst
sie sich bei gewöhnlicher Temperatur nicht in Wasser, verdünnten Mine-
ralsäuren, Alkohol, Aether und flüchtigen Oelen. Im 'feuchten Zustande,
sich selbst überlassen, fault sie äufserst leicht. Einer Auflösung von Su-
blimat oder schwefelsaurem Eisenoxid entzieht die Leimsubsfcanz diese
Salze und geht damit, indem sie dichter wird, im Wasser unlösliche
Verbindungen ein, welche die Fähigkeit zu faulen völlig verloren haben.
In einer ähnlichen Weise verhält sich die Haut gegen eine Auflösung,
von Alaun, der man Kochsalz zugesetzt hat} sie verbindet sich mit dem
Thonerdesalz und wird damit in der Luft und in kaltem Wasser unveränder-
lich. (Weifsgerben). In siedendem Wasser wird das Thonerdesalz auf-
gelöst und die Haut nimmt ihre frühere Beschaffenheit und Eigenschaften
wieder an.
Mit Gerbsäure oder gerbsäurehaltigen Materien (Eichenrinde etc ) im
feuchten Zustande in Berührung, verbindet sich die Leimsubstanz der Haut
allmälilig mif der Gerbsäure. Sie verliert damit ebenfalls ihre Fäulnifs-
fähigkeit und wird in Leder verwandelt. Eine Galläpfelinfusion verliert
mit einer hinlänglichen Menge Haut in Berührung ihren Gerbsäuregehalt
vollständig. 100 Theile trocknes Kalbfell nehmen, vollständig mit Gerb-
säure gesättigt, 64 Th. an Gewicht zu.
Von dem eigentlichen Zellgewebe der Haut unterscheidet sich der
Corpus capillare uud die Epidermis oder Oberhaut. Der erstere liegt zwi-
schen der Oberhaut und dem Zellgewebe und besteht aus Gefäfsen und
Nerven, und ist der Sitz des Gefühls und der Farbe der Haut. Die Epi-
dermis nähert sich in ihrem chemischen Verhalten der Hornsubstanz.
1358
Knorpel! cim. Knochenleim.
Das eigentliche Zellgewebe löst sich in der Wärme in verdünnten
Mineralsäuren mit der gröfsteu Leichtigkeit auf und erleidet dadurch eine
ähnliche Veränderung ^ Wie beim Kochen, es verwandelt sich nämlich in
Leim (Gelatina), der seine Unlöslichkeit in kaltem und rnüfsig warmem
Wasser verloren hat.
Der Leim, den man durch anhaltende Behandlung mit siedendem Was-
ser aus Knorpeln (mit Ausnahme der Faserknorpel), Cartilagines iuterarti-
culares , Knorpel des Augenliedes, Bandscheiben der Wirbel, Cornea des
Auges erhält, unterscheidet sich wesentlich durch einige chemische Eigen-
schaften von dem Leim der Knochen und des Zellgewebes; diese Verschie-
denheit wurde zuerst durch Joh. Müller in einer meisterhaften Untersu-
chung aller Leimsubstanz enthaltenden Bestandtheile des Thierkörpers dar-
gethan. ( Pugg . XXXVIII. S. 305).
Alle Knorpel, Knochen und Häute geben bei der trocknen Destilla-
tion eine gewisse Quantität Sckwefclamnionium.
Knorpelleim .
Chondrin , entdeckt von J. Müller. Zusammensetzung s. S. 1363.
Dieser Leim wird durch 12 bis 18stündiges Kochen der Rippen- und Gc-
ieukknorpel , der Knorpel des Kehlkopfes erhalten.
Die Auflösung ist wenig gefärbt und gesteht in mäfsig concentrirtem
Zustande zu einer klaren, durchscheinenden Gallerte, die zu einer durch-
sichtigen, festen, harten, nicht porösen, hornartigen Masse austrocknet,
welche in kaltem Wasser wieder weich, biegsam und gallertartig wird,
und sich in heifsem wieder vollständig löst. Diese Lösung wird von Alaun
und schwefelsaurer Thonerde in dicken, weifsen, compakten Flocken voll-
ständig gefällt, welche leicht zusammenklebeu 5 sie wird ferner durch
neutrales und basisches essigsaures Bleioxid , Zinnchlorür, schwefelsaures
Eisenoxid niedergeschlagen, sowie durch Gerbsäure haltige Flüssigkeiten,
Chlor, Weingeist, Platinchlorid , Quecksilberchlorid. Durch alle Säuren
ohne Ausnahme wird in den Auflösungen des Knorpelleims eine Färbung
hervorgebracht; die Mineralsäuren (bis auf Arseniksäure, Kohlensäure, Flufs«
säure und schweflige Säure) lösen, im Ueberschuss zugesetzt, den gebildeten
Niederschlag wieder auf; die Pflanzensäuren, so wie Arseniksäure bewirken
eine Fällung, welche bei überschüssiger Säure nicht wieder verschwindet.
Der durch Eisenoxid, Thonerdesalze und Essigsäure hervorgebrachte Nie-
derschlag verschwindet beim Zusatz einer grofsen Menge Kochsalz oder
essigsaurern Kali. Digerirt man die Knorpel 24 Stunden lang mit ver-
dünnter Salzsäure, entfernt sodann durch Waschen die freie Säure, so
wird durch Kochen dieser Körper eine Gallerte gebildet, welche vom
Knorpelleim sowohl, wie vom Knochenleim verschieden ist. In abgedampf-
tem Zustande ist dieser Leim dunkelgelb, wenig klebend, blättrig und
seine Auflösung wird durch alle, den Knorpelleim charakterisireuden Rea-
gentien nicht verändert«
Knochenleim .
ßyn.: Cola, Gelatina. Identisch mit dem Leim aus dem Zellgewebe.
§. 268. Der gewöhnliche Tischlerleim wird aus Hautab-
fällen, Klauen, Knochen, Hirschhorn, Kalbsfüfsen durch mehr
oder minder langes Kochen mit Wasser, bei gewöhnlicher
Siedetemperatur oder schneller unter höherem Druck bei 106
—107° dargestefit. Die geklärte, heifse, concentrirte Auf-
lösung gesteht nach dem Erkalten zu einer elastischen , zit-
ternden Gallerte, die durch Dräthe in dünne Scheiben ge-
Knochenleim.
schnitten und getrocknet, die Form des im Hundei vorkom-
menden Leims erhält. Dieser Leim enthält in kaltem Wasser
und in Alkohol lösliche Stoffe, von denen er befreit wird,
wenn man ihn in kaltem Wasser zu einer Gallerte aufquellen
lässt, diese zertheilt und in Leinwand gebunden mit immer
zu erneuerndem warmen Wasser in Berührung bringt. So-
bald das Wasser keine Farbe mehr annimmt. läfst man die
Gallerte unter Zusatz von etwas Wasser in gelinder Wanne
zerfliefsen und scheidet sie von den unlöslichen Gemeng-
theilen durch Filtriren. Die durchlaufende klare Leimlösung
vermischt man mit ihrem gleichen Volum Alkohol, wodurch
der reine Leim gefällt wird. An vielen Orten wird der Leim aus
Knoclieo durch Behandlung derselben mit sehr verdünnter Salzsäure (wel-
che möglichst frei seyn mufs von Schwefelsäure und schwelliger Säure)
dargestellt , welche die Kalksalze auszieht und den Leim in der Form der
Knochen zurückläfst. Sobald diese eine weiche, biegsame, durchscheinende
Beschaffenheit angenommen haben, wird die Säure durch anhaltendes Wa-
schen hinvveggenommed (wodurch der Rückstand die saure Heaction übri-
gens nie verliert), mit etwas Wasser in der Wärme geschmolzen und die
nach dem Erkalten gewonnene Gallerte wie oben behandelt.
§. Der Leim stellt trocken eine farblose oder gelb-
liche, in dünnen Stücken durchsichtige, glasartige, ziemlich
harte, spröde, elastische Substanz dar, geruch- und ge-
schmacklos, luftbeständig, schwerer wie Wasser, ohne Ileac-
tion auf Pflanzenfarben , unlöslich in Alkohol und Aether (er
wird beim Erwärmen weich, schmilzt und verbreitet, indem
er sich zersetzt, einen eigenthümlichen Geruch (Leimgeruch].
In trockner Destillation liefert er eine reichliche Menge festes,
kohlensaures Ammoniak (Hirschhornsalz, -Geist, -Del) unter
Zurücklassung einer schwerverbrennlichen Kohle, und einer
aus phosphorsaurem Kalk bestehenden Asche. In kaltem
Wasser schwillt der Leim auf, wird undurchsichtig, gallert-
artig, elastisch, zähe, ohne sich darin bemerklich zu lösen,
in der Wärme |erfolgt vollständige Lösung. (Ein Theil Leim
giebt mit 1ÖÖ Wasser eine feste, zitternde Gallerte. Eine
Leimauflösung fault ziemlich leicht mit sehr unangenehmem
Geruch. Die Produkte der Fäulnifs sind nicht untersucht).
Wird eine warme, concentrirte Lösung von Hausenblase in
einem verschlossenen Gefäfse längere Zeit der Siedhitze aus-
gesetzt, so vermindert sich nach und nach die Fähigkeit
derselben, nach dem Erkalten gallertartig zu gestehen, bis
dafs sie sie zuletzt gänzlich verliert; sie giebt abgedampft
einen blafsbrauneu Ilückstand, der an der Lutt feucht und
terpentinartig wird und in kaltem Wasser leicht löslich ist.
Diese Lösung giebt, mit Alkohol vermischt, einen Nieder-
schlag, der mit Wasser keine Gallerte mehr liefert, der
Alkohol behält eine Materie gelöst, die beim Verdampfen eine
terpentinartige Masse liefert, welche theilweise in absolutem
Alkohol löslich, in trocknem Zustande an der Luft zerfliefs-
Knoc benieira.
i.#
o
Hch ist; er wird durch Calläpfelaufgufs vollständig gefällt.
t . Die audern Leimsorten verhalten sich diesem ähnlich
Es ist klar, dafs je nach der verschiedenen Dauer des Kochens und dem
Zustande der Ihiersubstanzen der daraus bereitete Leim mehr oder weni-
ger vou diesen Produkten der Veränderung der Leimsubstanz enthalten
raufs. So lost sich der Leim von jungen Thieren (Kalbsfüfsen etc.) leich-
ter in lauwarmem Wasser und die daraus bereiteten Gallerte ist minder
fest, wie die aus Häuteu , Klauen und von älteren Säugethieren. Der
Leun aus geraspeltem Hirschhorn gelatinirt sogleich beim Erhalten, der
aus Knochen erst den andern Tag, der Leim aus Fischknochen gelatinirt
mcht. (J. Müller ). Der Knochenkuorpel eines neugeboruen Kindes vor
der Ossification gab beim Sieden mit Wasser Chondrin , eben so fand sich
Chondrin in pathologischen Knochengeschwülsten. (J. Müller ). Eine Kno-
chen-Leimaufldsung unterscheidet sich wesentlich von einer Chondrin-
losung, insofern sie nicht gefällt wird durch Säuren, Alaun und Bleisalze
wahrend sie gegen die andern Reagentien ein gleiches Verhalten zeiirt*
mit Alkohol gemischt, scheidet sich aus einer mäfsig concentrirten Lösun»
der Leim in Gestalt einer weifsen, zusammenhängenden, elastischen Masse
aus, die in kaltem Wasser aufquillt, ohne sich zu lösen. Ueber das Ver-
halten des Chlors zu Leim siehe Zersetzungsprodukte durch Chlor.
... 10 Tf1rdÜQIlten S/\uren ist der Leim in der Wärme leicht zu einer
dünnen Flüssigkeit löslich, ohne seine Haupteigenschaften bemerklich cin-
zubufsen. Durch anhaltende Behandlung mit mäfsig concentrirter Schwe-
felsäure wird er zersetzt (siehe Zersetzungsprodukte). Durch Salpeter-
saure wird der Leim unter Zersetzung gelöst. Eine der bemerkenswer-
thesten Verbindungen geht der Leim mit Gerbsäure ein, sie ist im Wasser
so schwerlosliclt , dafs Vj^o Leim in einer Flüssigkeit durch Galläpfelauf-
gufs noch deutlich gefällt wird. In concentrirteren Auflösungen scheidet
sich die gerbsaure Verbindung in mehr oder weniger dichten käseartigen
Flocken, oder einer zähen, weichen, elastischen, der Fäulnifs nicht fähi-
gen Masse ab. Die Verbindung ist in Wasser, Alkohol und Aether unlös
lieh, löslich in der Warme in Kalilauge, nach dem Trocknen hart und
spröde, von muschligem Bruch und leicht pHlverisirbar. 100 Theile reiner
1 I Ti QV«erbKndeil oSiC« .»bersGhüssiger Gerbsäure aus Galläpfeln) mit
135,138 bis 136,5 Theilen Gerbsäure. Gierst mau die Gerbsäure
Li Fo I,‘.ei"':lU. 0SU,,Ä ’ so e! hält ma“ eine Verbindung, die auf 100 Leim
85,8 Ih. Gerbsäure enthält. (Midder, H. m:y). Alle der Eichengerbsäure
in ihren Eigenschaften nahe stehende Materien, wie Catechugerbsäure,
Hämatoxilin fallen ebenfalls die Leimauflösung. *
Die Leimgallerte wird leicht in der Wärme von kaustischem Kali ge-
lost und wesentlich in ihren Eigenschaften dadurch verändert. Sättigt
mau die Auflösung mit Essigsäure und dampft zur Trockne ab , so erhält
man einen Rückstand, der sich in Alkohol löst. Durch anhaltendes Kochen
mit starker Kalilauge eutsteht unter Ammoniakentwicklung eine Reihe
eigentümlicher Zersetzungsprodukte.
Chlorigsaurer Leim . Leitet man Chlorgas durch eine Auflösung von
Leim, so entsteht, wenn die Flüssigkeit anfängt mit Chlor gesättigt zu
seyn, um jede Gasblase eine weifse Haut, und’ alier Leim ward zuletzt
!Di?5stalt VOn bießsaraeüj elastischen, perhnutterglänzenden, gelatinösen,
halbdurchscheinenden Flocken oder Faden sehr nahe vollständig ausgefällt,
sie sind geschmacklos, unlöslich im Wasser und Alkohol, schwach sauer,
unfähig zu faulen, entwickeln an der Luft mehrere Tage lang Chlor oder
Chlorige Saure, löslich in Alkalien. In trockncm Zustande ist dieser Kör-
per w*ei!s und leicht pulverisirbar. Die feuchte Masse enthält nach Mulder
die Elemente von 1 At. Leim 78,6 pCt. (C15 1I10 N, 0,) und 1 At. chlorige
Saure («7,4 pCt. ), die getrocknete Substanz die Elemente von 4 At.
Leim auf die nämliche Menge Säure. Die Auflösung der letzteren Verbin-
dung in Ammoniak giebt, zur Trockne verdunstet, eine Masse, aus wel-
cher Alkohol Salmiak nuszieht; der Rückstand giebt, in «er Analyse die
Lcimzuoker.
1861
Zusammensetzung des Leims, und in kochendem Wasser gelöst, eine Flüs-
sigkeit,, die nach dem Erkalten gelatinirt, so dafs er hiernach als unver-
änderter Leim betrachtet werden mufs.
Zersetzungsprodukte des Leims mit kaustischen Alkalien .
Beim anhaltenden Kochen einer Auflösung von Leim in starker Kali-
lauge entwickelt sich reichlich Ammoniak und der Leim zerfällt in ein
Gemenge von 4 Th. Leimzucker auf 1 Th. Leucin. Nach Boussinqault
entsteht hierbei nur Leimzucker. Midder ncutralisirt, sobald sich in der
Behandlung kein Ammoniak mehr entwickelt, die alkalische Flüssigkeit
mit Schwefelsäure, dampft zur Trockne ab, erschöpft den Rückstand mit
Alkohol, destillirt den Alkohol ab und reinigt das Gemenge von Leim-
zucker und Leucin, welches zurückbleibt, durch Behandlung mit Alkohol,
in welchem das Leucin etwas löslicher ist. 9
Leimzucker. — Entdeckt von Braconnot. — Aus Alkohol krystallisirt
• eFi>^eimiZUCker in ziemIicl1 deutlichen Prismen , aus schwachem Alkohol
in Rhomben, die zwischen den Zähnen knirschen. Die Kristalle sind
färb- und geruchlos, au der Luft unveränderlich, von sehr süfsem Ge-
schmacke. Sie verlieren bei 110° nichts an ihrem Gewichte und zerlegen
sich bei 1,8 unter Ammoniakentwicklung. Bei 17,5° löst sich der Leirn-
zucker m 4,4 Wasser, in 930 Th. Weingeist von 0,818 spec. Gew. nicht
in Aether; die Losung ist ohne Reaction auf Pflanzenfarben. Mit con-
centrirter Schwefelsäure bildet der Leimzucker eine farblose Lösung, die
beim Erhitzen sich schwärzt. Salpeter- und Salzsäure lösen ihn ohne
v.7a“?,erunÄ5seine .wässrige Lösung wird durch kein Reagens gefällt,
mit Silberoxid, Bleioxid , Kupferoxid erwärmt , lösen sich diese Oxide
auf und gehen Verbindungen mit dem Leimzucksr ein, welche kristalli-
sirt erhalten werden können.
Leimzucker -Salpetersäure. Entdeckt von Braconnot. Darstellung
wie Leucin-SaJpetersäure. Die Leimzucker- Salpetersäure kristallisirt iS
farblos durcnsichtigen , etwas abgeplatteten Prismen, die in der Wärme
schmelzen und sich ohne Verpuffung zersetzen. Sie ist in Wasser leicht
löslich, unlöslich in kaltem und heifsen Alkohol, von saurem, hintennach
sufsliche^ .Geschmacke. Zink und Eisen lösen sich darin unter Entwick-
lung von Wasserstoff. Sie vereinigt sich mit Basen zu mehrentheils kri-
stallisirenden, löslichen Salzen.
Zusammensetzung des Leimzuckers. Nach Mulders Analysen wird
die Zusammensetzung des kristallisirten Leimzuckers durch die Formel
°j -+^Aq. ausgedrückt. In den Verbindungen desselben mit
Blei°xid und den andern Oxiden werden die beiden Wasseratome ersetzt
und vertreten durch ihre Aequivalente an Metalloxid. Die Bleiverbindung
ist nach wiederholten Analysen Mulders C8 HJ4 N4 Os -4-2 PbO. s
Nach demselben Chemiker enthält die Leimzucker- Salpetersäure die
S“odeTcC. t “+"+4^ U“d 3 A" SaIpete”äure-
SJl!ZCn ’ weIche d»ese Säure mit den Metalloxiden bildet, sind
lente an^asen^^ Sa°7' °dGr tbeilweise vertreten durch ihre Aequiva-
2AH
2 KO)
Kalisalz C8 H14 N4 0,, N4 Oio
Silbersalz C8 H14 N4 05, N4 0IO -f- £
Aq& >
i0"1~ 3 BaO>
Aq )
3 CuO )
Barytsalz C3 H14 N4 Os, N. O,
Kupfersalz Cs H14 N. Os, N4 0,
1362
Leimzucker.
Nach den Untersuchungen Boussingaults ist der Lehnzuckcr nach der
Formel C16 Hso N„ 0JX 4- 3 Aq. zusammengesetzt, einer Formel, welche
mit der Mulder’schen der Anzahl der Elemente nach identisch ist, und iu
seiner Verbindung mit Basen werden die drei Atome Wasser vertreten
durch 4 Atome Metalloxid.
Der Leimzucker ist C16H30N8Ön4- 3Aq zzz Mulders Form: dopp. genomm.
DieSilberverbinduDgistC1ÄH30N8Ou-+-4AgOr=: ,, ,, 4-lAt. HaO.
DieKuj)ferverbinduug„Ci6H5üN8On-f-4CuO = ,, ,, 4- 1 At. —
Die ßleiverbinduug „C16H30N801,-l-4PbO= ,, „ 4-1 At* — *
Um den Unterschied zwischen den Anatysen beider Chemiker hervor-
zuheben, mufs hier bemerkt werden, dafs nach Mulders Formel die Blei-
verbindung z. B. (C8 H14 N4 Oj 4- 2PbO) in 100 Th. enthalten müfste
6*4,24 Bleioxid, nach Boussingaults Formel hingegen sollte nur 63,58 Blei-
oxid erhalten werden. Boussinyanlt selbst erhielt aber 64,90 pCt. Blei-
oxid, was also Mulders Formel weit näher als der soinägen entspricht.
Nach Boussingaults Formel der Leimzuckersalpetersäure enthält sie
im kristallisirten Zustande die Elemente von 4 At. Salpetersäure, 1 At.
trocknen Leimzucker (CJ6 H30 Nß On) und 9 Atome Wasser. Diese Säure
wäre demnach entstanden durch die Verbindung von 1 At. kristallisirten»
Leimzucker und 4 At. Salpetersäure- Hydrat unter Hinzutretung der Ele-
mente von 2 At. Wasser. Bei 110° verliert diese Säure (nach jB.), indem
sie einen Stich ins Braune erhält, 41/» pCt. Wasser, was 3 At. Kristall-
wasser entspricht.
Die Verbindungen der Leimzuckersalpetersäure mit Basen sind nach
Boussingault nach Midders Formel dopp. genommen,
kristalli- /'Leimzucker C16H56N8014 — C16HS6N80I4 J der im leeren Kaum
sirte
< Salpetersäure
n.o*. -
N8Oao
über S03 Aq. ge-
Säure
( Wasser
Hi* 06-
h8 o,S
trockneten Säure.
CI6H48N16O40 — 0I6H3iN16033 4- 7 Aq. — C16H44N16Oä8 — Ci4Ha8N160J04- 8Aq.
getr»cUn°. j CI6HSiN16OäJ-MAq.
Silbersalz C16Hi4N160„+4Ag0 =
Kalisalz = C,6U,5N16Oiu-H I
Kupfersalz. C,6HS1N160„+^^0'=C,6H!SN16°SÜ-1- j
Die leimzuckersalpetersauren Salze können mit gleicher Leichtigkeit
durch Auflösung der Verbindungen des Leimzuckers mit Basen in Salpeter-
säure, oder durch Auflösung von Leimzucker in den correspondirejiden
salpetersauren Salzen (in salpetersaurem Siiberoxid z. B.) dargestellt wer-
den ^Boussingault) , woraus jedenfalls hervorgeht, dafs in dem Silbersalz
die Menge der Basis nicht mehr beträgt, als wie nöthig ist, um mit der
darin enthaltenen Salpetersäure ein neutrales Salz zu bilden. Das Kali-,
Silber- und Kupfersalz sind kristallisirbar.
Nachstehend geben wir die vorhandenen Analysen von Leim , Chon-
drin, der Arterienhaut, so wie die zuverlässigsten Angaben über die Zu-
sammensetzung der Knochen.
C.
H.
O.
Bausenblase. Kalbs fufssehnen. Sclerotica.
Scherer, v. Goudoever. Scherer. Scherer.
50,557
6,903
18,790
23,750
49,905
6,725
»
yy
50,432
7,1 63
18,370
24,035
50,995
7,075
18,723
23,207
Mulder.
50,048
6,560
18,369
25,023
Berechn .
{'48H8aN)iOj8,
50,207
7,001
18,170
24,622
Diese Formel ist durch spätere Versuche von Verloren bestätigt worden*
i
Knochen - An a I y s e n,
1363
Chondrin.
Kalb ripp enknorpel. Cornea .
C.
H.
N.
O.
Scherer.
50,196
7,047
14,908
27,849
Scherer.
49,522
7,097
14,399
28,982
Mul der.
50,607
6,578
14,437
28,378
Schröder .
49,57
6,61
99
99
Berechn.
c<3h80n12o
50,745
6,904
14,692
27,659
1Q<
Arterienhaut. Berechn. Haut der
Scherer.
C48Hr6NI2016.
Scherer .
c.
53,571
53,91
50,674
H.
7,026
6,96
6,608
N.
15,360
15,60
16,761
0.
24,043
23,53
25,957
Ferhältnifs der unorgan . zu den organ. Bestandth. | in gesunden Knochen
von Erwachsenen , Kindern und in dem Knochengewebe.
Femur
Tibia
Fibula
Humerus
Ulna
Radius
Os temporum
Vertebrae
Costa
Clavicula
Os Ilium
Scapula
Sternum
Os metarsi der
grofsen Zehe
Rees.
Erwachsene .
Unorg. Best.
62.49
60,01
60,03
63,02
60.50
60.51
63,50
57,43
57,49
Rees.
58,79
54,51
56,00
>an. Best.
Unorg. Best.
Organ. Best.
37,51
57,51
42,49
39,99
56,52
43,48
39,98
56,00
44,00
38,98
58,08
41,92
39,50
57,59
42,41
39,49
56,50
43,50
36,50
55,90
54,10
42,58
99
) 9
42,51
53,75
46,25
42,48
56,75
43,25
41,21
58,50
41,50
45,49
56,60
43,40
44,00
99
99
43,47
99
99
Im Caput femoris 60,81
In einer Rippe 53,12
Knochengewebe .
39,19
46,88
Hirnschale
Humerus, femur,
Tibia
Zeliig. Gew. des
Cap. tibiae
Menschenknochen , nach Sebastian.
60,00
40,00
63,34
36,66
66,66
33,34
Os parietale eiues Erwachsenen
„ eines Kindes von 3 J.
Pars petrosa ossis tempor. eines Erw.
Maxilla inferior eines Kindes von 3 J.
Sternum eines Erwachsenen
Costa
Humerus
Nach Frerichs.
Unorg. Best. Org. Best,
68,5
66.3
68,0
62,8
64,7
65.3
99 99 68,3
Humerus u. ulna eines foetus von 8 Mon. 63,2
Radius eines Erwachsenen 66,3
„ eines 10jährigen Knaben 65,5
Tibia eines Erwachsenen 66,2
^bula „ „ 66,5
Cariose Excrescenzen einer andern fibula61,2
Os metasttfirsi eines Erwachsenen 65,9
Patella „ „ 63,7
Corpus vertebr. lumbor. eines Erwachs. 60,5
31.5
33.7
32.0
37.2
35.3
34.7
31.7
36.8
33.7
34.5
33.8
33.5
38.8
34.1
36.3
89.5
1364
Knochen-Analysen.
V erhältnisse s wischen Jcohlensaurem Kalk und phosphorsaurem Kalk in
spongiösen und compacten Knochen y nach Frerichs .
Spongiöse Knochen . Compacte Knochen .
I.
Organ. Substanzen 38,22
Phosphors. Erden 50,24
Köhlens. Kalk 11,70
Verhältnis der thierischen zur erdigen Substanz.
Sehreyer. H. Davy.
Thierische S.
Erdige S.
Kind.
47,20
48,48
Erwachs.
20,18
74,84
Greise.
12,2
84,1
Kind.
53
47
Erwachs.
12,2
48,1
95,68
95,02
96,3
100
99,5
II.
37,42
51,38
10,89
31,46
58,70
10,08
II.
30,94
59,50
9,46
Knorpel, in Wasser lösl.
Gefäfse
Knorpel , in Salzs. lösl.
Knorpel , in Salzs. unlösl.
Basisch phosphors. Kalk
Ditto mit etw. Fluorcalc
Fluorcalcium
Köhlens. Kalk
Phosphors. Bittererde
Natron, mit wenig Kochsalz
Natron
Chlornatrium
Eisen-, Mangan-Oxid u. Verl.
Berzelius. Marclmnd.
Menschenkn. Ochsenkn. Oberschenkelkn.d.M .
32,17
1,13
53,04
11*80
1,16
1,20
3,85
1,01
27,23
5,03
52,26
1,00
10,21
0,93
0,25
1,05
100,00 100,00
Analysen kranker Knochen .
1) An Osteomalacie leidender Individuen .
100,00
Bo stock.
Rücken-
wirbel.
Knorpel 79,75
Phosphors. Kalk 13,60
,, Bittererde
Köhlens. Kalk
Schwefels. Kalk u.
Natron
Fett
Natr.,Eisen,Mangan
Proesch. Bogner.
Rücken- Rippen - Schä- Ra-
knochen. del.
49,77 65,85
Wirbel.
74,64
13,25
dius.
63,42
33,60
Fe-
mur.
69,77
23,50
Pa-
tella.
0,82
yy
0,98
1,07
0,97
0,94
1,13
5 ,95
4,60
5,40
6,35
5,07
5,03
4,70
0,90
0,40
yy
yy
yy
yy
yy
5,36
11,63
yy
yy
yy
yy
yy
yy
yy
0,85
1,05
0,69
0,64
100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00
Mar chan d.
Knorpel 75,22
Fett 6,12
Phosphorsaurer Kalk 12,56
„ Bittererde 0,93
Kohlensaurer Kalk 3,20
Schwefels. Kalk, schwfs.Natr. 0,98
Fluorcalc., Chlornatr., Eisen,
Verlust 1,00
100,00
Radius
Femur.
Sternum,
71,26
72,20
61,20
7,50
7,20
9,34
15,11
14,78
21,35
0,78
0,80
0,73
3,15
3,00
3,70
1,00
1,02
1,68
1,20
1,60
2,01
100,00
100,00
100,00^
1365
Knochen - Analysen.
2) An Arthritis leidender Individuen.
Oberschenkelkn . Vorderarmkn.
Thierische Substanz
46,82
45,96
43,18
8,50
0,99
Phosphors. Kalkerde
42,12
Köhlens. Kalkerde
8,24
Phosphors. Bittererde
Fluorcalcium, Natron, Chlor-
1,01
natr. u. Verlust
2,31
1,37
100,00
100,00
8) Concretion am Oberschenkelknochen eines rhachitischen Kindes .
Harnsaures Natron
„ Kalk
Köhlens. Ammoniak
Chlornatrium
Wasser
Thierische Substanz
Verlust
Marchand,
34,20
2,13
7,86
14,12
6,80
32,53
2,37
100,00
Pyropin nennt R. D. Thomson eine schön rubinrothe Substanz, die
von ihm in dem verwesenden Theil des Stofszahnes eines Elephanten auf-
gefiindea wm-de; Es ist unlöslich in Wasser, wird aber darin weich; es
«qmV.?0, emer rothen Asche und enthält nach 2 Analysen 53,3*
^uerstofflUtleaSt0ff, 7,52 — 7,66 Wasserstoff, 39,15 — 38,84 Stickstoff,
I erhultnifi der anorgan. Bestandtheile zu den
der Thiere.
rganischen in den Knochen
Röhrenknochen der Lacerta ignana
Rippen des Phyton
Schale der Landschildkröte
Opercula des Schellfisches
Furcula einer Ente
Penisknochen einer Phoca
v. Trichecus rosmarus
Spiralfortsatz eines Delphins
Sebastian.
Unorg. Best. Organ. Best.
60,0
50.0
57.5
60.0
55.0
61.6
56,3
60.0
40.0
50.0
42,5
40.0
45.0
38,4
43,7
40.0
f erhältnifs des phosphors. Kalks zum kohlensauren , nach Barros.
Schaaf
Huhn
Frosch
Fisch
Phosphors.
Köhlens.
Auf 100 Th.
Kalk.
Kalk.
phosphors. Kalk.
i 95,0
2,5
2,03
80,0
19,3
24,12
88,9
10,4
11,70
»5,3
2,4
5,76
91,9
5,3
2,52
13GG
Die Galle.
Analysen von Fischknochen.
Marchand.
Cherreul.
Dumenil.
Rückenwirbel Kopf kn *
Schädelkn. des
Hecht-
v. Squalus
eines grofs<
Kabeljau.
knochen.
cornubicus
RochenSi
Thierisehe Substanz.
43,94
37,36
, 57,07
78,46
Phosphors. Kalk
47,9G
55,26
32,46
14,20
Schwefels Kalk
...
.
1,87
0,83
Köhlens. Kalk
5.50
6,16
2,57
2,61
Phosphors. Bittererde
2,00
. . .
1,03
Schwefels. Natron .
.
...
0,80
0,70
Natron mit Chlornatr.
0,60
1,22
3,00 CLNa 2,46
Fluorcalcium, Kieselerde,
Thonerde, Eisen u.
Verlust
...
1,20
Fiuorcalcium, phosphors. Bit-
tererde u. Verlust
0,74
100,00
100.00
100,00
100,00
Die Galle .
Die in der Gallenblase der Thiere abgesonderte, unter dem Namen
Galle allgemein bekannte Flüssigkeit besitzt eine schwach alkalische
Reaction und eine dickliche, ölartige Beschaffenheit, von einer rein gold-
gelben oder grüulichgelben Farbe, die an der Luft dunkler wird , sie
mischt sich mit Wasser in allen Verhältnissen zu einer wie Seifen wasser
schäumenden Flüssigkeit , und besitzt einen sehr bittern , hintennach süfs-
lichen, lange anhaltenden Geschmack. Ln Wasserbade eingetrochnete Galle
löst sich leicht in Alkohol mit schmutzig dunkeTgriiner , in durchfallendem
Lichte rotlier Farbe, unter Zurücklassung einer im Wasser gallertartig auf-
quellenden stickstoffreichen Substanz (Galleublaseuschleim) auf. Die Galle
läfst sich vollkommen farblos erhalten, wenn sie in ihrer alkoholischen Auf-
lösung mit Beinschwarz digerirt wird , sie kann ferner durch vorsichtigen
Zusatz von Barytwasser von dem Farbstoff, der mit Baryt eine unlösliche
Verbindung bildet fßerxeliusj, befreit werden, sie enthält Cholsterin, von
dem sie leicht befreit wird, wenn eine mit Thierkohle entfärbte couccn-
trirtc Lösung derselben in Alkohol mit ihrem doppelten Volumen Aether
gemischt wird, wodurch die Galle, die in Aether nicht löslich ist, sich in
der Form eines dicken Syrups abscheidet; das Cholsterin bleibt im Aether
gelöst, es kristallisirt daraus beim Verdunsten in schneeweifsen Blättchen.
Die von dem Farbstoff und durch wiederholte Behandlung mit Aether
von Fett befreite Galle liefort eingetrocknet eine dem arabischen Gummi
ähnliche, feste, pulverisirbare Masse, die ohne alle Trübung und ohne Rück-
stand wieder in Wasser und wasserfreiem Alkohol löslich ist; aus ihrer
wässrigen Auflösung wird sie durch Sättigung derselben mit Kalihydrat in
Gestalt eines dicken Syrups von Terpentinconsistenz abgeschieden. Essig-
säure uud Oxalsäure bringen in der wässrigen Auflösung keine Verände-
rung hervor, durch Zusatz von Miueralsäuren hingegen entsteht entweder
sogleich, oder bei längerem Stehen eine milchige Trübung, und cs schei-
det sich eine syrupähnliche Flüssigkeit ab; ein Theil der Mineralsäure fin-
det sich mit Natron verbunden. Essigsau: es Bleioxid und salpetersaures
Silberoxid fällen die Lösung der nach obigem Verfahren gereinigten Galle.
Eine Auflösung von gereinigter Galle wird durch Zusatz von dreifach-
basisch-essigsaurem Bleioxid vollständig niedergeschlagen, so dafs nur
eiue der etwas löslichen Bleiverbindung entsprechende Menge organischer
Substanz in Lösung bleibt, ein Ueberschufs des essigsauren ßleisalzes löst
einen Theil des Niederschlages wieder auf ( Enderlin , J. L ). Bis auf eine
gewisse Menge Chlorblei uud phosphorsaures Bleioxid ist dieser Nieder-
schlag in Alkohol löslich. Eine wässrige Auflösung von Galle wird durch
Die Galle.
1567
neutrales essigsaures Bleioxid sogleich gefällt, wahrend die Flüssigkeit
eine stark saure Reaction anninunt; eine mit Essigsäure versetzte Auf-
lösung vou Galle wird durch essigsaures Bleioxid nicht gefällt; die bei
der Fällung der Galle mit dem neutralen Bleisalz freivverdende Säure
hindert demnach die weitere Fällung durch dasselbe Salz; wird die
Säure durch ein Aikali genau neutraiisirt, so entsteht durch das neutrale
Salz ein neuer Niederschlag und die Flüssigkeit wird wieder sauer;
basisch essigsaures Bleioxid bringt aus dem nämlichen Grunde einen neuen
Niederschlag in der Gallenlösung hervor, welche durch das neutrale Salz
ausgefällt worden war. Hat man eiue wässrige Auflösung von Galle
durch Bleizucker gefällt, so bleibt beim weiteren Zusatz von Bleiessig
ein grofser Theil der Galle in dem überschüssigen Bleizucker gelöst und
kann durch Bleisalze nicht weiter daraus niedergeschlagen werden Das
bei Anwendung von Bleizucker und Bleiessig in der Lösung bleibende
wurde von L. Grnelin und ßerzelius als eine besondere Substanz ange-
sehen und als Galleuzucker oder Bilin beschrieben, obwohl es nichts an-
deres als reine, unter diesen Umständen nicht weiter fällbare Galle ist.
Die rohe Galle hinteriässt nach dem Auflösen in Alkohol kein kohleu-
saures Natron (dem die alkalische Reaction also nicht zuzuschreiben ist).
Die in Alkohol gelöste und im luftleeren Raume über Schwefelsäure ge-
trocknete, rohe Galle hinterlässt nach dem Glühen einen mit Säuren stark
aufbrausenden weifsen oder schwach gelblichen Rückstand, welcher der
Hauptmasse nach aus kohlensaurem Natron besteht; er enthält übrigens
Spuren von Eisen { [Enderlin ), pbosphorsaurem Natron ( Thenard , Ender-
lin') und Kochsalz. Mit Schwefelsäure befeuchtet und geglüht, beträgt
dieser Rückstand 16,5 pCt. von dem Gewichte der Galle CDemarcciy).
Die von Fett und Farbstoff (durch Baryt) befreite Galle liefert nach der
Calciuation 11,7 Asche, welche aus 11,16 kohlensaurem Natron [sowie
aus nachweisbaren Mengen von Kali (J Enderlin)) und 0,54 Kochsalz be-
steht. (Kemp). Die Zusammensetzung der vom Farbstoff und den fettea
Säuren gereinigten Galle ist:
Kemp.
Enderlin.
Theyer
u. Schlosser.
Kohlenstoff
Wasserstoff
Stickstoff
| Sauerstoff
Natron
Kochsalz
58,46
8,30
3,70/
22,64 \
6,53
0,37
58,46
8,81
25,76
6,53
0,54
59,9
8,9
58,28
9,20
58,00
8,09
58,49 * 59748
8,48 8,47
Nach Abzug der fixen Bestandtheile erhält man für die Zusammen-
setzung des mit dem Natron verbundenen Körpers:
Kohlenstoff 63,7
Wasserstoff 8,9
Stickstoff .3,9
Sauerstoff 23,5
Nimmt man an, dafs das Natron als neutrales kohlensaures Natron
nach der Verbrennung zurückbleibt, so enthalten 100 Theile reine Gallo
64,9 Kohlenstoff.
Aus der obigen Zusammensetzung der Galle geht hervor, dafs sie
die Natronverbindung eines stickstoffhaltigen Körpers ist, den man allen
Grund hat, zur Classe der Säuren zu rechnen, da ihm die Fähigkeit zu-
kommt, das Natron zu neutralisirea. Die kleinste Menge von Essigsäure
reicht hin, um die schwach alkalische Reaction, die sie gewöhnlich besitzt*
aufzulieben, in vielen Fällen reagirt sie nicht alkalisch. Zur Darstellung
der in der Galle enthaltenen Säure , die wir mit Gallensäure bezeichnen,
verfährt man am besten auf folgende Weise.
ms
Gallensäure.
Gallensäure.
In einer Auflösung von 8 Theilen trockncr gereinigter Galle in Alkohol
löst man in der Wärme 1 Theil verwitterter Oxalsäure auf, erhitzt zum
Sieden und läfst die Mischung 10 — 12 Stunden ruhig stehen. Bei der
Auflösung der Oxalsäure scheidet sich sogleich ein weifser Brei von oxal-
saurem Natron in feinen Kristallen ab, dessen Menge beim Erkalten noch
zunimmt. Sobald sich nichts Kristallinisches mehr absetzt, filtrirt man die
Flüssigkeit ab, verdünnt sie mit etwas Wasser und digerirt sie mit koh-
lensaurem Bleioxid, bis alle Reaction auf Oxalsäure verschwunden ist.
Einen ßlcigehalt entfernt man durch etwas Schwefelwasserstoff und dampft
sodann im Wasserbade zur Trockne ab. Man erhält den nämlichen Kör-
per, wenn die Galle in wasserfreiem Alkohol gelöst und bei Verminderung
aller Erhitzung mit irocknem salzsaurem Gas gesättigt wird. Alles Natron
der Galle kann man als völlig ausgeschieden betrachten, wenn durch Ver-
mischung mit Aether kein kristallinischer Niederschlag mehr entsteht. Nach
der Trennung von Kochsalz entfernt mau den gröfsteu Theil der Salzsäure
durch Abdampfen im Wasserbade, setzt etwas Wasser zu, wo sich zwei
Schichten bilden, eine wässrige, durch Salzsäure sehr saure, und ein
harzartiger weicher Absatz von Gallensäure, die in der verdünnten Mine-
ralsäure nicht löslich ist. Man löst diesen Absatz in Alkohol und setzt;
der Auflösung nach und nach so lange feingeriebenes Bleioxid hinzu, bis
die Flüssigkeit einen schwachen Bleigehalt zeigt, den man mit Schwefel-
wasserstoff entfernt.
Man kann auch zur Darstellung der Gallensäure die gereinigte Galle
mit Bleiessig niederschlagen , nach dem Auswaschen den harzartigen Nie-
derschlag mit etwas kohlensaurem Natron zersetzen und aus dem gebilde-
ten, gallensauren Natron die Gallensäure durch überschüssig zugesetzte
Schwefelsäure fällen. Durch Kneten mit verdünnter Schwefelsäure ent-
fernt man alles anhängende schwefelsaure Natron, löst sodann den harz-
artigen Absatz in reinem Wasser, setzt kohlensaures Bleioxid zur Hiu-
wegnahme der Schwefelsäure hinzu, und scheidet das in Lösung überge-
gangene Bleioxid durch Schwefelwasserstoff ab. ( Berzelius ~). Demarcay
wäscht den Bleiniederschlag sorgfältig aus, löst ihn iu Alkohol und
zersetzt ihn in dieser Auflösung durch Schwefelwasserstoff, filtrirt das
Schwefelblei ab und dampft die rückbleibende Flüssigkeit zur Trockne ab.
Man kann auch naeh Demarcay den Alkoholextract der Galle in 100
Theilen Wasser lösen und unter Zusatz von 2 Theilen Schwefelsäure, die
mit 10 Th. Wasser verdünnt ist, im Wasserbade abdampfen, bis sich nach
einigeu Stunden Oeltropfen auf der Oberfläche zeigen , w'orauf man sie
erkalten läfst. Die Gallensäure scheidet sich in Gestalt einer zähen Flüs-
sigkeit ab , welche die Consisteuz von Terpentin besitzt. Man nimmt die
auf der Oberfläche schwimmende, gestandene Masse, welche ein Gemenge
von Cholsterin, Margarinsäure und Oelsäure ist, und fährt mit dem Ab-
dampfen der sauren, w'ässrigen Flüssigkeit fort, wo sich, w'enn man von
Zeit zu Zeit erkalten läfst , neue Quantitäten Gallensäure abscheiden.
Man fährt auf diese Weise fort, bis die Flüssigkeit bis auf */4 ihres ur-
sprünglichen Volums gebracht ist, sammelt die abgeschiedene Säure, wäscht
sie mit etwas verdünnter Schwefelsäure aus und reinigt sie von der an-
hängenden Schwefelsäure, wie oben angegeben ist.
Nach Theyer und Schlosser fällt man die reine Galle mit Bleiessig,
erhitzt den Niederschlag mit Wasser zum Sieden und setzt allmälig ver-
dünnte Schwefelsäure zu, bis der Niederschlag seine pflasterartige Be-
schaffenheit verloren hat. Man filtrirt jetzt die Flüssigkeit und scheidet
das in LösuDg gebliebene Bleioxid durch Schwefelwasserstoff.
Die nach diesen verschiedenen Methoden dargestellte Gallensäure mufs
zur Entfernung der eingeinengten fetten Säuren iu sehr wenig Alkohol
gelöst und daraus durch Zusatz von Aether, welcher die fetten Säuren
in Auflösung behält, gefällt werden. Im Wasserbade oder im luftleeren
G a 1 1 e n s ä u r e.
1369
Raume über Schwefelsäure getrocknet, ist die aus farbstofffreier Gail«
dargestellte Galleusäure farblos oder sehr schwach gelblich , von dem
Ansehen von Gummi, leicht pulverisirbar, von harzartiger Beschaffenheit,
das Pulver zieht an der Luft leicht Feuchtigkeit au, und backt zusammen,
sie ist sehr bitter, löst sich leicht in Alkohol, nicht in Aether, sehr leicht
und in allen Verhältnissen im Wasser. Die Auflösungen besitzen eine
stark saure Reaction ; die wässrige verdünnte Auflösung bleibt naeh mehr-
tägigem Stehen klar und farblos, sie wird durch Zusatz von Essigsäure
nicht gefällt; Zusatz von etwas verdünnter Salzsäure oder Schwefelsäure
briugt darin eine milchige Trübung hervor, uud es setzt sich auf den
Wänden des Gefäfses die aufgelöste Säure in durchsichtigen ölartigen
Tropfen ab; ein Ueberschufs von Salz- und Schwefelsäure macht die Trü-
buug augenblicklich wieder verschwinden. Der Niederschlag, der in einer
wässrigen Lösung durch Mineralsäuren entsteht, löst sich leicht und voll-
kommen in reinem Wasser.
Die Galleusäure ist nicht flüchtig, auf Platinblech erhitzt, schmilzt
sie, bläht sich auf, brennt mit stark rufsender Flamme, hiuterläi'st eine
voluminöse Kohle, welche, wenn sie frei von allen alkalischen Basen ist,
ohne allen Rückstaud verbrennt. Die mit Schwefelsäure nach dem Verfahren
von Demarcay dargesteüte Säure hinterlälst einen stark alkalischen Rückstand.
W enn die Saure eine alkalische Asche nach dem Verbrennen hinterläfst,
so enthält sie uuzersetzte Galle, welche, w'euu sie durch Digestion mit
Bleioxid von der freien Säure befreit ist, in Auflösung bleibt. Je unvoll-
kommener die Abscheiduug des Natrons war, desto mehr Galle bleibt in
diesem Full in der Flüssigkeit zurück. Dafs das in Lösung Bleibende
wirklich Galle ist, erkennt man leicht daran, riafs sie durch verdünnte
Schwefelsäure ganz die nämlichen Produkte iiefert, wie die Galle selbst,
dafs sie durch basisch essigsaures Blei gefällt wird, und nach der Calci-
natiou kohieusaures Natron hinterläfst.
lJernarguy uud Dumas haben durch die Analyse der nicht völlig von
allen alkalischen Basen befreiten Galleusäure folgende Resultate erhallen
(der Stickstoff als Gas bestimmt):
L II.
III. Dumm.
Kohlenstoff 63,818
Wasserstoff 9,054
Stickstoff 3,349
Sauerstoff 23,779
63,707
63,568
63,5
8,821
8,854
9,3
3 255
3,3
24,217
23,9
Vergleicht man diese Zahlen mit denen, wrelche Kemp , Theyer,
Schlosser und Enderlin durch die Analyse der reinen Galle, deren Stick-
stoffgehalt sie als Ammoniak bestimmten, erhielten, so fäfst sich nicht der
geringste Zweifel darüber hegen , dafs die Gallensäure (Choleiasäure,
Bilifellinsäure) der Ochsengalle eine Materie von ganz coustanter Zusam-
mensetzung ist, deuu die Analysen wurden mit Galle und Gallensäure in
ganz verschiedenen Zeiten und von verschiedenen Gegenden augeslelii,
dals ferner die Galleusäure die nämlichen Elemente (bis auf den nach
einer unvollkommenen Methode bestimmten Stickstoff und eine au die ^teli@
des Natrons getretene Menge Wasser) in demselben Verhältmfs enthält,
wie die organische Verbindung in der Galle selbst.
Behandelt man, wie in der erstbeschriebenen Methode angegeben,
eine alkoholische Auflösung von reiner Galle mit verwitterter Oxalsäure,
filtrirt das abgesetzte oxalsaure Natron ab und sättigt die mit Wasser
verdünnte Flüssigkeit mit kohlensaurem Kalk, so erhält man ein schwach
sauer reagirendes Kalksalz der Gallensäure, aus welchem sich durch
Zusatz von kohlensaurem Natron aller Kalk abscheidet, während gallen-
saures Natron in Auflösnng bieibt. Schlägt inan gereinigte Galle mit Bleiessig
nieder, löst zur Abscheidung des beigeraischten Chlorblcis und pkosphorsau-
G&ignr’s Phnrrtntcie. /. ( 5 te Auß. )
1570
Galle.
reü Bleioxids den harzartigen Niederschlag in Alkohol auf, dampft zur Trockne
ab und digerirt das gallensaure Bleioxid mit kohlensawrein Natron, so erhält
man ebenfalls gallensaures Natron. Wird diese Flüssigkeit abgedampft
und der Rückstand in absolutem Weingeist gelöst, so bleibt der L'eher-
schufs von kohlensaurcm Natron zuruck, das gallcusaure Natron löst
sich auf; in trockncui Zustande ist dieses Natronsalz von dem Anselm
eines farblosen Gummis, oder eines schwach gelblichen Kolophoniums,
und besitzt alle Eigenschaften der reinen Galle, es reagirt äufserst schwach
alkalisch , giebt mit Essigsäure und essigsaurem Bleioxid versetzt, keinen
Niederschlag; mit einer Auflösung von neutralem essigsaurem Bleioxid
vermischt, entsteht ein weifser harzartiger Niederschlag, nach dessen
Absonderung die Flüssigkeit eine saure Reaction besitzt, Zusatz von ba-
sisch essigsaurem Bleioxid bewirkt jetzt einen neuen harzartigen Nieder-
schlag. In Alkohol gelöst, wird durch eine weiogeisiige Auflösung von
Bleizucker oder Bleicssig kein Niederschlag in dem gallensauren Natron
hervorgebracht. Mit salpetersaurem Silberoxid entsteht ein weifser, in
heifsem Wasser löslicher Niederschlag , durch Sättigen der wässrigen
Lösung mit Kalihydrat wird gallensaures Natron in Gestalt einer Flüssig-
keit von Terpentinconsistenz daraus abgeschieden. Durch verdünnte Mi-
neralsäure entsteht eine Trübung und es setzen sieb ölartige Tropfen ab,
die bei üeberscliufs von Säure wieder verschwindet; der einzige Unter-
schied dieses Salzes und der Galle beruht darauf, dafs die letztere in der
Kälte durch Zusatz von verdünnten Mineralsäuren nicht getrübt wird,
und erst bei gelinder Digestion Gallensäure absetzt , die übrigen« in bei-
den Fällen einerlei Eigenschaften zeigt. Das aus dem basisch gallensau-
reu Bleioxid durch Behandlung desselben mit kohlensaurein Natron nach
dem beschriebenen Verfahren dargestellte gallcnsaure Natron besteht nach
Theyer Schlosset' aus :
Diese Analysen lassen sich als die strengsten Beweise für die Ansicht
betrachten, dafs der mit dem Bleioxide in dem ßleisalz verbundene Körper
bis auf das Natron alle Elemente in dem nämlichen Verhältnifs, wie die
Galle enthält. Es ist Galle, in welcher das Natron vertreteu ist durch
nahe die doppelte (Quantität Bleioxid. ( Theyer §' Schlosser ). Es kann
nach diesem Verhalten nicht bezweifelt werden, dafs die Galle die Na-
tronverbindung eioer organischen Säure ist, die von der Basis absebeidhar
und wieder mit Natron zu einem der Galle vollkommen gleichen Salze
verbindbar ist.
Saures gallensaures Natron. Gallenstoff , nach Hermelins älterer,
liili fellins (iure mit einem Ueberschufs von ßilin nach seiner neuesten An-
sicht. Befreit man eine Auflösung von Galle in absolutem Alkohol durch
vorsichtigen Zusatz von Barytwasser von dem Farbstoff, filtrirt sodaon
ab, und setzt der klaren Flüssigkeit Schwefelsäure zu, so scheidet sich
der überschüssige Baryt , so wie schwefelsaures Natron aus. Wird die
freie Schwefelsäure durch etwas kohlensaures Bleioxid und das hierbei
gelöste Bleioxid durch Schwefelwasserstoff entfernt, und die Flüssigkeit
abgedampft, so bleibt eiDe geruchlose, kaum gelbliche Masse, von dem Ge-
schmack der Galle, die durch Behandlung mit Aether von den eingemeng-
ten fetten Säuren befreit werden kann. Sie zieht an der Luft Feuchtig-
keit an , löst sich leicht und in allen Verhältnissen in Wasser und in
Alkohol, nicht in Aether; die wässrige Auflösung röthet Lackmus, (ßer-
zelius ). Nach der Calciuation hinterläfst sic unter allen Umständen eine
stark alkalische Asche. Wird die alkoholische Auflösung der reinen Galle
genau Dach der Vorschrift von Berzelius durch Schwefelsäure vou deu da-
Kohlenstoff
Wasserstoff
Stickstoff
Sauerstoff
Natron
59,15 — 60,12
8,6 — 8,64
3,33
21,97
6,95
C h o I o i (I i n s ü u r e.
1371
durch fällbaren Basen befreit, sodann mit kohlcnsaurcm Natron gesättigt
eingetrocknet und mit Alkohol behandelt, so löst dieser eine Natron ver
bindung auf, welche in ihren Eigenschaften identisch mit der reinen Galle
ist; ihre Auflösung wird durch Essigsäure und überschüssige Salzsäure
nicht getrübt; sie liefert 11,5 Asche, welche 11,13 kohlensaures Natron
und 0,37 Kochsalz enthält. Patron
Durch die Elemeutaranalyse wurden erhalte (Kemp):
Kohlenstoff 58,80 — 60,38
Wasserstoff 8,51 — 8,74
Stickstoff 3,40 — 3,74
Sauerstoff \
Natron > 29,39 — 27,14
Kochsalz ;
Die Zahlen in den obigen Analysen beweisen, dafs die reine Galle
durch ihre Behandlung mit Schwefelsäure keine andere Veränderung er-
fährt, als dars ein Theil der Basis abgeschieden wird. Mit Natron wieder
verbunden, wird die ursprüngliche Zusammensetzung wiederhergestellt.
Behandelt man die wässrige Auflösung des nach Berzelius dargestell-
teo sauren gallensauren Natrons mit Bleioxid, so bäckt diels pflasterartig
zusammen, die frei vorhandene Säure verbindet sich mit dem Bleioxid
während neutrales gallensaures Natron, nämlich Galle mit allen ihren
Eigenschaften gelöst bleibt; diefs geht daraus hervor, dafs basisch essig-
saures Bleioxid alle bitterschmeckende Substanz vollständig daraus fällt
Berzelius , dem die Eigenschaft der reinen Galle durch Bleiessig aus der
wässrigen Auflösung ausgcfällt zu werden unbekannt war, hielt den in
Lösung bleibenden Körper für eine eigentümliche Substanz, die er mit
Bilin bezeichnet, allein dieses Bilin besitzt keine Eigenschaft, die es von
der reinen Galle unterscheidet. ( Enderlin').
Durch die Einwirkung starker Minoralsäuren erleidet der mit dem
Natron verbundene organische Körper, den wir mit Gallensäure bezeich-
net haben, eine vollständige Metamorphose; es entsteht hierbei Choloidin-
säure, die sich unauflöslich abscheidet, und es bleibt in der sauren Flüs-
sigkeit Ammoniak uud Taurin gelöst.
Gallensaures Bleioxid , basisches. Der durch Bleiessig in gereinigter
Galle entstehende weifse Niederschlag bäckt harzartig in gelinder Wärmd
zusammen und läfst sich in warmem Wasser wie ein Pflaster malaxireo.
Bei Auflösung in Alkohol bleibt phosphorsaures Bleioxid und Chlorblei
zurück. Die hiervon befreite Bleiverbindung enthält nach der Analvsd
von Theyer & Schlosser: * *
Kohlenstoff
Wasserstoff
Stickstoff
Sauerstoff
Bleioxid
40,78 40,28
5.92 5,75
1.92
15,24
30,14
Das gallensaurc Bleioxid wird durch verdünnte Schwefelsäure * so
wie durch Schwefelwasserstoff leicht zerlegt, die an das Wasser tre-
tende Gallensäure hindert die Abscheidung des Schwefelbleis, sie er-
folgt übrigens leicht durch Zusatz von etwas Weingeist. (Theyer 6r
Schlosser'). 9 *
Choloidin säure. Löst man 1 Th. reine Galle in 5 — 6 Theilen mäfsi»
starker Salzsäure und erhält die Auflösung mehrere Stunden lang im Sie-
den, so erfolgt eine Zersetzung der Gallensäure; beim Erkalten scheidet
sich eine feste harzartige Masse ab, welche unlöslich im Wasser ist und
durch Behandlung mit heifsem Wasser leicht von der anhängenden Salz-
säure befreit werden kann. Einen Fettgehalt entfernt man durch Auflö-
sung in Alkohol, Vermischung mit Aether und Zusatz von Wasser, wo
VS7t
Galle. — Taurin. C’ h o 1 i n r ä u r e.
der sich absebeidende Acthur das Fett gelöst behalt. Nach der Scheidung
des Aelhcrs dampft man ab und wäscht den Klickst and wiederholt mit
Wasser.
Dieser Riiekstaud ist die Substanz, welche Demarpay mit Choloidin-
sfiure bezeichnet; er besitzt das Ansehen eines gclbeu oder braunen
Peches, wird weich und knetbar iu der Wärme der Hand, wird erst
über 100° vollkommen flüssig, löst sieb leicht selbst in schwachem Al-
kohol, nicht iu Aetlier und sehr wenig in Wasser; die weiDgeistige Auf-
lösung schmeckt sehr bitter, besitzt eine sehr stark saure Keaction und
zerlegt die kohlensauren Alkalien unter Aufhrauseo; ihre VerbinduDgeu
mit Alkalien siod leicht löslich, die Cboloidinsäure wird daraus durch alle
Säurcu niedergeschlagen. Die Choloidiusäure ist stickstofffrei. Nach der
von Demar^ay augestellten Analyse enthält sic
I. II.
III. Dumas.
Kohlenstoff
73
Wasserstoff
9
Sauerstoff
26
,522 73,301
,577 0,51 1
,901 27,188
73,156 73,3
9,47 7 9,7
27,367 27,0
Die Verbindungen der Cboloidinsäure mit Zinkoxid, Maogan-, Fisenoxi-
dul, Blei- und Silberoxid bilden flockige Niederschläge, die beim Erhitzen
körnig und bei 80° weich werden.
Taurin (von L. G milin ent. leckt), Formel C4NjH14Oio, {DemarQay,
Dumas'). Dieser Körper ist nebeu Salmiak und Kochsalz in der saureu
Flüssigkeit enthaiten, aus der sich die Cboloidinsäure abgesetzt hat. Duich
Abdampfen derselben kristallisirt d<3r gröfste Theil des Kochsalzes heraus,
und es scheidet sich das Tauriu leicht ab, wenn man die letzten Mutter-
laugen mit ihrem 4 — 5!ächen V olumen Alkohol mischt und ruhig stehen
läfst. Beim Zusatz von Alkohol scheidet sich gewöhnlich das Tau riu iu
Gestalt eines Breies von feinen kristallinischen Nadeln ab , die man mit
Weingeist auswäscht und durch mehrmalige Kristallisation aus Wasser
reinigt.
Das Taurin stellt wasserhelle, grolse vierseitige .Säulen mit Abstum-
pfung der schärferen Kauten zu sechsseitigen Säulen dar, welche schwe-
rer wie Wasser, leichter wie Vitriolöl sind, zwischen den Zähucn kra-
chen, geruchlos, von frischem, weder siifsem noch salzigem Gcschmacke,
ohne Wirkung auf Pflanzenfarben, luftbeständig uud bei 100° unverän-
derlich.
Bei der trocknen Destillation liefert das Tauriu unter Bräunung uud
Aufblähen ein dickes, braunes, brenzliches Oul und wenig farblose wäss-
rige Flüssigkeit von siifslicli brenzlichem Geruch, Lackmus röthend, mit
Kali Ammoniak entwickelnd lind Kisenchluriri röthend (essigsaures Ammo-
niak? L. Gm.). Kommt in offuem Feuer in dicklichen Flufs, entwickelt
einen dein verkohlenden ledig ähnlichen Geruch und liinterläfst eine
schwammige, leicht verbrennliche Kohle. Die Auflösung des Taurins in
Yitriolöl läfst. sich bis zum Sieden ohne Zersetzung und Schwärzen ent-
wickeln; es ist nicht zersetzbar durch Kochen mit starker Salpeter-
säure.
Das Taurin löst sich in I5‘/S Wasser bei 15°, leichter in heifsem, uicht
in Alkohol; in 513 Th eil ou Weingeist von 36° B. bei 12°, etwas mehr
io letzterem in der Wärme.
Die wässrige Auflösung zeigt keine Art vou Wirkung auf Mctallsal/e,
Kali und Kalk entwickeln daraus kein Ammcniak.
Das Taurin enthält die Elemente des sauren oxalsauren Ammoniaks
2Ca 04 , Nt Ha 0 -+- 8 Aq.
*) Di« vo» Dcmartaj analysirte Choloiüimaure enthielt el*as Kochsalz.
Gallen-, Choloidin- and U h ol i a «Äur c, 1573
Verhalten der Galle gegen Alkalien. Aus einer Auflösung von Ochsen-
galle in Wasser scheidet sich heim Zusatz von Kalihydrat alle Galle in der
Form eine« Syrups auf der Oberfläche ab, eia Verhalten, in welchem di«
Galle mit den Seifen Aehnliehkeit hat.
Cholinsäure. Wird in einer Silberschalo ein Theil Galle mit 2—3
Th eilen Kalihydrat unter öfterem Zusatz von kleinen Quantitäten Wasser,
so lauge im Schmelzen erhalten, als man noch eiue Entwicklung von Am-
moniak Vvabrnimmt, der Ueherschufs von Kali durch Wasser (Zusatz von
wenig Wasser bildet eine Lauge, in der sich die gebildete Seife nicht
hist) hinweggenommen , die entstandene weiche seifenartige Masse in
Wasser gelöst und mit Essigsäure vermischt, so wird die Flüssigkeit
milchähnlich trübe und es scheidet sich bei ruhigem Stehen ein harzarti-
ger, fester, grauweifser , zerreiblicher Körper ab, der sehr häufig in
dem Wasser selbst eine kristallinische Beschaffenheit annimmt. Der Nie-
derschlag wird nach dem Auswaschen getrocknet und mit Aether digerirt,
welcher die Cholinsäure leicht löst. Man setzt dem Aether etwas Alkohol
zu und tätet langsam an der Luft verdunsten , wo sich die Cholinsäure in
schönen grofsen durchsichtigen Tetraedern oder in feinen Nadeln absetzt,
die man durch neue Kristallisationen ganz farblos erhält.
Die Kristalle verlieren an der Luft ihre Durchsichtigkeit und werden
matt und unklar, sie sind in Alkohol und Aether leicht, in Wasser sehr
schwierig löslich. Die Auflösungen röthen Lackmus, zerlegen die kohlen-
sauren Alkalien mit Aufbrausen , und besitzen einen bitteru Geschmack.
Beim Erhitzen an der Luft entzündet sich die Choliosäure uud verbrennt
wie eine fette Säure unter Zurücklassung eines beträchtlichen kohligcn
Rückstandes; die Säure ist nicht flüchtig und liefert hei der trocknen De-
stillation eigen! hiimliche nicht näher untersuchte Produkte; sie enthält
keinen Stickstoff.
Löst man die durch Schmelzen der Galle mit Kali gebildete Seife in
Wasser, setzt Essigsäure zu und schüttelt diese Mischung mit dem 2-3-
fachen Volumen Aether, so nimmt dieser die abgeschiedene Cholinsäure
aus der wässrigen Flüssigkeit auf; beim allmäligen Verdunsten des Aether»
setzt sie sich daraus in Kristallen ab. Man kann diefs als ein Mittel be-
nutzen, um aus der Menge des hierbei bleibenden, im Aether nicht lös-
lichen Rückstandes den Fortgang der Verwandlung der Choleinsäure ia
Cholinsäure bei der Darstellung der letztem zu prüfen.
Die Choliosäure bildet mit den Alkalien leicht lösliche neutrale und
saure Salze, mit den andern Metalloxiden schw'erlösliche Verbindungen.
Sie sind sehr wenig untersucht. Verdünnte Auflösungen von salpetersau-
rem Silberoxid , Baryt und Kalk werden durch lösliche cholinsaure Alka-
lien nicht niedergeschlagen.
Nach Dumas Analyse enthalten 100 Theilc Cholinsäure:
Kohlenstoff 68,5
Wasserstoff 9,7
Sauerstoff 21,8
Wenn man, gestützt auf die Analyse der Galle von Kemp , Enderlin,
Theyer 6p Schlosser, uud der Choleinsäure, so wie ihrer Zersetzungspro-
dukte durch Säuren uud Alkalien, eine Entwicklung dieser Metamorphosen
versucht, so erhält man als den nächsten Ausdruck der Zusammensetzung
der Gallensäure die Formel Cr6 HJ33 N'4 Oja. Zieht mau vou dieser Formel
die Elemente ab von Taurin C4 H|Ä N2 010 l r n m n
und Ammoniak ü 5 i\4 ) * 10 4 1#
so gelangt mau zur Formel der Cboloidinsäure €riHmOM.
Werden von den Elementen der Choleinsäure die Elemente von 2 At.
Kohlensäure und 2 Aeq. Ammoniak hinweggenommen, so bleibt eine For-
mel, weiche mit der Zusammensetzung der Cholinsäur» «ehr nahe überein-
1371
Ci ft 1 1 e. — C h o 1 s a u r e. C h o 1 a n s a u r e.
stimmt. Hiernach berechnet, wäre die theoretische Zusammensetzung die-
ser Körper folgende:
Gallensäure.
Choloidinsäure.
Cholinsäure.
Cf6 H, j, N, Oa2.
CrA»,
Cj* Hjao Oie.
Kohlenstoff
63,24
74,4
68,9
Wasserstoff
w ,97
9,4
9,2
Stickstoff
3,86
0,0
10,0
Sauerstoff
23,95
16,2
21,9
Bezeichnen wir die Formel der Gallensäure mit Ch , und nehmen wir
an, dafs in der Galle die doppelte Anzahl der Elemente der Gallensäure
verbunden ist mit 3 At. Natron, so .vürde sie in 100 Theilen 6,66 pCt.
Natron enthalten müssen; Kemp erhielt 6,53 pCt. Natron, eine Uebereiu-
stimmung, die in dieser Art von Versuchen kaum gröfser seyn kaun.
Wenn nach Berzelius bei der Metamorphose der reinen Galle durch
Salzsäure die Einwirkung der Säure unvollständig ist, oder über den
Punkt hinaus fortgesetzt wird, wo sich die Choloidinsäure abgesetzt hat,
so erzeugen sich mehrere Zwischenprodukte, welche sehr unvollständig
bekannt sind.
Behandelt man nämlich die durch Kochen der Salzsäure mit reiner
Galle dargestellte Materie (ein Gemenge von uuzersetzter Gallensäure mit
Choloidinsäure) mit Weingeist von ,84 spec. Gew., so löst sich zuweilen
nicht alles auf, sondern es bleibt ein harzähnlicher Körper, der sich !
schwierig in kochendein Alkohol löst und sich daraus in Gestalt eines
weifsen erdigen Pulvers absetzt. Berzelius nennt diesen Körper Dyslysin
Cvon 3-9, schwer und Aüov;, Lösung).
Sättigt man die alkoholische Lösung (dieses Gemenges) mit Ammo-
niak und dampft ab, so scheidet sich während der Verdunstung eine harz-
artige Masse ab, von welcher noch mehr zurückbleibt, wenn die Flüs-
sigkeit zur Trockue verdunstet und in Wasser wieder aufgenommen
wird.
Die wässrige Lösung, die man in letzterem Fall erhält, giebfc mit
Salzsäure weifse Flocken, welche sich allmälig sammeln und zu einem
festen Körper zusammenbacken, welcher hart uud zerreiblich ist. Diese
Substanz schmilzt über 100° zu einer klaren Masse, w elche nach dem Er-
kalten hart und durchscheinend, dem Colophonium ähnlich ist; init Wasser
gekocht, w ird sie darin pechartig, weich und giebt eine trübe, schwach bitter
schmeckende Lösung, welche sauer reagirt. Iu Alkohol ist dieser Körper
leicht löslich, eben so in Alkalien; ihre Verbindungen mit den Alkalien werden
aus ihrer wässrigen Lösung durch kaustische oder kohlensaure Alkalien voll-
ständig gefällt, sie sind in Alkohol löslich, mit Bar3rtsalzen geben sie einen
weifen ptlasterähnlichen Niederschlag. Diesen Körper bezeichnet Berzelius
mit Fellinsäure ; er scheint nichts anderes als eine Verbindung oder Ge-
menge des folgenden mit unveränderter Gallensäure zu seyn.
Die oben erwähnte harzartige Masse, [welche nach dem Verdunsten
der ammoniakalischen Lösung der unreinen Choloidinsäure der auflösenden
W’irkuug des Wassers widersteht, zersetzt sich mit Salzsäure bei gewöhn-
licher Temperatur zu w eifsen leichten Flocken, w elche, mit Wasser gewa-
schen, harzartig, in heifsem Wasser weich und knetbar werden. Eine Auflö-
sung dieser Substanz in Alkohol giebt bei Zusatz von Kalilauge eine in Was-
ser und Alkohol lösliche Verbindung, welche Barytsalze fällt. Der einzige
Unterschied von dieser Substanz, welche Berzelius Cholinsäure nennt,
von der vorhergehenden besteht darin , dafs sie in kohlensauren Alkalien
aufquillt, ohne sich darin oder nachher in Wasser zu lösen.
Die gereinigte Galle giebt, mit Barytwmsser , sowie mit Chlorbarium
pnd Ammoniak vermischt, keinen Niederschlag, zum Beweis, dafs keiner
der beiden eben beschriebenen Körper darin fertig gebildet vorhanden ist.
Fellansäure. Gallen Farbstoff.
1375
Cholsiiure von L. Omelin. Vertheilt man den Niederschlag, den man
durch Bleizucker in der wässrigen Lösung des weingeistigeu Gallenex-
tractes erhält, in Wasser und desiillirtem Essig, zersetzt ihn durch
Schwefelwasserstoff und dampft die Flüssigkeit ah, so erhält man feine
Nadeln von Cholsäure, die man durch neue Kristallisationen reinigt. Aus
dein abgeschiedenen Schwefelblei erhält man noch mehr davon, wenn es
mit Weingeist ausgekocht, die Flüssigkeit mit Wasser versetzt, von dem
sich abscheidenden harzigen Körper geschieden und zur Kristallisation ver-
dampft wird.
In gereinigtem Zustande stellt die Cholsäure feine weifse Nadeln dar,
die beim Pressen zwischen Papier zu schwach seidenglänzeuden Blättchen
zusammenkleben, von durchdringend siifsem, etwas scharfem Geschmack.
Die Kristalle löseu sich leicht in Weingeist, sehr schwer in kaltem, leich-
ter in heifsem Wasser , die Auflösungen röthen Lackmus. Die Kristalle
schmelzen in höherer Temperatur uud liefern bei der trocknen Destillation
dickes braunes Oel und eine stark ammouiakalische Flüssigkeit; verbrennt
an der Luft mit starkem Ilorngeruch ; wird durch Salpetersäure und con-
centrirte Schwefelsäure in der Hitze zersetzt, lost sich in kaltem Vitriolöl
ohne Farbe und wird durch Wasser daraus wieder gefällt , sie bildet mit
Natron ein kristallisirbares Salz.
Nach L. Gmelin fällt die Cholsäure nicht den Bleizucker und mit Blei-
essig giebt sie nureine Trübung; das cholsäure Ammoniak fällt nach From-
herz und Gugert nicht die ßleisalze; es ist demnach wahrscheinlich, dafs
die Cholsäure nicht fertig gebildet in der Galle enthalten, sondern ein Zer-
setzungsprodukt der Gallensäure ist ; durch ihren Stickstoffgehalt unter-
scheidet sie sich wesentlich von der Cholinsäure Demarcags.
Berzelius versetzte eine Auflösung des Alkoholextractes der Galle in
AVassermit kohlensaurein Kali uud lief* einige Stunden lang kochen, dampfte
sodann ab , bis sich durch Concentratiou der Flüssigkeit auf ihrer Ober-
fläche die (veränderte) Galle wieder abschied, gofs die farblose alkalische
Flüssigkeit davon ab, löste das Abgeschiedene in AATasser und fällte mit
Essigsäure, wo sich ein weifser Niederschlag absetzte, der eine glän-
zende, aus feinen Kristallen zusammengewebte Masse darstellte, die alle
Eigenschaften von Gmelins Cholsäure besafsen.
Cholansäure. Eine durch langes Aufbewahren faul und halbflüssig
gewordene Galle, mit Aether von allen darin löslichen Stoffen befreit,
sodann in Alkohol gelöst und mit Barytwasser entfärbt, lieferte nach der
Entfernung des Alkohols einen hlafsgelben Rückstand, der sich in AVasser
löste. Diese Auflösung gab, mit Essigsäure versetzt, einen pflasterartigen
Niederschlag, der von kaustischem Ammoniak leicht aufgenommen wurde.
Die aminoniakalische Lösung läfst, mit 100 Theilen AVasser verdünnt,
nach längerem Kochen einen weifsen Niederschlag fallen. Löst man die-
sen Niederschlag in Ammoniak und setzt dieser Flüssigkeit Chlorbarium
hinzu, so schlägt sich ein weifses unlösliches Barytsalz nieder, welches
mit kohlensaurem Natron gekocht, kohlensauren Baryt und ein lösliches
Natronsalz liefert. Durch Zusatz von Salzsäure zu der Auflösung dieses
Natronsalzes erhält man einen weifsen, flockigen, nicht zusammenbackenden
Körper, welcher die Uauptcigenschaften der von Vemarcay beschriebenen
Choloidinsäure besitzt, Berzelius nennt diese Substanz Cholansäure.
Fellansäure. Die Lösung des Amnioniaksalzes, welches durch Kochen
den weifsen Niederschlag falleu liefs , giebt mit Salzsäure einen pflaster-
artigen Niederschlag, der, mit Aether und AVasser behandelt, ein weifses
Pulver zurückläfst, was saure Eigenschaften besitzt. Berzelius bezeich-
net diese Substanz mit Fellansäitre . Die ausgezeichnetste Eigenschaft
dieser Fellansäure ist , dafs sie mit Baryt ein Salz bildet , was in kaltem
AVasser schwer, in heifsem leichter auflöslich ist und daraus, sü wie aus
heifsem Alkohol , beim Erkalten in klaren farblosen Prismen ansebiefst.
Die Ausdrücke Bilinsäure , Fellinsäure , Cholinsäure , Fellansäure , Cho -
137ö
Gallenstein. L t t ii o [ e 1 1 1 u * ä u r e.
lansuure beziehen sich uicht auf eigeothiimliche , wohl charnkteri«lrfo
Körper, sondern sind von Herr-e/ius nur gewählt worden zur Bezeichnung
gewisser Veränderungen, welche die organische Substanz der Galle durch
Zersetzung erlitten hat.
Galltnfarbstoff. Die Galle ist, frisch aus dem Leihe des gesunden
Thiers genommen, goldgelb, und wird an der Luft heim Abdampfen
schmulztggrfin. Eiue gelbe Galle, mit Salzsäure versetzt, wird an der
Luft sehr rasch dunkelgrün. Hundegalle bleibt hei Berührung mit Salz-
säure, bei Luftabschluss braungelb, bei Sauer.stoff/utritt ahsorbirt die
Flüssigkeit ihr halbes Volumen Sauerstoff und wird grün. (Jj. Gmelin ).
Versetzt man eine Auflösung von Galle in Alkohol mit Chlorbarium, so
entsteht ein schmutzig dunkelgrüner Niederschlag, der an Salzsäure Baryt
ubgieht, während der Farbstoff zurückbleibt ; von diesem löst sich ein
Theil in Alkohol mit graubrauner Farbe, ein anderer bleibt ungelöst.
( Iierzelius ). Die gelhgriine oder schnmtziggrüne Substanz, von welcher
die Farbe der Galle abhängig ist, läfst sich, wie schon erwähnt , durch
einfache Behandlung mit Knochenkohle hinwegnehmen, zum Beweis, dafs
sie zur Zusammensetzung der Natron Verbindung nicht gehört.
Ein Gallenstein von einem Ochsen, der zum grofsen Theil aus Gallen-
farbstoff bestand, hinterlicfs nacli dem Auskochen mit Aether und Alkohol
ein hclirolhbraunes Pulver, das sich iu kaustischem Kali mit hellgelber
Farbe löste, die au der Luft grünlichbraun wurde. Diese Auflösung gibt
mit Salzsäure einen dunkelgrünen Niederschlag, der jetzt iu Ammoniak
leicht löslich ist, eine Eigenschaft, die der Gallenfarbstoff vor der Be-
handlung mit kaustischem Alkali nur in einem sehr geringen Grade besitzt.
Salpetersäure der alkalischen Auflösung im Ueberschufs zugesetzt, bringt eine
für den GallenfarbstofF charakteristische Erscheinung hervor; die Flüssig-
keit wird nämlich zuerst grün, dann blau, violett, roth und nach einiger
Zeit gelb, ohne etwas ahzusetzen Diese Reaction zeigt sich io gleicher
Weise mit Blutwasser, Chylus, Serum, Urin, wenn sie in der Kränklich
der Gelbsucht eine gelbe Farbe angenommen haben.
Gallensteine. Die in der Gallenblase sich findenden Concretlonen be-
stehen aus GallenfarbstofF oder aus Cholsterin; die letzteren sind leicht
erkennbar au ihrer concentrisch- kristallinischen Beschaffenheit und ihrer
Schmelzbarkeit.
Lithofellinsäure. Von Gäbet entdeckt. Unter dem Namen Bezoar
orientale war früher eine Concretion als Arzneimittel im Gebrauch,
welche nach der gewöhnlichen Ansicht zuweilen iu dem Magen gewisser
Antilopen gefunden wird; das ganze Verhalten dieser Rezoare reiht sio
in die Classe der Gallensteine. Die Bczoare besitzen eine bräunlichgrüne
Farbe unJ Wachsglanz, sie bestehen aus concentrisch schaligen Schichten
von ungleicher Dicke, die Farbe derselben ist abwechselnd dunkel uud
hell oliveugrüu, sie sind leicht zerreihlich; in der Mitte der Coucre-
rion findet sich gewöhnlich ein fremder Körper, ein Quarzkorn oder ein
.Stückchen Pflanzenfaser. U ähter untersuchte einen Bezoar von beträcht-
licher Gröfse (er wog 40 Grammen), der in der Mitte einen braunen
Kern hatte , welcher nach dem Verbrennen eine alkalische Asche , phos-
phorsauren und kohlensauren Kalk nebst Spuren von Eisenoxid hinterliefs.
Die eigentliche Masse des Steins schmilzt wie Wachs , stöfst in höherer
Temperatur schwach aromatisch, nicht brenzlich riechende Dampfe aus,
und verbrennt mit rulsender Flamme, fast ohne Hückstaud. ln heifsem
Alkohol ist sie bis auf einen kleinen braunen Rückstand löslich. Die Lo-
sung von grünlicher Farbe wird durch Behandeln mit Thierkohle vollstän-
dig entfärbt, säe giebt, in gelinder Wärme abgedampft, sehr kleine, klare,
glanzende, sechsseitige Prismen von reiner Lithofellinsäure. Die Kristalle
der Lithofellinsäure sind hart, pulvcrisirbar, unlöslich in Wasser, leicht und
in Monge in Alkohol, wenig in Aether löslich. Sie schmelzen bei 205° und
erstarren beim Erkalten kristallinisch. Wird der Schmelzpunkt um einige
Grad® überstiegen , so erstarrt sie zu einer klaren glasigen Masse, die
C e r e b r i n s ä u rc.
1377
durch Reihen stark elektrisch wird ; diese amorphe Lithofellinsäure schmilzt
jetzt zwischen 105 und 110° zu eiuer zähen , fadenz iehendeu Masse,
welche, mit Alkohol iu Berührung oder darin gelöst, wieder in den kri-
stallinischen Zustand übergeht. Die Lithofelliusäure löst sich leicht in con-
centrirter Schwefelsäure, diese Auflösung wird durch Wasser milchig.
Sie ist in grofser .Menge io concentrirter Essigsäure löslich und kristallisirt
daraus bei freiwilligem Verdunsten.
In kaustischem und kohlensaurem Ammoniak löst sich die Lithofellin-
säure leicht und bleibt heim Verdunsten ammoniakfrei zurück; die Lösung
fällt die Kalk- und Barytsalze. In kaustischem Kali löst sie sieh leicht,
die gesättigte Lösung ist schwach alkalisch, Zusatz von Kalihydrat
scheidet lithofellinsaures Kali in der Form einer Seife ab. Durch Säuren
werden die alkalischen Auflösaugen der Lithofelliusäure in dicken geronne-
nen Flocken gefällt, die nach dem Trocknen weifs, pulverig und erdig
werden.
Die gesättigte Kaliverbindung giebt mit Silbersalzen einen Niederschlag,
der sich beim Waschen löst. Eine weingeistige Lösung der Lithofellin-
säure giebt mit salpetersaurem Silberoxyd und etwas Ammoniak versetzt,
einen weifsen Niederschlag, der sich in mehr Weingeist beim Erwärmen
löst, und beim gelinden Verdampfen iu langen, dünnen, weifsen Nadeln
kristallisirt {Ettling fr Will). Das Silbersalz enihält nach Will fr Ett-
ling 85,33 Silberoxid. Die Bleiverbindung enthält nach W. fr E. 4!) pCt.
Bleioxid. Wähler erhielt zwei Bleisalze, von denen das eine 32 pCt.,
das andere 44,45 pCt. Bleioxid enthielt. Die Zusammensetzung der Li-
thofellinsäure ist:
Kohlenstoff
Wasserstoff
Sauerstoff
Will fr Ettling .
71 ,19 70 .80 ' 70,23
10,85 10,78 10,95
17,96 18,42 18,82
Wähler.
70^83'~/x
10,60
18,57
Formel nach Will fr Ettling C44 U:6 08; nach Wähler C40 Hro Or
•+* Aq.
Durch Einwirkung von Salpetersäure auf Lithofellinsäure entsteht nach
Gäbet eine neue Säure.
Die Gehirn - und Nerven - Substanz.
Das Rückenmark, so wie die Gehirnmasse bestehen aus einer eiweifs-
artigen Materie, die eine grofse Menge Wasser enthält und mehrere ei-
genthümliche fette Substanzen. Der Wassergehalt beträgt nahe an 80
pCt , das Gehirualbumin etwa 7 pCt. ( Fremy ).
Behandelt man kleingeschnittenes frisches Gehirn oder Rückenmark
mehrmals hinter einander mit siedendem Alkohol, sodann bis zur Erschö-
pfung zuerst mit kaltem, dann mit kochendem Aether, so bleibt Gehirn-
aibumin zurück, während Cholsterin, Cerebrinsäure , Oleophosphorsäure,
Olein, Margariu und Spuren von fetten Säuren iu Auflösung bleiben,
( Fremy').
Cerebrinsäure. Von Fremy entdeckt. Wird die durch Behandlung
des Gehirns mit Aether erhaltene Flüssigkeit abgedampft und der klebrige
Rückstand mit Aether in der Kälte vertheilt , so bleibt eine weifse Sub-
stanz zum grofsen Theil ungelöst, welche Cerebrinsäure, Oleophosphor-
säure, Natron und phosphorsauren Kalk enthält. Man nimmt diesen Rück-
stand in siedendem Alkohol auf, dem man etwas Schwefelsäure zugesetzt
hat, filtrirt und läfst erkalten, wo Cerebrinsäure kristallisirt, der man
durch Waschen mit kaltem Aether die anhängeude Oleophosphorsäure ent-
zieht. {Fremy ). Nach einem andern Verfahren wird die Gehirnmasse so
1378
Oleopliospliorsäure.
gut wie möglich von den Membranen getrennt., in kleine Stücke zerschnit-
ten und mit der 20fachen Menge einer schwachen kaustischen Kalilauge
in gelinder Wärme digerirt, bis die Masse sich in einen homogenen Brei
vertheilt hat. In der Ituhe scheidet sich die Mischung in eineu weifsen,
äufserst feinen Niederschlag und in eine klare alkalische Flüssigkeit, die
man durch Decantation entfernt. Man giefst zürn Zweitenmal reines Was-
ser auf, läfst den Niederschlag in der Ruhe sich setzen, zieht das darüber
stehende Wasser ab und erhitzt ihn nun ohne weiteres Waschen in der
Flüssigkeit unter Zusatz von Weinsäure zum Sieden. Der auf die Ober-
fläche der Flüssigkeit sich begebende weifse Niederschlag wird von der
darunter schwimmenden klaren Flüssigkeit getrennt, mit kochendem Was-
ser durch Decantation gewaschen , auf einem reinen porösen Ziegelstein
verbreitet und getrocknet. Die trockne Masse wird mit Aether gewaschen,
welche eine Menge Cholsterin auflöst und der Rückstand in siedendem
Alkohol umkristallisirt. (R. D. Thumsuii).
Die Cerebrinsäure ist weifs, von körnig kristallinischem Ansehen,
völlig löslich in siedendem Alkohol, sehr schwerlöslich in kaltem, leichter
in siedendem Wasser; in siedendem Wasser quillt sie auf zu eiuer Masse,
ähnlich dem Stärkekleister, ohne sich übrigens bemerklich zu lösen. In
einer Temperatur, die ihrem Zersetzungspunkte sehr nahe liegt, kommt
sie zum Schmelzen, sie verbrennt mit einem ganz eigentümlichen Geruch
und läfst eine schwer verbrennliche Kohle von stark saurer Reaktion.
Beim Erhitzen mit Salpetersäure wird sie langsam , durch Schwefelsäure
rasch unter Schwärzung zersetzt.
Nach Fremy's und R. D. Thomsoti's Analyse enthält die Cerebrinsäure
in 100 Theilen:
Fremy.
Thomson *).
Kohlenstoff
06,7
67,04
Wasserstoff
10,6
10,85
Stickstoff
2,3
2,24
Phosphor
0,9
0,46
Sauerstoff
19,5
19,41
Die Cerebrinsäure verbindet sich mit allen Basen zu eigentümlichen
Salzen, die sich von allen andern Salzen, die durch organische Säuren
gebildet werden, durch ihre grofse Unlöslichkeit in Wasser auszeichnen.
Erhitzt man die Cerebrinsäure mit verdüunter Kali- oder Natronlauge,
so verbindet sie sich damit, ohne dafs sich das gebildete Salz auflöst.
Setzt man einer heifsen weingeistigeu Auflösung d*er Cerebrinsäure eine
Auflösung von Kalihydrat in Alkohol zu , so entsteht sogleich ein iu
Alkohol beinahe unlöslicher weifser Niederschlag.
Kalk, Baryt und Strontian verbinden sich direkt mit dieser Saure und
uehmen ihr die Fähigkeit, mit Wasser gallertartig aufzuquellen. ( Fremy ).
Die Barytverbindung gab in der Analyse 7,8 pCt. Baryt. ( Fremy ).
Oleopliospliorsäure. Die nach dem Verfahren von Fremy erhaltene
ätherische Flüssigkeit, aus welcher sich die Cerebrinsäure abgesetzt hat,
behält eine klebrige Substanz in Auflösung, welche (oft uatronbaltige)
Oleopliospliorsäure ist.
Zur Darstellung dieser Säure behandelt mau den Rückstand , den der
Aether nach dem Verdampfen hinterläfst, mit einer Saure, um das Na-
tron zu entzieheu, sodann mit siedendem Alkohol, welcher die Oleophos-
phorsäure nach dem Erkalten fallen läfst. (.Frewiy).
Die Oleopliospliorsäure ist bis jetzt nicht iu reinem Zustande erhalten
worden, sie enthält ein flüssiges Oel , Cerebrolein , Cholsterin und Spuren
von Cerebrinsäure; sic ist gewöhnlich gelb, ölartig, klebrig, unlöslich in
f) Diese Analyse wurde in dem Laboratorium zu Ciefsen angcslellt.
Magensaft.
137D
Wasser, in siedendem etwas schleimartig aufquellend, sie ist unlöslich in
kaltem, löslich in lieifsem, so wie in Aether. Sie bildet mit den Alkalien
seifenartige Verbindungen, ganz, ähnlich den Materien, die man aus Ge-
hirn direct durch Aether ausziehen kann. An der Luft verbrennt, binter-
läfst sie eine stark saure (durch Phosphorsaure) Kohle. {Frerny ).
Die merkwürdigste Eigenschaft der OJeophosphorsäure besteht darin,
dafs sie, mit Wasser oder Alkohol eine Zeitlang im Sieden erhalten, in
ein klares flüssiges Oel, Cerebroleiu, und in Phosphorsäure zerfällt, die
sich im Wasser löst.
Durch überschüssige Alkalien wird die Oleophosphorsäure in phos-
pborsaures, cerebroleinsaures Alkali und in Glyceryloxid zerlegt. Der
Phosphorsäuregehalt dieser Säure schwankte bei der Analyse zwischen
1,9 — 2 pCt.
Cerebrolein. Das beim Sieden der Oleophosphorsäure mit Wasser sielt
abscheidende Cerebroleiu wird durch kalten Alkohol, welcher Cercbrin-
säure und Cholsterin zuriickläfst, gereinigt. Beim Verdampfen des AK
kohols bleibt es in reinem Zustande zurück. Das Cercbrolein ist flüssig,
fett anzufühlen, gelb; es brennt mit weifscr leuchtender Flamme, ohne
kohligen Rückstand zu hinterlassen. Durch Verseifung mit Alkalien wird
es in eine weiche Seife und in Glyceryloxid zerlegt.
Seiner Zusammensetzung nach (79,5 Kohlenstoff, 11,9 Wasserstoff
und 8,6 Sauerstoff, Fremy) ist es identisch mit dem Olein aus Menschen-
fett.
Das Gehirncholsterin ist identisch in allen seinen Eigenschaften und
seiner Zusammensetzung mit dem Cholsterin der Galle und des Eigelbes.
Kocht man den ätherischen Auszug des Gehirus (den Rückstand, der nach
Verdampfung des Aethers bleibt) mit einer Auflösung von Kalihydrat in
Alkohol, und filtrirt, so scheidet sich nach dem Erkalten des Alkohols
ein Gemenge von Cholsterin mit Cerebrin und phosphorsaurem Kali ab,
aus dem man durch Aether alles Cholsterin ausziehen und beim Verdam-
pfen desselben kristallisirt erhalten kann.
Die durch directe Behandlung des Ochsen- oder Menschenhirns mit
siedendem Alkohol nach dem Erkalten sich absetzende Substanz liefert
nach dem Pressen zwischen Papier und wiederholter Kristallisation aus
Alkohol grofse weifse perlglänzende Blättchen, minder durchsichtig wie
Cholsterin, die bei 136° schmelzen und im Wasserbade 5,4 pCt. Wasser
verlieren , und nach dem Verpuffen mit Salpeter phosphorsaures Kali lie-
fern. Aus der heifsen alkoholischen Lösung löst sich zuerst ein auf dem
Boden anklebendes zartes, weifses Pulver ab, welches in der Wärme
wie Wachs zusammenklebt und in höherer Temperatur (bei 150°) schmilzt
und mit dem Geruch nach Bienenwachs verbrennt ( Gehirnwachs von L.
Gmelin'); es hinterläfst eine phosphorsäurehaltige Kohle. Diese Substan-
zen sind höchst wahrscheinlich Gemenge von cerebrinsauren Alkalien mit
Cholsterin. Doch hat R. T. Thomson neben dem Cholsterin eine Substanz
aus dem Gehirn erhalten , die in schönen , oft % Zoll langen , platten
Prismen kristallisirt und in der Annlyse 81,9 — 81,51 Kohlenstoff, 13,3 —
12,03 Wasserstoff und 5,8 — 6,47 Sauerstoff lieferte eine Zusammen-
setzung , welche wesentlich von der des Cholsterins abweicht.
Das Gehirn enthält zuletzt geringe Mengen Oel und Margarinsäure,
im Zustande der Fäulnifs verschwindet alle Oelophosphorsäure. {Fremy,
in den Anti, der Chem. u. Ph. Bd. 40. S. SO).
Magensaft. Die im Munde zerkleinerte und mit Speichel und Schleim
gemischte Speise gelangt in den Magen, wo sich ihr Magensaft beimischt.
Der durch Erbrechen gesunder Menschen oder in dem Magen Hingerichte-
ter sich vorfindende Magensaft stellt eine farblose oder schwach gelbliche,
meistens schwach trübe Flüssigkeit dar, von entschieden saurer Reaction.
Diese Flüssigkeit enthält freie Essigsäure und Salzsäure und Chlormetalle
1380
.Speichei.
C Pront , L. Gmslin, Enderl in) t in drei Fallen nach folgendem Verhält-
nifs (Pr out):
II.
11.
III.
Freie Salzsäure
0, 6
0,05
0,05
Au Ammoniak gebundene Salzsäure
, t
.
. 0,16
lu der Form von Chlorkalium oder -Natrium
0,13
0,13
0,12
firacuitnot fand ferner in dem Magensaft eines Hundes ein Eisenoxid-
salz , Chlorcalcium , ein scharfes farbloses Del , eine im Wasser uud Al-
kohol lösliche, durch Gerbsäure fällbare, so wie eine in verdünnten Säu-
ren lösliche und eine andere in Alkohol unlösliche organische Materie,
so wie Schleim und phosphorsauren Kalk.
Durch die Bewegung des Magens und die auflösende Wirkung des
Magensaftes und Speichels auf die Nahrung entsteht eine vveifse breiartige
saure Masse, Chymus, S/jeisebrei. Nach dem Genüsse von rohem Eiweifs
ist der Mageninhalt sehr schwach sauer, bei gekochtem Eiweifs, Fibrin,
Pflanzenkleber und frischem Käs röthet er Lackmus uud die Stucke zeigen
sich erweicht. Bei Milch enthält der Magen geronneoeu Käs und eiDe sehr
saure Flüssigkeit. Bei Knochen ist die Flüssigkeit sehr sauer, enthält rei-
nen und phwsphorsauren Kalk gelöst, und liefert bei der Destillation Essig-
säure und Salzsäure. Bei Amj lon h ilt der Magen ungelöste Stärkemehl-
klumpen, so wie eine Flüssigkeit, welche Iod nicht bläut und welche
Zucker enthält. Bei Butter ist die Flüssigkeit sehr sauer. (L. Gmelin $r
Tiedemann
Die in dem Magen vorhandene freie Salzsäure hat an seiner auflösen-
den Kraft einen entschiedenen Antheil. Während der Verdauung löst
sich die innere Haut des Magens, das Epithelium, ab, und geht in
Auflösung über; der Magensaft empfängt hierdurch im Zustand der Um-
setzung und Veränderung befindliche Substanz, durch deren Gegenwart
die auflösende Kraft des Magensaftes erhöht wird. Der frische Mageusaft
übt bei 35 — 37° (der Körperwärme) aufserhalb des Körpers auf die Spei-
sen die nämliche auflösende Wirkung aus , wie in dem Magen selbst.
Speiseu in durchlöcherten Röhren von Silber und Gold eingeschlossen,
werden im Magen ebeu so gut verdaut, wie in Berührung mit den Wän-
den des Magens.
Macht man Wasser durch Zusatz von etwas Salzsäure schwach sauer,
und läfst es mit einem Stückchen Magenschleimhaut 24 Stunden in Berüh-
rung, so erlangt diese Flüssigkeit jetzt das Vermögen, gekochtes Eiweifs,
Fleisch, Pflanzenkleber in weit kürzerer Zeit auf/.ulöseu , als wie die
Salzsäure für sich gethan haben würde. Gekochtes Eiweifs löst sich in
dein erwähnten , durch Salzsänrc schwach sauer gemachten Wasser bei
gewöhnlicher Temperatur in inelirern Wochen nicht auf, auf 70 — 80° er-
wärmt, erfolgt hingegen nach 3 — 4 Tagen vollständige Lösung. Die
nämliche mit der Magenschleimhaut in Digestion gesetzte schwache Salz-
säure löst bei einer Temperatur von 30 — -I00 schon nach 8 — 12 Stunden
das gekochte Eiweifs auf; nach zwei bis drei Stunden schon wird es an
den Rändern durchscheinend, schmierig, breiartig und giebt zuletzt eine
vollkommene, durch Felttheilchen etwas trübe Auflösung.
Auf Pflanzenkleber, gekochtes Fleisch wirkt diese Flüssigkeit in glei-
cher Weise auflösend ; die beschleunigende Wirkung empfängt die Salz-
säure durch eine im Zustand der Umsetzung begriffene Substanz, die sich
aus der Substanz der Schleimhäute und Membranen durch eine beginnende
Fäulnifs oder Verwesung erzeugt und die hierbei ähnlich wirkt, wie die
Hefe hei der Gährung des Zuckers, oder wie das Lab bei dem Gerinnen
der Milch. Durch Erhitzen zum Sieden, Zusatz von Alkohol, Quecksilber-
safze , schweflige Säure, brenzliche Oele wird die beschleunigende Wir-
kung in der Auflösung aufgehoben , und alle diese Substanzen stören , in
den gesunden thierischen Körper gebracht, die Verdauung in gauz ahn-
Speichel.
381
lieber Weise. M$u hat zu r Erklärung der Wirkung des Magensaftes zu
einem eignen Verdauungsstoff, den man mit Pepsin bczeichnete , seine
Zuflucht genommen, allein die Eigenthiimlichkeit des Pepsins ist bis jetzt
nicht dargethaa.
Au der Verdauung nimmt bei mehreren Thierklassen der Speichel;
theils durch die Substanzen; die er enthält; theils durch die Luft (den
Sauerstoff), die er, schaumartig einschliefsend, dem Magen zufuhrt, einen
gewissen Anthcil. Der Speichel wird durch eigene Drusen in der Mund-
höhle, namentlich bei der Bewegung der Kauwerkzeuge, abgesondert.
Speichel. Sammelt man den Speichel in einem hohen schmalen Glas-
gefäfs, so trennt er sich in zwei Schichten, von denen die obere aus
einer klaren, farblosen, schleimigen Flüssigkeit besteht, die untere enthalt
eine wefise undurchsichtige Materie im aufgeschlammten Zustande. Mit
Wasser vertheilt, entsteht ein Niederschlag, ähnlich der Knocheuerde, die
sich aber vermittelst eines Glasstabes als ein zusammenhängender Schleim
zu erkennen giebt. Nach dem Eintrocknen hinterlassen 100 Th. Speichel
weniger wie 1 pCt. eines farblosen, gummiähnlichen, durchsichtigen Rück-
standes, aus welchem Alkohol Chlormetalle und eine animalische Substanz
auflöst. Der in Alkohol unlösliche Th eil ist schwach alkalisch , von Na-
tron , was sich durch Zusatz von Essigsäure nach dem Wiedereintrocknen
vermittelst Alkohol ausziehen läfst. Der so ausgezogene Rückstand be-
steht aus Schleim und einem eignen t hierischen Stoff', dem Speichelstuff
welcher die Hauptmasse davon ausmacht. Der SpeichelstofF löst sich in
Wasser zu einer schleimigen klaren Flüssigkeit, die beim Kochen nicht
getrübt wird und durch Galläpfeliufusion, Quecksilberchlorid, Bleiessäg und
durch Mineralsäuren nicht gefällt wird , was ihn von andern thierischen
Stoffen wesentlich unterscheidet. Mit kaltem Wasser in Berührung, wird
der Speichelstoff zuerst weifs, undurchsichtig und schleimig, und hinter—
läfst nach der Auflösung einen undurchsichtigen , w eifsen, trüben Schleim,
der im Wasser ganz unlöslich, durch Essigsäure und Mineralsäuren zum
Gerinnen gebracht wird; er enthält eine bedeutende Menge Knochenerde,
welche durch die erwähnten Säuren nicht ausgezogen wird. In kaustischen
Alkalien ist dieser Schleim löslich und aus diesen Lösungen fällbar durch
Säuren.
Die Asche eines beim Tabakrauchen von Tiedemann und L. Gmelin
gesammelten Speichels , wrelcher der beigemischten brenzlicheu Besiand-
theile des Rauches wegen in Hinsicht auf seine andern Bestandtheiie den
normalen Zustand nicht besafs #), enthält viel phosphorsaures, etwas
schwefelsaures und kohlensaures Alkali. Treviranus beobachtete, dafs
der Speichel mit Eiseuoxirisalzen eine tief dunkelrothe Flüssigkeit bildet.
Tiedemann und L. Gmelin zeigten darauf, dafs das Alkoholextract vou
eingetrocknetem Speichel, mit etwas Phosphorsäure destilürt, eiue Flüssig-
keit liefert, welcher die das Eisenoxidsalz röthende Eigenschaft aDgehört;
mit einer Mischung von Eisenvitriol mit Kupfervitriol gab sie einen w eifsen
Niederschlag, unterZusatz von chlorsaurem Kali und etwas Salzsäure erwärmt,
gab sie mit Barytsalzen einen Niederschlag von Schwefelsäuren) Baryt. Nach
diesen Versuchen scheint der Speichel einen Gehalt von Schwefelcyan-Alkali
zu enthalten. Speichel, der von einer Person mit einer offenen Speichelfistel
erhalten worden war, besafs in C. G. Mitscherlichs Versuchen eiu spec.
Gewicht von 1 ,00dl bis 1,0088; er liinterliefs nach dem Eintrocknen 1,47
bis 1,6*3 pCt. Rückstand; beim Filtriren hinterliefs er % bis *3 Tausendtel
einer schleimigen Substanz; die klare abfiltrirte Flüssigkeit wurde durch
Alkohol und Gerbsäure in der Kalte getrübt, die Trübung verschwand
beim Erhitzen und stellte sich beim Erkalten wieder ein; Alkalien bewirk -
*) Treibt man den Tabaksdampf aus dem Munde durch ein fest vorgehaUenes
reines weifses I. innenzeug, so färbt sich dieses gelbbraun; dar Dampf selbst
tothält nach Zeise s Untersuchung Butiersäure .
1382
Excrc mente. — riarn.
ten keine Fällung; durch Säuren entstand ein l/l0 pCt. betragender Nie-
derschlag. Von 68‘/j Gran Speichel erhielt Mitscherlich 1,121 Rückstand,
von welchem 0,281 weder von Wasser noch Alkohol, 0,352 von Was-
ser, nicht von Alkohol , und 0,192 von Wasser aufgenommen wurden.
100 Theile dieses alkalisch reagirenden Speichels wurden durch Zusatz
von verdünnter Schwefelsäure neutralisirt und dazu an wasserfreier Schwe-
folsäure verbraucht in eiuem Versuche 0,169, in einem zweiten 0,223
Grm., woraas folgt, dafs der Natrongehalt dieses Speichels 0,153 bis
0,174 eines Procentes von seinem Gewicht betrug. 100 Thele Speichel
lieferten 0,180 Chlorcalcium, 0,095 Kali, 0,188 Natron, 0,017 phos-
phorsauren Kalk, 0,015 Kieselerde (?).
Per aus dem Speichel sich absetzende sogenannte Weinstein der Zähne
gab in einer Analyse 1,0 Speichelstoff, 12,5 Speichelschleim, 79 phos-
phorsaure Erdsalze, 7,5 Thierstoff, in Salzsäure löslich.
Die steinigen Concretionen aus den Speichelgängen von Pferden und
Eseln sind von Lassaiyne , Henry und Caventou analysirt worden , sie
enthielten :
Vom Esel ,
Pferd ,
Pferd.
Caventou .
Lassaiyne.
Henry.
Kohlensaurer Kalk
91,6
84
85,52
Kohlensäure Bittererde
, 4
• • •
7,56
Phosphorsaurer Kalk
4,8
3
4,40
Thierischer Stoff
3,6
9
|a,43
Wasser .
•
. 3
Im Verhältnisse, als die Speisen im Magen gelöst oder fein vertheilt
werden , treten sie als Speisebrei in das Duodenum, wo sich ihnen Bauch-
speichel, pankreatischer Saft, Galle, Darrasaft und Darmschleim beimischt.
Der pankreatische Saft wird von einer seitwärts und zum Theil hinter
dem Magen , zwischen der Milz und dem Duodenum liegenden grofsen
Drüse, dem Pancreas, abgesondert. Der pankreatische Saft besafs in
Tiedemanns und Gmelins Versuchen, von einem Hunde gesammelt, die
Beschaffenheit eines dünnen Eiweilses, er liefs sich in dünne Fäden ziehen,
war klar, bläulich weifs opalisirend , Lackmus schwach röthend, und
schmeckte schwach, aber deutlich salzig, er gerann beim Erhitzen und
hinterliefs 8,72 pCt. festen Rückstand, aus dem Alkohol 3,68 einer Ma-
terie auszog, die mit Chlorwasser rosenroth wurde. Vom Rückstand
nach der Behandlung mit Alkohol lösten sich 1,53 Theile im Wasser, und
diese Auflösung verhielt sich wie ein Gemenge von Speichelstoff mit einem
dem Casein in vielen Eigenschaften übereinstimmenden Körper Eiugeäschert,
hinterliefs der Rückstand (100 Saft, 0,722 Asche) kohlensaures, schw efel-
saures und phosphorsaures Natron mit Spuren von Kali, Kochsalz, koh-
lensaurem uud etwas phosphorsauren Kalk. ( Tiedemann und L. Gmelin ).
Auf dem Wege durch den Dünndarm wrerden durch dessen Aufsau-
gungsgefäfse aus dem schon wesentlich veränderten Speisebrei die in der
Flüssigkeit gelösten Theile nebst dem fein suspendirten Fett als Cfn/lus ,
Nahruugssaft, anfgesaugt, während die unlöslichen Theile weiter gehen.
Der Chylus wird von den Milchgefärsen theils gerade in die Unter-
leibsvenen geführt, um sich hier dem venösen Blute beizumischen, theils
wird er durch verschiedene Drüsen hindurchgeführt, in denen sich aus
dem Arterieublute Farbstoff, Fibrin und Alkali zumischen , so dafs seine
saure Reaction in eine alkalische übergeht ; hierauf mischt er sich im Ductus
thoracicus mit der Lymphe uud endlich in der Vena cava mit dem venösen
Blut.
In den zwei ersten Mägen der Wiederkäuer ist die Masse alkalisch,
in dem vierten sauer. Bei Fleischfressern bleibt im ganzen Verlaufe der
Verdauung der Darminhalt sauer.
Harn*
1383
Die unverdaubareu , nicht löslichen oder nicht aufsaugbaren Theile der
genossenen Nahrung werden nebst stinkend riechenden Secretionen der
Eingeweide in der Form von festen Excreinenten ausgelecrt.
Während des Verdauungsprocesses entwickeln sich aus der Masse,
welche durch die Eingeweide geht, Gasarten, deren absolute und relative
Menge je nach der Natur der Speisen und dein Gesundheitszustände wech-
seln. Magen die sammelte das Gas aus dem Darmkaual von Hingerichteten,
das aus dem dünnen Darm bestand nach der Untersuchung von Chevreitl
aus Kohlensäure , Wasser Stoff gas und Stichgas , das aus dem Blinddarm,
dem Colon und Rectum aus Kohlensäure , Wasserstoff, Kohlenwasserstoff
und Stickgas. Häufig finden sich diesen Gasen Schwefelwasserstoffgas
beigemischt. Pflüger fand in den Gedärmen von an der Trommelsucht
gestorbenem Rindvieh Kohlenoxidgas .
Excremente. Unter diesem Namen begreift man gewöhnlich nicht nur
die Stoffe, welche durch den Mastdarm, sondern auch die, welche in
der Form von Harn aus dem Körper treten. Bei den Vögeln mischen sich
an einer Stelle nah am Ausgange des Mastdarms aus der sogenannten
Cloake die von den Harnorganen abgesonderten Stoffe zu; bei diesen, so
wie bei vielen anderen Thieren, treten also Faeces und Harn aus einer
und derselben Oeffnung aus dem Körper.
Die organischen Bestandtheile der Faeces des Menschen und der hohem
Thierklassen sind als chemische Verbindungen wechselnd und so wenig
charakterisirt , dafs dasjenige, was wir darüber wissen, nicht werth ist,
beschrieben zu werden. Der Natur des Verdauungsprocesses nach können
sie nur wenig im Wasser lösliche Bestandtheile enthalten , weil sie vor
ihrem Austreten durch den ganzen Aufsaugungsapparat der Eingeweide
davon befreit werden. An Alkohol geben sie fette, wachs- oder harz-
ähnliche Substanzen ab, welche theils von dem Körper, theils von den
Speisen stammen. Der in Alkohol, Aether und siedendem Wasser, schwa-
chen Säuren und Alkalien unlösliche Hauptbestandteil der Faeces der
Wiederkäuer besteht aus Holzfaser.
Unter den organischen Materien des Harns der Thiere finden sich als
nie fehlende Bestandtheile entweder Harnstoff oder Harnsäure allein, oder
beide zusammen, der Harn des Rindviehs, Pferdes, Kameels und des
Elephanten enthält Harnsäure; der Harn der fleischfressenden vierfüfsigen
Thiere ist sauer und enthält hauptsächlich Harnstoff, in dem Harn der
Vögel ist die Harnsäure vorherrschend. Der Harn des Menschen ent-
hält Harnsäure und Harnstoff; in Krankheiten, namentlich in Fiebern,
steigt die Menge der abgesonderten Harnsäure; als häufig vorkommender
Bestandtheil des Menschenharns mufs noch die Oxalsäure hier erwähnt
werden, welche als oxalsaurer Kalk sich nach dem Erkalten kristallinisch
absetzt. Mit Ammoniak vermischt, giebt der Menschenharn einen Nieder-
schlag, der zum Theil aus harnsaurem Ammoniak, theils aus phosphor-
saurem Kalk bestellt.
In einem reinen Glasgefäfse aufgefangen, hält sich der Urin des ge-
sunden Menschen viele Wochen, oft Monate lang, ohne die geringste
Veränderung, mit einem faulenden Körper in Berührung, ändert er seine
Beschaffenheit schon nach 0 — 8 Stunden gänzlich; es entsteht ein weifser
Niederschlag von derselben Beschaffenheit, wie der durch Ammoniak darin
erhalten wird, aller Harnstoff verwandelt sich in doppelt kohlensaures’
Ammoniak.
Der frische Harn, mit Salzsäure der Destillation unterworfen, liefert
eine sehr schwach saure Flüssigkeit, welche Benzoesäure enthält. Harn,
in welchem durch Fäulnifs aller Harnstoff in kohlensaures Ammoniak über-
gegangeu ist, liefert nach der Verflüchtigung des kohlensauren Ammoniaks,
mit Salzsäure destillirt, eine grofse Menge einer flüchtigen Säure, welche
die gröfste Aehnlichkeit mit Buttersäure besitzt.
Durch starken Frost concentrirter Harn giebt, mit Aether geschüttelt,
an diesen eine eigenthümliche organische Substanz ab, welche man rein
1384
H a r n.
erhalt, wenn der Aetlier verdampft, der Rückstand mit Wasser von allen
löslichen Stoffen befreit, sodann in kaustischem Kali gelöst und mit ver-
dünnter Schwefelsäure gemischt wird , wo sich diese Substanz , welche
Scharling entdeckt und ümichmyloxid genannt hat, in braunen Flocken
abscheidet. Diese Flockeu lösen sich leicht in Aether und scheiden sich
beim Verdampfen ln der Form eines Harzes ab, welches in siedendem
Wasser zu einem bräunlichgelben Oele schmilzt, und in Weingeist und
wässerigen Alkalien leicht löslich ist. Die weingeistige Lösung reagirt
sauer.
Beim Erhitzen für sich schmilzt das Omichmyloxid, verbreitet den Ge-
ruch nach altem Harn, es entzündet sich an der Luft, brennt wie Harz,
mit leuchtender Flamme uud läfst eine Spur Asche. Die Zusammensetzung
ist nicht ermittelt. Durch Destillation der Mutterlauge des salpetersauren
Harnstoffs erhält man eine chlorhaltige Säure, weiche nach der Formel
Cj^H^CliO*, so wie einen grüngelben, ölartigen Körper (C^HgCJ^C^NjOj),
von denen Scharling glaubt, dafs sie aus dem Omichmyloxid entstehen,
er bezeichnet die erstere, welche isomer mit Chlorsalicylsäure ist, mit
Chloromichmylsäure , den andern mit Nitro -Chloromichmyl. Bemerkens-
wert ist übrigens die Erfahrung vou Scharling , dafs Uriuextract mit Sal-
petersäure, bis zur Verkohlung des Rückstandes destillirt, Benzoesäure
liefert ; auch erhielt er bei der gleichen Behandlung des Omichmyloxids mit
Salpetersäure in der Vorlage einige blättrige Kristalle, die sich gegen
Eisenoxidsalze wie Benzoesäure verhielten.
Ure beobachtete zuerst, dafs Benzoesäure, die man Abends zu sich
nimmt, in dem Morgenurin wieder erhalten wird, und zwar au Natrou
gebuuden, in der Form von hippursaurem Nation. Durch Zusatz vou
Salzsäure wird sie daraus in feinen Nadeln gefüllt, diese Beobachtung ist
von Keller und Enderlin bestätigt worden. Der Uebergang der Benzoe-
säure in Hippursäure geht im Körper ohne alle Unbequemlichkeit vor sich.
Genaue Untersuchungen von Enderlin haben dargethau, dafs frischer
Urin keine Milchsäure enthält, die saure Reactiou desselben kanu defshalb
nur der frei vorhandenen Harnsäure oder saurem phosphorsaurem Natrou
zugeschrieben werden, was mau nach der Fäuluifs des Urins in der Form
des bekannten . mikrokosmischen Salzes (phosphorsauren Natron- Ammo-
niaks) kristallisirt daraus darstelleu kann.
Gewöhnliches phosphorsaures Natron, P204-j-2^^p was bekanntlich
eine alkalische Reaction besitzt, löst Hippursäure mit grofser Leichtigkeit,
so wie eine Menge Harnsäure auf, uud nimmt durch das Hiuzutrcteu die-
ser Substanzen eine stark saure Reactiou au.
Was die anorganischen Bestandteile des Harns und der Faeces be-
trifft, so sind diese ihrer Natur uud ihren relativen Verhältnissen nach
abhängig von dem Gehalt derselben in der genossenen Nahrung.
Wenn wrir das Futter eines Thieres oder die Speise des Menschen zu
Asche verbrennen, uud diese mit Wasser behandeln, so erhalten wir eine
Auflösung , welche die löslichen Salze dieser Asche und einen Rückstand,
welcher die unlöslichen Bestandteile derselben enthält. Im Allgemeinen
enthält der Urin alle löslichen , die Faeces enthalten die unlöslichen
A sch eifbestaue teile der Speise, dem Gewicht nach in dem nämlichen
Verhältnisse, in welchem sie genossen wurde. Je nach dem Gehalt der
Speise au löslichen oder unlöslichen Salzen uud Miueralbestandlheilen
wechseln die Salze des Urins und die der Faeces. Die Speise der fleisch-
fressenden Thiere giebt eine Asche, welche kein kohlensaures Alkali,
sondern nur phosphorsaure Alkalien , phosphorsauren Kalk und Bittererde
enthält, daher denn diese und keine andern in dem Urin uud den Faeces
Vorkommen. Die Speise der grasfressenden Thiere enthält organische
Säuren gebunden an Natron und Kali , die in dem Lebeusprocefs als koh-
lensaure Salze in dem Urin wieder erscheinen. Eine Analyse des Harns
H n rn.
1385
und der Faeces in Beziehung auf die Salze , die er enthält, ist demnach
überflüssig, wenn man die Natur und die Quantität der Aschenbestandtheile.
der Speise kennt. Bei einem erwachsenen Thiere kann durch die Excre-
mente nicht mehr an Salzen abgehen, als was zugeführt worden ist, nur
bei einem jungen , im Zunehmen begriffenen Thier bleibt täglich eine ge-
wisse Menge phosphorsaurer Kalk in den Knochen und phosphorsaure Al-
kalien im Blute zurück.
An Bodenbestandtheilen
verzehrt ein Pferd
Unzen
15 Pfd. Heu geben 18,61 \
4,54 Pfd. Hafer 2,46 S 21,49
im Getränk® 0,42 )
eine Kuh
6,67)
20,20
1,6
in SO Pfd. Kartoffeln
in Heu
in Getränk
Pferdeharn.
Vauquelin.
kohlensaurer Kalk 11
kohlensaures Natron 9
hippursaures Natron 24
Chlorkalium 9
28,47 Unzen
wird in den Excrementen des
Pferdes wiedererhalten
Unzen
im Harn 3,51 ) 29,45
in den Faeces 18,36) Unzen
2T,87~~
12,29)
16,36; 29,45
1,80'
Pferdekoth
Jackson.
im Harn
in den Faeces
in der Milch
phosphorsaurer Kalk
kohlensaurer Kalk
phosphorsaure Bittererde
Kieselerde
5,0
18,75
40
Harnstoff
Wasser
7
940
1000
100,00
Kuhharn enthält
Brande.
Kuhkot h
Haidien.
Chlorkalium und Salmiak 15
phosphorsaurer Kalk
10,9
schwefclsaures Kali
6
phosphorsaure Bittererde
10
kohlensaures Kali
4
phosphorsaures Eisenoxid
8,5
kohlensauren Kalk
S
Kalk
1,5
Harnstoff
4
Gyps
3,1
Wasser
650
Chlorkaliuni, Kupfer
Kieselerde
Verlust
Spuren
63,7
1,3
100,0
Nach der Analyse von Berzelius enthalten :
1000 Th. Men- 100 Th. Urin-
3
Harnstoff
freie Milchsäure ?) x
milchsaures Ammmoniak C?)(
Fleisch -Extract
Extractivstoffe
Harnsäure
Harnblasenschleim
schwefelsaures Kali
schwefelsaures Natron
phosphorsaures Natron
zweifach - phosphorsaures Ammonia
Kochsalz
Salmiak
phosphorsaure Bittererde und Kalk
Kieselerde
Wasser
schenharn.
rückstand.
30,10
44,39
17,14
25,58
1,00
1,49
0,32
0,48
3,71
5,54
3,16
4,72
2,94
4,39
k 1,65
2,46
4,45
6,64
1,50
2,23
1,00
1,49
0,03
0,05
933,00
100,00
Geigert Pharmncie. I, (Sie Au) !.)
88
Harnsteine.
1386
1000 Th.eile Menscheukoth ( Berzelius ) hinteiiicfsen 150 Asche, wel-
che bestehen aus
b
phosphorsaurem
Kalk
)
phosphorsaurer Bittcrcrde
f 100
Spur Gyps
s
schwefelsaurem Natrou
)
schwefelsaurem
Kall
9
phosphorsaurem Natron
$
kohlensaurem Natron
8
Kieselerde
16
Kohle und Verlust
18
150
Guano (eine Sorte
Guano
Nachtüjallenkoth
von
Liverpool).
von Lima.
Bartels.
Völkel.
Braconnot.
Salmiak
G,500
4,2
0,2
oxalsaurcs Ammoniak
13,351
10,6
harnsaures Ammoniak
6,250
9,0
51,7 mit Kali
phosphorsaures Ammoniak
6,250
6,0
0,8 mit Kali
wachsähnliche Materie
0,600
schwefelsaures Kali
4,227
5,5
3,3
sohwefelsaures Natron
1,119
3,8
phosphorsaures Natron
5,291
pbospliorsaure Ammoniakkalkerde 4,196
2,0
0,2
Kochsalz
0,100
0,8
phosphorsaurer Kalk
9,940
14,3
4,3
oxalsaurcr Kalk
16,360
7,0
Thonerde
0,104
in Salpetersäure unlöslicher (
5 SOO
4 7
Hückstand ]
Verlust (Wasser, Ammoniak, uu
-
bestimmte, organische Materie 22,718
82,3
37,7
100,000
Harnsteine. Die am häufigsten vorkonmieuden Harnsteine sind die,
welche aus Harnsäure bestehen ; sie sind in Alkalien löslich und diese
Auflösungen geben mit Säuren einen gelatinösen Niederschlag, der sich
beim Stehen und Erwärmen in feine, weifse, glänzende Kristalle verwan-
delt, welche, in Salpetersäure gelöst, beim Verdampfen bis zur Trockne
einen purpurrothen Fleck hinterlassen, die conceütrirle Auflösung dersel-
ben in verdünnter Salpetersäure giebt, mit Ammoniak sehr vorsichtig
ueutralisirt oder mit kohlensaurem Ammoniak erwärmt, eine tief purpur-
rotho Flüssigkeit, aus der sich bei richtigen Verhältnissen Kristalle von
Muroxid absetzen. Diese Art von Harnsteinen verflüchtigt sich vor dein
Lötbrohr. ohne zu schmelzen. Die Harnsteine, welche aus harnsaurem
Annnouiak bestehen, entwickeln bei der Auflösung in Kalilauge Ammoniak.
Aus Knochenerde bestehen viele Harnsteine, sie sind nicht flüchtig iin
Feuer, lösen sich leicht ohne Aufbrausen in verdünnten Säuren und diese
Auflösung liefert, wenn sie mit Kiscnchlorid und Ammoniak versetzt wird,
pliosphorsaures Eisenoxid , während aller Kalk in der abfiltrirteu Flüssig-
keit bleibt, in welcher er durch oxalsaures Ammoniak leicht erkennbar ist.
Viele Harnsteine, namentlich bei Schweinen und Eseln, so wie die
Darnistoine, die sich bei Pferden finden, bestehen aus phosphorsaurertt
Bitterer de- Ammoniak ; sie siud au ihrer leichten Löslichkeit in Essigsäure
leicht erkennbar. Mit Eisenchlorid und Ammoniak wie die vorherbcschric-
benou bchaudelt, bleibt alle Bittererde in Auflösung; sie ist leicht dadurch
Lymphe. Blut.
1387
unterscheidbar vom Kalk , dafs sie, mit Salmiak und kehlen sau rem Am-
moniak versetzt, keinen Niederschlag giebt, wahrend phosphorsaures
Ammoniak oder Natron hinzugefügt, phosphorsaurcs Bittererde-Ammoniak
daraus niederschlagt. Die schmelzbaren Harnsteine sind meistens Ge-"
menge der beiden vorherbeschriebenen.
Oxalsaurer Kalk ist ein seltnerer Bestandteil der Harnsteine 5 maß
erkennt ihn daran, dafs der Stein, fein gepulvert, mit concentrirter
Schwefelsäure in einer Glasröhre erwärmt, ein mit blauer Flamme bren-
nendes Gas entwickelt, dafs er sich in Salpetersäure ohne Aufbrauseß
löst und durch Ammoniak in dieser Auflösung ein weifser Niederschlag
entsteht, der, nach dem schwachen Glühen mit Säure» übergosseu, unter
starkem Aufbrausen Kohlensäure entwickelt.
Harnsteine, die aus Cystin bestehen, sind sehr selten. Sie losen sich
leicht und vollkommen in kaustischer Kalilauge. Diese Auflösung wird,
wenn man sie mit einigen Tropfen essigsaurem Bleioxid versetzt und dann
zum Sieden erhitzt , schwarz wie Diute. An dieser schwarzen Farbe,
welche von Schwefelblei herrührt, lassen sich diese Steine leicht von
allen unterscheiden. Die aus Xanthin bestehenden Steine sind die selten-
sten (siehe Xanthicoxid).
Lymphe. Die Lymphe ist eine klare, schwach gelbliche, etwas opa-
lisirende Flüssigkeit von schwach salzigem Geschmacke. Aus den Gefäfseß
gelassen, scheidet sich Fibrin in Gestalt einer klaren, farblosen, zitternden
Gallerte daraus ab, die sich nach und nach zusammenzieht, indem sich eine
gelbliche Flüssigkeit davon trennt, welche beim Erwärmen wie ein dün-
nes Blutserum gerinnt. Das in den Analysen ermittelte relative Verhält*
nifs ihrer Bestandtheile ist folgendes:
J/ymphe
von einem Pferde. vom Menschen.
Lassaigne. L. Gmelin. Marchand u. Colber (f-
Wasser
92,50
96,10
96,926
Fibrin
0,330
0,25
0,520
Albumin
5,730
2,75
0,434
Fett
Kochsalz
Chlorkalium ,
Natron /
0,264
phosphorsaurer Kalk/
phosphors. Natron \
unbestimmte organi-
sche Substanzen -
> 1,434
Das Blut.
0,90
1,656
Das Blut des Menschen, der Säugethiere und Vögel stellt eine dick-^
liehe, schwach klebrige, rothe, undurchsichtige Flüssigkeit dar, von
1,0527 bis 1,057 spec. Gewicht bei 15°, von salzigem, fadem Geschmack»
und schwachem , eigentümliche». Gerüche. Unter dem Mikroskope be-
trachtet, besteht es aus kleinen, sehr zahlreichen rundlichen Körperchen
(globuli sanguinis) , die in einer wasserhellea oder schwach gelblichen
Flüssigkeit (Blutflüssigkeit, liquor sanguinis, plasraa, sefUfi*). schwimmen.
Die Blutkörperchen stellen platte, kleine Scheiben dar, an nerre« man
einen minder durchsichtigen Theil, den Rand, walirnimmt, unter dem Ver--
gröfserungsglase sind sie blafs durchsichtig, nicht roth, sondern nur etwas
dunkler, als das sie umgehende Medium. Neben diesen Blutkörperchen
beobachtet man in der Blutflüssigkeit, wiewohl in geringerer Anzahl deut-
lich begränzte, rundliche, unregelmäfsige, zuweilen längliche Körperchen
von körnigem Ansehen , die man als Lymphkörperchen bezeichnet hat.
Aus der Circulation genommen, erleidet das Blut binnen kurzer Zeit
eine Veränderung , es gerinnt. Das geronnene Blut stellt anfänglich cia^
«369
Blut. — Blutkörperchen.
gallertartige Masse dar, die sich nach und nach zusammenzieht, sie trennt
sich in eine Flüssigkeit von schwach gelblicher, zuweilen grünlicher Farbe.,
das Blutwasser , Blutserum , Serum , meistens klar oder schwach getrübt,
-milchig-, von alkalischer Heactiou und salzigem Gcschmacke.
Bei Blut von gesunden Individuen tritt das Gerinnen unter allen Um-
ständen ein., gleichgültig, ob es in der Temperatur, die es im lebenden
Körper besafs , bei gewöhnlicher oder in höherer Temperatur, im lufter-
füllten -oder im luftleeren -Raume sich selbst iiherlassen wird.
Vermischt man ungeronnenes Blut mit reinem Wasser, so ändern die
Blutkörperchen schnell ihre Form und lösen sich scheinbar zu einer rothen
Flüssigkeit, welche übrigens in Masse niemals klar und durchsichtig ist;
im Serum des geronnenen Blutes halten sie sich hingegen unverändert,
sie behalten -ebenfalls ihre Form , wenn man das Blut mit gewissen Salz-
auflösungen vermischt. Vermischt man Blut mit dem acht lachen Volum
einer gesättigten Auflösung von Glaubersalz, so wird das Gerinnen auf-
gehalten. Die Flüssigkeit trennt sich in einen Absatz, der die ungeänder-
ten Blutkörperchen enthält, und in eine klare darüber schwimmende Flüs-
sigkeit, die man davon abfiltriren kann.
Die nähere Betrachtung der Hauptbestandtheile des Blutes giebt über
dieses Verhalten Aufschlufs. Die Hauptbestandtheile des Blutes sind Fibrin
und Albumin; beide befinden sich im lebenden Körper in Auflösung. In
dieser Flüssigkeit schwimmen im geschlämmten Zustande die Blutkörper-
chen , denen es seine Farbe verdankt.
Das Gerinnen des Blutes beruht auf einer Abscheidung des Fibrins,
es trennt sich von der Flüssigkeit in Gestalt einer Gallerte oder eines
Netzwerks von unendlich feinen, farblosen, undurchsichtigen Fäden, welche
die Blutkörperchen einschliefsen , diefs ist der Blutkuchen.
Wenn das Blut vor dem Gerinnen gepeitscht und geschlagen wird, so
bildet sich kein Blutkuchen, obwohl die Abscheidug des Fibrins iu keiner
Weise hierdurch aufgehalten wird, allein die feineu Faden desselben wer-
den zerrissen und zertheilt, sie werden gehindert, sich zu einem Netz-
werke zu vereinigen , sie kleben zu gröberen , elastischen, weichen Mas-
sen zusammen, während die Blutkörperchen in dem Serum schwimmend
bleiben.
Die Ursache des Gerinnens kann demnach auf diesem mechanischen
Wege hinweggenommen und das Fibrin dargestellt werden.
Blutkörperchen. Beim Vermischen des venösen Blutes mit dem acht-
fachen Volum einer couccntrirten Lösung von Glaubersalz behalten, wie
schon früher bemerkt, die Blutkörperchen ihre Form und Beschaffenheit,
das Fibrin des venösen Blutes scheidet sich nicht ab , es bleibt in Auf-
lösung.
Nach der gewöhnlichen Vorstellung bestehen die Blutkörperchen aus
einer durchsichtigen, dünnen, ungefärbten Hülle , welche eine in Wasser
leichtlösliche Materie einschliefst, die den Farbstoff des Blutes ent-
hält. Wenn man das Verhalten der Salze , gegen thierische Substanzen
überhaupt ins Auge fafst, so kann man über die Wirkung, welche das
reine Wasser auf die Blutkörperchen ausübt, nicht zweifelhaft sejn ; man
weifs, dafs viele £alze wasserhaltigen Thierstoffen das Wasser entziehen,
dafs Salz Auflösungen von Tnierstoffen nicht aufgeuommen werden.
Die Blutkörperchen schwimmen in einer salzhaltigen Flüssigkeit, dem
hierum ; zwischen dem inneren flüssigen und löslichen Theile derselben
und dem Serum findet ein solches Gleichgewichtsverhältnifs statt, in Be-
ziehung auf ihren Wassergehalt, dafs sich beide gegenseitig kein Wasser
eutziehen.
Durch Zusatz von Wasser wird dieses Verhältnifs geändert, der in-
nere lösliche Thetl der Blutkörperchen nimmt nämlich ebenfalls von diesem
Wasser auf, wodurch sein Volumen zunimmt; eine Folge desselben ist
-das Zerr ei Isen der äufsereu Hülle, der eingeschlossene Theil tritt aus und
Blut. — Globulia.
1389
mischt sich mit der Flüssigkeit', aber nach 24' Stunden kanu man die zer-
rissenen Hüllen, wiewohl in der Form zusammengezogen und verändert,
in dem mit Wasser gemischten Blute noch wahrnehmen. (JoA. Müller ).
Aus einer Auflösung von Glaubersalz oder andern Salzen, selbst
Zuckerauflösung, nehmen offenbar die Blutkörperchen kein Wasser auf,
sie verhalten sich gegen sie , wie das Serum.
Aus dem mit seinem achtfachen Volum Glaubersalzlösung gemischten'.
Blut setzen sich die Blutkörperchen in Gestalt eines rothen Bodensatzes
nieder, der in der Flüssigkeit im reflectirten Licht einen pcrlmutterarligen*
Glanz zeigt. Die darüber schwimmende Flüssigkeit ist klar , farblos oder
röthlich, sie verhält sich genau wie Serum. Das Fibrin , dessen Abscliei-
dung durch das Glaubersalz verhindert wurde, scheint in den löslichen
Zustand übergegangeu zu seyn, wo es alle Eigenschaften mit dem Albu-
min theilt.
Durch ein Filter von der Flüssigkeit getrennt, stellen die Blutkörper-
chen eine au der Oberfläche hellrothe, nach innen dunkelrothe, plastische
Masse von Honigconsistenz dar. ( Lecemu ).
Als ihre Hauptbestandteile lassen sich darin Fibrin und Albumin, das
letztere in Verbindung nwt dem Farbstoff des Bluts, nach weisen.
Als Bestandtheil der Blutkörperchen giebt sich das Fibrin leicht io dem
Absätze zu erkennen, wenn er mit eiuer Kochsalz- oder Glaubersalz-
lösung zerrieben und heftig geschüttelt wird, es entsteht in diesem Falle
eine trübe, bl utrothe Flüssigkeit, die bei ruhigem Stehen eine weifte, häu-
tige Materie absetzt, welche identisch ist mit Fibrin. Eine concentrirte
Auflösung von Chlorcalcium entzieht den Blutkörperchen das Wasser und1
macht sie zusammenschrumpfen , wird aber diese scheinbar unlöslich ge-
wordene Masse mit reinem Wässer ausgewaschen , so schwillt sie zuerst
zu einer dem Johannisbeergelee ähnlichen Gallerte auf, die sich iu mehr
Wasser löst. Aus dieser Lösung setzt sich in der Ruhe Fibrin in weifseu
Häuten ab. Die über dem ausgeschiedenen Fibrin stehenden Flüssigkeiten
gerinnen in der Hitze und verhalten sich in Beziehung auf ihren Albumin-
gehalt ganz wie das Serum. CLecamiJ,
Der Fibringehalt der Blutkörperchen läftt sich mich einem andern von
Pr. Penis angegebenen Verfahren noch leichter darthun. Prefst mau uäm-
lich Blutkuchen von venösem BJute in einer feinen Leinwand aus, so bleibt
das Fibrin in dem Tuche zurück, uud durch die Poren desselben flieftt
ein Gemenge von Serum mit Blutkörperchen aus. Läfst man diese dicke,
braunrothe Flüssigkeit zum viertenmale durch feine Leiuwaud gehen, um
alles eingemengte Fibrin zurückzuhalten , und setzt ihr eioen Üeberschufs
vou gepulvertem Salpeter zu, so wrird sie nach 12 bis 14 Stuuden dick
und gallertartig , später schleimig. Bindet man in diesen» Zeitpunkte die
Masse in reine Leinwand ein und hängt sie dann 4 Stuuden lang iu reines
Wasser, so dafs sich der flüssig gebliebene Tlieil rasch von dem gallert-
artigen trenni , so bleibt Fibrin im aufgequollenen Zustaude in dem Tuche
zurück. Im Wasser zertheilt es sich zu gallertartigen Fäden, die sich
mit einem Glasstabe im farblosen Zustaude herausnehineu lassen. Bei län-
gerer Berührung mit Salpeter verschwindet dieses Fibrin vollständig und
wird aufgelöst, was zu beweisen scheint, dafs es einerlei Beschaffenheit
mit dem sich von selbst aus dem venösen Blute ausscheideuden Fibrin be-
sitzt. iPenis ).
Berzelius hat mit Globulin einen Bestandtheil des- Bluts bezeichnet,
der in seinen Eigenschaften von dem Albumin sich dadurch unterscheiden
soll, dafs er in Salzlösungen von einer gewissen Coucentration unlöslich
ist, und beim Erhitzen zu. einer körnigen Masse gerinnt. Um’ eine klare
Ansicht über die Existenz oder Nichtexistenz des Globulins zu naben, inufs
hervorgehobeD werden., dafs Berzelius den Absatz aus dem Blute, dessen
Gerinnung man durch Salzlösungen gehindert hat , für diesen besondern
Bestandtheil hält, allein es läfst sich durch ein Mikroskep dartiiuo, dafs
1390
Blut, — Blutrot b.
dieser Absatz aus unveränderten Blutkörperchen besteht, deren Unlöslichkeit
durch ihre Form und die erwähnte Eigenschaft der Salzauflösungen be-
dingt ist. Mischt man die Blutkörperchen (den rothen Absatz aus den»
Gemenge von Blut und Glaubersalz) mit Wasser, so entsteht eine dunkel-
rothe Auflösung, welche beim Sättigen mit Kochsalz oder Glaubersalz
keine in Wasser lösliche Materie absetzt. Wäre Globulin mit den Eigen-
schaften , die man ihm zuschreibt, in dieser Auflösung vorhanden, so
müfstc Glaubersalz seine Abscheidung bewirken, was nicht der Fall ist.
Illutroth . Als ein den Blutkörperchen eigentümlicher Bestandteil
muss die Materie angesehen werden , vou welcher das Blut seine rothe
Farbe erhält. Man kennt diesen rothen Farbestoff in reinem Zustande
nicht; er ist so leicht veränderlich, dafs alle Bemühungen ihn darzustellen
bis jetzt ohne Erfolg geblieben sind.
Das Wasser, womit man frischen Blutkuchen ausgewaschen hat, ent-
hält den rothen Farbestoff des Bluts in Auflösung. In dieser Flüssigkeit
läfsfc sich die Gegenwart von Albumin leicht darthun. Sie gerinnt in der
Wärme zu einer körnigen Masse, gibt mit Essigsäure und dann mit viel
Wasser vermischt einen Niederschlag von unlöslichem Albumin und wird
durch Säuren, Quecksilbersalze, Gerbesäure, Kreosot genau wie das
Si‘rum gefällt, mit dem Unterschiede jedoch , dafs alle diese Niederschläge
gefärbt sind. Der rothe Farhestoff ist offenbar in den Blutkörperchen in
chemischer Verbindung mit dem Albumin enthalten, in welchem er diesem
'in gllen Verbindungen, die es mit andern Körpern eiugeht, folgt. Das
Albumin-KIutroth ist mit Salzauflösungen mischbar ohne Fällung, durch
Säuren und Alkalien wird es in seinem Verhalten wesentlich verändert,
indem es in Berührung damit seine rothe Farbe sowohl, wie alle seine
übrigen Eigenschaften einbiifst.
Frisch aus dem Blutkucben dargestellt ist die Verbindung des Albu-
mins mit dem rothen Farbestoff des Bluts dunkclroth, diese Farbe wird
fast schivarzroth, wenn sie in verschlossenen Gefäfsen aufbewahrt wird.
Mit Sauerstoffgas oder Luft in Berührung, wird sie heller rotb , ohne aber
nur entfernt der des arteriellen Blutes ähnlich zu werden. Kohlcnsäure-
gas und schwefligsaurea Gas färben die Auflösung schwarzroth , beinahe
braun 5 Stickoxidulgas purpurroth ; Alkohol und Säuren machen sie zu
einer braunen Masse gerinnen ; Alkalien färben sie ebenfalls braun , ohne
einen Niederschlag zu bewirken. Durch Schwefel Wasserstoff oder Schwe-
folkalium wird sie anfänglich grün , zuletzt schwarz. Kochsalz und an-
dere Salze machen die Auflösung etwas heller roth; Salze mit alkalischer
Basis bringen darin keinen Niederschlag hervor. Das Albumin ist ati und
für sich farblos, alle eben erwähnten Farbeveränderungen beziehen sich
offenbar nur auf den damit verbundenen Farbestoff, dessen Farbenwechsel
von einer Zersetzung oder darauf beruht, dafs er eine neue Verbindung
eingeht; dies bezieht sich namentlich auf die Kohlensäure uud das Stick-
oxidulgaff.
Leitet man durch die Auflösung (von Albmnin-Blutroth) einen Strom
Chlorgas, so entsteht anfänglich ein braunes Coaguliun , was bei fortge-
setztem Einleiten von Chlor seiue Farbe in grau ändert. Die über dem
Niederschlage stehende Flüssigkeit ist gelhlich, sie enthält aufser Phos-
phorsäure, Alkalien, Kalk, einen Bestandteil , der in dem reinen Fibrin
und Albumin gänzlich fehlt , und dies ist eine beträchtliche Menge Eisen,
was sich durch Blutlaugensalz und die gewöhnlichen Reagenlien entdecken
läfsfc.
Die Gegenwart des Eisens in der Asche vom Blute ist schon sehr
lange bekannt, als Bestandteil der Blutkörperchen wurde es erst später
erkannt.
Durch diesen Eiscugehalt unterscheidet sich der Farbestoff des Biets
von allen übrigen Bestaudtlieilen des Thierkörpers; es gibt aufser dem
Blutroth keinen, welcher Eisen enthält, und kann ein Eisengehalt irgend-
wo nachgewiesen werden , wie in der Muskelfaser , so ist derselbe ab-
fjäpgjg von der Gegenwart vou ßiutroth. Nur Haaro und Moru , die keine
Blut,
Albnmin-Blutroth.
1391
Rolle in dem lebenden Körper mehr spielen, gehen in ihrer Asche einen
Eisengehalt zu erkennen. Das Eisen findet sich als Bestandteil aller Thiere,
welche rothes Blut haben, seine Gegenwart kann in der thierischen Oeko-
nomie nicht zufällig seyn , und sicher nimmt es in den Processen der Er-
nährung und Respiration einen wichtigen Platz ein.
Das Albumin-Blutroth, in gelinder Wärme eingetrocknet, stellt eine
feste, schwarzrothe Masse dar, im Bruche glasig glänzend, leicht in Pul-
ver zu verwandeln, was sich in Wasser wieder löst. Mit Alkohol und
Aetäer digerirt lösen beide aus dem Albumio-BIutrolh geringe Quantitäten
von fetten Substanzen auf; dureb Erwärmen auf 60° fängt die Auflösung
des Albumin-Blutroths an, sich zu trüben, bei 66,5 erfolgt vollständige
Gerinnung; es entsteht eine wenig zusammenhängende Masse von rother
Farbe, die bei 80° sich von dem gröfsten Theile der Flüssigkeit vollstän-
dig treunt, die letztere ist gelb gefärbt. Das gekochte Albumin-Blutroth
wird beim Trocknen schwarzroth, beim Pulvern wird es heller roth, es ist
im kalten und warmen Wasser unlöslich; leicht löslich hingegen in ätzen-
den, fixen Alkalien. Wird das gekochte Albumin-Blutroth noch feucht in
verdünnter Kalilauge bis zur Sättigung aufgelöst und abgedampft, so coa-
gulirt diese Auflösung beim Verdampfen, eine Eigenschaft, die dem Albu-
min für sich abgeht. Die von dem Coagulum abfiltrirte Flüssigkeit ist grün
gefärbt wie Galle. (Berzelius.)
Die wässrige Auflösung von Albumin-Blutroth gerinnt durch Zusatz
von Alkohol, das entstandene rothbraune Coagulum hat seine Löslichkeit
im Wasser vollständig verloren. Anhaltend mit Alkohol ausgekocht, löst
diese? eine geringe Menge einer Materie daraus auf, die nach der Entfer-
nung des Alkohols als braunes im Wasser und alburninhaltigen Flüssig-
keiten unlösliches Pulver zuriickbleibfc. Getrocknetes Albumin-Blutroth
hinterläfst eiue gelbgefärbte Asche, welche von Kalbsblut 2,2 Proc. (Mi-
chaelis'), von Menschenblut 1,3 Proc. (^Berzelius'), von Ochsenblut 1 Proc.
beträgt. Diese Asche bestand nach der Analyse von Berzelius:
Asche des Albumin-Blutroths
Kohlensaures Natron ....
Fhospborsaurer Kalk ....
Kalk
Basisch-phosphorsaures Eisenoxid
Eisenoxid
Kohlensäure und Verlust . . .
Menschenblut
Ochse ob lut
. 0,230
—
. 0,077
0,060
. 0,155
0,200
. 0,077
0,075
. 0,384
0,500
n n-r? Kohlensaures und „
• °’0'7 phosphors. Alkali 0’1CS
1,000 1,000
Man beobachtet leicht, dafs die relativen Verhältnisse in den anorga-
nischen Bestandteilen des Albumin-Blutroths ungleich sind; das Albumin-
Blutroth von Ochsenblut ist reicher an Eisen und ärmer an Alkalien, als
das vom Menschenblute.
Wenn man eingetrockuetes Blut oder Albumin-Blutroth zu feinem Pul-
ver verreibt und nach und nach mit concentrirter Schwefelsäure befeuchtet,
so erhält man eine weiche, teigartige Masse, welche, an der Luft stehend,
Feuchtigkeit anzieht und zu einer roth en Gallerte aufquillt. Geschieht das
Befeuchten mit concentrirter Schwefelsäure bei Vermeidung aller Erhitzung,
so bemerkt mau keine Erscheinung , die auf eine Zersetzung schliefsen
liefse, namentlich keine Entwickelung von schwefliger Säure. Der ent-
standene Brei ist dunkelbraunroth. Die durch Anziehen von Feuchtigkeit
gebildete Gallerte besitzt dieselbe Farbe ; wird sie mit reinem Wasser
nach und nach zerrieben , so schrumpft sie zu einer schwarzrothen , zer-
reiblichen Masse ein , die in einer farblosen , \vasserhellen Flüssigkeit
schwimmt; diese Flüssigkeit, welche deu gröfsten Theil der Schwefelsäure
enthält, gibt, mit Ammoniak und Alkalien versetzt, gelbe Niederschläge
von Eisenoxidhydrat; durch ßlutlaugeosalz entsteh* ein Niederschlag von
1392
Blut.
H&matoain.
Berlinerblau u. s. \v. der unlösliche Rückstand mit reinem Wasser gewa-
schen; färbt dieses nach Entfernung der überschüssigen Säure dunkelruth,
ohne sich vollkommen auf/- ul Ösen ; seine Farbe wird übrigens durch das
Waschen heller. Nach dem Glühen des bis zum Gefärbtwerden des Was-
sers ausgewaschenen und getrockneten Rückstandes bleibt eine Asche,
die an manchen Stelleu weifs , au andern gelblichweifs ist. Die gelblich-
weifse Farbe dieser Asche rührt von der unvollkommenen Ausziehung des
Eisens her, vorzüglich davon, dafs einzelne Theile des mit Schwefelsäure
durchtränkten Blutes keine gallertartige Beschaffenheit angenommen hatten,
und bei Zusatz von Wasser zu der aufgequollenen Masse beim Einschruin-
pfen mit eingeschlossen wurden. Aus diesem Verhalten geht hervor, dafs
sich das Eisen des Blutfarbstoffes vollkommen, und zwar als Oxid, aus-
ziehen läfsfc, ohne dafs mit diesem Austreten sich seine Farbe merklicher
ändert.
Sanson hat durch Behandlung des, von seinem Eisengehalte durch
Schwefelsäure auf obige Weise befreiten Blutes mit kochendem Alkohol,
nachdem zuvor der Rückstand bis zum Röthen des Wassers gewaschen
worden war, eine dunkelrothe Auflösung erhalten, die mit Ammoniak
neutralisirt , nach dem Verdampfen des Alkohols eine Materie hiuterliefs,
die sich in allen Verhältnissen in Alkohol mit rother, in schwachen alka-
lischen Laugen mit blutrother, in sauren Flüssigkeiten mit rosenrother
Farbe löste , und die nach dem Einäschern keine gefärbte Asche hiufcer-
liel's. Dieser Farbestoff löst sich ebenfalls in Aether und selbst in borax-
sauren und kohlensauren Alkalien mit lebhaft rother Farbe. Dieses Ver-
halten ist in einigen Beziehungen dem des eigentlichen Blutfarbestoffs ähn-
lich, so hat z. B. L. Gmelin beobachtet, dafs, wenn Blnt mit sehr viel
Alkohol vermischt und gekocht wird, alsdann der Alkohol roth gefärbt
und der Rückstand grau ist; und Hünefeld hat beobachtet, dafs unter
gewissen Umständen, die nicht näher erörtert sind, das Albumin - Blutroth
seine Farbe an Aether abgiebt. Dieser rothe eisenfreie Körper ist offenbar
ein Produkt der Einwirkung der Schwefelsäure auf den Blutfarbestoff, und
in dem Zustande, wie ihn Sanson erhielt, nicht iu dem Blute enthalten.
Jedenfalls geht aus dem ganzen Verfahren zu seiner Darstellung her-
vor, dafs concentrirte Säuren dem Blutfarbestoff alles Eisenoxid zu ent-
ziehen vermögen, unter Zurücklassung von verändertem Albumin.
Ein anderes Zersetzungsprodukt, welches alles Eisen des Blutfarbestoffs
enthält, ist von Lecanu dargcstelit und als Hämatosin beschrieben worden.
Man erhält es, wenn geschlagenes Blut durch Zusatz von verdünnter
Schwefelsäure coagulirt , und das braune Coagulum mit Alkohol angerührt
und mehrmals ausgeprefst wird, utn das Wasser zu entfernen, sodaun
mit Alkohol, dem etwas Schwefelsäure zugesetzt worden, wiederholt so
lange ausgekocht wird, als sich dieser noch färbt; es bleibt ein grauer
Rückstand, der alle Eigenschaften von schwefelsaurem Albumin besitzt,
zurück. Wird der braimroth gefärbte, weingeistige Auszug mit Ammoniak in
schwachem Ueberschufs versetzt, so eut, steht ein Niederschlag von scliwe-
felsaurem Ammopialc und Albumin, den mau von der Flüssigkeit durch
Filtriren trenut; die davon ablaufende Flüssigkeit giebt, zur Trockne ab-
gedampft, eine braune Masse, der man durch Behandlung mit Wasser,
sodann mit Alkohol , zuletzt mit Aether alle darin löslichen Theile ent-
zieht. Es bleibt nach dieser Behandlung ein Rückstand, den man zur
weiteren Reinigung in anmioniakhaltigem Alkohol löst. Man filtrirt aufs
Neue und verdampft die Flüssigkeit zur Trockne , wo nach Behandlung
mit Wasser, Lecanu's Hämatosin in reinem Zustande bleibt. Dieses Zer-
setzungsprodukt ist fast gerueb- lind geschmacklos, braun, von der Farbe
des Schnupftabaks, in Stücken von Metallglanz wie Rotbgültigerz, in
Wasser, Alkohol, Aether uud Terpentinöl unlöslich, in Alkalien mit
braunrother , nach Lecanu blutrother Farbe löslich. Alkohol, welcher
Mineralsäuren enthält, löst das Hämatosin mit braunrother Farbe; aus
diesen Auflösungen wird es durch Wasser gefällt. Durch Zusatz von
Blnt. • — Blutfarbstoff.
1393
Glaubersalz wird es in gewöhnlichem Alkohol löslich. Durch Chlor wird
es zersetzt, es bleiben weifse , unlösliche Flocken, und die überstellende
Flüssigkeit enthält Eisen. Beim Einäschern bleibt rothes Eisenoxid, wel-
ches frei von Phosphorsäure ist.
Die Abwesenheit der Phosphorsäure in diesem eisenhaltigen Zesetzungs-
produkte des ßluifarbestoffs hat man bemerkenswert!! gefunden, allein sie
rührt von der Methode der Darstellung her- Beim Fällen von Blut, wel-
ches reich an phosphorsauren Salzen ist, mit verdünnter Schwefelsäure,
wird alle Phosphorsäure ausgeschieden , indem die Schwefelsäure ihren
Platz einnimmt; das ausgewaschene Coagulum enthält keine Phosphorsäuro
mehr, und in den daraus dargestellten Präparaten imifs sie ebenfalls feh-
len. Nach LecamCs Verfahren erhält man aus dem menschlichen Blute
ein Hämatosin, welches nach dem Einäschern 10 pCt. Eisenoxid hiuter-
läi’st , das aus Ochsenbiut hinterläfst 13,85 und 12,b*7 pCt., das aus Hüh-
nerblut 8,34 Eisenoxid j w^as offenbar beweist, dafs es ein in seiner Zu-
sammensetzung höchst abweichendes Produkt ist, dessen Eigenschaften,
aus dem Blute verschiedener Thierarten dargestelit, übrigens im Wesent-
lichen identisch sind. C Lecanu ). Da nun das Hamatisin aus Hühnerblut
Vs?, das Mensckenblut l/\ weniger Eisenoxid enthält, als das aus Ochsen-
blut, so hat wo hl dieser Bestandteil auf die wesentlichen Eigenschaften
des Hämatosins keinen bedingenden Einfluß.
Das Verhalten des getrockneten Blutes oder Albumin -Blutrüths gegen
concentrirte Schwefelsäure, welche Eisenoxid daraus aufnimmt, so wie
das Verhalten des Bluts gegen Schwefelwasserstoff und lösliche Schwefel-
metalle läfst keinen Zweifel über den Zustand, in welchem das Eisen in
dem Farbestoff des Blutes enthalten ist. Man kennt in den alkalischen
Eisencyaniden gewisse Verbindungen des Eisens, In denen es ein anderes
Verhalten z«iigt, als in dem Zustande von Oxid, Chlorid, Jodid u. s. w.
Das Eisen ist offenbar in dem Chlorid und Jodid in dem nämlichen Zu-
stande enthalten, als im Eisenoxid; w-ir können eine in die audere mit
groi'ser Leichtigkeit überführen; diese Verbindungen (das Oxid, Chlorid,
Jodid und Bromid) wrerden durch lösliche Schwefelmetalle in Schwefel-
eisen verwandelt. Das Eisen in den Cyanverbindungen wird durch kein
Reagens angezeigt, Kali, Natron u. s. w. bringen darin keinen Nieder-
schlag hervor, lösliche Schvvefelmetalle verwandeln es nicht in Schwefel-
eiseu.
Der Blutfarbestoff enthält Eisenoxid, denn mit löslichen Schw^efelmc-
tallen oder in dem Blute mit Schwefelwasserstoff zusammengebracht, wird
es schwarzgrüo , zuletzt schwarz, es entsteht Schwefeleiseu. Dieses
Verhalten zeigen alle Verbindungen des Eisens, die in ihrer Constitution
den Eisenoxiden ähnlich sind. Wäre es in einem den Ferrocyaniden ähn-
lichen Zustande im Blute enthalten, so würden lösliche Schwefelmetalle
nicht die geringste Wirkung darauf äufsero. Das Verhalten des rotlien
Farbestoffs im Blut gegen Alkalien, Blutlaugensalz und Gallustinciur, wel-
che keine den gewöhnlichen Eisenreactionen ähnliche Erscheinung im Blute
hervorbringen, erklärt sich leicht dadurch, dafs in einer alkalischen Flüs-
sigkeit das Eisen weder durch Gallustinctur noch durch ßlutlaugensalz
angezeigt wird; das Blut ist aber eine alkalische Flüssigkeit. Ferner
xveifs man, dafs, wie G. Rose gezeigt hat, das Eisenoxid in alkalischen
Flüssigkeiten, welche organische Materien enthalten, leicht löslich ist,
und durch Alkali also aus dem Blute in keiner Weise ein Niederschlag
von Fäsenoxid entstehen kann. Was die Chemiker eigentlich darunter
verstehen, dafs sie annehmen, das Eisen sey im Blute als metallisches
Eisen enthalten , ist um so schwerer zu begreifen , da man wohl fragen
kann, in welchem Zustande man sich denn das Eisen im Eisenoxide
denkt?
Wie erwöhnt , ist der reine Farbestoff des Bluts bis jetzt nicht isolirt
worden , und die Keuntuifs seiner Zersetzungsprodukte von sehr geringem
luteresse.
13S>4
Din t.
Aus dem menschlichen Blute erhielt Lecanu im Durchschnitt 3,27 pCt.
seines Häroatosins. Nach demselben Chemiker enthalten 1000 Blut 127,997
Albumin - Blutroth (Blutkörperchen), welche nach ßerzelius 0,555 pCt.,
im Ganzen also 0,69 Eisenoxid enthalten. Da nun das IJämatosin 10 pCt.
Eisenoxid beim Verbrennen hinterläfst, so sollten 2,27 Th. 0,227 Eisen-
oxid liefern, die in 1000 Tlile. Blut oder in 127,9.97 Albumin- Blutroth
enthalten sejn müssen; diefs ist nur Vj der Quantität, die das letztere
wirklich enthält; es geht daraus hervonr, dafs V5 von dem Eisen in dem
FarbestofF des Bluts bei der Darstellung des Iiärnatosins aufser Verbindung
treten und eutfernt werden. In der That läfst sich in der sauren Flüssig-
keit, nach derFälluug des Bluts mit verdünnter Schwefelsäure, Eiseu mit
den gewöhnlichen Reagentieu in beträchtlicher Menge nachweisen.
Aufser den genannten Bestandtheilen enthält das Blut fette Materien,
die aus eingetrocknetem Serum, Fibrin und Albumin-ßlutroth durch Acther
und Alkohol leicht ausziehbar sind. Eine von diesen fetten Substanzen ist
Gallenfett, Cholsterin; es finden sich ferner darin fette Säuren , theils
frei, theils mit alkalischen Basen vereinigt, und ein in seinem Verhalten
eigentümliches Fett, was Lecanu mit Serolin bezeichnet.
Das Hämatin aus Ochsenblut, von Lecanu , enthält nach der Analyse
von Mulder:
Hämatin in 100 Theilen.
Kohlenstoff
66,49
65,91
Stickstoff
10,54
10,54
Wasserstoff
5,30
5,37
Sauerstoff
11,01
11,75
Eisen
6,66
6,58
Mulder berechnet hieraus die Formel C*4 H*4 N6 06 Fe , welche mit
Protein in keine Beziehung gebracht werden kann.
Aus dem Blute entsteht in dem Ernährungsprocesse die Substanz der
Zellen und Gewebe , das Fibrin und die Nervensuhstanz ; es ist von In-
teresse, seine Zusammensetzung mit der des Muskelfleiscbes zu verglei-
chen , in weichem wir seine Bestandteile , und zwar in einem ähnlichen
Verhältnisse wiederfinden müssen. Man kann das Muskelfleisch als Blut
betrachten, was eine höhere organisirte Form angenommen hat. In der
That hat die Analyse ergeben, dafs die Zusammensetzung der Muskelfaser
vom Ochsen nicht mehr von der des Ochsenblutes abweicht, als zwei
Analysen vom Blute allein, oder vom Muskelfleische unter einander ab-
wcichen.
Ochsenblut in 100 Theilen. Ochsenfleisch.
(Dr. Play fair.7) ( Böckmann .) QPlayfair.) Cßöckmann.)
Kohlenstoff
51,950
51,965
51,83
Wasserstoff
7,165
7,330
7,56
Stickstoff
17,172
17,173
17,15
Sauerstoff
19,295
19,115
1.9,23
Asche
4,418
4,413
4,2S
51,993
7,590
17,160
19,127
4,230
Es wurde zu diesen Analysen fettfreie Muskelfaser gewählt, welche
bei 100° bis zur Entfernung ailer Feuchtigkeit getrocknet war.
Das Blut war ein Gemenge von arteriellem und venösem Blute, so wie
es beim Schlachten erhalten wird : man liefs es frisch in kleinen Portioneu
in einem erwärmten silbernen Gefälse eintrocknen , wo es sich Dach eini-
gen Minuten in Gestalt einer glänzenden, brüchigen , uncoagulirten Masse
umvvandeltc , die sich leicht zum feinsten Pulver rcibeu liefs. In dieseu
Analysen ist der Stickstoff nach der qualitativen Methode bestimmt, nach
der man einerlei Vcrhältnifs Kohlensäure und Stickgas (1 : 7) erhielt«
Blut.
1395
Nach der quantitativen Methode ist der Stickstoffgehalt etwas grolser,
was aber auf die Schlüsse, die man daraus ziehen kann, ohne den ge-
ringsten Einflufs ist.
Serum. Blutkuchen.
Nach Lecanu enthalten 1000 Blut 867,51 132,49
Nach Prevost und Dumas 870,8 129,2
Nach Beiden im Mittel enthalten 1000 Blut 869,1547 130,8453
1000 Theile menschliches Blut enthalten ferner:
/ 790,3707 Wasser.
V / phosphorhaltiges Fett, Cholsterin, Serolin , freie
889,1547 \ \OeI- und Margarinsaure, Kochsalz, Chlorkalium ,
Serum J 10 9800 ? kohlens. Natron, kohlens. Kalk, Bitter^
enthalten j 9 Serde, phospliors. Natron, Kalk, Schwefels. Kali,
j /milchs. Natron, Salz mit fixen und flüchtigen Fett«
[ C säuren.
67,8040 Albumin.
( 2,9480 Fibrin.
130,8453 \ (Fett, alka
Blutku- < 2,2700 Hämatosin (veränderter Blutfarbestoff). \ jischeErd
dien ent- / 125,6273 Albumin und Fibrin der Blutkörperchen.^ sa]ze ent
halten v ( haltend.
100,0000 1000,0000
Nach Lecanu ist der Wassergehalt in dem Blute des Mannes ge-
ringer, als in weiblichen Individuen, das Albumin des Serums ist iu dem
Blute beider sehr nahe gleich; die Menge des Blutkucheus (trocken) ist
im männlichen Blute gröfser, wie im weiblichen. In Zahlen ausgedrückt,
sind diese Verhältnisse nahe die folgenden:
Im männlichen Blute ,
Maximum. Minimum.
im weiblichen Blute.
Maximum. Minimum.
Wassergehalt 805,263 778,625
Albumin im Serum 78,270 57,890
ÜIutkuchen(trockner)148,450 1 15,850
853,135 790,394
74,740 59,159
128,999 68,349
Mittel -Wassergehalt 791,944 821,764
,, Albumin 68,080 66,949
„ Blutkuchen 132,150 99,169
Der Wassergehalt in dem Blut von lymphatischen Individuen ist grös-
ser, als bei sanguinischen, das Verhältnis des Albumins im Serum ist in
beiden das nämliche, das Blut von sanguinischen enthält mehr ßlutkuchen
(Albumin, Fibrin, Farbestoff der Blutkörperchen zusammengenommen),
als das Blut von lymphatischen.
.Alle Bestimmungen von Lecanu beziehen sich auf venöses Blut.
In dem Blut lymphatischer , sanguinischer Individuen ,
Männliches , weibliches ,
Wassergehalt 800,566 803,710
Albumin im Serum 71,7015 68,660
Blutkuchen 136,497 126,174
männliches , weibliches.
786,584
75,850
1 1 6,667
793,007
71,261
117,300
Nach Denis ist das Foetal-Biut reich an Blutkörperchen, seine Zu-
sammensetzung ist der des Blutes der Placenta gleich , bis zum 5ten Mo-
nat uimmt der Wassergehalt zu, von da bis zum 40sfcen Jahr nimmt er
wieder ab. Von dem 40 — 70sten Jahr an wächst der Wassergehalt wie-
der. Io gleichen Mengen Blut vom ^monatlichen Foeius, 40- und 70jah-
1390
li luf,
rigeu Individuen sind die beiden ersteren , wenn ihr Gehalt an Blutkör-
perchen verglichen wird, mit dein des Koetus vor dem öten Mouat und
dem Blut eines Individuums nach dein 40sten Jahr, reicher an Blutkörper-
chen. Der Albumingehalt iin Serum scheint keinem Wechsel zu unter-
liegen.
In Beziehung auf die Nahrung ist der Wassergehalt gröfser bei schlecht
genährten Individuen , der Gehalt an fester Substanz demnach gröfser in
dein Blut von gut genährten.
Bestimmte, constante Unterschiede des venösen von dem arteriellen
Blute, in Beziehung auf sein spccifisches Gewicht, Wärmecapacität , Ge-
rinnbarkeit, sind nicht, beobachtet wordeu; Wasser und Fibringehalt sind
hingegen in beiden ungleich.
Das veuöse Blut enthält mehr Wasser, wie das arterielle, das letz-
tere ist reicher an Blutkörperchen.
Pferdeblut.
Wasser. Feste Substanz.
Arterielles Blut aus der Aorta
,, ,, aus der Carotis
U:
i.
ii.
785,50
795,67
804,55
214,50
204,32
Das arterielle Blut enthält mehr Fibrin, als das venöse.
Venöses. Arterielles.
I. 1000 Blut geben ( Lecanu ) Fibrin 5,12 10,69
II. ,, ,, ,, ,, 4,59 5,20
Das arterielle Blut enthält mehr Blutkuchen (Fibrin, Blutfarbestoff
und Albumin in den Blutkörperchen), als das venöse.
1000 Blut enthalten
arterielles venöses
Blutkörperchen
aus der Aorta , Carotis , untern Hohlvene , Jugularts.
122,68
106,759
1 1 1 ,00
Das Blut enthält Gase, darunter Kohlensäure, Sauerstoff und Stick-
stoff, die durch die Luftpumpe ausgeschieden werden können, oder welche
einem Strome von Wasserstoffgas, was man durchleitet, folgen. (Magnus).
Das arterielle Hlut enthält, mehr durch die Luftpumpe ausscheidbare
Kohlensäure , als das venöse , überhaupt ist es an Gasen reicher.
1000 Vol. Pferdeblut geben nach Magnus
aus venösem , aus arteriellem Blute .
Kohlensäure 47 Vol. 70,2
Sauerstoff 12 ,, 25,0
Stickstoff 7 ,, 9,9
1000 Vol. Kalbs -Blut:
Kohlensäure 55,6 Vol. 71,0
Sauerstoff 9,6 ,, 28,1
Stickgas 6,4 ,, 18,1
Der Sauerstoffgehalt des Blutes erscheint höchst problematisch , wenn
man erwägt, dafs das Fibrin die Fähigkeit besitzt, Sauerstoff einzuneh-
men und diesen Sauerstoff in Kohlensäure zu verwandeln , und der Blut-
farbcstoff ausgezeichnet ist durch die Leichtigkeit, mit der er den atmo-
sphärischen SauerstofT aufnimmt. Wenn das venöse Blut Sauerstoff in
freiem, unverbundenem Zustande enthält, so begreift mau nicht, wie durch
Uinzuführung von mehr Sauerstoff seine Farbe sich ändern , wie dieser in
Verbindung treten kann, während der darin vorhandene keine Verbiuduug
mit seineu Bcstaudtheilen einzugehen scheint.
E r n n li r u n g’ s p r o c e s s.
1397
Der Ernähnmgsproceß der Pflanzen und Thier e .
Die Pflanzen sind, in Hinsicht auf die Quelle, aus welcher ihre Be-
standteile entspringen, ausschließlich auf die anorganische Natur ange-
wiesen , und zwar ist es die Kohlensäure und das Ammoniak der At-
mosphäre, durch welche sie mit Kohlenstoff und Stickstoff , und das
Wasser, durch welches sie mit Wasserstoff, so wie Schwefelsäure, durch
welche sie mit Schwefel versehen werden. Kohlensäure , Ammoniak und
Wasser sind aber nicht die einzigen Bedingungen des Wachsthums und
der Ernährung der Vegetahilien , sie bedürfen zur Bildung der Blätter,
Stengel, der Wurzeln und Früchte noch einer gewissen Menge minera-
lischer Stoffe, die wir als nie fehlende Bestandtheile darin finden; diese
sind namentlich phosphorsaurc Alkalien und Erden, so wie Eisenoxid, die
Hauptbestandteile der Saamen , so wie Alkalien und alkalische Erden,
die in der Form von Salzen mit organischen Säuren verbunden in deu
Pflanzen Vorkommen. Diese Bestandtheile bleiben nach dem Verbrenneu
der Pflanze als Asche zurück, io welcher sich stets noch eine gewisse
Menge schwefelsaurer Alkalien finden , deren Schwefelsäure durch die
Oxidation des Schwefels der Schwefel- und Stickstoff- haltigen Pflanzen-
bestaudtheile beim Einäschern gebildet wurde. In einem Boden , w orin
Alkalien, alkalische Erden, phosphorsaure und Schwefelsäure Salze fehlen,
gedeihen die Pflanzen nicht, fehlen die phosphorsauren Salze , so bilden
sich die Saamen nicht aus.
Iw dem Keimungsprocefs wird Sauerstoff absorbirt und eine gewisse
Menge Kohlensäure gebildet, keimeude Saamen auf blaues Lackmuspapier
gelegt, färben es roth, eine Wirkung, welche nach Bequerel von Essig-
säure herrührt. Das Amylon wird während dem Keimungsprocefs in Zucker
und Gummi verwandelt, die schwefel- und stickstoffhaltigen Bestandtheile
der Saamen, in sofern sie unlöslich waren, werden löslich; beide werden
zur Ausbildung der Wurzelfäsern uud ersten Blätter verbraucht, die wei-
tere Entwicklung der Pflanze hängt ab von der Aufnahme von Nahrung
durch die auf Kosten der bestandtheile des Saamens gebildeten Organe der
Ernährung.
Die Blätter und Wurzeln nehmen Kohlensäure aus der Luft und dem
Boden auf, welche unter Mitwirkung des Sonnenlichtes eine Zerlegung
erfährt. Der Kohlenstoff der Kohlensäure bleibt in der Pflanze zurück,
während ihr Sauerstoff gasförmig abgeschieden wird.
Aufser dem Ammoniak, einem Bestandtheil der Atmosphäre, kennt
man keine andere Quelle, welche den Pflanzen Stickstoff liefert, es wird
mit der Kohlensäure aufgesaugt und geht mit ihrem Kohlenstoff, so wie
mit Schwefel aus zerlegter Schwefelsäure zu einem Bestandtheil des vege-
tabilischen Albumins, Fibrins, Caseins, des schwefelhaltigen Bestandtheils
der Cruciferen etc. oder ohne die Mitwirkung des Schwefels in Caffein,
Asparagin etc. über.
An allen diesen Bildungen nimmt das Wasser entweder durch seine
Bestandtheile, Wasserstoff und Sauerstoff, oder in sofern Antheil, als es
die nothwendigen Bewegungen in der Pflanze (Saftcirculation) vermittelt,
oder dadurch, dafs es Alkalien, alkalische Erden, phosphorsaure Salze
und Kieselerde aus dem Boden zuführt.
Der üebergang der Kohlensäure in einen Bestandtheil der Pflanze
scheint nicht sprungweise zu geschehen , es ist im Gegeutheil wahrschein-
lich, dafs die Alkalien und alkalischen Erden notwendig sind, um diesen
Uebergaug zu vermitteln , dafs die organischen Säuren, die wir damit
vereinigt finden, die Zwischenglieder dieses Uebergangs sind, in der Art,
dafs sich aus der Kohlensäure beim Hinzutreten der Bestandtheile des
Wassers Oxalsäure, Weinsäure, Aepfelsäuro etc., zuletzt Zucker, Amy-
lon und Holzfaser bildet.
Aus der Kenntnifs der Nabruug, welche die Pflanzen bedürfen, ent-
springen einige für die Agricultur wichtige Regeln.
1398
K r n & b r u n g e p r o e c e s.
1) Durch Zufuhr von verwesenden Vegetabilien wird da« Wachsthum
der Pflanzen beschleunigt, ihr Kohleustoffertrag gesteigert, insofern durch
sie in dem Boden eine Quelle von Kohlensäure gegeben wird. Um eine
den Pflanzen nützliche Wirkung auszuüben, dürfen diese verwesenden
Stoffe nur ia einem gewissen Verhältnisse im Boden vorhanden seyn. Ist
ihre Quantität zu grofs, so wird die Luft im Boden ihres Sauerstoffs voll-
ständig beraubt, die Wurzeln faulen und die Pflanze stirbt ab.
2) Durch Zufuhr von verwesenden Schwefel- und Stickstoff- haltigen
(animalischen) Körpern schafft mau im Boden eine Quelle von Ammoniak,
welche nebst der gleichzeitig sich bildenden Kohlensäure zur Beschleuni-
gung der Entwickelung der Pflanze und Vergrofserung ihrer Masse au
Schwefel- und Stickstoff- haltigen Bestandteilen beiträgt.
3) Da der Uebergang des Kohlenstoffs der Kohlensäure zu einem Be-
standteile der Pflanze vermittelt wird durch die Alkalien oder alkalischen :
Erden, da ferner ohne liiuzufuhr von phosphorsauren Salzen sich keine
Saamen und damit keiue ihrer Stickstoff- und Schwefel -haltigen Bestand-
teile bilden, so ist klar, dafs mit aller Zufuhr von Kohlensäure und Am-*
inoniak das Gedeihen der Pflanzen nur dann beschleunigt und gefördert
wird, wenn die hierzu nötigen Mineralbestandtheile gleichzeitig ge- ,
geben sind.
Ein fruchtbarer Boden enthält alle zur Entwickelung und zum Ge-
deihen der Culturpflauzen nötigen Mineralbestandtheile; fehlen in dem
Boden kieselsaure Alkalien, so ist er unfruchtbar für die Gramineen,
welche kieseisaures Alkali zur Bildung des Halms bedürfen; ist er arm
au Alkalien, so gedeihen Rüben, Kartoffeln u. s. w. nicht. Die Legumi-
nosen, Erbsen, Klee bedürfen des Kalkes u. s. w. Für die Gewinnung
von Saamen (Getreide, Erbsen, Bohnen) mufs der Boden eine reichliche
Menge phosphorsaurer Salze enthalten ; die krautartigen Pflanzen uud
Wurzelgewächse, überhaupt alle die, welche man in der Agricultur nicht
zum Saamentragen kommen läfst , haben die geringste Menge phosphor-
saurer Salze nötig.
Da den Kohlenstoff und Stickstoff der Pflanzen aus der Kohlensäure
und dem Ammoniak der Atmosphäre stammt, welche alle Pflanzen umgieht
und allgegenwärtig ist, da ferner die Atmosphäre in beständiger Bewe- i
gung uud überall und au allen Orten gleich reich an diesen Nahrungs-
stoffen ist, so ist klar, dafs die Fruchtbarkeit des Bodens in geradem
Verhältnifs steht, nicht zu seinem Gehalte an Kohlenstoff- oder Stickstoff-
reicher Nahrung, die den Pflanzen niemals fehlen kann, sondern zu den.
im Boden vorhandenen , mineralischen Nahrungsstoffen.
Hieraus erklärt sich der Nutzen der Asche der Holzpflanzen , so wie
die Wirkung, welche die Excremente der Thiere uud Menschen auf die
Fruchtbarkeit der Felder ausüben.
Die Pflanzeuaschen enthalten die mineralischen Nahrungsmittel der
wildwachsenden Pflanzen, uud da diese in ihrer Qualität gleich und nur
in ihrem relativen Verhältnisse verschieden sind von den mineralischen
Nahrungsmitteln , welche die Culturpflauzen aus dem Boden bedürfen, so
ist klar, dafs wir mit der Zufuhr von Asche oinem unfruchtbaren Boden
die Bedingungen geben, von denen das Gede/heu der Culturpflanzeu ab-
hängig ist. Der Boden empfängt hierdurch das Vormögen, Kohlenstoff und
Stickstoff aus der Luft auf soiue Oberfläche in der Form von Pflanzen
zu condensireu , ein Vermögen, was er nicht besitzt, wenn die den Pflan-
zen m'ithigen Bodenbestandthcile fehlen.
Da nun zuletzt die Exeremeute der Thiere und Menschen, der Harn
and die Faeces zusawmengeuommen, betrachtet werden können als die
mehr oder w eniger vollkommen verbrannte Asche der genossenen Speise,
da ferner diese Speise aus Pflanzen besteht, oder aus Theileu von Tliie-
ren, die ebenfalls von Pflanzen staimneu , so ist klar, dafs wir in dem
Urin und den festen Excremcnten dom Felde zurückgeben , was wir ihm
der PfUnzer. find Thiere.
1399
in den geernteten Früchten genommen haben. Das gestörte Gleichgewicht;
in der Zusammensetzung des Feldes wird durch den Dünger wieder her-
gestellt. Ist der Ersatz unvollkommen, so nimmt die Fruchtbarkeit des
Feldes ab; Führen wir mehr hinzu, so verbessern wir den Boden.
Die Stickstoff- und Schwefel -haltigen Bestandteile der Pflanzen sind
identisch mit den Blutbestandtheileu , sie sind in dem Saamen und dem
Satte stets begleitet von Alkalien und phosphorsauren Salzen, welche zur
Erzeugung des Blutes unentbehrlich sind. Durch die vitale Thätißkeit ’ira
Thiere verwandeln sich diese Bestandteile der Pflanzen in Blut aus dem
die übrigen Gebilde des Thieres sich entwickeln. 9
Das Tlüerleben unterscheidet sieh in chemischer Hinsicht von dem
Pflanzenleben, in sofern es abhängig ist von einer unaufhörlichen Einsau-
gung von Sauerstoff, welcher in der Form von Wasser und Kohlensäure
wieder aus dem Körper tritt. M ährend in der Pflanze Wasser und Kohlen-
säure absorbirt und SauerstofF ausgesclncden Averden.
In den Thieren gehen unausgesetzt zwei Processe vor sich, der Re-
spirations- oder Zerstörungsprocefs und der Ernährungs- oder Bildungs-
procefs; von dem Gleichgewicht zwischen beiden hängt die Gesundheit ab.
Durch die Verbindung des Sauerstoffs mit den Bestandteilen der Spei-
sen oder den Bestandteilen des Körpers wird die tierische Wärme er-
zeugt. In dem Nutritionsprocefs wird der tägliche Abgang, den der Körner
erlitten hat , wieder ersetzt. 1
Die Nahrung der fleischfressenden Thiere besteht aus Proteinverbin-
dungen (Fleisch und Blut) und Fett , ihre Nahrung verwandelt sich in
Blut, aus dem sie stammt, und es sind bei dieser Thierklasse die Produkte
der Organe, welche eine Umsetzung oder Veränderung erlitten haben
welche zur Verbindung mit dem Sauerstoff, zur Erzeugung der tierischen
Warme, zum Widerstande gegen die Einwirkung der Luft dienen.
Aufser den Produkten der Umsetzung der Organe dienen bei den pflan-
zenfressenden Thieren Zucker, Gummi, Amylou,' die zur BlulbWdune nicht
dienen können, da sie keinen Stickstoff und Schwefel enthalten, ebenfalls
als Respiratiüosmittel. 3
Die von den Thieren genossene Nahrung nimmt im Körper des Thieres
oder nach seinem Tode die Form von Sauerstoffverbindungen an, aller
Kohlenstoff und Wasserstoff und Stickstoff kehrt in den Processen der
Respiration, der Fäulnifs und Verwesung in die Form von Kohlensäure
UÜJ AmmoQiakl.K1urö12k. Nach dem Tode des Thieres nehmen seine
Elemente die ursprüngliche Form wieder an, in der sie einer neuen Ge-
neration von Pflanzen, und durch diese, von Thieren, zur Nahrung dienen.
7elchc das Thier geniefst, erleidet in seinem Leibe die
nämlichen Veränderungen, wie wenn sie in einem Ofen verbrannt worden
wäre. Durch die Lunge und Haut treten Kohlensäure und Wasser die
letzten Produkte der Verbrennung, durch den Harn und die Faeces tritt
der Rauch, Rufs und die Asche aus. us
Die Quantität der zu geuiefseuden Speise hängt von der Men»e des
m einer gegebenen Zeit aufgenommenen und ausgeathmeten Sauerstoffs ab.
und hiernach richtet sich die Menge der freigewordenen Wärme In dem
Harnstoff haben wir Stickstoff und Kohlenstoff in dem Verhällnifs, wie ioi
doppelt kohlensaureu Ammoniak, in dem harnsauren Ammoniak ist Stick-
stoff und Kohlenstoff m dem Verhältnis, wie hu neutralen kohlensauren
Ammoniak zugegen. Das Allantoin, der stickstoffhaltige Bestandteil des
Harnstoffs ^ ^ die EIemeßte der Harnsäure ' und des
Galle und harnsaures Ammoniak enthalten die Elemente des Blutes
und der Muskelfaser. Addirt man die Hälfte der Elemente der Galle
v>76 -^4 Hjöa 092 zu der Tonne! des harnsauren Ammoniaks GNU O
SO hat mau C„ M.,Hfl 0lr , ciao Ferne!, welche sehr nahe ‘äto’akS-'
mensetzung des getrockneten Mutes ausdriiekf. Daher deuu die Meinung,
1400
Tabelle über \V e i n g- e i a t g* e h a 1 1.
dafs der Stickstoff der Bestaudtheüe des Harns (Harnstoff kann durch
Hin/.ufiihrung von Sauerstoff aus Harnsäure entstehen) ursprünglich Be-
standtheil der thierischen Gebilde war, und dafs die Galle die andern
Elemente der umgesetzten Gebilde enthält; da uun die Galle in den Faeces
der fleischfressenden Thiere nicht nachweisbar ist, sondern in Gasform
aus dem Körper tritt, so will diefs nichts anderes sagen, als dafs sie oder
ihr Kohlenstoff und Wasserstoff zur Respiration dient, ganz ähnlich, wie
diefs mit Bestimmtheit von dem Fett behauptet werden kann, was, wenn
die Zufuhr von Respirationsmilteln fehlt, nun ebenfalls ausgealhmet wird.
(Ueber diese Verhältnisse siehe das Nähere: Organische Chemie iu ihrer
Anwendung auf Agricultur, Physiologie und Pathologie von J. Liebig.
Braunschweig , bei Vieweg).
Tabelle
über den Gehalt des wässerigen Weingeistes an reinem Weingeist ,
von Meifsner .
Spec. Gewicht des wässerigen Weingeistes, wenn er in 100 enthält:
Weingeist
: dem Gewicht nach :
dem
Maafs nach :
bei 20°.
bei 17,5°.
bei 20°
. bei 17,5
100
0,791
0,793
0,791
0,793
95
0,805
0,801
0,809
0,811
90
0,818
0,822
0,824
0,828
85
0,831
0,835
0,839
0,843
80
0,843
0,847
0,854
0,857
75
0,856
0,859
0,867
0,869
70
0,868
0,870
0,880
0,883
65
0,880
0,883
0,893
0,896
60
0,892
0,895
0,906
0,907
55
0,904
0,906
0,917
0,919
50
0,915
0,917
0,928
0,930
45
0,926
0,928
0,938
0,940
40
0,937
0,939
0,947
0,949
35
0,947
0,948
0,955
0,958
30
0,955
0,958
0,963
0,964
25
0,963
0,965
0,969
0,970
20
0,970
0,971
0,975
0,976
15
0,977
0,977
0,981
0,980
10
0,984
0,983
0,987
0,986
5
0,902
6,991
0,993
0,993
0
1,000
1,000
1,000
1,000
i 4-O.i
Erklärung der Kupfertafeln.
Tafel I.
Fig. 1. Eine der S. 126 erwähnten Beindorf sehen Mensuren von
feinem englischen Zinn, aus einem Stück gegossen; mit vorspringendem
Fuss, flach ausgehöhltem Boden, ohne alle scharfe Kanten, und genau
kalibrirt mit eingegossenen vorspringenden Strichen und Zahlen.
Fig. 2. ist der S. 133 beschriebene Filtrirapparat von Berzelius;
a. a sind die Filtrirröhren, letalere ungefähr in halber natürlicher Grösse ;
b ist der Trichter mit dem Filter, c die Flasche, welche die zu filtri-
rende oder zum Aussüssen bestimmte Flüssigkeit enthält und in welche
die Filtrirröhre mittelst eines durchbohrten Korks gepasst ist; d die
Flasche zum Auffangen des Filtrats, e ein Stativ, um Trichter und Flasche
gehörig reguliren zu können. Die Spitze der Filtrirröhre muss immer
untergetaucht, und die Seitenöffnung nicht zu hoch gestellt seyn, dass
das Nachfliessen aufhört, ehe der- Trichter ganz voll ist.
Fig. 3. ist die S. 133 beschriebene ähnliche, von Schee f er ab-
geänderte, Filtrirröhre a, welche anstatt der Seitenöffnung mit aufwärts
gebogener Röhre ein 2tes gekrümmtes Röhrchen b enthält ; beide sind
in einen doppelt durchbohrten Kork gepasst, und leisten so das
Nämliche.
Fig. 4. ist die ebendaselbst beschriebene Vorrichtung zum Filtriren
und Aussüssen von Gay-Lussac ; a ist die \Voulfische Flasche mit 2*
Röhren, von welchen die eine b als Heber wirkt, und die andere gerade
c zum Reguliren des Nachfliessens dient ; d ist der Filtrirtrichter. Die
Flüssigkeiten laufen so immer gleichförmig, die Höhe des Niveau’s mag
seyn, welche sie will.
Fig. 5. ist der S. 134 beschriebene Filtrir- und Aussüss- Apparat
von Schindler ; a ist die Flasche, Krug u. s. w. mit abgesprengtem
Boden, welche die zu filtrirende Flüssigkeit enthält, und unten mit Fil—
trirpapier, das aussen mit Leinwand umgeben und mit Bindfaden fest
um das Gefäss gespannt ist, hinreichend geschlossen; b ist der Trichter,
in welchen das Gefäss gesetzt wird, c ein Brettchen mit einer Oeffnung
in der Mitte als Unterlage, und d die Flasche zum Auffangen der Flüs-
sigkeit.
Geiger’ s Pharrnacie. /. * ( 5 ie Aufl. ) S9
’| s
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• * *
1406
Fig. 6. ist ein Trichter mit doppelten Wandungen, die einen hoh-
len verschlossenen Rauin zwischen sich lassen, welcher mit heissein
Wasser durch eine verschliessbare Oeffnung gefüllt wird, das durch
einen unten zur Seite angebrachten Hahn abgelassen werden kann. Er
ist noch mit einem, jedoch nicht ganz luftdicht schlicssenden Deckel
versehen. Dient zum Filtriren von dickflüssigem oder festem Fett (Ri-
cinus-, Croton-Oel, Cacaobutter) u. s. w.
Fig. 7. ist die S. 134 beschriebene Beindorfscha Decoclen-Presse ;
a der Hebel, welcher den beweglichen Stempel b enthält, c der Stuhl,
in dem der Trichter d steckt, in welchen der Durchschlag e passt.
Fig. 8. A. Die S. 146 erwähnte Fuchsische Weingeistlampe:
a ist der zinnerne Behälter für Weingeist, b ein messingener Stöpsel
mit messingener Hülle, der auf einer Seite so durchbohrt ist, dass die
atmosphärische Luft durch diese Oeffnung und eine Rinne an der Hülle
mit der Röhre c cornmunicirt, wenn der GrifT des Stöpsels mit der Breite
parallel gegen den hohlen doppelten Cylinder d steht, in jeder andern
Richtung sie aber abschliesst; der Cylinder d enthält einen Archandschen
Docht, und kann mit einem Deckel verschlossen werden. Diese Lampe
kann man überall hin unter kleine Oefen, Abrauchschalen, Retorten u.
s. w. richten ; sie ist bequem beim Nachfüllen, und spart sehr an Wein-
geist, da der Behälter vom brennenden Docht entfernt, folglich nicht
von der Flamme erhitzt werden kann.
Fig. 8. B. ist die ebendaselbst erwähnte Lampe mit doppeltem
Luftzug. A stellt die Lampe mit allen Theilen im Profil vor, a ist der
messingene Behälter mit Weingeist, bei b ist eine mit einem Glasfenster
verschlossene Oeffnung, um den Stand des Weingeistes zu beobachten,
c ist die verschliessbare Oeffnung zum Nachfüllen, d der doppelte hohle
Cylinder von Messing, welcher den weiten Argandschen Docht enthält,
der mittelst eines gezähnten Rades und einer gezähnten Stange, die unten
eine Querstange hat, die den Docht mittelst eines Ringes fasst, höher
und niederer gestellt werden kann ; e ist ein Schornstein von Schwarz-
blech, welcher zur Beförderung des Zugs und um die Hitze zusammen-
zuhaltcn, dient; f ein Platintiegel, der auf einem Triangel von Eisen-
drath ruht, und durch den mit einer Schraube versehenen Ring g an
der Messingstange h des hölzernen Stativs k höher und niederer gestellt
werden kann; i ist eine 2to Stange, mittelst deren man die Lampe
höher und niederer stellen und der Stange h nähern oder von derselben
entfernen kann, eben so lässt sich die Stange des Ringes g verlängern
und verkürzen. Diese Lampe giebt im Verhältniss eine sehr starke
Hitze, so dass man Glasmasse u. s. w. darin schmelzen kann. Die Ver-
bindungsstangen u. s. w. mössen aber möglichst dünn gearbeitet seyn,
damit sie nicht zu viele Wärme ableiten. B zeigt die Lampe im Aufriss
und C im Grundriss.
Fig. 9. A. ist die ebendaselbst angeführte, von Oechsle in Pforz-
heim verfertigte Löthlampe von Messing; a ist ein Behälter, in welchen
Oel (auch Weingeist) gegossen wird ; er hat oben drei Ocffnungen.
Pie 2 äussem enthalten bewegliche hohle Zapfen mit baumwollenen
U07
Dochten, die dritte dient zum Einfüllen (auch kann der Behälter oben
offen seyn; man legt dann an seinen beiden Enden Dochte hinein und
giesst ihn mit Talg voll) ; b ist ein 2ter messingener cylindrischer, oben
und unten flach gewölbter Behälter, der mittelst einer Hülse an dein
Messingstab c hängt und durch eine Stellschraube höher und niederer
gerichtet werden kann. In einen oben befindlichen hohlen Zapfen passt
genau ein hohler stumpfer Kegel mit der fast Sförmig gebogenen Röhre
d, die sich in eine feine, mittelst einer Schraube bewegliche Spitze
endigt. Beim Gebrauch der Lampe wird der Behälter b mit Weingeist
etwa zu s/4 angefüllt; beide Dochte zündet man an und richtet die
Spitze der Röhre in die vordere Flamme ; die durch die hintere Flamme
erhitzten Weingeistdämpfe in dem Behälter b bilden beim Durchströmen
durch die Flamme des Dochts eine intensive Löthrohrflamme.
Fig. 9. B. ist das Löthrohr von Gähn; a die Weingeist- oder
Oel- Lampe, b die conische Messingröhre zum Blasen, welche in einen
hohlen Cylinder c sich erweitert, in dem sich die Feuchtigkeit ansam*
mmelt; dieser hat zur Seite einen kleinen Cylinder mit einer Schrauben«
mutter, in welche hohle Spitzen d mit verschieden feiner Oeffnung ge-
schraubt werden können.
Fig. 10. ist die S. 158. beschriebene Realsche Presse mit 2 Zy-
lindern; a der Cylinder zum Beschicken, b ein hohler Zapfen zum Ab-
lassen der Flüssigkeit, c der hohle Zapfen, welcher die Röhre ff enthält,
dd die beiden Durchschläge, e der 2te Cylinder mit Einschnitten, in
welche die Haken an dem Cylinder a zum Feststellen gepasst werden.
Man kann so viel und wenig in derselben Maschine ausziehen. g ist
ein Heber, dessen kürzerer Schenkel in das Gefäss h, das die Ex-
tractionsflüssigkeit enthält, und dessen längerer Schenkel in die Röhre
eingesenkt wird. Die Flüssigkeit bringt man durch Anziehen, wie dort
angezeigt ist, zum Laufen.
Fig. 11. ist die ebendaselbst beschriebene Realsche Presse deö
Herrn Beindorf a der Cylinder mit dem Hahn b, dem Trichter ci
der mit seinen Haken an den vorspringenden untern Rand des Cylinders
passt, um alles festzuhalten, wenn er beschickt ist, ferner der Wulst d)
mit welcher er in den beweglichen Deckel / des Stuhls e festgestellt
wird; g ist der Theil des Deckels, welcher herausgezogen werden kann,
um den Cylinder herauszunehmen; h deutet den Drücker an, den man
zurückdrückt , um den Deckel umwenden zu können ; ü ist die trichter-
förmig sich erweiternde Druckröhre, welche mit einer Schraube in die
Mutter des mit dem Cylinder fest verbundenen Deckels passt; kkk sind
die zinnernen Durchschläge, von welchen die 2 untern so auf einander
passen, dass ein Wollenlappen, Fliesspapier u. s. w. dazwischen gelegt
werden kann; llll sind Ringe von Zinn, um den leeren Raum auszu-
füllen. Der Haken h, zur Seite rechts, dient zum leichtern Einlegen
und Herausnehmen der Durchschläge.
Fig. 12. ist der S. 170 — 173 — 177 erwähnte grössere Bein -
dorfsche Koch-, Abdampf- und Destillir- Apparat mit einer Dörre.
A, A, A ist der Ofen, welcher sowohl vorn, wo die Einfeuerung a
14-08
und das Aschenloch b ist, als oben mit einer gusseisernen Platte bedeckt
ist. Er enthält einen länglichen, abgerundeten, kupfernen, verzinnten
Kessel B mit einer mit einem Halm g versehenen Abzugsrohre und
einem fest angelötheten Deckel aus dick mit Zinn belegtem Gusseisen,
der runde Oelfnungen vou verschiedener Weite hat, mit angenieteten
Hülsen von Zinn, in welche die Büchsen von Zinn hhh,hl , oder Stein-
gut h2 mit einem zinnernen Ring passen; in die grösste passt eine ;
Abrauchschale m von Zinn oder m2 von Steingut, die auch mit Deckeln
versehen seyn können, und dann zum Ausziehen dienen. Eine kleine
Oelfnung enthält die bis auf ein Paar Zoll vom Boden des Kessels rei-
chende, an beiden Enden offene Blechröhre /, welche den Stand des
Wassers im Kessel anzeigt; so lange sie keine Dämpfe entwickelt, ist
sie untergetaucht, so wie sie aber starke Dämpfe entwickelt, ist das
Wasser unter ihrem untern Ende und es muss alsbald nachgefüllt wer-
den. Durch die zinnernen Röhren nn communicirt dieser Kessel mit
einem ganz gleichen (7, welcher blos durch die sich aus dem Kessel B
entwickelnden Dämpfe, wenn die Hahnen der Röhren so gestellt sind,
dass sie die Communication zulassen, erhitzt wird. Dieser enthält neben
den Büchsen hhh die zinnerne Destillirblase Z>, welche einen zweiten
durchlöcherten, aus 2 Hälften bestehenden Boden von Zinn <7 <7 hat, der
leicht herausgenommen werden kann, und oben zur Seite eine Oeffnung
hat, durch welche eine gekrümmte zinnerne Röhre p aus dem ersten
Dampfkessel bis unter den durchlöcherten Boden reicht. Diese Vorrich-
tung dient, wenn wässerige Destillate oder ätherische Oele bereitet
werden; der Kessel bleibt in dem Fall leer von Wasser, die zerklei-
nerte Substanz legt man trocken auf den durchlöcherten Boden, die
Wasserdämpfe aus dem Kessel B durchdringen sie so nnd destilliren mit
ätherischen Theilen beladen über (S. 170). Es versteht sich, dass in
diesem Fall die Communication der Dämpfe nach andern Seiten durch
Schliessen der Hahnen, Einsetzen aller Büchsen, Kessel u. s. w. gehin-
dert werde. Werden geistige Flüssigkeiten destillirt, so fällt diese Vor-
richtung weg; der durchlöcherte Boden wird herausgenommen, das zu
Destillirende in den Kessel gefüllt, die Röhre entfernt und die OefFnun-
gen wie bei i mit Zapfen verschlossen. Die Wasserdämpfe erhitzen
von Aussen die Flüssigkeit und sie destillirt schnell über. Mit der De-
stillirblase ist das Kühlfass E verbunden, welches den S. 166 beschrie-
benen, etwas abgeänderten Schräder scheu Kühlapparat enthält; die 3
Kühlröhren rrr münden unten in die gemeinschaftliche Ausflussrohre.
Da alle Theile so gut in einander passen, dass kein Lutum nöthig ist, f
so destillirt man sehr leicht, und es kann, obgleich die Blase klein ist, I
in kurzer Zeit eine bedeutende Menge destillirt werden. Das sich im
Kessel C ansammelnde Wasser kann von Zeit zu Zeit durch den Hahn
g abgelassen und (wenn es rein ist) als destillirtes benutzt werden.
Die grossem Oeffnungen beider Kessel können übrigens auch dazu die-
nen, einen dicken zinnernen Ring mit 4 Oeffnungen zu Infundirbüchsen
aufzunehmen. (Die Blase kann, mit einem Deckel verschlossen, auch
als Extractionskessel gebraucht werden). Beide Kessel sind ferner durch
die beiden mit Hahnen versehenen Röhren 00 mit dem kupfernen, gut
1409
verzinnten Wärme- und Abdampf- Behälter F verbunden, welcher ähn-
liche bereits oben mit mm bezeichnete Extractions- nnd Abdampf-
Schalen, so wie kleinere Schälchen, um Pflaster zu erweichen u. s. w.
(wohl auch Infundirbüchsen) enthält. Er hat ein drittes Rohr ss , das
durch das Küklfass geht, um die sich condensirenden Dämpfe als destii-
lirtes Wasser zu benutzen. — G G ist die mit diesem Apparat verbun-
dene Dörre. Sie wird durch eine Luftheitzung erwärmt, c c sind Kanäle
von Gusseisen, deren Wände durch das Feuer im Feuerraum erhitzt
werden; sie vereinigen sich bei d in einen gemeinschaftlichen Kanal, der
sich bei e in die Dörre öffnet , und so diese mit trockener warmer Luft
erhitzt. Um die Dünste abzuleiten, muss man oben am Deckel oder
oben an der Thüre der Dörre eine verschliessbare Oeffnung anbringen.
fff ist der Rauchfang, welcher ebenfalls in einer Blechröhre durch die
Dörre zum Erwärmen geleitet werden kann. Die zu erwärmenden Sub-
ganzen werden entweder auf die den Boden ausmachende Eisenplatte
oder auf Horden u. s. w. ausgebreitet auf die Latten tttttttttttt
stestellt.
Tafel II.
Fig. 13. ist ein ähnlicher (S. 154 erwähnter) Koch- und Destillir-
Apparat im Kleinen. A ein Lampenofen von Messingblech mit einem
Schieber an der Einfeuerung, wo die Fuchsische Weingeistlampe unter-
gestellt wird. Der Ofen ist innen mit Schwarzblech gefüttert und der
Raum mit Asche ausgefüllt. Oben am Rande sind Luftlöcher angebracht.
Er enthält eine Destillirblase B in Form einer Infundirbüchse (die auch
als solche benutzt werden kann), deren untere Hälfte von Kupfer, innen
verzinnt ist und mit ihrem vorspringenden Rand auf dem Boden aufliegt.
Der obere Theil ist von Zinn und hat einen beweglichen durchlöcherten
zinnernen Boden, der auf dem Rand des untern etwas engem Theils
aufliegt. Die Substanzen zum Destilliren werden, nachdem der untere
Theil der Blase zum Theil mit Flüssigkeit erfüllt ist, trocken auf den-
selben gelegt. Eine zur Seite angebrachte verschliessbare Röhre dient
zum Nachfüllen. Der Kühlapparat C ist dem grossen ganz ähnlich. — .
In den Ofen passen auch die Infundir- und Koch -Büchsen DD, von
welchen die untere wieder von Kupfer und stark verzinnt ist, die obere
in dieselbe eingesenkte aber von Zinn ; sie hat an ihrer vorspringenden
Wulst eine kleine Oeffnung zum Entweichen der Dämpfe. Man kann
also mit diesem Apparat theils destilliren, theils auf offenem Feuer oder
im Wasserbad kochen und infundiren. Zur grossem Bequemlichkeit sind
die einzelnen Theile mit hölzernen Handhaben versehen.
Fig. 14. ist eine Romershausensche Presse von Hrn. Beindorf
(S. 162). a das hölzerne Gestelle, welches den cylindrischen Behälter
b von Zinn enthält, der unten den messingenen Hahn c zum Ablassen
der Flüssigkeit hat und zur Seite oben eine kleine mit einem messinge-
nen Zäpfchen d verschliessbare Oeffnung. Die zinnernen Beschickungs-
Cylinder ee von verschiedener Grösse passen mit ihren Schrauben in
die am obern Theil des Behälters befindliche Schraubenmutter, eben so
1410
die Evacuationspnmpe /*, welche noch mit einem Cylinder von Zinn oder
Holz umgeben ist. ggg sind zinnerne Durchschlage, wie bei der Real-
schen Presse. Durch diese Vorrichtung sind die Auszüge von der Pumpe
getrennt und können so nicht verunreinigt werden. Alle Tlieile der
Maschine schliessen luftdicht und sind leicht zu reinigen. Beim Ablassen
der Flüssigkeit muss e*st die kleine Oeffnung d und dann der Hahn
geöffnet werden.
Fig. 15. ist der S. 175 beschriebene gläserne Destillationsapparat
mit tubulirter Retorte a und Vorlage b, welche eine heberförmig gebo-
gene Röhre c enthält, deren Enden sowohl fast auf den Grund der Vor-
lage, als auch auf den Grund der Vorlegeflasche reichen.
Fig. 16. a und b, ist der ebendaselbst erwähnte Destillirapparat.
Fig. 17. ist der S. 182 beschriebene Liebigsche Röhrenapparat
zur Absorption der Gasarten; a das Entwickelungsgefäss (tubulirte Re-
torte) mit der Röhre b , welche zum Nachgiessen von Säuren u. s. w.
dient, und da sie untergetaucht ist, nichts entweichen lässt. Sie kann
mittelst Kautschukröhren so befestigt werden, dass sie beweglich ist,
und zugleich zum Umrühren dient. Der Retortenhals ist mit einer mit
Chlorcalcium gefüllten horizontalen Röhre c in Verbindung, zum Austrock-
nen der Gasarten; d ist die zweischenkelige Röhre, welche die Absorp-
tionsflüssigkeit enthält. Der vordere Thcil des erweiterten langen Mit-
telstücks steht tiefer als der äussere ; er ist durch einen aufwärts stei-
genden Schenkel mit der Röhre, die Chlorcalcium enthält, durch den
andern mit der Woulfeschen Röhre £, deren mittlerer Theil ebenfalls
steigt , diese ferner mit der zweihalsigen Flasche f, der zweischenkeligen
Röhre g und der Flasche h in Verbindung. Ein Stativ i hält den Ap-
parat fest; der Ofen k dient zum Entwickeln der Gasarten und der Ofen
l zum Erwärmen der absorbirenden Flüssigkeit, wenn es nöthig ist.
Man sieht , dass so nur ganz trockene Gasarten in die Flüssigkeit 'ge-
langen, die beim Durchströmen durch die lange Röhre leicht absorbirt
werden. Die sich etwa verflüchtigenden Dünste condensiren sich zum
Theil in der Röhre e und fliessen wieder zurück, was sich nicht con-
densirt, wird in den Flaschen f und h aufgefangen.
Fig. 18. ist ein ähnlicher, aber weit einfacherer Apparat zur Ent-
wickelung und Absorption der Gasarten; a ist die tubulirte Retorte mit
der Röhre b\ c die gekrümmte mittelst Kautschukröhren mit dem Re-
tortenhals und der Röhre d verbundene Glasröhre; e die unten ver-
schlossene Röhre, welche die Absorptionsflüssigkeit enthält. Das Gas
muss durch die 2 bis 2ya Fuss lange, mit Flüssigkeit grösstentheils
angefüllte geneigte Röhre streichen und wird so möglichst vollständig
absorbirt. Dieser Apparat findet vorzüglich seine Anwendung zur Be-
reitung von Salmiakgeist, wässerigem Chlor, Salzsäure u. s. w. Die
offene Röhre b dient zugleich als Sicherheitsröhre. Entsteht durch starke
Absorption oder Erkältung ein luftverdünnter Raum, so tritt durch die
untere Oeffnung Luft in die Retorte und stellt so das Gleichgewicht her.
Fig. 19. ist die S. 186 beschriebene Form zum Höllenstein und
Aetzstein; a die 2 genau auf einander passenden Messingplatten mit
1411
ihren Rinnen b (deren jedoch mekr als 6 im Verhältnis zur Grösse der
Platten seyn sollen). Mittelst der angeschraubten Zange c werden die
Platten geöffnet und geschlossen. Zum besseren Schliessen schiebt man
den durchbrochenen Ring d vor und drückt die mit einem hölzernen
Griff versehene Klammer e von Stahl fest in das entgegengesetzte Ende
dss Plattenpaars.
Fig. 20. ist die S. 743 beschriebene Vorrichtung zur Schnell-
Essigbereitung ; A ist das aufrecht stehende Fass, welches mit ausge-
kochten und mit Essig angesäuerten Hobelspänen a gefüllt ist, bbb sind
mit aufwärts gebogenen Glasröhrchen versehene Oeffnungen, um Luft
zutreten zu lassen, c ist ein Thermometer zur Beobachtung der Tem-
peratur; B der cylindrische Behälter mit seinem siebförmig durchlöcher-
ten Boden, welcher das zu säuernde Gut enthält und mit einem Deckel
nur lose bedeckt wird. In den feinen Löchern sind kleine Stückchen
Bindfaden eee, die oben einen Knoten haben, so dass die Flüssigkeit
nur langsam durchtröpfelt und sich auf den Hobelspänen verbreitet.
dd sind weitere Oeffnungen, in welchen Glasröhren stecken, deren
oberes Ende über das Niveau der Flüssigkeit reichen muss ; durch diese
Röhren entweicht die ihres Sauerstoff beraubte Luft, während immer
frische durch die untern Oeffnungen b eindringt und das Gut säuert.
C ist ein kleines Fässchen , in welches die unten sich sammelnde Flüs-
sigkeit (Essig) durch die Sförmig gebogene Röhre abfliesst.
V erbesserungen.
S. 60 Z. von unten 1. davon 6t deren
S. 78 Z. 2 v. u. 1. 886,92 st. 866
S. 81 Z. 12 u. i3 1 Phosphorchlorid u. Wasser giebt Phosphorsäura u. Salzsäure,
st. Phosphorsäure u. Salzsäure giebt Phosphorchlorid u. Wasser. — - Eben so
sind auch die Formeln umzudrehen.
S. 196 Z. 12 v. o. 1. Eisenchlorid st. Eisenschlorid.
S. 235 Z. 6 v. u. setze hinzu: Ueber die Sauerstoffverbindungen des Chlor’s siehe
noch Gay-Lussac Ann. d. Chem. u Pharm. Bd. 43. S. 1 53 u. Millon Bd. 46.
S. 28».
S. 236 Z 7 v. oben 1 unterchlorigsaures st. unterchloriges.
S. 236 Z. 1 1 v. u. I. unterchlorigsaures st. unterchlorigsaures.
S. 23g Z. 4 v. u. 1. Schwefelsäure st. Schwefelsäure.
S. 239 Z. 1 v. u streiche man „Kieselerde ••
S- 240 Z. 25 v. u- streiche man „Chlorwasserstoffsäure.“
S. 256 Z 8 v. oh. 1 schiefe st. sieh.
S. 288 Z. 1 v. ob. setze nach löst: „in Verbindung mit Salzsäure.“
S. 3oi Z. 27 v. o. setze nach Retorte — „welche Phosphor enthält.“
S. 307 Columnen Titel 1. arsenige Saure st. arsenenige Säure.
S. 319 Z. 5 v. u. 1. statt 2 At Wasserstoff — 4 At. (2 Aeq.) Wasserstoff.
S. 3 ao Z. 23 v. u. st. 1 At. Wasserstoff l. 2 At (1 Aeq ) W'asserstoff. — Diese Be-
richtigung erstreckt sich auf alle weiter unten angeführten Kohlenwasserstoff-
Verbindnngen , welche eine dem ölbildenden Gase gleiche procentische Zu-
sammensetzung haben.
S. 338 Z. ti v. u setze nach Apparat: „mit Schwefelsäure.“
S. 476 Z. 18 v. oben 1. man Sb2 Ss, 3 NaO 22 Aq. als Formel des Antimonpyro-
sulfid - Natriums.
S. 564 ist als Formel des weifsen Präcipitats die S. 565 von Kane gegebene zu setzen.
S. 640 Z. 14 V. u. streiche man „Schwefelwasserstoffsäure oder.“
S. 652 Z. 2 v. oben ist die Zusammensetzung des Melamins, statt der des Ammelins
angegeben.
S. 665 Z. 9 v. o. 1. Alloxantin st. Alloxautin.
S.671 Z. 16 v. u. 1 »,196 st. 1,106.
S. 763 Z. 14 v. o. 1. Kupferoxid st. Bleioxid.
S. 771 Z. 8 r. u. 1. Chlorgas st. Chlorkalk.
S. 774 Z. 5. v. u 1. Acetylchloriir st Acetylchlorid.
S. 780 Z. 6 v. o. 1. 1800 st. 180.
S. 832 Z. 4 v. u. streiche „von Seidenglanz.“
S. 852 Z. 5 v. oben 1. 16 At. st. i5 At. ; ebenso ist in der Formel 3 Aq. statt Aq. zu
lesen.
S. 855 Z. i5 v. u. lies „der“ statt oer.
S. 939 Z. 4 v. u. 1. Myristinsäure st. Myricinsäure.
S. 940 Z. 4 — 6 u. i3 1. Myristin st Myricin.
S. 1084 Z. i2v. o. 1. Wachses st. Wassers.
Register
zu
/
Ph. L. Geiger’s
Handbuch der Pharmacie,
Erster Band.
Fünfte Auflage.
a. '• "
Register
Ac
Ac
Ac
Seite.
Seite.
Seite.
Aalquappeufett
1014
Acetyl-Platinchlorür-
Acidum fungicum 1032
Abdampfung
163
Aminoniak 779
— hydriodieum
256
Abgiessen
136 Acetyl-Platinchlorür-
— hydrobromicum
250
Abkochung
153
Chlorkalium 779
— hydrochloric. fu-
Abrus praecat.. Süsst.1265 Acetylplatin - Platin-
mans
241
Absqhäumen
134
Chlorid 777
— hydrochloricum
240
Absintliium
1100 Acetylsäure 740
— hydrocyanicum
625
Abstossung
8
— Unterschwefels. 777
— liydrofluoricum
259
Absud- Aufguss
154
— Wasserstoff 774
— hydrothionicum
277
Abziehen
176
Acide caproique 922
— hypochlorosum
235
Acacia, Oel von
1058
— ellagique * 860
— hyponitricum
219
Acajouharz
1081
— mechloique 1117
— hypophosphori-
Aceta medicata
152
— pectique 1260
cum
294
Acetal
737
— phospho - berga-
— hypophosphoro-
Acetas ammoniae di-
mique 1046
sum
293
lutus
750
— sulfoadipique 989
— hyposulphuricum 267
Acetas cupricus
761
Acidum apocrenicum 1274
— hyposulfurosum
265
— Italiens
751
— arsenicicum 308
— • iodicum
254
— natricus seu So-
— auricum 590
— jodohydrargyric
567
dae
757
— benzoicum 668
— melliticum
617
— oxydi cupri
761
— benzoylicum 668
— muriaticum
240
— oxydi ferri liqliid. 756
— boleticum 1032
— muriaticum dil.
241
— plumbicus
758
— boracicum 332
— muriatic. fumans
241
— potassae seukali
— boricum 332
— muriaticum hyper
-
cus liquidus
752
— borussicuin 625
oxygenat.
238
Aceton
779
— bromieum 249
— muriaticum oxy-
— Zersetzungsprod.
— bromohydrargy-
genatum
231
durch Chlor
785
ric. 566
— nitricum
220
Acetyl
734
— carbonosum 609
— nitro sum
219
Acetylbromür
775
— caincicum 1031
— oxalicum
609
— Bromwasserst. 777
Acetylchorid 775
Acetylchlorür 774
— Chlorwasserstoff
Acetylige Säure
Acetyliodür - Jodwas-
serstoff
Aeetyloxyehlorid
Acetyloxid - Ammo-
niumoxyd
Acetyloxydhydrat
— chloricum 238
— chlor, oxygenat. 239
— pecticum
— perchloricuni
1260
239
255
775
ric
562
— phosphoricum
291
739
— chlorosum
237
— pyrolignosum
744
— chloroxicarboni-
— quercitannicum
851
777
cum
614
— Sacchari
609
766
— citricum
865
— sebacicum
969
— cramericum
1032
— silicicum
336
736
— ■ crenicum
1273
— stannicum
498
734
— fluoricum
259
— stibicum
458
1*
4 Ac
Ae
Ac
Seite.
Seite.
Seite.
Acidum stibiosum
457
Aethionsäure
729 Aethylox3Td margarin-
— sulphuricum
268 Aethiops antimon.
577
saures 943
— sulpkuric. dilut.
273
— graphitae
314
— milchsaures 816
— sulphurosum
265
— martialis
515
— myristinsaures 940
— tartaricum
876
— mineralis
568
— neutrales camph. 926
— uvicum
654
— narcotic.
568
— ölsaures 964
— valerianicum
930
— graphit.
551
— oenanthsaures 934
— vegeto - sulphu-
— alcalisat
—
— oxalsaures 721
ricum
1267
— sacharat
—
— Oxamid,oxalsaur. 723
— zooticum
625 Aethyl
696
— pyrocitrouens. 875
Ackers äure
1272 Aethylbroinür
707
— pyrochleimsaures 809
Aconitin
1219
Aetliylchlorür
706
— pjTOweinsaures 905
Aconitinsalze
1220 Aethylcyaniir
709
Aethyloxyd, salpetrig-
Aconitium
1219 Aethyliodür
707
saures 717
Aconitsäure
871
Aethyloxyd
696 Aethyloxydsalze 710
Aconitsaure Salze
872 Aethyloxyd, äpfels.
912
Aethyloxyd, saur. cya-
Acrolein
982
— ameisensaures
830
nursaur. 725
Adeps Ceti
1013
— Aetherol, schwe-
Aethyloxyd, saures
• — suilla
1024
felsaures
728
schwefelsaures 712
Adhaesion
35
— ammoniumoxyd,
Aethyloxyd, Silber-
Adipinsäure
975
weinsteinsaures
879
oxyd. campkors. 926
Aepfelsäure
910
— baldriansaures
931
— saures, camphors. 925
Aequivalente
56
— baryt, oxalsau-
Aethyloxyd, saures
Aerostatik
29
res
723
oxalsaures 722
Aerugo
762
— phosphorsaures
717
— saur., phospliors. 717
Aeschenfett
1014
— schwefelsaures
716
— Silberoxyd trau-
Aes
537
— traubensaures
909
bensaures 909
— ustum
543
— bernsteinsaures
960
— schleimsaures 807
Aesculin
1098
— bisulfocarbonat
723
— talgsaures 946
Aesculinsäure
1112
— bleioxyd, schwe-
— saures, traubens. 909
Aethal
839
saures
716
— und Arsens. 717
Aethalsäure
942
— chloracetylsaures 771
— veratrumsaur. 935
Aether
696
— citronsaures
867
— weinsaures 879
— aceticus
748
— cocinsaures
939
Aethyl-schwefelcyan. 709
— ammoniacatus
700
— dopp. kohlenschw. 723
Aethylselenür 709
— Constitution dess.
— elaidinsaures
971
Aethylsulfid 709
u. seiner Verbind.
788
Aethyloxid, essigsau-
Aethylsulfur 707
— hydrochloricus
706
res
748
— Schwefelblei 709
— iodatus
700 Aethyloxyd, fettsaur.
970
— Schwefelgold 709
— muriaticus
— nitricus
— phosphoratus
— sulphuricus
Aetherhaltige essigs.
Eisentinct.
Aetherin
Aetherol, ätherschwe-
felsaures 728
Aetheroxamid 723
706 Aethyloxydhydrat
717 Aethyloxydkali, koh-
699 lensaures
696 Aethyloxydhydrat,
koklenschwefel-
756 saures
729 Aethyloxydkali, oxal-
saures
700
721
— Schwefelqueck-
silber
— Schwefelwasser-
709
— schwefelsaures
— tiaubeusaures
Aetherphosphorsäure 717 Aethyloxydkalk,
Aethersäuren 699
Aetherschwefelsäure 711
Aetherschwefelsaures
Aetherol 728
Aetherweingeist, eisen-
chloridhaltiger 704
Aether, Zersetzungs-
producte d. Chlor 766
schwefelsaures
Aethyloxyd, kohlen-
saures
— korksaures
— Kupferoxyd, cam-
pliersaures
stolf
Aetzkali, trocknes
724 Aetzstein
Affinität
724 Agedoil
716 Agitakel
909 Agtstein
Ahornsäure
716 Alabaster
Alantin
721 Alaun
955 Alaun, gebrannter
Alaunmehl
926 Alaun, römischer
- Kupferoxydul, kok- Alaun, rother
lenschwefelsaures 724 Alaunerde
708
350
350
11
1157
151
961
1038
424
1251
381
382
381
381
382
340
Al
Am
Am
Seite.
Alaunerdekali 380
Alaimerdesalze 341
Alaunerde phosphors. 344
— Salpeters. 342
— Schwefelsäure 343
— schwefs. basische 344
Alaun schiefer, Prod.
der Destillation 1310
Albumin i. Blutserum 1333
— Eiweis s 1334
Albumin, gekochtes 1336
Albumin - blutroth 1389
Albuminose 1355
Alcaligen 213
Alchornin 1119
Aldehyd 734
— Ammoniak 736
Aldehydharz 738
Aldehydsäure 739
Alembrothsalz 564
Alismin 1119
Alizzari 1092
Algarothpulver 460
Alkalien 39
— bleisuare 511
— erdige 197
Alkali, flüchtiges 225
Alkalien, organ. 1159
— platinsaure 598
— reine 197
Alkali minerale aerat. 395
Alcali miner. caustic 384
Alkali minerale phos. 392
— vegetab. aeratum 374
— vegetabile crystall 377
— •vegetab. siccum 350
Alkaloide „ 1159
Alkanna,roth. Färbst,
der orientalisch. 1091
— rother Farbstoff
der falsch. 1091
Alkaraza 94
Alkargen 787
Alkarsin 785
Alkohol 700
Alkoholate 703
Alcohol und Jod 773
— Produkte der Zer-
setzung von unge-
gewisser Constitut. 774
Alcohol, Zersetzungspr.
durch Chlor 768
Allantoin 656
Allantois säure 656
Alloxan 656
Alloxansäure 658
— Salze 658
Alloxantin
— dimorphes
Aloe
— caballina
— hepatica
— soccotrina
Aloebitter, künstlich.
Aloe, Zersetzungspr.
d. Salpeters.
Aloeresinsäure
Aloetinsäure
Alpha orcein
Althäwurzelschleim,
Zus.
Althäin
Althionsäure
Alu men
— romanun
— rubrum
— ustiirn
Alumina
— acetica
— sulphurica
Aluminium
Aluminit
Alumium
Amalgame
Amanitin
Amarythrin
Ambra flava
Ambrein
Ambreinsäure
Ameisensäure
Ameisensäure Salze
Amid
Amidon
Ammelid
Ammeiin
Ammelinsalze
Ammeiin, Salpeters.
Ammouia
— pura liquida
Ammoniak
Ammoniakalaun
Ammoniak, Salze
— Salze, Constitut.
— wässriges
— haltiger Aether
— ameisensaures
— neutrales äpfel-
saures
— saures, äpfels.
— benzoes.
— bernsteinsaures
— blausaures
— boraxs., doppelt
Seite, Seite.
663 Ammoniak, boraxs.
664 einfach 334
1153 — bromsaures 251
1154 — camphorsaures 925
1154 — capronsaures 922
1154 — carbonicum 325
1154 Ainmoniae Carbonas
liquidus 326
1154 — carbonas pyro-
1155 oleosus 325
1155 Ammonium carbonic.
1127 pyro-oleos 325
Ammoniak, citrons. 867
1262 — chloracetyls. 771
1157 — chlorsaures 246
732 — chrvsolepins. 1157
351
— cyan
619
381
— cyanurs.
625
382
— eisenblaus.
634
382
— neutrales essigs.
750
340
— neutrales flüssig.
754
essigs.
750
343
— saur. essigs.
749
340
— ferrocyanwasser-
344
stoffs.
634
340
— fettsaures
970
577
— flussboraxs.
259
1118
— fluss. basisches
259
1126
— fluss. neutrales
259
961
— fluss. saures
259
1026
— galluss, saur.
857
1026
— goldsaures
591
828
— honigsteins.
618
830
— hydrobroms.
251
225
— hydrothions.
283
1244
— ■ doppelt hydroth.
281
652
— • flüss. hydrothions. 282
652
— klees. neutr.
611
652
— klees. saures
612
652
— kohlens. einfach
325
225
— kohlens. anderth.
326
227
— kohlens. doppelt
328
225
— kohl, flüss. brenz. 326
344
— kohl, wässriges
325
381
— kohl, wasserfr.
328
229
— korksaures
956
230
— meconsaures
847
227
— methaphosphors.
301
700
— milchsaures
816
830 Ammoniacum muriat. 245
Ammoniac mur. mart. 523
911
Ammoniak, oxalurs.
660
— — phtals. 1305
669 — phosphorigs, 301
959 — phosphors. 301
628 — doppeltphosphors.301
334 — purpurs. 665
6
Am
An
An
Seite.
Ammoniak, p3'rocitro- Anilin
nens. 875 Anilin
— pyrophosphors. 301 Anilin, oxalsaure
— Quecksilberoxyd, — salzsaures
gefällt, bas. salzs. 564 Anilsäure
— saiicyligsaur. 687 Animeharz
— Salpeters. 231 Anisöl
— salzsaures 245 Anschaffung
— salzs. gereinigtes 245 Antalogen
— schleimsaures 807 Anthracen
Ammoniae subcarbon. 325 Anthracenuse
Ammoniak, Schwefels. 285 Anthranilsäure
— schwefelblaus.
— Schwefels, was-
serfreies 285 Antimon
— schwefligsaures 284 Antimonchlorid
— schwefelwasserst. 285 Antimonchlorür was
Ammoniae Subcarbo- serfreies
nas liq. 328 — wasserhaltiges
Ammoniacum succin. 959 — Antimonoxid
Ammoniak, thionurs. 661 Antimonige Säure
— unterchlorigs. 246 — — salzs.
— weinsaures 879 Antimonjodiir
Seite.
1147
Seite.
Antimonium vitrificat. 455
1166 Antimonocher
1166 Antimonoxyd
1166 Antimonoxyd
1144 — braunrothes
1075 Antimonoxydsalze 456
1049 Antimonoxyd - Blei-
126 oxyd weius.
252 Antimonoxyd-Kali,
1310 äpfelsaures
1310 Antimonoxyd, gerb-
1147 saures
458
454
457
475
901
915
646 Anthrauilsaure Salze 1147 Antimonoxyd-Kali,
Antiarin 1107 citrons.
452 — traubens.
853
869
909
895
463 — weins.
— weins. neutrales 897
460 Antimonoxyd-Natron,
461 liydrothions. schwe-
461 felhaltiges 476
457 Antimonoxyd, salpe-
462 ters. basisches 459
463 — salpetersaur. ein-
Ammoniakum
225
Antimonkalium
479
faches
459
Ammonias cupric.
541
Antimonoxidul
455
— salzsaures
460
Ammonium
225 Antimonperchlorid
463
— salzs. basisches
460
— Amalgam
229
— persulfid
468
— schwefelsaures
Ammoniumoxyd Öls.
964
— persulfid-Calcium 477
basisches
470
— picrinsalpeters.
1145
— persulfid-Natrium 476
— weinsaures
895
— schwefelsaures
285
— rohes
463
Anziehung
8
— talgsaures
946
Antimonsäure
458
Apatit
425
Ammoniumquecksil-
Antimonsäurehydrat
458
Apirin
1234
berchlorid, bas.
564
Antimonsilber
587
Aposepedine
1332
Ammonium platinchl.
599
Antimonsuboxid
454
Aposepedine
1343
Ammoniuretum, Auri
591
Antimonsulfid
468
Apotheke, Einrich-
Ampelin
1311
Antimonsulfür
463
tung
123
Ampelinsäure 1311 — auf nassem Wege 465 Apothekerkunst 1
Ampelit 1310 — Antimonoxid 465 Apothekerpflichten 2
Amygdalin 681 Antimonsuperchlorid 463 Apothekerstand 2
Amj-gdalinsäure 682 Antimonsuperchlorür 462 Apparat, pneumati-
Amyl
841
Antimonium
452
scher
183
Amylbromür
842 Antimon, bisulpliurat.
— Woulfischer
181
Amyliodür
842
ppt.
468
Aqua
207
Amyloid
1254
Antimonium chlorat.
460
— Ammoniae
227
Amyloxydliydrat
841
— crudum
463
— antimiasmatica
542
Amyloxydhydrat, Zer
— diaphoret ablut
471
— antimiasmatica
Setzungsprodukte
843
— diaph. non ablut.
452
comp. Köchlini
578
Amyloxid baldrians.
982
— et Calcium sulph.
477
— Barytae
405
Amyloxyd-bar3*t,
— muriat oxyd.
460
— Binelli
1285
schwefelsaures
843
— oxydatum
454
— Calcariae
416
Amyloxyd, Schwefels. 842 Antimonium oxidatum 454
Aqua Calcis
416
Amyloxyd-kali, schw. 843
— ox3Tdatum fusc.
475
— Fortis
220
Amylum
1244
— oxydat. subnitric. 459
— Luciae
963
Anchusasäure
1091
— subinuriat-oxyd.
460
— Magnesiae
435
Anemonin
1064
Antimonium sub-sul-
— Naphae
1040
Anemoninsäure
1064
phuric.
470
— ophthalmica
150
Anemonsäure
1065
— sulphuratum
463
— ox3*genata
211
Ar
As
Az
Seite.
Aqua oxymuriatica 234
— phagadenica 563
— strumalis 323
— cohobatae 178
— destillatae 178
Aquila alba initigata 889
Aquileja vulg., blauer
Farbstoff 1096
Arabin 1256
— Zus. 1262
Arabisches Gummi 1257
Araeometer, Baumes 25
— Cartier’s 25
— Gay-Lussac’s 25
— Nicholson’sches 29
Araeometer- Spindeln 25
Arbre du Lancon, Oel
aus dem Harze d. 1059
Arcanum duplicatum 369
— Tartari 751
Argentan 537
Argentum 578
— • foliatum 580
— nitricum 582
— oxydat. 580
— sulphuric. 586
— vivum 549
Argilla 340
Aricin 1187
— • Schwefels. 1187
Aricinsalze 1187
Armentum album 510
Arnica montana, Harz
von 1080
Arnicin 1119
Aronöl 1062
Arrowroot 1245
Arsen ' 302
Arsenantimon 471
Arsenblumen 303
Arsenbromür 310
Arsenbutter 309
Arsencalcium 426
Arsenchloriir 309
Arsenfluorür 310
Arsengold 593
Arsenicum 302
— album 303
Arsenige Säure 302
— amorphe 304
— dimorphe 304
— Entdeckungs-
mittel 306
— porcellanartige 304
— glasartige 304
Arsenigsaures Kup-
feroxyd 547
oxyd
Arsensaures Silber-
oxyd
Arsenik
Arsenjodür
Arsenkalium
Arsenkupfer
Arsenleber
Arsenmetalle
Arsennatrium
Arsenoxyd, salzs.
Arsenrubin
— spiessglanzhal-
tiger
Arsensäure
Arsensäure und Ae-
thyloxyd
Arsensaures Eisen-
oxydul
Arsensilber
Arsensolution, Fow-
ler’s
Arsensubsulfür
Arsensulfid
Arsenspiessglanz
Arsen, weisser
Ars emvas s er s t off
Arterienhaut, Zus.
— mittlere, Zus.
Arthanitin
Arznei-Begriff
Arzneimittel- Aufbe-
wahrung
Arzneimittel-Begriff
Arzneimittel-Zube-
reitung
Asarin
Asarit
Asbolin
Aschblei
Asclepin
Asparagin
Asparaginsäure
Asparagins. Salze
Asparamid
Asparamsäure
Aspartsäure
Asphalt
Asphaltene
Atmosphäre, electr.
Atome
Atomgewichte, An-
wendung dersel-
ben
Atropasäure
Atropin
Seite.
Seite.
Atropin
1213
587
— Salpeters.
1212
— salzs.
1212
587
— Schwefels.
1213
302
Atropinsalze
1212
310
Atropin, weinsaur.
1213
372
Atropium
1208
547
Attraction
8
372
Auf brausen
180
312
Auflösung
12
395
Auflösung
180
309
Aufguss-Absud
154
310
Aufguss, geistiger
152
— heisser
153
471
— kalter
152
308
— wässriger
152
— weiniger
152
717
Aufthauen
92
Auge
483
530
Augenstein
541
587
Augenwasser
150
Auras ammonicus
591
373
Aurikelcamphor
1065
310
Auripigment
311
311
Aurochloras chloro-
471
natricus
594
303
Aurum
588
309
Aurum ammoniatum
591
1351
— fulminans
591
1351
— mosaicum
501
1114
— muriatic.
592
2
— muriat. natronat. 594
— oxy datum
590
126
Ausdehnung
8
1
Auslaugen
152
Auspressen
134
128
Aus süssen
152
1063
Austerschalen
427
1063
Ausziehung
152
1316
Axungia Anseris
1024
478
— • Asciae
1014
1119
— Canis
1024
1157
— Equi
1024
1158
— Leporis
1024
1159
— medullae Bovis
1023
1157
— pedum Tauri
1021
1158
— Porci
1024
1158
Azadirin
1233
1314
Azobenzid
677
1314
Azobenzoid
681
106
Azobenzoyl
679
66
Azoleinsäure
977
Azolitmin
1127
Azomarsäure
1073
79
Azot
213
1033
Axotide benzoylique
679
1208
Azulminsäure
1274
8 Ba Ba Be
Seite.
Seite.
Seite.
T>
Baryt kohlensaurer
412
Beharrungsvermögen
i 16
D
Baryt-Kali, weins.
888
Beifussöl
1056
Baccilli
139
Baryt, margarins.
944
Beinschwarz
321
Badeschwämme, Anal.
— meconsaurer
848
Benzamid
672
1347
— methionsaurer
732
Benzhydramid
678
Badeschwammkohle
322
Barytmethyloxyd,
Benzil
680
Baldrianöl
1054
weinsaures
888
Benzilsäure
680
Baldriansäure
930
Baryt, milchsaurer
816
Benzimid
679
Ballon
174
— myristinsaurer
940
Benzin
676
Balsama artifieialia
151
— naphtalinunter-
Benzoeäther
725
Balsame, Aufbewah-
schwefelsaur.
1300
Benzoeblumen
668
rung
128
Barytnatron, weins.
888
Benzoeharz
1075
Baisamum nucistae
1022
Baryt, ölsaurer
967
Benzoesäure
668
— sulphuris anisa-
— phosphorigs.
412
Benzoesäureäther
725
tum
988
— phosphorsaurer
412
Benzoesaure Salze
669
— sulphuris tere-
— phcrinsalpeters.
1145
Beuzoeschwefelsäure 673
binthinatum
988
— pyrocitrons.
875
Benzoeunterschwefel
Barium
403
— salicyligs.
688
säure
675
— chloratum
407
Barytsalpeter
406
Benzoeunterschwefel
-
— chlorür
407
Baryt, salpetersaur.
406
saure Salze
675
Bariumhyperoxyd
406
Barytsalze
405
Benzoin
679
Bariumhyperoxyd-
Baryt, salzsaurer
407
Benzoinamid
680
hydrat
406
— salzs. iiberoxy-
Benzol
676
Bariumjodür
409
dirt.
408
Benzon
678
Bariumoxyd
403
Barytseife
1010
Benzoyl
667
Barium oxydat.
403
Barytschwefelleber
410
— Laurent’s
680
— sulphuratum
409
Baryt, Schwefels.
411
Benzoylbromid
671
Bariumsulplnir
409
— sulfobenzidunter
-
Benzoylchlorid
671
Barometer, Gefäss-
31
schwefelsaurer
677
Benzoylcyanid
672
— Heber-
31
— salzsaurer
949
Benzoyljodid
672
Baryt
403
— überjodsaurer
409
Benzoylsäure
668
— aconitsaurer
873
— unterschwefels.
411
Benzoylsulfid
672
— äpfelsaurer
912
— unterschwefligs.
411
Benzoy lwasserstoff
671
— alhionsaurer
732
— unterjodigsaurer
■ 409
— ameisensaurer
673
Barjt-Aethyloxyd,
— tliionursaurer
662
— blausäurehal-
weinsaures
887
Barytwasser
405
tiger
1042
Baryt, alloxansaur.
658
Baryt, weins.
887
— benzoesaurer
673
— ameisensaurer
831
Baryta
403
— Darst.
683
— baldriansaurer
932
— acetica
754
Berberin
1238
— benzoeunter-
— carbonica
412
Berlinerblau
636
schwefelsaurer
675
— chlorica
408
Berlinerblausäure
625
— boraxsaurer
413
— jodica
409
Bergamotteucampher 1046
— buttersaurer
921
— muriatica
407
Bergamottöl
1046
— camphorsaurer
925
— muriat. liyper-
Bergapten
1046
— chinasaurer
919
oxygenata
408
Bergblau
548
— capronsaurer
922
— nitrica
406
Berggrün
548
— chlorsaurer
408
— pura liquida
405
Bergtheer
1314
— chrysamins.
1156
— sulphurata
410
Bernstein
961
— chrysolepins.
1157
— sulphurica
411
Bernsteinbitumen
962
— citronsaurer
868
Basen
39
Bernsteinöl
963
— elaidinsaurer
971
Basen, Begriff
192
Bernsteinsäure
956
Baryterde
403
Basische Salze
194
Bertramwurzharz
1080
Baryt, essigsaurer
753
Basilienöl
1054
Beryllerde
345
Barythydrat
404
Bassorin
1259
Beryllerde, benzoes.
670
Baryt, jodsaurer
404
— Zus.
1262
Beryllium
345
— isaethions.
Baumwachs
1029
Beryllsalze
345
— karbolsaurer
1294
Bebeerin
1233
Beschlag
188
Bi
Bl
Bl
9
Seite. Seite. Seite.
Bestandteile, ent-
ferntere
38
Bitrartas kalicus c.
aqua
Bleioxyd- Alkalien
880 Bleioxyd, ameisens.
511
832
— nähere
38
Bittererde
429
— anemoninsaures
1064
Bestuscheffs Nerven
— aconitsaure
873
— anderthalb bas.
tinct.
704
— äpfelsaure
913
essigsaures
759
Betaorcein
1127
— camphorsaure
925
— anilsaures
1144
Betulinharz
1075
— essigsaure
754
— baldriansaures
932
Beugung des Lichtes
100
— meconsaure
848
— bas. arseniks.
509
Bewegung
16
— milchsaure
817
— benzoesaures
670
— gleichförmige
16
Bittererde-Kali, wein-
— benzoeunter-
— beschleunigte
16
saures
890
schwefelsaures
675
— Grösse ders.
17
Bittererde, kleesaure
614
— braunrothes
506
• — zusammenge-
— kohlensaure
435
— buttersaures
922
setzte
17
— ölsaure
967
— chinasaures
919
Bibergeilharz
1079
— weinsaure
890
— chlorisatinsaur.
1139
Biberneilharz
1080
Bittererde -Natron,
— chromsaures
511
Bibergeilöl
1059
weinsaures
890
— chrysammins.
1156
Bibromisatin
1140
Bittermandelöl
1041
— citrons. dreibas.
869
Bi-Boras natric. c. aq
. 399
Bittermandelöl
671
— citrons. überbas.
869
Bi-carbonas Kalicus
377
Bittermandelwasser
682
— citrons. zweibas. 869
— Potassae
377
Bittersalz
432
— cyansaures
621
— natricus c. aq.
398
Bitterspath
437
— elaidinsaures
971
— Sodae c. aq.
398
Bitterstoff
1099
— essigsaures
757
Bichloretum cupricum
Bitterwasser, künst-
— essigs. drittel
760
c. aqua
542
liches
434
— essigs. neutral.
758
— hydrargyri
562
— natürliches
434
— essigs. sechstel
761
Bichlorisatin
1139
Black’s graues Queck
-
— gallussaur., ein-
Bichlorisatinsäure
1139
silberoxydul
576
basisches
857
Bichlorisatyd
1140
Blätter-Einsammlung
Blanc d’Espagne
127
^ — gallussaures,
Bier
1327
481
zweibasisches
857
Bienenharz
1030
Blanchinin
1187
— gelbes
503
Bierhefe
1331
Blasenofen
144
— gerbsaures
853
Bierwürze
1326
Blasenoxyd
667
— honigsteinsaur.
618
Bilifellinsäure
1370
Blasentang, verkohl-
Bleioxydkali, weins.
894
Bilin
1367
ter
323 Bleioxyd, karbols.
1294
Bilinsäure
1375
Blattgelb
1091
— kieselsaures
511
Binltrite d’Anthrace-
Blattgrün
1097
— kohlensaures
509
nese
1310
Blattsilber
580
— margarinsaures
944
Bioxalas kalicus
612
— falsches
496
— meconsaures
848
Bisam, künstlicher
963
Blau, sächsisches
1151
— naphtalinunter-
Bisamharz
1080
— TumbulEs
641
schwefelsaures
1300
Birkenblätter, gelber
Blauliolzroth
1095
— ölsaures
967
Farbstoff
1089
Blausäure
625
— phocensaures
923
Birkeuöl
1057
Blau Stoff
323
— picrinsalpeters.
1145
Bismuthum
478
Blei
502
— phosphors.
508
— oxydatum
479
Bleiasche
503
— pyrocitrons.
875
— oxydatum album
481
Bleichlorid
507
— pyroweinsaur.
906
— subnitsicum
481
Bleigelb
504
— rothes
505
Bissen
140
Blei, gebranntes
507
— salicyligsaures
688
Bisuccinamid
958
Bleiglas
503
— salpetersaures
506
Bisulphas kalicus
371
Bleihyperoxyd
506
— salpetrigsaures
506
Bisulfuret. hydrarg.
Bleihyperoxydul
506
— schwefelsaures
507
nigr.
568
Bleijodid
507
— talgsaures
949
Bisulfuret. hydrarg.
Bleikalk
503
— tliionursaures
662
rubr.
570
Bleimercaptid
709
— traubens. *
909
— Stanni
501
Bleioxyd, aconitsaur.
873
— weinsaures
894
— Stibii
468
— äpfelsaures
914 Bleipflaster
1017
10
Br
Br
Ca
Seite.
Seite.
Seite.
Bleisaure Alkalien
511 Brassica oleracea
Bromsalicylsäure
689
Bleiseife
1010 rubra, blauerFarb-
Bromsäure
249
Bleivitriol
507 Stoff darin
1096
Bromschwefel, einf.
286
Bleiweiss
509 Braunkohle, Zus.
1268
— halb
286
Bleiweisspflaster
1019 — Prod. der trock.
Bromsilber
586
Bleizucker
758 Destillation
1291
Bromsilicium
338
Bleichkalk
419 Braunkohlen, Zer-
Bromstärkmehl
1251
Bleiclipulver, natron-
setzungsprod. darin
Bromwasserstoff-
haltiges
387 vorkomm. Pflanz, d.
äther
707
— - englisches
419 Alkalien
1270
Bromwasserstoff-
Bleichflüssigkeit
387 Braunkohlenöl
1291
säure
250
— kalihaltige
358 Braunit
448
Bronze
549
Bleichsäure
231 Braunspath
437
Brot
1328
Bleichwasser
234 Braunstein
448
Brucin
1228
Blubber
1013 Braunsteinkönig
446
— jodwasserstoff-
Blumen-Einsammlung 127 Braunsteinmetall
446
saures
1230
Blut
1387 Brausepulver
399
— oxalsaur.
1230
Blutkohle
321 Breaöl
1058
— phosphorsaur.
1230 !
Blutkuchen
1318 Brechung d. Lichtes
100
— salpetersaur.
1230 |
Blutkuchen
1388 Brechbecher
454
ßrncinsalze
1229 1
Blutlauge
635 Brechöl
1013
Brucin, salzsaures
1229
Blutroth
1390 Brechweinstein
898
— schwefelsaures
1230
Blutserum
1388 Brennen
185
Brunolsäure
1298
Blutwasser
1388 Brennstahl
531
Bryonin
1106
Blutwasser
1318 Brom
247
Buenin
1119
Bockstalg
1023 Bromal
772
Büffelhorn
1351
Boletsäure
1032 Bromalkalien
249
Bund
126
Boli
140 Bromarsen
310
Bukkoöl
1059
Boloretin
1314 Broinarsin
787
Burgunderpech
1073 1
Bor
331 Brombenzoesäure
675
Butter
1023
Boracit
437 Brcmbenzoes. Salze
676
Butterarten
1021
Boracium
331 Brombenzoyl
671
Buttersäure 920. 921
Boras Sodae
399 Bromcyan
644
Buttersäuren
920
Borax
399 Brometum liydrargy
Butyron
922
— gebrannter
400 rioum
566 Butyrum antimonii
460
Boraxglas
400 — hydrargyrosum
565
— Cacao
1022
— octaedrischer
400 — Kalii
361
— Stanni
500
— • raffinirter
399 Bromjod im Maximum 258
— vaccinum
1023
— roher
399 — im Minimum
258
ßuxin
1234
— usta
400 Bromjodhydrat
258
p
— veneta
399 Bromisatin
1140
V.
— wasserleerer
400 Bromkalium
361
Cacaobutter
1022
Boraxsäure
332 Bromkalk
421
Cadetsche Flüssigk.
785
— krystallisirte
333 Bromkohlenstoff, fest. 329
Cadmia fornacum
485
Boraxsaures Oueck-
— flüssiger
329
Cämentation
185
silberoxydul
576 Brommetalle
252
Cämentirstahl
531
Boraxweinstein
886 — bromquecksilber-
Cämentwasser
537
Boron
331 saure
567
Caffeebohnen
1242 \
Boronoxyd
332 Bromnapthalase
1307
Caffein
1240
Boronsäure
332 Bromnaplitalise
1307
Caincabitter
1031 i
Borsäure
332 Bromnatrium
389
Caincauium
1031 i
Bougies
142 Bromphenissäure
1295
Caincasäure
1031
Brandharz
1290 Bromquecksilber,
Cajeputöl
1047
Brandöl
1290 doppelt
566
Calcaria
415
Branntwein
700 Bromquecks. einfach 566
Calcaria acetica
754
Branntweinbrennerei 1327 Bromquecksilber-
— carbonica
427
Brasiliu
1095 säure
566
— chlorata
419
Ca
Ce
Ch
11
Seite.
Seite.
Seite.
Calcaria extincta
416
Carapin
1232
Centaurin
1100
— hydrata
416
Carbo
312
Centralkräfte
18
— hydrochlorica
418
Carbobenzid
678
Centrifugalkraft
18
— hypo-jodosa
421
Carbonas barytae
412
Centripetalkraft
18
— jo data
421
— baryticus
412
Cera
1027
— jodica
422
— calcicus
427
— citrina
1027
— muriatica sicca
417
— cupricus
548
— viridis
763
— nitrica
417
— ferrosus
532
Cerain
1028
— oxymuria-
— kalicus
374
Cerainsäure
1030
tica
419
— Lixiviae
374
Cerasin
1259
— phosphorica
425
— Magnesiae c. hy-
Cerata
151
— puva liquida
46
drate Magnesiae
435
Cerebrinsaure
1377
— sulphurata
422
— natricus c. aqua
395
Cerebrolein
1378
— sulphurato-sti-
Carbonas zincicus
491
Cereoli
142
biata
477
Carbo animalis
321
Cerin
1028
— sulphurica
424
— sanguinis
321
Cerium
438
Calcinatio
185
— Spongiae
322
Ceriumchlorid
439
Calcium
414
Carbolsaures Kali
1293
Ceriumchlorür
439
— chloratum kry st.
417
Carbonisatio
187
Ceriumoxyd
439
• — fluoratum
422
Cardamomenöl
1048
Ceriumoxydsalze
439
— jodatum
421
Car min
1152
Ceriumoxydul
439
— oxy datum
415
— Bereitungsart
1152
Ceriumoxydulsalze
439
— sulphuratum
422
— blauer 1133.1134
Ceroxydul, ameissaur.832
Calciumoxyd
415
Carminstoff
1152
Ceroxydul, Schwefels. 439
Calciumhyperoxyd
417
Carotin
1086
Ceroxydul, weinsaur. 890
Calendulin
1322
Carthäuserpulver
466
Cerosin
1030
Calmusöl
1049
Carthagena- China,
Cerussa
509
Calomel
559
Pflanzenbase darin 1188
— antimonii
470
Calorimotor, Hare’s
112
Carthamin
1092
— citrina
504
Calx antimouii alba
471
Carthaminsäure
1092
Cetaceum
1025
— antimonii c. sul-
Caryophyllin
938
Ceten
841
phure, HofFm.
477
Cascarillin
1119
Cetin
1024
— Marcasitae
479
Cascarillöl
1055
Cetrarin
1103
— usta
415
Casein, Thier-
1338
Cetyl
839
— viva
. 415
Cassave
1245
Cetylchlorür
840
— Zinci
484
Cassiaöl
692
Cetyoxyd-kali, schwe-
Camphen
1037
Cassiin
1119
felsaures
840
Camphilen
1037
Cassius’s Purpur
594
Cetylsäure
942
Camphor
929
Casslergelb
507
Chabertsöl
1038
— künstlicher
1037
Castin
1234
Chaerophyllin
1235
Camphoröl
928
Castorin
1026
Chalybs
531
Camphorsäurc
924
Castoreum-Resinoid
1079
Chamäleon mineral.
449
— wasserfreie
926
Castoroil
980
Charta cerata
142
Camphron
930
Catechin
863
Chelerythrin, schwe
-
Candelae fumales
142
Catechu
863
felsaures
1201
Canellin
1119
Cathartin
1107
Chelerythrin
1200
Caniramin
1228
Causticum antimo-
— chelidons.
1201
Cantharidencamphor 1065
niale
460
— phosphors.
1201
Cantharidin
1065
— lunare
582
Chelidonin
1199
Caprinsäure 920. 922
Cautchen
1068
— phosphors.
1200
Capronsäure 920. 922
Cauterium potentiale
! 350
— Salpeters.
1200
Capsicin 1080. 1233
Cautschin
1068
— salzsaures
1200
Caput mortuum Vi-
Cautschuc
1066
— schwefelsaures
1200
trioli
518
Cedriret
1284
Chelidonsäure
1031
Caragheenschleim,
Cedroöl
1040
Chelidonsaur. Chele
Zus.
1262
Cellulose
1266
rythrin
1201
Caramel
802
Cendres bleues
548
Chelidoxanthin
1090
12
Ch
Ch
Ch
Seite.
Seite.
Seite.
Chemie unorganische 192
— doppelt
463 Chlorige Säure
237
Chemie der einfachen
— einfach
460 Chlorindatmit
1143
Radicale
192
Chlorarsen
309 Chlorindin
1140
— der zusammen-
Chlorarsin
786 Chlorindopten,gechl. 1 1 42
gesetzten Radicale 192
Chloras baryticus
408 Chlorindoptensäure
1143
— organische
192
— calcicus
421 Chlorine
231
Chermesroth
1152
— kalicus
358 Chlorine, dreifach oxy-
Chica
1092
— potassae
358 genirte
237
China nova, Pflanzb. 1188
Chlorbariuin
407 Chlorinsäure, oxyg.
239
Chinas t off
1173
Chlorbenzid
678 Chlorisatin
1138
Chinasäure
917
Chlorbenzol
678 Chlorisatinsäure
1139
Chinasaur. Chinin
1180 Chlorbenzoyl
67 1 Chlorisatyd
1140
— Cinchonin
1184
Chlorblei
507 Chlorisatydsäure
1140
Chiniuin
1173
Chlorboron
334 Chlorjod im Maximo
258
Chinin
1173
Chlorbrom
252 Chlorjod im Minimo
258
Chinaharz
1173 Chlorbromnaphtalosel307 Chlorkali
358
Chininsalze
1173
Chlorcalcium
417 Chlorkalium
355
Chinin chinasaures
1180
— basisches
419 Chlorkalk
419
Chinin chlorsaures
1177
— krystallisirtes
417 Chlorkohlenoxyd
614
Chinin citronens.
1180 Chlorcamphen
1036 Chlorkohlensäure
614
Chinin - Eisenoxydul,
Chlorcautschin
1068 Chlorkohlens. Aether 725
blaus.
1179
Chlorchrom
445 Chlorkohlenst. ändert. 329
— eisenblaus.
1179
Chlorcyan
643 — einfach
328
— essigsaures
1180 Chlorcyanaether
773 — halb
328
— galluss.
1180 Chlorcyauwasser-
Chlorkupfer einfach
541
— jodwasserstoff.
1177
stoffsäure
623 Chlormagnium
431
— jodsaures
1177
Chloreisen, anderthalb 52 1 Chlormangan
451
— klees.
1180
— einfach
520 Chlormenthen
1052
— phosphors.
1179
Chloretlieral
776 Chlormetalle
246
— salzsaures
1177
Chloretum ammonii
245 Chlormethylaether
837
— Schwefels, bas.
1178
Chloretum auri cum
Chlormolybdän
443
— Schwefels, einf.
1179
Chloreto natrii
594 Chlornatrium
386
— unterschwefels.
Chloretum auricum
592 Chlornatron
387
— weinsaures
1180
— barii c. aq.
407 Chloruaphtalase,
Chinoidin
1185
— Calcii
417 salzsaure
1306
Chinovabitter
1113
— cupricum
542 Chlornaphtalase
1306
Chinovasäure
1033
— ferricum
521 Chlornaphtalese
1306
Chinoyl
919
— ferric. cum Chlo-
Chlornaphtal., salzs.
1306
Chitin
1348
reto ammonico
523 Chlornaphtalis
1306
Chiococcin
1222
— ferrosuin
520 Chlornaphtalos
1307
Chlor
231
— hydrargyricum
562 Chlornaphtalinsäure 1307
— wässriges
234
— hydrargyrosum
559 Chloroeinnose
694
Chloracetylsäure
770
— Kalii
355 Chlorometer
235
Chloracetyls. Salze
771
— Kalicum
355 Chlorometer
419
Chloral
768
— Natri
387 Chloromichmyls.
1383
Chloral, unlösliches
769
— Natrii
386 Chlorophenis, salzs.
1295
Chloralhydrat
769
— natricum
386 Chlorophyll
1097
Chloralumium
343
— Sodae
386 Chloroxyd
235
— wasserhaltiges
343
Chlorgold
592 Chloroxydul
235
Chlorammonium
245 Chlorgoldsaures Na-
Chlorpheness&ure
1295
Chloranilam
1141
triumchlorid
594 Chlorphenis
1295
Chloranilammon
1141
Chlorhaltige Unter-
Chlorphenissäure
1295
Chloranil
1140
salpeters.
244 Chlorphosph.ini Maxi
-
Chloranilsäure
1144
Chlorhydrat, festes
234 mum
301
Chloranlhracenuse
1310
Chlorid
39 Chlorphosphor im Mi-
Chlorantimon, auderth.460
Chloridum stibicum
463 niinuin
301
— wässriges andh.
462
Chlorid um stibiosum
462 Chlorphosphorstickst. 301
Ch
Ci
Co
13
Seite.
Chlorprotoxyd 235
Chlorquecksilber,einf. 562
Chlorquecksilber, dop. 562
Chlorqueeksilber
— quecksilberoxyd 563
Chlorquecksilbers. 562
Chlors alicyliinid 689
Chlorsalicylsäure 688
Chlor salze 197
Chlorsäure 238
— oxydirte 239
Chlorsaures Kali 358
— Chinin 1177
— Chinchonin 1183
Chlorscheel 442
Chlors chwefel, einf.
— halb 256
Chlorsilber 585
Chlorsilberammoniak 585
Chlorsilicium 338
Chlorspiroyl 688
Chlorstickstoff 244
Chlorstrontium 414
Chlortantal 441
Chlor titan 440
Chlortitan — Ammo-
niak 440
Chloruran 446
Chlorvalerisinsäure 932
Chlorvalerosinsäure 933
Chlorvanadin 444
Chlonvasser 234
Chlorwasserstoffaeth. 706
Chlorwasserstoflf-
Chlorhelenin 1063
Chlorwasserstoffs.
Anilin 1166
Chlorwasserstoffs. 240
Chlorinwismuth 482
Chlorzink 488
Chlorzinn, doppelt 500
Chlorzinn, einfach 500
Chocoladebereitung 139
Cholansäure 1374
Choleiusäure 1368
Cholinsäure 1372
Cholsäure 1374
Choloidinsäure 1371
Cholsterin 1025
Cholsterinsäure 1026
Chondrin 1358
Chrom 444
Chromchlorid 445
Chromchlorid, chrom-
saures 445
Chromchlorür 445
Chromgelb 511
Seite.
Chromoxjrd 444
Chromoxyd, braunes 445
— ölsaures 967
— weinsaures 895
Chromoxydhydrat 445
Chromoxydkali, klees. 614
Chromox. Kali Aveins. 895
Chromoxydsalze 445
Chromsäure 445
Chroms aur. Bleioxyd 5 1 1
Chromsaur. Silberox. 587
Chrys amminsäure 1155
Chrys amminsäure u.
Ammoniak 1156
Chrysammins. Baryt 1156
— Bleioxyd —
— Kali —
— Kalk —
— Kupferoxyd —
— Natron —
— Silberoxyd —
— Zinkoxyd —
Chrysammins. Salze 1155
Chrys anilsäure 1146
Chrysen 1290
Chrysenase, nitrite de 1 290
Chrysocolla Plinii 399
Chrysolepinsäure 1156
Chrysolepinsaures Am-
moniak 1157
— Baryt
—
— Kali
—
— Natron
—
— Silberoxyd
—
Chrysolith
437
Chylus
1382
Chymus
1379
Cinchonin
1181
— chinins aur.
1184
— chlorsaures
1183
— essigsaures
1184
— gallussaures
1184
— jodsaur.
1183
— Jodwasserstoffs
1183
— kleesaur.
1184
— phosphors.
—
— salpetersaur.
—
— salzsaur.
1183
— Schwefels.
1184
— weins aur.
1184
Cinchoninsalze
1183
Cinchonium
1181
Cicutin
1168
Cicutin
1234
Cineres clavellati cal-
cinati 374
— clavellati crudi —
Cinis antimonii
Seite.
457
Cinis bismuthi
479
— Pluinbi
503
— Stanni
498
— Zinci
484
Cinnabaris
571
dinnamein
694
Cinnamyl
692
Cinnamylsäure
693
— Salze
—
CinnamylwassertofF
693
— salpetersaurer
694
Circulirfeuer
145
Cissampelin
1236
Citren
1040
Citrilen
1040
Citronenöl
1039
Citronensäure
865
Citronensäure, Zersetz.
d. Wärme
870
Citronensaur. Chinin 1180
Citronens. Morphin
1194
Citronensäure Salze
866
Citronyl
1040
Citryl
1040
Clysma
151
Coagulatio
185
Cobaltum
535
— crystallisatum
302
Coccusroth
1152
Cochenille, Farbstoff
der
1152
Cocinsäure
938
Cocogninsäure
1032
Cocosbutter
1022
Codein
1195
Codeinsalze
1196
Codeinum
1195
Coeruleumberolinense 636
Coerulin
1133
Cohäsionskraft
9
Cohobiren
178
Colatorium
132
Colchicin
1217
Colchicinsalze
1219
Colchicium
1217
Colcothar
518
Coliren
132
Colla
1358
Colletiin
1119
Collutorium
150
Collyrium
150
Colocynthin
1106
Colopholsäure
1072
Colophon, Alphaharz
des
1072
— Beta-Harz, des
—
14
Cr
cy
Da
Seite.
Seite.
Seite.
Colophon., krystall. Harz
Crocus veneris
539 Cyanjodid
644
des
1072
Crotonin
1233 Cyankalium
629
— nicht kris. llarz d. 1072
Crotonöl
1013 Cyankobalt
631
Colophouium
1074
Crotonsäure
924 Cyanmetalle
324
— alb n in
—
Crozophora tinctoria
, Cyannatrium
633
— commune
—
blr. Farbestoff,
1097 Cyanogen
323
— succini
962
Crucibula
186 Cyanpalladium
630
Coloquinthenbitter
1 106
Cryophor WoUaston’s 93 Cyanquecksilber
632
Color indicus
1 1 IS
Crystallisatio
163 Cyansäure
618
Colostrum
1343
Cubebin
1117 Cyansäureäther
725
Columbin
1109
Cubebenöl
1041 Cyansilber
612
Columbium
111
Culilabanöl
1045 Cyansulfid
645
Columbium
1109
Cuminsäure
936 Cyansulfidwasserstoff 645
Compressionsfeuer-
Cumyl
936 Cyanursäure
624
zeuge
98
Cuprum
537 Cyanursäure, unlösl.
625
Concretionen aus den
— ammoniacale
546 Cyanwasserstoffsäure 625
Speichelgängeu von
Cuprum ammoniat.
541 Cyanwasserstoffsäure-
Pferden
1381
— ammoniato mur.
542 äther
709
Condita 139
Confectiones 139
Coniin 1168
— essigsaures 11 71
— salpetersaures 1171
— salzsaures —
— weinsaures — •
Couiinsalze
Coniinsäure
Conquassare
Conservae
— bisulphurat.
— muriat. oxydat.
— nitric.
— oxy datum
— oxydulat.
— sulphuratum
543 Cyanwasserstoffsaure
542 Strychnin
541 Cyanzink
539 Cyclamin
538 Cynapin
543 Cypressenöl
1170
1032
— sulphur. arnmon. 546 Cjstin
— sulphur. oxyd.
— us tum
130 Curara
139 Curarin
544 Cysticoxyd
543 Cytisin
1231
1230
1227
631
1114
1234
1057
1385
667
1107
D.
Conserven
139 Curcumagelb
1085 Dadyl
1037
Contusio
130 Curcumin
1085 Dahlienöl
1057
Convolvulin
1236 Cusco-Cinchonin
1187 Dahlin
1251
Convolvulus arvensis, Cusparin
1232 Dammarharz
1078
Harz davon
1079 Cuve de pastel
1150 Dammerde, Zersetzungs-
Copaivabalsamöl
1041 Cyamelid
625 prod. darin vorkom-
Copaivaharz
1074 Cyan
323 inende Pflanzenüber-
Copal
1079 Cyan
618 reste d. Alkalien
1270
Copalfirnisse
1080 Cyan u. Ammoniak
647 Dampf
15
Corianderöl
1051 Cyan u. Schwefelwas
Dampfbäder
146
Coriarin
1119 serstoff
653 Dampfkochung
155
Cornea, Zus.
1363 Cyan u. Wasser, Zers. 647 Daphnin
1104
Cornin
1105 Cyan, Doppelverb, mit Daphnin
1232
Cornu Cervi ustum al- Metall.
633 Darrmalz
1326
bum
425 Cyanammonium
628 Datiscagelb
1089
Corpus pro balsamo Cyanargen
788 Datiscin
1119
sulphuris
988 Cyanarsin
787 Daturin
1205
Corticin
1119 Cyanbeuzoyl
672 Daturin, Schwefels.
1 207
Corydalin
1231 Cyanbrojnid
644 Daturinsalze
1207
Cosmeticum Clavii
481 Cyanchlorid
643 Daturium
1205
Courbarillöl
1059 Cyaneisen
631 Decantatio
136
Cremor
183 Cyaneisenkalium
635 Decantirgefässe
136
Cremor tartari solubil. 886 Cyaneisennatrium
636 üecocto infusum
154
Creta
427 Cyanetum hydrargy
Decoctum
153
Cribra
131 rieum
632 Decrepitatio
185
Crocus antimonii
475 Cyanetum kalii
629 Dehnbarkeit
10
Crocus martis
518 Cyangold
633 Deliquescentia
148
Crocus metallorum
475 Cyanilsäure
649 Delphinin
1220
Dy
Ei
El
15
Delphinium 1 220
Delphinsäure 923
Dcfectur 189
Desoxydirung
Despumatio 134
Desrosne’sches Salz 1148
Destillatio 172
Destillation, trockne 181
Destillationsprod. des
Alaunschiefers 1310
Destillationsprod. der
Braunkohlen 1291
Destillationsprod. des
Holzes 1274
Destillationsprod. der
Steinkohlen 1291
Destilliren 176
Destillirblase 172
Detonnatio 187
Dextrin 1249
Dextrin, Zus. 1253
Dextrinbaryt 1249
Deutoxid 205
Diachylon- Pflaster 1017
Dialursäure 664
Diamant 313
Diana 578
Diastase 1325
Dichtigkeit 3
Dicksäfte 167
Digestio 152
Digestion 152
Digestivsalz 355
Digitalin 1235
Dilapsio 185
Dillöl 1041
Diosmin 1119
Dissolutio 180
Dogfishoil 1014
Dolomit 437
Doppelsalz 369
Doppelsalze 194
— neutr. d. Aethylox. 711
Doppelspath, isländ. 427
Dostenöl 1053
Dostenöl, cretisches 1053
Dracenin 1078
Drachenblut 1091
Drachen blutharz 1078
Draco mitigatus 559
Druckerfirniss 1012
Dumasin 781
Durchschlag 129
Durchseihen 132
Dyslysin 1373
E.
Eau de Javelle 358
Seite.
963
Eau de Luce
Ebene schiefe
Ebur ustuin nigrum
2^5 Ecclegma
EfFervescentia
Edulcoratio
Eichengerbsäure
Eichengerbs. Strych
nin
tes, Zus.
Eichenrindebitter
Eieröl
Eihaut, innere, Zus.
Einäscherung
Einsalzen
Einspritzung
Einweichung
Eisen
Eisen u. Kalium
Eisenalaun
Eisenbisulfuret
Eisenblausäure
Eisenblausaur. Chi-
nin
Eisenblumen
Eisenchloridl. äth.
Eisenchlorid
— Chlorammonium
Eisenchlorür
Eisencyanid
Eisencyankalium
Eisencyanür
— Cyanid
— * Cyanid
Eisenextract
Eisenjodid
Eisenjodür
Eisenkugeln
Eisenmohr
Eisenöl
Eisenoxyd
Eisenoxyd- Ammoniak,
salzs. 523
Eisenoxyd, äpfelsaur. 913
Eisenoxyd, arsens.
— berizoes.
— essigsaures
— gerbsaures
— jodsaur.
— • meconsaures
— ölsaures
— phosphorsaures
— salpetersaures.
— salz saures
— schwefelsaures
Eisenoxydhydrat
.Seite-
Eisenoxydkali, kohlen s.
20
m. Überschuss. Kali
534
321
Eisenoxydkali, weins.
891
150
Eisenoxydsalze
519
180
Eisenoxydul
514
152
— arseniksaures
530
851
— benzoesaures
670
— blausaures
631
1228
— blau saures
636
— essigsaures
756
1268
— gerbsaures
853
1102
— jodsaures
525
1021
— kohlensaures
532
1363
— meconsaures
848
188
— milchsaures
817
143
— phosphorsaures
580
151
Eisenoxydul, salpet.
520
152
— salzsaures
520
512
— schwefelsaures
528
534
— weinsaures
891
534
— Chinin, blaus.
1179
527
Eisenoxydulkali
634
blaus.
635
— weins.
891
1179
Eisenoxydulhydrat
514
521
Eisenoxyduloxyd
515
700
Eisenoxydul, arsens.
530
521 — oxyd, phosphors. 530
523 Eisenoxyduloxydhydr.517
520 Eisenoxyduloxydsalzeöl 7
631 Eisenoxydulsalze 515
635 Eisenoxydulzinkoxyd,
631 blausaures 640
631 Eisenpersulfid 527
636 Eisensafran 518
913 Eisensalze, kieseis. 533
525 Eisenseife 1010 u. 1020
524 Eisensesquisulfuret 527
891 Eisensulfid 527
515 Eisensulfür 525
522 Eisensulfuret 525
518 Eisentinctur Ludwig’s 893
— salzsaure 521
— Stahls 534
— tartarisirte 893
531 Eisenuntersulfuret 525
670 Eisenvitriol 528
756 Eisenweinstein 891
853 Eisessig 745
525 EiweisstofF 1333
848 Elaen 998
967 Elaeosacchara 137
530 Ellagallussäure 860
520 Elaidinsäure 965 u. 970
521 Elaidinsäure, Zerset-
529 zung durch Kali 978
518 Eialdehyd 738
16
Er
Ex
Fe
Seite.
Elasticität 1)
Elaterin 1105
Elayl 774
Electricität 104
— entgegengesetzte 106
— negative 106
— positive 106
Electrisirmaschine 105
Electroden 116
Electrolyt 116
Electroinagnetismus 121
Electrophor 108
Electrum 961
Electrometer Volta’s 117
Electuaria 140
Elemente chemische 37
Eleiniharz 1075
Elemiöl 1039
Elfenbein, schwarz-
gebranntes 321
Elixir 153
Elixiria 153
Elixivatio 152
Elutriatio 132
Email 499
Emetin 1221
Emetine color<5e 1222
Emetium 1221
Emplastrumalb. eoct. 1019
— anglicum 143
— Cerussae 1019
— Diachylon 1017
— hydrargyri 1020
— Lyfchargyri 1017
— plumbi 1017
— de spermate ra-
narum 1019
Empois 1046
Emulsin 683
Emulsin 1321
Emulsio amygdalarum 1 49
Emulsion 148
Enallochrom 1098
Enema 151
Ens Veneris 543
Entbindungsmoment 46
Entwicklungsflaschen 183
Enzianbitter 1100
Epidermose 1355
Erde glasachtige 336
Erden 197
Erdharz, elastisches 13J5
Erdpech 1314
Ergotin 1111
Ernährungsprocess d.
Pflanzen u. Thiere 1397
Erythrilin 1125
Seite.
Erythrilinbitter 1125
Erythrin 1119, 1124
Erythrische Säure 656
Erythrogen 1153
Erythroleinsäure 1127
Erythrolein 1127
Erythrolitmin 1128
Erythronium 443
Erythrophyll 1096
Erythroprotid 1354
Esdragonöl 1056
EselskiirbLssbitter 1105
Esenbeckin 1235
Essenzen 152
Essentiae 152
Essenz, flüchtige 1082
Essigäther 748
Essige, medicinische 152
Essiggeist, versiisster 749
Essignaphta 748
Essigsäure 740
— Zersetzungsprod. 779
— Atropin 1213
— Chinin 1180
— Cinchonin 1184
— Coniin 1171
— Morphin 1194
— Strychnin 1228
— Salze 747
— Zersetzungsprod. 779
Euchlorine 235
Eudiometer 215
— von Achard 215
— von Brunner 216
— - Berthollet 215
— - Davy 215
— - Döbereiner 216
— - Fontana 215
— - Reboul 215
— - Scheele 215
— - Gay Lussac 216
— - Saussure 216
Volta 216
Eugenin 938
Eupatorin 1235
Euphorbiin 1235
Euphorbiumharz 1075
Eupion 1288
Evaporatio 1 63
Evonynim 1119
Excreinente 1382
Expressio 134
Extracte 166 u. 168
— einfache 168
— heiss ausgezogne 168
— kalt ausgezogene 168
— wässrige 168
Seite.
Extracte, wässrige 1099
— weingeistig 1099
— weinige 1 68
— Zusammengesetz. 168
Extractio 152
Extractivstoff 1099
— bitterer 1099
— milde bitterer 1099
— des Opium 1111
— narkotisch, bit-
terer 1099
— scharf bittrer 1099
Extractivstoff, süsser 1 264
Extracta calide par. 168
— composita 168
— frigide parata 168
— Garayana 168
— simplicia 168
Extractura ferri poma-
tum et eydoniatum 913
F
Faecula 1244
Faecula aronis 1254
— iridis 1254
Fällung 183
Fällungsmittel 183
Fäulniss von Schwe-
fel- und stickstoff-
haltigen Pflanzen-
stoffen 1329
Fäulnissprocess der
Pflanzen 1268
Fagiu 1119
Fallkrautblumenharz 1080
Falllinie 19
Farbe, rotlie der Blu-
men 1096
Farbenbild 101
Farbenzerstreuung 101
Farbstoffe 1084
— Bleichen der 1084
— blauer 1096
— gelber 1085
— grüner 1097
— rother 1091
— rother d. Blätter
im Herbst 1096
Farrenkrautwurzelöl 1 02 1
Fasciculus 1 26
Faser, stärkmehlart. 1254
Fasergyps 425
Faul bäum, gelbe Rinde
vom 1086
Fayence 344
Federharz 1066
Federn, Zus. 1351
Fe
Fl
Ga
17
Seite.
Feile
132
Fellansäure
1375
Fenchelöl
1050
Ferment
1331
Fermentatio
187
Fernambuckholzöl
1057
Fernambuckroth
1095
Ferridcyan
640
Ferridcyaneisen
641
Ferridcyankalium
641
Ferridcyamnetalle
640
Ferridcyanwasserst.
säure
640
Ferro cy an
634
Ferrocyanammonium
634
Ferrocyanbarium
636
Ferro cyanblei
636
Ferrocyaneisen
636
Ferrocyanid d. Eisens
bas.
639
Ferrocyanide 634
, 635
Ferrocyankalium
635
— Calcium
639
— Eisen
639
— Ferrocyanideisen 639
— Ferrocyanzink
640
F errocyankupfer
636
Ferrocyannatrium
636
Ferrocyanquecksilber 636
Ferrocyaniire 634, 635
— mit 2 bas. Metall.
639
Ferrocyanverbiudung,
Constit. 642, 643.
F err o cy anwas s er s toff-
säure 634
Ferro cyanzink 636
Ferrum 512
— bisulphuratum 527
— carbonicum 518
— carbonic. oxydul. 532
— carb.saccharat. 533
— chloratum 520
— hydrocyanicum
oxydo - oxydulat 636
—^jodatum 525
— muriat. oxydat. 521
— muriat oxydul. 520
— nitr. oxydat 520
— nitricum oxydulat 520
— oxydatumfuscum 518
— oxydo -oxydulat. 515
— oxydulatum 514
— oxydul. nigrum 515
— sesiquchlorat 521
— sulphuratum. 525
— sulphur. oxydat. 529
— sulphur. oxydulat. 528
Seite.
Fettarten 980
Fette, feste 1021
Fette weiche 1021
Fette Körper Wirkung
der Wärme 982
Fettsäure 969
Feuerluft 198
Feuerzeug Döberei-
ner’s 208
Fibrin, - Thier 1337
Fichtelit 1313
Fichtenharz 1073
Fichtenrinde, Hauptb. 1268
Filtriren 133
Filtrirkorb 133
Filtrirmaschine Ro-
mershausen’s 133
Fingervoll 126
Firnisse, fette 1081
Fischleimsüss 1265
Fischthran 1013
Fish oil 1013
Flasche Florentiner 177
Flatterruss 1316
Flavinschwefelsäure 1134
Flechten Einsanunl. 128
Flechtenbitter 1102
Flechtenstärkmehl 1251
Fleischerhaltendes
Princip 1279
Fliegengift 302
Florentiner Lack 1152
Flores 180
— Antimonii 455
— Bismuthi 480
— Benzoes 668
— Cupri 539
— Salis ammon. dep. 245
— Salis Amm. mart. 523
— Salis Amm. Vener. 543
— Sulphuris 261
— Sulphuris loti 261
— viride aeris 761
— Zinci 484
Flüchtigkeit 11
Flüssigkeit, Boyles
rauchende 283
— Labarraque’s 387
— natronhaltige 387
Fluor 258
Fluor albus 375
Fluor niger 375
Fluorarsen 310
Fluorarsin 787
Fluorboron 335
Fluor - Boron Ammon. 259
Fluorcalcium 422
Fluoretum Calcii
Seite.
422
Fluoridum hydricum
259
Fluorine
258
Fluorkalium
366
— Fluorwasserstoffs. 366
Fluormetalle
259
Fluornatrium
390
Fluorsalze
197
Fluorsiliciumgas
338
Fluorsilicium-Kalium 380
— metalle
339
— Natrium
401
Fluorwasserstoffsäure259
Fluss schneller,
Baumö’s
354
Fluss, wässriger
44
Flufs säure
259
Flusspath
422
Flusspathsäure
259
Fomentatio
150
Formeln
79
Formomethylal
827
Formyl mit Chlor
833
Formylchlorid
835
Formylbromid
836
Formyljodid
836
Formylsäure
828
Formylsulfid
836
Fotum
150
Fraxinin
1115
Fraueneis
424
Frischstahl
531
Froschlaichpflaster
1019
Früchte Elnsamml.
128
Fruchtmark
167
Fuligo splendens
1316
Fumaramid
917
Fumarin
1233
Fnmarsäure
916
Fungin
1322
Fusio
186
Fusssohle-Oberhaut,
Zus.
1351
G.
Gadolinerde
438
Gährung
187
— schleimige
813
— weingeistige
811
Gänsefett
1024
Galambutter
1023
Galbanumöl
1056
Galeerenofen
146
Galena
507
Galeopsis villosa,
Harz von
1080
Galgantöl
1048
2
Geiger’s Handb. 1. Band, 5te Auflage..
18
(Je
Go
Go
Seite.
Galipot 1073
Galilzenstein, weisser 489
Gallitzenstein, blauer 544
Gallaepfel, gelberFarb-
stotT darin
1089
GäUäpfeltinctur
860
Galle
1368
Gallenfett
1025
Gallensäure
1368
Gallensteine
1375
Gallerte
172
Gallussäure
855
— Zersetzung durch
Wärme
557
Gallussaure Salze
856
Galluss. Chinin
1180
Galluss Cinchonin
1184
Galmei, künstlicher
491
Galvanismus
110
— Theorie u. Gesch. 118
Galvan. Kette 1 1 0 u. 1 1 2
Gargarisma
150
Gase
15
Gasentwicklung
183
Gas ölbildendes
320
—
774
Gas, ölerzeugendes
320
Gebläse Neumannisch.201
Gehirn
1376
Gehirncholsterin
1378
Gehirnwachs
1378
Gein
1270
Geinsäure
1270
Geist, abgezogener
179
Geist, wilder
315
Gelatina
172
Gelatina
1358
Gelbholzgelb
1088
Gelöe
172
Genievre
1038
Genista tinctoria, gel
ber Farbstoff
1089
Gentianin
1100
Geräthschaften
143
Geraniin
1119
Gerbestoff
851
Gerbsäure
851
— u. Basen
852
— Zersetzungsprod. 853
— Zersetzungsprod.
durch Wärme 857
Gerinnung 185
Gerstenmehl, Anal. 1330
Geschrei des Zinns 496
Gesetz, Mariottisches 33
Getreidebranntwein 1328
Getreideöl 1 328
Gewicht Apotheker-
Seite.
125
— absolutes
9
— Civil
128
— französisches
125
— Medicinal
125
— spccifisches 9 u. 24
Giesspuckel
186
Gilla Theophrasti
489
Gift
2
Giftmehl
303
Giflschrank
125
Gin
1038
Gips
424
Gips, gebrannter
424
Glacies mariae
424
Glätte
503
Glanzmangan
448
Glanzruss
1316
Glas
379
Glas
428
Glaubersalz
391
Glaucin
1201
— salzsaur.
1201
— schwefelsaures
1202
Glaucopicrin
1202
— phosphors.
1202
— salzs.
1202
— Schwefels.
1202
Gliadin
1323
Globuli martiales
891
Globuli, Sanguinis
1387
Globulin
1389
Glockengut
549
Glucinerde weinsaure 890
Glucinsäure
sni
Glühung
185
Glutinunterschwefels 1301
Glyceryl
844
Glyceryloxyd
844
— buttersaures
921
— citrons.
867
— elaidins. 971 u. 1000
— margarinsaures
943
— myristins.
940
— ölsaures
965
— palmitinsaures
941
— saures, talgsaures 947
— Schwefels, saur.
845
Glyceryloxydhydrat
844
Glyceryloxydkalk
Schwefels.
845
Glycinerde
345
Glycinerdesalze
345
Glycion
1264
Glycium
345
Gljcyrhizin
1264
God oil
1014
Seite.
Gold 588
Goldamoniür 591
Goldchlorid 592
— Chlornatrium 594
Goldchlorür 593
Gold cyanid 633
Goldglätte 503
Goldoxyd 590
— salzsaures 592
— Ammoniak 591
Goldoxydhydrat 590
Goldoxyd-Natron,
salzsaures 591
Goldoxydsalze 590
Goldpurpur 594
Goldsäure 590
Goldsalz, Figuier’s,
Gozzy’s 590
— philosophisches 371
Goldsaures Ammoniak 59 1
Goldsaure Salze 591
Goldscheidewasser 244
Goldschwefel 468
Goldsuboxyd 589
Gramme 125
Granatin 1119
Granuliren 132
Graphit 313
Graubraunsteinerz 448
Grün, Scheel’sches 547
Grüner Grünspan 763
Grünspan 548
— destillirter 761
Guacin 1119
Guajacin 1113
Guajacin 1077
Guajakharz 1076
Guajakseife 1077
Guano 1384
Guaranin 1240
Guiana-Oel 1045
Gummi 1256
— Aufbewahrung 128
— Copal 1079
— durch Schleim-
gährung erzeugt 1259
— elastisches 1066
— elasticum 1066
Gummiharze, Aufbew. 128
Gummi, in kaltem
Wasser löslich 1259
— Guttae, gelbes
Harz von 1086
Gummilackharz 1077
Gummi, schleimiges
lösl. 1258
Gurgelwasser 150
Ha
Ho
Hy
19
Seite.
Seite.
Seite.
Gusseisen
531
Hebel, doppelarmigei
• 19
Hornsubstanz
1346
Gussstahl
531
— einarmiger
19
Hüttenrauch
303
Guttae
150
— gleicharmiger
19
Huile des petites
1013
Guttulae alb. Wardii
559
— ungleicharmiger
19
graines
1041
Gypsuin
424
Heber
30
Huile de poisson
101
Gypsum ustum
424
— gewöhnlicher
136
Huile phosphor^e
989
Haare
1346
— pharmaceut.
136
Humin
1270
— Zus.
1351
Hedwigiaöl
1057
Hydrogen
206
Hämatin
1095
Heilmittel, Begriff
1
Hydrogenium
206
Hämatosin
1392
Helm
174
Hydroleinsäure
990
Hämatoxylin
1095
Helenen
1063
Hydromargarinsäure
990
Härte
10
Helenin
1063
Hydromargaritin-
Hahnemann’s aufl.
Helenin
1251
säure
990
Quecksilber
557
Hepar antimonii
473
Hydrostatik
20
Halbbromquecksilber 566
— sulphuris alka-
Hydrosulphuretum
Halbleiter
105
linum
366
ammoniae liqu.
281
Haihydrate
194
— sulphuris calca-
— oxyduli Stibii
466
Halogen
231
reuni
422
— oxyduli Stibii sul-
Haloide
197
— sulphuris salinum 366
phuratum
468
Haloidsalze
197
— sulphuris vola-
Hydrothionigsaures
Hammeltalg
1023
tile
283
Ammoniak
283
Hammerschlag
514
Hepatische Luft
277
Hydro thionsäure
277
HandvoU
126
Hesperidin
1105
— flüssige
275
Hanföl
1012
Heveen
1168
— gasförmige
275
Harmala
1240
Hippursälire
674
— Scheidungsmittel 279
— phosphors.
1240
Hippursaure Salze
674
Hydrothionsaures Am-
Harmalaroth
1240
Hir einsäure
923
moniak
281
Harmalin
1240
Hirschhorngeist
326
festes
281
Harmonika, chemi-
— bernsteinsäure-
flüssiges
281
sche
209
haltiger
959
Hygrometrie
215
Harn
1382
Hirschhornsalz
325
Hyoscyamin
1203
Harnbenzoesäure
674
Hirschhorn, weissge-
Hyoscyaminsalze
1205
Harnoxyd
667
branntes
425
Hyoscyamium
1203
Harnphosphor
289
Hirschtalg
1023
Hypericumroth
1091
Harnröhrekerzen
142
Höllenstein
582
Hyperoxyd
205
Harnsäure
654
Hoffmann’s Tropfen
704
Ilyperoxydirte Salz-
Harnsteine
1386
Hollunderblrtthöl
1058
säure
238
Harnstoff
619
Hölzer, Einsammlung 127
Hypochloris kalicus
358
— kleesaurer
621
Holzessigsäure
745
— natricus
387
— milchsaurer
815
Holz, faules
1268
Hypophosphorige
Harnzucker
795
t — Prod. d. trock.
Säure
293
Hartharze
1070
Destillat.
1274
Hyposchweflige Säure 265
Harze
1068
Holzartiges Stärk-
Hyssopin
1119
— Aufbewahrung
128
mehl
1254
Hyssopöl
1054
Harz, Destillations -
Holzfaser
1265
Huminsäure
1270
producte
1082
Holzgeist
818
Hummerschalen
1348
— elastisches
1066
Holzgeist
1274
Humus
1270
Harz-Firnisse
1C81
Holzsäure
744
Humusextract
1272
Harzgoldsuboxyd
1077
Holzschwefelsäure
1267
Humussäure
1270
Harzsalben
151
Honig
149
Hundsfett
1024
Harzseifen
1071
Honigstein
617
Hydracetyl
774
Harz, weisses
1073
Honigsteinsäure
617
Hydralogen
240
Hasenfett
1024
Hopfenbitter
1110
Hydrargyrum
549
Hatchetin
1312
Hopfenöl
1062
— ammoniato - inu-
Hausenblase, Zus.
1362
Hordein
1253
riat. oxydat. praec.
. 564
Haustus
150
Horngebilde, Zus.
1351
— ammoniato -nitr.
Hebel
19
Hornsilber
585
oxydulat. bas.
557
2*
i
20
In
r Jo
Jll
Seite.
Hydrargyrum bibroma-
tum 566
— bhhloratum 562
— borussicum 632
— bromatum 566
— chloratum 550
— cyanatum 632
— jodatum 567
— muriat. corros. 562
— muriat. mite 559
— muriat. praecipit. 564
— nitric. oxydat. 556
— uitric. oxydulat. 554
— oxydat. rubr. 552
— oxydulat. 551
— oxydulat. nigr. 557
— phosphor. 575
— stibiato-sulphur. 577
— sulphurat. nigr. 568
llydras baryticus 404
— kalicus fusus 350
— kalicus siccus 350
— magnesicus 430
— natricus siccus 384
— Potassae fusus 350
Hydrat 194
Hydriod säure 256
— wässrige 257
Hydriodinsäure 256
Hydrobenzamid 678
Hydrobenzoinamid 680
Hydrobromige Säure 251
Hydrobromsäure 250
— wässrige 251
Hydrochloras annnon.
cum Oxydo hydrar-
gyrico 564
— baryticus 407
— calcicus 4 1 8
Hydrochlorsäure 240
Hydro cyans äure 625
I.
Jalappenharz 1078
Jalappin 1079
Jamaicin 1237
Jamespowder 457
Japonsäure 864
Jasmincamphor 1058
Jasminöl 1058
Jatrophaöl 1013
Jatrophasäure 924
Javellisches Wasser 358
Idrialin 1312
Jervin 1230
Ilicin 1104
Imperatorin 1115
Seite.
Imponderabilien
85
Incandescentia
185
Incineratio
188
Incoercibilien
85
Indig, blauer, Oxyda
-
tionsprodukte
1137
— Einwirkung von
Chlor auf
1142
— Zersetzungspro-
dukte d. Salpeters.
1144
Indigblau
1150
— Zersetzungspro-
dukte d. Alkalien
1145
Indigbraun
1149
Indigo, blauer
1130
— desoxydirter
1130
— gemeiner
1148
— gemeiner, Be-
standtheile
1149
— gemeiner, Dar-
Stellung
1148
Indig-Küpen
1150
Indigo, löslicher
1134
— soluble
1134
— weisser
1130
— Zusammensetz.
1131
Indigptlanzenleini
1149
lndigpurpur
1133
Indigroth
1149
— desoxydirtes
1150
Indigsäure
1144
Indig-Schwefel-
säuren
1132
— Zusammensetz.
1135
Indigunterschwefel-
säure
1133
lnfusodecoctum
154
lnfusum calidum
153
— frigidum
152
Injectio
151
Inulin
1251
Jod
252
Jodarsin
787
Jodarsen
310
Jodas baryticus
409
— calcicus
422
Jodbarium
409
Jodbenzoyl
672
Jodblei
507
Jodcalcium
421
— doppelt
421
Jodcyan
644
Jodeisen, einfach
525
Jodetum calcii
<12 1
— ferrosum
524
— hydrargyric.
567
— hydrargyros.
567
Jodetum kalicum
Seile.
362
— kalii
362
Jodine
252
Jodinewasserstoff-
säure
256
Jodkalium
362
— doppelt
365
Jodkalk
421
Jodlösung, äth.
700
Jodmetalle
258
— jodquecksilber-
saure
568
Jodnatrium
389
Jodquecksilber, dopp. 567
— einfach
567
— Lösung, äth.
700
Jodqueeksilbersäure
567
Jodsalicylsäure
689
Jodsäure
254
Jodsaures Chinin
1177
— Cinchonin
1183
— Eisenoxyd
525
— Eisenoxydul
525
— Strychnin
1227
Jodschwefel
286
Jodsilber
586
Jodstärkmehl
1250
Jodstickstoff
258
Jodtinctur
702
Jodwasserstoffäther
707
Jodwasserstoffsäure
256
Jodwasserstoffsaures
Brucin
1230
— Chinin
1177
— Cinchonin
1183
— Strychnin
1227
Johanniskrautroth
1091
Iridium
599
Iridiumoxydul
600
Iridiumoxyd
—
lridiumsesquioxj’d
—
Iridiumsesquioxydul
—
Iris germanica, blauer
Farbstoff darin
1096
Isatyd
1138
lsäthionsäure
729
lsäthionsäurehydral
731
I satin
1137
Isatinsäure
1137
Isatinsäurehydrat
1137
Isotnerie
82
Isomorphie
75
Isopöl
1054
Judenpech
1314
Julapium
150
Julep
150
Jungferntrichter
136
Ka
Ka
Ka
21
Seite. Seite. Seite.
Juniperilen 1038 Kali, harnsaures 655 Kali, sclnvefelblausau-
Jupiter
495 Kalihydrat, trocknes
350
res
616
Juwelierroth
518
Kali, hydriodsaures
362
— schwefelsaures
369
K.
— hydriodinsaures
362
Kali, schwefelsaure
— hydriodsaures jo-
Alaunerde-, bas.
382
Kaddigöl
1039
dinhaltiges
365
Kali, schwefelsaures
Kadeöl
1039
— hydrochlorins.
355
dopp.
371
Kadmium
492
— hydrothionsaures
saures
371
Kadmiumoxyd
493
saures
369
— schwefligsaures
369
— kohlensaures
495
— hyperchlorsaures 360
— talgsaures
948
— salpetersaures
494
— Jodwasserstoffs.
362
Kalitinctur
703
— sehwefelsaures
495
— jodsaures
365
Kali, titansaur. saur.
440
Kadmiumoxydsalze
494
— karbolsaures 1293
— trockn. salzsaur.
355
Kälte
98
— kieselsaures
379
— iiberchlorsaures
360
Kämpferid
1118
— klees. einf.
612
— unterbromigsaur.
362
Käse
1344
zweif.
612
— unterchlorigsaur.
358
Käseoxyd
1332
vierf.
613
— unterjodigsaures
365
Käsesäure
1332
■ — kohlens. ausWein
— unterphosphorigs. 372
Kaffeegerbsäure
1032
stein
375
— unterschwefligs.
369
Kaffeesäure
1032
aus Pottasche
374
— wässriges flüssi-
Kali
349
— — anderthalb
378
ges
350
— äpfelsaures
911
— - — basisch
374
— wein saur. saures
880
K ali- ae thyloxy d,
doppelt
377
— aceticum
751
weinsaures
883
einfach
374
— aluminoso-sul-
Kalialaun
381
neutral.
377
phuricum
381
Kali, am eisensaures
831
reines
375
— arsenicosum
372
Kaliammonium oxyd,
säuerliches
377
— bi-carbonicum
377
weinsaures
882
— krokons.
616
— bioxalicmn
612
Kali, antimon- u. anti-
— krystallisirtes
349
— bisulphuricum
371
monigsaures
471
— mangansaures
449
— borussicum
629
— arsenigsaures
372
— margarinsaures
944
— carbonic. acidul.
377
Kali-arsenige Säure,
— meconsaures
847
perfecte satur. 377
weinsaure
884
Kalimetall
347
— causticum fusum
350
Kali, arsensaur. dopp. 373 Kalime thyloxy d, wein
siccum
350
— baldriansaures
932
saures
883
— chloratum
358
— benzoesaures
669
Kali, milchsaures
816
— chloricum
358
— blausaures
629
— mildes
374
— ferrohydrocya-
— boraxsaures neu
-
— myristinsaures
940
nicum
635
trales
379
— myronsaures
1061
— ferrotartaricum
891
saures
379
— ölsaures
966
— hydratum siccum
350
Kaliboraxsäure, wein
— oxychlorinsaures 358
— hydriodinicum
362
saure
884
— oxy chlors au res
360
— hydriodicum
362
Kali, bromsaures
362
— oxydirt chlorsaur
.360
— hydrochloricum
355
— camphorsaures
925
— oxyhalogenirtes
358
— hydrocyanicum
629
— capronsaures
922
— phocensaures
923
— hypochlorosuni
358
— cetylsaures
942
— pliosphorigsaures 372
— muriaticum
355
— chloracetylsaures77l
— phosphorsaures
372
hyperoxygena
— ehloranilsaures
1141
— picrinsalpeters.
1145
tum
358
— chlorindoptens.
1143
— pyrocitronens.
875
oxyhalogenat.
358
— chlorisatins.
1139
— roccelsaures
935
— nitricum
354
— chrysammins.
1156
— rhodizonsaures
617
— oxalicum
612
— chrysolepinsaur. 1157
— salicyligsaures
688
— oxychloricum
360
— citronsaures
867
— salpetersaures
354
— oxychlorinicum
358
— cyansaures
621
— salpetrigsaures
353
— quadroxalicum
613
— cyanursaures
625
Kalisalze
350
— silicicum
379
— essigsaures
751
Kali, salzsauresüber
— stibiato-tartaric.
898
— fettsaures
970
oxydirtes
358
— subcarbonicum
374
B*
22 Ka Ki Ko
Seite.
Seite.
Seite.
Kali, sulphuratiim
366
Kalk, lebendiger
415
Kesselstein
428
— sulphuricum
369
— magerer
415
Kienöl
1038
aciduin
371
— margarinsaurer
944
Kienruss
1316
— tartaricura
881
— meconsaurer
848
Kiesel
336
Kalium
347
Kalkmilch
416
Kieselerde
336
— bromatum
361
Kalk, milchsaurer
816
Kieselerdekali
379
Kaliumbromiir
361
Kalkuatron, weins.
890 Kieselfeuchtigkeit
379
Kalium chloratum
355
Kalk, ölsaurer
967
Kiesellluorkalium
380
Kaliumchlorfir
355
— phocensaurer
923
Kieselfluorwasserstoff-
Kalium cyanatnm
629
— phosphorigs.
425
säure
338
Kaliumeis ency an i\ r
635
— phosphorsaurer
425
Kieselsäure
336
Kalium ferrocyanat.
635
anderthalb
426 Kieselsäurehydrat
337
Kaliumgoldchlorid
594
basischer
425
Kieselsäurekali, fluss-
Kaliumhyperoxyd
353
dopp.
426
saures
380
Kalium jodatum
362
einf.
426
Kieselsäure Eisen-
Kaliumjodur
362
neutral.
425
salze
533
Kaliumoxyd
349
saurer
425
Kieselsaures Bleioxyd 511
Kaliumoxydul
349
— pyrocitrons.
875
Kinin
1173
Kaliumsuperjodid
365
— roccelsaurer
935
Kirschlorbeeröl
1042
Kaliu mplatinchlorid
599
• — salicyligs.
688
Kirschlorbeerwasser
682
Kalium, Schweflungs-
Kalksalze
417
Kitt
18S
s tufen
366
Kalk, salzsaurer
417
Klären
13-1
Kaliumsuboxyd
349
oxydirter
419
Klaprothium
Klaproth’s Eisentinct
492
Kaliu ms ulfhydrat
369
— salpetersaurer
417
. 75f
Kaliumsulfocyanid
646
— schwefelsaurer
424
Kleber 1331.
1323
Kalium sulphuratum
365
Kalkseife
1010
Kleesäure
601
Kalk
415
Kalk, thionursaurer
662
Kleesaur. Chinin
1 18(
— aconitsaurer
873
— unterbromigs.
421
— Cinchonin
1184
— äpfels neutraler
913
— unterchlorigs.
419
Kleesalz
612
saurer
912
— unterjodigs.
421
Kleister
124(
— äthionsaurer
732
— unterpliosphorigs. 425
Kleistische Flaschen
io-
— ameisensaurer
831
Kalkwasser
416
Klystier
151
— arsenigsaurer
426
Kalk, weins.
889 Knallgas
201
— arsensaurer
426
Kamillenöl
1055
Knallgold
591
— baldriansaurer
932
Kammfett
1024
Knallquecksilber,
Proust’s
— benzoesaurer
669 Kapellenofen
144
551
— buttersaurer
921
Kapnomor
1288
Knallsäure
621
— boraxsaurer
428
Karatirung
595
Knallsilber, Berthol-
— bromsaurer
421
Karbolsäure
1291
let’s
58<
— chlorsaurer
421
— Zersetzung durch
Knoblauchöl
1062
— chinasaurer
918
Chlor u. Brom
1294
Knochen, Analysen
1361
— chrysammins.
1156
Karbolsaurer Baryt
1294
Knochenasche
421
— citronsaurer
868
Karbolsaures Blei-
Knochenerde
42:
Kalkerde
415
oxjd
1294
Knochenleim
135g
Kalk, essigsaurer
751
Karbolsaurer Kalk
1294
Knochensäure
29'
— fetter
415
Karbolsaure Salze
1293
Knorpelleim
135g
— gebrannter
415
Karbolschwefelsäure 1294
Kobalt
53!
— gelöschter
416
K ar toffe 1 b rann t w ein
1327
Kobaltcyanidblei
641
Kalkhydrat
416
Katalyse
83
Kobaltcyanidkalium
641
Kalk, hydraulischer
415
Kautschuk
1066
Kobaltcyanidsilber
64!
— hydrochlorins.
418
— Destillations-
Kobaltcyauidverbin-
— jodsaurer
422
produkte
1067
dungen
64
Kalkkali, weinsaures
889 Kehrsalpeter
417
— Constit.
64.'
Kalk, karbolsaurer
1294
Kermes mineralis
466
Kobaltcyanidwasser
-
— kieselsaurer
428
— oxydfreier
465
Stoff
64‘i
— kleesaurer
613
Kernseife
1007
Kobaltcyaniir
63
— kohlensaurer
427
Keule
130
Kobaltoxj'd
531
Ko
Kii
23
Ku
Kobaltoxyd, essigs.
Seite.
757
Kobaltoxydul
535
— weinsaures
893
Kobaltoxydulkali,
weinsaures
893
Kochen
94
Kochsalzsäure
240
Kochsalz
386
König d. Metalle
588
Königsgelb
311
Königswasser
244
Körnerlack
1077
Körper, amorphe
42
— Begriff
7
— durchsichtige
99
— einfache
37
— feste
8
— feuerbeständige
93
— feuerfeste
93
— flüssige
8
— heteromorphe
42
— isomorphe 42. 75
— katalytische
83
— luftförmige
8
— undurchsichtige
99
Kohle
312
— thierische
321
Kohlenblei
509
Kohlenmangan
452
Kohlenoxyd
609
Kohlenoxydgas
314
Kohlenoxydkalium
616
Kohlensäure
315
— feste
316
— flüssige
316
Kohlensäureäther
721
Kohlensaures Blei-
oxyd
509
— Eisenoxydul
532
— Kadmiumoxyd
495
— Kupferoxyd
548
— Morphin
1194
— Quecksilberoxy-
dul u. - oxyd
576
— Silberoxyd
587
— Strychnin
1228
— Wismuthoxyd
482
— Zinkoxyd
491
Kohlenstoff
312
— reiner
313
Kohlenstoffchlorid
779
Kohlenstickstoff-
säure
1144
Kohlenwasserstoff,
doppelt verdichte-
ter
987
— einfacher
319
Seite.
Kohlenwasserstoff
fester 319
— gasförmiger 319
Kohlenwasserstoff,
halb 319
Kohlenwasserstoff im
Minimum 320
— tropfbarfliissiger 319
— vierfach verdich-
teter 988
Kohlenwasserstoffgas
im Maximum 319
— oxydirtes 314
Kohlige Säure 609
Koliligsaures Gas 314
Kokkelkernbitter 1108
Kokkulin 1108
Kolben 174
Komensäure 849
Komensaure Salze 849
Korksäure 955
Korksubstanz 1268
Krapaöl 1023
Krapabutter 1023
Kräfte 8
Kräuter, Einsamm-
lung 127
Kräuterkammer 124
Kraftmehl 1244
Kramersäure 1032
Krapp, ächter 1092
Krapp braun 1093
Krappgelb 1093
Krapplack 1095
Krapporange 1093
Krapppurpur 1092
Krapproth 1092. 1093
Krausemünzöl 1052
Kreide * 427
Kreide säure 315
Krebssteine 427
Kreosot 1279
Kreosotkali, schwe-
felsaures 1285
Kreosotwasser 1282
Kreuzbeerensaft 1097
Kriel’s schlafmachend.
Pulver 568
Krokonsäure 616
Krummholzöl 1038
Krystallelectricität 109
Kry stallin 1166
Krystallisation 40
Krystallisation 163
Krystallisations-
wasser 44
Kügelchen 138
Kiihiapparate
Seit« .
173
Kümmelöl
1050
Küpe, kalte
1151
— Waid-lndig-
1150
— warme
1150
Kürbiskernöl
1013
Kuhharn
1384
Kuhkoth
1384
Kugel-Copal
1079
Kupfer
537
— gebranntes
543
Kupferammoniak
541
Kupferoxydammoniak,
salzsaures
542
Kupferasche
539
Kupferbisulfuret
543
Kupferblumen
539
Kupferchlorid
542
Kupferchlorid- Chlor
ammonium
542
Kupferchlorür
541
Kupferglas
543
Kupferglanz
543
Kupferhammerschlag 539
Kupferindig 553
Kupferlasur 548
Kupferjodiir 543
Kupferoxyd 539
— aconitsaures 874
— äpfelsaures 914
— althionsaures 732
— arsensaures 547
— citrons. überbas. 869
— essigsaures und
arsenigsaures 764
anderthalb bas. 763
dreifach bas. 763
neutral. 761
zweifach bas. 752
— buttersaures 922
— chinasaures 919
— chrysammins. 1156
— Eisenoxydul,
schwefelsaures 549
Kupferoxydhydrat 540
Kupferoxydkali,
schwefelsaures 548
— weinsaures 894
Kupferoxyd, knalls. 623
— kohlensaures 548
— ölsaures 967
— phosphorsaures 547
— picrinsalpeters. 1145
Kupferoxydsalze 540
Kupferoxyd, salzsaur. 542
— salpetersaures 541
— schwefelsaures 544
24
Le
Li
Seile.
Kupferoxyd sulfoben-
zidunterschwefels. 677
— überbas. essigs. 763
— weinsaures 894
Kupferoxydul 538
Kupferoxydulhydrat 539
Kupferoxydulsalze 539
Kupferoxydul, schwef-
ligsaures 544
Kupferrauch 489
Kupferrost 548
Kupfersalmiak 546
Kupfersalmiakblumen 543
Kupferseife 101 U
Kupferspiritus 740.745
Kupfersulfid 543
Kupfersulfocyaniir 647
Kupfersulfür 543
Kupfersulfuret 543
Kupfertinctur, flüoht. 541
Kupfervitriol 544
— eisenhaltiger 549
Kupferwasser 538
Kyanol 1296
— oxalsaures 1297
— salpetersaures 1297
— salzsaures 1297
Laurin
Lavendelöl
Lebensluft
Lebensinerkur
Leberthran
Laboratorium
Lac Sulphuris
— Terrae
Lack
Lackfirniss
123
262
435
1081
1081
Lack, florentiner 1152
Lackmus 1126
Laekroth 1152
Lactucarium 1110
Lactucasäure 1111
Lactucasäure 1032
Lactucin 1110
Ladanum 1078
Lamotte’s Goldtropfen 704
Lampenofen 146
Lampenruss 1316
Lana philosophica 485
Lapathin 1105
Lapides cancror. ppt. 428
Lapis causticus 350
— de tribus 471
— divinus 541
— infernalis 582
Lattigbifter 1110
Latwergen 140
Läufer 130
Laugensalz, trockn.
flüchtiges 325
Seite.
1045
1053
198
460
1014
Lecanorin 1119.1120
Lecksaft 150
Lederharz 1066
Leere, Toricellische 31
Legumin 1319
Lugumin, Zus. 1349
Leichtes Weinöl 729
Leidner Flaschen 107
Leim 1357
— chlorigsaurer 1360
— gerbsaurer 1360
Leimsubstanz 1357
Leimzucker 1361
Leimzuckersalpeter-
säure 1361
Leinöl 1012
Leinsamenschleim 1258
— Zus. 1262
Leiocome 1250
Leiter 105
— bipolare 105
— unipolare 105
Lepidium latifolium,
Oel davon 1062
Letten 344
Leuchtstein, Bononi-
scher 411
Leucin 1354
Leucinsalpetersäure 1 354
Leukol 1296
Leuter 176
Libav’s rauchender
Geist 500
Lichen parietinus, gel-
ber Farbstoff darin 1089
Licht 99
— Durchgang durch
Medien 103
Lichtentwickl. durch
cliem. Thätigkeit 102
Lichtentw. d. organ.
Thätigkeit 102
Lichtentwickl, durch
Reiben 102
Lichtentw. d. Stoss 102
Lichtentw. d. Wärme 102
Lignin 1265
Lignon 1275
Lignon 838
Ligustrin 1119
Liläcbitter 1 104
Limatura 132
Limeltenöl
Liinonin
Linetus
Lindenblüthöl
Seite.
1046
1235
150
1058
Liniment, flüchtiges 229
Linimentum volatile 229
Lipinsäure 975
Liquor 151
— acetatis ammonici 750
— ammoniaci acetici750
— — caustiei227
Liq. ammoniaci pyroo-
leosi 326
Liquor ammonii ani-
satus 229
— ammon. carbon.
aquosus 328
— ammonii hjdro-
thionici 281
— ammonii succinici 959
— ammonii vinos. 229
— Ammon, vin. 702
— anod. mart. 704
— anod. min. Hoffm. 704
— anodinus vegetab.749
— antarthritic. 1038
— Chloreti Stibii 460
— Cornu Cervi suc-
cinatus 959
— Cupri ammon. mur. 543
— cupri mur. merc. 577
— eisenh. schmerz-
stillend. 704
— ferri mur. oxydati522
— fumans Boyli 283
— hydratis Kalici 350
— hydratis natrici 384
— Kali autici 752
— Kali acet. 350
— Minderen 750
— Mustelae fluviat.
hepaticus 1014
— Natri caustici 384
— saponis stibiati 1017
— Silicii 379
— Stibii muriat. 460
— stypticus Lofi 522
— Succinatis ammon. 959
. — terrae foliataeTar-
tari 752
Liriodendrin 1102
Lithargyrum 503
Lithion 402
Lithium 402
Lithion, benzoesaur. 669
Lithion-Kali, wein-
saures 887
Ma
Ma
Ma
25
Seit«.
Seite.
Seit«.
Lithion-natron, weins. 887 Maceratio
152
Mandelmilch
148
Litliionsalze
402 Magensaft
1379
Mandelöl
1020
Litliion, Schwefels.
403 Magisteriuni
183
Mandelsäure
673
— weins aur.
887 — marcasitae 481
, 482
Mandelsaure Salze
673
Lithofellinsäure
1376 — Opii
1188
Mandiocca
1245
Litus oris
150 — Pluinbi
509
Mannheimergold
549
Lixivia pura
350 — Saturni
507
Mangan
446
Lixivium caust.
350 — Saturni Carollii
507
Manganchlorid
451
— saponarium
384 Magnesia
429
Manganchlorür
451
— sodae
384 — ameisensaure
832
Manganesium oxyd.
Lizzari
1092 — Ammoniak pliosph. 434
nativum
448
Löffelkrautöl
1062 — pyrophosphors.
405
Manganesium
446
Lösungen, geistige
150 — alba
435
Manganglanz
452
Lösung totale
147 — kohlensaure
435
Manganhyperoxyd
448
Löthlampe
146 — benzoesaure
669
Manganhyperoxyd-
Löthrohr
146 — boraxs.
437
hydrat
449
Looch
140 — carbonica
435
Manganit
448
Loorbeeröl
1021 — chlorsaure
432
Manganoxyd
448
— ätherisches
1045 — gebrannte
429
Manganoxydhydrat
448
Lotio
150 — kieselsaure
437
Manganoxydkali,
Lotura
150 — leichte lockere
435
weinsaures
891
Luft, alkalische
225 — * phosphorigs.
434
Manganoxyd, schwär
— atmosphärische
214 — pyrocitronens.
875
zes
448
— brennbare
206 — phosphors.
434
Manganoxidul
447
— dephlogistisirte
198 — salis amari
435
— äpfelsaures
911
— Druck der
29 — salicyligsaure
688
— benzoes.
670
— fixe
315 — Salpeters.
431
— camphors.
925
Luftgütemesser
215 — Salze
431
— citrons.
869
Luft, inflammable
206 — Schwefels.
432
— essigs.
755
Luftkalk
415 — schwere sandart. 435
■. — klees.
614
Luft, künstliche
315 — sulphurica
432
— kohlens.
452
Luftmalz
1326 — unterchlorigs.
432
— pyrocitronens.
876
Luft-Mörtel
428 — unterphosphorigs.
- — Schwefels.
452
Luft nitrose
228 — usta
429
— unterschwefels.
452
Luftpresse Rommersh. 157 — vitriariorum
448
— weins.
891
Luftpumpe
32 Magnesiahydrat
430
— Ammoniak, schw. 452
Luftsäure
315 Magnesia-Kali
437
Manganoxydulhydrat
; 447
Luft, schwerbrennb.
319 — Kalk, kohlens.
437
Manganoxydul-Kali
— urinöse
225 — Natriumchlorür
437
Schwefels.
452
— verdorbne
213 — Natron kohlens.
437
— weinsaures
891
Luftzünder
373 Magnesium
429
Manganoxydul Natron
Lumen philosophicum 209 Magnesium
446
Schwefels.
452
Luna
578 Magnium
429
Manganoxydulsalze
447
Lupulin
1062 Magniumoxyd
429
Mangansäure
449
Lupulin
1110 Magnet, arsenikalisch. 471
Mangansuperoxyd
448
Lupulit
1110 Magnetismus
119
Manganum
446
Lupus metallorum
463 Magnetnadel
119
— hyperoxydatum
448
Lustgas
217 — Abweichung
119
Manica Hippocratis
132
Luteolin
1088 — Declination
119
Manipulus
126
Lutter
176 — Inclination
120
Manna metallor.
559
Lycopus europaeus,
— Neigung
120
Mannit
813
Harz von
1080 Maiblumenaroma
1058
Manometer
33
Lymphe
1387 Majoranöl
1052
Margarinsäure 942 u. 950
M.
Malachit
548
Margaritinsäure
979
Maleinsäure 91 1 u. 91 5
Margaron
952
Maase
126 Malva sylvestris, bl.
Margarylsäure
950
Maase englische
126 Farbstoff
1096
Marienglas
424
26 Me
Markasit
Seite.
478
Marmor, weisser
427
Mars
512
Marumeamphor
1054
Massa ad fornacem
142
Masse
8
Massikot
503
Massoyöl
1Ö65
Massoycamphor
1065
Mastioin
1078
Mastix
1078
Mate
167
Materialkammer
123
Materia perlata
458
Materie Begriff
7
Materie, fette
1082
Materien primitive
85
Mauersalpeter
517
Maulbeerbaumsäure
1033
Mavacure
1231
Meccabalsam,Harz d. 1075
Mechloinsäure
1117
Mechlorsäure
1119
Mechoacanna, Harzv. 1077
Meconin
1116
Meconinsalpeters.
1117
Meconsäure
846
— und Metalloxyde
847
— Morphin
1195
Medizinische Seife
1016
Medulliu
1268
Meerrettigöl
1062
Meersalz
386
Meersalzsäure
240
Meerschaum
437
Meerzwiebelbitter
1106
Mehl
1329
Meisterlauge
350
Mel
149
Melam
650
Melamin
651
— ameisensaures
651
— ameisensaures
830
— essigsaures
651
— oxals.
651
— phospliors.
651
— Salpeters.
651
Melaminsalze
651
Melampyrin
1116
Melasinsäure
802
Melinum
492
Mellissenöl
1052
Mellon
648
Mellon
324
Mellonkalium
649
Mellonmetalle
649
Mellomvasserstoffs.
648
Me
Seite.
Mellon, Zers. d. Kali
650
Menakan
439
Menispermin
1239
Menispermin
1108
Menispermsäure
1033
Mennige
505
Menschenharn
1384
Menschenkoth
1385
Mensuren
126
Mentha viridis, äther.
Oel von
1052
Menthen
1052
Menyanthin
1100
Mercaptan
708
Mercurialis annua,
bl. Farbstoff
1097
— perennis, blauer
Färbst.
1097
Mercurius
549
Mercur. cinereus
Blackii
576
Mercur. cosmetic.
564
— dulcis
559
— gummös.
551
— Moscati
551
— nitrosus
555
— nitrosus
556
— nitros. Seil.
557
— praecipit. alb.
564
— praecipit. ruber
552
— praep. per se
552
— praec. niger Saun-
deri
565
— solub. Hahnem.
557
— solub. Fh. Suec.
551
— sublim, corros.
573
— violaceus
573
Mesit
1276
— v. Reichenbach
1278
Mesiten
1277
Mesitilaldehyd
784
Mesitylclilorid
782
Mesitylen, Zersetzungs-
prod. durch Chlor
782
Mesityljodid
782
Mesityloxyd
782
Mesityloxyd-Platin-
chlorür
782
Mesitilschwefelsäure 783
Mesitilunterphospho-
rige Säure
784
Messing
549
Mesoxalsäure
658
Metaceton
802
Metaceton
782
Metagallussäure
859
Metaldehyd
739
Me
Seile.
Metall, leichtflüssiges
512
.Metallbäume
185
Metalle
38
Metalle
346
— d. erdig. Alkalien 347
— d. reinen Alkalien 346
— edle
347
— leichte
346
— schwere
347
— unedle
347
Metalloide
38
Metallpraecipitation
184
Metallsafran
475
Metamargarins. 990
u. ff.
Metanaphtalin
1084
Metapectinsäure
1261
Metaphosphorsäure
297
Metaphosphors. Sil-
beroxyd
587
Methionsäure
732
Methol
1277
Methyl
817
— seine Zersetzungs-
producte
826
— und Haloide
819
Methyloxyd und Sal-
petersäure
822
Methychlorür
819
Methylcyanür
820
Methyfluorür
820
Methyljodür
819
Methyloxyd
817
— ameisensaures
831
— Ammoniumoxyd,
Schwefels.
822
— Baryt, Schwefels. 822
traubens.
909
— bleioxyd, schw.
822
— benzoesaurer
824
— chlorkohlensaur.
825
— citronensaures
867
— dopp. cyanurs.
824
— doppelt kohlen-
schwefelsaures
824
— elaidinsaures
971
— essigsaures
824
Methyloxydhydrat
818
— Verhalten zu Chlor 837 1
— Verhalten zu Chlor
und Cyan.
838 t
— Verhalt, zu Jod u.
Salpeters.
837 j
Metliyloxyd-Kali,
schwcfelsaures
822
— traubensaures.
909
Methyloxyd, korks.
956
— ölsaures
965
Mo
Mu
Na
27
Seite.
Seite.
Seite.
Methyloxyd, oxals.
823
Molybdänoxydhydrat
; 442
Murias Hydrarg. mitis 559
— oxamid, oxalsaur. 823 Molybdänoxydkali
— ferrosus
520
— phosphorsaures
822
weinsaures
894
— hydrarg. corrosiv. 562
— salpetersaures
823
Molybdänoxyd, molyb-
— Kali
355
Methyloxydsalze
820
dänsaures
442
— Lixiviae
355
— Verhalten zu Chlor 837 Molybdänoxydsalze
442
Oxydi hydrarg. ammo-
Methyloxyd saures
Molybdänoxyd, weins. 894
niacal.
564
traubensaures
909 Molybdänoxydul
442
— oxydul. Stibii liqui-
— schleimsaures
825 Molybdänoxydulhydr. 442
dus
460
— Schwefels, neutr.
820 Molybdänoxydulkali
— Potassae
355
— Schwefels, saur.
821
weinsaures
894
Murine
247
— talgsaures
946 Molybdänsäure
442
Musivgold
501
— weins., saur.
879
— weinsaure
894
Muskatblüthenöl
1048
— Zersetzungspr. d.
— Kali weinsaures
894
Muskatbutter
1022
Haloide
836 Molybdänsuperchlorid 443
Muskatnussöl
1048
Methylsulfür
820
Moire metallique
535
Mutterlauge
44
— Schwefelwasserst. 820
Mond der Metalle
578
Mykomelinsäure
659
Metoleinsäure 990 u. ff.
Monohydrate de Saba-
Myricin
1027
Middletonit
1312
dillin
1217
Myriospermin
695
Milch
1340
Morin
1088
Myristin 939, 940
— Analyse
1342
— weisses
1088
Myristinsäure
939
Milchsäure
814 Morphin
1188
Myronsäure
1061
Milchsäure Salze
816
— citronsaures
1194
Myrosyn
1060
Milchzucker-Bleioxyd 806
— essigsaures
1194
Myroxilin
695
— Oxydationsprod.
807
— kohlensaures
1194
Myrrhe, Harz der
1080
Milchzucker
805
— meconsaures
1195
Myrrhenöl
1056
Minderers Geist
750
— phosphorsaures
1194
N. <
Mineralalkali
384
— salpetersaures
1194
— phosphorsaures
392 Morphinsalze
1193
Nachgährung
1324
— mildes luftsaures 395 Morphin, salzsaurer
1194
Nägel, Zusam.
1351
Mineral ge ist
315
— schwefelsaures
1194
Nahrungssaft
1382
Mineralgrün
548
— weinsaures
1195
Naphta
1315
Mineralkermes
466 Morphium
1188
Naphta acetica
748
Mineralkrystall
354
Morsellen
138
— muriatica
706
Mineralpurpur
594
Morsuli
138
— nitrica
717
Mineral-Turpith
575
Mortarium
130
— vitrioli
696
Minium
505
Mosander’s Salze
643
Naphtalidam
1308
Mischungsgewichte
55
Moschus artificialis
963
— phosphors.
1308
Mischungen kaltmach. 92
Moosbitter, isländ.
Moose Einsammlung
1103
— Schwefels.
1308
Mittelsalz, arsenika-
128
Naphtalin
1299
lisches Macquer’s
373
Moosstärkmehl
1252
— u. s.Verb.,Constit. 1 309
Mittelsalze
197
Mostgas
315
— Verh. zu fetten
Misspickel
530
Mucilago
148
Körpern
1310
Mitisgriin
764
Mucil. s. Cydonior
1258
— Verh. zu Salpe-
Mixtur
150
— Lini
1258
tersäure
1302
Mixtura
150 Mucin 1323,
1331
— Verh. zu Schwef. 1300
Mudesige Säure
1274
Mudarin
1106
— Verh. zu wasserfr.
Mörser
130
Mumificirend. Princ.
1279
Schwefelsäure
1301
Mörtel hydraulischer
428
Mundwasser
150
— Zers. d. Chlor
1306
Mohnöl
1013
Murexan
666
— unterschwefels.
1300
Mohr, mineral.
568
Murexid
665
— unterschwefels.
— vegetabilischer
323
Murias Ammoniae
245
Bary t
1300
Mohrenkopf
174
— ammonico-cupric. 542
— unterschwefels.
Molybdän
442
— ammon. cum. Ses-
Salze
1300
Molybdänchlorid
443
quichloreto ferri
523
Naphtein
1315
Molybdänchloriir
443
— barytae
407
Naphtin, untcrschwe-
Molybdänoxyd
442
— ferricus
521
felsaures
1301
Seite.
Naphtinunterschw.
Salze
1301
Naphtoleinsäure
1310
Narcein
1197
Narcissen, gelb. Farb-
stoff darin
1089
Narcitin
1106
Nasse Bähung
150
Natrium
382
Natriumbronnir
389
Natrium chloratum
386
Natriumeisencyanür
636
Natriumfluorür
390
Natriumhyperoxyd
383
Natriumjodiir
389
Natriumoxyd
383
Natriumsuboxyd
383
Natriumsulfür
390
Natrium sulfuratum
390
— sulplmrato stibiat-
crystall. 476
Natron 383
— äpfelsaures 911
— Aetliyloxyd, weins. 885
— ätzendes 384
Natronalaon 401
Natron, ameisensaures 831
— ammoniakphosph.395
— arsensaures 395
— arsens. saures 395
— baldriansaures 932
— benzoesaures 669
— boraxs. neutrales 400
— boraxsaures, saur. 399
— bromsaures 389
— camphorsaures 925
— capronsaures 922
— cetylsaures 942
— chlorsaures 388
— chrysammins. 1156
— chrysolepinsaur. 1157
— - citronsaures 867
• — citrons. einbas. 868
— citrons. zweibas. 868
— essigsaures 752
— fettsaures 970
Natronflüssigkeit ätz. 384
Natron flusskieseis. 401
Natronglas 401
Natron, harnsatires 655
Natronhydrat, trockn. 338
Natron jodsaures 390
Natron- Kali, weinsau-
res 885
Natron-Kali, weins. mit
Boraxsäure -Kali 886
Natron, kleesaures 613
Seile.
— kohlens. anderth. 398
— kohlens. basisch 395
— kohlens. doppelt. 398
— kohlens. einfach 395
— kohlens. neutrales 398
— kohlens. säuerl. 398
— meconsaures 847
Natronmetall 382
Natron, metaphosphor. 394
— milchsaures, 816
— ölsaures 967
— phocensaures 923
— phosphorsaures 393
— phosphors. saures 394
— phosphor, wasser-
leeres 394
— picrinsalpeters. 1145
— pyrocitrons. 875
— salicyligs. 688
— salpetersaures 385
Natronsalze 385
Natron, salzsaures 386
— saur. gallensaur. 1370
Natronschwefelleber 390
Natron, schwefligsaur. 391
— schwefelsaures 391
— Schwefels, saures 392
— Schwefels, wasser-
leeres 391
— talgsaures 949
• — überjodsaures 390
— unterbromigs. 389
— unterchlorigsaur. 387
— unterjodigs. bas. 389
— unterschwefels. 391
— unterschwefligs. 391
— wasserleeres 397
— weinsaures 884
• — zerfallenes 397
Natronium 382
Natrum, ammoniato-
phosphoricum 395
— bi-carbonicum 398
— boracicuni 399
— carbonicum 395
— carbonio. perfecte
saturat 398
— carbonic. acidul. 398
— chloratum 387
— chloricum 388
— hydratum siccum 384
— hydochloricum 386
— hypochlorosum 387
— jodic. 390
— h3perjodicum 390
- — muriaticum 386
— nitricum 385
Seite.
Natrum phosphoricum 393
— subcarbonicum 395
— sulphurato-hydro-
thionic. antimomat. 476
— sulphuricum 391
— sulphuric. dilaps. 391
— sulphuric. siceat. 391
Neapelgelb 512
Nelkenöl 1044
Nelkensäure 936
Neroliöl 1040
Nervensubstanz 1376
Neusilber 537
Neulralisiren 180
Neutralsalze 197
Nieotianin 1064
Nicotin 1166
Niccolum 536
Nickel 536
Nickeloxyd, essigs. 757
— Kali, weinsaures 893
— ölsaures 967
— weinsaures 893
Nichtleiter 105
Nichts, weisses 485
Niederschlag 183
Niederschlagung 45
Niederschlagung 183
— von selbst erfolg. 183
Niesswurzharz 1080
Nix antimonii 455
Nitras ammonic. cum
Oxydo hydrargyric. 557
Nitras argenticus 582
— baryticus 406
— cupricus 541
— hydrargyricus 556
— hydrargyrosus 555
— Kalicus 354
— Lixiviae 354
— natricus 385
— plumbi 506
■ — Potassae 354
— sodae 385
Nitrite d’Anthrace-
nase 1310
— d’Anthracenise 1310
— d’Anthracenose 1310
Nitrobenzit 677
Nitrogenium 213
Nitrobenzoyl 679
Nitrohelenin 1063
Nitrolin 1272
Nitroineconinsäure 1117
Nitronaphtalase, Verh.
zu Schwefelwasser-
stoff 1308
01
01
01
29
Seite.
Seile.
Seite.
Nitronaphtalase
1303
Oelsäure, Zers. d. Kali 978
Oleum Foeniculi
1050
Nitronaphtalese
1303
Oelzucker
137
— Galangae
1048
Nitronaphtaleise
1303
Oenanthsäure
933
— Geranii rosei
1047
Nitronaphtalise
1303
Oenanthsäure
978
— juniperi empyreu
i-
Nitronaphtale
1303
Ofenbruch, grauer
485
matic.
1039
Nitronaphtalesins.
1303
Ofenlack
142
— de Kerva
980
Nitronnaphtaleisins.
1304
Offa Helmontii
328
— laurinum aether. 1045
Nitronaphtalese, Verh. zu
Officin
124
unguin.
1021
Schwefelwasserstif. 1309
Olea cocta
153
— Lauro-Cerasi
1042
Nitronaphtalisins.
1304
— expressa
135
— Lavendulae
1053
Nitronaphalsäure
1304
— infusa
154
— ligni juniperi
1039
Nitrophenissäure
1295
Oleen
997
— ligni Rhodii
1047
Nitrophenussäure
1295
Olein
965
• — Limettae
1046
Nitrosalicylsäure
689 Oleophosphorsäure
1378
— Lini
1012
Nitroschwefelsäure
281
Oleum Absinthii
1055
— lini sulphuratum
988
Nitrostyrol
1039
— amygdalarum
1020
— Macis
1048
Nitrosinapylharz
1060
■ — • Anethi
1049
— majoranae
1052
Nitrum
354
— Anisi
1049
— Martis
522
— antimoniatum
353-
— Anisi stellati
1049
— Melissae
1052
— antimon. inspiss.
472
— an. sulphuratum
988
— Menthae crispae
1052
— Argenti
582
— Anthos
1053
— Menthae piperitae 1051
— crudum
354
— Antimonii
460
— Menth. Pulegium 1052
— cubicum
385
— Armoraciae
1062
— millefolii
1055
— depuratuin
354
— Asciae
1014
— Mustelae fluvia-
— fi x UM)
374
— baccar. juniperi
1038
tilis hepatic.
1014
— rhomboidale
385
— Badiani
1049
— Myricae Gale
1059
— tabulatu m
354
— bals. Copaivae
1041
— Naphae
1040
— oxymuriaticum
387
— Basilici aether.
1054
— neröli
1040
Nussöl
1012
— Bergamottae
1046
— Neroli bigarra
1041
0.
— Betulae albae
1057
— Nucistae
1022
— Cacao
1022
— Nucistae aether.
1048
Obergährung
1324
— Cajeputi
1047
— nuc. Juglandium 1012
Ochsenblut, zusam.
1394
— Calami
1049
— Origani cretici
1053
Ochsenfleisch, Zus.
1394
— Chamomillae
1055
— Origani vulgaris 1053
Ochsengalle
1366
— cardamomi
1048
— Ovorum
1021
Ochsenfüsse
1021
— Carvi
1050
— Palmae Christi
980
Ochsenmarkfett
1023
— Caryophyllorum 1044
— fol. et nucl. Per-
Ochsentalg
1023
— Cascarillae
1055
sicorum
1042
Oefen, pharmazeut.
144
— Cassiae cinnam.
1042
— Petroselini
1050
Oelbildendes Gas
774
— de Cedrat
1040
— Phellandriiaquat.1050
Oele, ätherische
177
— de Cedro
1040
— Philadelphi coron. 1058
— Aetherische
1033
— Chaberti
1038
— philosophorum
985
— ausgepresste
135
— Cicinum
1013
— phosphoratum
989
— des Ölbild. Gases
775
— Cinnamomi ceyl. 1039
— Pini rubrum
1038
— fette 981, 1014 u. ff.
— Citri
1039
— Portugallo
1046
— gekochte
154
— Cochleariae
1062
— radic. Filic. Maris 1021
— der holländischen
— Cort. Aurantior.
1040
— Ricini
980
Chemiker
775
— Crotonis
1013
— Rosarum
1047
— infundirte
154
— Cucurbitae
1013
— Rutae
1055
— nicht trockn. 1014 u. ff.
— Cumini
1051
— Sabinae
1039
— Reinigung
1015
— Cypressus
1057
— Salviae
1054
— Schwefels, äth.
1059
— destill. amygd.
— Sassafras
1045
— trocknende 981. 1010
amar.
1042
— seminis Cinae
1056
Oelfirniss 1011.1081
— Euphorbiae Lath. 1013
— Serpentariae
1057
Oelgas
985
— Fici infernalis
1013
— Serpylli
1054
Oelsäure 963 u
. 968
— flor. aurantior.
1040
— Sinapis aether.
1059
— Oxydationsprod.
973
— Flor. Sambuci
1058
— siticum
1328
30
Ox
Pa
Pf
Seile.
Oleum Spicae 1053
— Succini 963
— Tanaceti 1056
— templinum 1038
— terebinthinae 1036
— Tiliae 1056
— Thujae 1057
— Thymi 1054
— valerianae 1054
— vitrioli 268
— Vitrioli dulce 696
Olibanumöl 1056
Olivenöl 1116
Olivil 1118
Olivin 1118
Olivit 1118
Omichmyloxyd 1383
Oonin 1334
Operationen, ehern. 143
• — mechanische 129
— pharmazeutische 129
Operment 311
Opermentküpe 1151
Opian 1198
Opiate 140
Opiumextract 1111
Opiumharz 1153
Opium-Mark 1111
Opodeldoc 704
Orangenblütlienöl 1040
Orcein 1121
Orcin 1119. 1121
Orcin-Bleioxyd 1122
— Silberoxyd 1122
Organische Basen 1159
Orleangelb 1086
Orseille 1126
Osmium 600
Osmiumoxyde 600
Oxaläther 721
Oxalas kalicus 612
— Potassae 612
Oxalium 612
Oxalsäure 609
Oxalsaur. Anilin 1 1 6
— Brucin 1230
- — Kyanol 1297
— Strychnin 1228
Oxalursäure 660
Oxalursaure Salze 1166
Oxamethau 723
Oxamethylan 823
Oxamid 615
Oxichlornaphtalen. 1308
Oxichlornaphtalose 1308
Oxichlorocarbonate
d’oxide demethylene 825
Seite.
39
205
186
186
205
205
Oxid
Oxid
Oxidatio
Oxidation
Oxidoid
Oxydul
Oxydulum et oxidum
Stibii 455
Oxydulum ferricum 514
— Hydrargyri salin. 557
Oxidum aluminicum 340
— argenticum 580
— auricum 590
— baryticum 403
— bismuthicum 479
— Cadmii 493
— caleicum 415
— carbonicum 314
— cupricum 539
— cuprosum 538
— ferricum 518
— ferroso-ferricum 515
— ferrosum 514
— hydrargyricum 552
— hydrargyric. cum
Chloreto ammonico 564
— hydragyrosum 551
— magnesicum 429
— Magnesii 429
— Magnii 429
— plumbicum 503
— stannicum 498
— stannosum 497
— stibicum 457
— Zinci 484
Oxyacanthin 1237
Oxychloras Kalicus 360
Oxygen 198
Oxygenium 198
Oxyiodinsäure 254
Oxymel aeruginis 763
Oxysulphuretum stib. 465
Ozokerit 1313
P.
Palladium 599
Palladiumoxyd, weins. 901
Palmbutter 1022
Palmin 1002
Palminsäure 1003
Palmitin 941
Palmitinsäure 941
Palmöl 1022
Palmwachsharz 1078
Panacea mercurial. 559
Papp 1246
Pappelknospenharz 1080
Seite.
Pappelöl 1057
Parabansäure 659
Parachlornaphtalase 1306
Paracyan 324
Paracyan 648
Para cyansäure 648
Paraffin 1287
Paramenispermin 1234
Paramorphin 1196
Paranaphtalin 1310
Para-Zinnoxyd 499
Parillinsäure 1113
Pariglin 1113
Pariserblau 636
Pastae 166
Pastel vat 1150
Pasten 166
Pastilli 138
Pech 1073
— schwarzes 1074
— weisses 1074
Pectin 1260
— Zusam. 1262
Pectinsäure 1260
— Zusam. 1263
Pectinsäure Salze 1261
Pelosin 1236
Pendel 19
Perchlornaphtalese 1306
Pereirin 1236
Perlmaterie 458
Perseverantia 16
Persio 1126
Persulfid 262
Petersilienöl 1050
Petrolene 1315
Petroleum 1315
Perubalsam, Harz im 1075
Perubalsamöl 694
Peruvin 695
Peucedanin 1114
Peucyl 1037
Peucylen 1037
Pfannenstein 428
Pfeifenstrauchöl 1058
Pfeffermünzöl 1051
PfefFeröl 1041
Pferdeharn, Zus. 1384
Pferdekotli, Zus. 1384
Pferdeschmalz 1024
Pfirsich-Blätter und
Kern-Oel 1042
Pflanzen, Ernährungs-
process 1397
— Zersetz, durch
Fäulnissu. Verwes. 1268
Pflanzenalbumin 1318
Ph
Ph
PI
31
Seite.
Seite.
Seite.
Pflanzenalbumin Zus.
,1348 Phosphor, Brandt’sch. 289 Phytochloraiuon
1097
Pflanzenbasen
1159 Phosphorbromid
203
Picamar
1286
Pflanzencasein
1319 Phosphorbromiir
302 Pichurimcampkor
1045
— Zus.
1348 Phosphorcalcium
1318 Phosphor Canton’s
425
Picliurimöl
1045
Pflanzeneiweiss
423
Picrinsalpetersäure
1144
Pflanzenfaser
1265 Phosphorchlorid
301
Picrinsalpetersaures
Pflanzenfibrin
1318 Phosphorchlorür
301
Ammoniumoxyd
1145
— Zus.
1349 Phosphoreisen
530
— Baryt
1145
Pflanzenlaugensalz,
Pliosphorfeurzeuge
292
— Bleioxyd
1145
ätzendes
350 Phosphorgold
593
— Kali
1145
Pflanzenlaugens., luft- — Homberg’s
419
— Kupferoxyd
1145
volles
374 Phosphorhydrat
292
— Natron
1145
Pflanzenleim
1323 Phosphorige Säure
293
— Quecksilberoxy-
— Zus.
1349 Phosphorjodid
302
dul
1145
Pflanzensäfte
1322 Phosphorjodür
302
— Strontian
1145
Pflanzensäfte, ausge-
Phosphorkali
372
Picrinsalpetersäure
presste
135 Phosphorkalium
372
Salze
1145
— schwefelhaltige
1317 Phosphor, Kunkel’-
Picrinsäure
1144
— Schwefel- u. stick- scher
289
Picrolichenin
1102
stoffhaltige, zus.
1348 Phosphorlösung, äth.
699
Picrotoxin
1108
Pflaster
1004 Phosphormagnium
434
Pigmentum indicum
1184
— englisches
143 Phosphornatrium
392
Pillen
140
— gemengte
152 Phosphoroxyd
293
Pillulae
140
— Leim-
143 Phosphorsäure
294
Pimaron
1073
— weissgekochtes
1019 — Hydrate
296
Pimarsäure
1073
Pharmacie, Begriff
1 — wässrige
296
Piinarsäure, amor.
1073
— chemischer Theil
191 Phosphors. Bleioxyd
508
— hydrat
1073
— Geschichte
3 — Coniin
1230
Pimelinsäure
974
— Hiilfswissenschaft. 7 — Chelerythrin
1201
Pimpinellwurzelöl
1051
— practische
123 — Chelidonin
1200
Pinhoenöl
1023
Phenschwefelsäure
1291 — Cinchonin
1184
Pininsäure
1072
Phenyl
1291 — Eisenoxyd
530 Pineytalg
1023
Phenylhydrat
1292 — Eisenoxydul
530
Pinselsaft
150
Phenylverbindungen 1291 — Glaucopicrin
1202
Piotinige Säure
996
Phyllirin
1115 — Harmala
4240
Piotinsäure
996
Philosophenöl
Phogiston
Phloretin
Phloretinsäure
Phloridzein
Phloridzin
Phloridzin
Phocensäure
Phoenicin
985
202
1229
1129
1128
691
1129
— Kupferoxyd
— Morphin
— Naphtalidam
547 Piperin
1238
1194 Piper nigrum, Harz v. 1080
1308 Pipette
Quecksilber-oxy- Pistillum
dul und Oxyd
— Silberoxyd
— Strychnin
923 Phosphorsilber
1133 FhosphorstickstofF
Phoenicinschwefels. 1 135 Phosphorits
Phosgen
614 Phosphorwasserstoff,
575 Pitoyin
586 Pittakall
1227 Pix alba
586 Pix burgundica
300 Pix navalis
389 — nigra
Plasma
136
130
1187
1289
1074
1073
1074
1074
1387
Phosphatige Säure
Phosplias hydrarg.
— natricus
— sodae
Phosphor
Phosphorammoniak
Phosphorarsen
Phosphor, balduini-
scher
Phosphöi’barium
Phosphorblei
294 fester 299 Platin
575 Phosphorwasserstoff- Platina
392 gas
372 — selbstentzündl.
289 — hydriodsaures
301 Phtalimid
312 Phtalsäure
Phtals. Ammoniak
417 — Silberoxyd
412 Phylloretin
508 Phyteumacola
299 — del Pinto
300 Platinchlorid
300 Platinchlorür
1305 Platinmohr
1305 Platinoxyd
1305 Platin oxydsalze
1305 Platinoxydul
1313 Platiusalmiak
1260 Platinschwamm
595
595
595
598
598
596
598
598
598
599
595
32
Pr
Pu
Ou
Seite.
Platinschwarz 596
Platinsnboxyd 596
Plumbagin 1114
Plumbum 502
— aceticum 778
— chloratum 507
— hyperoxydatum 506
— hyperoxydulatum 506
— jodatum 507
— nitricum 506
— oxydatum citrin. 503
— phosphorio. 508
— sulfuratum 507
— sulphuricum 507
— ustum 507
Pluran 600
Plutonium 403
Pol negativer 115
— positiver 115
Pole, magnetische 119
Poleyöl 1052
Polin 600
Politur 1081
Polychroit 1089
Polychrom 1098
Polychromsäure 1154
P olygalin 1113
Polygala säure 1113
Pomeranzenbitter 1105
— von Widnmann 1105
Pomeranzenblüthenöl 1040
Pomeranzenschalenöl 1040
Pommade phosphoröe 989
Pompholyx 485
Populin 1102
Seite.
Präpariren 131
Präparirstein 130
Presse, hydraulische,
Brahma’s 22
— Decocten- 134
— Platten- 134
— Real’sche 157
— Schalen- 134
— Schrauben- 134
Preussisclie Säure 625
Primelcamphor 1065
Primulin 1119
Princip, mumificiren-
des 1279
— fleischerhaltendes 1279
Principium amarum 1099
Probezinn 512
Propolis 1030
Proportionslehre 53
Protein 1352
Proteinschwefels. 1352
Protid 1354
Protoxyd 205
Prussin 643
Prussineisenkalium 643
Prussineisenkaliumcal-
cium 643
Prussineisenwasser-
stoff 643
Prussinwasserstoff-
säure 643
Pseudoerythrin 1124
Pseudomorphin 1196
Pseudotoxin 1260
Psychrometer Au&.
Seite.
Purpurschwefelsäure 1 1 33
— 1135
Pteleylchlorid 785
Pteleyljodid 785
PjTen 1290
Pyrenase, nitrite de 1290
Pyrethrin 1119
Pyrmesonstein 471
Pyrocitronensäure 874
P3rrocitronens. Salze 875
Pyrogallussäure 858
Pyrogalluss. Salze 858
Pyrolusit 448
Pyromarsänre 1073
Pyroineconsäure 850
Pyrometer 88
Pyrophor 373
Pyrophore 202
Pyrophosphorsäure 297
Pyrophosphors. Silber-
oxyd 587
Pyropin 1365
Pyrrhopin 1200
Pyrrol 1296
Fyrosclileimsäure 808
Pyroschleims. Salze 809
Pyrothonid 1316
Pyroweinsäure, feste, 906
— flüssige 904
Pyroxylic Spirit 1274
Q.
Quadroxalas kalicus 6 1 3
Quassiacamphor 1065
217 Quassiin 1110
Populus nigra, Ha rzv. 1080
Puder
1245 Quecksilber
549
Porcellan
344
Pugillus
126 — versüsstes
559
— Reaurmur’sches
401
Pulpa
167 Quecksilberbromid
566
Porcellanerde
344
Pulver
130 Quecksilberbroinür
565
Potphyroxin
1112
Pulver, englisches
460 Quecksilberchlorid
562
Potschcamphor
1054
Pulver, ganz feines
131 — dreifach bas.
563
Potschöl
1054
— gemengte
137 — oxyd.
563
Polassa pura liquida
350
Pulver, gröbliches
131 Quecksilberchlorid
559
Potassa pura
350
Pulvis
130 Ouecksilberjodür
567
Pottasche
374
— Algarotlii
460 Quecksilbercyanid
632
Pottasche, amerikan.
374
— anglicus
460 Quecksilberjodid
567
— ^calcinirte
374
— antimonialis
457 Quecksilbermercaptid 709
— rohe
374
— Carthusianorum
466 Quecksilbennohr, durch
Potassium
347
— compositus
137 Schmelzen
569
Potenzen
83
• — grossus
131 Quecksilberoxyd
552
Potio Riveri
317
— hypnot. Krieli
568 Quecksilberoxydsalze 554
Pounxa
399
— strumalis
323 Quecksilberoxjd,
874
Praecipitatio
183
— subtilissinius
131 aconits.
— spontama
183
Purgirpilleniinmerwäh- — ameisensaures
832
Praecipitation
45
rende
454 — blausaures
632
Präcipitation
183
Purpurinschwefels.
1134 — baldriansaures
932
Präcipitatum
183 Purpursäure
666 — essigsaures
765
Ra
Rh
Sa
33
Seite.
Seite.
Seite.
Quecksilberoxyd, sal
- 556 Ranzigwerden
982 Rhodium
599
petersaures.
Rasura
130 Rhodiumoxyd u.-oxy
-
— salzsaures
562 Radulminhalt
8 dul
599
— schwefelsaures
574 Rauschgelb
311 Rhodizonsäure
616
— weinsaures
901 Rautenöl
1055 Ricinsäuren
979
Quecksilberoxyd-
Realgar
310 Ricinusöl
980
Ammoniak, Salpeters. 559 Keceptirtisch
125 Rinden, Einsammlung 127
• — salzsaures
564 Receptur
189 Roccellsäure
935
Quecksilberoxydul
551 Reduction
187 Röhrenapparat, Lie-
Quecksilberoxydul-
Reduction
205 big’s
182
salze
552 Reflektion des Lichtes 100 Röhre, Welter’sche
177
Quecksilberoxydul,
Regulus Antimonii
452 Römisch. Kamillenöl
1055
ameisens.
832 — — -jovialis
502 — Kümmelöl
1051
— essigs.
764 martialis
452 Röstung
187
— Black’s graues
576 martial.
534 Roheisen
531
— boraxs.
576 medicinalis
476 Rohstahl
531
— knalls.
622 — Arsenici
302 Rohrzucker
791
— u. - Oxyd,kohlens. 576 Reibschale
130 — Verbindungen dess.
• — Picrinsalpeters.
1145 Reibung
20 mit Basen
793
. — u. - Oxyd, phos-
Remanens
131 — Zersetzungsprod. 799
phorsaures
575 Repulsion
8 Roob
167
- — Salpeters.
554 Resina alba
1073 Rosengeraniumöl
1047
— salzsaures
559 — Bals. Copaivae
1074 Rosenholzöl
1047
— weinsaures
901 — Cautschuc
1066 Rosenöl
1047
Quecksilberoxydul-
— Cupri
541 Rosmarin
1054
Ammoniak, basisch. — elastica
1066 Rosmarincamphor
1054
salpetersaures
557 — Guajaci
1076 Rosmarinöl
1053
Quecksilberpräcipitat, — Jalappae
1078 Rosolsäure
1298
rother
552 — Pini
1073 Rossschwefel
260
— weisser
564 Resinae
1068 Roth, englisches
518
Quecksilberseife
1020 Resineon
1073 Rotulae
138
Quecksilbersulfür
568 Resinon
1073 Rubinsäure
864
Quecksilbersulfid
568 Retinaphta
1082 Rubinschwefel
310
- — rothes
570 Retinasphalt
1311 Rufinschwefelsäure
1134
Quecksilber Vitriol
574 Retinit
1311 Ruhe
16
Quellsäure
1273 Retinol
1083 Rumicin
1087
Quellsatzsäure
1274 Retinsäure
1311 Russ
1316
Ouellsaure Salze
1273 Retisteren
1084 Ruthenium
600
Quendelöl
1054 Retinyl
1083 Rutilin
691
Quercitrin
1088 Retorte
174 q
Quereitrongelb
1088 Reverberirofen
144
Quercitronsäure
1088 Revivication
187 Saamen, Einsammlung 128
Quinin
1173 Rhabarbarin
1087 Sabadillin 1215. 1217
Ouinquesulphuretum
Rhabarberbitter
1087 Sabadillsäure
924
~ Kalii
366 Rhabarbergelb
1087 Sacharate
793
Quintessenz
153 Rhabarbersäure
1087 Sacharum Saturni
758
Quittenkernschleim
1258 Rhabarberstoff
1087 Sachulmin
800
Quittenschleim
152 Rhamnusbitter 1107. 1191 Sachulminsäure
800
— Zus.
1262 Rhamnus cathartica,
Sadebaumöl
1039
Radical
40 blr. Farbstoff
1097 Sächsisches Blau
1151
— zusammengesetzt. 40 Rhamnusgelb
1089 Sättigungscapacität
193
Radicale, zusammen
Raphanus sativus, blr. Säuerlinge
317
gesetzte
192 Farbstoff
1096 Säule, Zambonische
118
Radicale, zusammen
Rhaponticin
1087 Säuren, Begriff
152
gesetzte
601 Rhein
1087 Säure, arsenige
302
Räucherkerz.
142 Rheinfarrnbitter
1100 — chlorige
237
Rahm
183 Rheinfarrnöl
1056 — hydrobromige
251
Geiger’s Qandb. 1 Band, 5te Auflage. 3
34 Sa Sa Sa
Seite.
Seite.
Seite.
Säure, hydrothionige
Sal urinae nativum
395 Salpeters Brucin
1230
flüssige
275
— vegetabile
881 — Chelidonin
1200
gasförmige
275
Salia essentialia
168 — Cinchonin
1184
— hypophosphorige
293
Sal narcoticuin vitrioli 332 — Coniin
1171
— hyposchw eilige
265
— sedativuin Hom-
— Eisenoxyd
520
• — Nomenklatur
21)5
bergi
332 — Eisenoxyd-Ammo-
— org. Theorie
604
— volatile Saiis Am
niak
523
— phosphatige
294
moniaci
325 — Eisenoxydul
520
— phosphorige
293
cornuCervisic
— Kadmiumoxyd
494
— salpetrige
219
cum
325 — Kyanol
1297
— salzige
240
Salep
1259 — Morphin
1194
■ — schweflige
265
Salbeiöl
1054 — Silberoxyd
582
— selenige
287
Salben
151 — Silberoxyd- Am -
— tellurige
288
— gemengte
1 5 1 moniak
584
— unterchlorige
235
Salicin
690 — Strjchnin
1227
• wässrige
236
Salicyl
685 — Quecksilberoxyd
l 556
— untersalpetrige
219
Salicylchlorid
688 — Quecksilberoxy-
— unterschwellige
265
Salicylige Säure
686 dul
554
— unlerjodige
254
Salicyligsaure Salze
687 — Zinkoxyd
487
— unterphosphorige 293
Salicylimid
687 — Zinnoxyd
499
- — Voghesische
908
Salicylsäure
686 — Zinnoxjdul
499
Saflorgelb
1089
Salicylsäure
688 Salpetersalzsäure
244
Saflorroth
1092
Salicylwasser-
Salpeterstoff
213
Safranöl
1046
stolf 685. 682 Salpeterturpith
557
Saftgrün
1097
Salmiak
245 Salpetrige Säure
219
Sagapenöl
1056
— braunschwpiger
245 Salpetrigsaures Blei
Sago
1245
— fixer
417 oxyd
506
Sal acetosellae
612
— Glauber’s geheim. 285 Salseparin
1113
— Alkali volatile
— sublimirter
245 Salze
39
sic cum
325
Salmiakblumen, ein-
— äpfelsaure
911
— amarum
432
fache
245 — alaunerdesaure
342
— aramoniacum
245
— eisenhaltige
523 — alkalische
39
aegypt.
245
Salmiakgeist, ätzend.
227 — anthranilsaure
1147
depur.
245
— weiniger
702 — antimonsaure
458
fix um
417
— wässriger
328 — arsenigsaure
305
secret. Glau-
Salpeter
354 — arsensaure
30S
ben
285
Salpeteräther
717 — asparaginsaure
1159
— anglicum
432
Salpeterätherwein-
— baldriansaure
931
— armoniacum
245
geist
720 — Begriff
192
— auri philosophic.
371
Salpeter, cubischer
385 — bernsleinsaure
959
— catharticum
432
Salpetergas
218 — bromsaure
25U
— culinare
386
— dephlogisticirtes
217 — buttersaure
921
— de duobus
369
Salpetergeist
220 — camphorsaure
925
— digestivum Sylvii 355
— versüsster
720 — capronsaure
922
— essentiale tartari 876
— getäfelter
354 — chinasaure
918
— febrifugum Sylvii 355
Salpeterluft
213 — chlorsaure
239
— Geminae
386
Salpeternaphta
717 — chromsaure
445
— marinum
386
Salpeter, prismati-
— chrysammins.
1155
— martis
528
scher
354 — eoeinsaure
939
— microcosmicum
395
— rhomboidaler
385 Salz, Desrosne’sches
1 198
— mirabile Glaube ri 391
Salpetersäurehydrat
221 — Ebsamer
432
perlatum
392
Salpetersäure, rau-
Salze, elaidinsaure
971
— polychrestum Gla-
chende
223 Salz, englisches
432
seri
369
— rothe
221 Salze, fettsaure
969
Lemerianum
369
— salpetrige
219 — fumarsaure
917
Parisiense
369
— unvollkommne
219 — hydriodsaure
257
• — tartari
374
Salpeters. Atropin
1212 — hydrobroinigs.
251
Sa
Sa
Sc
35
Seite.
Seite.
Seite.
Salze, hydrobroms.
251
Salzsäure, oxydirte
231 Sambucus nigra, blauer
— jodsaure
255
wässrige
234 Farbstoff’.
1096
— karbolsaure
1293
— oxygenirte
231 Sandarac
1078
— kieselsaure
337
— rauchende
241 Sandarach
310
— kohlensaure
317
— vollkommene
231 Sandbäder
146
— maleinsaure
915
— wässrige
241 Sandelroth
1091
— mangansaure
449
Salzsaures Atropin
1212 Sanquinarin
1233
— margarinsaure
944
— Brucin
1229 Sautalin
1091
— molybdänsaure
442
— Chelidonin
1200 Santonin
1100
— korksaure
955
— Chinin, bas.
1177 Scammonium, Harz
— naphtinunter-
neutr.
1 1 77 von
1079
scbwefelsaure
1301
— Chlorbromnaphta- Schafgarbenöl
1055
— naphtalinunter-
läse
1307 Schall
34
schwefelsaure
130
— Chlornaplitalase 1306 Schatten
99
— neutrale
39
— Chlornaphtalese 1306 Stheel
441
— neutrale
194
— Cinchonin
1183 Scheeloxyd
441
— ölsaure
964
— Coniin
1171 Scheelsäure
441
— oenanthsaure
934
— Glaucin
1201 Seheel’sches Grün
547
— picrinsalpeters.
1145
— Glaucopicrin
1202 Scheererit
1312
■ — phooensaure
923
— Kupferoxyd-Am-
Scheidekolben
174
— phospbors.
298
moniak
542 Scheidetrichter
136
— pyroweins. 905. 907
— Kyanol
1297 Scheidewasser
223
— quellsaure
1273
— Morphin
1194 Scheidung durch die
— pyropliosphors.
298
— Quecksilberoxyd
562 Quart
588
Salze, salpetersaure
225
— Quecksilberoxy-
Schellack
1077
— saure
39
dul
559 Scherbenkobalt
302
— saure
194
— Quecksilberoxyd
Schieferweiss
510
— sclieelsaure
441
Ammoniak
564 Schierlingsstoff
1168
— Schwefelsäure
274
— Strychnin
1226 Schiffspech
1074
— schwefligsaure
267 Sapo
167 Schiffstheer, trockn.
1082
Salz, Seidschützer
432
— aceti
744 Schillerstoff
1098
— Seidlitzer
432
— medicatus
1016 Schlämmen
132
Salze, talgsaure
945
— guajacinus
1077 Schlagweite der Elec
— tantalsaure
441
— stibiatus vel anti
tricität
106
— tartralsaure
903
moniatus
1017 Schlangenwurzelöl,
— tartrelsaure
904 Saponin
1112 virginisches
1057
— traubensaure
908 Saponinsäure
1112 Schleim
148
— übermangansaure 451
Sarcocollin
1265 — Zus.
1258
— unterschwefligs.
265
Sassafrasöl
1045 — Thier-
1345
— unterbromigsaure 249
Sassolin
332 Schleimige Gährung
813
— unterchlorigsaure. 237
Satzmehl
1244 Schleimiges Gummi
1258
— unterphospliors.
299
Saturnus
502 Schleimsäure
807
— unterschwefels.
268
Sauerkleesalz
612 — modificirte
808
• — vanadinsaure
444
Sauerkleesäure
609 Schleimsaure Salze
807
— vanadinigsaure
443
Sauerstoff
198 Schmelz
499
Salz der Weisheit
564
Sauerstoffbasen
58 Schmelzen
92
Salze, Zircouerd-
339
Sauerstoffchlorschwe
186
Salzäther, leichter
706
felkohlenstoff
331 Schmelzpunct
15
— schwerer
771
Sauerstoffmesser
215 —
92
Salzlösungen
148
Sauerstoffsäuren
58 Schmelztiegel
186
Salznaphta, leichte
706
Sauerstoffsalze
193 Schmiedeisen
513
Salzsäure
240 Sauerstoff, tropfbar!!.
211 Schmierseife
1005
— dephlogistisirte
231
Sauerstoffverbindun-
Schminkläppchen,
gemeine
241
gen, Nomenklatur
blaue
1097
— hyperoxydirte
238
der s.
205 Schnellloth
512
Salzsäure-Üyper-
Saunder’s, sclrwarzes
Schobelt’scher Liquor 530
oxydul
231
Quecksilberoxydul
565 Schöllsäure
3*
1031
'l
36
Sc
Sc
Sc
Seite.
Schriftmetall 512
Schwaden, feuriger 319
Schwämme, Einsamm-
lung i«8
Schwamm, präparir-
ter 143
Schwammsäure 1032
Schwammzucker 809
Schwefel «60
Schwefeläther 696
Schwefeläther -Wein-
geist 704
Schwefelalkohol 329
Schwefelalumium 3^3
Schwefelammonium,
einfach. 281
— im Maximum 283
— Scheidungsmittel 284
Schwefelantimon, an-
derthalbfach. 468
— calcium 477
— doppelt. 468
— einfach. 463
— füniTach. 468
• — gewöhnliches 463
Schwefelantimon-Na-
trium krystall. 476
Schwefelantimon-Nie-
derschlag, doppelt. 468
Schwefelantimon-
Quecksilber 577
Schwefelantimon, drit-
tehalbfach. 468
Schwefelarsen, einf. 312
• — fünffach. 312
— gelber 311
— rother 310
Schwefelarsensalze 312
Schwefelbalsam 988
Schwefelbarium 409
— schwefelwasser-
stoffsaures 411
Schwefelbaryt 410
Schwefelbenzoyl 672
Schwefelblausäure 645
Schwefelblei 507
Schwefelblumen 261
— gewaschene 261
Schwefelboron 335
Schwefelcalcium 422
— schwefelwasser-
stoffsaures 423
— wässriges 423
Schwefelchrom 445
Schwefelcyan 645
Schwefelcyan- Ammo-
nium 646
Seite.
Schwefelcyanblei 617
Schwefelcyankalium 646
Schwefelcyankupfer 647
Schwefelcyanmetalle 646
Schwefelcyansilber 647
Schwefelcyanwasser-
stoffsäure 645
Schwefele yanwasser-
stoffs. Stry chnin 1227
Schwefelcyanwasser-
stoff- Schwefelwas-
serstoff 651
Schwefeleisen, achtel 525
— anderthalb 527
— doppelt 527
— einfach 525
Schwefelgeist, flüch-
tiger 265
Beguin’s 283
Schwefel, gereinigter 261
Schwefelgold 593
Schwefelkadmium 494
Schwefelkali 366
Schwefelkalium 366
Schwefelkalium-
Schwefelwasser-
stoff 369
Schwefelkalk 422
Schwefelkohlenstoff 329
Schwefelkupfer, einf. 543
— dopp. 543
Schwefelleber 367
• — alkalinische 366
— flüchtige 283
— kalkerdige 422
Schwefelleberluft «71
Schwefelinagnium 432
— wässriges 432
Schwefelmangan 452
Schwefelmilch 262
Schwefelmolybdän 443
Schwefelmolybdän-
salze 443
Schwefelnatrium 390
Schwefelnatron 390
Schwefelniederschlag 262
Schwefeloxyd «65
Schwefelquecksilber,
amorph. 568
— schwarzes 568
— einf. 568
— dopp. 570
— rothes 570
Schwefelrubin, Be-
guin’s 1036
Schwefelsäure 268
— englische 269
Seite.
Schwefelsäurehydrate 2 7 1
Schwefelsäure, Nord-
häuser
269
— rauchende
269
— untersalpetrigs.
280
— verdünnte
273
— wasserfreie
269
Schwefels. Atropin
1213
— Aricin
1187
— Bleioxyd
507
— Brucin
1230
— Chelerythrin
1201
— Cbelidonin
1200
— Chinin, bas.
1178
— Cinchonin
1184
— Daturin
1207
— Eisenoxyd
529
— Eisenoxydul
528
— Glaucin
1202
— Glaucopicrin
1202
— Kadmiumoxyd
495
— Kreosotkali
1285
— Kupferoxyd
544
— Kupferoxyd-Am-
moniak, bas.
546
— Kupferoxyd-Eisen-
oxydul
549
— Kupferoxydkali
548
— Morphin
1194
— Naphtalidam
1308
— Quecksilberoxyd
[ 574
— Silberoxjd
586
— Strychnin
1227
— Wismut hoxyd
482
— Zinkoxyd
488
bas.
491
— Zinnoxydul
501
Schwefelsalz, Stahl’s 369
Schwefelsalze
196
—
262
Schwefelscheel
442
Schwefelsilber
586
Schwefelsilicium
339
Schwefelspiessglanz
463
Schwefelstickstoff
281
Schwefel, sublimirter 261
Schwefeltantal
441
Schwefeltitan
440
Schwefeluran
446
Schwefel vanadin
444
Schwefelwasserstoff
277
Schwefelwasserstoff
äther
707
Schwefelwasserstoff-
Ammoniak
281
—
282
Schwefelwasserstoffs. 277
Se
Si
Sp
37
Seite.
Seite'
Seite.
Schwefelwasserstoff
Senföl, flüchtiges
1059
Silberoxyd mecons.
848
Schwefelammonium 282
Sennesblätterbitter
1107
- — myristins.
940
Schwefelwisimith
482
Sepium, Harz von
1079
— oxalurs.
660
Schwefelyttrium
438
Serratula tinctoria, gel-
— palmins.
1003
Schwefelzink
488
ber Farbstoff,
1089
— phosphors.
586
Schwefelzinn
501
Serolin
1394
— phtals.
1305
— dopp.
501
Serum
1318
— pyroweins.
906
Schwellige Sälire
265
—
1387
— salicyligs.
688
wässrige
267
Serpentarin
1119
■ — Salpeters.
592
Schwefligsaures Kup
-
Serpentin
437
Silberoxydsalze
581
feroxydul
544
Sesquisnlphuretum
Silberoxyd, Schwefels. 586
Schweineschmalz
1024
Stibii
463
— traubens.
909
Schweinfurtergrön
764
Sevenbaumöl
1039
— weins.
901
Schwere
9
Sevum
1023
Silbersalpeter
582
Schwererde
403
— bovinum
1023
Silicia
336
• — kohlensaure
412
— cervinum
1023
Silicium
335
— salzsaure
407
— hircinum
1023
— kalium
379
Schwerpunct
19
— ovillum
1023
Similor
549
Schwerspath
411
Sicherheitslampe,
Sinammin
1171
Schüttgelb
1088
Davy’s
201
Sinapin
1062
Schusterpech
1073
Sicherheitsröhre, Wel
Sinapolin
1171
Sclerotica, Zus.
1362
ter’sche
181
—
1060
Spangrün
762
Sieb
131
Smilacin
1113
Scillitin
1106
Sieden
94
Soda
395
Scordiumbitter
1104
Siedepunct
94
— alicantische
396
Scutellarin
1119
SHber
578
— cruda
395
Sealoil
1014
Silberglätte
503
— rohe
395
Secundenpeudel
19
Silberglättpflaster
1017
— hispanica
396
Sedativsalz
332
Silberhyperoxyd
581
— alicäntina
396
Sedlitz-Powder
399
Silberoxyd
580
— pura
384
Seeeiche, verkohlte
323
— aeonits.
874
Sodawasser
399
Seehundsthran
1014
— alloxansaures
658
Soda-Water
317
Seekalbthran
1014
Silberoxyd- Ammo-
Sodium
382
Seide
1348
niak, salpetcrs.
584
Sol -
588
Seidelbastbitter
1104
Silberoxyd, arsenig-
u.
Solanin
1213
Seidelbastharz
1081
arsensaures
587
Solaninsäure
1033
Seidenwurmsäure
1033
— äpfelsaures
915
Solanium
1213
Seife 1004 ff. 1016
— ameisens.
833
Solut. Jodeti Hydr. in
Seifen, feste harte
Silberoxyd-Antimon-
Aethere
700
1005. 1007
oxyd, weins.
901
Sonne der Metalle
588
Seifenkraut-Satz-
Silberoxyd, baldrian
-
Spaniolitmin
1127
mehl
1253
saures
932
Spannung der Dämpfe 94
Seifenleim 1005. 1017
— benzoesaures
670
— der Electricität
107
Seifensiederlauge
384
— camphors.
926
Sparadrap
142
Seifenspiritus
704
— chinasaures
919
Spartiin
1119
Seihetuch
132
— chloracetylsaures 771
Spathum fluor.
422
Selen
286
— chromsaures
587
— ponderosum
411
Selenium
286
— chrysammins.
1156
Spathsäure
259
Selenoxyd
287
— chrysolepins.
1157
Species
137
Selenige Säure
287
— cocins.
939
— ad cataplasmata
, 137
Selensäure
287
— cyans.
621
— ad fomentum
137
Selenit
424
— cyanurs
625
— zu Bähungen
137
Selterswasser
399
— elaidins.
971
— zu Umschlägen
137
Senega, Harz von
1080
— essigs.
766
Specifisches Gewicht
Senegin
1113
— fettsaures
970
der Dämpfe
95
Senfölammoniak
1060
— knaUs.
623
Speckstein
437
—
1171
— kohlens.
587
Speichel
1380
38
S,»
Speichelstoff
Speisebrei
Sperma Ceti
Spiauter
Spicköl
Spiegel
Spiegelmetali
Spiessglanz
Spiessglanzasche
St
St
Saite.
Seite.
Seite.
1381
Spirit, fumans Libavii 500
Stannum sulfuratum
501
1379
— Minderer! 750
Slaphisain
1221
1025
— inuriatico aethe-
Status nascens
46
483
reus 771
Steingut
344
1053
— nitri acidus 220
Stearin
947
100
— nitri dulcis 720
Stearopten
1034
549
— nitrico-aeth. 720
Stechpalmenbitter
1104
452
— Salis ammoniac.
Steinkohlen, Prod. d.
457 aquos
328 trockn. Destillation 1291
* 9 v/u. va»u vi ui. nii.
Spiessglanzblumen 455 Ammoniaci cau- Steinkohlentheeröl, Z
Spiessglanzbutter 460
Spiessglanzglas 455
Spiessglanzkalk, Hoff-
mann’s 477
Spiessglanzkönig 452
— medicinischer 476
Spiessglanzleber 473
— antimonoxydfreie 473
— antimonoxydhal-
tige 473
— antimonige Säure
haltende 473
— kalkerdige 477
— natronhaltige 476
Spiessglanzmohr 577
Spiessglanzöl 460
Spiessglanzoxyd, sal
peters. bas.
— verglastes
— schwefelhaltiges
hydrothionsaures 468
Spiessglanzoxydul 455
— Schwefels, bas.
Spiessglanzoxydul fl iis
241
704
459
455
470
sticus
vin.
communis
fumans Glau-
ben
— saponis
— sulph. aeth. mart. 704
— sulphurico-aeth. 704
— sulphuris per cam-
panum 265
volat. Beguini 283
— terebinthinae
— vini aeth.
mart.
— Vitrioli
Spiroylsäure
Spir03 lwasserstoff-
säure
Spitzbeutel
Spongia cerata
praeparata
227 d. Salpetersäure 1295
702 Steinöl 1315
241 Steinsalz 386
Steinzeug 344
Stempel 130
Sternanisöl 1049
Stibium 452
Stibium oxyd a tum 457
— oxidatum album
abutum 47 1
— oxydulatum 455
— sesq ui chloratum 460
— sulphuratum nigr. 463
1036
704
704 Stickgas oxidirtes
273 — oxidulirtes
689 Stickoxid
Stickoxydul
686 Stickstoff
132 Stinkasantöl
142 Stockfischthran
143 Stocklack
sigkeit, salzsaure 460 Sprödigkeit
Spiessglanzsafran 475 Stabeisen
Spiessglanzsalpeter 353 Stäbchen
— eingedickter 472 Stärke
Spiessglanzschwefel 468
— rother 466
Spiessglanz, schweiss-
treibendes gewasche-
nes 471
Spiessglanzseife 1016
Spiessglanztinctur,
scharfe oder tar-
tarisirte 703
Spiessglas 452
Spiegelin 1119
Spiraea ulmaria, äthe-
risches Oel 690
Spiraeain 1090
Spiritus abstractus 179
— acetic. aethereus 749
— aromaticus 179
— Cornu Cervi 326
Cervi succinat. 959
Spongiae combustae 322 Stöckchen
Sprengeisen
Springkörneröl
217
217
218
217
313
1062
1014
1077
139
174 Stoffe, ätherische 85
1013 Stoff säurezeugender 198
10 Stopfwachs 1030
513 Storax, Harz im 1075
139 Sto raxöl 1039
1245 Strahlenbrechung don. 101
Stärkezucker
795
. O ■
btramonm
1207
Stärk mehl
1244 Streupulver
140
— Zusam.
1253
Strontian
413
Stärkmehlart. Faser
1254
Strontianerde
413
Stärkmehl, holzartig.
1254 Strontiauhydrat
413
— Yerh. zu heissem
Strontian, ameisens.
— camphorsaurer
831
Wasser
1246
925
— Vertu zu Säuren
1247
— capronsaurer
922
Stahl
531
— essigsaurer
754
Stahl’s alkal. Eisen-
— jodsaurer
414
tinctur
534
— Kali, weinsaurer
888
Stahlkugeln
891
— kohlensaurer
414
Stahlwasser
533
— margarinsaurer
944
Stahlweinstein
891
— natron weinsaures 888
Stangenschwefel
260
— ölsaurer
967
Stanniol
496
— phocensaurer
923
Stannum
495
— picrinsalpeters.
1145
— indicum
483
— P3'rocitronens.
875
— oxydatum
498
— salpetersaurer
414
Su
Su
Ta
39
Seite.
Strontian, Schwefels. 414
Strontianseife 1010
Strontian, weinsaur. 888
Strontium 413
Strychnin 1223
Strychninsalze 1226
Strychnin jo dsaur. 1227
— Cyanwasserstoffs. 1 227
eichengerbsaur. 1228
— essigsaures 1228
. — Jodwasserstoffs. 1227
— kohlensaures 1228
— oxalsaures 1228
— phosphorsaures 1227
— schwefelcyanwas-
serstoffsaueres 1227
. — salpetersaures 1227
— salzsaures 1226
— Schwefels. 1227
. — weinsaur. 1228
Strychnium 12-23
Stückgut 549
Styracin 1076
Styracon 1076
Styrol 1039
Styrol 1076
Styroloxyd 1039
Subacetas cupricus 762
Subcarbonas natricus 395
— Sodae 395
— Potassae 374
Suberin 1268
Sublimat, ätzender 562
Sublimate 180
Sublimatio 180
Sublimation 180
Subnitras bismuthicus 481
Sub-nitras Stibicus 459
Suboxyd 205
Subphosphas calcicus 425
Substanzen, eingem. 139
— überzuckerte 139
Sub-sulphas Stibicus 470
Succi expressi 135
— inspissati 167
Succinamid 958
Succinas Ammoniae
liquidus 959
Succinon 960
Succinum 961
Succisteren 1312
Süsserde 345
Süsserdesalze 345
Süssholzzucker 1264
Süssstoff v.Abrus prae-
cator.' 1265
— des Engelsüss 1265
Seite.
Sulfhydrate de sulfure
de methylene 820
Sulfid 39
Sulfid 262
Sulfobenzid 677
Sulfisatin 1 1 40
Sulfisatyd H40
Sulfobenzid-unter-
scliwefelsäure 677
Sulfocarbonate d’oxyde
de methylene 824
Sulfo chlorisaty d 1 1 40
Sulfodraconsäure 1056
Sulfocyanide 646
Sulfo cyanüre 646
Sulfonaphtalid 1302
Sulfonaphtalin 1302
Sulfosinapin 1062
Sulfür 262
Sulfurete 262
Sulpharsin "<87
Sulphas aluminae 343
Alum. et Potassae 381
— aluminic o -K alicu s 38 1
. — aluminicus 343
— argentic. 586
- — barytae 411
— bary ticus 411
— cadmicus 495
— Calcariae 424
— calcicus 424
— biammonico - cu-
pricum 546
— Cupri 544
— ferrico-kalicus 534
— ferricus 529
— ferrosus 528
— hydrargyric. 574
— Kalicus 369
— Lixiviae 369
— magnesiae 432
— magnesicus 432
— natricus 391
— Potassae 369
— Sodae 391
— zincicus 489
Sulfidum arsenicum 312
Sulphidum arseniosum311
Sulfidum carbonicum 329
Sulphidum hypoarse-
niosum 310
— hypostibiosum 463
— stibicum 468
— stibiosum 468
Sulphostibias calcic. 477
Sulpho-Stibias na-
tricus c. aq. 476
Seite.
Sulphur 260
— aurat. Antim. 3ia
ppt. 468
— auratum liquidum 1017
— caballinum 260
— citriuum 260
— depuratam 261
— stibiat. aurantiac. 468
— stibiat. rubeum 466
— sublimatum 261
Sulphuretum barii 410
Sulfuretum Calcii 422
Sulphuretum carbonei 239
— Cupri 543
— ferrosum 525
— hydragyric. 568
— Stanni 501
— stibicum 463
— Stibii c. Calcio 477
— Stib. et Natriie.
aq-
— Stibii rubeum 466
Sumpf luft 319
Superoxydum mang. 448
Surinamin 1237
Sylvinsäure 1072
Synaptas 638
Synaptas 1321
Syringa vulgaris,
Oel von 1058
Syringabitter 1104
Syrupe 149
. T.
Tablettes
Tabulae
Täfelchen
Takamahaka
Talcium
Talg
Talg, reiner
Talgarten
138
139
139
1078
429
1023
947
1021
Talgsäure 942 u. 950
Talk 437
Talkerde 429
Talkerde 429
citronsaure 869
— kohlensaure 435
Tanacetin H00
Tanacetsäure 1033
Tangentialkraft 18
Tanghincamphor 1065
Tanghinin Hl®
Tanghincamphor 1065
Tannenrinde, Hauptb. 1268
Tannenzapfenöl 1083
Tanningenium 851
40
Te
Th
Ti
Seite.
Tantal 441
Tantalige Säure 441
Tantaloxidsalze 441
Tantalsäure 441
Tautalsäurehydrat 441
Tantalsäure -Kali,
weinsaures 894
Tapioeea 1245
Taraxacin 1119
Tartarisirter Wein-
stein 881
Tartarus 880
— ammoniatus 882
^ — boraxatus 886
— chalybeatus 891
— ferratus 891
— solubilis 881
— solubilis ammon. 882
Thebain
Thee
Thein
Theobromin
Theeöl
Theespecies
Theorie
— atoinistische
— Stahl’s phlogis
tische 202
Thernioelectricität 121
Thermomagnetismus 121
Thermometer Celsius’* 88
Seite.
1 196
1243
1240
1240
1058
137
64
65
Seite.
186
1345
332
152
1 50
153
— tartarisatus 881
— vitriolatus 369
— vitriolisatus acid. 371
Tartralsäure 903
Tartras Kalico-ammo-
nicus c. aqua 882
— Kalico-ferricus 891
— Kalico-stibicus 898
— Kalicus 881
— Kalicus acidulus 880
— potassae 881
Fahrenheit’s
— Röaumur’s
Thieröl
Thiere, Ernährungs-
process
Thieralbumin
Thieralbumin
Thiercasein
— lösliches
— Fäulniss
— Zus.
Thierfibrin
— Zus.
Thierkohle
Thierschleim
— Zus.
potassae acidulus 880 Thierstoffe, Schwefel
haltige
88
88
709
1397
1333
1349
1338
1339
1343
1350
1337
1350
321
1345
1351
— potassae et am
moniae
882
— potassae boraxat. 886
— Potassae et oxidi
Ferri
891
Tartrelsäure
903
Taurin
1372
Tausendgüldenkraut
bitter
1100
Tekoretin
1313
Telerythrin
1126
Tellur
288
Teilurige Säure
Tellursäure
288
288
Tenakel
132
Tereben
1037
Terebilen
1037
1074
1081
1036
1037
Terpentin
Terpentin-Firniss
Terpentinöl
Terpentinsäure
Terra foliata Tartari 751 Thorit
— foliata tart. cri-
stallisabilis
— muriatica
— ponderosa
1317
— Schwefel, u. stick-
stoffhaltige, Zus. 1349
Thionursäure 661
Thionursaure Salze 661
Thiosinnamin 1171
Thonerde 340
— ameisensaure 832
— benzoesaur. 670
— eitronsaure 869
— essigsaure 754
— gerbsaure 853
— honigsteinsaure 618
— Kali, weinsaures 891
— salzsaure 343
— schwefelsaure 343
— weinsaure 890
Thonsilicat, wasserh. 344
Thorium
Thorerdehydrat
Thorerde-Salze
Thujaöl
752 Thymianöl
429 Tiegel, hessische
403 — Passauer
salita 407 — Ypser
34b
345
345
345
1057
1054
186
186
186
TigiUa
Tikkur
Tincal
Tincturae
Tincturen
— einfache
— zusammengesetzte 153
— acetatis ferri.
Phar. Edinb.etDubl.756
— Antim. aciis. s.
tart. 703
— Antimonii Jacobi 1017
— ferri acetici aeth. 756
— ferri muriat. 521
— gallarum 860
— guajaci ammon. 1077
— guaj. Simplex 1077
— iodi 702
— Kalina 703
— Martisadstringens. 756
— Mart, alcal. Stahls. 534
— Marlis pomata et
cydoniata 914
— Martis tartarisata
Ludovic. 893
— Moschi artificialis 963
— sal. Tartari 703
— tonico-nerv. Best. 704
— Vener. volat. 541
Tinte, sympathetische 535
Tischler-Firniss 1081
Titan 439
Titanoxid 440
Titanchlorid, wässri-
ges 440
Titanoxidsalze 440
Titansäure 440
Titansäurehydrat 440
Titansäure, weinsaure 894
Tödten d. Quecksilbers 550
Töpfergeschirr 344
Töpferthon 344
Tomback 549
Tonkastearopten 1048
Torfharz 1080
Torfsäure 1272
TorfjZersetzungspro-
ducte darin vork.
Pflanzenüberreste d.
Alkal. 1270
Torrefactio 187
Tostio 187
Toulouron Oel 1014
Tournesol, blaue 1097
Trägheit der Masse 16
Tränk chen 150
Tragantschleim, zus. 1262
Ur
Seite.
Traganthstoff 1259
Traganthsyrup 1259
Traubenkrautöl 1057
Traubensäure 908
Traubenzucker 794
— Zersetzungsprod. 799
Tremellin 1119
Trinitrite d’anthrac. 1310
Trisulphuretum Kalii 366
Tritoxid 205
Troschisci 138
Trogapparat 113
Tropfen 150
Tropfgläser 126
Tropfstein 428
Tubulat-Retorte 174
Tubulus 174
Tulpenbaumbitter 1102
Tungsteinmetall 441
TurnbuH’s Blau 641
Turpethum, Harz von 1079
— minerale. 574
Turpith, mineral. 574
Tutia 485
u.
üeberbromsäure 250
Ueberchlorsäure 239
Ueberjodsäure 255
Uebertnangansäure 459
Ueberschwefelcyan-
wasserstoffsäure 650
Ulmin 1270
Ulminsäure 1270
Ultramarin, künstlich. 402
Unterchlorige Säure 235
Untergährung 1324
Unterjodige Säure 254
Untermargarylsäure 950
Unterphosphorsäure 293
Unterphosphorige S. 294
Unterpicrotoxinsäure 1109
Unterpiotinige Säure 996
Untersalpetersäure,
chlorhaltige 244
Untersalpetrige Säure 219
Untersalpetrigsaure
Schwefelsäure 280
Unterschwefelsäure 267
Unterschwefelsaures
Chinin 1179
Ve
Uranchlorid
Uranchlorür
Uranoxyd
Uranoxydhydrat
Uranoxydhydrat
Uranoxydsalze
Uranoxydul
Uranoxydulhydrat
Uranoxydulsalze
Urarin
Urethan
Uril
Urilsäure
Urinküpe
Ustio
Y.
Seite.
446
446
446
446
446
446
446
446
446
1231
726
654
654
1151
185
Unterschwellige Säure 265
Unschlitt 1023
Uramil 662
Uramilsäure 662
Uramilsaure Salze 663
Uran 445
Vaccinium Myrtillus,
bl. Farbstoff 1096
Valerianaldehyd 932
Valeriansäure 930
Valeron 933
Vanadin 443
Vanadinchlorid 444
Vanadinoxyd 443
— weinsaures 895
Vanadinoxydhydrat 443
\anadin0x3dsalze 443
Vanadinsäure 444
\anadinschwefelsalze 444
Vanadinsuboxid 443
Vanadinsuperchlorid 444
Vanadinsuperchlorid-
ammoniak 444
Vanillacampkor 1065
Varech Soda 396
Variolarin 1123
Venus 537
Veratrin 1215
Veratrumsäure 935
Veratrium 1215
Verbindungbin. 38
Verbindungen, isom. 82
Verbrennen, Bedin-
gungen des 200
— langsames 200
— rasches 200
— Theorien über d. 202
Verbrennlichkeit 202
Verbrennung 12
Verdampfung, längs. 93
— rasche 93
Verdunstung 93
Verkalken 185
Verknistern 42
Verkohlung 187
Verprasselung 185
Vi 41
’ Seite.
Verpuffen 187
Verquickungen 577
Verseifung 980
Vert degris 762
Verwandtschaft, che-
mische 1 1
— prädisponirende 47
Verwandtschaftsgrade 47
Verwesungsprocess der
Pflanzen 1268
Verwittern 44
— 185
Verzinnen 143
Vesica 172
Vina medicata 153
Viola odorata, blauer
Farbstoff, 1096
Violenwurzharz 1080
Violin 1223
Viride aeris 762
Vis inertiae 16
Visetgelb 1088
Vitellin, Zus. 1349
Vitus vinifera, blauer
Farbstoff 1096
Vitriol, blauer 544
— grüner 528
— weisser 489
Vitriolgeist 273
Vitriolküpe 1151
Vitriolnaphta 696
Vitriolöl * 268
Vitriolsalz, narcotisch. 332
Vitriolum coeruleum 544
— de Cypro 544
— Haitis 528
— plumbi 507
— Veneris 544
Vifrum 379
— antimonii 455
— plumbi 503
Voltaische Säule 112
Volumen 8
Vorlage 174
\v.
Wachholderholzöl,
brenzliches
Wachholderöl
Wachs
— amerikanisches
— der Bienen
— fossiles
— japanisches
— der Kohlblätter
1039
1038
1027
1030
1027
1313
1029
1029
42 Wa We XI
Seite.
Seite.
Seite.
Wachs der Myrica ceri-
Wasserstoffsulfid-
Weissgerben
1357
fera 1029.1030
Schwefelammonium 282
Weissgold
595
Wachspapier
142
Waugelb
1088
Weisskupfer
537
Wachspflaster
152
Weichharze
1070
547
Wachssalbeu
151
Weichheit
10
Weizen, Zus.
1330
Wachsschwamm
142
Weichmangan
448
Welter’s Bitter
1144
Wärme
86
Weine, medicinische
153
Wermutlibitler
1100
— abstossende
86
Weinen
176
Wermuthöl
1055
— Austjehnimg durch 87
Weinhefe
1331
Whale Oil
1014
W ärmecapacität
91
Weingährung
811
Wiederbelebung
187
VV arme, Lnstehung der 86
Weingeist, ätherhal-
Widerstand der Medie 20
— freie
14
tiger
704
Wiegemesser
129
— Freiwerden der 91. 96
— aromatischer
179
Wienergrün
764
— geleitete
86
— essigätherhaltiger 749
Wienerweiss
424
— Gleichgewichts-
Weingeist-Firniss
1081
Windöfen
144
streben
89
Weingeist, höchst
Wismuth
478
Wärmeleiter
87
rectif.
700
Winterrindenöl
1057
Wärme, relative
90
Weinöl
727
Wismuthasche
479
— specifische
90
Weinölcampher
729
Wismuthblumen
480
— strahlende
86
— schwefelsäurehal-
Wismuthbutter
482
— Verschwinden der 86
tiges
728
Wis m u th hype r oxy d
480
W age
125
Weinsäure
876
Wismuthkalk
479
— hydrostatische
24
— wasserfreie
904
Wismuthoxyd
479
Waidküpe
1150
— Zersetzungspro-
— bas. Salpeters.
481
Wallfischthran
1014
duct der
907
— kohlens.
482
Wallnussbitter
1105
Weinsaures Atropin
1213
— Schwefels.
482
Wallrath
1025
— Chinin
1180
— weins.
894
Wallrathfett
1024
— Cinchonin
1184
Wismuthoxydhydrat
480
Wandflechtenöl
1057
— Coniin
1171
Wismuthoxydsalze
480
Ward’s Tropfen,
— Kali, neutr.
881
Wismuthweiss
481
weisse
559
— Morphin
1194
Witherit
412
Waschmittel
150
Weinsäure Salze
878
Wolframmetall
441
Waschwasser
150
Weinsaures Strych-
Wolfsfussöl
1054
Wasser
207
nin
1228
Wolle, philosophisch
e 485
— cohobirtes
178
Weinschwefelsäure
711
— Zus.
1351
— destillirtes 176. 178
Weinstein
880
Würze
1326
— kohlensaures
317
— ammoniakhaltiger
Wurmsaamenbitter
1100
— oxydirtes
211
löslicher
882
Wurmsaamenöl
1056
— reines
210
— auflöslioher
881
Wurzelmesser
129
Wasserbäder
146
— löslicher
884
Wurzeln, Finsamni-
Wasserbase
206
— vitriolisirter
369
lung
126
Wasserblei
442
übersaurer
371
Wasserfenchelöl
1050
— der Zähne
1381
Y
WasserpfefTeröl
1062
Weinsteinerde, geblät-
A,
Wasserglas
380
terte
751
Xanticoxyd
667
Wassersäure
198
— krystallisirbare
Xanthin
1093
Wassersilber
549
geblätterte
752
Xanthogenöl
724
Wasserstein
428
Weinsteinrahm, aullös-
Xanthogensäure
723
Wasserstoff
206
lieber
886
Xanthophyll
1091
Wasserstofleisen-
Weinsteinsalz
374
Xanthoproteinsäure
1356
cyanür
634
— wesentliches
876
Xylit
838
Wasserstoff hyper-
Weinsteinsalztinctur
703
Xylit
1275
oxyd
211
Weiss, spanisches 481
i.482
Xylitharz
1277
Wasserstoffsäuren
39
Weissbiere
1330
Xylitnaphta
1277
—
601
Weissblech
534
Xylitöl
1277
WasserstofTschwefel
275
Weissfeuer, indiani-
Xyloidin
1247
Wasserstoffsulfid
277
sches
211
Xyloretin
1314
Zi
Zi
Zu
43
Seite.
Seite. 1
Seite.
Yttererde
438 Zinkblumen
484 Zinnoxyd Salpeters.
499
— benzosaure
670 Zinkbutter
488 Zinnoxydhydrat
498
— Schwefelsäure
438 Zinkcarbonat
491 Zinnoxydsalze
498
— Weinsäure
890 Zinkcyanür
631 Zinnoxydul
497
Yttererdehydrat
438 Zinkeisencyanür
640 — salpetersaures
499
Yttererdesalze
438 Zink Superoxid
487 — schwefelsaures
501
Ytterit
438 Zinkkalk
484 — weinsaures
893
Yttrium
438 Zinkoxyd
484 Zinnoxydulhydrat
497
Yttrocerit
438 — äpfelsaures
914 Zinnoxydulsalze
497
Z.
— blausaures
631 Zinnpersulfid
501
Zähigkeit
10 — chrysammins.
1156 Zinnsäure
498
Zanthopicrin
1107 — essigsaures
755 Zinnsalz
500
Zedorin
1119 — kleesaures
614 Zinnsesquioxyd
498
Zellen-Appar. Hare’s
182 • — knallsaures
623 Zinnsesquioxydul
498
Zeltchen
138 — kohlensaures
491 Zinnsesquisulfuret
501
Zerfliessen
148 — milchsaures
816 Zinnsulfid
501
Zergehen
148 — ölsaures
967 Zinnsulfür
501
Zerlassen
92, — salpetersaures
487 Zinrsüifurat
501
Zerquetschen
130 — salzsaures
488 Zirconerde
3J9
Zersetzung, partielle
48 — Schwefels.
488 — benzoesaur.
fcfÖ
— totale
48 — thionursaures
662 — weinsaure
8S1
— auf nassem Wege 49 — weinsaures
893 Zirconerdesalze
339
— auf trocknem W.
49 — schwefelsaures
488 Zirconium
339
Zerstossen
130 — Schwefels, bas.
491 Zittwerwurzelöl
1049
Zimmtöl
692 — haryt, knalls.
623 Zucker
791
— Alphaharz
1043 — Kali, weinsaur.
893 — geschmackloser
819
— Betaharz
1043 Zinkoxydsalze
487 — Vorkommen und
— Ceylanisches
1042 Zinkstuhl
483 Bildung
810
— gemeines
1042 Zinn
495 Zuckerarten, Ueber-
Zimmtsäure
093 Zinnasche
498 sicht d. Verbindung
Zimmtsäureäther
095 Zinnbisulfuret
501 u. Zersetzung
804
Zincum
483 Zinnblumen
498 Zuckerbaryt
794
— aceticum
755 Zinnbutter
500 Zuckerbleioxyd, bas.
794
— cyanatum
031 Zinnchlorid
500 Zuckerkalk
793
— ferrohydrocyanic. 640 — ’ Ammoniak
500 Zuckersäure
60S
— liydrocyanicum
031 Zinnchlorur
500 Zuckersäure
803
— oxydatum
484 Zinncomposition
500 Zuckersaure Salze
803
— sulphuricum
488 Zinnfolie
496 Zuckerschwefelsäure
798
Zink
483 Zinnober
570 Zündhölzchen
360
Zinkäther
488 Zinnoxyd
498 Zündpulver
360
Zinkasche
484 — anderthalb
498 Zurückwerf. d. Lichts
100
I® —
In der akadein. Verlagshandlung von C. F. Winter In Heidelberg Ist erschienen
und in allen Buchhandlungen zu haben:
MMLEI
DER
CHEMIE ixd PHARM.
HER AU SGEGEREN VON
FRIEDRICH WÜHLER und JUSTUS LIEBIG.
ZWÖLF JAHRGÄNGE 1832 - 1843.
Preis des Jahrgangs von 12 Heften Kthlr. 7. — oder fl. 12. 36 kr.
Diese Annalen, eine Quelle der trefflichsten chemischen und pharmacentischen
Arbeiten, verdienen in die Hände eines jeden Chemikers und Pharmaceuten
zu kommen, der sich gründlich über den Stand und die Fortschritte der Wissen-
schaft unterrichten will. Ausser den Aufsätzen der Herausgeber enthalten sie
eine Reihe von Abhandlungen der besten Schriftsteller — (wir nennen hier nur
BERZEL1US, FARADAY, DÖBEREINER, PELOUZE, MALAGÜT1, GREGORY, TUR-
NER, WACKENRODER, MART1US, BUFF, NEES VON ESENBECK, LEOPOLD GME-
IIN, etc.) - — gleich wichtig für Wissenschaft und Praxis. Die Anerkennung,
velche der Zeitschrift zu Theil wurde, eine Anerkennung, welche sich auch
curch das Hinzutreten so vieler ausgezeichneter Mitarbeiter kund gab, verpflich-
tet die Redaction, die grösste Thätigkeit lind Umsicht derselben zu widmen.
Wir dürfen voraussetzen, dass es dem chemischen Publikum bekannt ist,
wie zahlreich die Forschungen und Entdeckungen der Heran sgebe r WÖIILER
u nd LIEBIG s ind, we lc he mim e r zu erst in den Ann alen p u blicirt we r-
den; wir wrollen nur hier einige Aufsätze Anderer aufführen, w elche geeignet
seyn dürften, einen Begriff von dem reichen Schatze der trefflichsten Arbeiten
zu geben, welche diese Zeitschrift zieren.
BERZELIUS, über Milchsäure. — Ueber Cyaneisen und Eisencyanblei. —
Analyse der Chabasie. — Schreiben an Liebig über die Citronsäure. — Ueber
Aqua Binelli. — Ueber die Zusammensetzung organischer Körper, des Aethers,
Holzgeistes; derWeinschwefelsäure. — Ueberrationelle und empirische Formeln. —
Ueber zwei organische Säuren, welche in Mineralwässern Vorkommen, die Quell-
säure und Quellsatzsäure. — Analyse der Bohumilitzer Eisenmasse. — Bestand-
teile der Meteorsteine. — Ueber das Tellur — Ueber Zinnsesquioxyd. — Neue
Säure. — Brenztraubensäure. — Sättigungsvermögen der Borsäure. — Ueber
Meteorsteine. — Ueber Faradays neues Schwefelantimon und Antimonoxyd. —
Ueber die Zusammensetzung des Aethers und seiner Verbindung im Gaszustand.
— Ueber die gelbeFarbe der Blätter imHerbste. — Ueber den rothen Farbstoff der
Beeren und Blätter im Herbste. — Ueber Aether- und Naphtalinschwefelsäure. —
Arsenikproben. — Ueber einige Säuren, die mit Schwefelsäure aus organischen
Substanzen gebildet werden. — Ueber citronsaures Natron, den Brechweinstein,
den Zucker und das Stärkmehl. — Ueber das Atomgewicht des Kohlenstoffs. —
Ueber einige Fragen des Tages in der organischen Chemie. — Ueber die Substi-
tutionstheorie. — Ueber Kupfer und Zinn in vulkanischen Quellen. — Ueber die
durch Chlor aus Anthyloxydsalzen entstehenden Verbindungen. — Ueber das
Lanthan. — Methode zur Untersuchung von Stahl, Stab - und Gusseisen. — Un-
tersuchung der Galle. — Analyse des Saidschützer Bitterwassers. — Ueber Du-
mas’s Substitutions- und Typentheorie. — Ueber das Blattgrün (Chlorophyll). —
Ueber platinhaltige Salzbasen. — Scheid, d. Chlormagnesiums v. Chlorkalium
und Chlornatrium. — Scheid, d. Zinks von Nickel oder Kobalt. — Bestimmung
von Wolframsäure und Antimonsäure.
BOUSSINGAULT, Anatyse der Thermen der Cordilleren; des Hio Vinagre. —
Analyse einer natürlichen Thonerde. — Analyse schwefelsaurer Alannerde. — Ana-
lyse einer mineralischen Substanz aus heissen Quellen.— Analyse von molybdän-
saurem Bleioxyd. — Ueber Bleisuboxyd. — Analyse der Brenzschleimsäure. —
Analyse des Palmwachses. — Wirkung des Salzsäuregases auf Silber bei löhe-
rer Temperatur und Scheidung desselben von Gold. — Heber die Phosphorsälire
in natürlichen Verbindungen. — Ueber Korksäure. — Chemische Untersuchung
des Pisangs und des Pisangsaftes. — Ueber den Cacao. — Ueber den im Vieh-
futter enthaltenen Stickstoff. — Ueber die Zusammensetzung der Erdharze. —
Analyse bituminöser Substanzen. — Zus. der Luft im Schnee. — Ueber Leim-
zucker und Leimzuckersalpetersäure. — (und DUMAS) Zus. der Atmosphäre.
BUFF, Einfluss der Adhäsion auf das Kochen des Wassers. - — Ueber Fhos-
phorwasserstoffgas — (und PFORT) Anwendung der heissen Luft in der Esen-
hiitterei. — Abdampfen flüssiger Körper mittelst durchgeleiteter Luft. — Anlei-
tung zur Beurtheilung der Verhältnisse der Schornsteine. — Ueber volta - elec-
trische Quantität und Intensität. — Ueber den Einfluss von Zwischenplatten in
der electrischen Säule. — Zustand unserer Kenntnisse der strahlenden Wärme. —
Ueber die trockne electrisclie Säule. — Einfluss des Contacts und der Oxydation
auf electrische Ströme. — Stärke galvanisch electr. Erregung zwischen Metall-
flächen und Flüssigkeiten. — Veränderlicher Einfluss der Capillarität beim Baro-
meter.
BUNSEN, Analyse von Allophan. — Verbindungen von Doppelcyanüren mit
Ammoniak. — Schmelzbarkeit des Iridium. — Ueber Alkarsin. — Ueber Alkar-
sin und die daraus entstehenden Verbindungen. — Spannkraft einiger conden-
sirter Gase. — Ueber die Hochofengase. — Unters, über die Kakodylreihe. —
Stickstoffbestimmung. — Neue Construction der galvanischen Säule. • —
DÖBEREINER, Bereitung des Platinmohr. — Wirkung des Ammoniaks, des
salzsauren und kohlensauren Gases auf Platinschwamm und Iridiumstaub. —
Ueber Zersetzung des oxychlorsauren Kalis. — Ueber künstliche Nebelbildung
durch sehr schwache Temperaturverminderung der mit permanent elastischen
Flüssigkeiten vermischten unbeständigen Gase. — Wirkung der Oxalsäure auf
den Zucker. — Ueber Bildung von Schwefels, und Essigsäurehydrat mit Hülfe
des Platinmohrs und über Runges electr. Kette. — Neue Bereitungsart des Blei-
zuckers. — Ueber Darstellung und medicinische Anwendung der Ameisensäure.
— Ueber chemische Thätigkeit des Lichts. — Ueber einen Trockenapparat für
Gase und das thonsaure Kali als Beitze. — Leuchtendes Verbrennen des Knall-
gases unter Druck. — Ueber Hydrothionäther. — Reagenz auf Salpetersäure. —
Darstellung der Gallussäure. — Ueber platinsaures Natron. — Bildung von Es-
sigsäure. — Ueber Platin. — Verbrennung des Aethers. — Ueber chemische und
physikalische Eigenschaften des Platins. — Ueber Osmium -Irid, platius. Kalk
und platins. Natron. — Zersetzungsprodukte des Zuckers durch Schwefelsäure
und Manganhyperoxyd. — Zur mechanischen Chemie. — Heitzkraft des Wassers.
— Bemerkung über Mesit. — Leichte Darstellung von Platinschwarz. — Ueber
einige neue Platinverbindungen. — Zur Chemie des Platins in wissenschaftlicher
und technischer Beziehung. — Ueber Platinsalmiak. — Zersetzung der Kohlen-
säure durch Alkalimetalle. — Ueber Knochenkohle. — Neue Methode der Ana-
lyse des Platinerzes. • — Darstellung von Platinmohr und Palladium. — Analyse
des Corydalins und Imperatorins.
DUMAS, Bestimmung des specifischen Gewichts des Phosphordampfes. —
Ueber die Verbindungendes Chlors mit Schwefel. — Ueber Zusammensetzung des
PhosphorwasserstofFgases. — Ueber Mennige. — Ueber Kohlenwasserstoffe. — Be-
richt über die Abhandlung von Pelouze über Phosphorweinsäure. — Ueber die
vegetabilischen Substanzen, welche sich dem Kampfer nähern und einige äthe-
rische Oele. Ueber die Zusammensetzung der Pyrocitronensäure. — Ueber
den künstlichen Kampfer des Terpentinöls und Citronenöls. — Organisch- che-
mische Untersuchungen (Nelkenöl, Indigo, Kohlenstickstoffsäure). — Ueber Chlor-
kohlenoxjdäther, Urethan, Oxaläther, Oxamethan, Oxamid. — Ueber Kartoffel-
fuselöl. — Analyse der kristallinischen Körper aus Iris florentina, Inula Hele-
nium, des Oels aus schwarzem Pfeffer, Wachholderöl, Limonenöl, 01. Sabiuae,
01. de Cedro. — Wirkung des Chlors auf Alkohol (Chloroform). — Ueber die
Natir des Indigs und die Zusammensetzung einiger Verbindungen desselben. —
Ueber Formomeothial. — Dichtigkeit des Essigsäure -Dampfes. — Ueber Orcin. —
Uebe* Cadet’s rauchende Flüssigkeit. — Ueber die Nelkensäure. — Bestimmung
der spec. Wärme organischer Körper. — Bestimmung ihrer Dampfdichte. — Ueber
das ätherische Oel der Blülhen von Spiraea Ulmaria. — Ueber Chloressigsäure,
die Constitution organischer Körper und über Substitutionstheorie. — Constitu-
tion der Essigsäure und Chloressigsäure. — Verhalten des Chlors gegen CH
aus essigsauren Salzen. — Ueber das Gesetz der Substitution und der Typen
(Jste Abhandlung). — Ueber Cerosin. — Ueber Picrinsäure. — (und BOUSSINGAULT,
Zus. der Atmosphäre. — (DULONG, ROBIQUET und CIIEVREUL,) Bericht über
mehrere Abhandlungen von Payen und Persoz, Couverchel, Guörin-Varry und
Lastaigne über Stärke. — (und PEL1G0T), Zusammensetzung des Zimmtöls;
über Zimmtöl; über Holzgeist, ein neuer Alkohol; über das Zimmtöl, die
Hippursäure und die Fettsäure; über das Terpentinöl; über den Holzgcist
und die verschiedenartigen (Methylen-) Verbindungen, welche er bildet;
über die Natur des Aethals; über die chemischen Typen (lllte Abhandl.)
— (PELIGOT und PATEN), Erwiederung auf Berzelius Bemerkungen über Ci-
tronsäure u. s. w. — (und PELOUZE), Analyse des Senföls; Bericht über De-
marcay’s Untersuchung der Galle. — (und STASS), über die chemischen Typen
(Ilte Abhandlung). — Atomgew. des Kohlenstoffs. — Organ. Analyse.
FARAD AY., über die Verbindung der Gase durch Metalle und starre Körper.
— Ueber Galvanismus. — Ueber die zweckmässigste Construction der voltaischen
Säule. — Einerleiheiten der Elektricitäten von verschiedenem Ursprünge nach-
gewiesen. — Allgemeines Gesetz der Leitung. — Ueber Magnetismus der Metalle.
— Galvanismus. — Ueber Electricität.
FREMY, über Aesculiusäure. — Destillation von Zucker, Harz und Kampfer
mit Kalk, Entstehung von Retinein und Retincon. — Neue Weinsäuren. — Ueber
die Wirkung der Schwefelsäure auf die Oele, — Ueber Ilydrostearinsäure. —
Ueber Metamargarinsäure. — Ueber Hydrooleinsäure. — Ueber Oleen und Eläeu.
— Einwirkung von Schwefelsäure auf fette Körper. — Ueber das Verhalten der
Wein - und Paraweinsäure in der Wärme. — Ueber die Balsame. — Umwandlung
von Zucker u. s. w. in Milchsäure. — Ueber Pectin und Pectinsäure. — Ueber
die Säure des Palmöls. — Unters, über das Gehirn. — Ueber Eisensäure. — (und
BOUTRON) über Milchgährung.
GMELIN, L., über Eau auticholerique von Duboc. — Bildung von Ameisen-
säure. — Analyse eines Lungensteins. — Ueber einige Verbindungen des Melons.
— Analyse des Badsinters von Ems. — Ueber Mercurialspeichel. — Ueber den
Holzgeist. — Untersuchung eines nach Magenkrampf gelassenen Harns. — Wein-
geistgehalt des Heidelberger Biers. — Jodgehalt des Leberthrans. — Untersu-
chung der Flüssigkeit einer Froschgeschwulst. — Ueber Kupfergehalt einer Manna.
— Ueber krokons. Kupferoxyd. — Ueber Atomzahl. — (und T1EDEMANN).
Versuche mit Mitscherlich über das Blut.
GRAHAM, lsomerie der Phosphorsäure. — Ueber entzündliches Phosphor-
wasserstoffgas. — Verhalten des Wassers in einigen Salzen. — Ueber Zinnoxj'de.
— Wasser als Bestandtheil der Salze. — Ueber Natron - Alaun. — Untersuchun-
gen über die Constitution der kleesauren, salpetersauren, phosphorsauren und
schwefelsauren Salze in der Chlorure. — Mittel gegen die Wirkung der Kohlen-
säure in Kohlenminen. — S. auch Christison.
GREGORY, W., Analyse einer Substanz von den Produkten des Ausbruchs
des Vesuvs von 1830. — Ueber eine neue Methode zur Abscheidung des Mor-
phiums aus Opium. — Darstellung des übermangansauren Kalis. — Des Meth-
ylen -Mercaptans. — Darstellung und Reinigung der Destillationsprodukte orga-
nischer Körper. — Verfahren zur Analyse des Opiums. — Ueber das Pyroranthin.
— Ueber eine neue Classe von Salzen. — Ueber die Darstellung der Meconsäure.
— Ueber einige Produkte aus der Harnsäure.
JONES, B., über Zus. von Pflanzenfibrin, Albumin u. s w.
KANE, R., Wirkung der Salzsäure auf schwef eisaure Salze, insbesondere
auf schwefelsaures Kupferoxyd. — Zusammensetzung des Thebains. — Beiträge
zur Geschichte des Holzgeistes und seiner Verbindungen. — Ueber die Einwirkung
des Ammoniaks auf die Chlor - und Sauerstoffverbiudung des Quecksilbers. —
Doppelsalze aus Zinn - und Platinchloriir. — Darstellung und Eigenschaften der
Salze der Schwefelmethylensäure. — Ueber einen neuen Alkohol. — Ueber
Chloriod. — Zusammensetzung einiger Quecksilberverbindungen und Ammoniak-
doppelsalze» — Ueber Dumasin. — Analyse einiger ätherischen Oele. — Zusam-
mensetzung des weissen schmelzbaren Präcipitats. — Verbindung von Ferrocyan-
kalium und Cyanquecksilber. — Ueber Farbstoffe. — Unters, der OrseiUe und
Lacmus.
KOPP, medic. Anwendung der China, des Chinins und des kohlens. Eisens.
— Der Berger Leberthran jodhaltig. — Vorausbestimmung des spezifischen Ge-
wichts mancher chemisch. Verbindungen. — Ueber Löslichkeit. — Volumeno-
meter. — Cohäsion einiger Flüssigkeiten. — Zersetzung des Mercaptans durch
Salpetersäure. — Ueber Atomvolum, Isomorphismus und spec. Gewicht. — Mo-
dificat. der mittl. Eigenschaft etc. Anzeige. — Ueber das Verhältnis zwischen
Atomgew. und spec. Gew. — Ueber ungleiche Mischung von Metallegiruugen.
— Dichtigk. des Kadmiumamalgams. — Löslichkeit von Kochsalz in Weingeist.
LAURENT, A., über Naphthalin, — Ueber eine neue Bereitungsart des Naph-
thalins. — Analyse desselben. — Ueber die Verbindungen des Naphthalins mit
Chlor. — Ueber Chlor und Bromkohlenwasserstoffe. — Ueber bituminösen Schie-
fer und Paraffin. — Ueber Benzoyl und Benzimid. — Notiz über die Chlor-,
Brom - und Jodverbindungen des Aldehyds. — Ueber Naphthalinsäure und ihre
Verbindungen. — Ausschliessung der Alkali- Süicate. — Ueber Hydrobenzamid.
— Ueber die Kamphorsäure. — • Ueber die Wirkung des Chlor auf die Flüssigkeit
der holländischen Chemiker und einige Aether. — Ueber Chlorplienis, Qhloro-
phenisin und Chloropkenesensäure. — Ueber das Oel der bituminösen Schiefer,
Eupion, Ampelin und Ampelinsäure. — Ueber Oel u. Elaidinsäure u. die damit ge-
bildeten Aetherarten. — Produkte der Einwirkung der Salpetersäure auf Oel-
säure. — Ueber einige Stickstoff Verbindungen des Benzo3rls. — Produkte der
Einwirkung von Schwefelsäure auf Benzoylwasserstoff. — Ueber die borax-
sauren Salze von Kali und Natron und wolframsaures Wolframoxyd- Kali. — ■
Ueber Pimar- Pyromar und Azomarsäure. — Ueber Anthracen. — Ueber Chlor-
naphthalinsäure etc. — Ueber neue Stickstoff - und schwefelhaltige Benzoyl-
verbind. — (und LEPLAY). ihre Cämentationstheorie, Degen.
MAGNUS, über Schwefelsäurebildung. — Ueber Weinschwefelsäure und ihren
Einfluss bei der Aetherbildung; über Aethion und Isäthionsäure. — Ueher Car-
bylsulphat und Aethionsäure. — Die Gase im Blute. — (und AMMERMÜLLER),
über Ueberjodsäure.
MALAGUT1, Darstellung von Kupferoxydul. — Kupferoxydul. — Ueber Pa-
raschleimsäure. — Einwirkung verdünnter Säuren auf den gemeinen Zucker. —
Ueber den Citronensäure-Aether. — Ueber Kamphorsäure. — Ueber Ozockerit. —
Wirkung des Chlors auf die Sauerstoffsäure - Aether. — Ueber die Aether von
Pyrogensäuren und Einwirkung des Chlors auf Brenzschleimäther. — Ueber die
Einwirkung des Chlors auf ätherartige Substanzen und über Methylal. — Ueber
Formomethylal. — Ueber Cliloroxaläther und seine Verb.
MARTIUS, T. W. C., über Boraxweinstein. — Bereitung des Brechweinsteius.
— Ueber Grana Paradisi. — • Grundriss der Pharmakognosie des Pflanzenreichs.
— Bereitung von Calomel. — Ueber das persische Gummi. — Ueber Gallae pista-
cinae» — Ueber die verschiedenen Sorten des Opiums. — Analyse des Eiters. —
Ueber den Campherbauni. — Erwiederung gegen Dr. Pauli. — Analyse des Gua-
ranins. — Pharmakognostisch - pharmaceutische Sammlung.
MARTIUS, C. F. Ph. von, l’ebersieht der Klassen, Ordnungen und Familien
des Gewächsreichs.
MULDER, über die Zusammensetzung der Herbstfäden. — Fuselöl. — Analyse
des Fibrins und Albumins. — Zusammensetzung des Fibrins, Albumins, Leucins,
Leimzucker etc. — lieber Inulin und isländische Moosstärke. — Zusammen-
setzung des Pectins und der Fectinsäure. — Zusammensetzung des Pflanzen-
schleims. — Analyse des Upas Antiar. — Untersuchung des chinesischen und
javanischen Thees. — r Zusammensetzung des Chondrins. — Zusammensetzung
dgs Salicins. — DesPhloriTlzins. — Stearopten des Majoranöls. — Des Citrouöls.
— - des BergamottÖls. — Macisöls. — Kampferöl. — Ueber die Zusammensetzung
mehrer Stearoptene und Oele. — Zusammensetzung der gerbsauren Gallerte. —
Ueber die Verbindungen des Proteins. — Farbestoff des Blutes. — Untersuchung
der Harze im Torf. — Verbindung von Chlor mit Gallerte. — Ueber Rutilin. —
Ueber kohlensaures Bleioxyd und Bleioxydhjdrat. — UeberProtein des Krystall-
körpers — Ueber Zimmt und Cassiaöl — Ueber Nitrobenzinsäure. — Verhalten
thierischer Substanzen gegen Chlor. — Ueber die humusartigen Materien. — Ueber
den Eisenbaum.
OTTO, J., über das Solanin. — Reaction auf Phosphorsäure. — Analyse des
phosphorsauren Bittererde Ammoniaks. — Ueber phosphorsaures Manganoxydul-
Ainmoniak. — Ueber phosphorsaure, arseniksaure und paraphosphorsaure Doppel-
salze. — Ueber Ceroxydul. — Ueber Valerianälher. — Vermischte Notizen. —
Dichtigkeit des Baldrianätherdampfes. — Ueber Sinapin. — Zusammensetzung
des Salicins. — Ueber Fabrikation von chlorsaurem Kali.
PELOUZE, J., über die Zersetzung der Blausäure und Cyanverbindungen in
Ameisensäure und Ammoniak. — Ueber Darstellung des künstlich krystallisirten
kohlensauren Kalkes, und zwei Verbindungen desselben mit Wasser. — Ueber
rothes Phosphoroxyd und Pliosphorhydrat. — Ueber den Einfluss des Wassers bei
chemischen Reactiouen. — Ueber das Asparagin. — Ueber die gegenseitige Ein-
wirkung der Phosphorsäure und des Alkohols. — Ueber Darstellung und Zusam-
mensetzung des Gerbstoffs. — Theorie der Pyrogensäure. — Ueber Gerb- und
Gallussäure. — Verhalten der Aepfelsäure in höherer Temperatur. — Zusammen-
setzung der Gerbsäure. — Neuer Cyanäther. — Destillationsprodukte der Wein-
und Paraweinsäure, und der organischen Säuren überhaupt. — Ueber Nitroschwe-
felsäure und deren Verbindungen. — Ueber das Glycerin. — Ueber die wahre Zu-
sammensetzung der Hippursäure. — Neue Verbindung des Cyans mit Eisen. — ■
Ueber die Produkte der Einwirkung der concent. Salpetersäure auf Stärkmehl u.
Holzfaser. — Ueber das Substitutionsgesetz. — Verb, des Ammoniaks zu den
Verb, des Stickstoffs mit Sauerstoff. — Ueber festen und flüssigen Borneocamphor.
— (und BOUDET), über die fetten Körper. — (und BOUTRON C1IARLARD), über
Asparagin und Asparaginsäure. — (und DUMAS), Analyse des ätherischen Oels
des schwarzen Senfes mit Dumas. — (und GAY-LUSSAC), über die Zusammen-
setzung des Salicins. — (und J L1EBIG), Oenanthsäureäther, Ursache des eigen-
tlüimlichen Geruchs der Weine. — Ueber Honigs teinsäure. — Ueber Schleimsäure
und Schleimsäureäther. — Ueber Xanthogensäure. — (und J. LIEB1G), über Stea-
rin. — Ueber Constitution des Zuckers. — Ueber Mannit. — Ueber Essiggeist. —
Ueber benzolsauren Benzoylwasserstoff. — (undMILLON), Verhalten des Baryts
gegen Alkohol. — (und RICIIARDSON), Zersetzung des Cyans durch Wasser.
REDTENBACHKR, Analyse des methionsauren Baryts. — Ueber Zusammen-
setzung und Destillationsprodukte der Talgsäure. — Untersuchung der Fett-
säure. — (und LIEBIG), Atoingew. des Kohlenstoffs.
ROSE, A., Verbindung von Schwefelsäurehydrat mit Stickoxyd. — Darstel-
lung von Antimonoxyd. ROSE,G., über gediegen Gold. — Ueber Osmium-Iridium.
— Ueber gediegen Iridium. — Ueber Rhodizit. — Ueber Grünstem und Grün-
steinporphyr. — Ueber Krystallelectricität etc.
HANDBUCH
DER
PHARMACIE
ZUM
GEBRAUCHE BEI VORLESUNGEN
UND ZUM
SELBSTUNTERRICHTE FÜR ÄRZTE, APOTHEKER
UND DRÖGUISTEN
VON
PHIfclPP LORENZ GEIGER
ZWEITER BAND,
welcher die pharma ceutische Mineralogie, Botanik und Zoologie
enthält.
Zweite Auflage,
neu bearbeitet
von
D'. TH. FH. Ii. MIES FON ESEIBECH,
Professor an der Universität zu Bonn,
D'. JOB. HEIHrmCH MEMBACH,
Professor an der Universität zu Heidelberg,
und
CliHIOB MAÜQMRT.
* * * ' •
Erste Abtheilung.
P har maceu tische Mineralogie.
Mit 2 lithographirten Tafeln.
Älit Grofsherzoglicli Badischem Privilegium gegen Nachdruck
uud Nachdruckverkauf.
HEIDELBERG, 1838.
In der akademischen Verlagshandlung von C. F. WINTER,
WIEN, bei C. GEROI.I).
PHABMACEUTISCHE
MINERALOGIE
VON
PHIL LOBHZ «SffilOE».
Zweite Auflage,
neu bearbeitet
von
D. CLA9IOK ffiAROVART,
VT*1*1 * #
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E
>
Mit 2 lithographirten Tafeln.
Mit Grofslierzoglich Badischem Privilegium gegen Nachdruck
und Naclidruckverkauf.
HEIDELBERG, 1838.
In der akademischen Verlagshandlung von 0. F. WINTER?
WIEN, bei C, GEROLD
• •• '
'
l
VORREDE
Indem ich die Aufforderung; des Herrn Verlegers , diese
neue Auflage des zweiten Theiles des (feiger sehen Handbuches
der Pharmacie gemeinschaftlich mit meinem verehrten Freunde,
dem Professor Th. Fr. Lud. Nees von Escnbeck , zu besorgen,
bereitwillig aufiiahm, glaubten wir Beide den Manen des ver-
storbenen Geigers durch diese Arbeit einen Tribut unserer auf-
richtigen Liebe und Verehrung zu zollen und begannen rüstig
das Werk mit dem eifrigen Streben , auch den Anforderungen
der Wissenschaft nach Kräften zu genügen.
Wir theilten die Arbeit so, dass Nees von Esenheck die
Bearbeitung der pharmaceutischen Botanik und ich die der phar-
maceutisehen Mineralogie und Zoologie übernahm. Doch lag es
nicht im Plane der Vorsehung, dass wir Beide uns auch der
Vollendung des Begonnenen freuen sollten , denn indem ich das
Vergnügen habe, hiermit dem pharmaceutischem Publikum den
ersten Theil dieses Bandes , oder die pharmaceutische Mineralo-
gie, zu übergeben, habe ich den Verlust meines verehrten
Freundes und Mitarbeiters an diesem Werke zu bedauern, den
mir und der Wissenschaft der unerbittliche Tod am 12. Dezember
vorigen Jahres viel zu früh entriss.
Seit der ersten Auflage dieses Buches ist mehr denn ein
Decennium verstrichen und man wird sich daher nicht wundem,
wenn die vorliegende neue Bearbeitung sich von der ersten auf-
fallend unterscheidet; doch wird es nothig sein, dass ich mich
über meine Gründe zu dieser gänzlichen Umarbeitung der Mi-
neralogie mit w enigen Worten erkläre.
IV
Vorrede.
Eine pharmaceutische Mineralogie unterscheidet sich we-
sentlich von einer pharmaceutischen Zoologie oder Botanik da-
durch , dass sie nur wenige Gattungen oder Arten enthält , die
so, wie die Natur sie liefert, in die Hände des Pharmaceuten
kommen; fast alle erleiden vorher von dem Hüttenmaune und
Fabrikanten eine völlige Umgestaltung oder Bearbeitung. Daher
existirt eine mineralogisch -pharmaceutische Waarenkunde eigent-
lich gar nicht. Was ist demnach der Zweck einer pharma-
ceutischen Mineralogie? Ich suchte im Vorliegenden
diese Frage dadurch zu lösen, dass ich dem angehenden Phar-
maceuten über die verschiedenen Mineralien , welche oft berg-
männisch gewonnen werden und hüttenmännisch bearbeitet, das
Material zu vielen seiner Präparate , zu seinen Gefässen u. s. w.
liefern, theils noch jetzt oder in frühem Zeiten für sich als
Arzneimittel Anwendung fanden , Belehrung ertheilte ; sowohl
hinsichtlich ihrer Eigenschaften,* ihrer systematischen Anordnung,
als ihres Vorkommens in der Natur, und besonders, indem ich
ihm Anleitung gab , diese Mineralien selbstständig erkennen ,
unterscheiden und bestimmen zu können. Mit diesem Haupt-
zwecke glaubte ich auch Zugleich noch einen Nebenzweck ver-
binden zu dürfen.
Der junge Pharniaceut findet zum Studium der Naturge-
schichte sehr leicht eine Anregung bei seinem täglichen Um-
gänge mit den Naturkörpern selbst und so sieht man häufig ,
dass einer der drei Zweige der Naturgeschichte mit besonderer
Liebe von ihm cultivirt wird. Auffallend aber ist es, dass ge-
wöhnlich die Botanik oder einzelne Abtheilungen der Zoologie
hierzu gewählt werden.
Fragen wir nach der Ursache dieser Erscheinung, so wer-
den wir veranlasst, diese in den besonderen Schwierigkeiten zu
finden, welche bei der Bestimmung der Mineralien vorherrschen,
wenn dem Anfänger nicht das Glück einer mündlichen Beleh-
rung oder die Benutzung grösserer Mineralien-Sammlungen zu
Theil wird, denn jeder mit dem Gegenstände Vertraute wird
ringestehen , dass ausser dem krystallographischen Theile der
Mincralienbcschreibung , der Natur der Sache nach , der übrige
Vorrede.
V
stereometrische und physikalische beim Selbststudium stets etwas
schwankend bleiben muss. — Um aber mit Hülfe der krystallo-
graphisclien Kennzeichen ein Mineral zu bestimmen , sind Kennt-
nisse erforderlich, die sehr selten beim angehenden Apotheker
gefunden werden, wenn er sich auch im Besitze von Mineralien-
Exemplaren befinden sollte, welche die Anwendung dieser Kennt-
nisse erlauben.
Um den obigen Nebenzweck dieser pharmaceuti sehen Mine-
ralogie, dem angehenden Apotheker das Selbstbestimmen der
Mineralien zu erleichtern , oder vielmehr möglich zu machen ,
zu erreichen, schien es mir nothwendig, dem chemischen Ver-
halten der Mineralien mehr Aufmerksamkeit zu schenken, als
dies gewöhnlich in den Handbüchern der Mineralogie der Fall ist,
da eben dieses über die Natur des Minerals, wenigstens vereint
mit den andern Kennzeichen, einen sichern Aufschluss giebt,
und ich voraussetzen muss, dass jeder Apotheker mit den hierzu
nöthigen chemischen Manipulationen vertraut sei, oder leicht
vertraut werden könne.
Von diesem Gesichtspunkte ausgehend und um dem Anfänger
einen vollständigen systematischen Ueberblick des Mineralreichs,
so wie einen Anhaltspunkt zur Ordnung seiner Sammlung, ge-
ben zu können , nahm ich , wie der seelige Geiger , die Mehr-
zahl der bis jetzt bekannten Mineralien auf, wenn sie auch
nicht specielles Interesse für die pharmaceutische Praxis hatten,
zeichnete diese jedoch im Buche durch Petitschrift aus. Denn ,
wie Geiger in seiner Vorrede zur ersten Auflage sagt : „jedes
„genau bestimmte Mineral nach dessen Charakteristik und Ana-
lyse , ja seihst das Wesentliche der Geognosie , muss der aus-
gebildete Apotheker kennen, wäre es auch nur, weil er von
„Einzelnen w ie von Behörden so oft als Chemiker über Gegen-
stände der Mineralogie um Rath gefragt wird.“
Den obigen Ansichten folgend , konnte ich ferner für vor-
liegendes Werk nur ein sogenanntes chemisches Mineral-System
wählen , muss jedoch bekennen , dass mir das Geiger’ sclie nicht
mehr zeitgemäss erschien. Ich bestimmte mich daher für das
veränderte von Berzelius , w elches die Anw endung der so w ich-
tigen Lehre vom Isomorphismus am erfolgreichsten zulässt;' .
VI
Vorrede.
Dem chemischen Bestände der Mineralien widmete ich eben-
falls eine ganz besondere Aufmerksamkeit, sowohl in der Angabe
der Zusammensetzung nach Procenten, als der daraus berech-
neten chemischen Formeln.
Eine sehr schöne Gabe zu dieser neuen Auflage wird man
gewiss in dem Kapitel ,.Krystalloyraphieu finden, welches in
der ersten Auflage fehlte und dem chemischen Theile ein verleibt
war. Meine ergebenste Bitte an den Bearbeiter der neuesten
Auflage des ersten Theiles, Herrn Professor Justus Liebig in
Giesen , mir diesen Artikel für die Mineralogie, worauf er am
mehrsten Bezug habe, zu überlassen, hatte derselbe die Güte
insofern zu erfüllen , als er mir erlaubte , die für den ersten
Band von Herrn Dr. Friedr. Moldenhauer in Darmstadt bear-
beitete Krystallographie in vorliegendem zw eiten Bande abdrucken
zu lassen, wofür ich beiden Herrn hier öffentlich meinen ver-
bindlichsten Dank abstatte; Eben so bereitwillig ging der Herr
Verleger auf meinen Vorschlag ein , zur Erläuterung der Kry-
stallographie ein Paar Tafeln Krystallfiguren nach den Zeich-
nungen Moldenhauer’s anfertigen zu lassen, die gewiss den
Zweck des Werkes zu erfüllen, sehr geeignet sind.
Was meine eigene Arbeit anbetrifft, so kann ich nur erwäh-
nen, dass ich mich bestrebte auf dem gegebenen Raume möglichst
viel zu liefern , ohne der Deutlichkeit zu nahe zu treten. Ich
bediente mich daher mancher Abkürzungen , die ich am Fusse
dieses erklären w erde, und zur Erläuterung der chemischen Ver-
hältnisse der chemischen Zeichen, wie sie allgemein angenom-
men sind. Durchstrichene Zeichen, oder Punkte und Striche
über den Zeichen , vermied ich , nach dem Vorgänge von Liebig
und Poygendorff in ihrem Handw örterbuche der Chemie, deren
Art und Weise, die einzelnen Zeichen zu verbinden, ich mir
zur Norm nahm , ausgenommen , dass ich die isomorphen Be-
standtkeile durch Kommata getrennt in f ] brachte. Ich hätte
gewünscht hierin ganz dem Verfahren Liebiy's im chemischen
Theile dieses Merkes folgen zu können, allein es waren schon
mehrere Bogen dieser Abtheilung gedruckt , als mir das zw eite
Heft der phannaceutischen Chemie zukam. und jetzt erst diese
kleine Abweichung bekannt wurde.
Vorrede.
VII
Was die Zeit inzwischen neues lehrte, habe icli sorgfältig
gesammelt und untergebracht und gestehe es gern , dass mir
die Werke eines Mohs , Breithaupt , von Leonhard , Glocker ,
lloffmann , Beudant , Blum, G. Rose, von Kohell, Walchner ,
Plattner , Berzelius , treue Führer waren , denen ich mich ohne
Anstand vertraute. Wenn etwas Gutes durch meine Arbeit
gestiftet w ird , so gebührt diesen Männern der grösste Theil
des Verdienstes, ich aber bitte dem, wras ich dem Buche wrar,
eine nachsichtige Beurtheilung nicht zu versagen , und w erde es
als den grössten Lohn für meine Arbeit ansehen, wenn sie
recht vielen meiner jungen Fachgenossen nicht ohne Nutzen
sein sollte.
Bonn , im Februar 1838.
Br. Clamor Marquart.
ABKÜRZUNGEN.
*5
A. d. K. fc» An den Kanten.
Arfv. = Arfvedson.
Berth. = Berthier.
Berz. — Berzelius.
Br. = Bruch.
Bestdth. = Bestandtheile.
Er dm. = Erdmann.
Ghlt. = Gehalt.
Gm. =±= Gmelin.
H. = Härte.
Hoffm. — Hoflmann.
Klapr. = Klaproth.
Kryst. = Krystalle.
Krystf. = Krystallform.
Kryst. M. — Kristallinische Masse.
Kryststm. = Krystallsystem.
Nordensk. — Nordenskiöld.
Sp. G. = Specifisches Gewiclit.
i Strom. = Stromeyer.
Text. = Textur.
Trolle-W. = Trolle- Wachtmeister.
Thoms. = Thomson.
Vauq. = Vauquelin.
v. Bonsd. = von Bonsdorf.
V. d. L. = Vor dem Lothrohre.
DRUCKFEHLER
Pag.
»
»
3»
J >
J3
31
33
33
3)
33
33
33
4 Z.
88 „
104
11 v. u. lies Mineralogie statt Mneralogie.
Ivo füge hinzu nach Myargirit: Schmelzbarkeit
== 1,5.
11 v. u. lies Eisenoxytl-Zinkoxytl st. Eisenoxyd,
Zinkoxyd.
108
126
128
139
152
165
175
183
201
202
223
235
311
15 v. u.
16 st. 17,
8 v. o. „ Picrolith st. Pierolith.
21 v- u. füge hinzu nach schmelzend: (3).
11 v. o. lies Halloyt st. llalloisit.
6 v. u. „ 3[KO, NaO] st. 3(Ko,NaO).
Seitenzahl lies 165 st. 591-
14 v. u. lies Granat st Granit.
20 v. o. „ titan- st. Titan-
9 v. u. „ Haibaryt st. Halbbaryt.
21 v. u. „ Haibaryt st. Halbbaryt.
5 v u. füge hinzu 1.
3 v* o. lies Rhombenoctaeders st. Rhomboeders.
22 v. o.
Ackererde st. Ackerde.
4
INHALTS - VERZEICHNIS.
.±y-\, ■ mv-rvaiiii
• V t i } T.O;. f?:i'
‘£t0‘ Jnmtdojjdhn
Allgemeine Einleitung in die Naturgeschichte
Einleitung in die Mineralogie
Begriff und Eintheilung der Mineralogie. Hülfs-
mittel. Zweck der pharmaceutischen Mineralogie
Oryktognosie
Erster Theil.
Vorbereitungslehre ....
Erster Abschnitt
fiennzeichenlehre ....
I. Stereometrische Kennzeichen
Von der regelmässigen Gesta der
Terminologie .
Flächen .
Kanten
Ecken
Axen
Symmetriegesetz bei den Krystallen
Einfache und zusammengesetzte Gestalten
Bezeichnung der einfachen und zusammengesetzten
Formen
Homoedrie und Hemiedrie
Bestimmung der Neigungswinkel an den Krystallen
Krystailsysteme
Von den einfachen Gestaltender verschiedenen Systeme
I. Regelmässiges System
A. Homo edri sehe Formen ....
Würfel (Hexaeder) .....
Zwölfflächner (Dodecaeder)
Achtflächner (Octaeder) ....
Viermalsechsflächner (Tetrakishexaeder) .
Vierundzwanzigflächner (Ikositetraeder) ,
Dreimalachtflächner (Triakisoctaeder)
Pag*
1
7
7
9
9
9
9
10
10
10
11
11
11
19
12
14
14
15
16
16
16
16
16
17
17
17
17
X
Iiihahs-VerzeicJiniss.
Achtundvierzigflächner (Sechsmalachtflächner, Hexa-
kisoctaeder) .......
B. Ilemiedrische Formen ......
Halbachtflächner (Hemioctaeder , Tetraeder) .
Halb Vierundzwanzigflächner (Hemiikositetraeder, Py-
ramidentetraeder) . .
H a 1 b d reirna 1 ach t fl a cb n e r (Hemitriakisoctaeder)
Haibach tundvicrzigfläcbner (Halbsechsmalachtfläch-
nei*, Hemibexakisoctaeder) .....
Halbviermalsecbsfläcbner (Hemitetrakishexaeder, Pen-
tagondodecaeder) .......
Halbachtmaisecbsfläcbner (Hemioctokishexaeder)
II. Zwei- und einaxiges System .....
A. Homoedrische Formen
Die zwei zur Hauptaxe scnkrecbten und zu den übri-
gen Axen parallelen Flächen . . . . .
Die vier zur Hauptaxe und zu einer der Nebenaxen
parallelen; zur andern Nebenaxe aber senkrech-
ten Flächen .......
Quadratachtflächner (Quadratoctaeder) .
Die vier zu den beiden Nebenaxen geneigten und
zur Hauptaxe parallelen Flächen
Quadratachtflächner , deren Flächen alle drei Axen
schneiden ........
Die acht zur Hauptaxe parallelen und zu den zwei
Nebenaxen ungleich geneigten Flächen
Zweimalachtflächner (Dioctaeder) .
B. Ilemiedrische Formen
Halbquadratachtflächner (zwei- u. einaxige Tetraeder)
III. Ein- und einaxiges System .
A. Homoedrische Formen
Die zwei zur Hauptaxe senkrechten und zu den
Nebenaxen parallelen Flächen ....
Die zwei zur ersten Nebenaxe senkrechten und zu
den übrigen Axen parallelen Flächen .
Die zwei zur zweiten Nebenaxe senkrechten und zu
den übrigen Axen parallelen Flächen .
Die vier zur Hauptaxe und zur ersten Nebenaxe ge-
neigten , zur zweiten Nebenaxe aber parallelen
Flächen . . . .
Die vier zur Hauptaxe und zur zweiten Nebenaxe
geneigten, zur ersten Nebenaxe aber parallelen
Flächen »......•
Die vier zu den beiden Nebenaxen geneigten, zur
Hauptaxe aber parallelen Flächen
Rhombenachtflächner (Rhoinbenoctaeder)
B. Ilemiedrische Formen
Halbrhombenachtflächner (ein- u. einaxige Tetraeder)
18
18
18
18
19
19
19
20
20
21
21
21
21
21
21
22
22
22
22
22
22
22
23
23
23
23
23
23
23
23
Iniialts- V erzeiclmiss.
XI
IV. Drei- und einaxiges System
A. Hemoedrische Formen
Die zwei zur Hauptaxe senkrechten und zu den Ne-
henaxen parallelen Flächen .....
Die sechs zu zwei Nehenaxen gleiclnnässig geneigten,
zur dritten Nebenaxe und zur Hauptaxe aber pa-
rallelen Flächen .......
Zweimalsechsflächner (sechsseitige Doppelpyramiden,
Hexagondodecaeder) ......
Die sechs Flächen, welche die drei Nehenaxen schnei-
den, die eine davon aber noch einmal so stark
als die beiden übrigen , und zur Hauptaxe paral-
lel sind
Die zwölf Flächen, welche die drei Nehenaxen un-
gleich schneiden und zur Hauptaxe parallel sind
Die Zweimalsechsflächner zweiter Stellung
Die Zweimalzwölfflächner (Didodecaeder)
B. Hemiedrische Gestalten
Die Halhzweimalsechsflächner (Hemidodecaeder ,
Rhomboeder) .......
Die Halhzweimalzwölfflächner (Hemididodecaeder ,
Skalenoeder) .......
V. Zwei- und eingliedriges System ....
Die zwei zur Hauptaxe geneigten und zu den Ne-
henaxen parallelen Flächen .....
Die zwei zur ersten Nebenaxe geneigten , zur Haupt-
axe und zweiten Nebenaxe aber parallelen Flächen
Die zwei zur zweiten Nebenaxe senkrechten und zu
den übrigen Axen parallelen Flächen . . ■.
Die vier Flächen, welche zur Hauptaxe und zur
ersten Nebenaxe geneigt, zur zweiten Nebenaxe
aber parallel sind ......
Die vier Flächen, welche zur Hauptaxe und zur
zweiten Nebenaxe geneigt und zur ersten Neben-
axe parallel sind ......
Die vier Flächen , welche zu den beiden Nehenaxen
geneigt und zur Hauptaxe parallel sind
Die acht Flächen, welche alle drei Axen schneiden
VI. Ein- und eingliedriges System ....
Von den zusammengesetzten Gestalten der verschie-
denen Systeme .......
Mobs und Haüy’s Methode die Krystalle zu be-
schreiben ........
Von der Gestalt der mineralischen Massen
II. Physikalische Kennzeichen ......
1. Cohäsions -Verhältnisse . . .
2. Eigenschwere .......
3. Optische Eigenschaften .....
24
24
24
24
24
24
25
25
25
25
25
25
26
26
26
26
26
26
27
27
27
27
29
34
36
36
38
38
XII
Inhalts- Verzeichniss.
4. Phosphorescenz . . . . . : . .4.5
5. Electricitäl ........ 43
5. Magnetismus ....... 44
7. Empirische Kennzeichen . . . , 44
III. Chemische Kennzeichen 45
Zweiter Abschnitt.
Systematik und Nomenclatur 47
Dritter Abschnitt.
Geschichte und Litteratur 48
Zweiter Theil.
Charakteristik der Mineralien 53
ERSTE KLASSE.
Mineralien, zusammengesetzt nach dem Prin-
cipe für die Zusammensetzung der unor-
ganischen Natur , . . . . . t 53
Erste Ordnung.
Electropositive Metalle 53
Gruppe I. Eisen 53
1. Gediegen Eisen . . .... 53
Anhang Meteorsteine ...... 54
Gruppe II. Blei 54
1. Gediegen Blei 54
Gruppe III. Wismuth . ... 55
1. Gediegen Wismuth ..... t 55
Gruppe IV. Kupfer ... 56
1. Gediegen Kupfer . . .... 56
Gruppe V. Silber 56
1. Gediegen Silber . . . . . . . 56
Gruppe VI. Quecksilber 57
1. Gediegen Quecksilber ...... 57
2. Natürliches Amalgam . ..... 57
Gruppe VII. Palladium ....... 58
1. Gediegen Palladium ...... 58
Gruppe VIII. Platin . . 58
1. Gediegen Platin ....... 58
Gruppe IX. Iridium 59
1. Gediegen Iridium ...... 59
2. Osmiridium ........ 59
3. Iridosmium .. w ..... 59
Gruppe X. Gold 60
1. Gediegen Gold ....... 60
Anhang Silbergold ...... 60
Inhalts- V erzeicliniss.
X1X1
Zweite Ordnung.
Eleetronegative brennbare Körper und deren nicht oxy-
dirte Verbindungen 6T
Gruppe I. Tellur und Tellurmetalle . . . .61
1. Gediegen Tellur . .61
2. Tellurwismuth . . . . . . .,61
3. Tellurblei . . . . . . , 62
r 4. Weisstellurerz ....... 62
5. Schrifterz ........ 62
Gruppe II. Antimon und Antimonmetalle . . .63
1. Gediegen Antimon ...... 63
2. Antimonnickel ....... 63
3. Antimonsilber ....... 63
Gruppe III. Arsenik und Arsenikmetalle ... 64
1. Gediegen Arsenik ...... 64
2. Arsenikeisen . . . . . . . 65
3. Nickel kies ........ 66
4. Arseniknickel . . . . .. .. 66
5. Speiscobalt ......... 66
6. Arsenikspiesglanz ...... 67
Gruppe IV. Selen und Selenmetalle .... 68
1. Selenblei ........ 68
2. Selenkupfer ....... 68
3. Selenbleikupfer 68
4. Eukairit . . . . . . .69
5. Selensilberblei ....... 69
6. Selenquecksilber . . . . . . .69
7. Selenquecksilberblei . . . ... 69
Gruppe V. Schwefel und Schwefelmetalle . . .70
Erste Abtheilung: Schwefel, 70
1. Schwefel . . . . . . .70
2. Selenschwefel , . . . . .70
Zweite Abtheilung: Schwefel und electropositive Me-
talle .*.71
3. Manganglanz . , . . . . .71
4. Blende . . . . . . . .72
5. Voltzit ... ..... 72
6. Magnetkies . . . . . . . .72
7. Eisenkies . . . . . . . .73
8. Speerkies . ....... 74
9. Cobaltkies ........ 74
10. Haarkies . .... ... 74
11. Kupferglanz ...... - 75
12. Kupferindig . ... ... 75
13. Kupferkies ........ 76
14. Buntkupfererz » . . . , . .76
15. Bleiglajiz . . . . . . , . 7t>
4
XIV
Inhal ts-Verzeicluiiss
und
16. WiAnuthglanz .
17. Kupfer wisinutlierz
18. Nadelerz
19. Zinnkies
20. Silbcrglanz
21. Sternbergit
22. Wisinuthsilbererz
23. Silberkupferglanz
24. Zinnober .
Anhang: Lebererz
Dritte Abtheilung : Schwefel und electron
25. Molybd änglanz
26. Antimonglanz
27. Antimonblende
28. Auripigment
29. Realgar ....
Vierte Ahtheilung : Unterantimonicht-
schweflige Verbindungen
A. Einfache.
30. Zinkenit
31. Miargyrit .
32. Kupfer-Antimonglanz
33. Jamesonit .
34. Plagionit .
35. Berthierit .
36. Federerz .
37. Rothgültigerz
38. Sprödglaserz
ß. Doppelte.
39. Bournonit
40. Polybasit .
41. Falderz ....
Fünfte Abtheilung : Antimon- und Arsen
Metalle
42. Arsenikkies
43. Glanzcobalt
44. Nickelglanz
Gruppe VI. Kohlenstoff
1. Diamant
2. Graphit
3. Anthracit
Oxydirte Körper
Gruppe I. Oxyde der
ren Hydrate
1. Talk hyd rat .
2. Zinkoxyd
tegative Metall
arsenicht-
tschwefel
Dritte Ordnung.
electropositiven Metalle und de-
77
78
78
78
78
79
79
79
80
80
81
81
82
82
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84
84
85
85
85
85
86
86
86
86
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90
91
91
92
92
92
93
94
94
94
95
95
Inhalts- Verzeichnis*
XV
3* Hausmannit . . . . . ; . 96
4. Braunit ..... .. . . . 96
5. Pyrolusit ........ 97
6. Manganit . . . . . . . . 99
7. Psilomelan . . . . . . . 100
8. Wad 100
9. Erdcobalt . . . . . . . 101
10. Rotbeisenerz . . . . . . .101
11. Magneteisenerz . . . . . . . 103
12. Frankiinit . . . . , . . 104
13. Beudantit . . . . . . . 105
14. Brauneisenerz ....... 105
15. Rothkupferz ....... 107
Anhang : Ziegelerz . . . . . .108
16. Rupferschwärze ....... 108
17. Bleiglätte 108
18. Mennig . . . . . . . 109
19. Wismuthocker ...... . 109
20. Zinnerz ........ 109
21. Uranpecherz . . . . . . .110
22. Uranocker . . . . . . .111
Gruppe II. Thonerde und Aluminate . . . .111
1. Korund . . . . . . . .111
2. Diaspor . . . . . . . .113
3. Gibbsit ....... . 1 13
4. Spinell . . . . . . .113
5. Gahnit . . . . . . . .114
6. Bleigummi . . . . , ' . .115
Gruppe III. Kieselerde und Kieselerdehydrat . .115
1. Quarz .115
2. Opal .119
Anhang: Polirschiefer ..... 122
Tripel 122
Gruppe IV. Silicate von einer Basis . . . . 123
1. Wollastonit . . . . . . . 123
2. Okenit . .124
3. Speckstein . . . . . . . .124
4. Meerschaum . . . . .... 125
5. Picrosmin . . . . . ... . 125
6. Pyrallolith ..... 4 . 125
7. Ophit 126
8. Chrysolith . . . . . . .126
9. Kieselzinkerz . . . . ... 127
10. Rother Mangank;esel . . .. . I .81^ • 128
11. Schwarzer Mangankiesel . . P . . 128
12. Cererit . .129
13. Sideroschisolith ....... 129
14. Dioptas ......... 130
XVI
lnhalts-Verzeichniss.
15. Kieselkupfer
130
16.' Zirkon
131
17. Thorit ....
132
18. Cvanit f
132
19. Chiastolith .....
132
20. Andalusit .....
133
21. Silliinanit . . .
133
22. Wörtliit .....
133
23. Kaolin .....
134
24. Cimoiit ......
135
25. Thon .....
135
26. Bol
136
27. Steinmark ....
137
28. Bildstein .....
138
29. Halloisit
139
30. Pholerit .....
139
31. Ber^seife .....
139
32. Kollyrit
140
Gruppe V. Silicate mit mehrern Basen
140
1. Abth. : Silicate von einem Alcali oder
einer alcali-
sehen Erde und Silicat von Thonerde ,
vereinigt
mit Krystallwasser (Zeolithe)
140
1. Apophyllit ....
140
2. Pectolith .....
141
3. Mesotyp .....
141
4. Chabasit .....
142
5. Analcim .....
142
6. Thompsonit ....
143
7. Desmin
143
8. Epistilbit .....
143
9. Heulandit .....
144
10. Brewsterit ....
144
11. Laumontit .....
144
12. Harmotom . . . ,
145
13. Brevicit .....
145
14. Prehnit .....
145
% Abth. : Silicate von Alcalien oder alcalischen Erdeu
mit Silicaten von Thonerde, ohne
chemisch ere-
bund enes Wasser (feldspathartitfe Mineralien)
146
lö. r eldspatn
147
16. Albit . . . .
148
17. Periklin ....
148
18. Petalit ....
149
19. Triphan ....
149
20. Oligoklas , , ,
149
21. Leucit ,
150
22, Labrador . , , , 4
150
Inhalts- Verzeichnis^.
XVII
23. Riakolith *
24. Latrobit
25. Wernerit ,
26. Porzellanspath
27. Hurnboldtilit
28* Nephelin
29, Couzeranit
30, Anorthit
Anhang zu den feldspathart igen Mineralien
Obsidian
Bimstein
Perlstein
Pechstein
Abth. : Silicate von Kali oder Lithion mit Silica-
ten von Talkerde, Eisenoxydid, Manganoxydul
und Thonerde (glimmerartige Mineralien)
31, Zweiaxiger Glimmer
Einaxiger
Lithionglimmer
32.
33.
34. Talk .
Chlorit
Pinit .
Glimmer
Margarit
einem Alcali und Eisenoxyd
35.
36.
37.
38. Fahlunit
39. Pyrophyllit
40. Nephrit
41. Saussurit
4. Abth. : Silicate von
42. Akmit
43. Grünerde
44. Krokydolith
5. Abth.: Silicate von Kalk- und Talkerde, in denen
die alcalischen Erden mehr oder weniger vollstän-
dig durch Eisenoxydul und Manganoxydul , die
Kieselerde aber zuweilen durch Thonerde ersetzt
zu sein pflegt
45. Hornblende ..... * •
46. Augit ........
Anhang zu den Gattungen Hornblende und Augit:
Asbest . . , . , , . .
47. Schillerspath .......
48. Lievrit
49. Cronstedtit ..... .
6. Abth. : Silicate von Kalk- und Talkerde mit Thon-
erde
pO. Epidot . , ...
51. Vesuvian ........
52. Granat ........
150
151
151
152
152
152
153
153
153
154
154
154
155
155
156
157
157
158
159
159
159
160
160
160
161
161
161
162
162
163
164
166
168
168
168
169
169
170
170
XX
lühalts-Ve rzeiclmiss.
9. Euckroit . . . . * . . *221
10. Erinit 222
11. Kupferschaum . . . . r. . . 222
12. Linsenerz . 222
Gruppe XVI. Phorphorsaure Salze ... 223
1. Phosphorsaure Yttererde ..... 223
2. Triplit 224
3. lletepozit 224
4. Hureaulit ....... . 224
5. Triphylin ........ 225
6. Griineisenstein ....... 225
7. Eisenblau 225
8. Karphosiderit ....... 226
Anhang zu den phosphorsaureii Eisenoxyden :
Raseneisenstein ...... 226
9. Prismatisches phosphorsaures Rupfer . . 227
10. Libetbenit 228
11. Wavellit . . . . . • . .228
Anhang : Kalait ..... . . 229
12. Lazulith 229
13. Amblygonit ..... • 230
14. Wagnerit ........ 230
15. Uranglimmer . . . . • v . 230
16. Kakoxen . . . . . ♦ .231
17. W isüuithhlendc . . . . » . 231
18. Sordawalitli ..... . 232
Gruppe XVII. Schwefelsäure Salze . . . . -32
1. Glaubersalz . . 233
2. Thenardit . ...... 234
3. Glauberit ........ 234
4. Schwefelsaures Kali .... . 235
5. Mascagnin ....... 235
6. Schwerspath ..... . 235
7. Coelestin ........ 237
8. Anhydrit ........ 239
9. Gyps 240
10. Bittersalz ... .... 242
11. Polybalit ........ 243
12. Zinkvitriol ....... 243
13. Eisenvitriol 243
14. Botryogcn ... ..... 244
15. Neutrales schwefelsaures Eisenoxyd • . • 244
16. Basisches schwefelsaures Eisenoxyd . . • 245
17. Eisensinter ....... 245
18. Kupfervitriol ....... 246
19. Brochantit 246
20. Cobaltvitriol . . 247
21. Bleivitriol 247
Inhal ts-Verzeichniss.
XXI
22. Schwefelkohlensaures Bleioxyd .... 248
23. Alaun 249
Anhang : 1. Ammoniak-Alaun .... 249
2. Mangan-Magnesia-Alaun . . . 249
24. Alaunstein , ■ . . 250
25. Aluminit 250
26. Neutrale schwefelsaure Thonerde . . ,251
27. Johannit . . . . • . . .251
Gruppe XVIII. Silicate von Natron, Kalk und Thon-
erde, vereinigt mit Sulphaten . . . .251
1. Haiiyn ........ 252
2, Lasurstein ........ 253
Gruppe XIX. Salpetersaure Salze .... 253
1. Kali-Salpeter 253
2. Natron-Salpeter ...... 254
3. Kalk-Salpeter ....... 254
Vierte Ordnung .
Verbindungen von Salzbildern 255
Gruppe I. Chlormetalle 255
1. Steinsalz ........ 255
2. Salmiak ....... * 256
3. Cotunnit ........ 257
4. Bleierz von Mendip ...... 257
5. Atakamit . . . , . . . . 257
6. Silberhornerz ....... 258
7. Quecksilberhornerz . . . . . . 259
Gruppe II. Silicate mit Chlormetallen . . , . 259
1. Sodalith . . . ... . 259
2. Pvrosmalith ...... . 260
3. Eudialyt ........ 260
Gruppe III. Phosphate und Arseniate mit Chlormetallen 261
1. Apatit 261
2. Pyromorphit ....... 263
3. Arseniksaures Blei ..... 264
4. Vanadin-Bleispath ..... 264
5. Hedyphan 265
Gruppe IV. Carbonate mit Chlormetallen . . . 265
1. Blei-Hornerz ....... 265
Gruppe V. Jodmetalle 265
1. Jod-Silber ........ 265
Gruppe VI. Fluormetalle . , . . . 266
1. Flussspath ........ 266
2. Yttrocerit ........ 268
3. Neutrales Fluorcerium ..... 268
4. Basisches Fluorcerium .... 268
5. Fluorcerium mit Fluoryttrium .... 269
XXII
Inhalte- Verzeichntes.
6. Kryolith .... v ... 269
7. Fluellit ... .... 269
Gruppe VII. Silicate mit Fluormetallen . . . 269
1. Chondrodit .... • 269
2. Topas ........ . 270
ZWEITE KLASSE.
Mineralien, zusammengesetzt nach dem Prin-
cipe für die Zusammensetzung der orga-
nischen Natur . . . • • . • 272
Gruppe I. Wenig veränderte organische Stoffe . . 272
1. Torf ........ . 272
2. Braunkohle ....... . 273
Gruppe II. Fossile Harze .276
1. Bernstein ....... . 276
2. Elaterit ....... . 277
3. Retinit ........ . 278
Gruppe III. Fossile Fette 278
1. Hatchetin ....... • 278
2. Scheererit ....... . 279
3. Ozokerit ....... . 279
Gruppe IV. Fossile Oele 280
1. Erdöl 280
Gruppe V. Bitumen 281
1. Asphalt ....... . 281
Gruppe VT. Scliwarzkolilen 282
1. Schwarzkohle ...... . 282
Gruppe VII. Salze 284
1. Ilumboldtit . . . . . . . . 285
2. Honigstein ........ 285
Petro graphischer Anhang 286
I. Ordnung : Krystallinische Gesteine .... 287
Gruppe I. Quarzgesteine 287
1. Quarz ... ..... 287
2. Kieselschiefer ....... 288
3. Wetzschiefer ....... 288
4. Jaspis ......... 288
5. Hornstein ....•••• 288
6. Hornfcls ........ 288
Gruppe II. Feldspathgesteine ..... 288
7. Weissstein . ...... 288
8. Granit ........ 289
9. Syenit 290
10. Gneis 290
11. Feldstein 291
12. Klingstein 291
Inhalts- Verzeichnis« ■
xxm
13. Trachyt ........ 292
14. Peclistein ... .... 292
15. Perlstein ........ 292
16. Obsidian ........ 292
17. Bimstein ........ 292
Gruppe IIS. Glimmergesteine 293
18. Glimmerschiefer . . . ... 293
19. Chloritschiefer ....... 293
20. Talkschiefer . . . ♦ . . . 293
Gruppe IV. Hornblendegesteine ..... 294
21. Hornblendegestein . . . . ♦ 294
22. Grünstein ....... 294
23. Hypersthenfels . . . . . . ♦ 295
24. Gabbro 295
25. Eklogit . ... . . . . .295
Gruppe V. Serpentingesteine ..... 296
26. Serpentinfels . ♦ . , - 296
27. Ophit . • 296
28. Schillerfels 296
Gruppe VI. Augitgesteine . . . . . . 296
29. Serpentinfels ...... . 296
30. Basalt ....... . 297
31. Dolerit ....... . 297
32. Basanit ........ 297
Gruppe VH. Leucitgesteine . ; . 298
33. Leucomelan . . . . . . 298
Gruppe VIII. Thongesteine 298
34. Thonstein ....... . 298
35. Thonschiefer ....... 298
36. Schalstein . . . . . . . 299
Gruppe IX. Kalkgesteine 300
37. Kalkstein . . . . . . . . 300
38. Dolomit ........ 303
39. Mergel . . . . . ^ . . .303
Gruppe X. Gypsgesteine ...... 304
40. Gyps ........ 304
41. Anhydrit ... ..... 304
Gruppe XI. Salzgesteine 304
42. Steinsalz . . . . 4 . . , 304
43. Alaunfels .... ... 304
Gruppe' XII. Eisengesteine 304
44. Magneteisenstein ...... 304
45. Eisenschiefer ....... 304
Gruppe XUI. Kohlen 305
46. Anthracit ........ 305
47. Schwarzkohle .... ... 305
48. Braunkohle .... . 305
XXIV
Itihalks-Verzeichniss.
2. Abth. : Niclit krystallinische Gesteine .
A. Conglutinate ....
Gruppe I. Sandsteine .
49. Quarzsandstein .
50. Thonsandstein .
51. Kalksandstein
52. Mergelsandstein
Gruppe II. Conglomerate
53. Kiesel-Conglomerat ,
54. Kalk-Conglomerat
55. Augit-Conglomerat
56. Eisen-Conglomerat
57. Birnstein-Conglomerat .
58. Basalt-Conglomerat .
59. Trachyt-Conglomerat .
60. Klingstein-Conglomerat .
61. Vulkanischer Tuff ♦ .
52. Peperin ....
63. Granit-Conglomerat . ,
64. Eisenthon-Conglomerat .
65. Porphyr-Conglomerat
66. Grauwacke . .
67. Nagelfluh .
68. Muschel-Conglomerat
69. Knojchen-Conglomerat
B. Congregate ....
Gruppe I. Erden ....
70. Ackererde
Gruppe II. Thone
71. Porzellanerde
72. Thon ....
73. Klebschiefer .
74. Polirschiefer
Gruppe III. Sand
75. Quarzsand
76. Eisensand .
Gruppe IV. Gruss
77. Granit- Gruss
78. Gneiss-Gruss
79. Basanit- Gruss
80. Bimstein-Gruss .
Gruppe V. Torf .
81. Torf ....
lieber einige allgemeine geognostisch
Geologische Hypothese
Begriffe
. 305
. 305
. 305
. 305
. 305
. 305
. 305
. 306
. 306
. 306
. 306
. 306
. 306
. 307
. 307
. 307
. 308
. 308
. 308
. 309
4 309
. 309
. 310
„ 310
. 310
. 310
. 311
. 311
. 312
. 312
. 312
. 313
. 313
. 313
313
! 314
314
314
314
314
* 314
* 314
; 314
. 315
. 319
ALLGEMEINE EINLEITUNG IN DIE
NATURGESCHICHTE.
§. 1. W enn wir unter Natur im engem Sinne den
Inbegriff des sinnlich Wahrnehmbaren oder die natürliche Kör-
per weit unsers Planeten verstehen , insofern sie durch das
Zuthun des Menschen oder die Kunst nicht verändert ist, so
werden wir veranlasst, diese Naturkörper in zwei grosse
Klassen zu trennen, die wir als leblose und lebende unter-
scheiden und bezeichnen.
Anmerkung. Wir behandeln so die natürlichen Körper gleichsam im
Gegensätze zu den künstlichen, da man im weitern Sinne unter Natur
Alles begreift, was ist und von den Sinnen wahrgenommen wird. Unter
„ Natur einer Sache“ verstellt man auch speciell ihre Eigenschaften und
Kräfte.
§. 2. Die Untersuchung und Beantwortung der Frage :
„was Leben sei?“ die Idee oder der Grund des Lebens , ist
der Gegenstand vielseitigen Nachdenkens gewesen. Es liegt
aber wohl in der Natur der Frage, dass die Lösung derselben
| stets viel zu wünschen übrig lasse und das Endresultat aller
dieser Forschungen wird immer sein , dass wir unter Leben die
eigenthümliche Form des Daseins der gesummten Natur ver-
stehen, deren Grund Gott ist .
§. 3. Von dieser Idee des Lebens unterscheiden wir die
Erscheinungen des Lebens , die eben so mannigfaltig sind,
als Naturformen und Naturthätigkeiten beobachtet w erden können.
Geigers Pharmacia. 11. 1. (2 te Auß.) 1
o
Allgemeine Einleitung.
§. 4. Nach den Erscheinungen des Lebens nennen wir jene
Körper, b e 1 e b t oder lebend, die den Vrund, ihrer Existenz
in sich selbst tragen, welche fähig sind , Nahrungsstoffe in
sich aufzunehmen , durch Verarbeitung derselben von Innen
nach Aussen sich selbstthätig zu gestalten und das Vermögen
besitzen , sich eine Zeitlang gegen die Aussenwelt zu behaupten,
ein Wesen ihrer Art zu erzeugen, aber nach einer mehr oder
minder begrenzten Zeit durch den Tod zerstört werden.
Anmerkung . Auch der regelmässige Wechsel von Ruhe und Thütig-
keit, der an kosmische Perioden geknüpft ist und den wir Schlaf und
Wachen nennen, herrscht durch die ganze Natur, soweit das Leben selbst,
denn wo Leben waltet, lauert der Tod, und des Todes nur milderer
Eruder ist der Schlaf.
§. 5. Die leblosen Körper verdanken ihre Entstehung
und ihren Fortbestand einer Thätigkeit, die nicht in ihnen
selbst liegt ; sie nehmen keine Nahrung zu sich und wachsen
nur , indem sie sich durch Anlagerung von Aussen vcrgrössern.
Anmerkung. Obgleich, wie überall in der Natur, auch zwischen die-
sen beiden grossen Reichen der natürlichen Wesen die scharfen Grenzen
unseren Sinnen verschwinden, so wird dennoch hier selbst die empiri-
sche Unterscheidung am wenigsten Schwierigkeiten finden.
§. 6. Jene Lebens-Erscheinungen äussern sich durch , hin-
sichtlich ihrer Form, 'Lage und Function, ungleichartige Theile
des Körpers, Organe, deren Verbindung zu einem belebten
harmonischen Ganzen wir auch Organismus oder organi-
schen Körper nennen im Gegensätze zu den leblosen, denen
diese Organe fehlen , deren Theile eine gleichartige Masse bil-
den, und die daher auch anorganische oder unorgani-
sche Körper genannt werden. Die unorganischen Körper kön-
nen dem zu folge in die kleinsten Partikelchen ohne Zerstörung
ihres Wesens gctheilt werden ; die organischen hingegen werden
zerstört, wenn man die Organe von einander trennt.
§. 7. Die organischen Körper theilen w ir ferner ein in
Pfl anzer; und Thiere. Die ersteren bilden die niedere, die
letztem die höhere Stufe der organischen Körperwelt, beide
3
Allgemeine Einleitung.
aber grenzen so aneinander und bilden so allmählige Uebergänge
in einander, dass es zu den schwierigsten Aufgaben des Natur-
forschers gehört, eine feste Definition dieser beiden Reiche der
organischen Körperwelt zu geben , wenn er von diesen Grenz-
undUebergangspunkten ausgeht, während der Unterschied leicht
in die Augen fällt, wenn wir die höher entwickelten Formen des
Thier- und Pflanzenreichs vor Augen haben.
Anmerkung. Bei diesen Uebergangsgebilden der beiden organischen
Wesen-Reihen, oder bei den microscopischen Gebilden, über deren
Stellung man im Zweifel war, entschied schon häufig die Chemie. Wir
erinnern z. B. an den rothen Schnee, dessen Farbstoff man wegen Mangel
des Stickstoffs als eine Alge erkannte.
§. 8. Im Allgemeinen erscheint uns die Pflanze als ein be-
lebtes organisches Wesen, das mit einem Theile seines Körpers
an den Boden befestigt, der freien willkührlichen Bewegung be-
raubt ist und ohne Bewusstsein die tiefem Functionen des Le-
bens, Ernährung und Fortpflanzung ausübt. Sie nehmen ferner
ihre Nahrung, die aus unorganischen Stoffen besteht, an allen
Theilen des Körpers auf und entfalten neue Theile desselben in
sprossender Entwickelung , so lange sie leben. Das Thier hin-
gegen ist vermögend sich selbst oder wenigstens einzelne Theile
seines Körpers willkührlich von einem Orte zum andern zu be-
' wegen , besitzt Bewusstsein und Empfindung , nimmt seine
Nahrung, die aus organischen Stoffen besteht, durch eine Oeff-
nung , in den Körper auf, die wir Mund nennen, und besitzt
einen Magen als Central-Organ der Verdauung, welcher den
Pflanzen fehlt. Die Entwickelung neuer Theile ist bei dem
Thiere sehr beschränkt und meist nur auf Organe zu beziehen,
die ihm zur Bedeckung oder Vertheidigung dienen, während die
Pflanze neue Theile zu entwickeln vermag, die als neue Indivi-
duen zu betrachten sind, so dass jede der vollkommeneren Pflan-
zen als ein Aggregat vieler Individuen erscheint, (wie dies sich
am deutlichsten hei unsern dicotyledonischen Bäumen zeigt).
§. 9. Die w issenschaftliche Kenntniss der Natur im Allge-
meinen, die Natur wissen Schaft, zerfällt in die Natur-
4
Allgemeine Einleitung.
V
lehre, insofern sie sich mit den allgemeinen Eigenschaften der
Körper, mit den Ursachen und Gesetzen der Ruhe und Bewe-
gung der Körper (Physik) , oder mit der iiineru Beschaffenheit
derselben, mit ihren Bestandteilen beschäftigt (Chemie), und
in die Naturgeschichte, wenn sie sich mit den Erscheinun-
gen der einzelnen Naturkörper im Raume, mit der Betrachtung
und Unterscheidung ihrer äussern Form und des inneren Baues
(Naturbeschreibung) , oder mit den Erscheinungen und Gesetzen
des Lebens in der Entwicklung dieser Wesen beschäftigt (Phy-
siologie oder Biologie).
§. 10. Die Naturgeschichte selbst zerfällt wie die Natur-
körper in drei Zweige, deren einer, die M neralogie, die
unorganischen Körper oder die Mineralien , behandelt , während
die Botanik und Zoologie die organischen Körper, und
zwar erstere die Pflanzen und letztere die Thier e zum Gegen-
stände ihrer Untersuchung hat.
Anmerkung. Die Petrefaktenkunde kann als ein Theil der
Naturbeschreibung mit eben so vielem Rechte der Mineralogie als der
Zoologie und Botanik angereihet werden. Ihr Gegenstand sind dem Tode
verfallene organische Gebilde, deren Substanz mit Beibehaltung ber Form
mehr oder weniger durch anorganische Masse verdrängt, oft aber noch
vollständig erhalten wurde.
♦
ERSTER THEIL.
Pharmaceutische Mineralog
'
■
■
■
.
* •
EINLEITUNG.
Begriff' und Eintheilung der Mineralogie. Hülfsmittel.
Zweck der pharmaceutischen Mineralogie.
§. 11. Im Vorhergehenden lernten wir die natürlichen Kör-
per eintheilen in organische oder lebende und anorga-
nische ( unorganische ) oder leblose. Mit den natürlich
vorkommenden anorganischen Körpern, welche den festen Theil
unserer Erde bilden, beschäftigt sich die Mineralogie, die
wir (§. 10.) als einen Theil der Naturgeschichte be-
zeichneten.
Anmerkung. Von diesen organischen Körpern sind hei der mittlcrn
Temperatur unseres Luftkreises zwei (Quecksilber und Erdöl) stets
flüssig. — Die tropfbaren und luftartigen Flüssigkeiten (Wasser, Luft),
welche unsern Erdball umgeben und theilweise durchdringen , ohne
einen constituirenden Theil seiner Masse auszumachen , nennt man
Atmosphärilien. Mit ihnen beschäftigt sich die Atniosphärologie.
§. 12. Wir nennen jene anorganischen Körper Minera-
lien oder Fossilien. Sie sind entweder einfache — sicht-
lich nicht gemengte — oder gemengte. Die einfachen
Mineralien können chemische Elemente sein oder Verbindungen
derselben zu einem Ganzen, an dem das Auge weder im Innern
noch auf der Oberfläche ein Zusammengesetztsein wahrnimmt.
{gemengte Miner alien sind alle, in denen zwei oder mehrere die-
ser sichtlich nicht gemengten Mineralien mit einander so ver-
einigt sind , dass das Auge die einzelnen Tiieile unterscheidet
und häufig mechanische Mittel sie treimen können.
§. 13. Demnach zerfällt die Mineralogie in zwei Haupt-
(heile: 1. 0 ry ktogn o s i e , welche sich mit den individuellen,
sichtlich nicht gemengten Fossilien beschäftigt und sie nach
allen Beziehungen kennen, nach äussern und innern Eigenschaf-
ten unterscheiden und die Unterschiedenen wissenschaftlich ord-
nen lehrt, und 2. Geognosie, welche die Betrachtung der
gemengten Mineralien-Massen zum Gegenstände hat , und
zwar die Verhältnisse der einfachen Mineralien zu einander, die
Beschaffenheit der Gebirgs -Gesteine , Fels arten, ihre Structur
und Lagerung keimen lehrt, sich mit Erforschung der Form,
8
Einleitung.
Structur und Lagerung der Gehirgsmassen beschäftigt, oder
kurz über den Zustand der Erdrinde, wie sie jetzt ist, Auf-
schluss giebt. (GebirgS-G esteine , Gebirys arten , Felsarten ,
werden einfache und gemengte Mineralien genannt, wenn sie
grosse Massen (Gebirgsmassen) der Erdrinde bilden. Nur
wenige einfache Mineralien treten als Gesteine auf und dann
gewöhnlich im minder reinen Zustande.)
§. 14. Die Wissenschaft, welche die Lösung der Frage
versucht: „wie ist unser Erdball entstanden?“ nennen wir Geo-
logie; die Umwälzungen und Veränderungen zu erforschen ,
welche die Erde in den ältesten und neuesten Zeiten erlitt,
steht hiermit in genauester Verbindung, aber der Sache nach
können sich alle diese Untersuchungen nur auf die Erdrinde
beschränken.
§. 15. Die Behauptungen der Geologie müssen immer Hy-
pothesen bleiben; wir dürfen jene als die wahrscheinlichsten
nehmen, die sich auf die meisten geognostischen Thatsachen
stützen. Die Geognosie fordert ihrerseits wiederum eine genaue
Kenntniss der einfachen Mineralien, oder das Studium der
Oryktognosie.
§. 16. Hülfs Wissenschaften jener beiden Haupt theile der
Mineralogie sind Physik, Chemie, Mathematik, Zoologie, Bota-
nik, Petrefaktenkmide imd Erdbeschreibung. Die sogenannten
Zweige der Mineralogie z. B. angewandte, chemische u. s. w.
Mineralogie sind Theile der Technologie, Chemie u. s. w. Das
Studium der Mineralogie erfordert ausser jenen Kenntnissen auch
noch gewisse Hülfsmittel, als: Mineraliensammlungen, Sammlun-
gen von Krystallmodellen aus Holz oder Pappe*), verschiedene
Instrumente zum Messen der Krystallwinkel (Goniometer), zum
Bestimmen des spec. Gewichts (Areometer oder hydrostatische
Wagen), zu chemischen Untersttchungen (Reagentien und vor
allen einen Löthrohrapparat).
§. 17. Der Zweck einer phannaceutischen Mineralogie kann
nur der sein, dem Apotheker einen allgemeinen Ueberblick der
Oryktognosie mit besonderer Rücksicht auf jene Mineralien zu
geben, die für sich oder nach weiterer Bearbeitung, der aus-
übenden Pbarmacie als Material bei ihren Arbeiten dienen. Zur
bessern Verständigung über das Vorkommen der einfachen Mi-
neralien wird es auch nützlich sein, eine Andeutung der herr-
schendsten geologischen Theorie und eine kurze Charakteristik
der Felsarten auf die Oryktognosie folgen zu lassen.
*) Beide liefert von besonderer Zweckmässigkeit zu verschiedenen
Preisen das Heidelberger Mineralien- Comptoir und die Handlung
von Kranz fcc Comp, in Berlin.
ORY KTOGNOSIE.
Erster Theil : E'orbereitungslehre.
§. 18. Dieser erste Theil zerfällt in die Kennzeichen-
lehre, welche die einzelnen Mineralien erkennen und beschreiben,
in Systematik und Nomenclatur, welche dieselben ord-
nen und benennen lehrt und in Geschichte der Wissenschaft
und ihre Litt erat ur.
ERSTER ABSCHNITT.
Kennzeichenlehre.
§. 19. Kennzeichen der Mineralien nennt man alle
Eigenschaften und Verhältnisse, welche beim Erkennen derselben
und bei ihrer gegenseitigen Unterscheidung dienlich sind. Sie sind
entweder von der Masse oder von der Substanz hergenom-
men. Die Masse wird betrachtet in Bezug auf ihre Gestalt
(stereometrische Kennzeichen) oder auf ihr Verhalten
gegen andere Dinge , die auf sie ein wirken , ohne ihre Substanz
zu verändern (physikalische Kennzeichen). Die Sub-
stanz kami nur erforscht werden durcli Zerlegung in ihre Ele-
mente oder Bestandteile (chemische Kennzeichen).
I. Stereometrische Kennzeichen.
Von der regelmässigen Gestalt der Mineralien .
§. 20. Obgleich die eigentlichen Individuen des Mineral-
reichs stets von Ebenen symmetrisch begrenzt sind, d. h. in
regelmässiger Gestalt sich bieten; so kommen diese Individuen
doch meist so klein, und dann zu Haufwerken der verschieden-
sten Art vereinigt vor, dass das Einzelne nicht zu erkennen ist.
Die gleichsam gesonderten imd bestimmbaren Einzelwesen, die
von Ebenen begrenzt auftretenden Gegenstände des Mineral-
reichs, werden deshalb Jcrystallisirte Mineralien oder Kry stalle
genannt, während die Hautwerke von, ihrer Gestalt nach nicht
bestimmbaren, Individuen mineralische Massen oder zusam -
mengesetzte Mineralien genannt wrerden. —
§. 21. Die wissenschaftliche Darlegung der Unterschiede an
Krystallen , hinsichtlich ihrer Form , w ird Kry Stallbeschreibung
(Krystallographie) genannt. — Wie jeder Theil der Naturge-
schichte, zerfällt auch die Krystallographie, in die Terminologie
und in die Anwendung demselben, oder in die eigentliche Kry -
Stallbeschreibung (in die Charakteristik der Krystaile).
I
10 Stereometrische Kennzeichen.
Terminologie.
§. 22. An den Krystallen bemerkt man Flachen, Kan-
ten und Ecken. Die Neigung der Flächen nämlich nennt man
hauten , und Ecken die Punkte, in welchen sich 3 und mehrere
Flächen berühren.
§. 23. Um die Gleichwertigkeit oder Verschiedenheit die-
ser Theile an einem oder mehreren Krystallen nachweisen zu
können, nimmt man noch zu Linien seine Zuflucht, die man
durch den Mittelpunkt einer Krystallgestalt annimmt. Eine solche
Linie muss immer die Eigenschaft besitzen , dass sich die Ge-
stalt daran wie um eine Axe drehen lässt, weshalb sie auch
eine Axe des Krystalls genannt wird.
Flächen .
§. 21. Bei weitem nicht alle möglichen Flächen kommen
an den Krystal 1 gestalten vor, sondern nur: 1) alle Arten Drei-
ecke■, mit Ausnahme der rechtw inkligen ; 2) Parallelogramme
und symmetrische Trapezoide ; 3) eine gewisse Art Fünfecke
(vier- und einseitige), nie das regelmässige ; 4) Sechs - und
Mehr ecke , stets mit parallelen Seiten.
§. 25. Flächen einer und derselben Gestalt sind gleich-
werthig (identisch), wenn sie einerlei Lage zum Mittelpunkt
des Krystalls , oder zu wenigstens drei, nicht in einer Ebene
liegenden Axen des Krystalls haben. Ist mit dieser gleich-
wertigen Lage, zugleich auch eine gleiche Entfernung vom
Mittelpunkte der Gestalt verbunden , w as an natürlichen Kry-
stallen jedoch sehr selten der Fall ist; dann sind die krystallo-
graphisch-identischen Flächen auch geometrisch einander gleich
und ähnlich. Bei der Beschreibung, beim Zeichnen und Mo-
delliren der Krystalle wird, des bessern Erfassens wegen, und
weil doch auch die Natur gleichsam nach solchem Ziele hinar-
beitet , der letztere Fall angenommen , d. h. mit der krystallo-
graphischen Eiuerleiheit. der Flächen, zugleich auch die geome-
trische Aelmlichkeit und Gleichheit vorausgesetzt.
Kanten.
§. 26. Nach der Neigung der Flächen , die sich in einer
Kante schneiden, unterscheidet man stumpfe, wenn sie sich
unter stumpfen Winkeln und scharfe Kanten, wenn sie sich unter
spitzen Winkeln schneiden. — Kanten eines Krystalls sind gleich
(gleicliw ertliig), w enn sie von gleichw erthigen , sich unter glei-
chen Winkeln schneidenden Flächen erzeugt sind. In Bezug zur
aufrechten Stellung einer Axe des Krystalls unterscheidet man
noch ;
§. 27, 1) Endkanten (Axcnkaiiten), wenn sie der aufrecht
Krystallographie.
11
stehenden Axe anlicgen oder ihr parallel sind , und 2) Seiten-
oder Randkanten, wenn sie der aufrechtstchenden Axe nicht
anliegen.
Ecken.
§. 28. Nach der Zahl der Flächen, die sich in einer Ecke
des Krystalls berühren, hat man: drei-, vier-, sechs- . . .
flächige Ecken. Sind die Kanten, die in einer Ecke zusam-
menstossen , alle gleich, so wird die Ecke regelmässig, und
wenn sie nur abwechselnd einander gleich sind , symmetrisch
genannt. Für jeden andern Fall heisst die Ecke u n re g e 1-
mässig. — Gleich w er thig sind Ecken eines Krystalls,
wenn die Kanten , die darin zusammenstossen , gegenseitig
gleich sind. —
§. 29. In Bezug zu einer aufrecht stehenden Axe hat man
noch : Endecken , wenn die betreffende Axe in ihnen endigt und
Seiten- oder Randecken , wenn sie der vertikal gedachten Axe
nicht anliegen.
Axen.
§. 30. Aus jedem Punkte auf der Oberfläche eines Krystalls
lässt sich eine Linie, durch den Mittelpunkt der Gestalt gehend,
annehmen, d. h. es sind in einem Krystalle fast unendlich viele
Axen möglich. Behufs der Krystallbeschreibung hat man jedoch
nur auf solche Axen Rücksicht zu nehmen , die entweder von
dem Mittelpunkte gegenüber liegender Flächen, oder von dem
Mittelpunkte gegenüberliegender Kanten, oder endlich von gegen-
überliegenden Ecken ausgehen. Hiernach hat man : krystallo-
graphische Fläch enaxen, Kanten axen und Eckenaxen.
§. 31. An einer Gestalt sind von diesen krystallographi- *
sehen Axen diejenigen gleich, d. h. mit einanderzu ver-
wechseln, die in identischen Theilen, also in gleichen Flächen,
Kanten oder Ecken , endigen. — Ist eiye krystallographische
Axe grösser oder kleiner als alle übrigen und wird sie, für die
Beschreibung des Krystalls , aufrechtstehend (vertikal) ge-
dacht , so erhält sie den Namen Hauptaxe. Alle übrigen
werden dann Neben axen genannt.
Symmetriegesetz bei den KrystaUen.
§. 32. Nur mit gesetzmässiger Ausnahme findet man an
jeder Kry stall gestalt gegenüber liegende Flächen , Kauten und
Ecken , die einander gleich sind , oder mit einander ver-
wechselt werden können , so dass vermittelst einer Ebene
(eines Schnittes), die durch den Mittelpunkt der Gestalt geht,
jeder Krystall sich in zwei g 1 e i c h w e r th i g e und, für den glück-
12
Stereometrische Kennzeichen.
liehen Fall, dass die krvstallographisch-identischen Theile gleich
weit vom Mittelpunkte entfernt sind , auch geometrisch gleiche
und ähnliche Hälften theilen lässt. — Dieses Symmetrie-
(Ebenmaass-) Gesetz hebt die Krystallgestalten , als eine in sich
bestehende Abtheilung von Körpern, aus der allgemeinen Stereo-
metrie heraus und macht es zulässig, einen andern Weg zu ih-
rer Betrachtung einzuschlageil , als dies für die Stereometrie
sonst möglich ist.
Einfache und zusammengesetzte Gestalten.
§. 33. Eine Krystall gestalt ist entweder von lauter gleich-
ircrthigen oder von verschiedenen Flächen begrenzt. Im erstem
Falle heisst die Form eine einfache und für den letztem eine
Zusammengesetz t e. Vergrössert man bei einer zusammenge-
setzten Form, z. B. in der Zeichnung, die gl eichwerthigen Flächen,
bis sie die übrigen überragen und für sich einen Raum um-
schliessen , so erhält man, namentlich im letztem Falle, für jede
Flächenart eine Gestalt, die jetzt von lauter gleichartigen Flä-
chen begrenzt, und also eine einfache Gestalt ist. Zuweilen
lässt sich auf diese Weise eine zusammengesetzte Gestalt in so
viel einfache Formen zerlegen, als verschiedenwerthige Flächen
an ihr wahrgenommen werden; häufiger jedoch umscliliessen die
gl eichwerthigen Flächen einer zusammengesetzten Gestalt, für sich,
keinen Raum völlig, ja sie bestehen zuweilen nur aus einander
parallelen Flächen. Man nennt sie dann zusammen gehörige
Flächen, wiewohl ihr Werth in der zusammengesetzten Ge-
stalt ganz denjenigen Flächen gleich ist, die für sich einen Raum
begrenzen können. Jede zusammengesetzte Gestalt , lässt sich
somit, als einen Inbegriff von einfachen Formen oder zusammen-
gehörigen Flächen , d. i. als eine Comhination , von , für sich
einen Raum völlig oder nicht völlig umschliessenden , einfachen
Gestalte^ betrachten.
Bezeichnung der einfachen und zusammengesetzten Formen.
§. 34. Da man die zusammengesetzten Gestalten als Inbe-
griffe von einfachen Formen oder zusammengehörigen Flächen,
diese letzteren aber als Inbegriffe von Flächen betrachtet, die
eine gleiche Lage zu dem Mittelpunkt einer Gestalt haben, so
hängt die Bezeichnung der Krystalle nur allein von der Er-
mittlung der Lage der betreffenden Flächen ab. Mit der An-
gabe der Lage einer Fläche, muss dann auch immer eine ein-
fache Gestalt selbst bezeichnet und mit der Bezeichnung der
verschiedenen einfachen Gestalten, die in einer Comhination vor-
handen sind, die der zusammengesetzten Gestalt gegeben sein,
§. 35. Wie schon erwähnt, wird die Lage einer Fläche
zum Mittelpunkte des Krystalls , aus der Lage tzu mindestens
Krystallographie,
13
drei nicht in einer Ebene liegenden Axen des Krystalls ermittelt.
Es seien in Fig. 2. aa', bb', cc' die drei zur Ermittlung der Lage
der Flächen zum Mittelpunkt der Gestalt gewählten Axen ; so ist
leicht einzusehen, dass die Fläche ac (D) die Axe aa' hei a
und die Axe cc' bei c schneidet , zur Axe bb' aber parallel ist ;
so dass die Fläche ab die Axe aa' bei a die Axe bb' bei b
schneidet und zur Axe cc' parallel ist; so die Fläche cb, dass
sie die Axe bb' bei b , die Axe cc' bei c schneidet und zur Axe
aa' parallel ist u. s. w. Setzt man nun die Länge der Axen
von m (vom Mittelpunkte) bis zu a oder ma = a, mb = b,
me = c, so schneidet die Fläche D die Axen in dem Verhält-
nisse von a : x b : c ; die Fläche ab dieselben in dem Verhält-
nisse von a : b : qo c und die Fläche bc in den von x a : b : c.
Es kann daher (a : x b : c) das Seichen sein für die Fläche
D, (a : b : x : c) das Zeichen für die Fläche ab und (cc a :
b : c) das Zeichen für die Fläche bc. Da nun aber die Axen
untereinander gleich sind, was man aus einer Messung der Nei-
gungswinkel der Flächen finden kann, so muss auch a = b = c
sein und folglich auch (a : ao b : c) = (a : b : oo c) = (qo
a : b : c) = a : a : qo a). Hieraus sieht man, dass die Ge-
stalt eine einfache ist, indem die Flächen eine identische Lage
zum Mittelpunkte haben, und diese also durch (a : a : x a) aus-
gedrückt werden kann. Es seien weiter in Fig. 4 aa' , bb', cc'
die drei krystallographischen Axen, so hat die Fläche aqr die
Lage, dass sie die Axe a und die Axe c schneidet, letztere je-
doch erst, wenn die Axe c und die Fläche verlängert werden;
zu bb' ist sie parallel. Ist nun ma = a, mb = b und drückt
man die in der Richtung von m c verlängerte Axe durch n c
aus , so schneidet die Fläche aqr die drei Axen in dem Verhält-
nisse von a : x b : n c. Aehnliche Ausdrücke wird man für
die übrigen Flächen finden , und da auch hier wieder die Axen
gleich sind , so muss der Körper durch (a : na: x a)_ ausge-
drückt werden.
§. 36. In den meisten Fällen reicht zur Bestimmung der
Lage einer Fläche und respective Bezeichnung einer Gestalt die
Annahme von drei krystallographisciien Axen aus, und dabei
können nur, wenn man das Verhältniss der Axen-Enden, vom
Mittelpunkte aus gerechnet, durch a : b : c ausdrückt, folgende
drei Fälle Vorkommen : 1) die Fläche schneidet eine Axe und
ist zu allen übrigen parallel ; 2) sie schneidet zwei Axen und
ist zu der dritten parallel ; oder 3) sie schneidet alle drei Axen.
Den ersten Fall kann man allgemein durch (a : x b : x c),
den zweiten durch (a : nb : ® c) , und den dritten durch (a :
mb : n c) ausdrücken und mit diesen Ausdrücken also auch die
betreffenden Gestalten bezeichnen. Dies Verhältniss der Axen,
so wie die ihnen etwa zukommenden Loefficienten, bestimmt man
stets, mit Hülfe der Trigonometrie , aus der Neigung der Flä-
chen zu einander.*
li
Stereometrische Kennzeichen.
Homoedrie und Ilcmicdrie.
§. 37. Das Symmetriegesetz der Krystalle erfordert es,
dass eine Flächenart so oft an einer KrystalJ gestalt vorkomme,
als Lagen von Flächen derselben Art um den Mittelpunkt des
Krystalls möglich sind. Diese Gesetzmässigkeit findet jedoch ,
namentlich bei einfachen Gestalten eine Ausnahme, die sich,
wenn man die abwechselnden Flächen, Flächengruppen u. s. w.
für sich an ihnen vergrössert, bis sie sich gegenseitig schnei-
den, in zwei, sich wie rechts und links verhaltende gleiche und
ähnliche Formen zerlegen lassen. Gestalten der letztem Art,
die also , gegen die Formen , von welchen sie abstammen,
nur die Hälfte der Flächen aufzuweisen haben, nennt man he-
mied rische Formen (Hälft-Flächner), während man die, deren
Flächen vollzählig sind , ho moed rische nennt.
Bestimmung der Neigungswinkel an den Krystallen .
§. 38. Die Bestimmung der Neigung der Flächen zu ein-
ander , d. i. die Ermittlung der Neigungs-Winkel oder
Kantengrösse, ist für die trigonometrische Bestimmung des
Axenverhältnisses und ihrer Lage unumgänglich nöthig. Diese
Neigmig der Flächen wird mittelst eigner Instrumente gemessen,
die man Winkelmesser (Goniometer) nennt. Es sind davon
zwei im Gebrauch, nämlich das Anlege-Goniometer von
Jlauy und das Reflexion s- Goniometer von Wollaston.
§. 39. Das erstere besteht in zwei Linialen, wovon das
eine die Sehne eines getheilten Halbkreises darstellt, während
das andere sich , im Mittelpunkte des Kreises , wenigstens tun
180° drehen lässt. Beim Messen einer Kantengrösse legt man
das eine Linial fest an die eine Fläche an luid drehet das an-
dere bis es an der zweiten Fläche ebenfalls anliegt. Am Halb-
kreise liest man dann , an der Stelle nämlich , wo die Seite des
beweglichen und verlängerten Linials steht, die Grade ab, die
dann die Neigung der beiden Flächen unmittelbar abgeben. Es
versteht sich hierbei von selbst, dass die Schenkel der beiden
Liuiale, indem sie den Flächen anliegen, senkrecht zu der zu
messenden Kante sind. — Dieses Anlege-Goniometer gewährt
nur eine, höchstens bis zu V2 Grad gehende Genauigkeit. —
§. 40. Das Goniometer von Wollaston stützt sich darauf,
dass die Flächen der natürlichen Krystalle glänzend und spie-
gelnd sind. Das Instrument hat nun die Einrichtung , dass an
einer horizontalen Axe der Krystall so befestigt werden kann,
dass die zu messende Kante, parallel der Axe des Instrumentes ;
ist. Mittelst der Axe lässt sich zugleich ein in Graden und
Minuten getheilter Kreis bewegen. Lässt man nun auf der einen
Fläche ein Bild, z. B. ein Fenster auf eine bestimmte Weise
Kristallographie.
15
sich abspiegeln , und drehet man dann an der Axe, bis das
Bild sich ebenso auf der andern Fläche spiegelt, so muss die
Bewegung , die man mittelst eines Nonius am Instrumente nach
Graden und Minuten ablesen kann, der Nebenwinkel des
Neigungswinkels der beiden Flächen sein. Dieses Goniometer
gewährt, bei einiger Hebung, eine ausreichende Genauigkeit,
um aus den erhaltenen Resultaten die trigonometrischen Bestim-
mungen der Axen etc. vornehmen zu können.
Kristallsysteme .
§. 41. Untersucht man die einfachen, wie die zusammen-
gesetzten Gestalten, auf die Axen, die mindestens angenommen
werden müssen , um die Lagen der Flächen zum Mittelpunkte
des Kry stalls darnach angeben zu können, so findet man, dass
drei, höchstens vier Axen, die nicht in einer Ebene liegen, hierzu
ausreichen , w obei nur folgende sechs Fälle , theoretisch , wie
der Erfahrung gemäss , möglich sind :
I. Drei Axen, alle senkrecht zu einander und gleichverthig.
II. Drei Axen, alle senkrecht zu einander, aber nur zwei
gleiclrwerthig , die dritte grösser oder kleiner; oder eine
Hauptaxe und zw ei zu derselben senkrechte, gleichw erthige
Nebenaxen.
III. Drei Axen, alle senkrecht, aber alle ungleich; oder eine
Hauptaxe und zwei zu ihr, wie untereinander selbst, senk-
rechte , aber ungleiche Nebenaxen.
IV. Vier Axen , eine Hauptaxe und drei zu derselben senkrechte,
unter sich aber unter Winkeln von 60° geneigte, gleicii-
w erthige Nebenaxen.
V. Drei Axen, eine Hauptaxe und zwrei Nebenaxen; die letz-
tem sind senkrecht zu einander, während nur eine davon
senkrecht und die andere unter schiefem Winkel zur Haupt-
axe geneigt ist.
VI. Drei Axen; alle ungleichwerthig und alle unter verschiede-
nen schiefen Winkeln zu einander geneigt.
§. 42. Da die Erfahrung nun zur Genüge gelehrt hat,
dass Mineralien, die zu einer Mineralgattung gehören, stets
nur in Gestalten auftreten, an denen völlige Uebereinstimmung der
krystallographischen Axen vorhanden ist : so hat man sämmt-
liche Krystalle für Grösse, Länge und Anzahl der an ihnen
anzunehmenden Axen in , den obigen Fällen entsprechende ,
sechs Abtheilungen gebracht, w ovon von Weiss zuerst jede ein
Krystallsystem genannt worden ist, die, nach Weiss und in
obiger Ordnung, wie folgt, bezeichnet worden sind.
I. Regelmässiges Krystallsystem.
II. Zwei- und einaxiges Krystallsystem.
III. Ein- und einaxiges Krystallsystem.
16
Stcreometrische Keimzeichen.
IV. Drei- und einaxiges jirystal 1 system.
V. Zwei- und eingliedriges Kryst all System.
VI. Ein- und einglied ri ge s Kry stallsystem.
§. 43. Nur das regelmässige System schliesst jedes beson-
dere Verhältniss der Axen aus; die übrigen Systeme hingegen
stellen, wegen der Ungleichwerthigkeit von wenigstens einer
Axe gegen die übrigen, Inbegriffe von so viel besondern Axen-
verhältnissen dar, als Verschiedenheiten der Axen untereinander
statt finden können. Wie die Erfahrung gelehrt hat, treten je-
doch immer nur solche einfache Gestalten miteinander in Com-
bination, die sich auf ein bestimmtes Axenverhältniss zurück-
führen lassen, d. i. von einem Axengrundverhältnisse nur durch
einfache und rationale , ganze oder gebrochene Vorzahlen für
die betreffenden Axen abweichen.
§. 44. Indem wir jetzt nun zur Beschreibung der Krystalle
übergehen , w ollen wir die einfachen Gestalten , geschlossene ,
wie nicht geschlossene, (die zusammengehörigen Flächen) sy-
stemsweise aufzählen und hiernach zu der Anwendung auf die
zusammengesetzten Formen übergehen.
Von den einfachen Gestalten der verschiedenen Systeme.
I. Regelmässiges System .
§. 45. An den hierher gehörigen Gestalten lassen sicli drei
zu einander senkrechte und gleiche Axen aulfinden. Die Flä-
chen sind entweder syimnetrisch- vollzählig vorhanden , d. h. an
jeder Gestalt finden sich so viel Flächen, als an derselben in der
gleichen Lage zu den Axen möglich sind (homoedrische For-
men), oder nur die halbe Anzahl , indem entweder die abwech-
selnden Flächen , oder gewisse Flächen gruppen an den liomoe-
drischen Gestalten , durch die andere Hälfte der Flächen ver-
drängt worden sind (hemiedrisclie Formen). Die Namen der
Formen werden aus der Zahl und der Gruppinmg der Flächen
gebildet. Selten gebraucht man aus der Stereometrie stammende
Benennungen. Bei der Beschreibung (wie in den Zeichnungen)
stellt man eine Axe senkrecht und die zweite dem Beobachter
zugekehrt.
A. Homoedrische Formen .
§. 46. 1) Der Würfel (Hexaeder). Fig. 1. Er hat G
Flächen, 12 Kanten und 8 Ecken. Die Flächen sind Quadrate,
die eine Axe schneiden und zu den übrigen parallel sind; ihr
Zeichen oder das der Gestalt ist somit = a . oo a : oo a. Die
Kanten sind rechtwinklich ; die Ecken dreiflächig, regelmässig.
§. 47. Der Zwölfflächner (Dodecaeder). Fig. 2. Er hat
12 Flächen , 24 Kanten und 14 Ecken. Die Flächen sind Rhom-
Krystallographie.
17
ben, die zwei Axen gleichmässig schneiden und zur dritten pa-
rallel sind; das Zeichen desselben ist daher =s= a : a : x a.
‘Die Kanten sind gleich und messen 120°. Die Ecken sind
zweierlei Art : 6 vierfiächige und 8 dreiflächige, alle regelmässig.
§. 48. 3) Der Achtflächner (Octaeder). Fig. 3. Er hat
8 Flächen, 12 Kanten und 6 Ecken. Die Flächen sind gleich-
seitige Dreiecke, die alle drei Axen gleichmässig schneiden.
Das Zeichen der Gestalt ist daher = a : a : a. Die Kanten
sind alle gleich, 109° 28' messend. Die Ecken sind gleich,
vierflächig und regelmässig.
§. 49. 4) Die Viermalsechsflächner (Tetrakishexaeder).
4. Sie haben 24 Flächen , 36 Kanten und 14 Ecken. Die
Flächen sind gleichschenkliche Dreiecke , die zwei Axen , die
eine stärker als die andere, schneiden und zur dritten Axe pa-
rallel sind. Ihr allgemeines Zeichen ist daher = a : n a : x a.
(Das der Fig. 4 ist = (a : 2 a : x a). Die Kanten sind zweier-
lei Art: 12 längere, F, und 24 kürzere, G. Die Ecken sind
ebenfalls von zweierlei Art : 6 vierflächige, regelmässige und 8
sechsflächige, symmetrische. Man kennt vier Arten Viermal-
sechsflächner , deren Zeichen sind :
1) a : 3/2 a : x
Fig.
a;
2) a : 2 a : x a ;
3) a : 5/2 a : x a und
4) a : 3 a : oo a.
Die Flächen neigen sich
bei der Isten Art unter
„ „ 2ten „ ,,
3 *. .. ..
Die
Fig.
F.
157° 23'
1430 8'
1330 36'
1260 52'
Vierundzwanzigflächner
in den Kanten
G.
1330 49'
143° 8'
1490 33'
1540 9'
(Ikositetraeder).
§. 50. 5)
5 und 6. Sie haben 24 Flächen, 48 Kanten und 26 Ecken.
Die Flächen sind symmetrische Trapezoide, die drei Axen schnei-
den, die eine aber stärker, als die beiden übrigen. Ihr allge-
meines Zeichen ist daher = a : na : na (= Va a : a : a).
Die Kanten sind von zweierlei Art: 24 längere, D, und 24
kürzere , F. Die Ecken sind dreierlei Art : 6 vierflächige , re-
gelmässige, 12 vierflächige, symmetrische und 8 dreiflächige
regelmässige. Man kennt bis jetzt zwei Arten Vierundzwanzig-
flächner , nämlich das Leucitoeder Fig. 5. = a : 2a : 2a und
das Leucitoid Fig. 6. = a : 3 a : 3 a. Die Neigung der
Flächen ist in den Kanten
D. F.
bei der Isten Art = 131° 49' 14 6° 27'
„ „ 2ten .. = . . . 144° 54' 129° 31'
§. 51. 6) Die Dreimalachtflächner (Triakisoctaeder). Fig. 7.
Sie haben 24 Flächen, 36 Kanten und 14 Ecken. Die Flächen
Geigers Pharrnacie . 11 1. (2 le Aufi.) 2
18
Stereometrische Kennzeichen.
sind gl eich schenk liehe Dreiecke, die drei Axen schneiden,
zwei aber stärker als die dritte ; ihr allgemeines Zeichen ist
daher = a : a : n a. Die Kanten sind zweierlei Art : 12 län-
gere, D, und 24 kürzere, G. Die Ecken sind ebenfalls zweier-
lei Art : 6 achtflächige , symmetrische und 8 dreiflächige , regel-
mässige. Man kennt bis jetzt zwei Arten von Dreimalacht-
flächnern, deren Zeichen sind : 1) a : a : 2 a und 2) a : a : 3 a.
Die Neigung der Flächen ist in den Kanten
D. G.
bei der lsten Art = , . . 141° 3' *52° 44/
n n 2t™ » = . . . 1530 28' 1420 8'
§• 52. 7) Die Achtundvierzigflächner (Sechsmalachtfläch -
11er, Hexakisoctaeder). Fig. 8. Sie haben 48 Flächen, 72 Kan-
ten und 26 Ecken. Die Flächen sind ungleichschenkliche Drei-
ecke, die die drei Axen, aber sämmtlich migleich, schneiden.
Ihr allgemeines Zeichen muss daher sein = a : m a : n a. Die
Kanten sind dreierlei Art : 24 längere , D , 24 mittlere , F und
24 kürzere, G. Die Ecken sind ebenfalls dreierlei Art: 6 acht-
flächige, symmetrische, 8 sechsflächige, symmetrische und 12
vierflächige , symmetrische. Man kennt fünf Arten von fol-
genden Zeichen: 1) 2a : 3a : 6a; 2) 3a : 4a : 12a- 3)
a : 2 a : 4 a ; 4) 3 a : 7 a : 21 a und 5) 15 a : 33 a : 55 a.
Die Neigung der Flächen ist in den Kanten
bei der lsten Art
—
D.
1490 o'
F
158° 13'
G.
1580 13'
77 77 2ten
77
=
157° 23'
164« 3'
1470 48'
77 77 ^ „
77
1540 47'
1440 3/
1620 15'
77 77 4 „
77
=
1650 2'
136° 47'
1580 47'
77 77 & 77
77
=
1520 17'
1400 9'
1660 57'
B.
Hemiedrisclie Formen .
§. 53. 1) Der Halbochtflächner (Xlemioctaeder, Tetraeder),
rig. 9 und 10. Er hat 4 Flächen. 0 Kanten und 4 Ecken. Die
Flächen sind gleichseitige Dreiecke
und entsprechen den ab-
Fig.
wechselnden Flächen (den Flächen 0 oder den Flächen 0
3.) des Achtflächners. Der normalen Stellung des Achtflächners
(big. 3.) entsprechen daher (wie bei allen der Hemiedrie fähi-
gen Gestalten) 2 Halbachtflächner (Fig. 9. und 10.), die nur in
der Stellung verschieden sind und durch r 1 , (a : a : a)
Fig. 9. und l y2 (a : a : a) Fig. 10. unterschieden oder be-
werden können. Die Kanten sind gleich und messen
70 32 . Die Ecken sind dreiflächig und gleich.
§. 54. 2) Die ilalbvierundzwanziyfläclmer (Hemiikosite-
traeder, Pyramidentetraeder). Fig. 11. Sie haben 12 Flächen,
iS Kanten und 8 Ecken. Die Flächen sind gleichschenkliche
Dreiecke, die den Flächen der abwechselnden dreiflächigen re-
gelmässigen Ecken eines Vierundzwanzigflächners entsprechen.
Krystallographie.
19
Ihr allgemeines Zeichen ist daher % (a : na : n a). Die Kan-
ten sind zweierlei Art: 12 schärfere und längere, X, und 12
stumpfere und kürzere, F. Die Ecken sind ebenfalls zweierlei
Art: 4 dreiflächige, regelmässige und 4 vierflächige , symmetri-
sche. Man hat zwei Arten von Pyramidentetraedern beobachtet,
deren Zeichen sind : 1) y3 (a : 2 a : 2 a) und 2) */2 (a : 3 a : 3 a)
Die Neigung der Flächen ist in den Kanten
X. F.
bei der lsten Art = . . 109» 28' 146« 27'
„ „ 2ten „ = . . . 1290 31' 1290 31'
§. 55. 3) Die Halbdreimalachiflächner (Hemitriakisoctae-
der). Fig. 12. Sie haben 12 Flächen , 24 Kanten und 10 Ecken.
Die Flächen sind symmetrische Trapezoide , die den Flächen der
abwechselnden dreiflächigen Ecken eines Dreimalachtflächners
entsprechen. Ihr allgemeines Zeichen ist daher y3 (a : a : na).
Die Kanten sind zweierlei Art : 12 schärfere und längere , X ,
und 12 stumpfere und kürzere , G. Die Ecken sind zweierlei
Art : 4 dreiflächige , regelmässige und 6 vierflächige , symmetri-
sche. Man kennt nur eine Art, deren Zeichen — y3 (a : a : 2 a)
ist. Die Flächen neigen sich bei denselben
in den Kanten
X. G.
unter 90° 152° 44'
§. 56. 4) Die HalbacMundvierzufflächner (Halbsechsmal-
aclitflächner , Hemihexakisoctaeder). Fig. 13. Sie haben 24
Flächen, 36 Kanten und 14 Ecken. Die Flächen sind ungleich-
schenkliche Dreiecke, und entsprechen den Flächen der abwech-
selnden sechsflächigen Ecken eines Achtundvierzigflächners. Ihr
allgemeines Zeichen ist also = J/2 (a : m a : n a). Die Kanten
sind zweierlei Art: 12 schärfere, X, 12 längere, stumpfere, F,
und 12 kürzere, stumpfere, G. Die Ecken sind ebenfalls dreierlei
Art: 4 sechsflächige, symmetrische, die dem Mittelpunkte der
Flächen, 6 vierflächige, symmetrische, die dem Mittelpunkte der
Kanten und 4 sechsflächige , symmetrische , die den Ecken des
Tetraeders entsprechen. Man kennt zwei Arten, die folgende
Zeichen haben : 1) r/i (2 a : 3 a : 6 a) und 2) y2 (3 a :5a : 15a).
Die Neigung der Flächen ist
in den Kanten
X. F. G.
bei der lsten Art = lioo 55' 158° 13' 158» 13'
„ „ 2ten = 1220 53' 152° 20' 1520 20'
§. 57. 5) Die Halbviermalsechsflächner (Hemitetrakis-
hexaeder, oder Pentagondodecaeder). Fig. 14. Sie haben 12
Flächen, 36 Kanten und 20 Ecken. Die Flächen sind symme-
trische (vier- und einseitige) Fünfecke/ welche die abwechselnden
und für sich vergrösserten Flächen eines Viermalsechsflächners
darstellen. Ihr allgemeines Zeichen ist daher = y2(a: na : ® a).
20
Stereometrische Kennzeichen.
Die Kanten sind von zweierlei Art: 0, Y, die den Flächen des
Würfels, und 24, Z, wovon je drei den Flächen des Achtfläch-
ners entsprechen. Die Ecken sind ebenfalls zweierlei Art : 12
dreiflächige, unregelmässige , und 8 dreiflächige, regelmässige.
Es kommen mehrere Halbviermalsechsfläckner vor, wovon die
bekanntesten folgende Zeichen haben: 1) */2 (a : 2a : x a);
2) */a (a : Vj a : x a) und 3) >/* (a V2 a : x a). Die Nei-
gung der Flächen ist in den Kanten
Y. Z.
hei der lsten Art = . . 126° 52' 1130 35'
„ „ 2ten „ = . . 1120 37' 117° 29'
n n 3 » „ = . . 1060 16' 118° 41'
§• 58. 6) Die Ilalbachtmalsechsflächner (Hemioctokishex-
aedeij. big. 15. Sie haben 24 Flächen, 48 Kanten und 26
Ecken. Die Flächen sind frapezoide mit dreierlei Seiten, wo-
von die gleichen Seiten aneinander stossen. Sie entsprechen den
abwechselnden Flächen der symmetrischen sechsflächigen Ecken
eines Achtundvierzigflächners, jedoch in der einen Gruppe dieser
Flächen den rechtsliegenden, und in der andern den linkslie^en-
den. Ihr allgemeines Zeichen würde daher sein : l/2 (a :111a: na);
um sie aber von den Halbachtundvierzigflächnern zu unter-
scheiden , setzt Rose noch vor diesen Ausdruck das Zeichen 1.
Die Kanten sind dreierlei Art: 12 kürzere, Y, wovon je zwei
einer Würfelfläche, 12 längere, V, die den Flächen des Penta-
gondodecaeders und 24 mittlere, Z, die den Octaederflächen ent-
sprechen. Die Ecken sind ebenfalls dreierlei : 6 vierflächige,
symmetrische, 12 vierflächige, unregelmässige, und 8 dreiflächige’
regelmässige. Man kennt bis jetzt drei Arten von Halbachtmalsechs-
flächnern, deren Zeichen folgende sind: 1) J % (2 a :3a :6a);
2) J V2 (2 a : 4 a : 8 a) und 3) + ’/j (a : 5 a : 15 a). Die
Neierunff der Flächen derselben ist r
bei der lsten Art =
2ten
3 „
V.
1490 0'
1540 46'
16()o 32'
in
den Kanten
Y.
1150 23'
1280 15'
1180 59'
Z.
1410 47'
1310 49'
1310 5'
II. Zwei- und einnxiges System.
§. 59. An allen in dieses System gehörigen Gestalten ,
lassen sich drei zu einander senkrechte Axen wahrnehmen , wo-
von c*lie ‘iher grösser oder kleiner, als die beiden übrigen
d. h. denselben luigleich ist. Diese, an allen Formen nur ein-
mal voi kommende Axe , wird als die Honptaxe angesehen, wo-
durch die beiden gleichwertigen zu Nebenaxcn werden. Die
lfauptaxe erhält das Zeichen c und jede der beiden Nebenaxen
das Zeichen a. W egen der Ungleichheit der Ilauptaxe gegen
Rrystallographie.
21
die Nebenaxen , ist die Fläche (c : x a : x a) nicht identisch
mit den Flächen (oo c : a : x a),* (x c : x a:a) und ebenso
(c : a : 2a), (c : 2a : a) nicht identisch mit (2 c : a : a) u.
s. w. Daher können die einfachen Gestalten dieses Systems, so
wie die aller Systeme hauptaxiger Formen nicht nur nicht so
flächenreich sein, als die des regelmässigen Systems, sondern
sie müssen auch einfache Gestalten mit enthalten, die für sich
den Raum nicht völlig umschliessen. Weiter darf man nicht
vergessen, dass das mit c : a : a ausgedrückte Axenverhältniss
durchaus allgemein ist, d. h. es ist bei jeder dadurch bezeich-
neten Gestalt, zuvor noch der Werth oder das Verhältniss zwi-
schen c und a zu ermitteln.
Ä. Nomoedrische Formen.
§. 60. 1) Die zwei zur Hauptaxe senkrechten und zu
den übrigen Axen parallelen Flächen = c : x a : x a.
Fig. 27. c.
§. 61. 2) Die vier zur Hauptaxe und zu einer der
Nebenaxen parallelen, zur andern Nebenaxe aber senkrech-
ten Flächen — x c : x a : a. Fig. 27. a; a, . . .
Beide Flächenarten stellen, zu einer Combinationsgestalt
vereinigt, eine quadratische Säule dar, bei der die Nebenaxen
in den Mittelpunkt der Seitenflächen fallen. Fig. 27.
§. 62. 3) Die Quadratachtflächner (Quadratoctaeder). Fig.
28. Sie haben 8 Flächen, 12 Kanten und 6 Ecken. Die Flächen
sind gleiciischenkliche Dreiecke, die die Hauptaxe und eine der
Nebenaxen schneiden , während sie zur zweiten Nebenaxe pa-
rallel sind. Ihr allgemeines Zeichen ist daher = e : a : x a.
Die Kanten sind zweierlei Art : 8 Endkanten und 4 Seitenkan-
ten. Die Ecken sind ebenfalls zweierlei : 2 Endecken und 4
Seitenecken.
Es kommen sehr viele Quadratachtflächner vor, die sich in dev
Neigung der Flächen, d. i. in dem Verhältnisse der Hauptaxe
zur Nebenaxe unterscheiden. Je nachdem die Hauptaxe grösser
oder kleiner ist, als die Nebenaxen, unterscheidet man noch
spitze oder stumpfe Quadratachtfläehner.
§. 63. 4) Die vier zu den beiden Nebenaxen geneigten
und zur Hauptaxe parallelen Flächen . Fig. 29. g, g. . =
x c : a : a. Sie stellen die Seitenflächen einer quadratischen
Säule dar , die nur , indem die Nebenaxen in den Mittelpunkt
der Kanten fallen, in der Stellung von den unter 2) bezeichne-
ten Flächen verschieden sind.
§. 64. 5) Die Quadratachtfläehner , deren Flächen aUe
drei Axen schneiden , und deren Zeichen somit = c : a : a
22
Stereometrische Kennzeichen.
ist. Fig. 30. Sie unterscheiden sich von den vorhergehenden
Quadratachtflächnern nur in der Stellung.
§. 65. 6) Die acht zur Hauptaxe parallelen und zu den
zwei Nebenaxen ungleich geneigten Flächen. — cc c : a : n a.
Sie stellen die Seitenflächen einer achtseitigen Säule dar, deren
Kanten nur abwechselnd gleich sind. Fig. 31. 2g...
§. 66. 7) Die Zw eimalacht fläckncr (Dioctaeder). Fig. 32.
Sie haben 16 Flächen , 24 Kanten und 10 Ecken. Die Flächen
sind ungleichsckenkliche Dreiecke , die die Hauptaxe und die
beiden Nebenaxen, die letztere jedoch ungleich schneiden. Ihr
allgemeines Zeichen ist daher = c : a : n a. Die Kanten sind
dreierlei Art : 16 nur abwechselnd gleiche Endkanten und 8
gleiche Seitenkanten. Die Ecken sind ebenfalls dreierlei Art:
2 Endecken und zweierlei abwechselnd gleiche Seitenecken.
Zweimalachtflächner hat man bis jetzt, für sich, nicht
beobachtet und in Verbindung mit andern Gestalten kommen sie
ebenfalls nur selten vor.
B. Hemiedrische Formen.
§. 67. In diesem Systeme kommen nur Halbquadralaclit-
flächner (zwrei- und einaxige Tetraeder) als hemiedrische Ge-
stalten vor. Sie entstehen den Halbaehtflächncrn des regel-
mässigen Systems ähnlich, nämlich indem sich die abwechseln-
den Flächen eines Quadratachtflächners so w eit vergrössern, bis
sie für sich einen Raum lunschliessen. Ihr allgemeines Zeichen
ist daher r oder 1 */2 (c : a : a) (oder ya (c : a : x a).
Sie haben 4 Flächen , 6 Kanten und 4 Ecken. Die Flächen sind
gleichschenkliche Dreiecke. Die Kanten sind von zw eierlei Art.
Die Ecken sind gleich.
III. Ein- und einaxiges Sgstem.
§. 68. Die hierher gehörigen Gestalten zeichnen sich durch
drei zu einander senkrechte , aber ungleiche Axen aus. Eine
von diesen Axen wählt man zur Hauptaxe (die, mit welcher
die natürlichen Krystalle aufgewachsen erscheinen), wodurch die
übrigen dann zu Nebenaxen w erden, wovon wieder die eine als
erste und die andere als zweite Nebenaxe unterschieden w erden
muss. Die Hauptaxe erhält das Zeichen c , die erste Nebenaxe
das Zeichen b und die zweite wird durch a ausgedrückt. —
Wegen der Verschiedenheit sämmtlicher Axen ist in diesem
Systeme nur eine Art der einfachen Gestalten möglich und alle
übrigen sind zusammengehörige Flächen.
A. Ilomoedfische Formen.
§■ 69. I) Die zwei zur Hauptaxe senkrechten und zu
Krystallographie.
23
den Nebenaxen parallelen Flächen (die Endflächen) =»
c : ob i> : x a. Fig. 35. c.
§. 70. 2) Die zwei zur ersten Nebenaxe senkrechten
und zu den übrigen Axen parallelen Flächen (die vordem
Seitenflächen) - oc c : 1) : oo a, Fig. 35. b.
§. 71. 3) Die zwei zur ziveiten Nebenaxe senkrechten
und zu den übrigen Axen parallelen Flächen (die rechts und
links liegenden Seitenflächen) = x c : x b : a. Fig. 35. a.
Diese drei Arten von zusammengehörigen Flächen geben,
zu einer Gestalt vereinigt, eine rektanguläre Säule ab. Fig. 35.
§. 72. 4) Die vier zur Hauptaxe und zur ersten Nebenaxe
geneigten , zur zweiten Nebenaxe aber parallelen Flächen
(die Seitenflächen einer, der ersten Nebenaxe anliegenden hori-
zontalen rhombischen Säule) = c : b : x a. Fig. 37. d.
§. 73. 5) Die vier zur Hauptaxe und zur zip eiten Ne-
benaxe geneigten , zur ersten Nebenaxe aber parallelen Flä-
chen (die Seitenflächen einer, der zweiten Nebenaxe anliegen-
den horizontalen rhombischen Säule). Fig. 37. f.
Die Combinationsgestalt aus den letzten beiden Flächen-
arten, stellt einen rektangulären Achtflächner darr der von
zweierlei gleichschenkliclien Dreiecken begrenzt ist. Fig. 37..
§. 74. 6) Die vier zu den beiden Nebenaxen geneigten ,
zur Hauptaxe aber parallelen Flächen (die Seitenflächen einer
geraden rhombischen Säule) = x c : h : a. Fig. 36. g.
§. 75. 7) Die Rhombenachtflächner (Rhombenoctaeder).
Fig. 38. Sie haben 8 Flächen 7. 12 Kanten und 6 Ecken. Die
Flächen sind ungleichschenklichc Dreiecke , die sämmtliche Axen
schneiden. Ihr allgemeines Zeichen ist daher = c : b : a (oder
m c : n b : p a). Die Kanten sind von dreierlei Art : 4 stum-
pfere und schärfere Endkanten und 4 gleiche Seitenkanten. Die
Ecken sind ebenfalls von dreierlei Art: 2 Endecken und zweier-
lei abwechselnd gleiche Seitenecken. — Es kommen sehr viele
Rhombenachtflächner vor, die sich nach den Neigungswinkeln
ihrer Flächen oder nach dem Verhältniss ihrer Axen von einan-
der unterscheiden.
B. Hemiedrische Formen .
§. 76. Auch in diesem Systeme kommen nur Halbrhom -
benachtflächner (ein- und einaxige Tetraeder) als hemiedrische
Gestalten vor, die, den Halbactflächnern des regelmässigen Sy-
stems ähnlich, durch die vorzugsweise Vergrösserung der ab-
wechselnden Flächen eines Rliombeiiachtflächners entstehen
24
Stereoinetrischc Kennzeichen.
IV. Brei- und einaxiges System.
§. 77. Die Gestalten dieser Abtheilung von Kristallen
zeichnen sich darin aus , dass an ihnen vier Axen angenommen
werden müssen, wovon die eine, die Hauptaxe, grösser oder
kleiner ist, als die drei zu ihr senkrechten, sich unter Winkeln
von 60° schneidenden, und unter einander völlig gleichwerthi-
gen Nebenaxen. Die Hauptaxe erhalt das Zeichen c; jede der
Nebenaxen wird durch a ausgedrückt. In diesem Systeme kom-
men mehrere geschlossene (einfache) Gestalten vor, die, wegen
der Gleichheit der Nebenaxen , viel AeJmliches haben mit den
Formen des zwei- und einaxigen Systems.
A. Homoedrische Gestalten.
§. 78. I) Die zwei zur Hauptaxe senkrechten und. zu
den Nebenaxen parallelen Flächen (die zwei Endflächen). =
c : oo a : oo a : oo a. Fig. 40. c.
§. 79. 2) Bie sechs zu zivei Nebenaxen gleichmässig
geneigten , zur dritten Nebenaxe und zur Hauptaxe aber pa-
rallelen Flächen (die Seitenflächen einer sechsseitigen Säule).
= oo c : a : a : oo a. Fig. 40. g.
Die beiden vorstehenden Flächenarten geben, zu einer Ge-
stalt vereinigt, eine sechsseitige Säule, bei der die Nebenaxen
in den Mittelpunkt der Seitenkanten fallen. Fig. 40.
§. 80. 3) Die Zweimalsechsflächner (die sechsseitigen
Doppelpyramiden, Hexagondodecaeder). Fig. 41. Sie haben 12
Flächen, 8 Ecken und 18 Kanten. Die Flächen sind gleich-
schenklige Dreiecke, die die Hauptaxe und zwei Nebenaxen
schneiden, während sie zur dritten Nebenaxe parallel sind. Ihr
Zeichen ist daher = c : a : a : oo a. Die Kanten sind zweier-
lei: 12 End k anten und 6 Seitenkant en. Die Ecken sind eben-
falls zweierlei : 2 Endecken und 6 Seitenecken.
Von diesen Zweimalsechsflächnern kommen viele vor, die
sich in der Neigung der Flächen und also im Verhältnisse der
Hauptaxe zu den Nebenaxen verschieden zeigen.
§. 81. 4) Bie sechs Flächen , welche die drei Neben-
axen schneiden , die eine davon aber noch einmal so stark .
als die beiden übrigen , und, zur Hauptaxe parallel sind
(die Seitenflächen einer sechsseitigen Säule, bei der die Neben-
axen in den Mittelpunkt der Flächen fallen). Ihr Zeichen ist
daher = co c : 2 a : a : 2 a. Fig. 42. a. Diese Seiten-
flächen geben, mit c : oo a : x a : oo a vereinigt, eine sechs-
seitige Säule ab, w eiche von der obigen (Fig. 40.) nur in der
Lage der Flächen zu den Nebenaxen, d. i. in der Stellung
verschieden ist. Fig. 12. a.
Krystallographie.
25
§. 82. 5) Die zwölf Flächen , welche die drei Neben-
axen ungleich schneiden und zur Hauptaxe parallel sind
(die Seitenflächen einer zwölfseitigen Säule) =
x c : a : m a : n a.
Vereinigt mit c : x a : x a : x a gehen diese Flächen
eine mit zweierlei abwechselnd gleichen Endkanten versehene
zwölfseitige Säule ah.
§.83. 6) Die Zweimalsechsflächner zweiter Stellung *
Sie sind von den obigen Zweimalsechsiiächnern nur in der Lage
der Flächen zu den Neben axen , d. i. in der Stellung, verschie-
den. Die Flächen schneiden nämlich die Hauptaxe und die drei
Nebenaxen; von den letztem die eine jedoch noch einmal so
stark, als die beiden übrigen. Ihr Zeichen ist somit =
c : 2 a : a : 2 a.
§. 84. 7) Die Zweimalzwölfflächner (Didodecaeder). Fig.
43. Sie haben 24 Flächen, 36 kanten und 14 Ecken. Die
Flächen sind ungleichschenkliche Dreiecke, die zu allen vier
Axen, zu den Nebenaxen jedoch in ungleichen Verhältnissen,
geneigt sind. Ihr allgemeines Zeichen ist daher = c : a : in a : n a.
Die Kanten sind dreierlei Art: 2 nur abwechselnd gleiche End-
kanten und 12 gleiche Seitenkanten. Die Ecken sind dreierlei
Art : 2 Endecken und 12 nur abwechselnd gleiche Seiten-
ecken.
Diese Zweimal Zwölfflächner kommen, wie die Zweimalacht-
flächuer, nur an zusammengesetzten Gestalten, und selbst dann
nur selten vor.
B. Hemiedrische Gestalten .
§. 85. 1) Die Halbzweimalsechsflächner (Hemidodecaeder,
Rhomboeder). Fig. 44. Sie haben 6 Flächen, 12 Kanten und
8 Ecken. Die Flächen sind Rhomben, die den abwechselnden
Flächen eines Zweimalsechsflächners = c : a : a : x a ent-
sprechen. Ihr allgemeines Zeichen ist daher = V2 (c : a: a : x a).
Die Kanten sind zwr eierlei Art : 6 Endkanten und 6 Seiten-
kanten. Die Ecken sind ebenfalls zweierlei Art: 2 Endecken
und 6 Seitenecken.
Die Rhomboeder kommen sehr häufig vor. Sie unterschei-
den sich voneinander, wie die Zweimalsechsflächner, von denen
sie abstammen. Im Allgemeinen unterscheidet man noch stumpfe
und spitze Rhomboeder, je nachdem die Hauptaxe kleiner oder
grösser ist, als die Nebenaxen.
§. 86. 2) Die lialbzweimalzwölfflächner (Ilemididodecae-
der , Skalenoeder). Fig. 45. Sie lieben 12 Flächen , 18 Kanten
und 8 Ecken. Die Flächen sind ungleichschenkliche Drei-
ecke, welche den abwechselnden Flächen eines Zweimalzw ölf-
26
Stereometrische Kennzeichen.
flächners entsprechen. Ihr allgemeines Zeichen ist daher =
yi (c : a :111a: 11 a). Die Kanten sind dreierlei Art : 6 Seiten-
kanten und 12 nur abwechselnd gleiche Endkanten. Die Ecken
sind auch zweierlei Art : 2 Endecken und 6 Seitenecken.
Auch diese Skalenoeder kommen häufig vor und sind, ähn-
lich den Rhomboedern , nach ihrer Abstammung oder dem Ver-
hältnisse der Hauptaxe zu den Nebenaxen verschieden.
V. Zwei- und eingliedriges System.
§. 87. Die Gestalten dieses Systems haben drei Axen, die
alle ungleich sind , nämlich eine Hauptaxe ,. eine dazu unter
schiefem Winkel geneigte (erste) Nebenaxe und eine zur Haupt-
axe, wie zu der ersten Nebenaxe senkrechte zweite Nebenaxe.
Die Hauptaxe erhält das Zeichen c, die erste Nebenaxe das
Zeichen b und die zweite das Zeichen a. Ausser dem Längen-
verhältniss der Axen , muss auch der Winkel berücksichtigt
werden, unter welchem die erste Nebenaxe zu der Hauptaxe ge-
neigt ist. Man drückt ihn durch d — 90 ° , d. i. , durch die
Abweichung vom rechten Winkel aus , und bestimmt ihn , auf
trigonometrischem Wege, aus der Neigung der Flächen der
Gestalten. — Wegen der Ungleichheit derAxe und der schiefen
Neigung der einen Axe7 kommen in diesem Systeme mir die
folgenden, für sich nicht gesclilossenen Gestalten (nur zusammen-
gehörige Flächen) vor.
§. 88. 1) Die zwei zur Hauptaxe geneigten und zu den
Nebenaxen parallelen Flächen (die Endflächen) =
c : ao b : x a.
§. 89. 2) Die ztvei zur ersten Nebenaxe geneigten, zur
Hauptaxe und zweiten Nebenaxe aber parallelen Flächen
(die vordere und hintere Seitenfläche) = x c : b : x a.
§. 90. 3) Die zwei zur zweiten Nebenaxe senkrechten
und zu den übrigen Axen parallelen Flächen (die rechte und
die linke Seitenfläche) = x c : x b : a.
Diese drei Flächenarten bilden, zusammen vereinigt, eine
schiefe rektanguläre Säule. Fig. 47.
§. 91. 4) Die vier Flächen , welche zur Hauptaxe und
zur ersten Nebenaxe geneigt , zur zweiten Nebenaxe aber
parallel sind. = c : b : x a. Sie geben die Seitenflächen
einer horizontalen rhomhoidischen Säule ab , bei der also nur die
parallelen Flächen gleich sind.
§. 92. 5) Die vier Flächen , welche zur Hauptaxe und
zur zweiten Nebenaxe geneigt und zur ersten Nebenaxe pa-
rallel sind. = c : x b : a. Sie geben die Seitenflächen eines
mehr oder weniger horizontalen rhombischen Prismas ab. Ver-
Krystallographie. 27
einigt liefern die Flächenarten 4) und 5) eine Art Rectangulär-
octaeder. Fig. 48.
§. 93. 6) Die vier Flächen , welche zu den beiden
Nebenaxen geneigt und zur Ilauptaxe parallel sind. =
go c : b : a. Sie steilen die Seitenflächen einer vertikalen , rhombi-
schen Säule dar. Fig. 49. g. Vereinigt mit den Endflächen
giebt diese Flächenart eine schiefe rhombische Säule . Fig. 49.
§. 94. ?) Die acht Flächen , welche alle drei Axen
schneiden — c : b : a. Sie geben ein zwei- und eingliedriges
Octaeder ab , das aus zweierlei ungleichschenklichen Dreiecken
zusammengesetzt ist. Fig. 50.
VI. Ein- und eingliedriges System.
§. 95. Die hierher gehörigen Gestalten zeichnen sich darin
aus , dass keine zu einander senkrechte Axen angenommen wer-
den können. Alle Axen sind an ihnen unter schiefen Winkeln
geneigt. Ferner sind sie daran noch zu erkennen, dass nur die
einander parallelen Flächen gleich sind und dass also an jeder
Form nicht mehr als zwei identische Flächen aufgefunden wer-
den können. — Die Axen und Flächen werden wie im zwei-
und eingliedrigen System bestimmt und bezeichnet.
Von den zusammengesetzten Gestalten der verschiedenen
Systeme.
§. 96. Die meisten der einfachen Formen des regelmässi-
gen, zwei- und einaxigen und drei- und einaxigen Systems
kommen, als natürliche Krystalle, nicht selten für sich vor. Bei
weitem die meisten natürlichen Krystalle sind aber Combina-
tionsgestalten. Die Flächen der einfachen Formen erschei-
nen in der Combination natürlich gegenseitig verändert; die
Lage ihrer Flächen zum Mittelpunkte, oder zu den krystallo-
graphischen Axen, bleibt aber dieselbe und an ihr sind immer
die verschiedenen einfachen Gestalten einer Combination zu er-
kennen, so wie es sich denn von selbst versteht, dass an einer
zusammengesetzten Gestalt die Axen, welche das System be-
zeichnen, sich aufflnden lassen müssen.
§. 97. In der Regel herrscht an einer Combination eine
der einfachen Gestalten, eine der einfachem, aus zusammenge-
hörigen Flächen zusammengesetzte Gestalt vor, so dass die
Flächen der übrigen nur als Ah stumpf ungs- , Zuschärfungs -
und Zuspitzung s flächen der Kanten und Ecken der vorherr-
schenden Gestalt auftreten, was die Ermittlung der Lage der
Axen sehr erleichtert. Für solche Fälle nennt man die vor-
herrschende Gestalt die Grundgestalt , nach der dann auch, bei
28
Stereometrische Kennzeichen.
den hauptaxigen Formen, die Bestimmung des Axenverhältnisses
vorgenommen wird.
§. 98. Aus theoretischem Gesichtspunkte ist nirgends ein
Grund vorhanden , w arum , innerhalb der Grenzen eines Systems,
nicht alle einfache Gestalten, zu zusammengesetzten Gestalten
vereinigt, Vorkommen könnten. Dennoch hat die Beobachtung
gezeigt, dass, für eine Mineralgattung oft nur gewisse einfache
Formen und zusammengehörige Flächen in Combination treten.
Man hat dies den Combinations-Charaliter der betreffenden Mi-
neralgattung genannt. So erscheinen , beim regelmässigen Sy-
steme , immer nur zu zusammengesetzten Formen vereinigt :
1) Die sieben komoedrischen Gestalten.
2) Der Würfel , der Zwölfflächner, die Viermalsechsfläcimer
und die Hälftflächner mit geneigten Flächen (die Tetraedrischen
Hälftflächner).
3) Der Achtflächner , der Zwölfflächner , die Dr eimal acht-
flächner, die Vierundzwanzigflächner und die Hälftflächner mit
parallelen Flächen (die Pentagondodecaeder und die Halbacht-
malseciisflächner).
§. 99. Bei den übrigen Systemen (den Systemen mit haupt-
axigen Gestalten) können zwar diejenigen, ungleichnamigen ,
nie ähnlichen, Formen miteinandej zu zusammengesetzte Ge-
stalten Vorkommen, die von einem bestimmten Axen Verhältnisse
nur in einfachen und rationalen Werthen ab weichen ; allein die
Erfahrung hat auch hier gelehrt , dass die Combinationen einer
Mineralgattung oft nur aus gewissen Arten von einfachen For-
men oder zusammengehörigen Flächen gebildet sind.
§. 100. Zur nähern Erläuterung der Beschreibung von
Combinationsgestalten , wird es jetzt genügen, einige Gestalten
der verschiedenen Systeme zu bezeichnen. Fig. 16 — 26 sind
zusammengesetzte Gestalten des regelmässigen Systems, näm-
lich Fig. 16 — 23 homoedrische und Fig. 24 — 26 hemiedrische.
Fig. 16 ist — (a : oo a : oo a) (a : a : a), also die Combina-
tion des Würfels (a) mit dem Achtflächner (o), wobei die Wür-
felflächen vorherrschen. Fig. 1 7 ist dieselbe Gestalt, nur herrscht
keine der Fiächenarten besonders vor. Fig. 18 ist ebenfalls
eine Combination aus dem Würfel und dem Achtflächner, doch
herrschen hier die Flächen des Letztem vor. Fig, 19 ist =
(a : a : x a) (a : a : a) , also die Combination aus dein Zwölf-
flächner und dem Achtflächner, wobei die Flächen des Zwölffläch-
ners vorherrschen. Fig. 20 ist — (a : a : a) (a : a : oo a), wobei die
Flächen des Achtflächners vorherrschen. Fig. 21 ist = (a : x a : x a)
(a : a : oo a), wobei die Würfelflächen vorherrschen. Fig. 22
ist = (a : a : oo a) (a : 2 a : 2 a) , d. i. eine Combination aus
dem Zwölfflächner und einem Vierundzwanzigflächner (a : 2 a : 2 a),
Krystallographie.
29
an der die Flächen des Zwölfflächners vorwalten. Fig. 23 ist
= (a : x a : x a) (a : 2 a : 2 a) , an der die Flächen des
Würfels vorherrschen (der Würfel mit dreifach zugespitzten
Ecken). Fig. 24 ist = (a : a : x a) (a : x a : <x a) J/2 (a : a : a)
mit vorherrschenden Bodecaeder - Flächen. Fig. 25 ist =s=
(a : x a : x a) (a : a : x a) (a : a : a) mit vorherrschenden
Würfelflächen. Fig. 26 = (a : qo a : x a) l/2 (a : a : a) mit
vorherrsch enden W ürfelflächen.
§. 101. Fig. 33 und 34 sind zwei zusammengesetzte For-
men des zwei- und einaxigen Systems. Fig. 33 ist = (c : a : a)
(n c : a : a) (p c : a : x a) , wo (c : a : a) = o und (nc:a:a)
= q u. s. w. ist; d. h. es ist die Gestalt eine Combination
aus einem Achtflächner (= o), hei dem die Nebenaxen in die
Seitenecken fallen, und aus einem Achtflächner (= q) derselben
Stellung, bei dem die Hauptaxe um den Faktor n grösser ist,
und endlich aus einem Achtflächner (— r), bei dem die Neben-
axen in den Mittelpunkt der Seitenkanten fallen und die Haupt-
axe , gegen die des ersten Achtflächners um pmal grösser ist. Das
Verhältniss von c : a und die Faktoren n und p müssen aus der
Neigung der Flächen auf trigonometrischem Wege bestimmt wer-
den. Fig. 34 ist = (c : a : a) (c : a : qo a) (c : <x a : x a).
§. 102. Fig. 38 a und 39 sind Combinationen des ein- und
einaxigen Systems. Fig. 38 a ist = (c : b : a) (x c : n b : a)
(x c : b : p a), wobei (c : b : a) — den Flächen o,
(xc:nb:a) = den Flächen g' und (x c:b:p a) — den Flächen
g ist. Fig. 39 ist — (c : x b : a) (c : b : x a) (c : x b : a)
(c : b : a) (x c : b : a) (x c : b : x a) (x c : <x> b : a).
§. 103. Fig. 46 ist eine Combination des drei- und einaxi-
gen Systems = (c : a : a : xa) (x c : a : a : xa).
§. 104. Fig. 51 ist eine zusammengesetzte Gestalt des
zwei- und eingliedrigen Systems und = (c : x b : x a)
(x c : b : x a) (x c : x b : a) (x c : b : a) (c : b : a).
§. 105. Fig. 52 ist eine Combination des ein- und einglie-
drigen Systems und = (c : x b : x a) (x c : b : a)
(x c : x b : a) (c : b : a) (n c : x b : a) , nämlich c =
(c : x b : x a) , g und g' = (x c : b : a) , wovon nur die
parallelen Flächen einander gleich sind, a = (x c : x b : a),
o =s (c : b : a) , d = (nc : x b : a).
Mohs und Jlaüy’s Methode die Krystalle zu beschreiben.
§. 106. Mohs hat, gleich Weiss, die Krystallgestalten ,
nach ihren krystallographischen Axen, in sechs Abtheilungen
gebracht , wovon er ebenfalls jede ein Kri stallsystem nennt ,
und die wir hier gleich, durch die IFms’schen Benennungen
erläutert, aufzähien wollen.
30
St ereoinetrische Kennzeichen.
1) Tessulares System — regelmässiges System nach YV.
2) Rhomboedrisches System = drei- «nd einaxiges System
nach W.
3) Pyramidales System = zwei- und einaxiges System nach YV.
4) Prismatisches oder orthotypes System = ein- imd ein-
axiges System nach YV.
5) Hemiprismatisciies oder hemiorthotypes System — zwei-
und eingliedriges System nach YV.
6) Tetärtoprismatisches oder hemian- und anorthotypes
System = ein- und eingliedriges System nach YYr.
§. 107. Jedem dieser Systeme liegt eine der ihm ange-
liörigen einfachen Form zum Grunde, die von Mohs als die
Grundgeslalt desselben betrachtet wird und nach der dann auch
das System benannt worden ist. Durch eigenthümliche , jedoch
nicht für alle Systeme gleiche, Verfahrungsarten, leitet er aus
einer solchen Grund gestalt die übrigen einfachen Gestalten und
zusamrn gehörigen Flächen ab und betrachtet dann ebenfalls die
zusammengesetzten Gestalten als Combinationen aus den ein-
fachen Formen.
§. 108. Die Grundgestalt des tessularen Systems ist der
Würfel. Durch bewegliche Ebenen, die bald den Kanten, bald
den Ecken der Grundgestalt anliegen, entwickelt er die übrigen
einfachen Formen dieses Systems. Die Hälftflächner lässt er
ebenfalls, aus den homoedrischen Formen, durch vorzugsweise
Vergrösserung der abwechselnden Flächen etc. entstehen. Die
Zeichen der einfachen Gestalten bildet er, so weit dies thun-
lich, aus den Anfangsbuchstaben der Benennung. So ist
H (Hexaeder) = (a : x a : oo a).
D (Dodecaeder) = (a : a : oo a).
0 (Octaeder) = (a : a : a).
An (Die hexaed rischen Trigonal-Ikositetraeder) =
a : n a : x a).
Bn (Die octaedrischen Trigonal-Ikositetraeder) = (a:a:na).
Cn (Die zweikantigen Tetragonal - Ikositetraeder) =
(a : n a : n a).
Tn (Die Tetrakontaoktaeder) == (a : m a : n a).
§. 109. Die Hälftflächner bezeichnet Mohs ebenfalls da-
durch, dass er die Zahl 2 dem Zeichen der betreffenden ho-
moedrischen Form als Divisor zugesellt ; so ist das Zeichen des
Tetraeders = 0, das der Pentagondodecaeder An u. s. w.
' 2 %
Das besondere Zeichen des Vierundzwanzigflächners (a:2a :2 a)
ist nach Mohs =*= Al, nämlich das der ersten Art oder
Varietät unter den vorkommenden Vierundzwanzigflächnern
Krystallographie.
31
u. s. w. — Die Combinationsgestalt Fig. 23 wird nach Mohs
also bezeichnet durch : H + Al = H. Al. Die Fig. 21 durch
H. D. 0 u. s. w.
~
§. 110. Dem rhomboedrischen Systeme liegt ein Rhomboe-
der zum Grunde. Dieses Grundrhomboeder , bei dem das Ver-
hältniss der Hauptaxe zu einer der Nebenaxen (der Hauptaxe
zur horizontalen Projection) bekannt sein muss , bezeichnet Molis
mit R. Durch Auflegen von Flächen auf die Endkanten des
Grundrhomboeders , die so gross sein müssen , dass sie sich ge-
genseitig schneiden, entsteht ein neues Rhomboeder, dessen
Hauptaxe bei gleichbleibender Horizont alprojection, sich zu der
Hauptaxe des Grundrhomboeders, wie ft : 1 verhält. Das Grund-
rhomboeder selbst kann nur auf dieselbe Weise von einem Rhom-
boeder abgeleitet gedacht werden, dessen Axe ebenfalls noch einmal
so gross sein muss, als die von R. Hierdurch erhält man eine
vom Grundrhomboeder oder R. ausgehende, ab- und ansteigende
Reihe von Rhomboedern, deren Axen, bei gleichen Nebenaxen,
wie die Potenzen der Zahl 2 fallen und steigen. Ist R nun =
R 2°, R + 1 = R21, R22 = R + 2, R 2~ 1 = R — 1,
R i 2 — R — 2 u. s. w. , so kann eine solche Reihe von Rhom-
boedern , wie folgt , bezeichnet werden :
R — x . R — 2, R — 1, R, R + l, R+2 R+x.
R , oder das Grundrhomboeder ist in dieser Reihe ft (c: a:a:a),
R •+• 1 ist dann -= Vq (2 c : a : a : x a).
R+2 = y2 (4 c : a : a : x ,a) u. s. w. ? und
R + x = (x c : a : a : x a) oder =*= x c : 2 a : a : 2 a).
Weiter muss sein R — 1 — ft (ft c : a : a : x a),
R — 2 = ft (ft c : a : a : x a) u. s. w. , und
R — x n= (c : x a : x a : x a).
§. 111. Auch die Zweimalsechsflächner leitet Mohs durch
ein eigentümliches Verfahren aus den Rhomboedern ab, so
dass sich für jedes Rhomboeder der obigen Reihe ein Zwei-
malsechsflächner entwickeln lässt, in welchem die Hauptaxe, bei
unveränderter Horizontalprojection , um ft kleiner erscheint, als
die des betreffenden Rhomboeders. Die Zweimalsechsflächner
nennt Mohs Pyramiden , und bezeichnet die dem Grundrhom-
boeder entsprechende Pyramide mit P. ; P + 1 ist dann die Py-
ramide, die dem Rhomboeder R + 1 entspricht, P — 1 die
Pyramide des Rhomboeders R — 1 u. s. w., so dass P + x
wieder die Seitenflächen einer sechsseitigen Säule und P — x
die Endfläche derselben darstellt. P ist hiernach also =
(ft c : a : a : x a) , P * 1 == c : a : a : x a), P — 1 =*=
3
(JL c : a : a : x a) u. s. w.
3.2
§. 112. Zur Darstellung eines Skalenoeders muss, nach
der Mohs' sehen Methode, die Axe eines Rhomboeders sich durch
32
Stereometrische Kennzeichen.
einen Faktor, der grösser als 1 ist, verlängern, wobei eben-
falls die Korizontalprojection unverändert bleibt. Das Zeichen
eines Skalenoeders ist, je nach dem Rhomboeder der Reihe, von
welchem es abstammt = (P ^ n) “, wobei der rechts oberhalb der
Klammer durch m repräsentirte Werth, den Faktor für die Ver-
längerung der Axe des betreffenden Rhomboeders ausdrückt.
(P)m ist hiernach = yi (m c : pa : q a : r a) u. s. w. Die
Zweimalzwölffläcimer betrachtet Mohs als Zusammensetzungen
aus zwei Skalenoeder , mid ihr allgemeines Zeichen ist daher =
2 (P ■+■ n) m u. s. w.
§. 113. Beim pyramidalen Systeme gilt ein Quadratachtflächner
(eine Pyramide dieses Systems) als Grundgestalt. Sie wird mit
P bezeichnet. Durch dasselbe Verfahren, wie bei der Grund-
gestalt des rhomb oedrischen Systems, nämlich durch’s Auflegen
berührender Ebenen auf die Endkanten dieser Grundpyramide
und Vergrösserung derselben, bis sie sich gegenseitig schneiden,
entsteht eine stumpfere Pyramide, deren Axe, bei gleicher IIo-
rizontalprojection, sich zu der Axe der Grundpyramide = V'^ : 1
verhält. Fährt man so fort, aus jeder folgenden Pyramide eine
neue abzuleiten , und denkt man sich die Grundpyramide selbst
wieder abgeleitet aus vorhergehenden, und also spitzen Pyra-
miden, so erhält man eine Reihe von Pyramiden , bei denen die
Axen , von der Grundpyramide aus gerechnet, wie die Potenzen
des Werthes V 2 ab- und zunehmen. Die Reihe selbst wird also,
ähnlich der Reihe der Rhomboeder, sich geben lassen durch:
P — ao .... P — 2, P — 1,P,P+1, P 4- 2 . . . . F 4- x
Ist hierin nun P *= (c : a : a), so ist P + l = (1/2C : a : a),
X
P 4- 2 — (2 c : a : a) , P — 1 = ( V 2 c : a : a) , P — 2 =±=
(Ya c : a : a) , P + an — (x c : a : a) oder = (x c : a : x a)
und P — x — (c : x a : x a) u. s. w.
§. 114. Durch ein eigenthümliches Verfahren, wobei die
Axe irgend einer Pyramide durch einen Faktor , der grösser als
1 ist, vergrössert wird, entstehen die Zweimalachtflächner (die
achtflächigen Pyramiden), deren allgemeines Zeichen, den Ska-
lenoedern des rhomboedrischen Systems entsprechend =(P + n)D
istr u. s. w.
§. 115. Aelmlich ist die Ableitung von einem Rhomben-
achtflächner (des. Orthotyps), der die Grundform des orthotypen
Systems ist , und es entstehen hier die Reihen :
1) P— x . . . . P — 2, P — 1, P, P+1....P+®,
d. i. die Reihe der Pyramiden ähnlichen Querschnitts , in
welchem die Grundpyramide durch P ausgedrückt ist. P — x
ist hier wieder = (c : x b : x a), P — 2 = (Yd c : b : a ),
P — 1 sb (Y* c : b : a), P *+• 1 = (2c : b : a), P 4- cd
= (x c : b : a) u. s. wr. , wenn P = (c : b : a) ist.
Krystallographie. 33
2) P — 00 ... . (P— l)m, (P)”, (P-f-l)m .... (P + QO )m.
3) P- oo . . . . (P ~ l)m, (P)ra, (P-Hl)“ , . . . (P+ oo)m.
Diese beiden Reihen bezeichnen Pyramiden unähnlichen
Querschnittes , den verschiedenen Pyramiden der ersten Reihe
entsprechend , wobei aber ausser der , durch den Faktor m ver-
längerten Hauptaxe, einmal die kürzere Nebenaxe (die kürzere
Diagonale der Horizontalprojection) , und das andere Mal die län-
gere um den Faktor in verlängert erscheint , so dass (P -+• n) m
= (m a : b : m c) und (Pr-hn)m = (m a : m b : c) ist.
Die Flächen m c : b : m a und m c : m b : a auszudrücken,
bedient sich Mohs endlich der beiden folgenden Reihen:
4) P — ■ ao .. . . . Pr — 1, Pr, Pr+1 .... Pr+oo.
5) P — od ... Pr — 1, Pr, Pr+1 .... Pr+oo
und nennt sie die Reihen der horizontalen Prismen.
§. 116. Die Bezeichnung der Gestalten der übrigen Sy-
steme ist ganz der des letzten Systems ähnlich; nur für die
horizontalen Prismen, da deren Flächen nicht alle, sondern oft
nur zur Hälfte Vorkommen, wird unter das Zeichen derselben
die Zahl 2 in der Gestalt eines Divisors gesetzt.
§. 117. Mehrere der angeführten Reihen der hauptaxigen
Gestalten, laufen nach Nebenreihen parallel, die die Zeichen
solcher Gestalten enthalten, die sich durch die angeführten
Reihen nicht ausdrücken lassen , die im Ganzen aber selten sind.
§. 118. Die Haüy' sehe Schule endlich geht nicht von dem
Gesichtspunkte der Rry stall Systeme aus, sondern nimmt die ein-
fachem Krystallgestalten , als Grundgestalten an, aus denen,
durch Veränderungen an Kanten und Ecken , die verschiedenen
übrigen, meist zusammengesetzten Formen abgeleitet werden.
§. 119. Diese Haütf sehen Grundgestalten sind :
1) Der Würfel. Fig. 1.
2) Der Achtflächner. Fig. 3.
3) Der Zwölfflächner. Fig. 2.
4) Das Tetraeder. Fig. 9 und 10.
5) Das Pentagondodecaeder. Fig. 14.
6) Die quadratische Säule, Fig. 27 und 29.
7) Das Quadratoctaeder, Fig. 28 und 30.
8) Die gerade rektanguläre Säule. Fig. 35.
9) Das rhombische Octaeder. Fig. 38.
10) Das Rektangulär-Oktaeder. Fig. 37.
11) Das Rektangulär-Ditetraeder (einRektangulär-Octaöder in
der Stellung, dass dessen Hauptaxe die Lage der ersten Neben-
axe erhält.)
Geigers Pharmacie. II. 1. (2 te Aufl.)
3
34
Stereometrische Keiuizeichen.
12) Die gerade rhombische Säule. Fig. 36.
13) Die schiefe rektanguläre Säule. Pig. 47.
14) Die schiefe rhombische Säule. Pig. 49.
15) Die gerade rhomboidische Säule.
16) Die schiefe rhomboidische Säule.
17) Das Rhomboeder. Fig. 44.
18) Die sechsseitige Säule. Pig. 40 und 42.
19) Das Pyramidaldodecaeder. Pig. 41.
§. 120. Wenn diese sogenannten Grundgestalten dem heu-
tigen Stande der Wissenschaft auch gerade nicht mehr entspre-
chen , so bieten sie doch , namentlich demjenigen , der nicht
mathematische Kenntnisse genug besitzt, um dem wissenschaft-
lichen Vortrage über Krystallographie folgen zu können, grosse
Bequemlichkeiten dar, und leicht lassen sich, im Allgemeinen,
Beschreibungen darnach in die IFms’sche und Mohs'sche Me-
thode übersetzen. So gehören Nro. 1 bis 5 in das regelmässige,
Nro. 6 und 7 in das zwei- und einaxige , Nro. 8 bis 12 in das
ein- und einaxige, Nro. 13 und 14 in das zwei- und einglie-
drige, Nro. 15 und 16 in das ein- und eingliedrige , und Nro.
17 bis 19 in das drei- und einaxige System nach Weiss u. s. w. *)
Von der Gestalt der mineralischen Massen , .
§. 121. Die nicht kr ystallisirten Mineralien sind
entweder krystallinische, nachahmende oder zufälli-
g e Gestalten.
§. 122. Die krystallinischen Gestalten scheinen im Kry-
stallisations-Akte mehr oder minder gestört zu sein und stellen
eine Verbindung mehrerer Individuen dar. Die Gestalt der letz- i
lern bedingt die Textur ( krystallinische Absonderung). Diese
kann sein :
körnig (kryst. körnig abgesondert), wenn die drei Di- i
mensionen der die Masse bildenden Theilchen gleich sind (man
unterscheidet: fein-, klein-, grob- und grosskörnig);
blättrig oder schal.ig (kryst. blättrig abgesondert) , i
wenn zwei Dimensionen gegen die dritte vorherrschen; (hierher
gehören : gross-, klein-, feinblättrig , schuppig und schaumig ;
gerad- und krummblättrig ; dick- und dünnschalig);
stänglig (kryst. stänglig abgesondert), wenn eine Di-
mension gegen die beiden andern vorherrscht; (man unterscheidet
*) Ausführlichere Belehrung über die wissenschaftliche Krystallogra-
phie findet man 1) in den Elementen der Krystallographie von
G. Rose. Berlin 1833. und 2) in der Naturgeschichte des Mineral-
reichs von K Mohs. Wien 1836.
Krystallinische Gestalten.
35
dick-, dünn , gerad krumm-, verworren stänglich. Nimmt
die Dünne sehr zu , so entsteht das Faserige. Die Textur
ist dicht, wenn die genannten Arten nicht mehr zu unter-
scheiden sind. Ein dichtes Mineral kann gleichzeitig durch
Unterbrechung seines Zusammenhangs durchlöchert , porös ,
blasig, schwammig , zellig und zerfressen sein.
§. 123. Die krystallinischen Gestalten reihen sich mannig-
faltig aneinander, z. B. :
kugelförmig, (stossen mehrere Kugeln aneinander, so
entstehen n i e r e n - oder traubenförmige Gestalten) ;
drath-, zahn-, nadel- und haarförmig. Die bei-
den erstem verbinden sich ferner zu Stauden- oder baum-
förmigen, die letztem krümmen sich zu wolligen und
moosartigen Gestalten ;
blatt- und blech förmige Gestalten entstehen, wenn
reihenförmige Aggregate in eine Masse verfliessen ; durchkreuzen
sich diese Aggregate, so entstehen gestrickte Gestalten;
fächer- oder kämm förmige Gestalten bilden sich
durch Gruppirung tafelartiger Individuen;
stangen-, büschel- und sternförmige Gestalten
durch verschiedenartige Verbindung stänglicher Individuen.
§. 124. Die zufälligen Gestalten sind charakterisirt durch
den Mangel regelmässiger äusserer Flächen. Hierher gehören :
die Stalaktiten, Tropfsteine, Stalagmiten. — Fin-
det sich ein Mineral als Ausfüllung von Höhlungen , oder Bla-
senräumen der Gesteine abgesetzt, so entstehen kugel-, man-
del-, knollenförmige Gestalten ; bildete es sich auf Spalten,
so erscheint es in P 1 a 1 1 e n ; die sehr dünnen Platten nennt
man Anflug.
Derb nennen wir ein Mineral, wenn es in Parthien grösser
als eine Haselnuss mit der es umgebenden Masse verwachsen
auftritt, und eingesprengt, wenn kleinere Parthien unter
denselben Verhältnissen Vorkommen.
§. 125. Hierher gehören auch die Gestalten, in denen Mi-
neralien als Versteinerungs-Mittel auftreten , und die
After - Krys talle oder Pseudomorpho sen.
Die Aft er -Kry stalle sind krystall-ähnliche Gestalten, die
den Mineralien , an denen sie Vorkommen , nicht eigenthümlich
sind. Sie erzeugen sich, indem Mineral-Substanz a*ndere Kry-
stalle überzieht (Umhüllungs-Pseudomorphosen, de-
ren Oberfläche in der Regel rauh ist), oder wenn sie den hohlen
Raum ausfüllt , welcher von einem vorhanden gewesenen Kry-
stalle vorher gebildet wurde (Ausfüllungs.- Pseudo mor-
p h o s e n mit in der Regel glatter Oberfläche). Umbildungs-
Pseudomorphosen entstehen, wenn die Substanz von Kry-
stallen sich ändert und die äussere Form bleibt.
36
Physikalisch« Kennzeichen.
§. 126. Kommen Mineralien getrennt von ihrem Entste-
hungsorte vor, so treten sie ebenfalls als zufällige Gestalten auf
und zwar in eckigen Stücken, scharf- oder stumpfeckig;
die letztem heissen auch Geschiebe , Gerolle , Rollsteine , wenn
sie durch spätere Einwirkungen abgerundet wurden ; in Rör-
11 er n , wenn ihre Grösse die der Haselnuss nicht übersteigt.
Die Körner können rundlich , platt oder eckig sein. Die klein*
und feinkörnigen nennt man Sand oder Staub .
§. 127. Die Oberfläche der krystallisirten und nicht
k ry stall isir ten Mineralien ist entweder glatt , eben oder uneben ,
rauh, gekörnt (mit körnerförmigen Erhabenheiten), gestreift
(mit linienförmigen Vertiefungen) , federartig (wenn sich diese
Vertiefungen unter gewissen Winkeln durchschneiden) , oder
drüsig (wenn sie mit sehr kleinen kryst. Erhabenheiten bedeckt
ist).
(Abänderungen sind zerfressene , löcherige , geschmolzene
Oberflächen. Spiegelflächen (Spiegel , Rutschflächen) sind im
hohen Grade glänzend , aber nicht krystallinisch, sondern durch
Reibung entstanden.)
II. Physikalische Kennzeichen.
§. 128. Sie sind hergenommen von der Cohäsion, Ei-
genschwere, optischen Eigenschaften, Phospho-
rescenz, Electricität und Magnetismus der Mineralien.
/. Cohäsions- Verhältnisse.
§. 129. Die Mineralien sind meist fest, nur wenige tropfbar
flüssig. (Vergl. §. 11.) Bei den festen Mineralien unterscheiden
wir die Spaltbarkeit (regelmässige Slructur) vom Bruch
(unregelmässige Structur) als Erscheinungen der Cohäsion. —
Die Spaltbarkeit des Minerals in gleichartige Theile von
glatten Spaltungsflächen begrenzt , steht in einer bestimm-
ten Beziehung zur äussern Kryst allform. Sie ist in verschiede-
nem Grade und bald nach allen Seiten hin , bald in gewissen
Richtungen besonders , und bei manchen Mineralien gar nicht
wahrnehmbar. Die Spaltbarkeit ist als Folge eines Strebens nach
regelmässiger Bildung auch im Innern zu betrachten. — Der
Blätterdurchgang oder die Richtung der Spaltungs-
flächen ist verschieden bei verschiedenen, aber stets dieselbe
hei einem und demselben Minerale ; sie schneiden sich unter be-
stimmten Winkeln , und eine von Spaltungsfläciien umgebene ,
regelmässige und constant her vorzu bringende Gestalt , heisst
Theilungs- Gestalt, Grundform, indem von dieser die
Cohäsions- Verhältnisse. 37
KrystaU-Modftkationen einer Mineral-Gattung abgeleitet werden
können.
Durch den Bruch eines Minerals nach einer andern Rich-
tung als der seiner Spaltbarkeit , entstehen die Bruchflächen.
§.130. Diese können sein: eben, ohne Erhabenheiten
und Vertiefungen, oder uneben; ferner muschelig (vollkom-
men-, unvollkommen -, gross-, klein-, tief-, flachmuschelig),
sphttrig, wenn splitterförmige Theilchen noch mit der Masse
Zusammenhängen (fein- und grobsplittrig), hackig durch kleine
gekrümmte Spitzen, und erdig durch staubartige Theilchen.
Eine andere Erscheinung der Cohäsion ist die Härte,
wodurch der Körper einem Druck oder Schlag sehr merklichen
Widerstand leistet. Ist dieser Widerstand sehr gering oder un-
merklich, so heisst der Körper weich.
_ §• *31. Die Härte der Mineralien erkennt man an dem
Widerstande , den ein Mineral beim Ritzen mit einem andern
leistet. Man bedient sich zu dieser Bestimmung einer Reihe von
Mineralien, deren Härte als bekannte Grössen angenommen werden
und versucht mit einer scharfen Kante oder Ecke des zu be-
stimmenden Minerals, die Glieder der Skala zu ritzen , indem
inan beim Härtesten anfängt und zu den weichem übergeht.
Wir wählen hier die von Mohs entworfene Skala, in der jedes
Mineral von dem ilun folgenden geritzt w ird und ienes also
weicher als dieses ist,
1) Talk.
2) Gyps.
3) Kalkspath.
4) Flussspath.
5) Apatitspath.
6) Feldspath,
7) Quarz.
8) Topas.
9) Korund.
10) Diamant.
®11 ^ei Beschreibung drücken wir , der Kürze w egen , die
Härte des Minerals durch die Zahlen obiger Reihe aus und
schreiben, wenn z. B. ein Mineral den Quarz ritzt, aber selbst
vom Korund geritzt w urde : H = 8 ; oder, w enn ein Mineral den
Feldspath ritzt und vom Quarz geritzt wird, so bedient man
sich der Decimalzahlen und schreibt H = 6,5.
§., 132. Fernere Ausdrücke für die Cohäsions-Verhältnisse
sind: spröde, wenn von einem Minerale beim Schaben mit
dem Messer unter knirschendem Geräusch feine Theilchen ab-
springen; milde, wenn die Theilchen sich ohne Geräusch tren-.
uen und nicht abspringen. G e s ch m e i d i g e Mineralien lassen.
38
Physikalische Kennzeichen.
sich unter dem Hammer strecken und mit dem Messer schnei-
den; die dehnbaren kann man zu Drath ziehen und unter
dem Hammer in die Länge und Breite ausdehnen. Biegsam-
keit, oder die Eigenschaft in dünnen Blättchen, ohne zu
zerbrechen , gebogen werden zu können , besitzen nur wenige
Fossilien , und noch seltener sind sie elastisch, oder nn I
Stande, nach aufhörendem Drucke ihre vorige Gestalt wieder
einzunehmen. — Unter Zersprengbarkeit versteht man
die Eigenschaft der Mineralien, beim Zerschlagen mit dem
Hammer in Bruchstücke zu zerfallen. Die Grade derselben ste-
hen theils im Verhältnis mit der Härte und Sprödigkeit , theils
mit der Vollkommenheit der Structur.
2. Eigens chw er e.
§. 133. Die Grösse des Gegendrucks, den ein Körper er-
fordert, um auf der Wage im Gleichgewicht zu bleiben, heisst
sein absolutes Gewicht , Die Beachtung dieses absoluten Ge-
wichts eines Minerals im Vergleich zu seinem Volumen, giebt
das specifische Gewicht, die Eigenscliwere. Zur Be-
stimmung desselben gebraucht man die hydrostatische Wage ,
deren eine Wagschale unten einen Hacken zum Anhängen desi
Minerals hat , oder den Nicholson' sehen Areometer. Als Ein-
heit dient destillirtes Wasser von 14° R. —
(Bei Erforschung des specifischen Gewichts mit der hydro-
statischen Wage , bestimmt man das Gewicht des Fossils zuerst
in der Luft, dann, indem man es frei ins Wasser hängt. Das
Resultat der letztem Wägiuig, z. B. 6, wird von dem der er-
stem, z. B. 10, subtrahirt und der Verlust =s= 4 als das Ge-
wicht eines dem Fossile gleichen Volumens Wasser bemerkt.
Das Gewicht eines Volumens Wasser = 4, verhält sich dann
zum Gewicht des Minerals = 10, wie das spec. Gewicht des
Wassers = 1,000 (als Einheit) zu dem gesuchten spec. Gew icht
des Fossils =? 2,500.)
3. Optische Eigenschaften.
§. 134. Sie sind begründet im Verhalten des Minerals ge-
gen das Licht. Wir rechnen hierhin : Durchsichtigkeit,!
Strahlenbrechung, Glanz, Farbe, Far b en W echsel
und Farbenspi el.
§. 135. Durchsichtigkeit der Mineralien ist ihre Ei-
genschaft den Lichtstrahlen freien Durchgang zu gestatten, so,
dass man einen durch dieselben betrachteten Gegenstand deut- j
lieh sehen kann. Diese Eigenschaft kann mannigfaltig modificirt
sein durch die verschiedenen Grade des Oberflächen-Glanzes >
durch die Farben, mehr oder minder regelmässige Anordnung
Optische Eigenschaften.
39
der integrirenden Theile, oder durch die verschiedene Structur
der Masse. Für die verschiedenen Grade dieser Eigenschaft hat
man folgende Ausdrücke: durchsichtig, h a lb durch sich-
tig , wenn man durch die Körper nur ein undeutliches oder ver-
worrenes Bild eines Gegenstandes erhält ; durchscheinend,
wenn sie in dicken Stücken zwar noch Lichtstrahlen durch-
lassen, aber auf keine Weise mehr die Gegenstände zu erkennen
sind; an d en Kanten durchscheinend, wenn sich diese
Eigenschaft nur auf die dünnen Kanten oder einzelne Splitter
beschränkt. Der Mangel dieser Fähigkeit ist Undurchsich-
tigkeit. (Ist ein durchsichtiges Mineral zugleich farblos, so
heisst es wasserhell.)
§.136. Strahlenbrechung oder Re fr actio n nennen
wir die Fähigkeit durchsichtiger Mineralien schräg auf sie
fallende Lichtstrahlen von der geraden Richtung abzulenken,
d. h. sie zu brechen. Manche Mineralien haben ausserdem die
Eigenschaft durch sie hindurchgellende Strahlen zu spalten und
nach zwei, mehr oder weniger, divergirenden Richtungen fortzu-
führen. Man nennt dieses doppelte Strahlenbrechung.
Durch solche Fossilien betrachtete Gegenstände stellen sich in
gewissen Richtungen doppelt dar.
§. 137. Der Glanz der Mineralien wird hervorgehraeht
durch das Zurückwerfen der auf ihre Flächen fallenden Licht-
strahlen. Als Arten unterscheidet man : Metallglanz , Diamant-
glanz, Glasglanz , Wachsglanz , Fettglanz , Perlmutterglanz ,
Seidenglanz. Die Grade des Glanzes werden bezeichnet: stark-
glänzend , glänzend , wenig-glänzend. Schimmernd braucht man
bei ungleichmässiger Vertheilung des Glanzes auf der Ober-
fläche der Fossilien, wenn z. B. der Lichtschein nur auf einzelnen
Punkten, fast stets fremdartigen Einmengungen, hervortritt, und
matt nennt man die durchaus glanzlosen Mineralien.
§. 138. Die Farbe der Mineralien ist theils wesentlich
und dann Folge der eigentümlichen Mischung t z. B. bei ge-
diegenen und geschwefelten Metallen , theils betrachten wir sie
als unwesentlich und v erthlos für die Diagnostik , wenn sie
durch zufällig beigemischte fremdartige Bestandtheile hervorge-
bracht wird. Sämmtliche Farben reduciren wir auf folgende 8
Gattungen oder Stammfärben: Weiss , Grau , Schwarz , Blau ,
Grün , Gelb , Roth , Braun , und suchen die zahllosen Nüanzen
theils durch Verbindung der beiden Hauptfarben, z. B. Blau-
lichgrün , theils durch Verbindung des Namens der Stammfarbe
mit dem Namen eines Gegenstandes auszudrücken, dem diese
Farbe charakteristisch eigen ist, z. B. Indigo-Blau , oder wir
umschreiben und sagen z. B. Roth ins Braune .
Der Grad der Färbung wird mit : blass , licht , hoch , dun-
kel bezeichnet.
40
Physikalische Kennzeichen.
§. 139. Als Farbenarten unterscheidet man :
1. W e i s s.
Schneeweis (cararischer Marmor).
Röthlichweiss (Braunspath).
Gelblichweiss (Kreide).
Silberweiss ist Gelblichweiss mit Metallglanz (gediegen
Silber).
Grünlichw eiss (Talk).
Milch weiss , Weiss mit etwas Blau (Opal).
Zinnweiss , die vorige Farbe mit Metallglanz (gediegen
Quecksilber).
Graulichweiss (Quarz).
2. Grau.
Aschgrau (Zoisit).
Grünlichgrau (Thonschiefer).
Blaulichgrau (Kalkstein).
Bleigrau ist Blaulichgrau mit Metallglanz (Bleiglanz).
Perlgrau , ein lichtes Bläulichgrau mit etwas Roth (Silber-
hornerz).
Gelblichgrau (Glimmer).
Stahlgrau, Dunkelgrau mit etwas Gelb (gediegen Platin).
Rauchgrau, Dunkelbläulichgrau mit etwas Braun (Feuer-
stein).
3. Schwarz.
Dunkel- oder Sammetschwarz (Obsidian).
Graulichschwarz (Basalt).
Eisenschwarz, die vorige Farbe mit MetaJlglanz (Magnet-
eisenstein).
Rabenschwarz, Schwarz mit etwas Grün (Hornblende).
Pechschwarz, Schwarz mit etwas Braun (Pechkohle).
Blaulichschwarz (schwarzer Erdkobalt).
4. Blau.
Berlinerblau (Disthen).
Indigoblau, schwärzliches Blau mit etwas Grün (Blau-
Eisenerde).
Lasurblau, ein dunkles Blau mit einer Spur Roth (Kupfer-
lasur).
Violenblau , Dunkelblau mit Roth und etw as Braun (Ame-
thyst).
Pflaumenblau, leichtes Blau mit vielem Roth und Braun
(Spinell).
Lavendelblau, Violenblau mit ein wenig Grau \(Planitzer
Steinmark).
Optische Eigenschaften. 41
SmalteMau , lichtes Blau mit vielem Weiss ( erdige Kupfer-
lasur).
Himmelblau, die vorige Farbe mit etwas Grün ( Kalait).t
5. G r ü n.
Smaragdgrün {Malachit).
Spangrün, mit Blau und etwas Weiss gemischt ( Chn/so -
pras). J
Seladongrün, blasser als die vorige {Grünerde).
Berggrün, die vorige mit etwas Grau {Beryll).
Lauchgrün, Dimke] grün mit etwas Blau, Grau und Braun
(Praseni).
Schwärzlichgrün {Serpentin).
Apfelgrün, helles Grün mit Graulich weiss {Chi'ysopras).
Grasgrün, reines Grün mit Gelb {Uranglimmer).
Pistaziengrün, dunkles Grün mit vielem Gelb und etwas
Braun ( Chrysolith ),
Spargelgrün, blasses Grün mit vielem Grhulichweiss und
Gelb {Spargelstein).
Olivengrün, lichtes Grün mit vielem Gelb und Braun
{Olivenit).
Zeisiggrün, lichtes Grün mit sehr vielem Gelb {Uran-
glimmer).
6. Gelb*
Zitronengelb {Auripigment).
Goldgelb, reines Zitronengelb mit Metallglanz {Gediegen
Gold).
Schwefelgelb , Gelb mit ein wenig Grün {Schwefel).
Messinggelb , ist Schwefelgelb mit Metallglanz {Kupferkies).
Strohgelb , ein blasses Gelb mit etwas Weiss und Grünlich-
grau {Karpholit).
Speissgelb, die vorige Farbe mit Metallglanz ( Eisenkies ).
Honiggelb, Gelb mit vielem Braun {Flussspath).
Wachsgelb ^ ^die vorige Farbe mit wenig Braun und etwas
Ockergelb , Gelb mit ziemlich vielem Braun und etwas
Roth {Gelherde).
Weingelb, blasses Gelb mit etwas Weisslichgrau und Roth.
{Topas),
Orangegelb, hohes reines Gelb mit Roth {Strich des
Realgar).
Isabellgelb , Braunlichgelb mit etwas Roth und Grau ge-
mischt {Bol).
7. Roth.
Carminroth {Kohalthlüilie).
Morgen roth , reines hohes Roth mit vielem Gelb {Realgar).
Hyacintliroth , dieselbe Farbe mit etwas Braun {Hyacinih).
12
Physikalische Kennzeichen.
Ziegelroth, lichteres Roth mit etwas Braun und Graulich-
weiss (Ziegelerz).
Scharlachroth , ein brennendes Roth mit einer Spur Gelb
(Zinnober).
Blutroth , dunkles Roth mit wenig- Gelb mid etwas Schwarz
(Pgrop).
Kupferroth , lichtes Gelblichroth mit einer Spur Braun und
Metallglanz (gediegen Kupfer).
Fleiscliroth, blasses Roth mit Graulichweiss und wenigem
Gelb und Braun (Antophgllit).
Cochenillroth , Hochroth mit etwas Blau (Rothgültigerz).
Columbinroth, Dunkelroth mit hervorstechendem Blau (Gra-
nat).
Karmoisinroth , Hochroth ins Bläuliche (Rubin).
Rosenroth, ein blasses Rotli mit etwas Blau und vielem
Weiss (Rosenquarz).
Pfirsichblüthroth , das vorige mit mehr Blau (Kobaltblüthe).
Rirschroth* dunkles Roth mit vielem Blau und Braun (An-
timonblende).
Braunroth, Blutroth mit etwiis Braun (Thoneisenstein).
8. Braun.
Kastanienbraun (Kugeljaspis).
Röthlichbraun (Zinkblende).
Nelkenbraun , Dunkelbraun mit etwas Roth und Braun
(Axinit).
Haarbraun, blasses, wenig Roth enthaltendes Braun mit et-
was Blau und vielem Grau (faseriger Zinnstein).
Gelblichbraun, Braun mit vielem Gelb (Eisenquarz).
Tombackbraun , Gelblichbraun mit Metall glanz (Glimmer).
Holzbraun , lichtes Gelblichbraun mit vielem Grau (llolz-
asbest).
Leberbraun , Braun mit vielem Grün und Grau (Pecbstein).
Schwärzlichbraun , grenzt ans Pechschwarze (Pechblende).
§. 140. Kommen an einem Minerale mehrere Farben oder
Nüanzen der Stammfarben vor, so entstehen oft Farben-
Z eich nun gen, deren Beschaffenheit man durch gestreift ,
ringförmig , geadert , gefleckt , gewölkt , geflammt , bäum för-
mig, ruinenförmig ausdrückt. — Manche Mineralien erleiden
eine Veränderung ihrer Farbe, wenn sie dem Lichte und
der Luft ausgesetzt werden, Hierhin gehört das einfarbige oder
bunte Anlaufen , w enn sich die Wirkung auf die Oberfläche
beschränkt und das Verschiessen , Bleichen , Schwärzen oder
Bräunen , w enn die ganze Substanz der Veränderung unter-
worfen ist.
§. 141. Die Farbe des Minerals wird durch Ritzen mit
einem scharfen Instrumente, auf dem Striche, in der Regel ver-
Electricität.
43
ändert Diese Eigenschaft ist für die Diagnostik besonders
wichtig, wenn sie constant erscheint und wird in der Beschrei-
bung als Strich oder Strichpulver aufgenommen.
§. 142. Dichroismus und Trichr oismus ist eine bei
manchen durchsichtigen krystallisirten Mineralien beobachtete Er-
scheinung , vermöge welcher dieselben beim Durchsehen nach ver-
schiedenen Richtungen sich unter verschiedenen und zwar, den
bisherigen Erfahrungen gemäss, unter zwei- oder dreierlei Far-
ben darstellen. Diese Erscheinung hängt mit der Krystallisation
und doppelten Strahlenbrechung zusammen.
§. 143. Manche Mineralien zeigen eine Verschiedenheit der
Farbe, je nachdem man in verschiedenen Richtungen auf sie
sieht. Man nennt dieses Farbenspiel auch das Opalisiren.
Aehnliches findet sich bei andern Mineralien, deren einzelne
Flächen eigenthümliche Farben zeigen. Diese Farben Wand-
lung und jenes Farbenspiel scheinen in den Structur-Verhält-
nissen der einzelnen Mineralien begründet.
§. 144. Das Irisiren der Mineralien ist wahrscheinlich
eine Folge von Spalten und Rissen im Innern ; es kamt zuwei-
len künstlich durch einen Hammerschlag hervorgerufen werden
und zeigt sich als mehr oder minder regelmässige parallellau-
fende, obwohl vielfach gekrümmte, regenbogenähnliche Ringe
und Streifen aus rothen, blauen, grünen, gelben u. s. w.^ Far-
ben im Innern der Masse. — Der Lieh t/ch ein besteht in einem
sanften, wogenden, bläulichen oder weissen, selten anders ge-
färbten, perlmutterartigen Schillern , das aus dem Innern zu
kommen und seinen Grund in beigemengten Substanzen oder in
einem faserigen Gefüge zu haben scheint. Durch convex ge-
schliffene Oberflächen werden diese Erscheinungen erhöht.
4 . Phosphorescenz.
§. 145. Manche Mineralien haben die Eigentümlichkeit ,
unter gewissen Umständen einen leuchtenden Schein zu verbrei-
ten, z. B. durch mechanische Mittel , beim Reiben, Schlagen,
Spalten, Ritzen , oder durch Erwärmung , durch Insolation ,
durch Electricität. Die Phosphoresc enz ist für die Cha-
rakteristik von geringerer Wichtigkeit.
5. Electricität.
§. 146. Einige Mineralien werden electrisch durch
Erwärmen (Turmalin , Topas) ; andere durch Reiben , ja einzelne
(Doppelspath) werden schon durch den Druck der Hand elec-
trisch. Die Mineralien sind entweder Nicht-Leiter , wenn sie
unmittelbar durch obige Mittel electrisch werden, oder Leiter
der Electricität, wenn man sie vorher isoliren, z. B. auf Glas
44 Physikalische Kennzeichen.
befestigen muss, um in ihnen Electricität erregen zu können.
Einige Mineralien nehmen durch Reiben positive oder Glas-
Electricität , andere negative oder Ilarz-Electriciiät an. Man-
che werden, besonders durch Erwärmen, polarisch-electrisch ,
so dass man an einem Ende positive, am andern negative Elec-
tricität wahrnimmt. Zur Ermittelung der Gegenwart und der
Arten von Electricität bedient man sich einer Nadel von Kupfer ;
oder Messing, die an beiden Enden in kleine Kugeln ausläuft
und vermittelst eines Glashütchens auf einer Stahlspitze schwebt.
Diesem Instrumente nähert man das mit einem wollenem Tuche i
geriebene Mineral; wird die Nadel angezogen, so ist das Mine- i
ral ein Nicht-Leiter , übt es hingegen keine Wirkung auf die
Nadel aus, so ist es ein Leiter der Electricität. Ertheilt man
dem Instrumente vorher eine bestimmte, z. B. Harzelectricität ,
so lässt sich dann durch Anziehen oder Abstossen der Nadel
bei Annäherung des geriebenen Minerals erkennen, ob positive
oder negative Electricität erregt wurde, da gleichnamige Elec-,
tricitäten sich abstossen und ungleichnamige sich anziehen.
6. Magnetismus.
§. 147. Das Verhalten der Mineralien zur Magnetnadel
ist für manche Mineralien characteristisch. Der Magnetismus
äussert sich dadurch, dass die Mineralien dem Magnete folgsam
sind;* andere zeigen sich polariscJi-magneüsch , und noch an-
dere ziehen das Eisen an.
<T. Empirische Kennzeichen.
§. 148. Hierher gehört der G e r u oh , der entweder für
sich wahrnehmbar ist, oder durch Anhauchen oder Befeuchten
und durch Reiben und Schlagen hervorgerufen wird. G e-
schmack wird in der Regel nur bei im Wasser löslichen Sal-
zen wahrgenommen, docli wirken auch einige Metalle auf die
Geschmacksorgane. Das charakteristische Verhalten
der Mineralien zum Wasser bestellt entweder in ihrer
Auflöslichkeit, oder in ihrem Vermögen das Wasser aufzusaugen.
Man untersucht in letzterer Beziehung die Geschwindigkeit des
Aufsaugens durch Eintauchen in Wasser, oder durch das mehr
oder minder starke Anhängen an die feuchte Lippe. Durch die
längere oder kürzere zum Austrocknen nöthige Zeit bei gleich-
bleibender Temperatur, erkennt man den Grad der Fähigkeit
des Minerals das Wasser anzuhalten. Beim Aufsaugen des
Wassers bleiben die Mineralien entweder unverändert, andere
zerfallen oder zerspringen, erhalten dunklere oder lebhaftere
Farben, und einige werden durchsichtig. Beim An füll len der
Mineralien zeigen dieselben ebenfalls Verschiedenheiten, indem
manche kaltf andere fett oder mager erscheinen. Beim Sclila-
Chemische Keimzeichen.
45
gen, Biegen oder Brechen der Mineralien hört man zuwei-
len ein Klingen , Rauschen oder Knirschen .
III. Chemische Kennzeichen.
§. 149. Die chemischen Kennzeichen sind entweder
von der quantitativen oder qualitativen chemischen Unter-
suchung hergenommen. Die erstere erfordert vollkommene Fer-
tigkeiten und Kenntnisse in der analytischen Chemie. Ihre Re-
sultate sind für die Mineralogie von höchster Wichtigkeit und
lehren die Stelle erst genau keimen , welche jedes Fossil
im Systeme einnimmt. Es ist nöthig, der Beschreibung eines
Minerals die Resultate seiner quantitativen Untersuchung beizu-
fügen. Aus diesen gehen durch Berechnungen nach den Grund-
sätzen der Stöchiometrie jene chemischen Formeln hervor , aus
denen man die Anordnung der Bestandtheile des Minerals leicht
übersieht. (Wir haben diese Zeichen so gewählt, wie sie von
Liebig und Poggendorf in ihrem Handwörterbuche der Chemie
benutzt werden. Siehe die Vorrede dieses Werkes p. IX.)
§. 150. Die durch eine qualitative chemische Untersuchimg
zu ermittelnden Kennzeichen erleichtern sehr das Bestimmen der
Mineralien. Man erhält sie theils durch Proben auf trocknem ,
theils auf nassem Wege . Zu ersterm Zwecke w erden die Mi-
neralien der Licht- oder der Löthrohrflamme ausgesetzt, um ihr
Verhalten in der Hitze zu erforschen. Bei Löthrohrversuchen
bedient man sich als Unterlage für das Mineral entw eder der
Platinzange , des Platinblechs oder Drahts und der Kohle;
ferner erhitzt man die Mineralien entw eder im Glaskolben oder
in einer an einem Ende zugeschmolzenen oder in einer an bei-
den Seiten offenen Glasröhre , entweder für sich, oder mit Rea-
gentien. Die wichtigem der letzten sind für Lothröhr- Versuche :
Soda , Borax , Phosphorsalz , Boraxsäure , Kobaltlösung.
Von besonderer Wichtigkeit für die Bestimmung der Mine-
ralien ist der Grad ihrer Schmelzbarkeit, v. Kobell stellte da-
her eine Scala normaler Mineralien auf, denen eigenthümliche
Schmelzgrade zukommen , wie folgt :
1) Antimonglanz.
2) Natrolith.
3) Almandin.
4) Strahlstein.
5) Feldspath.
6) Bronzit.
Der Antimonglanz schmilzt leicht in der blossen Licht-
flamme; Natrolith schmilzt nur in feinen Nadeln an dem Saum
der untern Lichtflammme, aber leicht vor dem Löthrohre in
16
Chemische Kennzeichen.
stumpfen Stücken. Almandin schmilzt nicht in der Lichtflamme,
aber noch in stumpfen Stücken vor dem Lötbrohre ; Strahlstein
ist merklich schwerer schmelzbar als der Feldspath; Bronzit
kann nur in den fernsten Splittern abgerundet werden. Bei der
Untersuchung verfährt man ähnlich wie bei der Härtescala. Man
hält Splitter dieser Mineralien von verschiedener Grösse und
Feinheit vorräthig und schlägt, wo möglich, eben so lange
Splitter der zu untersuchenden Proben. Die Normalstufen drückt
man durch die den Mineralien der Scala beigesetzten Zalilen aus ,
schätzt die Niianzen zwischen denselben approximativ, und bezeich-
net sie durch Dezimalstellen. (Es kann hier nicht der Ort sein,
eine Anleitung zu analytischen und Löthröhr-Versuchen zu ge-
hen. Wir verweisen zur Belehrung über die letztem auf die
Werke von Berzelius und Viatiner , welche in dem Artikel
„Litteratür“ angeführt sind.)
§. 151. Bei den Versuchen auf nassem Wege berücksich-
tigt man besonders die Auflöslichkeit des Minerals in destillir-
tem Wasser oder Säuren. Salz-, Salpeter- und concentrirte
Schice felsäure sind für die Anwendung am zweckmässigsten.
Bei der Anwendung derselben kommen auch die Gasarten in
Betracht, welche sich beim Lösen entwickeln. Zu allen diesen
werden aber Erfahrung und chemische Kenntnisse erfordert, die
nur durch besonderes Studium der analytischen Chemie und
fleissige Uebung zu erlangen sind.
(Als Anhang zu diesem § erwähnen wir des Einflusses, den
die Atmosphäre, besonders Luft und Wasser, auf die Minera-
lien ausüben, da diese Erscheinungen als Folgen chemischer Ac-
tionen zu betrachten sind. Sie bestehen hauptsächlich in der Auf-
nahme von Sauerstoff und Wasser oder in dem Verluste des letz-
tem. Als Wirkung der Aufnahme von Sauerstoff und Wasser kann
man das Verwittern und Efftoresciren der Mineralien betrachten.
Unter dem ersten versteht man eine Abnahme der Härte und
Neigung zum Zerfallen, während bei dem letzten neu gebildete
Salze in Zarten krystallinischen oder flockigen Gestalten an der
Oberfläche erscheinen. Mit dem Verluste der Feuchtigkeit ist
auch in der Regel eine Entweichung von Gasen und die Aus-
trocknung der Fossilien verbunden. Durch genannte Verhält-
nisse wird die fortdauernde Bildung neuer Mineralien aus der
Zersetzung und Umbildung vorhandener vermittelt. Man helegt
dieses Erscheinen neuer Mineralien gew öhnlich mit dem Namen
des Wachsens. Eine fernere Anlage zur Entstehung neuer
Fossilien finden wir auch in den heissen und kalten Quellen ,
welche Absätze bilden, in der vulkanischen Thätigkeit, in den
Bränden von Schw arz- und Braunkohlen und in der Atmosphäre, !
bei der Bildung von Aerolithen , Meteorsteinen 11. s. w .)
Systematik.
47
ZWEITER ABSCHNITT.
Systematik und Nomenklatur.
§. 152. Ihrem verschiedenen Principe nach giebt es in der
Mineralogie künstliche und gemischte Systeme und natürliche
Methoden , wie in den beiden übrigen Zweigen der Naturbe-
schreibung. Alle haben den Zweck nach bestimmten Gesetzen
eine wissenschaftliche Anordnung in die Gesammtheit der ein-
fachen Mineralien zu bringen und indem sie Gleiches zu Glei-
chem und Aehnliches zu Aehnlichem stellen , die einzelnen Theile
zu einem gegliederten , zusammenhängenden und in sich abge-
schlossenem Ganzen zu vereinigen.
§. 153. Bei Anwendung der natürlichen Methode berück-
sichtigt man die Gesammtheit der wesentlichen, sowohl ste-
reomelrischen , physikalischen , als chemischen Kennzeichen
zur Bildung der Abtheilungen , die hier natürliche Familien
heissen. Die Aufstellung wirklich natüxlicher Familien muss
das Streben des forschenden Geistes und Ziel der speciellen
Naturforschung sein. Wir besitzen Anordnungen mehr oder
weniger nach diesen Grundsätzen ausgeführt von Mohs , Breit -
Jumpt und Glocker.
§. 154. Bei den künstlichen Systemen wird die Anordnung
nach einem oder wenigen , willkührlich gewählten Merkmalen
vor genommen , während bei den gemischten Systemen kein be-
stimmtes Princip consequent zur Bildung der Abtheilungen be-
nutzt wird.
§. 155. Zu den künstlichen Systemen gehören die chemi-
schem Als die gelungensten chemischen Mineralsysteme sind
die von Berzelius und Leop. Gmelin anzusehen, deren
erster es wir, in seiner neusten Gestaltung, zur Eintheilung und
Anordnung der Mineralien gew älüt haben. In einem chemischen
Systeme können die Mineralien entweder nach dem electroposi -
tivsten oder electronegativsten ihrer Bestandteile geordnet
werden. In dem älteren Mineral-Systeme wählte Berzelius
den ersteren Weg und verliess durch Mitscherlich ’s Ent-
deckung des Isomorphismus oder des Gesetzes : „ dass Körper ,
die aus verschiedenen Elementen , aber aus gleicher Zahl von
Atomen , auf gleiche Weise zusammengesetzt sind , gleiche
Krystallform annehmenu diesen Grundsatz wieder , weil dieses
Vermögen bestimmter Körper, sich gegenseitig zu ersetzen, bei
den im Mineralreiche vorkommenden Verbindungen, sehr häufig
den electropositiven , und nur selten den electronegativen Be-
standteilen zukommt.
§. 156. Wir nennen die oberen Abtheilungen des Systems
Klassen, deren das imsrige zw ei hat. Die erste Klasse zer-
48
Geschichte und Litteratur.
fällt in vier Ordnungen, die Ordnungen ln Gruppen und
die grossem Gruppen theilen wir in Abtheilungen. Die
Gruppen oder ihre Abteilungen werden durch Gattungen
gebildet. Die weite Klasse des Systems ist an Gattungen sehr
arm, und die Uebersicht derselben wird hinreichend erleichtert,
wenn wir sie in Gruppen vereinigen. Manche der Gattungen
des Mineralsystems haben mehrere Arten. In der richtigen
Begründung der Gattungen und Arten liegt die Aufgabe des
Systematikers : sie sollen überall dieselben sein, während die
verschiedenen Grundsätze der verschiedenen System« auf die
Bildung der höheren Klassifications-Stufen , der Gruppen und
Klassen , bestimmend einwirken.
§. 157. Die Gattung eines Minerals begreift alle Individuen
in sich, die in den absolut-wesentlichen Merkmalen, gleicher
chemischer Zusammensetzung und gleicher Krgstallisation ,
spec. Gewicht, Härte und Structur, übereinstimmen. Finden
sich, wie dies bei den sehr allgemein verbreiteten Gattungen der
Fall ist, Individuen, die ausser der Uebereinstimmung in jenen
absolut- wesentlichen Merkmalen, auch in deii einzelnen relativ-
wesentlichen sich gleich sind, so bilden diese die Arten, in
welche solche Gattungen zerfallen. Als relativ - wesentliche
Merkmale betrachten wir die Arten des Glanzes, die Farben,
die Absonderung u. s. wr.
DRITTER ABSCHNITT.
Geschichte und Litteratur .
§. 158. Die Kenntniss der Alten war in der Mineralogie
sehr mangelhaft. Zwar grub schon Tubalkain Metalle und
verarbeitete sie, und die Aegyptier hinterliessen uralte Denk-
mäler aus Syenit und Granit; auch waren den Alten manche
Arzneimittel aus dein Mineralreiche bekannt, wie die Werke von
IHoscorides (J. 50 n. Chr.) ,, Plinius (79 J. n. Chr.) und Galen
(113 — 200 J. n. Chr.) darthun; allein diese mangelhafte Kennt-
niss erstreckte sich nur auf einzelne Fossilien und besonders auf
solche, welche sie benutzten, oder die durch Glanz, Farbe und
andere äussere Merkmale ihre Aufmerksamkeit auf sich zogen.;
Aristoteles (384 — 322 vor Chr.) war der erste, welcher die
Mineralien in zwei grosse Klassen theilte, und Avicenna
(980 — 1036 n. Chr.) stellte zuerst vier Klassen von Fossilien
auf und nannte sie : Erden und Steine , brennliche oder
schwefliche Fossilien , Salze und Metalle.
§. 159. A gr i c o 1 a (1494—1555) begann ein mehr wissen-
schaftliches Gebäude der Mineralogie zu bilden und wandte seine!
Aufmerksamkeit auf die äusseren Kennzeichen der Mineralien zu
ihrer Unterscheidung. — Linne’s (1707 — 1788) umfassendem
Geschichte.
49
Geiste gelang es auch, die Mineralien nach einem Systeme
za ordnen; gleichzeitig erwarb sich Wallerius (1708—1785)
um die Beschreibung und Kunstsprache der Fossilien viele Ver-
dienste. Derselbe ordnete später die Mineralien zugleich nach
ihren äussern Merkmalen und in Verbindung mit ihrem chemi-
schen Bestände. Ihm folgte Cronstedt (1722 — 1765), dessen
Verdienste in der consequenten Durchführung des ersten rein-
chemischen Systems bestehen,
§. 159. Als der Begründer einer neuen Epoche und mehr
wissenschaftlichen Bearbeitung der Mineralogie muss Werner
(1749 — 1817) angesehen werden. Er beschrieb zuerst mit grosser
Genauigkeit die Mineralien, und beachtete hierbei die Gesammi-
Eindrücke, welche jedes Fossil auf die Sinne ausübt, verbesserte
und berichtigte die Kunstsprache und vervollständigte die Kenn-
jzeichenlehre , aber er berücksichtigte dabei den mathematischen
und chemischen Theil der Wissenschaft zu wenig. Den ersteren
oder die Krystallographie erhob Haiiy (gest. 1822) zur Wissen-
schaft, ordnete die Mineralien vorzüglich nach der Gleichheit
und Ungleichheit der Krystalle, welche er mit grosser Genauig-
keit geometrisch beschrieb , und die Bildung der mannigfaltig-
| steil Formen aus wenigen einfachen mit grossem Scharfsinn ent-
wickelte. Seitdem hat sich die Krystallographie vorzüglich aus-
j gebildet und es haben sich in dieser Lehre besonders hervor-
gethan: Weiss, Mohs, Gustav Rose, Naumann, Kupf-
fer, Hai ding er, v. Leonhard u. s. wr. Von nicht gerin-
gerer Wichtigkeit für die Mineralogie wraren die Fortschritte in
der analytischen Chemie. Auf die Untersuchungen von Klap-
rotli, Stromeyer, Berzelius, Mitscherlich, H. Rose,
Leop. Gmelin, Chr. Gmelin, Arfvedson, Turner
il m. a, gestützt, entstanden die neuern, rein chemischen Sy-
steme.
§. 160. Litteratnr.
Cr. Agricola , mineralogische Schriften , übersetzt von jE. Leh-
mann. 4 Bände. Freiberg 1806 — 1812. 8»
Werner , von den äusserlichen Kennzeichen der Fossilien. Leip-
zig 1774.
J. G. Wallerius , Systema mineralogicum. Edit. II. Vieimae
1778. 8,
A. F. Cronstedt’ s Mineralogie , übersetzt von Werner. Leipzig
1780.
L. de Launay , Mineralogie des anciens. Bruxelles et Paris. 2
Vol. 1803. 8.
C. Schmie der , Versuch einer Lithurgik oder ökonomisch-techni-
schen Mineralogie. 2 Bde. Leipzig 1803—1804.
Geigers Pharmacie . 11* 1* (2 te Aufi.)
4
50
Litteratur.
H. L. W. Völker. Handbuch der ökonomisch-technischen Mi-
neralogie. 2 Bde. Berlin 1805.
Bournon , Traite de Mineralogie. 3 Vol. Londres. 1808.
D. L. Cr. Karsten , mineralogische Tabellen. 2te Aufl. Berlin
1808. fol.
K. C. v. Leonhard , Merz und Kopp , systematisch-charakte-
ristische Uebersicht und Charakteristik der Mineralkörper.
Frankfurt 1806. fol.
J. M. Klaproth , Beiträge zur chemischen Kemitniss der Mi-
neralkörper. 6 Bde. Berlin 1795 — 1815. 8.
v. Leonhard , Bedeutung und Stand der Mineralogie. Frankfurt
1815. 4.
C. A. S. Hoff mann , Handbuch der Mineralogie, fortgesetzt
von A. Breithaupt. 8 Bde. Freiberg 1811 — 1818. 8.
A. Cr. Werners letztes Mineralsystem aus dessen Nachlasse.
Freiberg und Wien 1817. 8.
//. Steffens vollständiges Handbuch der Oryktognosie. 4 Bde.
und 1 Suppl. Bd. Halle 1811 — 24. 8.
J. F. L. Hausmann , Handbuch der Mineralogie. 2 Bde. Göttin-
gen 1813. 2te Aull. 1 Bd. 1828.
C. P. Brard , Mineralogie appliquee aux arts etc. 3 Vol. Paris
1821. 8.
J. F. L. Hausmann , Untersuchungen über die Formen der leb-
losen Natur. Göttingen 1821. I. 4.
R. J. Haüy , Traite de Crystallographie. 2 Vol. 8. avec 84
planch. in 4to. Paris 1822.
F. Stromeyer, Untersuchungen über die Mischungen der Mine-
ralkörper. Göttingen 1822. 8.
R. J. Haüy , Traite de Mineralogie. 2me edit. Paris 1832.
F. Mohs , Grundriss der Mineralogie. 2 Bde. Dresden 1S22 — 24.
F. S. Beudant , Traite elementaire de Mineralogie. Paris 1824.
2me edit. Paris 1830.
Dasselbe in’s Deutsche übersetzt von K. F. A. Hartmann. Leip-
zig 1826. 8.
W. Philipps , Elementary introduction to the knowledge of Mi-
neralogy. London 1824. 3. edition.
li. C. von Leonhard , Charakteristik der Felsarten. 3 Bde.
Heidelberg 1823 — 1824. 8.
— — Naturgeschichte des Mineralreichs. Heidelberg 1825. 8.
Handbuch der Oryktognosie. 2te Aufl. Heidelberg 1826. 8.
C. M. Marx , Geschichte der Krystallkunde. Karlsruhe 1825. 8.
Litteratur.
51
C. F. Nawnam , Grundriss der Krystallographie. Leipz. 1826. 8.
— — Entwurf der Lithurgik. Leipzig 1826. 8.
C. Naumann , Lehrbuch der Mineralogie. Berlin 1828. 8.
A. Breithaupt , vollständige Charakteristik des Mineralreichs.
3te AulL Dresden 1828. 8.
J. Berzelius , von der Anwendung des Löthrohrs in der Chemie
und Mineralogie, übersetzt von Rose. 2te Aufl. Nürnberg
1828. und 3te Aufl. 1837.
J{. F. A. Hartmann , Handwörterbuch der Mineralogie und
Geognosie. Leipzig 1828. 8.
* die Mineralogie in sechs und zwanzig Vorlesungen. Il-
menau 1828.
W. Haidinger, Anfangsgründe der Mineralogie. Leipzig 1829. 8.
F. A . Walckner , Handbuch der gesammten Mineralogie, lste
Abth. Carlsruhe 1829. 8.
F. v. Kobell , Charakteristik der Mineralien. 2 Abtheilungen.
Nürnberg 1830.
C. F. G locker , Handbuch der Mineralogie. 2 Abtheilungen.
Nürnberg 1831. 8.
H. T. de la Becke , Handbuch der Geognosie, übersetzt von
H. von Decken. Berlin 1832. 8.
J. R. Blum , Lehrbuch der Oryktognosie. Stuttgart 1833. 8.
IL C. von Leonhard , Naturgeschichte des Mineralreichs. 2 Ab-
theilungen. 2te Aufl. Heidelberg 1833. 8.
Lehrbuch der Geognosie und Geologie. Stuttgart 1835.
F. A. Walckner , Handbuch der Geognosie. Carlsruhe 1833.
T. Tkomson , Outlines of Mineralogy , Geology and Mineral-
Analysis. London 1835. 8. (Als dritter Theil von dessen
System of Chemistry.)
F. v. Kobell , Tafeln zur Bestimmung der Mineralien. 2te Aufl.
München 1835. 8.
H. T. de da Becke , Anleitung zum natur - wissenschaftlichen
Beobachten. I. Geologie, übersetzt von Rehbock, mit einer
Vorrede von H. v. Decken. Berlin 1836. 8. (Erscheint
Heftweise.)
C. Hartmann, Lehrbuch der Mineralogie und Geologie. Nürn-
berg 1836.
Fr. Moks, leichtfassliche Anfangsgründe der Naturgeschichte
des Mineralreichs. Wien 1836.
Ch. T. Hochstätter , populäre Mineralogie , oder die Fossilien-
und Gebirgskunde für alle Stände. Reutlingen 1837. 8.
52
Literatur.
C. F. Platlner , die Probirkunst mit dem Lölhrohre, oder An
leitung etc. Mit 3 Kupfertafeln. Leipzig 1835.
v. Leonhard , Taschenbuch für die gesammte Mineralogie. 18
Bde. Frankfurt 1807 — 24. Zeitschrift für Mineralogie. 5
Bde. Frankfurt 1825 — 29. Jahrbuch für die Mineralogie von
v. Leonhard u. Bronn. 3 Bde. Heidelberg 1830 — 32. Neues
Jahrbuch für die Mineralogie , Geognosie und Petrefakten-
kunde von K. v. Leonhard und Br. H. G. Bronn. 4 Jahr-
gänge. Stuttgart 1832 — 36. (Wird fortgesetzt.)
J. Berzelius , Jahresbericht über die Fortschritte der physischen
Wissenschaften. Uebersetzt von C. G. Gmelin lr bis 3r
Jahrg. ; von Wöhler 4r bis 15r Jahrg. Tübingen 1823 —
1836. (Wird fortgesetzt.)
J. C. Poggendorff , Annalen der Physik. Neue Folge, lr bis 40r
Bd. Leipzig 1824 — 36. (Wird fortgesetzt.)
Journal für praktische Chemie von O. L. Erdmann und F. W.
Schweigger-Seidel. 3 Jahrg. 1834 — 36. (Wird fortgesetzt.)
Br. C. F. Glocker , Mineralogische Jahreshefte. Erster Band
für die Jahre 1831 — 1834. Nürnberg 1835. 8. Zugleich als
fortlaufende Supplemente zu des Verf. Handbuch der Mine-
ralogie.
für das Jahr 1835. Nürnberg 1837. 8.
Zweiter Theil : Charakteristik der
Mineralien.
ERSTE KLASSE.
Mineralien, zusammengesetzt nach dem Prinzip-e
für die Zusammensetzung der unorganischen
Natu r.
ERSTE ORDNUNG.
Electr opos itive Metalle .
Die Mineralien dieser Ordnung kry stall isiren sämmtlich im
regelmässigen Systeme , ausgenommen das Palladium und Irid-
osmium. Der Bruch der einfachen Metalle ist hackig , ausge-
nommen der des Wismulhs , oder der Bruch ist noch unbekannt.
Diese Ordnung durchläuft fast die ganze Härteskala , indem sie
sämmtlich den Talk ritzen , und vom Diamant geritzt werden.
(Das Quecksilber ist nur bei sehr niedriger Temperatur fest.)
Die Grenzen in der Reihe des spec, Gew. bilden das Eisen —
7,3 und das Iridium — 23,5. Alle hierhin gehörigen Minera-
lien sind undurchsichtig ,. metallisch glänzend. Der Glanz
w ird bei Allen durch den Strich erhöht oder bleibt unverändert,
wie beim Wismuth.
GRUPPE I. EISEN.
I. Gediegen Eisen.
(Syn. Meteoreisen , octaedrisehes Eisen.)
Krgstsfm. regelmässig. Krystf. Octaeder, Ausgebildete
Kryst. sind sehr selten ; man schiiesst auf obige Form nach ein-
zelnen Krystallllächen und den Anzeichen einer regelmässigen
Struktur ( Widmannstädten9 sehe Figuren) , die man durch Aetzen
polirter Flächen dieses Minerals mit Salpeters, erhält. (Wähler
beobachtete Würfel beim Zerschlagen von Eisenplatten , die einer
Monate lang andaur enden Weisglühhitze ausgesetzt waren und
Octaeder im Innern grosser Massen von Gusseisen. Poggend. Ann.
5 /
Gediegen Blei.
Bd. 26. p. 182.) Kryst. M. scheinbar geflossen, ästig, ze lli«-,
durchlöchert, oder mannigfach gebogen; derb und eingesprengt!
— Br. Iiackig. H. = 5—6. Geschmeidig und dehnbar. Sp. G.
5,9 (Körner aus N. Amerika) bis 7,9. Undurchsichtig. Metall-
glanz; lichtes Stahl grau in’s Zinmveisse, bräunlich oder schwarz
angelaufen. Strich : glänzender. Dem Magnete folgsam.
V. d. L. unschmelzbar oder nur an den Kanten der dünn-
sten Blättchen sich rundend. Auflösbar in Salzsäure. Symb. Fe.
Arten :
a. I (* 11 ii risch es Eisen findet sich als Körner unter der Platina
vom Ural ; als deutliche Octaüder iu IV. America ^Grafschaft GuildfordJ,
eingesprengt und derb als zwei Zoll mächtige , dem Graphit ähnliche
Lage im Glimmerschiefer des Ca/ma/i-Gebirges in N. America .
b. Me teo reisen. Fällt in kryst., ästigen* porösen M. oft von be-
deutender Grösse aus der Luft. Hierhin gehören die 3(M'00 und 17,000 Pf.
schweren Massen in Brasilien im Distrikte Choko-Gualamha und am Hache
Bemdegö ; in Mexico liegen 2,000—3,000 Pfund schwere, bei Bitbur g
eine von 3,400 und in Sibirien von 1,680 Pfund. Sie enthalten häufig
Körner von Chrysolith eiugesprengt oder es findet sich das Meteoreisen
selbst eingesprengt in den Meteorsteinen. Die gewöhnlichen Bestand-
teile des Meteoreisens sind: Eisen, Nickel, Kobalt und Kupfer. fVehrU
untersuchte Meteoreisen von mehreren Arten und fand in dem von Agram
a, und vom Cap der g. Hoffnung b:
a. Fe. Ni. Co. b. Fe. Ni. Co.
89,7. 8,8. 0,6. 85,6. 12,2. 0,8-
(Hiernach wären die Meteoreisen als Auflösungen einer Legirung von
CoNi,., in Fe zu betrachten. Ueber die bei Magdeburg gefundene und
fiir Meteoreisen gehaltene Masse vergl. Annalen der Pharm. Bd. 9. p. 329.)
Anhang.
Meteorsteine fAerolithenJ sind rundliche Massen , die mit einem
Feuer-Meteore , unter heftigem Getöse, meist erhitzt, bald einzeln, bald
in grösserer oder geringerer Menge aus der höheren Atmosphäre herab-
fallen. Sie sind bald mehr gleichartig dicht , bald körnige Gemenge. Sp.
G. 3,43 — 3,7. Innen graulich-weiss , stellenweise auch gelb gefleckt: die
Oberfläche sieht geflossen aus und ist mit einer schwarzen , harten Binde
bekleidet. Die chemischen Zerlegungen gaben verschiedenartige Bestand-
llieile zu erkennen. Wir führen nach Berz. die Mineralien auf, worin er
sie zerlegte: 1) Nickeleisen, 2) Magnetkies, 3) Magneteisen, 4) Chryso-
lith, 5) Augit, 6) Chromeisen, und 7) Zinnstein. (Berz, Jahrb. 15. Jahrg.
P- 227.)
Ueber die täglich gesteigerte Anwendung des Eisens etwas sagen zu
wollen , würde zu weit führen. Die Geschichte aller Völker lehrt die
Unentbehrlichkeit und hohe Wichtigkeit dieses Metalls, kennen. Seine
Bearbeitung kann als ein Maasstab der Intelligenz der Völker und ihres
f ortschreitens in der Einsicht gelten. — * Das Meteoreisen eignet sich be-
sonders zu Schneide-Instrumenten.
GRUPPE II. BLEI.
/. Gediegen Ule i.
liryststm. regelmässig. Krystf. angeblich Combiuatiou des
Gediegen Wismutli.
55
Hexaeders und Octaöders. Kryst. undeutlich: drath- und haar-
förmig, ästig, baumförmig, kleine gewundene Gestalten. — Br.
hackig. H. = 1,5. Geschmeidig. Sp. G. = 11,0—11,5. Un-
durchsichtig ; Metall glanz auf frisch geschnittenen Flächen ; blei-
grau , schwärzlich angelaufen. Strich : glänzender. Etwas ab-
färbend.
V. d. L. leicht schmelzbar, rauchend und die Kohle grün-
lich-gelb beschlagend. In Salpetersäure löslich. Symb. Pb.
Findet sich mit andern Bleierzen und eingewachsen in Bleiglanz im
Uebergangskalkstein : in England ( Aiston) r im Thonsteine: Spanien , in
Blasenräumen vulkanischer Gesteine: Madera , mit Bleiglanz verwachsen:
in N.- America.
Das Blei im oxydirten und mit Säuren verbundenen Zustande findet
mannigfaltige Anwendung in der Pharmacie und Technologie. Das im
Handel vorkommende metallische Blei wird aus verschiedenen, später zu
beschreibenden Bleierzen gewonnen. Es kommt ausser diesem (seltenen)
gediegenen Zustande häufig verbunden mit Schwefel vor; auch mit Chlor
und Sauerstoff und als Oxyd verbunden mit mehrern Säuren.
GRUPPE m. WISMUTH.
i. Gediegen Wi smuth.
(Syn. Octaedrisches Wismuth.)
Kryststm. regelmässig. Krystf. 1) Ociaöder; 2) Combiita-
tion des Octaeders und Bodecaeders ; 3) Bodecaöder. Kryst.
meist undeutlich und verzerrt, mit convexer, rauher Oberfläche,
baumförmig und federartig gruppirt; gestrickt, zahnig , dyath-
und moosförmig, in Blechen; derb, eingesprengt, angeflogen. —
Vollkommen spaltbar parallel den Octaederflächen. Br. uneben.
If. — 2 — 2,5 ; sehr milde. Sp. G. = 9,6 — 9,8. Undurchsichtig ;
Metallglanz ; röthlieh silberweiss, oft grau, roth oder blau an-
gelaufen. Strich : unverändert.
V. d. L. leicht schmelzbar; aus der Flamme genommen
brennt es nicht fort wie Antimon; verflüchtigt sich und be-
schlägt die Kohle anfangs weiss, dann gelb. In Salpetersäure
lösbar; die Lösung wird mit Wasser gefällt. Symb. Bi. Ent-
hält gewöhnlich etwas As.
Es findet sich auf Gängen im ältern Gebirge: Baden fWittichenJ ,
Hessen fßiberj t am Harz j Erzgebirge , Böhmen , Kärnlhen, Norwegen ,
N.~ America.
Das Wismuth wird durch Saigerung gewonnen und in der Arznei-
kunde, auch in der Technologie zu leichtflüssigen Metallmischungen
benutzt. Das Wismuth kommt in der Natur ferner verbunden mit Sauer-
stoff, Schwefel und andern Metallen vor.
56 Gediegen Silber.
GRUPPE IV. KUPFER.
/. Gediegen Kupfer .
(Syn. Octacdrisches Kupfer.)
Kryststm. regelmässig. Krystf. 1) Hexaeder; 2) Octatfder;
3) Dodecaeder; 4) Tetrakishexaeder; Combinationen : 5) des
Octaeders und Hexaeders; 6) des Hexaeders und Dodecaeders;
7) des Hexaeders, Octaöders und Dodecaeders. Kryst. selten,
meist verzogen, verdrückt tuid klein, durcheinander gewachsen,
mannigfach gruppirt ; ästig , zackig , bauin- , standen- , moos-,
drathfönnig, in Platten und angeflogen , derb und eingesprengt ,
eckige Stücke, Körner. — Br. hackig. H. = 2,5 — 3. Voll-
kommen geschmeidig. Sp. G. = 8,9. Undurchsichtig : metall-
glänzend ; kupferroth , braun angelaufen oder grün beschlagen.
Strich erhöht den Glanz.
V. d. L. zur Kugel schmelzbar (2,8 — 3)*), die sich beim
Erkalten mit schwarzem Oxyde überzieht. Mit Salzsäure be-
feuchtet die Lüthrohrflamme schön blau färbend. Symb. Cu.
Kommt auf sehr schmalen Gängen, auch auf Lagern vor in den Go-
birgen verschiedener Formationen, begleitet von andern Kupfererzen,
Brauneisenstein, Bleiglanz, Quarz u. s. w. Rlieinbreitbach hei Bonn ,
Siegen , Erzgebirge , Schlesien , Ungarn t Sibirien , Faroer, Brasilien *
IS ■- America am Lake superior , liier besonders in grossen Blöcken von
150 Pfund Gewicht.
Das meiste Kupfer wird durch Rösten und mehrmaliges Schmelzen
aus andern Kupfererzen gewonnen, in denen es theils verbundeu mit
Schwefel, Sauerstoff und verschiedenen Säuren in der Natur \orkommt. —
Der Gebrauch des Kupfers ist gleichfalls sehr ausgebreitet in der Phar-
macie, besonders in den Künsten und Gewerben zu Apparaten und ina-
nigfaltigen chemischen Verbindungen. Höchst wichtig ist es ferner im
Münz wiesen , in der Kupferstecherei und als Grundmasse vieler schätzba-
ren Metall-Legierungen. So bildet es z. B. mit Zinn das Glockengut ,
mit Zink das Messing, mit Arsenik das Weisskupfer.
GRUPPE V. SILBER.
i. Gediegen Silber.
(Syn. llexacdrisches Silber.)
Kryststm. regelmässig. Krystf. 1) Hexaeder; 2) Oclaeder;
Combiiialiönen : 3) des Hexaeders und Octaeders: 4) des Hexae-
ders, Octaeders und Dodecaeders; selten Zwillinge. Kryst. klein,
oft uneben, meist zu den mannigfaltigsten Formen gruppirt;
zahnig, bäum-, dratli- und haarförmig, moosartig, gestrickt,
in Blättchen ; derb und eingesprengt. — Br. hackig. II. = 2,5
— 3. Vollkommen geschmeidig. Sp. G. = 10,3 — 10,5. Un
*) Diese und alle ähnlich gestellte Zahlen zeigen den Grad der
Schmelzbarkeit nach der vo/i Kobcll'schen Skala an.
Natürliches Amalgam.
57
durcliskhtig ; metallglänzend ; silberweiss, grau oder gelblich
anlaufend. Strich : glänzend.
V. d. L. leicht schmelzend (2 — 2,6). Die salpetersaure Auf-
lösung wird durch Salzsäure gefällt. Symb. Ag. Enthält häufig
Spuren von Sb, As, Cu.
Kommt auf Gängen im altern Gebirgen vor: Sachsen ( Treiber
i Schneeberg), am Harz f Andreasberg) , Baden , Böhmen , Ungarn, Sibi-
rien, Noi'wegen , Peru , Mexico , Chili.
Das Silber, dessen Gebrauch zu Münzen, Geräthen und Gegenstän-
den des Luxus in mehr oder minder mit Kupfer legirtem Zustande, zu
pharmaceutischen Präparaten und Geschirren , Wagen , Spateln u. s. w. ,
zu einigen chemischen Präparaten, im reinsten Zustande, sehr allgemein
ist, findet sich in der Natur häufiger in Verbindung mit Schwefel, Selen,
Chlor, Jod, und mehrern andern Elementen verbunden, aus denen das
im Handel befindliche durch eigeuthümliche Iiüttenprocesse abgeschieden
wird.
GRUPPE VI. QUECKSILBER.
t. Gediegen Quecksilber.
Krgstsim. regelmässig. Kleine Kugeln und Tropfen auf der
Oberfläche anderer Quecksilbererze, in gewöhnlicher Temperatur
flüssig, bei — 39, 44 0 C. erstarrend und dann in Octaedern
krystaHisirend. Sp. G. = 13,5 — 13,6. Undurchsichtig; metall-
glänzend; zinnweiss; nicht nätzend; kalt anzufühlen.
V. d. L. sich ohne Rückstand verflüchtigend. Symb. Hg.
Findet sich im Sandstein des Kohlengebirges , begleitet von andern
Quecksilbererzen (auch in Höhlen und Klüften der letztem) und von
Eisenkies, Kalk- und Bary tspath u. s. w. Rheinpfalz , ( Landsberg , Marsfeldj ,
ldria , Kärnthen , Tyrol , Böhmen , Spanien fAlmaden) , Peru , China.
Es dient als Arzneimittel zu verschiedenen Präparaten, bei Ausbrin-
gung des Goldes und Silbers , zur Fabrikation der Spiegel und mehrerer
physikalischen Apparate , doch wird der grösste Theil aus den in der
Natur gewöhnlich vorkommenden Verbindungen, mit Schwefel, Selen,
Chlor , Jod und Silber erhalten.
2. Natürliches Amalgam.
(Syn. Dodecaedrisches Mercur.)
Krgststm. regelmässig. Krystf. 1) Dodecaeder; Combina-
tiouen: 2) des Octaeders und Dodecaeders; 3) des Hexaeders
und Dodecaeders ; 4) des Ikositetraeders , Dodecaeders und
Hexakisoctaeders u. m. a. Kryst. glatt, oft durch einen Ueber-
zug von gediegen Quecksilber mit zugerundeten Kanten und
Ecken; einzeln aufgewachsen ; kleine, kugelige Hl. Platten, an-
geflogen, derb und eingesprengt. — Br. muschelich, uneben.
II. 3 — 3,5, wenig spröde. Sp. G. 13,7 — 14,1. Undurch-
sichtig , metallglänzend , silberweiss. Strich : unverändert.
58
Gediegen Platin.
V. d. L. auf Kohle verdampft Quecksilber; eia Silberkorn
bleibt zurück. Im Kolben kochend unter Sublimation von Queck-
silber und Hinterlassung einer schaumigen Silbermasse. Formel:
AgHg3.
Findet sich sparsam unter denselben Verhältnissen wie gediegen
Quecksilber, bei Moschei in der Rheinpfalz , Almadcn in Spanien.
GRUPPE VII. PALLADIUM.
f. Gediegen Palladium.
Kryststm. zwei- und einaxig. Krystf. Quadratoctaeder. Kryst. sel-
ten, meist kleine, lose Körner, von faseriger Textur. — H. = 6,5 5 dehn-
bar und geschmeidig. Sp. G. = 11,3 — 11,8. Undurchsichtig; metall-
glänzend ; stahlgrau in’s Silberweisse.
V. d. L. unschmelzbar. Auflöslich in Salpetersäure ; die Lösung
wird durch Kalisalze nicht gefällt; Bestdth. Pd. meist mit etwas Pt. und
Ir. verunreinigt. Symb. Pd.
Findet sich in Brasilien, Peru, St ■ Domingo, am Ural , (das Selen
palladium kommt in sehr geringer Menge zu Tilkerode am Ilarze
mit Selensilber und Selenblei vor)
GRUPPE VIII. PLATIN.
i. Gediegen Platin.
Kryststm. regelmässig. Krystf. Hexaeder. Kryst. höchst
selten ; stumpfeckige oder rundliche Stücke , platte Körner ;
aussen glatt, auch rauh', scharfkantig, zackig, mit Spitzen be-
setzt. — Br. hackig. H. = 5 — 6 ; geschmeidig und dehnbar. Sp.
G. = 17 — 19. Undurchsichtig ; metallglänzend ; stahlgrau , zu-
weilen schwarz angelaüfen. Strich: Glanz erhöhend. Zum Theil
magnetisch.
V. d. L. unschmelzbar; unlöslich in Salpetersäure; aullös-
lich in Salpetersalzsäure ; die Lösung wird durch Kalisalze ge-
fällt. Galt, zweier Varietäten:’ einer nicht magnetischen a. und
einer magnetischen b. von Nischnei-Tagilsk nach Berz.
Pt.
Ir.
R.
Pd.
Fe.
Cu.
Oslr.
Erd. Tlil.
78,94.
4,97.
0,86.
0,28.
11,04.
0,70.
1,96.
73,58.
2,35.
1,45.
0,30.
5,20.
12,98.
Symb. Pt.
Findet sich in Diiuvialablagerungen in Brasilien mit gediegenem
Gold, Zircon , Magneteisen und Diamanten, oder mit dem erstem im
Diorit und syenitischen Gesteinen zu Antioquia ; auf St. Domingo , im
Bette des Jasky ; am Ural liegt das Platin auf Chloritschiefer und Ser-
pentin (vergL Poggend. Ann. Bd. 31. 673.) Hier kommen die grössten
Stücke bis zu 20 Pfund russisch vor. Neuerdings hat man auch Platin
in einem Brauneisensteine in Frankreich im Dep. der Charente gefunden.
Das Platin wird durch Waschen gewonnen und ist unentbehrlich zu
chemischen Apparaten verschiedener Art. In Bussland verfertigt man
Iridosmium.
59
Münzen aus demselben- Die Platinausbeute am Ural betrug im Jahre
1828 92 Pud und 17 Pfund. (Ueber Ausbringen des Platins in Russland
s» Ann. d. Ph. Bd. 13. 42.)
GRUPPE IX. IRIDIUM.
I. Ge die g en Iridium.
\ -
Kryststm. regelmässig. Krystf. Octaeder? Kryst. höchst selten ; ge-
rundete Körner mit Vertiefungen. — Br. liackig. H, = 7 ; wenig dehnbar.
Sp. G. 23,5 — 24? Undurchsichtig; metallglänzend; silberweiss ; in’s Pla-
tingraue fallend.
Ghlt. nach Svanberg Ir 76,8, Pt 19,64, Pd 0,84, Cu 1,78. Symb.
Ir. Ausgezeichnet als das härteste , schwerste , strengflüssigste aller Me-
talle, welches den Einwirkungen der Säuren vollkommen für sich, wider-
steht. (Vergl. Poggend. Ann. XLI. p. 207 — 313.)
Von Breithaupt im Ural’ sehen Platinsande entdeckt. Man benutzt
neuerdings das Iridium zu den schönsten schwarzen und grauen Farben
in der Porzellanmalerei. (Hierher gehören auch die schweren Körner des
sibirischen Platinerzes, Ladin, bestehend aus Ir mit Pt und R ohne Os.
2. Osmiridium.
(Syn. Osmium - Iridium.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. sechsseitige Säule; Combina-
tionen des 'Hexägondodecaeclers , mit der geraden Endfläche und der
sechsseitigen Säule. Kryst. selten; kleine, eckige, selten platte Körner;
kryst. Blättchen. — H. — 6 — 7; wenig dehnbar. Sp. G. = 16,44 (aus
Brasilien) 18,64 — 19,38 {vom Ural). Undurchsichtig; Metallglanz; zinnweiss.
V. d. L. für sich unveränderlich; von Borax und Phosphorsalz wird
es wenig angegriffen. Im Kolben mit Salpeter geschmolzen entwickeltes
einen eigenthümlichen Osmium-Geruch. In Salpetersalzsäure unauflös-
lich. Ghlt. des vom Ural nach Berz. Os 49,34, Ir 46,77 , R 3,15, Fe
0,74. — E’ormel : IrOs , gemengt mit R2Os.
Kommt mit Platin und Gold im Sande vor : am Ural ( Neviansh ,
Bilimbajewsk u; s, w.) , Brasilien, Peru.
3. Iridosmium.
Kryststm. und Krystf. wie die vorige Gttg. Kryst. selten ; platte,
sechsseitige, tafelförmige Körner. — H. — 7; wenig dehnbar. Sp. G. =
21,118. Undurchsichtig ; metallglänzend; bleigrau.
V. d. L. geglüht unschmelzbar, schwarz werdend und einen durch-
dringenden Geruch nach Osmium verbreitend. Im Uebrigen wie die vo-
rige Gttg. Ghlt. nach Berz. Os 75, Ir 25. — Formel: IrOs3 oder in
andern Körnern IrOs4.
Kommt im Platinsande ohne Gold sparsam vor: am Ural fNischnei-
Tagilsk , Katharinenburg). Da das Iridosmium einen grossem Gehalt an
Os und zugleich ein grösseres spec. Gew* hat, als das Osmiridium, so
kann man vermuthen, dass das bis jetzt nicht gekannte gediegene Osmium
selbst ein sehr grosses spec. Gew. besitzen .müsse, welches wahrschein-
lich noch das der Plutina übertreffen wird.
60
Gediegen Gold.
GRUPPE X. GOLD,
1 . Gediegen Gold.
(Syn. Hexaedrisches Gold.)
Kryststm. rege] massig. Krystf. 1) Hexaeder; 2) OcfcaS-
der; 3) Dodccaöder; 4) Ikositetraeder; 5) Hexaeder mit Oc-
taeder-, 6) mit Dodecaöder-, 7) mit Ikositetraederflächen;
8) Zwillinge von Ikositetraedern. Kryst. meist sehr klein , glatt
oder rauh , aufgewachsen und zu Drusen verbunden , mannigfach
gruppirt; zahnig, drath-, haar-, moos-, baumförmig , ästig,
gestrickt; als Blättchen, derb und eingesprengt; auch als Sand
und abgerundete Körner. — Br. hackig. II. — 2,5; dehnbar
und geschmeidig. Sp. G. =«= 14,8 — 19,3. Undurchsichtig ; me-
tallglänzend; gold-, messing-, speisgelb. Strich: den Glanz er-
höhend.
V. d. L. auf Kohle ziemlich strengflüssig ; in Salpetersalz-
säure ohne einen merklichen Rückstand löslich. Bstdth. A u ,
stets Ag, zuweilen auch wenig Fe enthaltend. Symb. Au.
Findet sich auf Gängen und eingesprengt, im Syenit, Diorit, Horn-
Mendegestein , Gneis , Glimmer- und Thonschiefer unter Begleitung von
Quarz, Eisenkies, Brauneisenstein, Kalk - und Barytspath , Silber-
Kupfer- und Bleierzen u. s. w. in Ungarn , (Kremnitz,. Schemnitz, Offen-
banyaj, Salzburg, Spanien, Japan , Sibirien , Mexico-, Peru , Brasilien.
Ferner in' Diluvialablagerungen : Mexico , Peru, Brasilien , Chili ; im
FLuss sande des Rheins, Inns , der Isar, Donau , Mosel. Ausser im reinen
Zustande findet sich das Gold auch noch in Verbindung mit Silber, TelLur
und wenigen andern Metallen. Es wird durch bergmännische Arbeit und
WäSchen gewonnen; dient als Arzneimittel; mit Silber und Kupfer ver-
hetzt zu Münzen, Gefässen und Luxusartikeln, in Verbindung mit Zinn-
oxyd zur Glas- und Porzellanmalerei.
Anhang.
Silbergold. (Syn. Güldisches gediegen Silber, Electrum.)
Kryststm . regelmässig. Krystf . Würfel oder Octaeder. — Br.
hackig. H. = 3 — 3,5 ; delmbar und geschmeidig. Sp. G. —
12,6 — 14,8. Undurchsichtig; metallglänzend ; goldgelb, zuwei-
len in’s Grünliche spielend und silberweiss.
Bestdth. Au und Ag in mannigfaltigen Gewichtsverliältnissen.
Die Annahme Boussinyavlts , dass beide in stöchiometrischen
Verhältnissen verbunden seien, widerlegt G. Rose. Der Silber-
gehalt ändert ab von 11 bis 72 Procent. (Ouro poudre, faules
Gold , aus Südamerica (Kapitanie Porperz), bildet vielkautige
Körner von schmutziger Goldfarbe und enthält nach Berz. Au
85,98, Pd 9,85, Ag 4,17.)
Findet sich mit Gold oder Silber in Norwegen , Sibirien , Sieben-
bürgen, Jntioquia u. s. w.
Wird auf Gold und Silber benutzt.
Tellurwismuth.
61
ZWEITE ORDNUNG.
Eleclronegative brennbare Körper und deren nicht oxydirte
Verbindungen .
GRUPPE I. TELLUR UND TELLURMETALLE.
Die Mineralien dieser Gruppe krystallisiren im drei- und
einaxigen , zwei- und einaxigen und ein- und einaxigen Systeme.
Der Bruch ist selten wahrnehmbar oder uneben. Sie ritzen
sämmtlich den Talk und werden vom Kalkspath geritzt. Das
geringste sp. G. = 5,7 besitzt das Schrifterz , das höchste =
10,6 das Weisstellur. Sie sind undurchsichtig , metallisch glän-
zend, von weisser oder grauer Farbe. V. d. L. in einer an
beiden Seiten offenen Glasröhre geben sie einen weissen oder
graulichen Beschlag. Erhitzt schmilzt dieser Beschlag zu
farblosen Tropfen. Auf Kohle schmelzen sie leicht und be-
schlagen dieselbe; der Beschlag färbt die innere Flamme grün
oder grünlich-blau.
I. Gediegen Tellur .
Kryststm. drei- nnd einaxig. Krystf. sechsseitige Säule. Kryst. sel-
ten, meist aber sehr klein, tafelartig 5 kryst. körnige M.; eingesprengt. —
H. = 2—2,5; milde. Sp. G. G — 6,4. Undurchsichtig; metallglänzend;
zinnweiss in’s Silberweisse. Strich: zinnweiss.
V. d. L. schmilzt es sehr leicht, verbrennt mit grünlicher Flamme.
Löslich in Salpetersäure; die Lösung wird durch Kalilauge weiss , durch
Salz- und Schwefelsäure nicht gefällt. Der durch Kali bewirkte Nieder-
schlag ist im Ueberschusse de3 Fällungsmittels löslich .
Bestdth. Te , gewöhnlich Au und Fe enthaltend. Symb. Te.
Kommt auf Gängen unweit Zalathna in Siebenbürgen vor.
2. Tellurwismuth.
(Syn. Tetradymit. Molybdänsilber.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. sechsseitige Säule. Kryst. ta-
felartig ; kryst. M. mit blättriger Textur oder derb von körnigem Gefüge. —
H. *= 2; etwas milde; wenig elastisch biegsam; sp. G. — 7,5; undurch-
sichtig; metallglänzend; lichte bleigrau. Strich: schwarz.
V. d. L. schmilzt es auf der Kohle zur silberweissen , spröden Me-
tallkugel, färbt die Flamme grünlich blau. Löslich in Salpetersäure;
der durch Kalilauge bewirkte weisse Niederschlag ist im Ueberschusse des
Fällungsmittels unlöslich. Ghlt. des Schemnitzer nach JVehrle Bi 59,84,
Te 35,24, S 4,92- — Formel: BiS + BiTe2. Das Molybdänsilber von
Deutsch-Pilsen enthält Bi 61,15, Te 29,74, Ag 2,07, S 2,33, Se Spuren
und erhält die Formel : BiS-h AgTe-p.BiTe2.
Findet sich in Norwegen fTellemarkenJ , Ungarn „ Siebenbürgen.
62
Schrifterz,
3. Tellurblei .
(Sy n. Blatter-Tellur. Blättererz.)
Kryststm. zwei- und einaxig. Kvystf. quadratische Säule. Kryst.
selten deutlich 5 kryst. M. Blättchen. — H. — 1—1,5; milde; sp. G. =
7 — 7,1; undurchsichtig; zinnweiss oder schwärzlich-bleigrau. Strich: un-
verändert.
V. d. L. auf Kohle schmilzt es leicht, färbt die Flamme bläulich,
raucht und giebt einen gelblichen Beschlag. Löslich in Salpetersäure;
die saure Lösung wird durch Schwefelsäure gefällt. Bstdth. nach v. Ko -
hell Pb 61,61, Te 38,39, auch enthält es in der Regel Au (oft 9 P. C.),
Ag, Cu, S.
Findet sich auf Gängen mit Quarz in Siebenbürgen ('Nagyag).
Von diesem ist ein Tellurerz von Nagyag verschieden, welches Bertli.
untersuchte. Es kommt in Blättchen vor, eingesprengt in kohlensaurem
Mangan und Quarz. Sp. G. = 6,86- Bleigrau, glänzend; in erwärmter
Salpetersäure theilweise löslich. Ghlt. Pb 63,1, Te 13,0, Au 6,7, Sb
4,5, Cu 1,0, S 11,7- — Formel nach Bcrz. : 9 PbS.SbzS3 4- 9 PbS.
Au*Te6.
4. Weisstellurerz.
(Syn. Gelberz, Tellursilberblei.)
Kryststm. ein- und einaxig. Kvystf. gerade rhombische Säule. Kryst.
nadelförmig ; eingesprengt , selten derbe Massen. — Br. uneben. H. = 2,5 ;
spröde; sp. G. = 10,6; undurchsichtig; Metallglanz; silberweiss ins
Messinggelbe ; Strich erhöht den Glanz.
Y. d. L. schmilzt es leicht, beschlägt die Kohle gelb und ein Sil-
bergoldkorn bleibt zurück. In Salpetersäure mit Hinterlassung von Au
löslich. Die Lösung wird durch Salz- und Schwefelsäure gefällt. Bstdth.
nach Klapr. Te 44,75, Au 26,75, Pb 19,50, Ag 8,50, S 0,50-
Findet sich auf Gängen mit andern Tellurerzen zu Nagyag am
’/lltai.
5. Schrifterz .
(Syn. Tellursilbergold, Schrifttellur.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. gerade rhombische Säule. Kryst.
nadelförmig, meist reihenförmig oder schriftartig gruppirt, gestrickt oder
netzartig; in Blättchen und eingesprengt. — Br. uneben. II. = 1,5 — 2;
milde; sp. G. = 5,7; undurchsichtig; metallglänzend; stahlgrau, oft bunt
an<relaufen. Strich : unverändert.
V. d. L. schmilzt es leicht (1), beschlägt die Kohle weiss, ein Silber-
«oldkorn bleibt zurück. In Salpetersäure unvollkommen, in Salpetersalz-
säure mit Hinterlassung von Chlorsilber löslich. Bstdth. nach v. Kobell
Te 61,35, Au 28,36, Ag 10,29.
Kommt mit Gold, andern Tellurerzen und Quarz im Porphyr vor zu
Ojfenbanya in Siebenbürgen
Aiitimonsilber,
es
*
GRUPPE II. ANTIMON UNO ANTIMONMETALLE.
Die Mineralien dieser Gruppe krystallisiren im ein- und
einaxigen und drei- und einaxigen Systeme. Ihr Bruch ist un-
eben oder nicht wahrnehmbar; sie ritzen Kalkspath und werden
vom Flussspath geritzt. Die Grenzen des sp. G. sind = 6,6
und 9,8. Sie sind undurchsichtig, metallisch glänzend, weiss
oder kupferroth ( Antimonnickel )\ der Strich erhöht den Glanz.
V. d. L. entwickeln sie starken Antimonrauch, der fast ge-
ruchlos ist, und die Kohle rein weiss beschlägt; in der an bei-
den Enden offenen Glasröhre geben sie einen Sublimat, der
beim Erhitzen verschwindet ohne zu Tropfen zu schmelzen.
dt. Gediegen Antimon.
(Syn. Gediegen Spiesglanz, rhomboüdrisches Antimon.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. Rhomboeder. Kryst.
M. Text, körnig ; traubig, nierenförmig, kugelig ; derb und ein-
gesprengt. — Nach mehrern Richtungen vollkommen und leicht
spaltbar. Br. nicht wahrnehmbar. H. = 3 — 3,5 ; wenig spröde.
Sp. G. = 6,6. Undurchsichtig; Metallglanz; zinnweiss, zuwei-
len grau angelaufen; Strich: unverändert.
V. d. L. leicht zu einer Kugel schmelzend, die Flamme
schwach bläulich färbend und durch langes Blasen vollkommen
zu verflüchtigen. Der dicke weisse Rauch schlägt sich auf der
Kohle in kleinen weissen Krystallen nieder. Bstdth. Sb , häufig
mit Ag, Fe und As. Symb. Sb.
Findet sich auf Gängen im Gneis und Thonschiefer mit Arsenik und
Kobalterzen in der Dauphinee , am Harz , ehemals in Schweden und
Böhmen .
2. AntimonnicJcel.
Kleine sechsseitige Tafeln; eingesprengt, selten gruppirt. — Br.
uneben. H. == 5; spröde; undurchsichtig; Metallglanz; kupferroth in-s
Violette.
V. d. L. sehr strengflüssig , auf Kohle nach längerem Schmelzen eine
magnetische Kugel gebend; in Salzsäure wenig, in Salpetersalzsäure leicht
und vollkommen löslich. Ghlt. nach Volkmar Sb 63,7, Ni 28,94, Fe 0,86,
PbS 6,43. — Formel : NiSb.
Kömmt auf Gängen begleitet von Kalkspath , Bleiglanz und Speiss-
kobalt vor am Harz ( Andre asb er gj,
3. Antimonsilber .
(Syn. Spiesglanzsilber , prismatisches Antimon.)
Kryststm. ein- irnd einaxig. Krystf. gerade rhombische
Gediegen Arsenik.
64
Säule und Zwillinge. Kryst. säulenartig, auf den Seitenflächen
vertikal gestreift, meist zu Büscheln verbunden; knollig, kuge-
lig, nierenförmig; in dünnen Platten und Blättchen; derb und
eingesprengt. Text, körnig und strahligblätterig. — Spallbar
nach mehrern Richtungen. Br. uneben. H. = 3,5 ; wenig spröde.
Sp. G. = 9,8. Undurchsichtig; Metall gl anz ; silberweiss , roth,
gelb, auch stahlfarbig angelaufen; Strich erhöht den Glanz.
V. d. L. leicht schmelzend, die Kohle weiss beschlagend;
mit Soda ein Silberkom und keine Hepar gebend ; in Kalilauge
iui veränderlich. Ghlt. des Feinkörnigen von Wolf ach nach
Ktapr. Sb 24,0, Ag 76,0. — Formel: Äg2Sb; des G roljkömigen:
Sb 16, Ag 84. — Formel: Ag3Sb2.
Findet sich auf Gängen im älteren Gebirge , begleitet von Kalk-,
Baryt- und Flussspath, von Silber-, Kupfer- und Arsenikerzen: llarz
(AndreasbergJ , Baden (Wolfach) , Frankreich (Allemont) , Spanien.
Wird zum Ausbringen des Silbers benutzt.
kl
GRUPPE HI. ARSENIK UND ARSENffiMETALLE.
Die Mineralien der Arsenikgruppe krystallisiren im regel-
mässigen, ein- und einaxigen und drei- und einaxigen Systeme.
Meist kommen sie im derben, unkrystallisirten Zustande vor.
Auf dem Bruche sind sie uneben; sie ritzen den Gyps und wer-
den vom Feldspalli geritzt. Die Grenzen des sp. G. sind = 5,7
und 7,6. Sie sind sämmtlicli undurchsichtig, metallglänzend ,
zinn- oder silberweiss; nur Nickelkies ist kupferroth. Der
Strich macht sie bräunlich oder graulich-schwarz imd erhöht
beim gediegen Arsenik und Arseniks piesglanz den Glanz. V. d.
L. sind sie vollkommen flüchtig (gediegen Arsenik und Arsenik-
spiesglanz) oder schmelzbar. Auf Kohle entw ickeln sie starken
Arsenikrauch und geben im Kolben einen Besclilag von metalli-
nischem Arsenik.
I . Gediegen Arsenik.
Krgstslm. drei- und einaxig. Krystf. Rhomboeder. Kryst.
selten, nadelförmig, zu Büscheln gruppirt; traubig, kugelig, ge-
strickt; Platten, derbe M. und eingesprengt. Text, schalig, sel-
ten stänglich abgesondert. ■ — Br. uneben, feinkörnig. H. = 3,5;
spröde. Sp. G. = 5,7. Undurchsichtig; Metallglanz; zinnweiss
in’s Bleigraue, graulich-schwarz anlaufend. Strich erhöht den
Glanz.
V. d. L. auf Kohle starken, knoblauchartigen Geruch ver-
breitend und, ohne zu schmelzen, sich verflüchtigend. Im Kolben
graulichweissen , krystallinischen Sublimat gebend. Bstdth. As,
häuflg als Beimengung Sb und Ag. Symb. As.
Arsenikeisen.
65
Findet sich auf Gängen im altern, nur selten im jungem Gebirge,
begleitet von Quarz, Kalk- und Barytspath u. s. vv. Erzgebirge ('Freiberg ,
Schneeberg ), am Harz ( Andre asb er g) , Schwarzwald , Eisass , Daupjdnee ,
Ungarn , Sibirien , Norwegen •
Man benutzt es zur Darstellung des w eissen Arseniks , des Weiss-
kupfers, bei der Schriftgiesserei , Farbenbereitung, als Flussmittel auf
Glashütten, beim Schmelzen des Platins u. s. w. In den Apotheken hat
man das gediegene Arsenik unter dem Namen Cobaltum crj stallisatum ,
Fliegengift.
Arsenik glanz von Palmbaum bei Marienberg ist ein gediegen
Arsenik, mit dem nach Kersten 3 p. C. Bi und auch eine Spur Te ver-
bunden sind. Berzelius behauptet wiederholt (Jahresb. 13), dass dieses
Mineral auch S enthalte. Es scheint daher zwei Mineralien zu geben, die
Arsenikglanz genannt werden.
Arsen ik s^ch wä rz e von Joachimsthal in Böhmen scheint eine nie-
dere Oxydationsstufe des Arseniks zu sein.
2. Arsenikeisen .
(Syn. Axotomer Arsenikkios. Arsenikalkies. Glanz-Arsenikkies,)
Kryststm. drei- mid einaxig. Erystf. gerade rhombische
Säule. Diese kommt auch entstumpfeckt vor. Kryst. meist klein,
glatt oder gestreift , häufig zusammengewachsen; derbe M.
stänglich oder körnig abgesondert, eingesprengt. — Spaltbar
parallel den Endflächen. Br. uneben. H. = 5; spröde. Sp. G.
= 7,2. Undurchsichtig ; Metallglanz ; silberweiss in’s Stahlgraue.
Strich : graulich-schwarz.
V. d. L. Arsenikgeruch entwickelnd und nach langem Bla-
sen zur schwarzen magnetischen Kugel schmelzend. Im Kolben
sublimirt metallisches Arsenik. In Salpetersäure löslich mit
Ausscheidung von Schwefel und arsenichter Säure. Ghlt. des
Reichensteiner nach E. Hoffm. As 65,99, Fe 28,06, S 1,94,
Bergart 2,17. — Formel : FeAs?. Das von Sladming enth. As
60,41, Fe 13,49, Ni 13,37, Co 5,10, S 5,20. Hier ist ein Theil
Fe durch Ni und Co ersetzt, daher die Formel: [Fe, Ni, Co]As2.
Es kommt auf Lagern vor im Serpentin und körnigen Kalk in Schle-
sien (ReichensteinJ , mit Nickelkies in Steyermark ( 'Sladming /, mit Braun-
eisenstein in Kärnthen (Hütte nb er gj.
Es ist das technisch-wichtigste der natürlich vorkommenden Arscnik-
metalle. Aus dem Schlesischen wird die grösste Menge der im Handel
vorkommenden arsenichten Säure bereitet.
Arsenik mangan. Mn As soll in Sachsen Vorkommen. Es ist von
Kane unvollständig beschrieben und untersucht. (Poggend. Ann. Bd.
19. p. 145.)
Geigers Pharmacie . // 1, (2 te Aufli)
5
66 Speiscobalt.
3. Nickelkies.
(Syn. Arseniknickel. Kupfemickel. Prismatischer Nickelkics.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. gerade rhombische
Säule? Kryst. selten und undeutlich; gestrickt, bäum- und
nierenförmig, kugelig; derb und eingesprengt. — Spaltbar auf
den Seitenflächen. Br. uneben, in’s Muschlige. H. = 5; spröde.
Sp. G. = 7,6. Undurchsichtig; Metallglanz; kupferroth, meist
grau und braun angelaufen. Strich: braunlieh-schwarz.
V. d. L. auf Kohle unter Arsenikgeruch zur weissen, sprö-
den Metallkugel schmelzend ; mit Salpetersäure unter Abschei-
dung von arsenichter Säure eine ap fei grüne Auflösung bildend,
welche durch salzs. Baryt nicht gefällt wird. Ghlt. nach Strom. :
As 54,72, Ni 41,20, Fe 0,33, Pb 0,32, S 0,40 — Formel: NiAs.
Findet sich auf Kobalt- und Silbergängen, begleitet von Quarz,
Baryt- und Kalkspath im altern Gebirge: Kurli essen (’tlieb er \), Erzgebirge
('Schneeberg , Annaberg u. s . wj, Thüringen , Baden , Böhmen, Frank
reich.
Es dient vorzüglich zur Abscheidung des Nickelmetalls und Bereitung
des Neusilbers ( Argentans ). Das oft kobalthaltige wird den Kobalterzen
bei Bereituug der Smalte zugeselzt.
4. Arseniknickel.
Kryststm. regelmässig. Krystf. Combination des Hexaeders mit dem
Octaeder und Doclecaeder. Kryst. M. stänglich abgesondert. — Br. uneben.
Undurchsichtig; Metallglanz; zinnweiss, häufig mit einem Ueberzuge von
arseniksaurem Nickel bedeckt.
V. d. L. wie die vorige Gattung. Ghlt. nach E ■ Hojfm. As 71,30,
Ni 28,14, Bi 2,19, Cu 0,50, S 0,14. — Formel: NiAs2. Im Arsenik-
nickel vom Harz ist ein grosser Theil Ni durch Fe und Co ersetzt.
Findet sich unter ähnlichen Umständen wie Nickelkies bei Schneeberg ,
am Harz ( Hasselh'due) , Hessen ( Riechelsdorf, '). Durch Verwitterung dieser
beiden Mineralien entsteht die Nick ei s ch w ä r z e , eine graulich-
schwarze , matte , erdige Masse.
5. Speiscobalt.
(Syn. Arsenikcobalt, octacdrischer und hexaödrischer Speiscobalt , weisser
und grauer Speiscoball.)
Kryststm. regelmässig. Krystf. 1) Hexaeder; 2) Octae-
der ; 3) Hexaeder mit Octaeder- und 4) Octaeder mit Hexaeder-
flächen ; 5) Hexaeder mit Hodecaederflächen u. m. a. Krysi.
glatt, zum Theil mit gebogenen Flächen, auf-, selten einge-
wachsen, häufig zu Drusen verbunden; gestrickt, baumförmig;
spiegelig (Cobalt-Spiegel); derb und eingesprengt. — Spaltbar-
keit unvollkommen. Br. uneben. H. = 5,5. Spröde. Sp. G. ~
Ars€«iks])iesgiaiL3.
@7
6,4— 6<6. Undurchsichtig ; Metallglana ; zinnweiss , in s Stahl-
graue; aussen grau oder gelb, selten bunt angelaufen. Strich:
graulich-schwarz.
V. d. L. auf Ivohle entwickelt er starken Arsenikrauch und
sclunilzt zu einer grauen Metallkugel, färbt das Borax-Glas
schon in geringer Menge saphirblau. In conc. Salpetersäure mit
Ausscheidung von arsenichter Säure löslich; die Auflösung wird
von salz. Baryt nur wenig oder nicht gefällt. Ghlt. des weissen
(a) Speiscobalts von Riechelsdorf nach Strom, und des grauen
von Schneeberg (b) nach E. Hoffm .
Co As Fe Cu Ni Bi S
a. . 20,31. 74,21., 3,42. 0,15. — — 0,88.
b. 13,95. 70,37. 11,71. 1,39. 1,79. 0,01. 0,66.
Formel : [Co, Fe, NiJAsj.
Findet sich auf Gängen im neuern und altern Gebirge mit Quarz ,
Kalk- und Barytspath , Silber-, Kupfer-, Nickel- und andern Cobalt-
erzen im Schwarzwalde ClVittichen) , Kurhessen fBieberJ f Würtemberg ,
Erzgebirge , Böhmen , Westerwald , am Harz u, s. \v.
Der faserige Spei,scobalt bildet kugelige und nierenförmige M.
Text, dünnstängelig bis faserig, derb, körnig abgesondert; sp. G. ■=
7,28; zinnweiss in’s Stahlgraue; zum Theil bunt angelaufen. Ghlt. nach
John: Co 28,00, As 65,75, Fe und Mn 6425. Kommt vor wie die Gattung
selbst.
Der Speiscobait dient zur Bereitung des Zaffer oder Zajjfra , wobei
als Nebenprodukt durch Bosten Arsenik erhalten wird. Das geröstete
Erz wird unter obigem Namen in den Handel gebracht und dient zur
Glas- und Porzellanmalerei, so wie zur Bereitung der Smalte. Es hat
meistens eine schmutzig-braune Farbe (ist oft mit andern Substanzen ver-
mischt und enthält dann wenig Cobalt). Zur Bereitung der Smalte wer-
den 2 Th. Zaffra, 5 Th. Pottasche und 8 Th. Quarzsand im Glasofen
geschmolzen. Das unter der geschmolzenen Glasmasse befindliche Me-
tallgemisch wird Cobaltspeise oder Speise genannt nnd besteht aus Ar-
senik, Eisen und Nickel mit wenig Kobalt. Die Glasmasse wird dann in
Wasser ausgeschöpft, gepocht und geschlemmt. Die am feinsten ge-
schlemmte hellblaue Smalte heisst Eschel , die feinste dunkelblaue Kö-
nigsblau. Die Smalte ist ihrer Unveränderlichkeit wegen eine vorzügliche
Malerfarbe , dient auch zum Bläuen der Wäsche und des Papiers. Sie
enthält noch Arsenik und darf daher nie zum Färben der Conditorwaa-
ren benutzt werden.
6. Arsenikspiesglanz.
Undeutlich krystallinisch ; nierenförmig, traubig; dünn- und truram-
schalig abgesondert. — Br. uneben, feinkörnig. H. = 3; etwas milde;
sp. G. = 6,2. Undurchsichtig; Metallglanz; zinnweiss. Strich: glänzender.
V. d. L. auf Kohle unter Entwickelung von Arsenik- und Antimon-
Dämpfen schmelzbar. Ghlt. Sb , As. Verhältnis der Bestandtheile noch
unbekannt.
Auf Erzgängen mit Zinkblende, Eisenspath und andern Antimon-
erzen: Böhmen fPrzibramJ.
68
Sd«ibleikupfer.
GRUPPE IV. SELEN UND SELENMETALLE.
Die Kry stallform der Mineralien dieser Gruppe ist nur sei
ten beobachtet; sie gehören zum regelmässigen Systeme. — Ihr
Bruch ist muschelig oder uneben, meist nicht wahrnehmbar. Sie
sind weich, höchstens von Kalkspathhürte. Die Grenzen des
sp. Gew. liegen bei 5,6 und 8,8. Sie sind sämmtlich undurch-
sichtig, metallglänzend , bleigrau in’s Eisenschwarze oder Silber-
weisse (Selenkupfer) ; auf dem Striche gewöhnlich glänzender.
V. d. L. auf Kohle oder in einer offenen Glasröhre erhitzt, ent-
wickeln sie starken rettigartigen Geruch nach Selen.
1. Selenbleu
(Syn. Cobaltbleierz, Selenbleiglanz.)
Locker zusammengehäufte kryst. Theilchen; moosförmig gruppirt;
der!) und eingesprengt. — Br. muschelig. H. =3; milde; sp, G. = 8,2 — 8,8.
Undurchsichtig; Metallglanzj bleigrau in’s Röthliche und Blaue. Strich:
grau. Etwas abfarbend.
V. d. L. grösstentheils fluchtig, Selengeruch verbreitend ohne zu
schmelzen; die Kohle anfangs grau, dann weiss ins Grünlichgelbe be-
schlagend. Mit Soda zum Bleikorne reducirbar. Ghlt. nach Strom. : Se 28,11,
Pb 70,98, Co 0,83. — Formel: PbSe; nach Bose: Se 31,42, Pb 63,92,
Co 3,14 ( SelencoballbleiJ . — Formel : [Pb,Co]Se.
Kommt auf Gängen in der Grauwacke vor: am Harz , (Tilkerode ,
Clausthal) > im Thonschiefer: Zorge.
Wird zur Ausscheidung des Selens benutzt.
2. Selenkupfer.
Baumförmig, angeflogen, derb; weich, geschmeidig. Undurchsichtig;
metallglänzend; silberweiss. Strich: glänzend.
V. d. L. auf Kohle Selengeruch verbreitend, zum Metallkorn schmel-
zend, welches mit Salzsäure befeuchtet und geglüht die Flamme schön
blau färbt. Jn conc. Salpetersäure löslich; die Auflösung wird weder durch
Salz- noch Schwefelsäure gefällt. Ghlt. nach Berz : Se 40, Cu 64. For-
mel : Cu2Se,
Findet sich in Smäland mit Kalkspath.
3. Selenbleihupf er.
Derb, körnig abgesondert. — Br. muschelig; weich; geschmeidig;
sp. G. = 5,6. Undurchsichtig; Metallglanz; bleigrau ins Bläuliche. Strich,
stahlgrau, glänzend.
Y. d. L. wie die vorige Gttg. Die salpetersaure Lösung wird durch
Schwefelsäure weiss gefällt. Ghlt. nach II. Bose : Se 34,26, Pb 47,33,
Cu 15,45, Ag 1,29, Fo203, PbO , CuO 2,08. — Formel: PbSe. CuSe.
Diesem sehr ähnlich ist das Selenkupferblei ; es unterscheidet sich
SekitquceksUherMci, 69
in seine* Zi^ammeaselzung nach H. Ross: Se 20,96, Ph 50,67, Cu 7,86,
Fe 0,33, FePb 0,44.
Beide kommen auf Kalkspath vor: am Harz ('TilkerodeJ »
4 . Eukamt.
(Syn. Selenkupfersilbex.)
Kryst. M. körnig abgesondert, derb. Eindrücke vom Fingernagel an-
aehmend. Undurchsichtig; Metallglanz; bleigrau. Strich: glänzender.
V. d. L. wie die Adrige Gttg. Die salpetersaure Lösung wird von
Salzsäure gefällt. Ghlt. nach Berz.: Se 26,00, Ag 38,93, Cu 23,05, ertlige
Beimischungen. 8,90. — Formel : Cu2Se . AgSe.
Kommt in einem serpentinartigen Gesteine mit Kalkspath vor in
Smäland.
5, Selensilberblei,
(Syn. Selensilber.)
Kryststm. regelmässig Krystf. Hexaeder. Kryst. M. in dünnen Plat-
ten. — H. = 2,5; geschmeidig; sp. G. = 8,0. Undurchsichtig; Metall-
glanz ; eisenschwarz. Strich : unverändert.
V. d. L. Selengeruch verbreitend; in der äussern Flamme ruhig, hi
der inneren mit Schäumen schmelzend. Die Auflösung in rauchend. Salpeter-
säure wird durch Salzsäure getrübt. Ghlt. nach G. Rose : Se 24,05, Ag
65,56, PbSe 6,79. — Formel: [Ag, Pb]Se.
Kommt in röthlichem Bitterspath mit Selenblei zu Tilkerode am
Harz vor.
6. Selenquecksitber.
Derbe M. ; milde; undurchsichtig; Metallglanz; zwischen stahlgrau
und schwärzlich bleigrau. Strich: glänzender.
V. d. L. schmelzend und unter Selengeruch verdampfend. Im Kolben
mit Soda metallisches Quecksilber gebend. — Formel: IigSe.
Kommt mit gediegen Quecksilber und Schwefel vor: Mexisot am Harz?
r. Selenquecksilberblei.
Derbe M. Text, blätterig, körnig. — Br. uneben; weich; sp. G. =
7,3 Undurchsichtig ; metallglänzend; Bleigrau ins Bläuliche und Eisen-
schwarze. Strich : schwarz.
V. d. L wie die vorige Gttg. aber schon vor dem Schmelzen ver-
dampfend und mit Soda auf KöhFe ein Bleikorn gebend. Ghlt. nach II
Rose: Se 24,97, Pb 55,84, Hg 16,94. — Formel: 3PbSe . HgSe.
Kommt wie Selenblei zu Tilkerode am Harz vor.
Nach Del Rio finden sich in Mexico (Culebra J noch zwei Selen-
fossilien, begleitet von gediegen Quecksilber und Zinnober. Das eine ist
roth, dem Zinnober ähnlich von 5,66 sp. G. , das andere grau von 5,56
sp. G. — V. d. L. brennen sie mit einer schön violetten Flamme und
entwickeln starken Selengeruch. Das graue enth. nach Del Rio: Se 49,
S 1,5, Zn 24, Hg 19, daher die Formel: Zn4Se . HgS, während da« rolhe
sich al« Zn4Se . HgSa zu erkennen gab.
70
Selcnschwefel.
GRUPPE V. SCHWEFEL UND SCHWEFELMETALLE.
1. Abt4ieilung: Schwefel.
/. ScluccfeL
(Syn. Gediegener, natürlicher, prismatischer Schwefel.)
Kryststm. ein- und einaxig. Kryst f. Rhombenoktaöder.
Abänderungsflächen kommen an denselben vor : 1) die gerade
angesetzte Endfläche ; 2) die Flächen eines stumpfern Octaöders ;
3) die Seitenflächen einer rhomb. Säule u. s. w. Zvrillings-
Krystalle. Kryst. mehr oder minder glatt, einzeln auf-, auch
reihenweise zusammengewachsen oder drüsig gruppirt. Kryst.
M. blasig, zerfressen, tropfsteinartig , eingesprengt; Text, kör-
nig bis dicht ( Scliwefelspath ), seltener faserig (Faser-Schwe-
fel); häufig erdig (Schwefelerde). — Unvollkommen spaltbar
parallel den Octaederflächen und den Flächen der rhombischen
Säule. Br. muschelig in’s Unebene. H. = 1,5— 2,5. Sp. G. =
2,1. Durchsichtig bis undurchsichtig; Fettglanz ; schwefel-
gelb in’s Rothe , Braune und Graue. Strich : schwefelgelb bis
gelblich-weiss. Eigenthümlicher Geruch beim Reiben, knistert
beim Erwärmen in der Hand. 'Bestdth. S, zuweilen mit erdigen
und bituminösen Theilen. Symb. S.
Findet sich im Steinsalz führenden Gyps : Sicilien , Kirchenstaat,
Spanien , Polen f Krack au) , Hannover (Lauenstein) , in der Nähe vob
Vulkanen, in und auf Laven: Vesuv, Aetna, Island, Java , auf Gängen
in verschiedenen Felsarten mit Blei-, Kupfer- und Zinkerzen: Schwarz-
wald, Siegen — der Faserschwefel bei Siena im Toskanischen — die
Schwefelerde zu Ells in Mähren, in Braunkohlenlagern in Thüringen , ab
Bindemittel des Sandes zu Roisdorf bei Bonn.
Wird als Arzneimittel durch Sublimation gereinigt; dient ferner zur
Bereitung des Schiesspulvers, der Schwefelsäure, zu Z ündappa raten ,
Feuerwerken, Entfärben der Zeuge, zum Modelliren u. s. w.
2. Selenschwefel.
Faserige oder erdige Theile mit orangengelber, in’s Braune fallen-
der Farbe.
Findet sich in Begleitung von Schwefel, Salmiak, Alaun, Borax-
säure , Realgar u. s. w. auf der Insel Volkano.
2. Abtheilung: Schwefel und eie ctro positive
Metal le.
Die Mineralien dieser Abtheilung krystallisiren grössten theils
im regelmässigen Systeme; wenige im ein- und cinaxigen, nur
eins im drei- und cinaxigen (Zinnober) und eins im zwei- und
Blende.
71
einaxigen ( Kupferkies ). Sie sind auf dem Bruche uneben, häu-
figer muschelig, selten flachmuschelig in’s Ebene. Die Flussspaih -
härte wird selten überstiegen ; nur Eisen- und Speerkies ritzen
den Feldspath ; Kupferindig und Sternbergit werden selbst
vom Gyps geritzt. Viele sind spröde, die meisten milde; Silber-
glanz ist vollkommen geschmeidig, und Wismulk-Silbererz ist
weich. Die Grenzen des sp. G. liegen beim Voltzit = 3,3 und
Zinnober = 8,1. Der Glanz ist bei den mehrsten metallisch ,
oft diamantartig (Blende und Zinnober ). Voltzit hat Glasglanz
und Kupferindig Fetjglanz. Sie sind meist undurchsichtig, selten
halbdurchsichtig (Zinnober) oder durchsichtig (Blätter -Blende).
Die Farbe ist sehr verschieden und wechselt häufig bei den ein-
zelnen Mineralien ; eben so verhalten sie sich im Strich. V. d. L.
stimmen sie darin überein , dass sie alle mit Soda eine Hepar
geben. Sie sind grösstentheils schmelzbar, nur wenige un-
schmelzbar (Blende und Molgbdänglanz) , der Zinnober ist
flüchtig.
3. Manganglanz .
(Syn, Manganblende, Sehwefelmangan, hexaödrisehe Glanzblende.)
Kryststm. regelmässig. Krystf. Hexaeder mit Octaöderflächen. K*yst.
rauh • kryst. körnige M. , eingesprengt. — Br. uneben , fast muschelig ;
H. = 4; wenig spröde; sp. G. = 3,94 — 4,0. Undurchsichtig; Metall-
gtauz ; eisenschwarz bis dunkel stahlgrau. Strich: lauchgrün.
Y. d. L. schwer schmelzbar; in Borax schwer, in, Phosphorsalz unter
Brausen lösbar. Löslich in verdünnter Salzsäure unter Entwickelung von
Schwefelwasserstoff. Ghlt. nach Arfv. Mn 62,58, S 37,42- Formel: MnS.
Findet sich auf Gängen mit Roth - Manganerz, Eisenkies, Fahlerz,
Blende, Blätter- und Weiss-Tellur, Braunspath und Quarz in Siebenbür-
gen * Cornwalli&j Mexico .
4L Blende.
(Syn. Zinkblende, dodecacdrische Granathlend« , Schwefelzink.)
Krgststm. regelmässig. Krystf. 1) Tetraeder; 2) Tetrae-
der mit Octaöder- ; 3) mit Ikositeträederflächen ; 4) Dodecaeder
mit Tetraeder-; 5) mit Ikositeträederflächen; 6) Combinationen
des Dodecaeders mit dem Hexaeder, Tetraeder und Ikositetrae-
der. Zwillinge. — VoHkommen spaltbar den Dodecaeder flächen
parallel. Br. muschelig. H. «= 3,5; spröde. Sp. G. == 3,9 — 4,1.
Diamantglanz. Strich : gelblichweiss his braun.
V. d. L. unschmelzbar, beim strengsten Feuer an den dünn-
sten Kanten sich etwas rundend und schwach nach schwefliger
Säure riechend ; die Kohle mit Zinkoxyd beschlagend. Durch
Salzsäure grösstentheils zersetzbar unter 'Entwickelung von
72
Magnetkies.
Schwefelwasscrstoffgas. Bestdth. Zn. 63,0, S. 33,6, Fe. 3,4,
auch wolil Cd enthaltend. — Formel : ZnS.
Arte n.
a) Blätterige Blende. Kryst. glatt oder gestreift, auch
rauh, meist drüsig verbunden. Kryst. M. ; Text, blätterig- oder
körnig-blätterig; derb, ein gesprengt. Durchsichtig bis undurch-
sichtig. Sammet- bis graulich-schwarz; braun bis ins Blut- und
Hyacinthrothe ; spargel- und ölgrün bis ins Gelbe; zuweilen bunt
angelaufen. *
b) Strahlige Blende. Derbe M. Text, büschelweise aus-
einander! aufend , strahlig ; nierenförmig. A. d. K. durchschei-
nend bis undurchsichtig. Röthlich-braun in s Gelbe und Schwarze.
Ghlt. nach Löwe : Zn 61,40, S 33,15, Fe 2,29, Cd 1,50.
c) Faserige Blende. Nierenförmig, traubig, knollig.
Text, büschelartig auseinanderlaufend, strahlig. Undurchsichtig ;
Fettglanz, schimmernd. Röthlich-braun in’s Gelbe und Graue.
Die Blätterblende kommt nicht selten auf Lagern und Gängen in
altern und junge rn Gesteinen vor mit Eisenkies, Kupferkies, Bleiglanz
•Quarz, Kalkspath : in Baden, im Nassauischen, Harz, Erzgebirge, Böhmen.
Die Strahlblende findet sich zu Przibram in Böhmen auf Gängen. Die
faserige* Blende auf Gängen zu Geroldseck im Breisgau, Harz , Kärn-
ihen , Cornwall. (Ueber Vorkommen der Blende als Sinter bei Sieg-
burg s. Bischof und Noeggerath in Schw. Journ. 1832- Hft. 13. p. 243.)
Die Blende wird hin und wieder zur Ausbringung des Zinks und zue
Bereitung von Messing benutzt.
Tn den goldführenden Schwefelkies-Gängen von Marmato in America
findet sich eine blendeähnliche blätterige Substanz, die Boussignault M a r-
matit nannte, und aus 77 Schwefeleisen und 23 Schwefelzink bestand.
Formel: 2FS.3ZnS.
5. Voltzit.
Kleine halbkugelige Wärzchen; Text, schalig. — Br. muschelig; Jf. =
3,5; sp. G. =3,66; durchsichtig bis durchscheinend; Glasglanz; schmutzig
rosenroth oder gelblich. Ghlt. nach Fournet: ZnS 81,0, Znö 15,0, Fo.,0;, L8
«nd 2,2 einer harzähnlichen organischen Substanz, die sich in dem
Minerale als braune Streifen zeigt. — Formel: 4 ZnS. ZnO.
Findet sich auf Gängen bei Bosiers , Dep- Puy-de-dome , überzieht
dort die meisten andern Erze und scheint neuerer Bildung zu sein.
6*. Magnetkies.
(Syn. Leberkies , rhomboedrischer und hexagonaler Eisenkies.) '
Kryststm. drei- und einaxig. Kryst f niedrige sechsseitige
Säule mit Hexagondodecaed er flächen und der gerade angesetz-
ten Endfläche. Kryst. selten säulenförmig, häufiger tafelartig,
rauh oder gestreift , einzeln aufgewachsen , auch zu Drusen vciv
Eisenkies,
7J
b und öd ; kryst. M.; Text, blätterig; kugelig, nierenförmig, tropf-
steinartig ; derb , körnig abgesondert ; eingesprengt. — Spaltbar
parallel den End-, seltener den Seitenflächen der Säule. Kr,
kleinmuschelig. H. =^= 4 ; spröde. Sp. Cf. = 4,5— 4,7. Undurch-
sichtig ; metall glänzend , zwischen speisgeJb und kupferroth;
aussen meist tombakbraun angelaufen. Strich: dunkel graulich-
schwarz. Wirkt auf die Magnetnadel.
V. d. Li. auf Kohle in der äussem Flamme wird er roth
und riecht nach schweflichter Säure; in der innern schmilzt
er leicht (2) zu einer magnetischen Kugel. In Salzsäure grössten-
theils unter Entwickelung von Schwefelwasserstoffgas löslich.
Ghlt. nach Strom . : Fe 59,85 , S 40,15. Formel : FeSj . 6FeS,
Findet sich auf Lagern und Gängen im Gneis, Glimmerschiefer,
Syenit , Diorit , körnigen Kalk u. s. w. eingesprengt und eingewachsen :
Bergstrasse, Ober pfalz , Harz , Böhmen, Erzgebirge.
Man benutzt ihn zur Bereitung von Eisenvitriol und Schwefelsäure.
f. Eisenkies.
(Syn. Schwefelkies, Markasit, hexaödrischer Eisenkies.)
Krystsim . regelmässig. Kryst f 1 1) Mexaöder selten; 2)
Hexaeder mit Octaederflächen ; 3) öctaeder mit Hexaeder!!. ;
4) Hemitetrakishexaeder (Pyritoeder) ; 5) dasselbe mit Hexaüder-
flächen ; 6) Pyritoeder mit Octaederflächen ; 7) Hexaeder njit den
Flächen des Ikositetraeders ; 8) Combination des Octaeders und
Dodecaeders und ausserdem noch sehr verwickelte Combinationen,
bei denen die Flächen bis 134 ja 266 steigen und Zwillinge.
Kryst. einzelne Flächen oft unverhältnissmässig ausgedehnt ;
glatt, öfter gestreift, einzeln eingewachsen und vielartig grup-
pirt; After-Kryst über Quarz, Kalk- und Barytspath; derbe
M. ; Text, körnig bis dicht; bäum- und nierenförmig, kugelig,
knollig; eingesprengt ; als Versteinerungsmittel von Schalthieren
und Pflanzen. — Unvollkommen spaltbar. Br. muschelig in’s
Unebene. H. — 6 — 6,5; spröde. Sp. G. = 4,9 — 5,1. Undurch-
sichtig ; metallglänzend ; speisgell) , zuweilen in’s Stahlgraue ,
selten braun oder bunt angelaufen. Strich: grau in’s Braunlich-
scliwarze. Nicht magnetisch.
V. d. L. wie die vorige Gttg. , von Salzsäure kaum ange-
griffen w erdend. Bestdth. nach Eaiclwt : Fe 47,85, S 52,15.
Formel: FeSj.
Er kommt allgemein verbreitet auf die mannigfaltigste Weise in
Felsarten der verschiedenen Perioden vor theils eingewachsen oder auf
Gängen uild Lagern, begleitet von selp vielartigen Mineralien. (Ueber die
Bildung von Eisenkies durch Einwirkung organischer Substanzen auf Mi-
neralwässer vergl, Bischof in Schweig, Joum. LXIV p 377>)
74
Ilaarkies.
Wird benutzt wie die vorige Gttg. , auch zu Galanteriewaaren ge-
schliffen.
8. Speerkies .
(Syn. Wass er-, Kamm- und Strahlkies, rhombischer und prismatischer
Eisenkies.)
Krystslm . ein- und einaxig. Krystf. 1) gerade rhombische
Säule; 2) Rhombenoctaöder ; 3) Rectangulär-Octaeder und an-
dere mehr verwickelte Gestalten, Zwillinge, Drillinge, Vier-
und Fünflinge. Kryst. glatt, seltener gestreift, einzeln aufge-
wachsen, häufiger zu Gruppen und Drusen verbunden, speer-
spitzen-älmlich und hahnenkammförmig zusammengehäuft, selten
haar- und nadelförmig ; in Nieren und Röhren , traubig, kugelig,
derb; Text, strahlig bis faserig. — Spaltbar parallel den Seiten-
flächen. Br. uneben grobkörnig. II. = 6 — 6,5 ; spröde. Sp. G,
= 4,6 — 4,8. Undurchsichtig; metallglänzend; lichte speisgelb y
zuweilen bunt augelaufcn. Strich : graulich - oder bräunlich-
schwarz.
V. d. L. wie Eisenkies. Verwittert sehr leicht. Restdth.
nach ßerz .? Fe 45,07 , S 53,35, Mn 0,70, SiOs 0,80. Formel:
FeSa.
Findet sich auf Gängen in jungem Felsarten: Hessen, Wärtemberg,
Harz , Böhmen , England .
Man benutzt ihn zur Bereitung von Eisenvitriol und Schwefelsäure,
9. Cobaltkies .
(Syn. Sckwefelcobalt).
Kryststm. regelmässig. Krystf. 1) Hexaeder; 2) Octaeder; 3) Combi-
nationen des Hexaeders und Octaeders; 4) des Hexaeders und Dodecae-
ders; 5) des Hexaeders, Dodecaeders und Octaeders. Kryst. glatt; kry-
stallinisch körnige M. — Br. muschelig, in’s Unebene. H. ==> 5,5; sp. G.
— 4?9. Undurchsichtig; metallglänzend; zwischen zinnweiss und lichte
stahlgrau, zuweilen kupferroth angelaufen« Strich: grau.
Y. d. L. auf Kohle unter Schwefelgeruch zur grauen , auf die Magnet-
nadel wirkenden Kugel , und mit Borax zu saphir-blauem Glase schmel-
zend. In Salpetersäure vollkommen löslich. Bstdth. nach Wernekink Co
53,35, S 42,25, Fe 2,30, Cu 0,97. — Formel: FeS2. 24Co2S3.
Auf Lagern im Gneis mit Strahlstein und Kupferkies : Schweden.
Auf Gängen im Uebergangsgebirge. Im Ai'ege/i’schen mit Kupfer- und Eisen-
kies, Bleiglanz u. s. w.
fO. Haarkies .
(Syn. Schweft^nickel , gediegen Nickel.)
Kryst. zart, haarförmig, einzeln, durcheinander gewachsen, zu Bü-
scheln gmppirt (auch als Octaeder.*). • — Br. flach-muschelig. H. = 3,5;
Kupferindig.
75
spröde; sp. G. unbekannt. Undurchsichtig; metallglänzend; messinggelb
in’s Graue, Strich : glänzender.
V. & L. auf Kohle Schwefelgeruch verbreitend und zu einer auf
die Magnetnadel wirkenden Kugel schmelzend ; nach der Röstung mit
Borax ein dunkelgelbes oder röthliches Glas gebend. In Salpetersäure
wenig, in Salpetersalzsäure mit grüner Farbe lbslich. Rstdth. nach Jrjv.
J*i 64,8, S 35,2. — Formel: NiS.
Kommt auf Gängen im altern Gebirge vor mit Eieenspath , Quarz ,
Kupfererzen, Bleiglanz: Böhmen j Harz , Westerwald.
il. Kupferglanz.
(Syn. Schwefelkupfer, Kupferglas.)
Kryststm. du- und einaxig. Krystf. gerade rhombische
Säule mit der geraden Endfläche und stark abgestumpften
scharfen Seitenkanten; Zwillinge. Kryst. tafel- oder kurz
säulenartig, meist glatt, einzeln aufgewachsen, auch drüsig
verbunden; drath^örmig, ästig, in Plätten, derb; selten als
Vererzungsmittel von Manzentheilen. — Spaltbar parallel den
Seitenflächen. Br. muschelig bis uneben. H. = 2,5 — 3 ; sehr
milde. Sp. G. == 5,6. Undurchsichtig ; metallglänzend ; schwärz-
lichgrau in’s Eisenschwarze, zuweilen blau oder grün angelau-
fen. Strich: schwarz.
V. d. L. auf Kohle in der äussem Flamme mit Zerknistern
leicht schmelzbar (1,7 — 2) , in der innern unschmelzbar. Die ge-
schmolzene M. mit Salzsäure befeuchtet färbt die Flamme blau.
Mit Salpetersäure eine himmelblaue Aufl. unter Abscheidung von
Schwefel gebend. Bestdth. nach Ullmann: Cu 79,50, S 19,00
mit etwas Eisen und Bergart. — Formel : Cu2S.
Findet sich auf Gängen und Lagern mit Kupfer- und Eisenerzen im
Kupferschiefer, im Gneis und Glimmerschiefer: Siegen, Bannat ( Kap -
nik) , Cornwall ('Redruth) , Sibirien, Norwegen (Kongsberg).
Wird als eines der reichsten Kupfererze zum Ausbringen des Kup-
fers benutzt.
12. Kupferindig .
(Syn. Covellit.)
Derb , nierenförmig , als rindenartiger Ueberzug und in eingewachse-
nen , rundlichen Stücken; eingesprengt. — Br. flachmuschelig. H. = 1,5 ;
milde ; sp. G. = 3,8. Undurchsichtig ; wenig- bis fettglänzend ; indigoblau
ins Schwärzliche. Strich: schwärzlich.
V. d. L. auf Kohle mit blauer Flamme und Schwefelgeruch bren-
nend ; nach dem Rösten mit Soda ein Kupferkorn gebend. Bstdth. nach
Walchner : Cu 64,7, S 32,6, Pb 1,0, Fe 0,46.
Mit andern Kupfererzen in Thüringen , Baden , Salzburg In man
eben Lavaarten des Vesuvs .
7(i Bleiglanz.
iS. Kupferkies.
(Syn. Schwefeikiipfereisen z. Th., tetragonalcr and pyramidaler Kupferkies,)
Kryststm. zwei- und einaxig. Krystf. Quadratisches Oc-
taöder und andere melir verwickelte (Gestalten; als Zwillinge.
Kryst. gew öhnlich pyramidal , häufig gestreift , undeutlich, meist
drüsig gruppirt ; auch traubig , nierenförmig ; am gew öhnlichste»
derb und eingesprengt. — Spaltbar parallel den Kernfl. Br. fast
muschelig in’s Unebene. H. = 3,5 — 4 ; w enig spröde. Sp. G. =
4,1. Undurchsichtig ; metallglänzend ; messinggelb, häufig bunt
oder grau angelaufen. Strich: grünlich-schwarz.
V. d. L. verknisternd, unter Schwefelgeruch zu einer sprö-
den, stahlgrauen, magnetischen Kugel fliessend (2), die mit Salz-
säure befeuchtet die Flamme blau färbt. Bestdth. nach 11. Rose :
Cu 31,40, Fe 30,47, S 35,87. — Formel : Cu2S . Fe2S3.
Sehr allgemein verbreitet und von den mannigfaltigsten Mineralien
begleitet, auf Gängen, Lagern u. s. w. in älteren ujid neueren Gebir
gen: Siegen, Ems t D Ulenburg , Freiberg , Harz (Goslar J ^ Norwegen 9
Schweden u. s. w.
Er dient vorzüglich zur Kupfer-Yitrioibereitiing ; doch wird auch viel
Kupfer daraus geschmolzen.
14. Buntkupf ererz.
(Sy n. Schwefelkupfereisen z. Th. , octaedrischer Kupferkies.)
Kryststm . regelmässig. Krystf. regelmässiges Ocfcaßder ;
Hexaeder mit Octaederflächen und Zwillinge. Kryst. selten ,
rauh, zuweilen mit gebogenen Flächen; eingewachsen, derb, in
Platten mid eingesprengt. — Unvollkommen spaltbar parallel
den Octaederflächen. Br. muschelig bis uneben. H. = 3; w enig
milde. Sp. G. = 5,1. Undurchsichtig ; metallglänzend ; kupfer-
roth in’s Gelbe; roth, blau, zuweilen blau und grün ahgelaufen.
Strich : schw arz.
V. d. L. wie Kupferkies (2,2): Bestdth. nach Philipps: Cu
61,07, Fe 14,00, S 23,75, Bergart 0,5. — Formel: 2Cu2S . FeS.
Findet sich unter denselben Verhältnissen wie Kupferglanz: Siegen >
Thüringen , ( Saatfeld l, Kamsdorf J, Schlesien (KupferbergJ , Bannat ,
Norwegen , Schweden .
15. Bleiglanz.
(Syn. Schwefelblei, hexaedrischer Bleiglanz.)
Kryststm. regelmässig. Krystf. Combinatioiien : 1) des
Hexaeders und Octacdcrs ; 2) des Hexaeders, Odaeders und Do-
Wismuthglanz.
77
dec&eders ; 3) des Octaöders, Hexaeders und Ikositetraeders ti. s. w.
Zwillinge. Kryst. gross, Oberfläche glatt oder gestreift, ge-
wöhnlich zu Drusen verbunden; kryst M.; traubig, röhrenförmig,
gestrickt , geflossen ; derb , angeflogen , eingesprengt ; Text,
grosskömig, mitunter krummscbalig. — Vollkommen spaltbar
parallel den Hexaederfl. Br. muschelig, selten wahrnehmbar.
H. = 2,5 ; milde. Sp. G. = 7,65 — 7,75. Undurchsichtig ; me-
tallglänzend ; bleigrau, oft mit bunten Farben angelaufen.
Strich: graulich-schwarz.
V. d. L. auf Kohle unter Entwickelung von Schwefeldämpfen
und gelbem Beschläge der Kohle zum Bleikorn reducirbar; (1 — 1,5).
In Salpetersäure mit Ausscheidung von Schwefel und schwefelsau-
rem Blei löslich. Bestdth. nach Robertson : Pb 84,63, S 13,21,
häufig Ag , zuweilen Sb , Au , Fe und As enthaltend. Formel :
PbS.
Allgemein verbreitet auf Gängen und Lagern im altern und neuem
Gebirge, begleitet, von Quarz, Baryt-, Kalk- und Flussspath, Blei und
andern Erzen.
Bleischweif scheint ein mit Antimonglanz innig gemengter Bleiglanz;
er ist dicht und zeigt keine Spur von Blättergefuge, matt oder schim-
mernd; sp. G. =: 7,2.
Bleimulm ist ein verwitterter Bleiglanz , aus schuppigen, abfärbenden
Theilehen bestehend, und findet sich vorzüglich zu Freiberg.
Der Bleiglanz ist das einzige unter den verschiedenen Bleierzen, aus
welchen das reine Metall am häufigsten gewonnen , und welches berg-
männisch gefordert wird.
Id. Wismuthglanz.
(Syn. Schwefel- Wismuth , prismatischer Schwefelwismuthglanz.) 1
Krgststm. ein- und einaxig. Krystf. gerade rhombische
Säule. Kryst. lang-säuleiiartig , nad eiförmig, spiessig, stark
vertikal gestreift, büschelförmig zusammen- und durcheinander-
gewachsen ; - kryst M. ; derb, eingesprengt. — Br. vollkommen
muschelig. H. == 2 ; milde. Sp. G. = 6,5. Undurchsichtig ;
metallglänzend ; lichte bleigrau. Strich: unverändert.
V. d. L. auf Kohle schmilzt er leicht mit Kochen und
Spritzen zur Wismuthkugel und beschlägt die Kohle gelblich.
In Salpetersäure mit Ausscheidung von Schwefel löslich. Die
Lösung wird durch Wasser w eiss gefällt. Bestdth. nach //.
Hose : Bi 80,98 , S 18,72. — Formel : Bi2S3.
Findet sich unter den bei gediegen Wismuth angegebenen Verhält-
nissen, (Der Wismuthglanz von Bispberg in Schweden ist nach Berz.
wahrscheinlich verschieden und scheint BiS zu sein.)
78
Silberglanz.
17. Kupferwismutherz.
(Syn. Schwefelkupferwismuth , Wismuthkupfererz.)
Säulenförmige Kryst., büschelweise zusammengefügt, derb, zuweilen
von stänglicher Zusammenfügung, eingesprengt. — Br. uneben; milde;
«p. G. = 5,0? Undurchsichtig; Metallglanz; lichte bleigrau, bunt ange-
laufen. Strich: schwarz.
V. d. L. auf Kohle sprüht es im Anfänge und setzt auf derselben
einen Wismuthbeschlag ab. Die partielle himmelblaue salpetersaure Lö-
sung wird mit Wasser gefällt. Bstdth. nach L. Gmeliri : Cu 32,6, Bi 48,3,
S 19,1. — Formel: Cu2S . Bi2S3.
Auf einem Gange in Granit mit Barytspath, gediegen Wisrauth
w. s. w. ; JViuichen im Badens dien.
18. Nadelerz ,
Nadelförmige und schilfartige Kryst. ; eingewachsen; derbe M. —
Br. uneben; H. <= 2; milde; sp. G. = 6,12. Undurchsichtig; metall-
glänzend; stahl-schwärzlichgrau , bunt angelaufen. Strich: schwärzlich-
grau.
V. d. L. schmilzt es leicht, entw. Schwefelgeruch, beschlägt die
Kohle weiss und gelb und giebt ein grauliches Metallkorn. Die partielle
himmelblaue salpetersaure Aufl. wird von Schwefelsäure weiss gefällt.
Bstdth. des Sibirischen nach v. Kobell : Cu 16,96, Pb 27,74, Bi 38,06,
S 17,24. — Des vom Ural nach Frick : S 16,61, Bi 36,45, Pb 36,05, Cu
10,59. — Formel? Cu2S . BiS2 +2(PbS . BiS.)
Im Quarz der Goldgänge zu Beresow am Ural.
19. Zinnkies.
(Syn. Schwefelkupferzinn.)
Kryststm. regelmässig. Krystf. Hexaeder. Kryst. selten deutlich, auf-
gewachsen; derb, eingesprengt. — - Br. uneben, bis muschelig. II. ca
4 — 4,5; spröde; sp. G. = 4,3- Undurchsichtig; metallglänzend, zwischen
messinggelb und stahlgrau ; gelb angelaufen. Strich: schwarz.
Y. d. L. schmilzt er, setzt auf der Kohle Zinnoxyd ab und giebt
ein sprödes Metallkorn, welches mit Salzsäure befeuchtet die Flamme
blau färbt. In Salpetersäure theilweise mit himmelblauer Farbe löslich.
Glilt. nach Kudernatsch S 29,61, Sn 25,55, Cu29;39, Fel2,44, Zn 1,77,
Bergart 1,02- — Formel: 2 [FeS, ZnS].SnS24-2Cu2S . SnS2.
Auf Gängen mit Kupferkies und Quarz in Cornwall.
20. Silbcrylanz.
i
(Syn. Schwefelsilber, hexaüdrischer Silberglanz , Glaserz, Glanzerz.)
Kryststm. regelmässig. Krystf. 1) Würfel; 2) Octaeder;
3) Dodecaüder; 4) Ikositetraeder; Combinationen : 1) des Hexae-
ders und Octaeders; 2) des Hexaeders und Dodecaeders; 3) des
Hexaeders und Ikositetraeders; 4) des Hexaeders, Octaeders,
Dodecaeders und Ikositetraeders. Kryst. häufig sehr verzogen ,
I
Sil b erkupferglanz.
79
uneben , auch gestreift ; drüsig verbunden ; liaar- , drath- , baum-
förmig, ästig, zähnig; in Platten, angeflogen, derb, einge-
sprengt. — Unvollkommen spaltbar parallel den Flächen des
Hexaeders und Octaöders. Br. muschelig, bis uneben. If. =
2 — 2,5 ; vollkommen geschmeidig. Sp. G. = 6,9 — 7,2. Undurch-
sichtig; metallglänzend; bleigrau ins Schwärzliche, zuweilen
bunt angelaufen. Strich : glänzend.
V. d. L. auf Kohle unter Aufschwellen und Entwickelung
eines Geruches nach schwefliger Säure zu einem von Schlacke
umgebenen Silberkorne schmelzend. Bestdth. nach L. Gmelin:
S 12,9 , Ag 87,1 — Formel : AgS.
Findet sich auf Gängen im altern Gebirge mit gediegen Silber ,
Rothgültigerz, Bleiglanz, Amethyst, Bergkrystall u. s. w. : Harz (Andreas-
berg), Sachsen ('Freiberg) , Schwarzwald (Wolfadij , Tyrol , Ungarn
(Schemnitz , Kremnitz) , Schweden ( Kongsberg ), Spanien , Mexico, Peru,
Sibirien.
Wird zur Abscheidung des Silbers benutzt , lässt Sich Auch tfiir sich
schneiden und prägen.
21. Sternbergit .
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. rhombische Säule. Kryst. meist
tafelartig gestreift; rosenartig gruppirt; derb. — II, = 1 — 1,5; milde;
sp. G. = 4,21- Undurchsichtig; metallglänzend; dunkel tombackbraun,
oft violett angelaufen. Strich : schwarz.
V. d. L. schmelzend unter Entwickelung von Schwefelgeruch zn einer
auf die Magnetnadel wirkenden Kugel und theihveise zu Silber. redu-
cirbar. Die partielle Salpeters. Aufl. wird durch Salzs. gefällt, Bstdth.
nach Zippe: S 30,0, Ag 33,2, Fe 36,0. — Formel; AgS . 3FeSz . FeS4.
(Nach Berz. AgS . Fe2S3.)
In Begleitung von Silberglanz und Rothgültigerz : Böhmen (Joachims-
thal) ; bei Schneeberg als Ueberzug auf Pyrargyrit .
22. Wismutlisilbererz.
(Syn. Wismuthbleierz , Silber-Wismutherz.)
Kryst. nadel- und haarförmig , eingewachsen, derb und eingesprengt.
— Br. uneben; weich; metallisch-glänzend, lichte bleigrau, dunkel an-
gelaufen. Strich : schwarz.
Y. d. L. die Kohle gelb beschlagend und zu einem Silberkorne
schmelzend unter Verbr. von Schwefelgeruch. In verdünnter Salpetersäure
theilweise löslich. Bstdth. nach L. Gmelin : S 16,5, Ag 18,6, Pb 35,8,
Bi 24,5, Fe 4,6.
Auf Quarzgängen und eingewachsen in Hornstein und Flussspath :
Schapbach in Baden.
23. Silber kupf er glanz.
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. gerade rhombische
Säule mit abgestumpften scharfen Seitenkanten. Derbe M. ,
80
Zinnober.
dicht, eingesprengt. Er. flach muschelig bis eben. H. = 2,5—8;
Sp. G. = 6,25. Undurchsichtig ; metallglänzend ; schwärzlich
bleigrau. Strich: unverändert.
V. d. L. unter Schwefelgeruch zu einer metallisch-glänzen-
den Kugel schmelzend, welche mit Salzsäure befeuchtet die
Flamme blau färbt. Die partielle himmelblaue Auflos. wird durch
Salzsäure gefällt. Bestdth. nach v. liobcll : S 15,80, Ag 53,11,
Cu 31,09. — Formel: C112S. AgjS.
Mit Kupferkies, Bleiglanz, Kalkspatli u. s. w.. im Gouvernement
Tomsk in Sibirien, Schlesien ( JludelstadlJ .
Wird zur Ausbringung von Silber benutzt.
(Hierher gehört wohl auch das Weiskupfererz ( Kupfereisenkies ),
Derb, stänglig , abgesondert, eingesprengt. — Br. uneben. II. = 6;
sp. G. = 4,4. Metailglanz; speisgelb. Bstdtli, Cu, Fe, Ag, S? Kommt
gangarlig im Gneis: Freiberg ; im Kupferschiefer: in Thüringen ; mit
Malachit: in Sibirien , vor.)
•
24. Zinnober.
4
(Sya. Schwefel-Quecksilber, peritome Rubinblentle , Merkurblende
[Minium der alten Römer].)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. Combinationen ver-
schiedener Rhomboeder mit der sechsseitigen Säule und mit der
gerade angesetzten Endfläche; Zwillinge. Kryst. stets niedrig
und tafelartig, glatt, meist horizontal gestreift, einzeln auf-,
meist durcheinander gewachsen, zu Drusen verbunden; derbe M.
kugelig, traubenförmig ; Text, körnig bis dicht (Zinnober spalh),
faserig (Faser-Zinnober) oder erdig (Zinnobererde); einge-
sprengt, angeflogen und dendritisch. — • Vollkommen spaltbar
parallel den Flächen der sechsseitigen Säule. Br. uneben bis
muschelig. H. = 2,5; milde. Sp. G. = 8,0 — 8,1. Halbdurch-
sichtig bis undurchsichtig ; diamant-glänzend; cochenillrotli iifs
Karminrothe und Graue. Strich : scharlachroth.
V. d. L. vollkommen verfliegend unter Schwefelgeruch. Mit
-Soda im Kolben metallisches Quecksilber gebend. Bestdth.
nach Klapr.: S 14,25, Hg 85,00. — Formel: HgS.
Unter denselben Verhältnissen vorkommend wie gediegen Queck-
silber.
Wird zur Beindarstellung des Quecksilbers benutzt und gehört als
Cinnabaris nativa in den Arzneischatz.
Anhang.
Lebererz ( QnecJfsilbcrlehererz) ist ein mehr oder weniger
inniges Gemenge aus Zinnober, Thon und bituminösen Stoften;
derbe M. ; zuweilen sclialig abgesondert (Korallenerz). Br. un-
eben, bis muschelig. Sp. G. =*= 7, 1—7,5. Schimmernd ; diuikel-
rotli bis schwärzlich blcigrau.
Molybdänglanz.
$1
Kommt in einem bituminösen Seliieferthoue vor : Fi iaul (Ulna).
Man benutzt es zur Abscheidung des Quecksilbers.
3. Abtheilung; Schwefel und electronegative
M et alle.
Die Mineralien dieser Abtheilung krystallisiren im ein- und
einaxigen, zwei- und eingliedrigen und im drei- und einaxigen
Systeme. Krystallflächen sind häufig gestreift. Auf dem Bruch
sind sie meist uneben in’s Muschelige; ihre Märte übersteigt
nicht die des Gypses , aber sie ritzen den Talk und sind
milde ; in dünnen Blättchen meist biegsam. Die Grenzen
des sp. G. sind = 3,4 — 4,6. Sie sind meist undurchsichtig ,
Realgar und Auripigment zuweilen halb durchsichtig, Antimon-
blende a. d. K. durchscheinend. Die beiden ersten haben Fett-
glanz, Antimonblende Diamantglanz , während Molybdän - und
Antimonglanz metallglänzend sind. Die letztem sind bleigrau,
zuweilen in’s Röthliche ; die erstem kirschroth , morgenroth bis
zitronengelb; ebenso verhalten sie sich im Strich. V. d. L. ge-
ben sie mit Soda eine Hepar. Molybdänglanz ist v. d. L. für
sich unschmelzbar; die übrigen sind flüchtig. Realgar und
Auripigment unter Entwickelung starken arsenikalischen Rau-
ches, die Antimon -Verbindungen, beschlagen die Kohle weiss
und lösen sich in Salzsäure unter Entwickelung von Schwefel-
wasserstoffgas; die übrigen werden von Salzsäure nicht ange-
griffen
25. Molybdänglanz .
(Syn. Schwefel-Molybdän, Wasserblei, rhomboedrischer Molybdänglanz.)
Kryststm . drei- und einaxig. Krystf 1 sechsseitige Säule mit
gerade angesetzter Endfläche oder Combination derselben mit
dem Hexagondodecaeder. Kryst. tafelartig, sternförmig oder
kugelig gruppirt, einzeln eingewachsen; Endflächen glatt, Sei-
tenflächen wagerecht gestreift; kryst. M. ; Blättchen, einge-
sprengt. — Spaltbar parallel den Endflächen. Br. nicht wahr-
nehmbar. H. = 1 — 1,5; sehr milde; in dünnen Blättchen bieg-
sam. Sp. G. ssr 4,5. Undurchsichtig ; Metallglanz lebhaft; röth-
lich-bleigrau. Strich : bleigrau ; fettig anzufühlen , abfärbend ;
auf Porzellan grünlich schreibend.
V. d. L. unschmelzbar, in derJPincette die Flamme lichte
grün färbend und mit Soda eine Hepar gebend. Von Borax
wird er schwer angegriffen; auf Zusatz von wenig Salpeter in
der äussern Flamme ein farbloses Glas gebend, welches in der
Innern Flamme eine braune Farbe annimmt, Salpetersalzsäure
Geigers Pharmacie- II- 1. (2 te Auf.) 6
82
Autiinonblende.
Jost ihn schwierig auf. Olilt. nach Bucholz : Mn 60, S 10. —
Formel: MoSj.
Kommt eingemengt und angeflogen auf Klüften in Granit, Gneis
u. s. w. , auch auf Gängen in Zinnerz-Lagerstätten vor: Böhmen ( Zinn -
•wald) , Erzgebirge 3 Schlesien (GlazJ , Schottland , Schweden, Norwegen,
N. America. Man könnte ihn mit Graphit verwechseln und statt dessen
verbrauchen; man erkennt ihn leicht an seinem deutlichen BlätLergefiige
und Verhalten v. d. L.
Er wird in Verbindung mit Salpeter zum Blaufärben von Metallen
und zum Poliren des Stahls benutzt; auch giebt er schlechte Bleifedern.
26. Antimonglanz.
(Syn. Schwefel-Antimon, Grauspiesglanzerz, prismatoidischer Antimonglanz.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. rhombisches Octae-
der , durch die Seitenflächen der geraden rhombischen Säule an
den Grundkanten abgestumpft ; Combinationen des primitiven
Khomben-Octaeders mit den Flächen eines stumpfem als Zu-
spitzungsflächen. Kryst. meist lang säulenartig, mit starker Län-
genstreifung , spiessig und liadelförmig, zu Büscheln und Drusen
verbunden ; kryst. M. ; Text, blätterig bis strahlig ( blätteriger
oder strahliger A.), derb, Text, feinkörnig bis dicht ( dichter
A.) — Vollkommen spaltbar den Flächen der rhombischen Säule
parallel. Br. unvollkommen muschelig bis uneben, körnig. H. =2;
milde. Sp. G. = 4,6. Undurchsichtig; metallisch glänzend;
stahl- und bleigrau, zuweilen bunt angelaufen. Strich: graulich-
schwarz, aber matt.
V. d. L. schmilzt erleicht (1), überzieht die Kohle mit schwar-
zer glasig-glänzender Masse, verdampft endlich vollkommen und
beschlägt die Kohle weiss. In Kalilauge grösstentheils löslich.
Die Aufl. wird durch Salzsäure gelb gefällt. Ghlt. nach Thom-
son: S 26,23, Sb 73,77, häuflg Ag , As und Cu haltig. —
Formel : Sb2&3.
Kommt auf Gängen, mit Silber- und Golderzen, begleitet von Ba-
ryt-, Kalk- und Flussspatli , Quarz u. a. vor: im Anhaitischen ( Neu-
dorp., Erzgebirge , Böhmen , Ungarn ( Kremnitz , Schemnitz , MagurhaJ ,
Cornwall, Spanien, Mexico .
Es wird bergmännisch gewonnen und ausgeschmolzen als Anlimonium
crudum der Apotheken verkauft, oder zur Darstellung des Antimon-
melalls benutzt. Dieses bildet mit Zinn und Blei versetzt das Schrift-
giesser-Metall , mit Zinn und Kupfer das Hartzinn.
Für die pliarinaceutische Benutzung ist besonders ein arsenikfreier
Antiinonglanz zu wählen, was durch die neuen Prüfungsmethoden auf
Arsenik von Goebel (Scliw. u. Erdm. J. f. p. Ch. VI.) und Marsh (Ann.
d. Pharm. XXIII. 2.) sehr erleichtert wird.
27. Antimonblende .
(Syn, Antimonoxysulphuret, Rothspiesglanzerz , Purpurblende.)
Kryststm. zwei- und cingliederig. Krystf. schiefe rhom-
Auripigment. 83
frische Säule. Kryst. spiessig, nadel- oder haarförmig', gestreift,
zu Büscheln uud Sternen gruppirt, strahlenförmig auseinander-
laufend und durcheinander gewachsen; derb, eingesprengt, ange-
flogen (strählige Antimonbl.) , dünne Lappen und lilzartig ver-
wehte Häutchen (Zunder erz). — Vollkommen spaltbar parallel
der kürzern Diagonale der Endfl. Br. nicht wahrnehmbar. H.
= 1 — 1,5; in dünnen Blättchen etwas biegsam. Sp. G. =
4,5 — 4,6. A. d. K. durchsichtig und Diamantglanz (strählige A.)
Undurchsichtig und schimmernd (Zundererz). Kirschroth in’s
Braune und Graue. Strich : kirsch- bis bräunlich-roth.
V. d. L. wie Antimonglanz. Ghlt. nach H. Rose : Sb2S3
69,86 , Sb203 30,14. — Formel : Sb203 . 2(Sb2S3).
Findet sich auf Gängen im altern Gebirge mit andern Antimonerzen :
Sachsen, Böhmen , Rheinpreussen (Horhausen) ; das Zundererz im Ueber-
gangs-Gebirge am Harz.
28. Auripigment .
(Syn. Gelbes Schwefel-Arsenik , Operment, gelbes Rauschgelb J'prisma-
toidischer Schwefel.)
Krgststm. ein- und einaxig. Krystf. gerade rhombische
Säule *). Diese kommt auch in mehrern andern abgeleiteten
Gestalten und als Zwillinge vor. Kryst. gestreift oder rauh,
selten deutlich ausgebildet, meist miteinander verwachsen; nie-
renförmig , tropfsteinartig , kugelig , derb , als Ueberzug, einge-
sprengt. Text, strahlig- bis körnig - blätterig. — Vollkommen
spaltbar in einer Richtung parallel der Hauptaxe. Br. uneben,
auch erdig. H. = 1,5 — 2; in dünnen Blättchen biegsam. Sp.
G. = 3,4 — 3,5. Durchscheinend bis undurchsichtig **). Fett-
glanz bis metallähnlicher Perlmutterglanz. Zitronengelb in’s
Rothe und Braune, auch in’s Grüne und Graue. Strich: etwas
heller als das ungeritzte Fossil.
V. d. L. leicht schmelzbar (1), unter starkem Arsenikrauch
flüchtig. In Aetzkalilauge löslich und als zitronengelbe Flocken
durch Salzsäure daraus fällbar. Ghlt. nach Laugier: S. 38,14 ,
As 61,86. — Formel : As2S3.
Findet sich selten auf Gängen im Thonschiefer, öfter in neueren
Felsarten (Mergel- und Thonlagern, körnigem Gyps) , begleitet von Real-
gar, Quarz, Ivalkspath : in Ungarn, Tyrol ( Salzberg bei Hall); Harz :
als vulkanisches Erzeugnis : Fesuv.
*) Nach G. Rose wahrscheinlich mit dem Antimonglanz isomorph,
doch sind noch keine ganz deutliche Kryst. des Auripigments auf
gefunden worden.
**) Lässt man weisses Licht durch dünne Blättchen natürlichen Oper-
ments gehen, so tritt es mit hellgrünlicher Farbe daraus hervor.;
für violettes Licht ist derselbe ganz undurchsichtig nach Brewster
84
Real gar.
Dient in der Chdmalerei, zur SchnellLeilze der WeLsgerberö, zur
Bereitung des grünen Saffians. Die Völker des Orients benutzen es, um
die Haare ausfallen zu machen; auch ist es wichtig für die Thierarznei-
kunde.
29. Realgar.
(Syn. Rothes Schwefel-Arsenik, rothes Rauschgelb, hennprismatischer
Schwefel.)
Krgststm. zwei- und eingliederig. Krystf. schiefe rhombi-
sche Säule mit Zuschärfung“ der scharfen Seitenbauten und i?i
mehrern verwickelten Combinationeii. Kryst. zuweilen haar-
und liadelformig , häufig“ vertical gestreift , einzeln aufgewachsen,
auch zu Drusen verbunden; derbe M.; Text, körnig, als Ueber-
zug, eingesprengt, angeflogen. — Spaltbar parallel den Flächen
der rhombischen Säule. Br. uneben in’s Kleinmuschelige. H. =
1,5 — 2; milde. Sp. G. = 3,5 — 3,6. Halbdurchsichtig bis undurch-
sichtig. Fettglänzend ; morgenroth in’s ScJiarlachrothe und Gelbe.
Strich : pomeranzengelb.
V. d. L. wie die vorige Gattung. Bestdth. nach Laugicr:
S 30,13, As 69,57. — Formel: AsS.
Findet sich auf Gängen, in verschiedenen Felsarten mit Quarz, Ba-
ryt- und Kalkspath, anderen Arsenik-, Eisen-, Blei- und Zinkerzen: in
Ungarn (Kapnik) , Böhmen , Erzgebirge ('Schneeberg und Joachimsthal J ,
am Harz (Andreasberg) , Eisass u. a. a. O. ; im Dolomit am St. Gott-
hard; in der Nähe von Vulkanen als Beschlag auf Lava: Vesuv , Aetna,
Japan.
Dient zur Bereitung von Malerfarben, und zum sogenannten Weiss-
feuer. Die Chinesen verfertigen daraus Götzenbilder, Vasen und manche
Zierrathen.
4. Abtheilung: Unterantimonicht- und arsenichf-
schwe felige Verbindungen.
Die Mineralien dieser Abtheilung gehören meist zum ein-
und einaxigen Systeme, wenige zum regulären, zum drei- und
einaxigen, ein- und eingliedrigen und zwei- und eingliedrigen
Systeme. Krystallflächen häufig gestreift. Auf dem Bruche un-
eben oder muschelig. Sie werden sämmtlich vom Flussspath ge-
ritzt und ritzen deiiGyps, sind spröde oder auch häufig milde.
Die Grenzen des spec. G. liegen beim Sprödglaserz und Folg-
basit = 6,27 und beim Kupfer-Antimonglanz — 4,7. Sie sind,
ausgenommen das Röthgültigerz , undurchsichtig ; metall glän-
zend; stahl- bis bleigrau in’s Eisenschwarze; das Röthgültigerz
ist cochenillroth. Auf dem Strich sind sie meist unverändert,
nur Miarygrit und einige Fahlerze sind auf dem Striche dunkel
Jamesonik
85
feirschreth, V. d. L. schmelzen sie und entwickeln auf der Kohle
Antimon- oder Arsenikraucli. Durch Salpetersäure werden sie
zersetzt und tlieilweise aufgelöst.
A. Einfach e.
SO. Zirikenit.
Kryststm, ein- und ernaxig, Kryst. säulen- und nadelförmig , stän-
geüg verbunden, stark vertical gestreift; Endflächen rauh. — Nicht spalt-
bar. Br. uneben. H. =n 3,5; sp. G. 5,3. Undurchsichtig; Metallglanz,
Stahlgrau. Strich : unverändert.
Y. d. L. verprasselnd und leicht schmelzbar (1); er istgrösstentheils
fluchtig, indem die Kohle weiss und gelb beschlagen wird. Aetzkali
entzieht dem Pulver Schwefel-Antimon; von Salpetersäure wird es zu eb-
nem weissen Pulver oxydirt, ohne dass die Säure sich merklich färbt.
Ghlt. nach H. Rose: S 22,58, Sb 44,39, Pb 31,84, Cu 0,24. — • Formel:
PbS . Sb2S3,
Kommt mit Quarz auf den Antimongrub en am Harz (fflolfsbergj vor.
31. lfliarggrit .
(Syn. Hemiprismatische Rubinblende.)
Kryststm, zwei- und eingliedrig. Kryst f schiefe rhombische Säule
Kryst. säulenförmig, auf den Kernflächen stark gestreift; einzeln ein-
oder zu mehrern zusammen gewachsen ; derb. — Br. unvollkommen mu-
schelig. H. — 2,5-,*- sehr milde; sp. G. = 5,4. Undurchsichtig ; Metall-
glanz zum Diamantglanz neigend; eisenschwarz. Strich: dunkelkirschroth,
V.. d. L. für sich Antimonrauch entwickelnd : mit Soda ein Silber-
korn und eine Hepar gebend; Aetzkalilauge löst aus dem Pulver Schwe-
fel-Antimon auf; die partielle salpetersaure Auflösung wird von Aetzam-
moniak nicht oder nur wenig blau gefärbt. Ghlt. nach H. Rose .*• S' 21,95 f
Sb 39,14, Ag 36,40, Cu 1,06, Fe 0,62- — Formel: AgS-Sb2S3,
Findet sich im Sächsischen Erzgebirge ( Bräunsdorfj .
32. Kupfer-Antimonglanz.
Kommt in tafelartigen , rhombischen, schilfförmigen, flachen Säulen
vor. — Br. uneben, in’s Muschlige; sp. G. — 4,74. Undurchsichsig ;
Metallglanz; bleigrau in’s Eisenschwarze, mitunter p fauenschweifi g ange-
laufen. Ghlt. nach H. Rose: S 26,34. Sb 24,81 > Cu 24,46, Fe 1,39-,
Pb 0,56. — Formel: Cu2S . Sb2S3.
Kommt auf den Antimongruben zu Mägdesprung bei TVolfsberg vor.
33. Jamesonit.
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. gerade rhombische Säule mit
abgestumpften , scharfen Seitenkanten. Kryst. M. diinnstängelig abge-
sondert. — Spaltbar parallel der gerade angesetzten Endfläche. H. =
2,5; milde; sp. G. =5,5. Undurchsichtig; Metallglanz; stahlgrau. Strich:
unverändert.
86
llothgültigeix
V. d. L. wie Zinkenit. Durch Digestion mit Aelzkalilauge wird kein
Schwefel-Antimon gelöst. Ghlt. nach H. Rose : S 22,15, Sb 34, 40, Pb
40,75, Cu 0,13, Fe 2,30. — Formel: 3PbS . 2Sb2S3.
Kommt auf Gängen in Begleitung von Kupfererzen: Cornwall, und
eingewachsen in Kalkspath: Ungarn , vor.
34. Plagionit.
Kryststm. ein- und eingliederig. Kryst. aufgewachsen, drüsig ver-
bunden; derbe M. — Spaltbar nach zwei Richtungen. Br. uneben. II. —
2,5; spröde; sp. G. __ 5,4. Schwärzlich bleigrau ins Eisenschwarze.
Y. d. L. ähnlich dem Zinkenit. Ghlt. nach H. Rose: S 21,53, Sb
37,94, Pb 40,52. — Formel: 4PbS . 3Sb2S3.
Kommt mit Bournonit, Feclererz u. s. w. im Quarz vor: bei JVolfs -
berg am Harz.
35. Berthierit.
Kryst. M. ; Text, blätterig. In den Höhlungen derselben kommen
drusenförmig verwachsene säulenförmige Kryst. vor. Undurchsichtig; me-
tallisch glänzend; dunkel stahlgrau.
Y. d. L. leicht flüssig, starken Antimonrauoh entwickelnd und nach
anhaltendem Schmelzen auf Kohle eine magnetische Kugel gebend. In
Salzsäure unter Entwickelung von Schwefelwasserstoff leicht und vollkom-
men löslich. Ghlt. nach Berth .: S 30,3, Sb 52,0, Fe 16,0, Zn 0,3. —
Formel : 3FeS . 2Sb2S3.
Berthier hat noch zwei Arien von antimonicht- schwefligem Schwe-
feleisen kennen gelehrt, welche die Formeln : 3FeS . 4Sb,>S3 und FeS.
Sb2S3 besitzen. Beide haben parallel faserige Textur. Die erstere ist
auf dem Br. körnig, fast matt, graublau; die letztere eisengrün in’s
Bronzefarbene.
Berthierit und 3FeS . 4Sb,S3 kommen auf einem Gange begleitet von
Ouarz, Kalkspath und Eisenkies in der Auvergne ( CliazellesJ und bei
Freiberg vor. FeS . SbzS3 fand man im Dep. de la Creuse (Anglar}.
36. Federerz .
Haarförmige Kryst.; büschelförmig zusammengehäuft oder iilzartlg
verwebte Massen bildend ; dunkel-bleigrau ; wenig glänzend.
V. d. L. wie Zinkenit. Ghlt. nach H. Rose: S 19,72, Sb 31,04,
Pb 46,87, Fe 1,30, Zn 0,08. — Formel: 2PbS . S1>2S3.
Kommt am Harze zu JVolfsberg vor.
37. Rotligültigerz >
(Syn. Rhomboüdrische Rubinblende, Arsenik-Silberbleudc ,
Antimon- Silberblende.)
Kryststm. drei- und einaxig. Kryst f. Coiiibiiialioacii des
slmmpftru Rhomboeders mit der sechsseitigen Säule. Zwillinge.
Sprödglaserz»
87
Kryst säulenaitig . glatt; Flächen der Säule quer gestreift ;
einzeln aufgewachsen zu Drusen und Büscheln verbunden ; derb,
eingesprengt, dendritisch angellogen. — Spaltbar parallel den
Rhomboederflächen, aber selten vollkommen. Br. muschelig bis
uneben. II. — 2,5—3 ; wenig milde ; sp. G. = 5,55 (lichtes
R) — 5,83 (dunkles 11). Halb durchsichtig bis undurchsichtig.
Diamant-, beinahe Metall glanz; cochenillroth ins Bleigraue,
Strich : cochenill- bis morgenroth.
V. d. L. schmelzbar (1) ; für sich oder mit Soda auf der Ko hle
ein Silberkorn gebend, starken Arsenikrauch entwickelnd oder
die Kohle mit weissem Antimonrauch beschlagend. Von Aetz
kalilauge wird das Pulver zersetzt und schwarz gefärbt. Ghit.
eines dunklen II (Antimonsilberblende) a. von Andreasberg
nach v. Bonsd. und eines lichten R (Arseniksilber blende) b.
von Joaclümsthal in Böhmen nach II. Rose :
a. S 16,6. Sb 22,8. Ag 58,9.
b. 19,5. 0,69. As 15,09. Ag 64,6.
Nach diesem verschiedenen Gehalte und nach der hellem
oder dunklern Farbe theilte mau die Rothgültigerze ab in helle
und dunkle. Die Krystallform ist aber bei beiden dieselbe und
dieses lehrt : dass Arsenik und Antimon isomorph sind , oder
sich gegenseitig ersetzen können, daher wir die Formel 3AgS.
[Sb2S3, As2S3] annehmen. Es ist möglich, dass es Rothgiiltig-
erze giebt, die Sb2S3 und As2S3 zugleich enthalten , aber immer
muss dieses in einem solchen Verhältnisse sein, dass der Schwefel-
gehalt beider zusamsnengenommen gleich ist dem Schwefel gehalte
des Schwefelsilbers.
Es findet sieh im Ur- und Uebergangsgebirge , begleitet von Kalk-
spath, Bleiglanz, Silberglanz u. s. w. : am Harz , in Sachsen , Böhmen
Baden , Ungarn , Eisass , Spanien , Mexico , Peru.
Es ist nach dem Kilberglanz das reichste Silbererz und wird auf Sil-
ber verschmolzen.
SS. Sprödglaserz.
(Syn. Schwarzgültigerz, prismatischer Melanglanz,)
Krgststm. ein- und einaxig. Enjstf. Combinatn^n der
geraden rhombischen Säule mit dem Rhomhenoctaeder, Zwillinge.
Kryst. meist niedrig tafelartig, glatt oder auf den Seitenflächen
vertical gestreift, zuweilen mit einer Rinde von Kupferkies über-
zogen ; auf- oder durcheinander gewachsen , drüsig gruppirt ;
Blättchen ; derb und eingesprengt. — Unvollkommen spaltbar,
Br. muschelig bis uneben. H. — 2,5; milde; sp. G. = 6,27.
Undurchsichtig ; Metallglanz stark; eisenschwarz, Strich: un-
verändert.
Polybasit.
88
V. d. L. wie Miargyrit. Ghlt. des Schemrdtzer nach //. Rose :
S 16,42, Sb 14,68, Ag 68,54, Cu 0,64. — Formel: 6AgS. Sb2S3.
Kommt unter ähnlichen Verhältnissen wie Silberglanz vor: Erzge-
birge ( Schneeberg , Annab erg, Freiberg, ), Böhmen {Joachimsthal , PrzL-
bramj , Ungarn {Sckemnitz) , Baden {Wolf ach) , Mexico , Peru .
Wird als reiches Silbererz mit Vortheil zum Ausbringen des Metalls
benutzt.
6. Doppelte.
3.9. Rournonit,
(Syn. Schwarz-Spiesglanzerz, Spiesglanzbleierz.)
Krysistm. ein- und einaxig. Krystf gerade rectanguläre Säule m*t
abgestumpften Randkanten und Combinationen dieser Form mit dem i
Rhombenoctaeder. Kryst. dick-tafelartig, glatt oder gestreift ; einzeln
aufgewachsen, auch drüsig verbunden; derb und eingesprengt. Unvoll-
kommen spaltbar. Br. muschelig bis uneben. Ii. — 2,5—3; spröde; sp.
G. = 5,r. Und n rchsichsig ; Metallglanz; blei- und stahlgrau, eisenschwarz’.
Strich : graulich-scliwarz.
V. d. L. auf Kohle starken Antimonrauch gebend und fast völlig zu
verflüchtigen, (1). Aetzkalilauge entzieht dem Pulver ohne die Farbe dessel-
ben zu ändern Schwefelantimon; die partielle salpetersaure Auflösung ist
himmelblau gefärbt. Ghlt. nach H. Rose : S 20,31, Sb 26,28, Pb 4084
Cu 12,85. — Formel: 3Cu,S . Sb2S3-K2oPbS . Sb2S3).
Kommt auf Gängen mit Kupfer-, Blei- und Zinkerzen und Antimon-
glanz unter ähnlichen Verhältnissen wie letzteres vor: am Havz {Nen-
dorf, Clausthal , Andreasberg), Sachsen, Siebenbürgen , Cornwall *
Auvergne.
(Nach Fournet ist das lichte JVcis gültiger z der alten TFerner’s eben
Schule von der Grube Himmelfahrt bei Freiberg ein Rournonit , indem
alles Kupfer durch Silber ersetzt ist. Vergl. Erdm. J . f. pract. Chen».
1837. p. 45.)
40. Polybasit .
Krysistm. drei- Und einaxig. Krystf. regelmässige Sechsseitige Säule.
Kryst. niedrig tafelartig mit horizontal gestreiften Seitenflächen ; aufge-
wachsen; derb und eingesprengt. — Br. uneben. IT. =* 2,5; milde; sp.
C. _ 6,21. Undurchsichtig ; Metallglanz ; eisenschwarz. Strich • un-
verändert.
\ . d. L. auf Kohle Arsenikrauch entwickelnd; geschmolzen und mit
Salzsäuie befeuchtet die Flamme blau färbend. Durch Rösten und
Schmelzen mit Soda und Borax ein reines Silberkorn gebend. Die par-
tielle salpetersaure Auflösung wird durch Salzsäure gefällt; Aetzkali ent-
zieht dem Pulver Schwefel- Antimon und Schwefel - Arsenik. Ghlt. des
snexicanischen nach H. Rose : S 17,04, Sb 5,09, As 3,74, Ag 64,29 , Cir
9,93, Fe 0,06. — Formel: 9Cu2S . [Sb,S3> As2S3]-+-4(9AgS. [Sh.S,, As,S,]).
(Nach den Untersuchungen von H. Rose gehört der Polybasit zu" den
einfachen Verbindungen dieser Gruppe. Es ist aber dann nöthig, das
Atomgewicht des Silbers halb so gross und Schwefelsilber al3 AgsS anzu-
nehmen Poggend. Ann. Bd. 28. p. 556 ;
Fahler*.
m
KLoirnitt auf Gängen mit Kupferkies und Kalkspath vor : Mexico
{ Guanaxuato , GuarisameyJ > Freiberg,
41. Fahlerz.
(Syn. Graagültigerz, tetraedrischer Kupferglanz, Schwarzerz.)
Kryststm. regelmässig. Krystf. 1) Tetraeder mit (Mar-
der- , 2) mit Hexaeder-, 3) mit Ikositetraederfläclieu ; 4) Hexae-
der mit Bodecaeder-, 5) mit Tetraederflächen ; 6) Bodecaeder
mit Hexaeder-, 7) mit Tetraederfläclien ; 8) Zwillinge. Kryst.
glatt , oder parallel den Kanten gestreift ; die secundären Flä-
chen oft rauh, auch mit Kupferkies dünn überzogen; einzeln
aufgewachsen , zu Drusen verbunden ; derb und eingesprengt. —
Unvollkommen spaltbar parallel den Flächen des Octaeders und
Dodecaeders. Br. uneben in’s Muschiige. H. = 3,5; wenig
spröde; sp. G. = 4,4 — 5,2. Undurchsichtig; Metallglanz stark;
stahlgrau in’s Bleigraue und Eisenschwarze. Strich: schwarz,
dunkelroth , kirschroth.
V, d. L. verhalten sich die Fahlerze verschieden, da ihre
chemische Zusammensetzung selbst sehr abweichend in dem Ver-
hältnisse der einzelnen Theile ist. Schwefelantimon und Schwe-
felarsenik vertreten sich wechselseitig; oft fehlt letzteres völlig
(aniimonialisches Fahlerz). Dasselbe gilt vom Schwefel-
kupfer und Schwefelsilber. Der Gehalt des Silbers wechselt
nach Rose von 0,60 bis 31,29 p. C. (Silberfahlerz). — * V. d. L.
auf Kohle schmelzen sie zur stahlgrauen Schlacke (1 — 1,3), ent-
wickeln Arsenik- oder Antimonrauch ; mit Soda gehen sie eine Hepar,
und gut geröstet mit Soda ein Kupferkorn , aus dem nach dem
Umschmelzen mit Borax in der äussern Flamme oft ein Silber-
korn erhalten wird. Die partielle salpetersaure Auflösung wird
immer durch Ammoniac blau gefärbt ; die der silberhaltigen wird
von Salzsäure gefällt. Aetzkali entzieht dem Pulver durch Di-
gestion Schwefelantimon und dem arsenikhaltigen auch Schwefel-
arsenik. Gehalt des Fahlerzes a» von MarJärchen aus dem
Fisass, b. von 1) Ulenburg , c. von Wolfart im FürstenhergU
sehen :
s
Sh
As
Fe
Zn
Ag
Cu
a. 26,83.
12,46.
10,19.
4,66.
3,69.
0,60.
40,60.
b. 25,03.
25,27.
2,26.
1,52.
6,85.
0,83.
38,42.
c. 23,52.
26,63.
3,72,
3,10.
17,71,
25,23,
IVach Rose (Poggend. Ami. Bd. 15.) haben die hupf erhol -
tigen Fahlerze die Formel : 4[FeS, ZnSj . [Sb2S3, As2S3] + 2(4Cu2S.
[Sb283, As2S3]). Es ist nicht zweifelhaft mehr, dass Cu2S und
AgS sich gegenseitig ersetzen können ; die natürlich vorkom-
Fahler#.
90
inenden Verbindungen dieser Art sind in der Krystalllünn ver-
schieden und diese beiden Schwefel raelalle daher dimorph. Mit
Bestimmtheit ist über die Zusammensetzung' der silberhaltigen
Fahlerze nicht zu entscheiden. (Von Kobell trennt die letz-
tere als Gattung mit der Formel :
4[FeS, ZnS] . Sb2S3+ I[Ag2S,Cu2Sj . Sb2S3. In diesem Falle
aber müsste das Atomgewicht des Silbers nur halb so gross
angenommen werden.)
Die Fahlerze finden sich auf Gängen, seltener auf Lagern in altern
und neuern Gebirgsformationen, begleitet von Kupfer-, Eisen- und Blei
erzen, Quarz und Kalkspath u. s. w. : Nassau (Dillenburg) , Siegen ,
Harz ('Clausthal, Andreasberg) , Sachsen (Freiberg) , Thüringen, Sieben-
bürgen, Ungarn, Eisass, Tyrol , Piemont, Spanien.
Die Fahlerze sind seit den ältesten Zeiten bekannt und werden häufig
gewonnen und zur Ausbringung des Kupfers und Silbers benutzt.
In diese Abtheilung der Schwefelverbindungen gehören ferner:
Pr i s m at o idi s c h e r Kupferglanz. Kryststm . ein- und eiuaxig.
Krystf. gerade rhombische Säule mit gerader Abstumpfung der scharfen
Seitenkanten. Kryst. selten, rauh 5 derbe M. — Br. unvollkommen mu-
schelig. H. = 3g spröde; sp. G. = 5,7. Metallglanz; schwärzlich-blei-
grau. Strich : unverändert.
V. d. L. auf Kohle zum bleigrauen Metallkorne schmelzend , die
Kohle weiss und gelb beschlagend. Das Metallkorn giebt geröstet und
mit Soda behandelt ein Kupferkorn. Im Kolben schmelzend und Schwe-
fel und Schwefelarsenik sublimirend. Ghlt. nach Schrötter : S 28,60,
Sb 16,64, As 6,03, Cu 17,35, Pb 29,90, Fe 1,40. — Formel?
Findet sich auf Eisenspathlagern mit Eisenkies, Bleiglanz 11. s. w
Kärnthen ('St. Gertraud bei JV olfsherg) .
Tennantit. Kryststm. regelmässig. Krystf. regelmässiges Octac
der. Kryst. glatt; einzelne secundäre Flächen gestreift; selten derb. —
Br. uneben. II. — 4; sp. G. = 4,3. Metallglanz; bleigrau in’s Eisen
schwarze: Strich : röthlich-grau.
V. d. L. zerknisternd ; unter Entwickelung von Schwefel- und Arse
nikdämpfen zur grauen magnetischen Schlacke schmelzend. Ghlt. nach
Kudernatsch: S 27,76 , As 19,10, Cu 48,94, Fe 3,57- — Formel: [Cu, Fe].
AsjS34.2(Cu . As2S3).
Findet sich auf Gängen im Granit und Thonschiefer mit andern
Kupfererzen : Cornwall .
5. Abtheilung : Antimon- und Arsenikschwefel-
Met a 1 1 e.
Die Mineralien dieser Abtheilung kryst. im regelmässigen
und ein- und einaxigen Systeme; einzelne Kryst allilächeu sind
häufig gestreift. Ihr Bruch ist uneben bis unvollkommen mu-
schelig; ihre Härte zwischen Apatit und Flussspath ; sie sind
spröde und ihr sp. G. schwankt, zwischen 6.0 und 6,3. Alle
sind undurchsichtig , inetall glänzend , siiberweiss bis lichte Blei-
Crlaiiiicobalt.
01
grau, Auf dem Strich unverändert. V. d. L, auf lichte sind
.sie schmelzbar und entwickeln starken Arsenikrauch; in Salpe
tersäure nur theilweise lösbar.
42 . ÄrseniMies .
(Syn. Arsenik-Schwefel-Eisen, Mispickel, Weisserz.)
Kryststm. ein - und einaxig. Ery st f. gerade rhombische
Säule mit gerader Abstumpfung der scharfen Seitenbauten und
mit einer auf die scharfen Ecken aufgesetzten Zuschärfung,
Zwillinge. Kryst. tafelartig, niedrige Säulen, nadelförmig,
glatt, die Zuschärfungsflächen gestreift; einzeln auf- und ein-,
auch zu mehrern zusammengewachsen oder drüsig verbunden:
derb, eingesprengt ; Text, stängelig oder körnig, bis dicht. —
Spaltbar parallel den Seitenflächen. Br. uneben. H. = 5,5 — 6;
spröde; sp. G. = 6,0 — 6,2. Undurchsichtig; Metall glanz; sil-
berweiss in’s Zinnweisse und Messinggelbe. Strich : graulich-
schwarz.
V. d. L. die Kohle beschlagend , starken Arsenikgeruch ent-
wickelnd und leicht zur magnetischen Kugel schmelzend. Im
Kolben sublimirt zuerst braunes Schw^efelarsenik , dann metalli-
sches Arsenik. Ghlt. nach Strom.: S 21,08, As 42,88, Fe
36,04. Zuweilen silberhaltig (Weisserz). — Formel : FeS2.
FeAs2.
Auf Gängen und Lagern, auch eingesprengt in verschiedenen Ge-
birgsarten mit Zinnerz, Wolfram, Flussspatli u. s. w.: Freiberg , Erzge-
birge, Böhmen , Cornwall.
Der Arsenikkies wird auf Arsenik, das Weisserz auf Silber benutzt;
auch wird aus ersterem künstliches Auripigment bereitet.
43. Glanzcobalt .
(Syn. Arsenik-Schwefel-Cobalt, Cobaltglanz, dodecaedrischer und
hexaedrischer Cobaltkies.)
Kryststm. regelmässig. Krystf. 1) Hexaeder; 2) Octaeder;
3) Coinbinationen des Hexaeders mit dem Octaeder; 4) des Pen-
tagondodecaeders mit dem Hexaeder; 5) mit dem Octaeder u. s. wr.,
Kryst. glatt, nur die Hexaederflächen gestreift; einzeln oder in
kleinen Gruppen ein-, seltener aufgewachsen und zu Drusen
verbunden ; derb , von körniger Textur ; eingesprengt. — Voll-
kommen spaltbar parallel den Hexaederflächen. Br. uneben, bis
unvollkommen muschelig. M. = 5,5; spröde; sp. G. — 6,1 — 6,3.
Undurchsichtig ; lebhafter Metall glanz ; silberweiss in’s Höthliche ;
zuw eilen bunt angelaufen. Strich : graulich-schw arz.
V. d, L. auf Kohle schmilzt er zu einer grauen Kugel und
entwickelt starken Ärsenikgeruch ; färbt schon in geringer Menge
#
92
Diamant.
das Boraxglas saphirblau. In Salpetersäure theilweise lösbar.
Bstdth. nach Strom.: S 20,08, As 43.46, Co 33,10, Fe 3,23. —
Formel: CoS2.CoAs2.
Findet sich auf Lagern im Glimmerschiefer: Nor wegen t Schwede:«
uiul Schlesien ; auf Gängen im Uebergangsgebirge: Schlesien.
Wird auf gleiche Weise benutzt wie der SpeiscobaJt.
44. Nickelglanz .
(Syn. Arsenik-Schwefelnickel, Nickelarsenikglanz, weisses Nickelerz.)
Kryststm. regelmässig. Krystf Hexaeder. Kryst. selten, undeutlich,
derbe M. ; Textur blätterig. — Spaltbar parallel den Hexaederflächen. Br
uneben. H. = 5,5; spröde; sp. G. = 6,1. Undurchsichtig; Metallglanz;
lichte bleigrau ins Zinnweisse, oft bunt angelaufen. Strich: unverändert.
V. d. L. im Kolben decrepitirend ; auf Kohle starken Arsenikgeruch
entwickelnd, (2). Die partielle salpetersaure Auflösung ist apfelgrün und
wird durch salzsauren Baryt weiss gefällt. Ghlt. nach Berz. : S 19,34 , As
45,37, Ni 29,94, Fe 4,11, Go u. Cu 0,29, Gangart 0,90. — Formel
NiS2 . NiAs2.
Findet sich mit arseniksaurem Nickel in Schweden (RelsinglandJ
angeblich auch am Harz.
Der Arsenik wird theilweise oder ganz durch Spiesglanz ersetzt im
N i ck e 1 s p i e s g 1 an z e r z (Nickelantimonglanz). Es ist sehr leichtflüssig
und beschlägt die Kohle mit weissem Antimonraucli. Ghlt. desselben
von Siegen nach H. Rose : S 15,98 , Sb 55,76 , Ni 27,36. — Formel
NiS2 . NiSb2.
Es kommt auf Eisenstein- und Bleierz-Gängen vor: Siegen ( Lands
fo'onej , Westerwald .
GRUPPE VI. KOHLENSTOFF,
Die krystallisirten Mineralien der Kohlenstofigruppe gehöret»
inim regelmässigen und drei- und einaxigen Systeme. Die Kry-
stallilächen sind glatt , häufig rauh. Ihr Bruch ist muschelig
oder uneben (Graphit). Der Diamant ist spröde, von der gröss-
ten Härte; die andern sind wenig spröde oder milde und wer-
den vom lialkspalh geritzt. Das spec. Gew. ändert von 3,6
(Diamant) bis zu 1,7 (Anthracit). Sie sind, ausgenommen der
Diamant, imdurehsichtig; der letztere hat eigenthümlichen , die
übrigen Metallglanz. Diamant wechselt vom Farblosen in sehr
vielen Farben ; die übrigen sind eisenschwarz. — V. d. L. sind
sie unschmelzbar und verbrennen bei den stärksten Hitzgraden
entweder vollkommen oder kinterlassen Spuren von Asche.
1. Diamant.
(Syn. Demant (Adainas) , octaüdrischer Diamant.)
kryststm . regelmässig. Krystf 1) Oclaedcr; 2) Hexaeder ;
Graphit.
m
3) Octaeder mit Hexaeder- ; 4) Hexaeder mit DodeeaSderflächen ;
aber stets mit gekrümmten Flächen ; 5) Dodecaeder ; 6) Hexakis-
octaeder ; 7 ) Triakisoctaeder ; 8) Zwillinge. Kryst. oder Korner
mit glatter, rauher oder gestreifter Oberfläche. Vollkommen
spaltbar parallel den Flächen des Octaeders. Br. muschelig.
H. =j= 10; spröde; sp. G. s= 3,5 — 3,6. Durchsichtig; Diamant-
glanz; wasserhell, auch weiss, grau, gelb in’s Blaue und
Schwarze ; selten rosenroth oder grün.
Durch Isolation stark phosphorescirend, durch Reiben posi-
tiv electrisch, durch Erwärmen polarisch electrisch werdend.
V. d. L. unveränderlich ; im höchsten Hitzgrade unter Luftzutritt
ohne Rückstand verbrennbar. Bstdth. Kohlenstoff. , — Symb. C.
Findet sich in Conglomeraten : Hindostan , Brasilien; im Brauneisen-
stein und im schwarzen kohlenstoffhaltigen Dolomit am Ural. Im Sande
der Flüsse und Diluvial-Ablagerungen in genannten Ländern, (und neuer-
dings auch in Nordafrica im Flusse Gumel der Provinz Constantine) so,
dass ganze Schichten unmittelbar unter der Dammerde liegend, mehr
oder weniger häufig Diamanten und besonders ausgebildete Krystalle
enthalten. Man gewinnt ihn in Ostindien und Brasilien durch Auswa-
schen aus dem Sande der Flüsse. Die ursprüngliche Lagerstätte des
Diamanten ist noch nicht mit Sicherheit bekannt. Brewster schliesst aus
optischen und andern Merkmalen, dass derselbe sich gleich dem Bern-
stein ursprünglich in einem weichen teigigen Zustande befanden habe,
und dass dieser Zustand nicht durch Schmelzen im Feuer entstanden sei,
dass vielmehr der Diamant, gleich dem Bernstein, seine Entstehung der
Zersetzung vegetabilischer Substanzen verdanke.
Bei den Alten wurde das Diamantpulver als Arzneimittel an ge-
wendet. Der Diamant ist ferner der kostbarste Edelstein und dient
zum Schmuck. Der König von Portugal besass den grössten; er wog
1680 Karat und ward auf 224 Millionen Pfund Sterling geschätzt. Un-
entbehrlich ist der Diamant zum Glasschneiden, zum Graviren und Boh-
ren der Edelsteine. Er selbst kann nur mit seinem eigenen Pulver ge-
schliffen werden.
Als falsche Diamanten werden andere Edelsteine, Topase, Zirkone,
u. a., auch geschliffener edler Quarz oder sehr hartes Glas benutzt.
Ausser dem eigenthümlichen starken Glanz, Farbenspiel des geschliffenen
und der stark lichtbrechenden Kraft, entscheidet besonders auch die
Härte. Aechter Diamant ritzt Korund und wird von der besten engli-
schen Feile nicht angegriffen.
2. Graphit
(Syn. Rhomboütlrischer Graphitglimmer, Reissblei.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. sechsseitige Säule
mit gerade angesetzter Endfläche und abgestumpften Randkan-
ten. Kryst. sehr selten; aufgewachsen , zu Gruppen verbunden;
derb, eingesprengt. Textur schuppig in’s Dichte. Die Endflä-
chen sind glatt, die andern rauh. — Vollkommen spaltbar pa-
rallel den Endflächen. Br. uneben. H. = 1,2; milde; in dün-
nen Blättchen biegsam; abfärbend; sp. G. = 2,14. Undurcli-
Di
Anthracit.
sichtig ; Metallglanz; stahlgrau und cisenschwarz. Strich:
schwarz, fett anzufühlen.
V. d. L. wenig veränderlich, unsclimclzbar, mit Salpeter
nicht verpuffend, Bstdth. eines ausgezeichnet reinen Graphits
ans Cumberland: C 88,37, Si03 5,1, A1203 1,0, Fe203 und
Mji205 3,6, H20 1,23.
Findet sich eingemengt im Granit, Gneis, körnigen Kalk; auf Gän-
gen, Gestern und Lagern : Cumberland, N. America , Buiern , Calabrien ,
Grönland.
Anwendung zu Bleistiften, Schmelztiegeln, zum Schwärzen von Eisen-
Maaren, mit Oel gemengt und auf Riemen gestrichen zum Schleifen von
Schueideinstrumenten und zum Poliren; auch isL er in neuerer Zeit als
Arzneimittel empfohlen, wo er dann durch Digestion mit Salpetersalzsäure
von den Beimischungen befreit und als Graphites depuratus aufbewahrt
v i rd.
3. Anthracit.
(Syn. Ivohlenblende , harzlose Steinkohle.)
Krysif. undeutlich, muthmasslich dem ein- und einaxigen Sy-
steme angehörig; derb, kugelig, stängelig, eingesprengt Text, schalig,
körnig bis dicht. — Br. muschelig. H. = 2—2,5; wenig spröde; sp. G.
= 1,7. Undurchsichtig; metallglänzend, zum Fettglanze sich neigend.
Fisenschwarz, mitunter bunt angelaufen. Strich: graulich- schwarz.
V. d. L. verbrennt er in der äussern Flamme, mit Hinterlassung
von etwas Asche. Bstdth. nach Vanuxem : C 90,1, 1I20 6,6, Si03, A1203,
X <'e20., , Mn20=, 2,5. Lampadius hat auch in allen Anthraciten einen Gyps-
gehall gefunden, aber nie Humussäure; auch lieferte kein Anthracit beim
Verbrennen The er oder Naphtalin, aber ein Procent Stickstoff".
Findet sich auf Gängen im Porphyr, Grauwacke, Kalk- und Thon-
schiefer, selten im Gneis und Glimmerschiefer: am Harz , Voigtland ,
Erzgebirge , Savoyen , Spanien , Norwegen.
Wird als Brennmaterial benutzt in Kalköfen, Ziegelhutten, bei
hüttenmännischen Processen u. s. w. , bedarf jedoch eines starken Luft-
zuges oder kräftigen Gebläses.
DRITTE ORDNUNG.
O x y di r t e Körper.
GRUPPE I. OXYDE DER ELECTROPOSITIVEN METALLE
UND DEREN HYDRATE.
Unter den natürlich vorkommenden Oxyden electropositiver
Metalle finden sich mehrere als derbe kryst. oder erdige Massen,
auch Afterkrystalle. Die kry stallisirten gehören fast in gleicher
Anzahl zum regelmässigen, zwei- und einaxigen, ein- und ein-
axigen und drei- und einaxigen Systeme. Der Bruch ist bei
den einzelnen verschieden, selten eben, häufig muschelig bis
uneben, bei mehreren erdig. Die geringste Härte hat daslFfld,
Zinkoxyd,
95
welches weicher als Talk ist, die grösste das Zinnerz , wel-
ches nur vom Topas geritzt wird. Die Grenzen des sp. Gew.
liegen im Talkhydrat — 2,3, und im Zinnerz === 6,9. Die
jnehrsten sind spröde, einige zerreiblich oder milde; fast alle
sind undurchsichtig, nur wenige halbdurchsichtig ( Eisenoxyd -
hydrat , Rothkupfererz) , oder fast durchscheinend ( Talkerde -
hydrat , Zinkoxyd , Beudantit). Der Metallglanz ist bei vielen
unvollkommen (Manyanoxyde) , bei manchen sehr stark; einige
haben Fettglanz, andere Seiden- bis Diamantglanz (Talkerde-
hydrat, Eisenoxydhydrat, Rothkupfer - und Zinnerz ; matt sind
nur Kupfer schwärze und bFismafho/ter. Die dunklen Farben
schwarz, stahlgrau herrschen vor und gehen über in’s Braune,
Blaue und Grünliche; wenige haben rothe und gelbe Farben,
nur das Talkerdehydrat kommt (nicht immer) weiss vor. Auf
dem Strich wird die Farbe bei allen heller, beim Erdcobalt
fettglänzend mid bleibt bei wenigen unverändert ( Kupfer-Man -
yanerz, Kupfer schwärze). V. d. L. sind die meisten für sich
unschmelzbar , ausgenommen die Kupfer-, Blei - und Wismuth •
oxyde, welche auf der Kohle reducirt werden.
i. Talkhydrat
(Syn, Bittererde- oder Magnesiahydrat , Wassertalk, Brucit z. Th.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. niedrige sechsseitige
Säule. Kryst. selten ; kryst. M. ; derb , von blätteriger und
strahliger Textur , oder zu Sternen gruppirte zartfaserige Ge-
bilde. — Vollkommen spaltbar parallel den Endflächen. Br,
uneben, ins Splitt erige. H. = 1,5 — 2; in dünnen Blättchen
biegsam; sp. G. = 2,3 — 2,1. Ilalbdurchsichtig , bis a. d. K.
durchscheinend; durch Einwirkung der Luft undurchsichtig wer-
dend; schwacher Perlmutter-, auch ‘Seidenglanz; weiss in’s
Grüne , Graue , Blaue und Rothe. Strich ; weiss , schwach der
Lippe aiihängend und fett anzufühlen.
V. d. L. unschmelzbar, undurchsichtig, weiss werdend ; nach
dem Glühen alkalisch reagirend , im Kolben viel Wasser gebend,
in Salzsäure leicht und ruhig löslich. Bstdth nach Strom.:
MgO 66, 67, H20 30,39 mit Beimengungen von CaO, MnO und
FeO. — Formel : MgO . H20.
Auf meist sehr schmalen Gängen im Serpentin vorkommend: New-
Jersey , New- York j Schottland , Steyermark
2 . Zinkoxyd.
(Syn. Rothes Zinkoxyd, prismatisches Zinkerz.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. regelmässige sechs-
seitige Säule. Kryst. M. ; derb von körniger Textur; eingesprengt
96
Braunit.
4 ose Körner. — Spaltbar nach den Seiten!!, der Säule. Br,
muschelig. H. = 3,5; spröde; sp. G. = 5,4; a. d. K. durch-
scheinend; matt, innen Diamantglanz!; morgenroth in’s Ziegel-
rothe. Strich ; pomeranzengelb.
V. d. L. unsclunelzbar; in Borax zu klarem Glase lösbar;
die Kohle weiss besclilagend. In Salzsäure leicht und ohne
Gasentwickelung löslich. Bstdth. nach Berth. : ZnO 88 , MnO
12. — Formel: ZnO.
Findet sicli auf Lagern in Grauwacke zu Sussex New-Jersey , Nord-
America .
3. Hausmannit.
(Syn. Schwarz-Manganerz, schwarzer Braunstein, blätteriger Schwarz-
Braunstein, pyramidales Manganerz.)
Kryststm. zwei- und einaxig. lirystf. 1) Quadratisches
Octaeder; 2) Combinationen eines stumpferen und spitzeren
Quadratoctaöders ; 3) Zwillinge. Kryst. meist klein , parallel
dem Rande gestreift ; die Flächen des spitzeren Ouadratoctaeders
glatt und glänzend; aufgewachsen ; derbe M., körnig zusammen-
gesetzt, jedoch fest verwachsen. — Spaltbar parallel den Oc~
taederflächen , deutlicher in der Richtung des Randes. Br. un-
eben. H. — 5 — 5,5; spröde; sp. G. = 4,7. Unvollkommen
metallisch glänzend ; bräunlich-schwarz. Strich ; dunkel röthlich
oder kastanienbraun.
V. d. L. unschmelzbar. Boraxglas in der äussern Flamme
durch geringe Menge amethyst-roth färbend; im Kolben erhitzt
nur Spuren von Wasser gehend. Das rothbraune Pulver färbt
ein Gemisch ans gleichen Theilen concentrirter Schwefelsäure
und Wasser colombinroth. Bestdth. nach Turner: MnO. M112Ö3
98,00 , 0 0,215, ff20 0,435 mit Spuren von BaO und Si03. —
Formel : M11O . M203.
Bis jetzt nur zu llefeld am Harze auf einem besonderen Gange im
dasigen Porphyr gefunden.
Kann zur Färbung des Glases , aber nicht zur Clilorbereitung benutzt
werden.
4. Braunit .
(Syn. Brachytipes Manganerz , Manganhj'peroxydul.)
Kryststm. zwei- und einaxig. Kryst f. 1) Quadratisches
Octaeder ; 2) dasselbe mit der gerade angesetzten Endfläche ;
3) Combinationen eines spitzeren und stumpferen Quadratoctae-
ders; 4) dieselbe Form mit der gerade angesetzten Endfläche.
Kryst. meist klein, theils glatt, eben oder schwach gebogen,
fcVjls rauh oder auf den einzelnen Flächen zart gestreift, auf-
Pyrolusit,
97
gewachsen und drüsig verbunden; derbe M.; Text, hornig. —
Vollkommen spaltbar parallel den Flächen des Quadratoctaeders.
Br. uneben. H. = 6; spröde; sp. G. = 4,8 — 1,9. Undurch-
sichtig; unvollkommener Metallglanz; dunkeibräunlich-schwarz.
Strich : von derselben Farbe.
V. d. L. und im Kolben wie die vorige Gttg. Das roth-
braune Pulver färbt Schwefelsäure roth. Bstdth. nach Turner:
MnO 86,940, 0 9,85, H20 0,949, BaO 2,260. — Formel:
M112O3.
Findet sich auf Ädern im Porphyr mit dem Pyrolusit und Psilome-
lan: Thüringen ; auch in Höhlungen im Quarz, im Mansfeldischen ,
Westerwald. , Baireuth.
Es kann, wiewohl mit wenig Vortheil, zur Chlorbereitung benutzt
werden.
5, Pyrolusit .
Manganhyperoxyd , Braunstein, Graubraunsteinerz z. Th., prismati-
sches Manganerz, Manganum oxydatum nativum, Magnesia vitriariorum.)
Kryststm. ein- und einaxig. Kryslf. 1) gerade rhombische
Säule mit einer auf die spitzen Seitenkanten gerade aufgesetzten
Zuschärfung und abgestumpften stumpfen Seitenkanten ; 2) dieselbe
Form mit abgestumpften scharfen Seitenkanten. Kryst. kurz
oder lang säulenartig, nadelförmig und spiessig , glatt, uneben
oder gestreift, auf- und durcheinander gewachsen, drüsig ver-
bunden und zu Büscheln gruppirt ; Afterkrystalle nach Kalk-
spathformen; kryst. M. ; Textur körnig, stängelig oder faserig,
auch strahlenförmig von einem gemeinschaftlichen Mittelpunkte
auslaufend ; nierenförmige Schalen, stalaktitisch , zarte Schuppen.
— Spaltbar parallel den Flächen der Säule ; am deutlichsten
mit den Seitenflächen. Br. uneben. H. = 3; sp. G. = 4,9.
Undurchsichtig ; Metallglanz ; eisenschwarz in’s Stahlgraue.
Strich: schwarz, färbt selbst in Krystalien ab.
V. d. L. unschmelzbar. Boraxglas in der äussem Flamme
durch geringe Menge amethystroth färbend. Im Kolben erhitzt
nur Spuren von Wasser gebend. Bstdth. nach Turner: MnO.
M203 86,05, 0 11,780, H20 1,120, mit Spuren von Baryt und
Kieselerde. — Formel : MiiOq.
Kommt auf Gängen im^Porphyr, begleitet vonBarytspath vor: in Thü
ringen (Ilmenau, Friedrichsrode, Elgersburg u . a. O.J ; ferner im Thon-
„schiefer : bei Goslar’, auf Eisenerz-Gängen und Lagern: in Kärnthen ,
Hessen , Nassau , Siegen , Baireuth, Schlesien, Siebenbürgen , Brasilien.
Der Pyrolusit ist das an Sauerstoff reichhaltigste Manganerz und nur
dieses soll in den Officinen benutzt werden. Er ist zugleich die ge-
meinste Gattung der Manganoxyde und dasjenige Erz , welches in ökono-
mischer Hinsicht eigentlich Manganerz genannt wird und welches man
weit und breit, doch nicht ausschliesslich in allen Ländern, verarbeitet-
Geigers Pharmacie « II- 1 (2 te Auß) %
98
PyrolusJt
Ausser anr Entwickelung von Sauerstoff und ChloT hn Grossen benutzt
man es auch zu Räucherungen in Häusern, zur Luflreinigung wozu das
Kleist’ sehe Räucherpulver, bestehend aus 18 Th. saurem' schwefele „„m
Kal. , 5 Th. Bleizucker und 18 Th. Braunstein, empfohlen zu werden
verdient. Das durch Zusammenschmelzen von Braunstein und Salpeter
gewonnene mangansaure Kali wird als ein vorzügliches Mittel zur Ent-
fuselung des Branntweins empfohlen. (Pharm. Gentr. Bl. Jahre II p «3 ^
Ferner dienen die Manganerze auf Glashütten zur Entfärbung der Glas
massen, auch geben sie denselben mehr Festigkeit; zur Darstellung
amethystfarbener Glasflüsse, Kuin Malen auf Porzellan und Fayence zur
Töpferglasur , zur Färbung der vioi-blauen, braunen und schwarzen
Gläser. .
Dieser vielseitigen Anwendung wegen ist es von besonderer Wichtig-
keit die Güte eines Braunsteins erkennen zu können, welche natürlich
mit dem Sauerstoffgehalt desselben in geradem Verhältnisse steht. 4usser
den angegebenen Eigenschaften des Pyrolusits, die an dein im Handel
gewöhnlich gemahlen vorkommenden Braunstein nicht mehr erforscht wer-
den können, sucht man sich daher von dem Sauerstoffgehalt desselben zu
überzeugen, wozu verschiedene Wege empfohlen werden, von denen hier
einige mitgetheilt werden sollen. Man bestimmt entweder den Sauerstoff
geh alt 1) unmittelbar durch Glühen, oder 2) nach der Quantität Chlor
welche die Manganerze durch Salzsäure entwickeln oder durch Zersetzung
der Kleesäure mittelst Braunstein und Bestimmung des Sauerstoffs durch
die hierbei erzeugt werdende Kohlensäure.
Was die erste Methode betrifft, so ist sie unsicher, besonders wenn
die Manganerze, was gewöhnlich der Fall ist, eisenoxydhaltig sind. Bei
der zweiten Methode kommt es vorzüglich darauf an, ein Mittel zu be-
sitzen, wodurch die Quantität des entwickelten Chlors leicht bestimmt
werden könnte.
Turner schlägt hierzu das schwefelsaure Eisenoxydul vor, dessen
Lösung so lange zu dem in Wasser aufgefangenen Chlor gesetzt wird ,
bis der Geruch des letztem verschwunden ist. Es kann diese Methode
immer nur vergleiclmngsweise mit einem als rein erkannten Hyperoxyde
angestellt werden. (Ph. Centr. Bl. Jahrg. II. p. 304.)
Duflos bereitet zu diesem Zwecke eine Probeflüssigkeit, indem er
eine Glasröhre von 12 C. Z. Capacität zu */3 Th. mit Wasser füllt, da-
rin 120 Gr. krystallisirten Chlorbaryums durch Schütteln auflöst, diese
Lösung mit schwefliger Säure sättigt und dann so viel Wasser zusetzt,
dass das Ganze 12 C. Z. einnimmt. Diese Flüssigkeit wird so lange zu
dem nn Wasser aufgefangenen Chlor gesetzt, als dadurch eine Trübung
von schwefelsaurem Baryt entsteht und aus der verbrauchten Flüssigkeit
der Gehalt des Manganhyperoxydes im untersuchten Braunsteinerze be-
stimmt, so, dass 4*4 c* z- einer Probeflüssigkeit von obiger Stärke 16
Gran reinem Manganhyperoxyd entsprechen. (Schweigg. Journ. Bd. LXIY.
p. 85.)
Zenneck fängt das Chlor über eine gesättigte Kochsalzlösung in
einem eigens construirten Apparate auf und bestimmt die Menge des-
selben durch Messen des Gases. 91,8 C. Z. rh. bei 10° R. und 28 p. Z
Barometerhöhe entsprechen 100 Gran reinem Mangansuperoxyd. (Erdmann
Journ. Bd XVIII. p. 75.) Noch genauer fand Zenneck die Methode,
das entwickelte Chlor in Ammoniak zu leiten und aus der hierbei ent-
bunden werdenden Stickstoffmenge zu berechnen, indem 0,3 C. Z. Stick-
st loffgas einem Proz. Sauerstoff des Braunsteins entsprechen, (a. a. O.)
Manganit.
99
Berthier kocht 1 Th. zerriebenes Manganerz mit 5 Th. kryst. Klee-
säure und Wasser und leitet die hierdurch entbunden werdende Kohlen-
säure in eine Auflösung von Aetzbaryt. 24,(366 Th. hierbei erhaltener
kohlensaurer Baryt entsprechen 1 Th. Sauerstoff in dem untersuchten
Manganerze. (Ann. de China. et de Ph. LI. p. 79.)
Thomson endlich schlägt vor in einer enghalsigen tarirten Flasche
600 Th. Wasser, 75 Th. kryst. Kleesäure und 50 Th. des zu prüfenden
feingepulverten Minerals zu geben und diesem schnell 150 — 200 Th. conc.
Schwefelsäure zuzuschütten. Die hierbei frei werdende Kohlensäure er-
fordert eine Zeit von 24 Stunden zur Entweichung, während welcher man
die Flasche leicht bedeckt stehen lässt, und dann wiegt. Der entstandene
Verlust des Ganzen ist gleich dem Gehalte des Braunsteins an Hyper-
oxyde. Es versteht sich von selbst, dass bei der Dußos’schen, Berthier -
sehen und Thomson sehen Methode die Erze frei von kohlensaurem Kalk
sein müssen.
O, Manganit
(Syn. Gewässertes Manganhyperoxydul, Graumanganerz und grauer Braun-
stein z. Th. , prisraatoidisches Manganerz.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. gerade rhombische
Säule mit abgestumpften stumpfen Seitenecken und zugeschärften
scharfen Seitenkanten; mehrere andere verwickelte Combinatio-
nen , auch Zwillinge. Kryst. lang gestreckt , nadel-, selten kurz
säulenförmig, glatt oder besonders die Seitenflächen vertical
gestreift; ein- oder aufgewachsen , auch drüsig verbunden ; kryst.
M. ; Text, blätterig, derb, stänglig, strahlig oder körnig abge-
sondert ; dicht , erdig. — Spaltbar parallel den Flächen der
rhombischen Säule. Br. uneben. H. — 3,5 — 4,5; spröde; sp.
G. = 4,3. Undurchsichtig ; unvollkommen metallisch glänzend ;
dunkel bräunlich-schwarz in’s Eisenschwarze. Strich : röthlich-
braun, wenigstens verhalten sich die inneren Theile einer Masse
so , w enn die äussern auch einen schw arzen Strich zeigen.
V. d. L. und gegen Boraxglas wie Pyrolusit; im Kolben
erhitzt Wasser gebend ; kalte Schw efelsäure färbt sich mit
dem dunkel -braunen Pulver erst nach einigen Tagen roth. Bstdth.
nach Turner : MnO. M112O3 86,85, O 3,05, HaO 10,10. — For-
mel: Mn^Os. H20.
Findet sich selten auf Gängen im Porphyr zu llefeld, begleitet von
Baryt- und Kalkspath, auch in Thüringen , Erzgebirge t Norwegen und
JVestgothland.
Ist zur Chlorbereitung nicht mit Vortheil anzuwenden.
100
Wad.
7. Psilomclan.
(Syn. Schwarz-Eisenstein , faseriger und dichter Schwarz-Braunstein ,
didites Grau-Braunsteinerz , dichtes Schwarz-Manganerz ,
untheilbares Manganerz.)
Afterkrystalle nach Flussspath-Octaedern , am häufigsten
stalaktitisch, trauben-, nieren-, kolben- und röhrenförmig;
derb; Textur selten stänglig, krummschalig oder körnig. - — Br.
flachmuschelig. H. = 5 — 6; sp. G. = 4 — 4,07. Undurchsichtig.
Metallglanz unvollkommen; graulich- und bläulich-schwarz in’s
Dunkel-stahlgraue. Strich: bräunlich-schwarz.
V. d. L. und im Kolben wie Manganit. In Salzsäure lös-
lich ; die Lösung wird durch Schw efelsäure gefällt. Bstdth. nach
Berthier : MnÖ. Mn203 69,759 , 0 7,364 , BaO 16,365 , Si03
0,260, IL 0 6,216. — Formel: Mn^O^.xBaO?
Sehr häufig verbreitet auf Eisensteingängen in Gneis: Erzgebirge;
oft mit Pyrolusit zu traubigen Gestalten lagenweise verbunden: Wester-
wald Böhmen , Baiern , Kurhessen , Sachsen .
8. Wad .
(Syn. Brauneisenralnn z. Th.)
Faserige, schuppige und erdige M.; derb, kugelig, traubig, nieren-
förmig, tropfsteinartig, staudenfÖrmig , schaumartig, als Ueberzug. Br.
flachmusclielig bis erdig. H. = 0,5 — 1,5; sehr milde; sp. G. «= 3,7-
Undurchsichtig, zuweilen, an den Kanten durchscheinend. Metallglanz
schwach, matt; nelken- schwärzlich- leberbraun', bräunlich - schwarz.
Strich: braun; abfärbend.
V. d. L. an Volumen bedeutend abnehmend, dunkler werdend und
ein eisenartiges Ansehen annehmend; gegen Boraxglas und im Kolben wie
Manganit. Bstdth. nach Turner : MnO. Mn203 79,12, O 8,82, H«0 10, GG ,
BaO 1,40.
Das faserige Wad findet sich zu la Romane che , das schaumige am
Westerwald ( 'Holler Lev ZugJ im Thüringer Walde mit Brauneisenstein
und Eisenspatli ; das erdige mit Manganerz auf dem Weslerwalde und in
Böhmen.
Anhang.
M a n g a n h y p e r o x y d h y d r a t fand Bcrth. bei Goroi (Dep. de la
Mayenne) in nierenförmigen, pechschwarzen Stücken. Es enth. MnO
62,4, O 12,8, II20 15,8, Fe203 6,0, A1203 3,0. — Formel: MnOt . H,0.
Ein thonerdehaltiges Manganliy peroxydhydrat findet sich bei
Siegen. Es ist blätterig, im Bruch matt, nicht sehr hart, bläulich- oder
bräunlich-schwarz, glänzend, nicht abfärbend, im Strich braun. Ghlt.
nach Berth. : MnO 54,4, O 11,2, A1203 17,0, Fe203 5,0, SiO, 1,2, H2Ö
11,2. Berz. glaubt die Formel [A1203, Fe203]. 3Mn02-h3H20 als wahr-
scheinlich annehmen zu können.
Kupfer-Manganerz derb } kleinnierig traubig. — Br. unvollkom-
men muschelig. II. = 4; etwas spröde; sp. G. = 3,1 — 3,2. Undurch-
sichtig; Fettglanz; bläulich-schwarz Strich; unverändert.
Rotheiscncrz.
101
V. d. L. auf Kohle unveränderlich ; mit Borax zur rothen Perle
fliessend. Im Kolben viel Wasser gebend. Bstdth. nach Kersten : Mn2Os
74,10, CuO 4,80, H20 20,10, CaO.S03 1,05, Si03 0,30, Fe203 0,12, GoO
Spur. — Formel nach Berz. : CuO . 3Mn203-t_6Mn203 . 3H20.
Fundort: Schlatcenwalde in Böhmen, Chili (AmqrillciJ-.
(Pelokonit aus Freiberg und Chili besteht aus Mi^O^ , H20, CuO
und Fe203.Si03. Er unterscheidet sich vom Kupfermanganerz durch seine
H. — 3 ; sp. G. =s 2,56 und leberbraunen Strich.)
Varvicit. Kryst. M. Textur blätterig. After-Krystalle nach Kalk-
spathformen. H. = 3 ; sp. G. = 4,5 — 4,6- Metallglanz. Dunkelbräun-
lich-schwarz. Strich: schwarz, Ghlt. nach Duflos : MnO 81,55, O 13,44,
H20 5,03. — Formel: Mn,03 . H20+Mn203.
Kommt in England ffVarwickshireJ und am Harz (llefeldj mit
Manganit yor.
9. Erdcobalt
(Syn, Cobaltoxyd, Manganoxydhydrat , schwarzer nncl brauner Erdcobalt,
Cobaltmulm.)
Traubig , kugelig , röhren- und nierenförmig ; derb , einge-
sprengt , als Ueberzug oder Anflug. — Br. erdig , flachmusche-
lig; zerreiblich; sp. G. — 2,0 — 2,2. Undurchsichtig; matt;
bläulich und bräunlich-schwarz. Strich : fettglänzend.
V. d. L. unschmelzbar , schwach nach Arsenik riechend;
das Boraxglas blau färbend. Im Kolben branstig-riechendes Was-
ser gebend. Bestdth. nach I) ober einer : CoÖ.Mn2Ö3 76,9, H2O
23,1, häufig auch As, Fe203, Si03, A1203.
Kommt unter ähnlichen Verhältnissen wie der Speiscobalt in Thü-
ringen, Baden , Hessen, Tyrol , Schlesien u. a. a. O. vor.
Wird ebenfalls zur Smaltebereitung benutzt.
IO. Rotlwisenerz.
(Syn. Eisenoxyd , rhomboedrischos Eisenerz.)
Krystslm . drei- und einaxig. Kryst f. 1) Rhomboeder; 2)
Combinationen desselben mit der gerade angesetzten Endfläche,
3) des spitzem und stumpfern Rhomboeders , 4) des Hcxagoiido-
decaeders mit der gerade an gesetzten Endfläche und andere ver-
wickeltere Verbindungen, auch Zwillinge. Kryst. M. ; derb mit
straliliger , faseriger bis dichter Zusammensetzung, auch schuppig
und erdig. — Spaltbar parallel den Flächen des Rhomboeders,
auch parallel der gerade angesetzten Endfläche. Br. muschelig
bis uneben. H. =» 5,5 — 6,5 ; spröde ; sp. G. = 4,7 — 5,3. Un-
durchsichtig. Strich: kirschrath bis röthlich-braun ;. zuweilen
schwach magnetisch.
V. de L. schwer schmelzbar (5,6 — 6); in der inneren
Flamme schwarz und magnetisch werdend, Bestdth. ; Fe303.
102
Itotheisenstein.
zuweilen mit Spuren von Mna03, Si03, CaO, H20. In einer Menge
von natürlichen Eisenoxyden fand Chevalier Ammoniak (vergl.
Poggend. Ann. Bd. 14. p. 147.) — Formel : Fea03.
Man unterscheidet zwei Arten: 1. Eisenglanz, und 2.
Rotheisenstein.
1. Eisenglanz.
a . Sp äthiger Eis engl anz (Glanzeisenerz.) Kryst.
sehr oft äusserst niedrige, dünne, mehr oder weniger in die
Länge gezogene Tafeln darstellend, theils rhomhoedrisch ; glatt,
einzelne Flächen auch gestreift, auch uneben oder gekrümmt;
selten einzeln aufgewachsen , meist zu Drusen verbunden, zu-
weilen rosenförmig gruppirt. Derbe M. von schaliger und kör-
niger Zusammensetzung , eingesprengt. Metallglanz stark; stalil-
grau in’s Eisenschwarze, oft bunt angelaufen.
Findet sich auf Gängen und Lagern , auch auf Drusenräumen oder
eingemengt in verschiedenen Gebirgsarten : hisel Elba , St. Gotthard,
Dauphin.ee , Sachsen, Tyrol , Kärnthen , Harz , Cornwall 3 Schweden,
H.- America , Brasilien ; auch in neuern und altern Laven.
h. Eisenglimmer ( schuppiger Eisenglanz). Kryst.
sehr dünn, tafelartig; derbe M. von höchst feinblätteriger Zu-
sammensetzung , eingesprengt. In dünnen Blättchen zuweilen
roth durchscheinend. Metall glanz lebhaft ; Eisenschwarz in’s
Stahlgraue.
Findet sich ausser den beim späthigen Eisenglanze angegebenen Or-
ten noch bei Siegen, Arnberg, Devonshire , Spanien . Bildet eine eigen-
thümliche Felsart , den Eisengliminerschiefer zu Minas-Geraes und vertritt
zuweilen im Granit und Gneis den Glimmer. (Zinken fand im Eisen-
glimmer aus dem Grünstein zu Tilkerode eine bedeutende Menge Titan.J
c. Str ahliger Eis engl anz (Glanzeis enste in). Derbe
M. , nierenförmig von schuppig-strahligem und faserigem de-
ftige , entweder parallel oder büschelweise auseinanderlaufend.
Metallglanz stark; eisenschwarz.
Findet sieb mit andern Eisenerzen bei Siegen, in Hessen, Sachsen,
am Harz , in Böhmen
Seit den ältesten Zeiten wird der Eisenglanz zur Ausbringung des
Metalls benutzt. Er liefert ein vorzügliches Stabeisen ; das aus dem
Eisenglimmer gewonnene ist zuweilen haltbrüchig. Man benutzt den
Eisenglimmer auch wohl statt des Graphits zum Schwarzfärben eiserner
Oefen und die Araber sollen sich dessen gegen Augenübel bedienen
Der Eisenglanz liefert fein präparirt eine schöne Farbe.
2. Rollieisenstein.
a. Faseriger Rotheis enste in (rother Glaskopf ,
Blutstein , Lapis Haetnaiites). After-Rrystalle nach Kalkspath-
Magneteisenerz.
103
Fermen. Tranbig , nierenförmig , tropfstein artig, derb. Textur
faserig bis stralilig, auch schalig. Halbmetallisch glanzend bis
schimmernd ; stahlgrau bis bräunlich-roth.
Auf Gängen im älteren Gebirge: am Schwär zwalde + am Harz ,
Sachsen , Böhmen , Lothringen 3 Devonshire.
b. Rotheisenrahm (schuppiger Rotheisenstein ). Schup-
pige oder schaumige Theilchen , meist schwach verbunden ; als
Ueberzug zerreiblich;, stark ab färbend. Metall glanz; zwischen
stahlgrau und bläulieh-roth.
Kommt mit andern Eisenerzen zu Siegen, im Badensehew, Sachsen t
Hessen ; Böhmen 3 Ungarn, LaneasUire vor.
c. Dichter R o theisenstein. After - Krystalle nach
Kalk- und Flussspath - Formen ; derbe M., eingesprengt; spie-
gelig; zwischen stahlgrau und blutroth.
Auf Gängen hei Sieben, Milienburg > in Sachsen , Steyermarkj
Lancashire\
d. Rothe is eno eher* Als Ueberzug oder derb; staubar-
tige Theilchen. Br. erdig ; zerreiblich ; stark abfärbend ; matt ;
hräunlich-roth in’s Blutrothe.
Findet sich, mit andern. Rotheisensteinen.
Der Rotheisenstein liefert ein brauchbares Roh- und Stabeisen. Der
faserige Rotheisenstein (Blutstein) wurde ehemals als blutstillendes Mittel
häufig gebraucht. Er dient ferner als Malerfarbe, zum Poliren von Me-
tallwaaren, Gold und Silber u. s. w. und macht einen Bestandteil d^r
Schleif- und Poiirpulver für Abzlehriemen aus,.
Anhang.
Der rot he Kieseleisenstein ist ein inniges Gemenge aus Roth-
Eisenocker und Kiesel. Es kommt zu Lehrbach und Jlefeld am Harz vor.
Bo-thev Thoneisenstein., sowohl der jaspisartige als sl'änglige und
der Röthel' sind innige Gemenge aus Rotheisenocker und thonigen Fossi-
lien; sie sind dicht, zuweilen linsenförmig, körnig zusammengesetzt,
oder durch Einwirkung von Kohlenbränden stänglrg abgesondert. Der
rothe Thoneisenstein findet sich am Harz , H iirtemberg , England ,
Schottland; der jaspisartige zu Fischau in Oestreich ; der stänglige in
Böhmen , zu Dultweiler ; der Röthel in Thüringen , Baiern , Tyrol.
Der Röthel war ehemals ein Arzneimittel, jetzt benutzt man ihn
zum Zeichnen und sägt ihn. für diesen Behuf in Stifte ; das dabei ab-
fallende Pulver wird zum Färben des Packpapiers benutzt,
ii\ Magneteisenerz .
(Syn. Eisenoxyd-Oxydul , Magneteisenstein , octacdrisehes Eisenerz.)
Krgststm. regelmässig. Rrgstf. 1) Hexaeder ; 2) Octaöder ;
3) Dodecaeder; 4) Hemiikositetraeder ; 5) Comhinationen des Oc-
taeders mit dem Hexaeder, 6) mit dem Dodecaeder, 7) mit dem
Hexaeder und Dodecaeder, 8) mit dem Ikositetraeder u. m. a.
104
Fraiiklinit.
verwickelte Combiiiationen ; Zwillinge. Kryst. glatt, die Ent-
kantungsfläclieii mehr oder minder gestreift , oft mit einer Talk-
oder Chloritrinde überzogen, einzeln ein- oder zu mehreren
durcheinandergewachsen ; auch zu Drusen verbunden ; kryst.
blättrige M. (späthiges Magneteisen) ; derb ; Textur kör-
nig (körniges Magneteisen) bis dicht ( dichtes Magnet-
eisen); ein gesprengt; eckige oder rundliche Körner; auch
staubartige Theilchen , mehr oder minder fest verbunden (erdiges
Magneteisen). — Spaltbar parallel den Flächen des Octae-
ders. Br. muschelig in’s Unebene, feinkörnig. H. =t= 5,5— 6,5;
spröde; sp. G. = 4,9 — 5,1. Undurchsichtig; Metall-, auch Fett-
glanz bis schimmernd. Eisenschwarz in’s Braune , Graue und
Blaue. Strich : schwarz. Stark magnetisch , öfters polarisch.
V. d. L. unveränderlich (5,8 — 6). In der inneren Flamme in
Phosphorsalz zu bouteillen-grünem Glase löslich, das beim Ab-
kühlen. bleicht; in Salzsäure löslich ohne Chlor-Entwickelung.
Bestdth. nach Berz. : Fe203 69, FeO 31. — Formel: FeO . Fe203.
Findet sich sehr allgemein verbreitet als wesentlicher, charakteristi-
scher und zufälliger Gemengtheil vieler Felsarten; bildet mächtige Lager
und Stöcke in Skandinavien. Die ausgezeichnetsten Krystalle sind ein-
gewachsen in Chloritschiefer und Serpentin in Piemont , im Pfitsch- und
Zillerthal. Das erdige Magneteisen , als Umbildung des Eisenoxyds,
kohlensauren Eisenoxyduls und Eisenoxydhydrats durch vulkanisches Ein-
wirken des Basalts im Siegenschen und im Erzgebirge.
Das Magneteisen wurde früher als Arzneimittel gebraucht und könnte
m reiner kryst. Form das künstliche Eisenoxyd-Oxydul ersetzen. Es ge-
hört zu den vorzüglich reichen Erzen, und wird häufig verschmolzen,
mdem es ein vorzügliches Eisen liefert, welches zu Stabeisen und Stahl-
waaren benutzt wird.
lalkeisenerz aus Nordamerica ist noch nicht hinreichend be-
kannt. Kryststm . regelmässig. — Br. uneben. H. = 5,5; sp. G.
4,4- Fettglanz zum halbmetallischen neigend; schwarz. Strich: ebenso.
Dem Magnete wenig folgsam. Bstdlh. FeO mit viel MgO , wenig TiO*
und A1203.
Kommt mit Spinell vor.
12. Franklinit.
(Syn Eisenoxyd , Zinkoxyd mit Eisenoxyd-Manganoxydul , dodecaedrisches
Eisenerz , Zink-Eisenerz.)
Kryststm regelmässig. Krystf. 1) Octaeder; 2) Octaeder mit Dode-
kaeder-; 3) Octaeder mit Dodecaeder- und Hemiikositetracderfläclien.
Kryst. selten und häufig zugerundet, zuweilen wie geflossen; kryst. M
eingewachsene Körner. -^- Spaltbar nach den Octaed'erflächen. Br. mu-
sch eng , uneben. II. == 6—6,5; spröde; sp. G = 5—5,3. Dadurch-
,etalJglanz; Eisenschwarz. Strich: röthlich-braun. Dem Magnete
ioigsnm , besonders nach dem Glühen.
V. d. L„ unveränderlich, mit Soda geschmolzen Zinkrauch gebend;
in Salzsäure unter Chlore niwickelung löslich, sonst wie Magneteiseu
Brauneisenerz,
105
Ghlt. nach Mich: Fe.i03 47,53, FeO 21,34, M%03 18,17, ZnO 10,81 mit
Spuren von Si03, A1203, MgO, CaO. — Formel: [FeO, ZnOJ . [Fe203,
Mn203].
Findet si£h mit rothem Zinkoxyd und Kalkspath : N.- America ('Frank-
lingruben zu New-Jerseyj.
IS. Beudantit*
Kryststm. drei- und einaxig. Kryst. klein , die Flächen etwas ge-
bogen. — II. = 4,5. Durchscheinend; harzglänzend; schwarz, dunkel-
braun. Strich: grünlich-grau. — * Bstdth. nach Wollaston : Fe203 . PbO
Findet sich mit faserigem Brauneisenstein zu Horhausen (Rhein-
preussen).
14 . Brauneisenerz.
(Syn. Eisenoxyd-Hydrat, prismatisches Eisenerz.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Bis jetzt nur in zarten ,
nadel- oder haarförmigen Kryst. und in dünnen Blättchen beob-
achtet; schuppig-faserige , faserige, dichte und erdige M. —
Br. meist nicht wahrnehmbar, muschelig bis uneben. H. =
5 — 5,5 ; spröde ; sp. G. = 3,9 — 4,2. Halbdurchsichtig bis un-
durchsichtig. Auf KrystaMächen Diamantglanz. Strich: gelb-
lich-braun.
V. d. L. schwarz und dem Magnete folgsam werdend; bei
heftigem Feuer an den Kanten schmelzbar (5,6 — 6). In der
Glasröhre giebt es Wasser und hinterlässt Eisenoxyd. Bestdth.
nach L . Gmelin : Fc203 81,3, HaO 18,7. — Formel: 2Fe203 . 311^0.
Arten.
1. Brauneisenstein.
a. Rubinglimmer ( Pyrosiderit , Göthit). Kryst. Blätt-
chen , nadelförmig ; zu Drusen verbunden und in Gruppen auf-
gewachsen. Halbdurchsichtig bis durchscheinend. Röthlich-braun
in’s Schwarze ; hyacinthroth bei durchfallendem Lichte.
Auf Eisensteingängen, aufgewachsen auf braunem Glaskopf: Siegen .
b. L e pidokrokit (Schuppig-faseriger Brauneisenstein ).
Kugelig , nierenförmig , traubig , tropfsteinartig. Schuppig-fase-
rige Textur. Röthlich-nelkenbraun , grau. Bestdth. nach Bran-
des: FC2O3 38,00, H2Ö 10,75, M112O3 und Si(>3 1,00.
Mit faserigem Brauneisenstein: Hessen, Westerwald , am Harz ,
Eifel , Gallizien ,
c: Faseriger Br auneisenstein (Brauner und
schwarzer Glaskopf). Nadel- und haarförmige Kryst.; jbüschel-
106
Celbejusenstei«.
förmig auseinanderlaufend (haar förmiger Brauneisenstein).
After-Krystalle nach Kalk - und Flussspath - Formen. Kugel- ,
trauben - , liieren - und tropfstein - förmig. Nelken-braun in’s
Schwärzliche, Bestdth. nach D’Aubuisson: Fe203 84,0, H20
11,0, Mn203 2,0 , Si03 2,0.
Findet sich auf Gängen im älteren Gebirge , häufiger auf liegenden
Stöcken im Kalk, mit Eisenspath , Kupfer- und Manganerzen , Kalk- und
Barytspath u. s. w. sehr allgemein verbreitet, z. B. im Siegen’ sehen ,
Hessen 3 Erzgebirge > am Harz , Thüringen , Baiern , Sleyermark , Un-
garn , Spanien. Der haarförmige Br.-Eisenstein in Böhmen , Norwegen ,
Finnland. Er ist mitunter neuerer Entstehung.
d. Dichter Br auneis enstein ( Stilpnosiderit , Pech-
elsenerz z. Th. glänzender Braunstein ). After-Krystalle nach
Kalk- und Flussspath-Formen ; Umbildungen nach Eisen- und
Speerkiesgestalten ; am häutigsten derb. Br. muschelig in’s
Unebenkleinkörnige. Wachsglänzend bis matt ; bräunlich -schwarz,
gelblich-nelkenbraun. Bestdth. nach D’Aubuisson : Fe203 79,00,
H20 15,0 , Mn203 2,0 , Si03 3,0.
Kommt vor wie der faserige Br.-E. , ist sehr allgemein vorbreitet in
Begleitung von Quarz, Ghalcedon , seltener Flussspath. Die Afterkry-
stalle in Sibirien 3 bei Minden , in Sachsen 3 Helgoland , Ungarn.
e. Br auneis eno eher (0 ehr ig er Brauneisenstein). Er-
dige Theile, mehr oder weniger fest verbunden. Matt; gelblich-
braun; ab färbend.
Kommt mit den vorhergehenden Abänderungen vor.
Der Braun-Eisenstein liefert ein vorzügliches S tab eisen , auch Guss-
und Frischstahl werden daraus verfertigt.
Anhang.
Der braune Thoneisenstein ist ein Gemenge aus Eisen-
oxyd-Hydrat mit Kiesel- und Thonerde ; derbe M., z. Th. krumm-
schalig abgesondert. Br. flaclunusehelig. Matt, braun, rauchgrau.
Man findet ihn bei Baireuth , in Frankreich u. s. w. Er wird auf Eisen
verschmolzen — Umbra kommt derb vor. Br. muschelig. Weich,
matt, leber- und kastanieii - braun. Strich: wachsglänzend ;
hängt stark an der feuchten Lippe. Bestdth. nach Klaproth :
Fe203 48, Mn203 20, Si03 14, A1203 5, H203 14. — Findet
sich auf Lagern mit Jaspis auf der Insel Cypevn. Die als Malerfarbe
bekannte Kölnische Umbra gehört zu den Braunkohlen..
2. Gelbeisenstein .
Ockergelb. Die oben erwähnten Abänderungen des Braun -
Eisens [eins kommen auch hier vor , als : faseriger , dichter
und wkriger Gelbeisenstein und unterscheiden sich durch die-
Kothkupfererz.
107
selben Kennzeichen , wie beim Brauneisenstein angegeben wor-
den. Bestdth. des Gelbeisenockers nach Proust: Fe203 78,57,
H20 21,43.
Finden sich unter denselben Verhältnissen wie die 6ie begleitenden
Roth- und Braun-Eisensteine und brechen häufiger noch in Muschel-
kalk und sogenannten Flötz-Trappgebirge : Nassau 9 am Harz , Baiern .
Anhang.
Die gelben Thoneisensteine sind mehr oder weniger innige
Gemenge von ockrigem Gelbeisensteine , Thon und Kieselerde *
v
a . Schall ger gelber Thoneisenstein ( Eisen -
niere , Adler - oder Klapper stein). Kugelig , nierenförmig ,
knollig , von gebogen-schaliger Absonderung ; innen häufig hohl,
oder mit losem Kern. Br. erdig. Matt. Ockergelb in’s Braune
lind Graue. — In Lehm und Thonlagern meist an der Oberfläche der
Berge, zum Theil mit Petrefakten , die oft verkiest sind: in Böhmen 3
Schlesien , am Harz , Siena.
b. Körniger gelber Thoneis en st ein (Bohnerz).
Kugelige , sphäroidische Körner , einzeln oder zu grossem
Massen verbunden. Br. eben bis erdig. Aussen z. Th. fettglän-
zend. Gelblich-, röthlich- und schwärzlich-braun. — In Flötzen
und Lagern in verschiedenen Fels-Gebilden: in Würtemberg t Baden A
Kurhessen , Böhmen u. a. a. O.
c. Dichter gelber Thoneisens tein (Gemeiner
Thoneisenstein). Derb , auch als Versteinerungsmittel von Holz.
Br. eben in’s Flachmuschelige und Erdige. Ockergelb in’s
Gelblich-braune und Gelblich-graue. — in Steinkohlen-Gebirgen
mehr oder weniger mächtige Lager bildend.
Die gelben Tho.neisensteine, namentlich das Bohnerz, geben ein
gutes Eisen.
15. Rothkupfererz.
(Syn. Kupferoxydul , octaedrisches Kupfererz.)
Kryststm. regelmässig. Krystf. 1) Hexaeder; 2)0ctaeder;
3) Bodecaeder; 4) Hexaeder mit Octaeder-; 5) Octaeder mit
Hexaederfiächen ; 6) Hexaeder mit Bodecaeder- ; 7) mit Bode-
caeder und Octaederflächen ; 8) dieselbe Combination mit hinzu-
tretenden Ikositetraederfläch en als vierflächige Zuschärfung der
Ecken u. m. a. ; auch Zwillinge. Kryst. glatt und glänzend ,
zuweilen auch bedeckt mit einer dünnen Binde von Malachit;
meist zu Brusen verbunden und treppenartig gruppirt ; selten
haarförmig (hmrßrmiges Rothkupfererz , Kupferblüthe) ;
108
Blciglättc,
derb, nierenförmig, zerfressen, angeflogen, eingesprengt (dich-
tes Rolhkupfererz) , auch erdig ( erdiges Rolhkupfererz). —
Den Octaederflächen parallel ziemlicii vollkommen spaltbar. Br.
muschelig bis uneben. H. — 3,5 — 4; spröde; sp. G. ~ 5,7 — 6,0.
Ilalbdurchsichtig bis undurchsichtig. Metallähnlicher Diamant-
glanz; cochenill-, auch kanninroth ins Graue und Braune.
Strich : bräunlich-roth.
V. d. L. mit Salzsäure befeuchtet die Flamme blau färbend,
auf KohTe schwarz werdend und sodann zum Metallkorn schmel-
zend (2 — 2,5). In Salzsäure leicht und ruhig löslich; die Lö-
sung wird durch Wasser weiss und von Kalilauge ockergelb
gefällt. Bestdth. nach Chenevix: Cu 88,5, 0 11,5. Kersten
fand in der Kupferblüthe von Kheinbreitbach auch Spuren von
Selen. — Formel: Cu20.
Findet sich in älteren Felsarten auf Gängen , in neuern auf Lagern ,
mit andern Kupfer-, Eisen- und Zinkerzen, Quarz, Kalkspath u. s. w>
Nassau , Rheinpreu&sen , Ungarn, Cornwall u. s. w. Das haarfürmlge
hei Rheinbreitbach und in Cornwall .
Anhang.
Ziep elerz (Kupferpecherz) ist ein Gemenge aus erdi-
gem Rolhkupfererz und Eisenocker , auch aus zersetztem Kup-
ferkiese. Derb , eingesprengt , als Ueberzug , erdig. Matt.
Undurchsichtig. Ziegel roth in’s Braune und Schwarze. —
Kommt unter ähnlichen Verhältnissen wie Rolhkupfererz und meist mit
diesen vor.
Das Rothkupfererz giebt das vorzüglichste Kupfer, und auch das
Ziegelerz wird zum Ausbringen desselben benutzt.
17. Kupferschwärzc:
Erdig, zu nieren- und traubenförmigen M. verbunden, häu-
figer als Ueberzug oder Anflug auf Kupferkies. — Br. erdig.
Undurchsichtig ; matt; bläulich - schwarz in’s Braune. Strich:
unverändert.
V. d. L. wie Rothkupfererz. Die Lösung wird durch Wasser
nicht, durch Kalilauge aber bläulich gefällt. Bestdth. nach
Berz. : Cu 79,82 , 0 20,17. — Formel : CuO , häufig mit Eisen-
und Manganoxyd gemengt.
Kommt besonders mit Kupferkies, Quarz und Barytspath vor: in
Raden, Rheinpreussen , am Harz , in Polen und Sibirieq,
17. Bleiglätte.
(Syn. Bleioxyd.)
Bildet ziemlich bedeutende Blöcke in den Schluchten der
beiden erloschenen Vulkane PopocatepcU und Iztacciluall in
Zinnerz.
109
Mexico. Sie unterscheidet sich durch nichts von der auf dem
Treihheerdc erzeugten künstlichem Auch in einem Flusse an der
südlichen Seite der Vulkane hat inan Geschiebe von Bleiglättc
gefunden. — Formel : PbO. .
18. Mennig.
(Syn. Bleisuperoxyd.)
After-Krystalle nach den Fonnen des kohlensauren Blei’s und
Bleiglanzes ; derbe M. ; eingesprengt , angeflogen. — Br. erdig
in’s Unebene. H. = 2; zerreiblich; sp. G. = 4,6. Undurchsich-
tig; matt, selten schwach glänzend. Morgenroth. Strich: po-
meranzengelb.
V. d. L. braun werdend, beim Erkalten die frühere Farbe
wieder anneimiend, beim stärkeren Glühen auf der Kohle reducir-
bar. Mit Borax ein gelbes, beim Abkühlen sich entfärbendes,
Glas gebend und der Salzsäure keine Farbe ertheilend. Bestdth.
nach Berz. : Pb 89,66 , 0 10,34. — Formel: PbO+PbÄOs.
(Dumas.)
Kommt selten vor in alten Halden: bei Prüm in der Eifel ; einge-
sprengt in Galmei: JVßstphalen / in verwittertem Gestein: Sibirien ,
19. Wismuthocker.
(Syn. Wismuthoxyd , Wismuthblüthe.)
Derbe, erdige M. , häufig als Ueberzug, angeflogen, einge-
sprengt. — Br. eben in’s Unebene und Muschlige , zerr eiblich ;
sp. G. = 4,3. Undurchsichtig ; matt oder Kalbmetallischer Glanz ;
strohgelb in’s Graue; leberbraun. Strich : gelbüch-weiss.
V. d. L. leicht reducirbar und wie gediegen Wismuth.
Bestdth. nach Berz.: BiO, häufig Arsenik und Eisenoxyd ent-
haltend.
Findet sich mit gediegen Wismuth , aus dem er entstanden zu sein
scheint : Sachsen (Schneeberg) , Böhmen , Cornwall.
20. Zinnerz .
(Syn. Zinnoxyd.)
Krgststm. zwei- und einaxig. Krystf. 1) Combinationen
der vierseitigen Säule mit dem Quadratoctaeder ; 2) dieselbe
Combination mit abgestumpften Seitenkanten der Säule; 3) die-
selbe Combination mit gerade abgestumpften Endkanten des Oc-
taeders; 4) Combination dieser .Gestalt mit der gerade ange-
setzten Endfläche u. s. w.; selten aber einfache Krystalie, mei-
stens zu Zwillingen verbunden. Kryfek ; derb , rundliche Stücke
Uranpecherz.
110
mit faseriger Textur. — Unvollkommen spaltbar parallel den
Seitenflächen der Säule. Br. unvollkommen muschelig in’s
Splittrige. H. = 5,5 — 7 ; spröde ; sp. G. = 6,3 — 6,9. Halb-
durchsichtig bis undurchsichtig. Strich: ungefärbt oder grau.
V. d. L. auf der Kohle in der innem Flamme schwer re-
ducirhar , leichter durch einen Zusatz von Soda. — Formel:
Sn02.
Arten.
1) Sp ätlli ges Zinnerz . (Syn. Zinnstein, pyramidales
Zinnerz.) Iiryst. glatt, auch auf den Seitenflächen vertical ge-
streift; säulenartig, selten nadelförmig; einzeln auf- oder einge-
wachsen , selten drüsig verbunden ; derb und eingesprengt , lose
Körner. Starker Glas- oder Diamantglanz. Braun in s Schwarze,
Rothe und Graue ziehend. Bestdth. nach Berz. : Su02 93,6 ,
Fe203 1,04, Mn203 0,8, TaO 2,4.
Findet sich in Granit, Gneis, Porphyr ti. s. vr. auf Gängen und
Lagern und nicht selten durch das Ganze der Gesteinmassen fStöckeJ :
Erzgebirge , Cornwall , Frankreich , Schweden , China , Mexico . Auch in
Alluvial-Ablagerungen hin und wieder von gediegen Gold begleitet : in
Böhmen j Erzgebirge j Cornwall (im Seifengebirge , wo das Zinn durch
Waschen gewonnen wird.
2) Faseriges Zinnerz . (Syn. Holzzinn , faseriger Zinn-
stein, Komisch Zinnerz.) Stumpfeckige oder rundliche Stücke und
Körner, büschelweise auseinanderlaufend mit zartfaserigem Ge-
füge. Matt oder schwacher Seidenglanz. Haarbraun in’s Gelblich-
graue und Gelblich-weisse; die Farben oft in gebogenen Streifen
miteinander wechselnd. Bestdth. nach Vaug. : Sn02 91 , Fe203 9.
Findet sich in Dilluvial-Ablagerungen , z. Th mit Quarz verwachsen :
Cornwall , Brasilien Mexico.
Fas Zinnerz wird zur Ausbringung des Zinns benutzt , dessen Anwen-
dung im Leben sehr ausgedehnt ist. Dünne Blättchen des reinen Zinns
heissen Stanniol; gewöhnlich wird es zu Geschirren mit Blei versetzt;
es dient zum Lüthen anderer Metalle ; mit Kupfer legirt stellt es
Glockenmetall , Stückgut und Bronze dar; Zinn und Quecksilber geben
das Material zum Belegen der Spiegel und sehr wichtig ist die Eigen-
schaft des Zinns sich an andere Metalle fest, anzulegen, worauf die Ver-
zinnung des Eisens, Kupfers u. s. w. beruht. Die durch Glühen des Zinns
entstandene Zinnasche dient zur Politur von Steinen, Metallen u. s. w.
21. Uranpecherz.
(Syn. untheilbares Uranerz, Pechblende, zwei- drittel-kieselsaures
Uranoxydul.)
Derbe M. , nierenförmig, traubig, eingesprengt. — Br. dach musche-
lig , bis uneben. H. = 5,5; spröde; sp. G. = 6,6* Metallähnlicher
Fettglanz; bräunlich und graulich-schwarz: Strich: grünlich-schwarz.
Korund.
111
V. d. L. unschmelzbar , mit Phosphorsalz in der aussem Flamme ein
gelbes in der mnern ein schön grünes Glas gehend • in Salpetersäure
mit gelber Farbe löslich ; die Losung wird durch Ammoniak gelb ge-
fallt. Bestdth. nach Klapr. : UO 85,5, FeO , 2,5, PbS 6,0, SiOs 5,0. —
bormei : UO. {Kersten fand auch Spuren von Selen darin und den Ge-
halt an Siü3 veränderlich).
Findet sich im Urgebirge auf Gängen, die Silber und Zinnerze führen :
Joachimsthai in Böhmen ^ Sachsen , Cornwallis.
Man bereitet aus dem Uran schwarze und gelbe Farben zur Porzellan-
malerei.
22. Uranocker.
(Syn. Uranoxydhydrat.)
Derbe Parthien , angeflogen, eingesprengt. — Br. erdig; sehr weich.
Sp. G. = 3,9 4,1. Undurchsichtig. Gelb , bräunlich, röthlicli.
^ ‘ in der innern Flamme grün werdend, ohne zu schmelzen,
sonst wie Uranpecherz. In der Glasröhre Wasser gebend. Bestdth. des
sächsischen hyacinthrothen Pechuran nach Kersten : .UO, 72,0, P^05 2,30
CaO 6,00 , H20 14,75, Si203 4,26 und Spuren von Mangan , Flusssäure
und Arsenik.
Mit andern Uranerzen in Böhmen , Sachsen und Frankreich vor-
kommend.
GRUPPE II. THONERDE UND ALUMNATE.
Die Mineralien der Thonerde-Gruppe krystallisiren im re-
gelmässigen , ein- und einaxigen und drei- und einaxiären Sy-
steme, sind im Bruche muschelig, selten nneben. Die geringste
Härte hat der Gibbsit , welcher nur durch Flussspath geritzt
wird die grösste der Korund, mir durch Diamant ritzbar.
Die Grenzen des sp. Gew. liegen heim Gibbsit = 2,4 und Blei-
gummi — 6,4. Sie sind durchsichtig , auch nur durchscheinend
(Biaspor, Gahnit, Bleigummi), haben oft lebhaften Glasglanz,
selten Fettglanz, kommen in allen Farben und ihren Nüanzen
vor. Sind v. d. L. für sich unschmelzbar und werden grössteu-
iheiis durch Phosphorsalz aufgelöst, ausgenommen Gahnit Mit
Cobaltauflösung befeuchtet und geglüht nehmen sie eine schöne
blaue Farbe an , ausgenommen Spinell und Gahnit
i . Korund.
Kryststm drei- und einaxig. Krystf. 1) Combinationen
des Rhomboeders mit der gerade angesetzten Endfläche ; 2)
sechsseitige Säule ; 3) diese Form mit hinzu tretenden Rhombo«.
flerflächen ; 4) Hexagondodecaeder und mehrere andere ver-
wickelte Combinationen. Kryst. M. mit körniger Textur; dicht,
112
Smirgcl.
Oberfläche rauh oder gestreift. — Spaltbar parallel den Flachen
des Rhomboeders und der gerade angesetzten Endfläche. Br,
muschelig in’s Unebene. H. = 9; spröde; sp. G. = 3,9. Glas-
glanz. Strich : weiss.
V. d. L. für sicli unveränderlich , in Phosphorsalz langsam,
aber vollkommen löslich; mit Cobaltsolution befeuchtet und ge-
glüht eine schöne blaue Farbe annehmend; im Kolben kein
Wasser gebend und in Säuren unveränderlich. — Formel : AI203,
gewöhnlich mit etwas Kieselerde und Eisenoxyd verunreinigt.
Arten.
Saphir . (Syn. Rubin, Salamstein, Lapis Saphirus, L. Rubinus.)
Kryst. oft mit gewölbten und gestreiften Flächen, einzeln ein.
gewachsen, häufiger als lose Körner oder Geschiebe. Durch-
sichtig mit doppelter Strahlenbrechung ; zuw eilen mit eigenthüm-
lichen, sternförmigen Scheinen (Sternsaphire). Wasserhell;
blau, roth, grün, gelb, in den verschiedensten Nüanzen, aber
fast immer rein. Bestdth. nach Clienevix , a) des blauen: A1203
92.00, Si03 5,25, Fe203l,00; b) des rothen: A1203 90,0, Si03
7.0, Fe203 1,2.
Findet sich in Basalten und basaltischen Laven: im Siebengebirge „
Niedermennig 3 Frankreich. Im Sande der Flüsse und im aufgeschwemm-
ten Boden: Böhmen, Sachsen, Zeylon, China.
Saphir und Rubin CCarbunculus) waren ehemals officinell. Der
erstere gehörte zu den fragmentis lapidum quinque pretiosorum. Der
Saphir ist ein sehr beliebter Edelstein; unter diesem Namen versteht man
die blauen, Rubin ist die rothe, orientalischer Topas die gelbe und or.
Amethyst die violblaue Abänderung, Schlechte Stücke gebraucht man
Eum Schleifen minder harter Steine. Der licht-blaue Saphir giebt vor-
zügliche Linsen für Microskope. Unächte und nachgemachte Saphire er-
kennt man an der geringeren Härte, den minder lebhaften Farben und
Glanz.
2) Korund. (Syn. Diamantspath.) Kryst. rauh, mit Feld-
spathrinden überzogen , matt , fast immer einzeln eingewachsen.
Durchscheinend. Fett- und Perlmutterglanz. Grau in’s Grüne,
Rothe , Violette , Blaue und Braune übergehend. Bestdth. nach
Clienevix: A1203 86,5, SiÖ3 7,0, Fe203 4,0.
Kommt eingewachsen vor in Granit, Glimmerschiefer, Dolomit: in
Piemont, Russland, Schweden, Ostindien, Baltimore .
Der selten vorkommende Korund mit reinen Farben wird als Schmuck-
stein geschliffen ; der unreinere dient zum Schleifen der Edelsteine und
Poliren der Metalle,
3) Smiryel (Lapis Smiridis). Derbe M. mit körniger
Text., auch dicht; einzelne kleine Parthien und eingesprengt.
Durchscheinend a. d. K. ; schwach fettglänzend , oft nur schim-
mernd. Bläulich-grau , unrein Smaltc-blau.
Spinell.
113
Findet sich auf Lagern talkiger Gesteine: Im Erzgebirge in grossen
losen Massen, auf Naxos , bei Smyrna, in Spanien , England.
Der Smirgel ist oft nur ein inniges Gemenge aus Korund und Mag-
neteisen. Er wird sehr häufig verfälscht , indem man oft dafür die ver-
schiedenartigsten Mineralien, die etwas hart sind, als Quarz, Magnet-
eisen oder Schlacken erhält. Was im Handel vorkommt ist oft nichts als
der Abfall geschliffener Steine. Er diente früher statt der Diamanten
zum Glasschneiden, jetzt benutzt man ihn zum Schleifen von Glas und
Metallwaaren , zum Poliren harter und zum Zersägen weicherer Steine.
Der geschlemmte Smirgel , mit Oel gemengt auf Leder getragen dient
zum Schleifen und Abziehen von Schneideinstrumenten. ° 7
2. Diaspor.
(Syn, Thonerde-Hydrat ? Eisenschüssiger Cyanit, Anthophyllit z. Th.)
Kryststm. ein- und eingliedrig. Iiryst. ; blättrig-strahlige M. — Br.
uneben. H. = 5,5; spröde; sp. G. = 3,46. Durchscheinend; Glasglanz ;
weiss , gelblich-weiss, gelblich-braun durch zarte Ueberzüge von Eisen-
oxydhydrat. Angehaucht einen starken Thongeruch entwickelnd.
V. d. L. wie Korund, aber im Kolben heftig verknisternd , zu weis-
sen Schuppen zerfallend und viel Wasser gebend. Bestdth. nach Cliil-
dren : A1203 76,06, H20 14,70 und Fe203 7,78 mechanisch beigemenet. —
Formel: A1203 . H20. ö
Mit schlackigem Brauneisenstein und Glimmer am Ural (Ekatherinen-
burgj Gänge im Urkalkstein bildend.
3 . Gibbsit
Stalaktitische, röhrenförmige M. — H. = 3,5; sp. G. =2,4. Durch-
scheinend , schimmernd. Weiss in’s Graue und Grüne.
Y. d. L. wie Diaspor, aber im Kolben nicht verknisternd und von
Salzsäure angegriffen werdend. Bestdth. nach Torrey X A1203 64,8, H20
34,7. — * Formel: A1203 . 3H,0.
Braunsteingrube in Massachusets .
4. Spinell .
(Syn. Talkerde-Aluminat, Eisenoxydul-Talkerde-Aluminat,
dodecaedrischer Korund.)
Kryststm. regelmässig-. Krystf. 1) Octaeder; 2) Dodecae-
der ; 3) Combinationen des Octaeders und Dodecaeders ; 4) des
Octaeders mit dem Ikositetraeder und 5) diese Form mit Dode-
caederfiächen ; 6) Zwillinge. — Schwierig spaltbar parallel den
Octaederflächen. Br. muschelig. H. = 8; spröde; sp. G. =r
<B,4 — 3,6. Starker Glasglanz. Strich : weiss oder graulich-grün,
V. d. L. für sich unschmelzbar ; mit Phosphorsalz (als Pul-
ver) leicht und vollkommen zu einem von Eisen oder Chrom
grün -gefärbten Glase schmelzbar.
Geigers Pharmacie . II. 1, (2 te Auß .)
8
114
Gab ait.
Arten.
1) Rother Spinell. Kryst. glatt , lose , gut ausgebil-
det, auch abgerundet, Körner. Durchsichtig bis durchscheinend.
Glasglanz sehr lebhaft. Roth in verschiedenen Nüauzen, auch
violett, pomeranzen-gelb , gelblich-braun. Bestdth. nach Abich:
A1203 69,01 , MgO 26,21 , Si03 2,02 , mit Spuren von Cr203 ,
FeO, MnO. — Formel: MgO . Ala03.
Im aufgeschwemraten Lande, im Sande der Flüsse. Zeylon, Pcgu ,
Misore.
2) Blauer Spinell. Kryst. stets eingewachsen ; kryst.
Körner. Durchscheinend ; wenig glänzend. Blau in’s Röthliclie
und Graue. Bestdth. nach Abich: A1203 68,91, MgO 25,72,
Si03 2,25 , FeO 3,49 , mit Spuren von MnO. — Formel :
MgO . A1203.
Findet sich im körnigen Kalk: Schweden > Mähren; in Dolomit:
Zeylon ; in glasigem Feldspath-Gestein : Laaclier See , Vesuv.
3) Pie onast. (Syn. Schwarzer Spinell , Zeylanit , Candit.)
Kryst. zuweilen rauh, mit Eisenocker oder silberweissem Glimmer
überzogen ; einzeln ein- , auch aufgewachsen , häufig drüsig ver-
bunden. Durchscheinend , oft undurchsichtig. Sammetschwarz ,
bläulich- oder grünlich-schwarz. Bestdth. nach Abich: A1203
66,89, MgO 23,61, Si03 1,23, FeO 8,07. ( Plattner und Breit-
haupt konnten kein FeO , wohl aber UO darin entdecken.) —
Formel : [MgO, FeO]. A1203. •
Im grobkörnigen Kalk von besonderer Grösse : New- York ; ferner
auf Zeylon , in Tyrol Baiern, Mähren; in vulkanischen Aufwürflingen
am Vesuv
Im Handel kommen oft geglühte Amethyste und schöne Granaten als
Spinelle vor, die aber minder reine Farbe besitzen und weicher sind.
Ehemals wurde der Spinell als Rubin im Arzneischatz gebraucht. Als
Edelstein ist er sehr geschätzt, wenn er lebhafte Farben besitzt und
erhält dann verschiedene Namen ; so heisst der hoch-rothe Rubin-Spinell ,
der blass-rothe Rubin- Baiais , der gelblich-rothe RubicelL und der in's
Blaue spielende Almadin.
5. Gahnit.
(Syn. Zinkoxyd - Aluminat, Automolit, octaedrischer Korund.)
Kryststm. regelmässig Krystf Octacder. Kryst. oft rauh , bedeckt
mit Glimmerblättchen oder dünner Blenderinde ; einzeln eingewachsen ,
derb; rundliche Körner. — • Br. muschelig. H. = 7,5; spröde; sp. G. =
4,4. Oft a. d. K. durchscheinend. Aussen Glas-, im Bruche Fettglanz.
Schwärzlich-grün in’s Blaue. Strich : weiss.
V. d. L. unschmelzbar. Mit Soda auf Kohle in der innern Flamme
einen ringförmigen Zinkbeschlag gebend ; in Borax und Phosphorsalz
Quarz.
115
beinahe , in Säuren vollkommen unauflöslich. Bestdth. des schwedischen
nach Abich: A1>03 55,14, ZnO 30,02, MgO 5,25, $i03 3,84, FeO 5,85.
Plattner konnte kein FeO , dagegen 6 — 8 p. C. UO darin finden. —
Formel : [MgO, ZnO], AI,03.
Im Talkschiefer: in Schweden ; mit Augit, Kalkspath und Quarz: in
New-Jersey.
6*. Bleigummi.
(Syu. Bleioxyd-Aluminat )
Nierenförmige und traubige Massen von faseriger Textur. — Br.
muschelig H. — 5; sp. G. = 6,4. Durchscheinend; glänzend. Gelblich
und röthlich braun.
Y. d. L. undurchsichtig werdend; halb schmelzbar; mit Soda redu-
zirbar. Bestdth. nach Berz. : Al, 03 37,00, PbO 40,14, H20 18,20. Mit
Spuren von S02, CaO, Fe203 , Mn203 , Si03.
Mit andern Bleierzen in der Bretagne.
GRUPPE III. KIESELERDE UND KIESELERDEHYDRAT.
Die Mineralien dieser Gruppe zeichnen sich besonders aus
durch ihr Verhalten v. d. L. , indem sie unschmelzbar sind , von
Soda und Borax leicht aufgelöst werden und in Phosphorsalz
und Säuren unauflöslich sind. Sie sind häufig unkrystallisirt ;
die krystallisirten gehören zum drei- und einaxigen Systeme;
haben muscheligen oder splittrigen Bruch, bedeutende Härte,
indem sie am Stahle Funken geben und den Feldspath ritzen,
aber vom Topas geritzt werden. Glas- bis Fettglanz. Beim
Aneinanderreiben zweier Stücke phosphorescirend.
i. Quarz.
(Syn. Rhomboedrischer Quarz.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. 1) Hexagondodecae-
der ; 2) Combination der sechsseitigen Säule mit dem Hexagon-
dodecaeder ; 3) selten mit der gerade angesetzten Endfläche ; 4)
Rhomboeder ; Zwillinge. Kryst. ; kryst. und derbe M. ; einge-
sprengt; Körner; Kryst. meist glatt, die Säulenflächen häufig
horizontal gestreift. — Unvollkommen spaltbar parallel den Flä-
chen des Hexagondodecaeders und der sechsseitigen Säule. Br.
muschelig. H. = 7 ; spröde ; sp. G. = 2,63 — 2,65. Durchsich-
tig bis undurchsichtig. Doppelte Strahlenbrechung. Glas- bis
Fettglanz. Wasserhell; weiss und fast in allen Farben. Durch
Aneinanderreibung zweier Stücke phosphorescirend ; am Stahle,
unter Entwickelung eines brenzlichen Geruches, Funken gebend.
Durch Reibung positiv electrisch , durch Erwärmen polarisch
electrisch werdend.
116
Amethyst
V. d. L. unschmelzbar ; mit Natron zu klarem Glase schmel-
zend ; in Phosphorsalz mit Säuren unauflöslich; im Kolben kehl
Wasser gebend. Bestdth.1 Si 48,72, 0 51,28. — Formel: SiOj.
Oft etwas AI2O3, Fe203 und M112O3 enthaltend.
Arte n.
1) B erg kry stall. (Syn. Marmaroscher Diamant, edler
Quarz, Crystallus montana.) Kryst. oft von bedeutender Grösse,
selten eingewachsen , oft auf vielartige Weise zu schönen Grup-
pen verbunden; Geschiebe (Rheinkiesel). Gewöhnlich durch-
sichtig. Senkrecht gegen die Hauptaxe geschnittene Platten zei-
gen farbige Ringe im polarisirten Lichte ; starker Glas- bis
Fettglanz. Wasserhell oder weiss im reinsten Zustande ; in fast
alle Farben übergehend ; weingelb (Citrin, böhmischer Topas),
gelblich- bis nelkenbraun (Rauchtopas), pechschwarz (Morion),
zuweilen schliesst er haarförmige Krystalle von Amianih und
andere Mineralien ein (Haar- oder Nadelsiein) oder Glimmer-,
Chlorit-, Silberblättchen, selten bewegliche Wassertropfen (Elba,
Schemnitz).
Findet sich auf gangartigen Weitungen abnormer Gebirgs-Gesteine ,
in sogenannten Kristall-Gewölben oder Kry stall- Keller n ; in Drusenräu-
men und auf Gangen als Begleiter mannigfacher Erze; eingewachsen in
Porphyr, Gyps ; als Geschiebe in vielen Flüssen; ausgezeichnet durch
Grösse und Schönheit in den Schweizer- , Tyroler- und Salzburger- Alpen,
in Madagascur , Zeylcn , Brasilien. Am Paradiesflusse in Nova-Scotia
sind neuerdings Krystalle von 90 bis 120 Pfund und früher einer in der
Schweiz , der 8 Centner wog, gefunden.
Der Bergkrystall war früher officinell. (Um ihn pulvern zu können
muss er durch Glühen und Ablöschen mürber gemacht werden). Er wird
häufig, besonders der Rheinkiesel, geschliffen und als Schmuckstein be-
nutzt; auch macht man Pettschafte , Gemmen, Dosen, Krön- und Arm-
leuchter, so wie Vasen und Reibschalen daraus. Endlich bereitet man
aus demselben die feinsten Glasflüsse und sucht durch Versetzung mit
verschiedenen Metalloxyden die farbigen Edelsteine nachzuahmen.
2) Amethy st (Lapis amethy stus). Häufig kryst., sel-
ten zur Säule ausgebildet; drüsig verbunden; keilförmig, stänge-
lig abgesondert , zuweilen sternförmig auseinanderlaufend : derb
und in Geschieben. Vioiblau, auch grau in’s Nelkenbraune.
Bestdth. nach Rose: Si03 97,50, Al2O3 0,25, Fe203, M112O3 0,75.
Kommt auf Gängen im Porphyr vor: Ungarn , Erzgebirge, Harz ,
Steyermarh 3 Schlesien , England ; in Blasenräumen vulkanischer Mandel-
steine, in Achatkugeln: Oberstein. Sehr schön als Geschiebe: Zeylon ,
Spanien.
Man brauchte ihn früher als Arzneimittel und trug ihn als Amulet
zum Schutze gegen Gifte und Trunkenheit. Den schön gefärbten schleift
man zu manchen Gegenständen des Schmucks, auch zu erhaben und
vertieft geschnittener Arbeit.
CltaLzedon.
117
8) Gern einer Quarz. After-Krystalle und Ueberzüge
nach Fluss-, Kalk-, Baryt- und Gypsspath formen und über
Bl eiglanz- Würfel ; derb, traubig, nierenförmig , stalaktitisch,
zellig , zerfressen , mit Eindrücken , in Platten , eiügesprengt ,
in Geschieben, Körner und als Sand , mit theils körniger, theils
schaliger Textur. — Br. splittrig in’s Ünebene, oft nur a, d. K.
durchscheinend. Weiss , grau, grün r roth, braun, blau in ver-
schiedenen Nüanzen. Bestdth. nach Bucholz : Si03 97,75,
AJ203 0,50, H20 1,00.
Gan? allgemein yerbreitet als selbstständiges Gestein (Quarzfels),
oder als wesentlicher Gemengtheil vieler Felsarten; ferner auf Gängen
und Lagern, als Geschiebe und Sand in den Diluvial- und AUuvial-
Ablagerungen.
Er wurde ehedem wie der Bergkry stall als Arzneimittel benutzt.
Seine älteste und wichtigste Anwendung ist die zur Bereitung • des Glases,
Porzellans, Wasserglases, Steinguts, Töpferwaare , derSmalte. Auch dient
er als flussbeförderndes Mittel bei manchen kalkhaltigen Erzen ; zu Mühl-,,
selten zu Bausteinen., zu Reib- , Glätte- und Pflastersteinen u. s., w.
Als Varietäten des gemeinen Quarzes führen wir hier an : 1) den
Rosen- oder Milchquarz; derb, rosenroth in’s Graue. (Der von
B abenslein bei Zwisel enthält nach Fuchs 1 bis 1 */, p C. Tiö, — 2)
S ap h ir qu a r z (SideritJ ; derb, indigo- und berliner-blau. — 3)Stink-
q u a rz; derb , grau, beim Zerschlagen einen unangenehmen Geruch ent-
wickelnd. — 4) Schillerquarz (Katzenauge); derb, mit faseriger Text,
von Amianth durchweht, grau, grünlich-grau, braun und gelb-roth mit
einem eigenthümlichen , beweglichen Lichtscheine. Bestdth. nach Klapr.i
Si0.3 94,50, At*03 2,00, CaO i ,50- — 5) Pra.sem: kryst. und derb;
lauch-grün, mit Strahlstein (lurchwebt oder verschmolzen. - — 6) Faser-
quarz; derb, in Platten mit feinfaseriger Textur.: Weiss in’s Graue und
Rothe. — r 7 ) Aventurin; Kryst.; derb, braun, roth , mit gelbschim-
mernden. Sprüngen und zuweilen beigemengten Glimmerblättchen. — • 8)
Eisenkies el^ kryst. und derb , mit rothem oder braunem Eisenocker
innig gemengt, roth, gelb oder braun. — 9) Fulgurite (Blitzröhren t
Blitzsinter Durch das Einschlagen des. Blitzes ia Sand gebidclete , oft
sehr lange und ästige Röhren, von verschiedener Dicke, aussen mit zacki-
gen Hervorragungen , innen mit Glasfluss überzogen, kleintraubig, porös
von graugelber Farbe. Finden sich: Senner Heide im Lippischen , am
Harz , England Egypten .
4) Chalze don (Lapis chalzedonius). Kryst. in der
Grundform; After-Krystalle nach Kalk-,, Baryt- und Flussspath-
Gestaiten; tropfsteinartig , traubig' , nierenförmig', derb, Platten,
stmnpfeckige Stücke und Geschiebe, auch als Versteinerungs-
mittel. Halbdurdisichtig bis durchscheinend. Wenigglänzend bis
matt. Weiss, grau, blau, grün (Plasma), gelb, roth, braun",
schwarz, gewölkt, gedeckt oder gestreift (Onyx), zuweilen mit
baumförmigen Zeichnungen (Molikastein). Bestdth. nach Gylon:
Siö3 86,08 , A1203 4,11, CaO 4,16 ; Fe203 7,63.
Häufig verbreitet als Ausfüllung der Blasenräume in Mandelsteinen:
Oberstein t Baden, Island; auf Gängen in Porphyr, Diorit: Ungarn r
Sachsen; auf Erzgängen: Siebenbürgen , Sachsen u. a, a. 0.
118
Jaspis.
Varietäten des Chalzedons sind: 1) Karneol (Lapis Carneolus ,
Sardonius, SardaJ ; derb, wachsglänzend, blut-roth in s braune und
Gelbe. Am schönsten als Geschiebe im Orient, Arabien. Nach Gaulihier
de Claubrys Untersuchungen verdankt der Karneol seine Farbe einer or-
ganischen Substanz. — 2) Heliotrop; derb, fettglänzend , grün, mit
rothen Punkten. — 3) Chrysopras: derb und in Platten, durchschei-
nend ; fettglänzend, durch Nickeloxyd apfel-grün gefärbt; in Schlesien,
(Der llaytorit von den Magneteisenstein-Gängen in Devonshire ist ein
Clialzedon in Afterkry stallen nach Datholith-Gestalten. Bestdth. nach
Wähler: 98,5 Si03 , 0,2 Fe^tF,, Glühverl. 0,5.)
Man verfertigt aus dem Clialzedon Reibschalen und Reibsteine u a.
G. Der Karneol war ehedem ein Arzneimittel und gehörte zu den frag-
mentis lapidum quincjue pretiosorum ; er wird wie die beiden andern
Varietäten zu Bijouterie-Steinen verarbeitet.
5) Feuerstein. Rundliche M. und knollige Stücke,
Platten , derb , als Geschiebe und Versteinerungsmittel. Durch-
scheinend a. d. K. Grau in’s Gelbe, Braune und Schwarze,
zuweilen geheckt oder geflammt. Bestdth. nach Klapr. : Si03
98,00, A1203 0,25, CaO 0,50 , Fe2Ö3 9,25, H20 1,00.
Findet sich im Kreide- und im jüngern Kalk-Gebirge , in lagenweise
vertheilten runden Massen, oder als dünne Schichten: Insel Rügen ,
Nord- Deutschland , Dänemark , Champagne , Siid-Englancl ; auch als
Geschiebe: Würtemberg , Spanien.
Der Gebrauch des Feuersteins und seine Unentbehrlichkeit, beson-
ders in frühem Zeiten , sind hinreichend bekannt. Percussions-Schlösser
und Zündapparate aller Art haben seine Anwendung in neuerer Zeit sehr
beschränkt. Im gepulverten Zustande wurde er früher auch als Reiz-
mittel der Haut in der Mediciri gebraucht. Man benuzt ihn ferner bei
Bereitung des Flintglases, des Steinguts, zu Polir- und Glättsteinen, zu
Möfser und Reibschalen. (Der Schwimmstein ist ein verwitterter Feuer-
stein , umhüllt den letztem, ist knollig, nierenförmig, porös.)
6) Hornstein (Lapis corneus). After-Krystallc nach
Kalkspathformcn , kugelig , tropfsteinartig, derb, als Yersteine-
rungsmittel. A, d. K. durchscheinend. Matt oder schimmernd.
Grau , gelb , roth , braun , grün. Bestdth. nach Klapr. : Si03
98,25, A1203 0,75 , Fe203 0,50, H20 0,50.
Auf Gängen im altern Gebirge und manche Erze führend : am Harz ,
Rühmen, Erzgebirge ; als Kugeln in Kalksteinen: Baiern, Baden. —
Her Holzstein im alten Sandsteine und im aufgeschwemmten Boden :
Frankfurt , Thüringen , Ungarn, Sibirien.
Man benutzt den Hornstein wie Quarz, Feuerstein und Chalzedon ;
er macht einen Bestandtheil der Schmelztiegel aus,.
7) Jaspis (LapL: jaspidis). Derb, eingesprengt, in Ge-
schieben. Wachsartig-schimmernd his matt. Roth, braun, schwärt',
selten grün; die Farben in geraden oder getrödenen Streifen
wechselnd (Banddasvfyj. Rundlich^ Stücke , mit ringförmigen
Zeichnungen, welche dch um einen Kern schliessen (Kugel-
Jaspis , egyjjtischer
Opal.
119
Der Jaspis kommt auf Gängen mit verschiedenen Erzen vor : Sach-
sen, Böhmen , Tyrol , Frankreich , Sibirien; der Band-Jaspis am aus-
gezeichnetsten in Sibirien-, auch in Böhmen , Tyrol , Ungarn. Id er Kugel-
Jaspis im Bohnerz in Baden , als Geschiebe in Egypten.
Ehemals wurde auch der Jaspis als Arzneimittel angewandt. Jetzt
verarbeitet man ihn zu verschiedenen Geräthschaften , auch zu Reibscha-
len , Probirsteinen, Vasen u. s. w.
Anhang.
Achat ist ein Gemenge mehrerer Quarzarten, besonders von Ame-
thyst , Chalcedon , Jaspis und Hornstein , die in Lagen miteinander ver-
bunden sind. Man unterscheidet nach der Zeichnung und dem Verbunden-
sein : Band- (Onyx), Feslungs- , Wolken- , Moos-, Trümmer Punkt-,
Korallen- Achat u. s. w. Er kommt auf Gängen vor im Gneis und Por-
phyr, als Ausfüllungsmasse der Blasenräume in Mandelsteinen : Oberstein ,
Baden , Sachsen , Ungarn, Sibirien.
Ehemals brauchte man den Achat in Pulverform als Arzneimittel;
jetzt werden besonders schöne Geräthschaften, als Mörser, Reibsleine,
Tischplatten u. a. G. daraus gefertigt.
8) Kie s els eine f er (Lydischer Stein , Lapis lydius ,
Probierstein). Dichte M. Schwarz iiTs Graue und Grünliche.
Enthält: Kieselerde, Thonerde, Kalkerde, Eisenoxyd und Kohle
eingemengt.
Er findet sich auf Lagern im Thonschiefer-, Grauwacke- und
Uebergangskalk-Gebirge , auch als Geschiebe im Alluvium : Baiern , Sach-
sen, Harz , Schlesien , Ungarn, Hessen.
Man 'benutzt den dichten schwarzen zu Probiersteinen für Gold und
Silber, als Wetz- und Reibstein, als Pflaster- und Baustein, besonders
heim Wasserbau.
2 . Opal.
(Syn. untheilbarer Quarz.)
Nicht kryst. ; derbe, glasartige M. von verschiedener Ge-
stalt. — H. = 5,5 — 6,5; sehr spröde; sp. G. = 2,0 — 2,2.
Glasglanz , zuweilen fettartig. Wasserhell , weiss und in ver-
schiedenen Farben. Phosphorescirt im Dunkeln beim gegenseiti-
gen Reihen.
V. d. L. unschmelzbar , zerknisternd , trübe und glanzlos
werdend; in Borax zu klarem Glase lösbar. Im Kolben Was-
ser gehend.
( Forchhammer glaubt, dass man für die Opale eine verschiedene
Zusammensetzung anuehmen müsse. Einige sind übersaure Silicate von
MgO , CaO , KO und NaO ; andere sind reine Hydrate der Kieselerde.
Beide rühren von der Zersetzung des Feldspaths her, die im ersten Falle
durch Wasser von hoher i emperatur bewirkt wird. Diese gehören der
Trappformation an und ihre Bildung ist analog der Ausscheidung von
Kieselerde aus auflöslichen, kieselsauren Alkalien; oder der Bildung
120
Gemeiner Opal.
des Kieselsitfters in der Natur. Alle Opale, welche reine Hydrate der
Kieselerde darstellen, gehören der Trachvtformation an, wo sie mit
Alaunstein Vorkommen. Ihre Bildung ist bedingt durch Entwickelung von
Schwefelsäure aus dem Trachvt u&d Einwirkung derselben auf den Feld-
spath , also analog mit der Zersetzung kieselsaurer Alkalien durch Säuren.
Poggend. Ann. Bd. 35.)
Arten.
1) Edler Opal, Derb und eingesprengt. Br. muschelig.
Halbdurchsichtig. Starkglänzend. Milchweiss , gelblich , bräun-
lich und lebhaft in grün , roth , blau u. s. w. spielend und fast
alle Farben der Edelsteine in sich vereinigend. Bestdth. nach
Klapr.: Si03 90. H20 10.
Kommt in trachytischem Trümmer-Gesteine auf nicht weit gestreck-
ten Gängen und Adern, oder nesterweise vor: Ungarn , America.', einge-
wachsen un'cl eingesprengt in Dolerit : Frankfurt a , M. ; in Porphyr :
Sachsen ; im Mandelstein der Wacke: Färöer .
2) F eue r-Op ah Derb. Br. muschelig. Durchsichtig.
Starkglänzend. Hyacinthroth in’s Honig- und Weingelbe, an lich-
teren Stellen irisirend ; karminroth und apfelgrün ; zuweilen
baumförmige Zeichnungen umschliessend. Bestdth. nach Klapr,:
Si03 92,00, H20 7,7 5, Fe203 0,25.
Findet sich in trachytischem Porphyr: Mexico ; im Mandelsteine
Färöer.
' ■ !>!•'..> tifl (i- ,)j »!, nx n- >•
3) Jlyalith. Traubig, nierenförmig, tropfsteinartig , als
Ueberzug. Br. muschelig. Durchsichtig. Wasserhell; auch weiss
in’s Gelbe, Graue und Rothe. Bestdth. nach Bucholz: Si03
92,00, H20 6,33, A1203 Spur.
Kommt in Blasenräumen basaltischer Gesteine vor: Welterau, Kai-
ser Stuhl , Böhmen , Ungarn , Ischia , Mexico.
4 ) Gemeiner Opal (Wachsopal , Pecliopal). Derb,
eingesprengt , selten stalaktitisch. Br. muschelig. Durchscheinend
bis Halbdurchsichtig. Starkglänzend. Milchweiss in’s Gelbliche,
Röthliche und Grünliche; gelb und grün in verschiedenen Ab-
stufungen ; die weissen Abänderungen zuweilen in rotheii und
blauen Farben spielend, jedoch immer nur in einer. Bestdth.
nach Klapr.: Si03 93,5, H20 5,0, Fe203 1,0.
Kommt auf Gängen und in denselben Felsarten vor, wie der edle
Opal : Ungarn, Sachsen; in Serpentin: Schlesien • im Mandelsteine: Fä-
röer , Island.
Das Wellauge ( Hydrophan ) ist edler oder gemeiner Opal, der durch
eigenthümliche Verwitterung sein Wasser und dadurch Glanz und Durch-
sichtigkeit verloren hat. In Wasser, geschmolzenes Fett, Wachs, Wall-
rath u. s. w. geworfen , saugt er dasselbe unter Entwickelung vieler
Kieseltuff.
121
Luftblä sehen ein, und gewinnt seine früheren Eigenschaften wieder. Man
findet dasselbe im Porphyr-Gebirge bei Seliz in Sachsen.
5) Halb op al. Derb, After - Krystalle nach Kalkspath-
formen, als Versteineruiigsmittel von Holztheilen (Holzopal) ,
oft noch mit deutlicher Holztextur , erkennbaren Jahresringen,
Astansätzen u. s. w. Br. flachmuschelig in’s Ebene, Nur a. d. K.
durchscheinend. Wachsgläiizend, Weiss in’s Gelbe, Grüue, Graue,
Rothe und Braune; zuweilen in gestreiften Zeichnungen. Bestdth.
nach Klapr Si03 85,00, HaO 8,00, Pea03 1,75, Ala03 3,00,
Kohle 1,33.
Findet sich auf Gängen im Dolerit: bei Hanau ; in Porphyr-Gestei-
nen : Ungarn. — Der Holzopal vorzüglich schön in Ungarn und im Sie-
le ngebir ge am £thein
6) Menilith. Knollig, liieren- oder plattenförmig. Br.
flachmuschelig. A. d. K. höchstens durchscheinend. Wenig glän-
zend, aussen matt. Kastanienbraun, gelblich-grau ; aussen oft
blau. Bestdth. nach Klapr.: Si03 85,50, H20 11,00, FeO 0,50,
A1203 1,00, CaO 0,50.
Eingewachsen in Klebschiefer: Menil-le-Montant bei Paris .
7) Kascholong (Perlmutter opal). Derb oder als Ueber-
zug. Br. flachmuschelig. Wenig perlmutterglänzend bis matt.
Milchweiss in’s Rothe und Gelbe.
Kommt wie der Chalzedon vor und wechselt mit diesen oft in dün-
nen Lagen: Island , Grönland ; im Brauneisenstein: in Kärnthen .
8) Jasp opal (Opaljaspis). Derb, eingesprengt , sta-
laktitisch, knollig und plattenförmig. Br. flachmuschelig. Stark
fettglänzend. Grau, gelb, roth und braun. Bestdth. nach
Klapr.: Si03 43,5, H20 7,5, Fe2Oa 47,0.
Findet sich in trachytischem Trümmer-Gestein : in Ungarn , Sachsen.
9) Kieseltuff (Kieselsinter , Fiorit). Tropfsteinartig ,
zackig und in porösen M. Derb; als Ueberzug von Pflanzen-
stengeln und Blättern , aussen uneben und rauh. Durchscheinend
bis undurchsichtig ; schimmernd oder matt. Weiss in’s Graue und
Röthliche. Bestdth. des vom Geyser nach Kersten: Si03 94,01,
AI203 1,90 , I120 4,0 , CI und Fe203 Spuren.
Kommt als Absatz heisser Quellen vor: Island s Santa fiore . Tsch.ia ,
Böhmen. (Sehr interessant sind die neuesten Untersuchungen Ehren-
berg3s , wonach der Kieselguhr von Franzensbad ganz aus den Panzern
eines Infusionsthierchens, der Navicula viridis , besteht; ebenso besteht
der Kieselguhr von Isle de France und das Bergmehl von Santa fiore
ausschliesslich aus verschiedenen Arten von Infusorien.)
Den edlen Opal gebrauchte man ehemals als Arzneimittel. Er ist
122
Tripel.
seines prachtvollen Karbenspiels wegen als Edelstein «ehr geschätzt Die
rothspielenden sind die kostbarsten. Der Feueropal wird auch zu Schmuck-
sachen benutzt, so ebenfalls der gemeine Opal , dessen Pulver zurnPoliren
mancher Edelsteine dient. Aus dem Halbopal verfertigt man Ringsteine
u. s. w. und. aus dein Holzopal schneidet man , besonders in Wien ,
Dosenstücke. Den Jaspopal verarbeitet rnan in der Türkei zu Säbel- und
Dolchgriffen und aus dem Kascholong sollen die Kalmücken ihre Götzen-
bilder und mancherlei Hausgerüthe verfertigen.
(Den Halbopal von Bilin fand Ehrenberg theils ganz aus , durch
eju geringes, kieseliges Cement vereinigte, Infusorien bestehend, theils
führt er einzelne grössere Infusorienforinen so in sich eingesclilossen ,
wie die Insekten im Bernstein. Die Thierchen gehören der Infusorien-
Gattung Gailonella an; ähnlich verhielten sich Halbopale von mehreren
anderen Fundorten, mehrere heller gefärbte Feuersteine der Kreide, der
gemeine Opal aus Schlesien und der edle Opal von Kaschau. S. Poggend.
Ann. Bd. 38. St. 2. p 455. u. s. w.)
Anhang.
P oliv s chief er. Derbe M. Text, gerad- und dünnschie-
ferig. Querbr. feinerdig. — H. =» 1 — 2; zerreiblich, milde; sp.
G. — 0,6 — 0,8. Undurchsichtig. Matt. Weisslicligelb in’s Graue.
Mager anzufühlen. Wenig abfärbend, wenig an der Zunge hän-
gend. Das Wasser stark einsaügend.
Glilt. nach Bucholzi: Si0379,0, H2O14,0, Fe2034,0, A1203
CaO 1,0.
Kommt in Lagern in der Nähe von Steinkohlenflötzen vor: Böh-
men (Bilin) , Sachsen (Planitz^, Hessen (Cassel), Auvergne.
Wird unter dem Namen Silber- oder BläLtertrippel zum Poliren der
Metalle gebraucht.
Es ist dieser Polirsehiefer in neuester Zeit besonders interessant
geworden durch E h r e n b e r g's .microskopische Entdeckungen, nach de: m
er ganz und allein aus den Kieselpanzern von Infusorien besteht. Den
Polirsehiefer von Bilin bildet der Hauptmasse nach Podosphenia nana Ebrb .,
dann eine neue Art der Gttg. Gailonella , eine Navicula und Baccillaria.
Die IdnerfLen liegen, dicht gedrängt , haben im Mittel die Grösse von
yiss h inie. Nach Berechnungen liegen in einer Cubiklinie ohngefahr 23
Millionen, und ein Gran würde 187 Millionen enthalten.
Oer Saugschiefer von Bilin ist den mikroskopischen Untersuchungen
zufolge offenbar nur ein Polirsehiefer, dessen Infusorienschalen durch
formlose Kieselmassen so erfüllt sind , wie es leere und volle fossile
Muscheln giebt. Eben so fand' Ehr enb e rg den Saugschiefer allmählig
in llalbopal übergehend , indem die Cementinasse auf Kosten der ln-
fusorieüschalen zugenommen und die kleinen Schalen an Menge und
Schärfe der Umrisse abgenonimen haben. (Poggend. Annal. Bd. 38. St.
1 und 2.)
Tripel (Lapis tripolis , Terra tripolüana). Derbe M.
Br. muschelig bis erdig. — II. = 2,5; sp. G. = 2,02. Undurch-
sichtig. Matt. Gelblichgrau, weiss, gelb. Strich: weiss. Mager
iUizibühid’U. Pacht an der feuchtem Lippe hängend.
Wollastonit.
12ä
V. d. L. unschmelzbar, sich weiss brennend; in Borax auf-
lösbar. Ghlt. des Tr. von Ronneburg nach Rucholz : Si0331,<V
A1203 1,50, H20 4,55, FejOs 8,00, S03 3,45.
Kommt auf Lagern im Flütz-Gebirge mul im Diluvium vor: Ungarn
(Raussnitz , Prag) , Sachsen ( Dresden , Ronneburg), Baiern ('Arnberg},
Baden (Pforzheim J , Schweiz, Frankreich, Derby shire , Corfu , Tripolis .
Ehemals wurde der Tripel äusserlich als Streupulver benutzt. Jetzt
dient er zum Poliren von Metallen, Steinen; mit Roth eisen stein verbun-
den zur Politur optischer Gläser. Auch verfertigt man aus Tripel kleine
Formen, um Metallwaaren darin zu giessen. Als Surrogate - des Tripels
erhält man häufig Gelberde, manche erdige Mergel, verschiedene Kalk-
steine (der sogenannte MeJilbaz) aus der- Gegend vo# zersetzten
Schieferthon. In den andern als oben genannten Tripel - Sorten des
Handels fapd Ehrenb. keine Infusorien.
GRUPPE IV. SILICATE VON EINER BASIS.
•i'dv.-.v.'i w.M'Vvl fidb fror ' Id.'üyO '
Von den Mineralien dieser G rappe sind viele nur als derbe
kryst. Massen bekannt; mehrere gehören zum ein- und einaxi-
gen und zwei- und eingliedrigen einige zum drei- und einaxi-
gen Systeme, und nur der Zirkon gehört zum zwei- und ein-
axigen Systeme. Ihr Brach ist am häufigsten muschelig bi*
uneben , auch in’s Splittrige. Am weichsten ist der Speckstein ,
vom Gyps ritzbar ; die grösste Härte besitzt der Zirkon , den
nur Topas ritzt. Die Grenzen des sp. Gew. liegen beim Meer-
schäum =*=1,2 und Wollastonit — 5. Die mehrsten sind spröde,
wenige milde, nur eins zerreibiich ( jlisingerit ). Die Mehrzahl
ist durchsichtig bis durchscheinend ; viele undurchsichtig. Glas-
glanz findet sich häufig, er steigert sich zum Perlmutter-, selbst
Diamantglanz (Kieselzink und Zirkon); einige haben Fettglanz,
wenige sind matt; Metallglanz zeigt der schwarze Mungan-
kiesel. Sie kommen in allen Farben und ihren Abänderungen
vor. V. d. L. für sich sind wenige zum Glase schmelzbar (die
Silicate der alkalischen Erden). Alle in Borax vollkommen
und in Phosphorsalz mit Ausscheidung eines lüeselskeletts löslich.
1. Wollastonit.
(Syn. Zwei-Drittel-kieselsaure Kalkerde, Tafelspath, Sehaalstein, Zuriit,
prismatischer Augitspath.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig, Kryst. selten vollständig; kryst. M.
schalig, blätterig, stänglig. — Br. spiittrig in’s Unebene. H. = 4,5-5;
spröde; sp. G. — 2,8. Halb durchsichtig. Glas- oder perlmutterglänzend.
Weiss in’s Gelbe, Rothe lind Blaue. Durch Beiben und Erwärmen phüs-
phorescirend.
V. d. L. ruhig zu halbklarem' Glase schmelzbar (4,5) 5 bn Kolben
kein, Wasser gebend ; in Sulzsäure zur vollkommen steifen Gallerte lös-
124
Specksteiß.
lieh; die salzsaur* Auflösung wird nicht von Aetzammon, aber reifchikh
Von kohlensaurem Ammon gefüllt. Bestdlh. nach Hose: Si03 51,60, CaO
46,41 , mit Spuren von MgO, Mn203 , Fe203. — Formel: Ca0.2SiÖ3.
Ln körnigen Kalk: Ungarn, Schweden , Bergstrasse ß Pens/lvanien ,
am Vesuv (Zurlil)-
2. Okenil.
Derbe M. von schmalstrahliger Textur. — H. = 5 ; sp. G. = 2,2
A. d. K durchscheinend. Schimmernd bis perlmutterglanzend. Gelblich-
und blaulichweiss.
V. d. h • ziemlich leicht unter Aufschäumen zur porzellanartigen
Masse schmelzend (2,5 — 3). Im Kolben Wasser gebend ; in Salzsäure mit
Hinterlassung von gallertartigen Klumpen löslich. Die Auflösung- verhält
sich wie die der vorigen Gttg. Bestdlh. nach v. Kobell : Si03 56,99,
CaO 26,35, 11*0 16,65. — Formel: CaO . 4Si03 4. 211*0.
Im Mandelstein auf Disco-Eiland.
(Hierhin gehört auch wohl der Dysclasit von den Färöer -Inseln.
Text, faserig. H. = 4,5; sp. G. = 2,36* Glasglänzend; durchscheinend;
weiss. Von fast gleicher Zusammensetzung mit Okenit und Spuren von
JVaO , KO, FffjO/, Mn203 , dessen Formel nach A Connel = 9(CaO.
4$i03)-+- 16H20. Dieses Mineral zeigt nach Brewster doppelte Strahlen-
brechung, aber keine Pyro-Electricität und reflektirt blaues Licht.)
3. Speckstein;
(Syn. Neutrale-kieselsaure Talkerde , Seifenstein , Lapis Steatitis ,
Creta hispanica.)
After-Krystalle nach Quarz- , Kalk - und Feldspathformen i
derhe M. ; nierenförmig, traubig , stalaktitisch, ein gesprengt,
dicht. — Br. splittrig- ins Unebene. II. = 1,5; milde; sp. G.
s±= 2,6 — 2,7. A. d. K. durchscheinend. Matt bis fettglänzend-
Weiss ■ in’s Gelbe, Grüne, Graue, Rothe; oft bäum förmig ge
zeichnet. Nicht an der feuchten Lippe hängend ; sehr fett an-
zufühlen.
V. d. L. zusammenschrumpfend , an dünnen Kanten zu weis-
sein Email schmelzend , mit Borax zum klaren Glase , und in
Phosphorsalz mit Ausscheidung eines Kieselskeletts löslich. In
Säuren unveränderlich. Bestdth. des Chinesischen nach Lych-
neü: Si03 66,53, MgO 33,42. — Formel: MgO . Si03. (Der
Seifenstein ist eine Abänderung mit etwas Wasser und ziem-
lich viel Thonerde.)
Auf Gängen in Felsarten verschiedenen Alters, auch auf Lagern
Bayreuth , Oberpfalz , Erzgebirge. , Piemont , Cornwall , Schweden , Si-
birien , China.
(Der Pimelit von ICosemütz und der Cerolith von Frankenstein
in Schlesien*- gehören hierher. Der erstere ist ein durch Nickeloxyd grün
gefärbter Speckstein .)
Pyrallolith.
1 25
Ehedem benutzte man den Speckstein als Arzneimittel. Er dient
als Zusatz zum Schminkpulver ; zur Verfertigung feuerfester Gefässe ,
Tiegel, allerlei Figuren, Pfeifenköpfe, Schreibzengen; zum Poliren von
Gyps-, Stein-, Metall- und Glaswaaren; zu Pastellfarben, um auf Glas
zu malen; zum Zeichnen auf Glas und Reinigen der Kleider von Fett-
flecken.
4. Meerschaum.
(Syn. Neutrale kieselsaure Talkerde, Spuma tnarina.)
After-Krystalle nach Kalkspathformen; derbe, seltener knol-
lige M. — Br. eben in’s Muschlige. H. — 2,5; sp. G. = 1,2 — 1,6.
Matt, weiss in’s Gelbliche und Röthliche. Stark an der feuch-
ten Lippe hängend. Mager anzufühlen.
V. d. L. wie der Speckstein. Gegen Salzsäure wie Okenit
Im Kolben Wasser gebend. Bestdlh. nach Sjychnell: SiCK 60,87,
MgO 27,80, E20 11,29, Al*03Fe0 0,09. — Formel : MgO .
3Si03 -hHaO.
Findet sich auf Lagern: Livadien t Natolien , Spanien , Portugal,
Krimm.
(In der Türkei werden aus demselben die bekannten Pfeifenköpfe gemacht,
indem die Mhsse in eine Art Gährung oder Fäulniss gesetzt, geschlemmt
und halb trocken in Messingformen gebracht, im Schatten getrocknet,
dann in Oefen gebrannt, und später in Milch, dann in Leinöl oder
Wachs gesotten und mit Schachtelhalm und Leder polirt wird. Die in
Lemgo verfertigten sollen aus einer Mischung von Thon, Kreide und
Eierschalen bereitet werden. Sie nehmen von Silber und Gold einen
metallenen Strich an, was bei ächten Meerschaumköpfen nicht der Fall
ist. (Ueber microskopische Erkennung des ächten Meerschaums vergl.
Ehrenberg’s Abhandl, in Poggend. Ann. Bd. 39. St. 9. p. 101* u. f.) Im
Orient braucht man den Meerschaum auch zum Waschen des Gesichts
und zum Reinigen der Kleider von Fettflecken.
5. Pikrosmin.
(Syn. Zwei Drittel kieselsaure Talkerde , Asbest z. Th.)
Kryststm. ein- und einaxig Kryst. ; körnige M. — Br. uneben. H.
= 3,5; milde; sp. G. = 2,5— 2,6. Perlmutterglanz. Grün in verschiede-
nen Nüanzen. Strich : weiss.
V. d. L. unschmelzbar und sich weiss brennend; in Borax lösbar.
Bestdth. nach Magnus: Si03 54,8, MgO 33,3, H20 7,3, Spuren von
Fe203, Mn403 , A12Ö3. — Formel: 3(3MgO . 2Si03)-p.H20.
Auf einem Magneteisen-Lager in Böhmen ( PresnizJ .
6. Pyrallolith
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. schiefe rhombische Säule.
Kryst. M. ; derb. — « Br. erdig. H, — 3,5; sp. G. = 2,6. Matt. Weiss
ins Grüne.
Chrysolith.
126
Y. (1. L. an den Kanten zusammensinternd ; in Borax zu klarem
Glase, in Phosphorsalz mit Hinterlassung eines Kieselskeletts löslich. -
Bestdlh. nach Norde nskiöld : Si03 5(3.62, MgO 23,38, A1203 3,38, CaO
5,58, FeO und MnO 1,98, ILO 3,58.
Begleitet von Ivalkspath, Augit: in Finnland.
7. Ophit.
(Syn. Zwei drittel- kieselsaure Talkerde mit Talkerdehydrat , edler Ser-
pentin, blätteriger und schaliger Speckstein, Pierolith, Beilstein z. Th,,
Marmalitn, Punamu-Nephrit und Sclialentalk z. Th., Punamustein,
Lapis serpentinus.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. gerade rectanguläre
Säule. (Nach Breithaupt After-Kryst. nach Olivin-, Augit- und
Iloriihlendeformen). Derbe M. mit körniger, faseriger, oft zart
und büschelweise auseinander laufender Textur; dicht, einge-
sprengt. — Br. flachmuschelig in’s Splittrige und Unebene. IL
= 3; milde; sp. G. = 2,5— 2,6. A. d. K. durchscheinend.
Schwacher Fettglanz, auch matt. Von schwärzlicli- bis zeisig-
grün ; von schwefelgelb bis leberbraun ; bräunlich- bis blutroth ;
zuweilen gefleckt, geadert, geflammt. Strich: weiss und etwas
glänzend. Wenig fett anzufühlen.
V. d. L. an dünnen Kanten zu einem Email schmelzend (6) ;
in Borax zum klaren grünen Glase und in conc. Salzsäure mit
Hinterlassung eines schleimigen Pulvers löslich ; im Kolben
Wasser gebend. Bestdth. eines gewöhnlichen Serpentins von
Sala nach hychnell: Si03 42,16, MgO 42,26, H.O 12,33,
Fe203 1,98, Bitumen, C02 und Verlust 1,27. — MgO wird oft
durch FeO ersetzt. — Formel: MgO . HaO-h2([MgO, Fe0].2Si03).
(Man vergl. Lychnell über die Serpentine. Berz. Jahrsb. VII.
p. 191.)
Findet sich im Serpentinfels , gemengt mit körnigem Kalk , auch
adernweise zuweilen Bleiglanz, Arsenikkies eingesprengt enthaltend: in
Schlesien, Sachsen , Mähren , Fichtelgebirge , Schweden , Schottland,
Corsica , Massachusets.
(Man hielt ihn ehedem für ein Gegengift gegen den Biss giftiger
Schlangen.)
(Hierhin gehört wohl das T a lk s i 1 i c a t von Evston in Pensylvanien.
Es ist gelblich-grün. Sp. G. = 3,3. Ghlt. nach Thoms.: Si03 41,55,
MgO 40,15, Fe,Ö3 3,90, IIaO 3,70.)
8. Chrysolith.
(Syn. Drittel kieselsaure Talkerde, Olivin, prismatischer Chrysolith.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. gerade rectanguläre Säule, oft
mit gerade abgestumpften spitzen und stumpfen Seitenkanten ; Combi-
nalionen des Bhombenootai ders mit mehrern Prismen und der gerade
Kieselzinkerz.
157
angesetzten Endfläche u. s. f. Kryst. selten, meist kurz säulenartig mit
vertical gestreiften Seitenflächen, einzeln eingewachsen oder lose in Kör-
nern ; am häufigsten kryst. und derbe rundliche M. mit körniger Textur.
— Spaltbar parallel den Flächen der rectangulären Säule. Br. muschelig.
H. = 6,5—7; spröde; sp. G. = 3,3 — 3,4. Durchsichtig bis durchschei-
nend : glasglänzend. Pistaciengrün in’s Gelbe , Rothe und Bräunliche.
Strich: weiss.
Y. d, L. unveränderlich, mit Borax zum klaren grünen Glase schmel-
zend und mit Phosphorsalz unter Ausscheidung eines Kieselskelets lös-
lich. Bestdth. nach Strom.: Si03 39,73, MgÖ 50,13, FeO 9,19, mit
Spuren von MnO, NiO und A1203. — Formel: 3[MgO, FeO] . Si03, (MgO
wird in der Regel durch eine unbestimmte Portion FeO ersetzt; so ist der
Hyalosiderit vom Kaiserstuhl ein an FeO reicher Olivin.)
Findet sich .eingewachsen in Basalt, in basaltischen Trümmergestei-
nen und Laven und ist für diese ein bezeichnender Gemengtheil : Hessen ,
Siebengebirge , Eifel , Breisgau , Böhmen , Schottland am Vesuv ; in
manchen Meteoreisenmassen ; im aufgeschwemmten Boden: Brasilien ,
Natalien , Aetna .
(Hierher gehört auch der sogenannte krystaliisirte Obsidian in den
Höhlungen des schwarzen Obsidians von Mexico.')
Der Chrysolith wird zu verschiedenen Gegenständen des Schmucks
benutzt.
,9. Kieselzinkerz.
(Syn. Drittel-kieselsaures Zinkoxycl, Galmey z Th., Zinkglas, prismati-
scher Zink-Baryt, Lapis Calaminaris.)
Kryststm. ein- und einaxig. llrystf. gerade rhombische
Säule mit gerader Abstumpfung der stumpfen Seitenbauten ;
2) diese Form mit einer Zuschärfung, aufgesetzt 1) auf die
scharfen oder 2) auf die stumpfen Seitenbauten. Kryst. oft
sehr klein und tafelartig oder kurz säulenartig , mit theils' glat-
ten , theils gestreiften Flächen , einzeln aufgewachsen , häufiger
kugelförmig , traubig , fächerförmig gruppirt oder drüsig ver-
bunden. Würfelige After-Krystalle : kugelige, nierenförmige ,
tropfsteinartige Gestalten von stängeliger bis faseriger Textur;
derb , zellig , zerfressen. — Spaltbar parallel den Seitenflächen
der Säule. Br. uneben. H. = 5; spröde; sp. G. = 3,3 — 3,5.
Durchsichtig bis undurchsichtig. Glasglanz; zum Perlmutter-,
auch Diamantglanz sich neigend. Weiss , grau , gelb , grün ,
braun in verschiedenen Nüanzen ; die Farben theils in concen-
trischen Schichten wechselnd. Durch Erwärmen wird es auf-
fallend polarisch-electrisch und durch Reibung phosphorescirend.
V. d. L. unschmelzbar, anschwellend und die Kohle gelb ,
beim Erkalten weiss beschlagend ; mit Cobaltlösung befeuchtet
und geglüht eine grüne Farbe annehmend. Mit Salzsäure eine
vollkommene Gallerte bildend. In der Glasröhre decrepitirt es,
giebt Wasser und wird milchweiss. Bestdth. nach Berz'it ZnO
128
Schwarzer Mangankiesel.
66,83, Si0 3 24,89, H20 7,16, mit Spuren von PbO, SuOa, C02.
Formel : 2(3ZnO . SiO 5 ) -t- 3H2 0.
Findet sich auf Gängen in Grauwacke und Tlionschiefer , auf Lagern
im Ivalk ziemlich verbreitet und begleitet von Blei-, Kupfer- und Eisen»
erzen: Wiesloch in Baden , Siegen , bei Aachen und Lüttich, JVestpha-
len , Schlesien , Kärnthen, Polen , Sibirien.
Der Galmei dient noch in der Medicin als äusserlich angewandtes
Arzneimittel, es ist aber darauf zu achten, dass nicht zinkhaltige Hütten-
produkte statt des natürlichen Galmei untergeschoben werden, wie dies
häufig der Fall ist. Ferner wird der Galmei vorzüglich zur Bereitung
von Messing und Bronze und verschiedenen andern Metalloompositionen
verbraucht. (Der Zinkocker ist ein Gemenge aus Galmei und Eisenocker.)
(Wille mit kommt in kleinen stumpfen Rhomboedern , nierenförmig
und derb vor. Durchscheinend bis undurchsichtig. Weiss , gelblich , roth
und röthiich-braun. Bestdth. Si03 , ZnO und sehr wenig Fe203. Findet
sich bei Lüttich, am Altenberg bei Aachen J
40. Rother Mangankiesel.
(Syn. Zwei-Drittel-kieselsaures Manganoxydul , Kieselmangan, Rubinspath,
Rothstein.)
Kryst. M. von blätteriger und körniger Textur; derb und einge-
sprengt. Vollkommen spaltbar. Br. muschelig. H. = 4,5; spröde; sp.
G. = 3,fi. Durchscheinend. Glas- oder Perlmutterglanz. Rosenroth in’s
Violenblaue und Braune. Strich : röthlich-weiss.
V. d. L. in der innern Flamme auf Kohle zu einem durchscheinenden
rothlichen Glase schmelzend, welches in der äussern Flamme grau oder
schwarz wird. Das Boraxglas in der äussern Flamme stark amethystroth
Färbend. In dem Kolben kein Wasser gebend. Bestdth. nach Berz. :
MnO 49,04, Si03 48,00, CaO 3,12, mit Spuren von FeO und MgO 0,22-
Formel: 3Mn0.2Si03.
Findet sich auf Magneteisen-Lagern im Gneis ; in Schweden , Ungarn.
Er ist einer guten Politur fähig und wird zu manchen Gegenständen
des Luxus verarbeitet. >
( AUagit , Rhodonit , Photizil und Hornmangan sind Gemenge von
kohlensauren und Kiesel-Mangan mit A1203 , Si03, Fe203. Sie haben
rothe , gelbe , braune und weissliche Farben und kommen zu Schebenholz
und Stahlberg am Harz vor.)
41. Schivarzer Mang arikie sei.
(Syn. Drittel - kieselsaures Manganoxydul.)
Derb. Br. unvollkommen muschelig. Metallglänzend. Bleigrau in’s
Eisenschwarze. Strich : gelblich-braun.
V. d. L. anschwellend; das Boraxglas amethystroth färbend; im Kol-
ben Wasser gebend; in Salzsäure zersetzbar, aber nicht gelatinirend.
Bestdth. nach Klapr- : Si03 25, MnO 60, H20 13. — Formel: 3MnO.
Si03-+-3H20.
Findet sich bei Klappernd in Jüalecarlien.
SWeroschisolith. 129
Zu den Verbindungen der Kieselerde mit Manganoxyden gehören
noch : °
Babingtonit. Kryststm. ein- und eingliedrig. Kryst. klein, aufge-
wachsen. — Br. unvollkommen muschelig. H. = 6. Nur in Splittern
durchsichtig. Glasglanz. Schwarz in’s Grünliche. ^
V. d. L. leicht schmelzbar (2,7) zu schwarzem Schmelz ; inderäussera
Flamme das Boraxglas amethystfarbig, in der innern bläulich-^rün fär-
bend; mit Soda zur dunkel-grünlichen Kugel schmelzbar. Als Pulver in
Phosphorsalz mit Hinterlassung eines Kieselskelets lösbar. Ghlt. : SiO
MnO, FeO, CaO und Spuren von Ti02. 3>
Kommt auf Albit-Krystallen mit fleischrothem Feldspath vor: Nor-
wegen ( ArendalJ .
Neuntel-kieselsaures Manganoxyd {'Berz.J von St. Marcel
in Piemont. Ghlt: Si03 13,17, Mn,03 78,8, Fe203 4,14, AkO, 2,8. —
Formel: 3Mn203.Si03.
Manganoxydoxydul-Silicat. ünkrystallinisch. Br. uneben.
Hart; spröde; schwer; eisen-pechschwarz. Ghlt. nach Berth.: MnO 70,7*
O 6,1, Si03 15,4, Fe203 1,0, A1203 1,0, Quarz 2,8. — Formel!
3MnO . 2Si03-f-3Mn203.
Findet sich in Graubündten , in der Nähe von Coire .
12. Cererit
(Syn. Drittel-kieselsaures Ceroxydul , Cerit, Ochroit, untheilbares
Cerererz, Cerinstein.)
Derbe M. — Br. uneben bis splitterig. H. = 5,5; spröde; sp. G.
s= 4,9. Undurchsichtig; schimmernd; nelkenbraun bis Kirsehroth. Strich*
graulich-weiss.
V. d. L. auf Kohle zerspringend, unschmelzbar. Bestdth. nach Hi-
singer : Si03 18,0, CeO 68,5, H20 9,6, Fe203 2,0, CaO 1,2. — Formel:
3CeO . Si03-}-3H20.
Findet sich auf einem Kupferkieslager in Westmannland in Schweden.
13. Sideroschisolith.
(Syn. kieselsaures Eisenoxydul.)
Kryststm. drei- und einaxig. Kryst. unvollkommen; kryst. M.
Br.? H. == 2; sp. G. = 3,0. Undurchsichtig, starkglänzend, sanunt-
schwarz, Strich : lauchgrün.
V. d. L. auf Kohle zur eisenschwarzeu magnetischen Kugel schmel-
zend; im Kolben Wasser gebend. In Salzsäure zur Gallerte löslich, Ghlt.
nach Wernekink \ Si03 16-3, FeO 75,5, A13Ö5 4,1, HoO 7,3. Formel-
6FeO . Si03-J-3H20.
Kommt mit Eisenspath und Leberkies in Brasilien vor.
Andere kieselsaure Eisenoxyde sind: der Hisingerit ( Gillin gitj ,
derbe M. Textur blätterig. Br. erdig, weich, zerreiblick; sp. G. = 3;
fettglänzend, schwarz; Strich: grünlich-grau. V. d. L. wie Sideroschisolith.
Ghlt. nach Berz. : Si03 27,50, Fe0.Fe203 51,50, A12Ö3 5,50 , H20 11,75.
Geigers Pharmacie Jl 1. (2 te Aufl .) $
130
Kieselkupfer.
Findet sich mit Kalkspath in Siidermannland. — Hisinger beschrieb
(Poggend. Anu. Bd. 13) unter obigem Namen ein anderes Mineral , . wel-
ches sicli durch unvollkommen muschligen Bruch, bräunlich-gelben Strich
und schwieriger Schmelzbarkeit vom Hisingerit unterscheidet. Ghlt.
nach Hisinger: Si03 36,30, Fe0.Fe203 44, 39, H20 20,70. — Formel:
FeO . 3Si03-f-3(Fe203 . Si03)-f-41l20. Fs kommt eingewachsen vor im
Schwefelkies in Westmannland ffiiddarhyttan). — Diesem sehr ähnlich
ist der Thraulit von Bodenmais in Baiern. V. d. L. verhält er sich
wie Sideroschisolitli , schmilzt schwer und giebt mit Salzsäure keine
Gallerte. V. Kobell fand als Bestandteile : Si03 31,28, Fe203 50,86,
H20 19,2. Formel: Fe203 . Si03-J-Il20. Er findet sich eingewachsen im
Magnetkies. — Der Nontronit kommt in Manganerznestern im Dor-
dogne- Deport. vor; nierenförmig, Br. uneben, sehr weich, mit dem Na-
gel ritzbar, matt, durch Reiben mit harten Körpern Harzglanz erhaltend,
zeisiggelb, in Wasser geworfen durchscheinend werdend. Ghlt. nach
Berth.: Si02 44,0, Fe203 29. A1,03 3,6, MgO 2,1, H,0 18,7. Formel:
F ’e,03 . Si03-f-II20. — Der Fettboi von Freiberg; derbe M. , Br. eben,
weich, sp. G. = 2,24; innen mattbraun, hängt nicht an der Zunge und
fühlt sich fettig an. Ghlt. nach Kersten : Si03 46,40, Fe203 23,50 , A1,03
3,01, HjO 24,50. Formel: Fe203 . Si03-f-9H20. — Der Chiorophaeit
kommt in Blasenräumen basaltischer Gebilde vor: Island , Nordamerica ;
derbe M. , nierenförmig, ritzbar durch eine Federspule, grün in’s Gelbe;
a. d. K. durchscheinend; an der Luft dunkler weidend. Strich: unrein
braun. V. d. L. im Kolben kein Wasser gebend; auf Kohle zu schwar-
zem Glase fliessend.
14. Bioptas .
(Syn. Zwei-Drittel-kieselsaures Kupferoxyd, Kupfersmaragd , Rhomboe-
drischer Smaragd-Malachit.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. Combination: sechsseitig#
Säule mit den Rhomboederflächen zugespitzt. Kryst. kurz säulenförmig,
einzeln aufgewachsen, oder zu Drusen verbunden; derbe M. von körniger
Textur. — Spaltbar parallel den Flächen eines Rhomboeders. Br- mu-
schelig. H. = 5; spröde; sp. G. = 3,2 Durchsichtig bis durchscheinend.
Glasglanz. Smaragdgrün in’s Spangrüne. Strich : grün
Y. d. L. unschmelzbar; in der äussern Flamme schwarz, in der in-
nern roth werdend; mit Soda ein Glas gebend, welches ein Kupferkorn
einschliesst; im Kolben Wasser gebend; mit Salzsäure eine Gallerte bil-
dend. Bestdth. nach Hess: Si03 36,85, CuO 45,10, H20 11,51, AljOa
2,36, CaO 3,38, MgO 0,21. — Formel: 3CuO . 2Si03-{-3H20.
Im Altai-Gebirge auf Quarz oder Kalk im Lande der Kirgisen,
Wird von den handelnden Bucharen als Smaragd verkauft.
i5, Kieselkupfer.
(Syn. Drittel-kieselsaures Kupferoxyd, Kiesel-Malachit, untheilbarer
Staphylin-Malachit.)
Dichte M , rueren förmig , tropfsteinartig, traubig, zerfressen; derb
und eingesprengt, , angeflogen. — • Br. muschelig in’s Erdige. H. = 2,5 — 3,5 ;
sp. G. = 2,0 — 2,2. A. d, K. durchscheinend. Matt. Spangrün ins
Himmelblaue. Strich ; grüniith-weiss.
Zirkon,
131
V. d. L. wie Dioptas, aber von Salzsäure zersetzt werdend ohne eine
Gallerte zu bilden. Bestdth nach v. Kob eil : Si03 36,54, CuO 40,00,
H20 20,20, Fe203 1,00, Bergart 2,10- Kommt mit verschiedenen Ver-
hältnissen Wasser vor, daher Berth, die Formeln: 3CuO . 2Si03-f-6Ha0
und -}-12H20, aufstellte.
Findet sich mit andern Kupfererzen, Quarz u. s. w. : im Dillenbur-
gischen , Ungarn , Frankreich , Sibirien , Chili.
iß. Zirkon.
(Syn. Drittel-kieselsaure Zirkonerde, Hyacinth, pyramidaler Zirkon,
Lapis Hyacinthus.)
Kryststm. zwei- und einaxig. Krystf. Combinationen : 1)
der ersten quadratischen Säule mit dem ersten quadr. Octaeder;
2) erste quadr. Säule mit den Abstumpfungen der Seitenkantcn
durch die zweite quadr. Säule; 3) der weiten quadr. Säule mit
den Flächen des Octaeders ; (diese Form oft sehr verkürzt rhom-
hendodecaederähnlich) ; 4) quadratisches Octaeder ; 5) Dioctaeder.
Kryst. meist säulenförmig und vollständig ausgebildet ; theils glatt,
theils rauh und uneben , einzeln eingewachsen. — Spaltbar parallel
den Flächen des quadr. Octaeders. Br. muschelig bis uneben.
H. = 7,5; spröde ; sp. G. — 4,4 — 4,6. Durchsichtig bis durch-
scheinend. Glas- bis Diamantglanz. Rein hyacinthroth *) in’s
| Pomeranzengelbe ; grünlich-grau in’s Graue und Braune, selte-
ner in’s Violblaue, meist unrein. Strich: weiss. Durch Reibung
positive Electricität erlangend.
V. d. L. unschmelzbar; die Farbe verlierend; in Phosphor-
salz und Soda schwer löslich. Bestdth, des Hyacinths nach
Vauq.: Si03 31, Zr303 €6, Fe303 2. — Formel: Zr303 . Si03.
Kommt als bezeichnender Gemengtheil mancher Syenite vor: in
Schweden und Norwegen; in Gneis und Basalt mehr zufällig Die schön-
sten und grössten kommen in Sibirien, in der Nähe des llmensees , bis
zu 14 Loth schwer vor. Als lose Krystalle und Körner in Dilurial-Ab-
lagerungen: Ceylon , Siebenbürgen , Sachsen, Böhmen.
Der Hyacinth wurde ehemals als Arzneimittel gebraucht. Er machte
einen Bestandteil der Confectio de Hyacintho aus und gehörte zu den
fragmentis lapidum quinque pretiosorum. Der Zirkon ist einer ausser-
ordentlich schönen und dauerhaften Politur fähig und wird zu Gegen-
ständen des Schmucks, so wie der Hyacinth als Unterlage für die Zapfen
des Balkens feiner Wagen und als Hülsen benutzt* in welchen, bei
astronomischen und anderen Uhren , die Spindel - Enden der Räder
laufen.
*) Richter fand, dass der Hyacinth iin Sonnenlichte seine lebhafte
Farbe und Diamantglanz einbüsse. Ina Dunkeln nahm er nur teil-
weise seine Farbe wieder an.
132
Cliiastolilh.
17. 1 horit.
Derbe M. ; ohne Anzeichen von regelrechter Gestalt oder Text., voller
Sprünge. — Mit dem Messer ritzbar. Sp. G. = 4,G3. Undurchsichtig.
Matt fettglänzend , auf dem frischen Bruche etwas Glasglanz. Schwarz $
aussen zuweilen mit dünnem , rostfarbenem Ueberzuge bekleidet. Strich :
grau-roth.
Y. d. L. unschmelzbar 5 die schwarze Farbe verlierend und gelb
werdend; in Borax löslich; das Glas ist von Eisen grün, beim Zusatz
von Salpeter durch Mangan amethystroth gefärbt, kann nicht unklar ge-
flattert werden, wird bei grossem Salpeterzusatz aber von selbst unklar.
Bei der Reductions-Probe? kleine weisse Metallkörner gebend , die sich
platt drücken lassen und suis Blei und Zinn bestehen. Im Kolben Wasser
gebend. ln Salzsäure zur G allerte löslich. Ghlt. nach Herz.: TliO 57,91,
CaO 2,58, Fe203 3,40, Mn,03 2,39, MgO 0,36, U,03 1,61, PbO 0,80,
Sn02 0,01, Si03 18.98. ).l20 9,50, KO 0,14, NaO 0,09, AljOg 0,06,
unlösliches Steinpulrer J-,70. — Formel: 3ThO . Si03-f-31I30.
Kommt im Syejnit Vor : Norwegen ( Insel Läv-önJ.
18. Cyanit .
(Syn. Sechstel-kieselsaure Thonerde, Distlien, Rhäticit, prismatischer
Distbenspath.)
Kryststm ein- und eingliedrig. Krystf. vierseitige Säulen mit ab-
gestumpften scharfen und stumpfen Seitenkanten Kryst. stets in die
Länge gezogen, gekrümmt, eingewachsen; kryst M. , von blätterigem,
oft sternförmig auseinauderlaufendem Gefüge. — Br. uneben. II. = 5 — 7,
verschieden auf verschiedenen Flächen ; spröde ; sp G. ■= 3,5 — 3,7.
Durchsichtig bis durchscheinend. Perlmutter-, auch Glasglanz. Berlinerblau
i»’s Graue, Weisse, Grüne und Graue. Strich: weiss. Erwärmte Bruch-
stücke phosphoresciren mit bläulichem Lichte.
Y. d. L. weiss werdend; unschmelzbar : in Borax zu einem ungefärb-
ten Glase lösbar; mit Cobaltlösung befeuchtet und geglüht eine schöne
blaue Farbe annehmend; im Kolben kein Wasser gebend; in Säuren un-
auflöslich. Bestdth. nach Lardner Fanuxem : Si03 42,00, A1208 57,00« —
Formel nach Berz. : 2A1203 . Si03.
Findet sich eingewachsen in Glimmer-, Thon- und Talkschiefer, auch
in Granulit , begleitet von Staurolith , Turmalin, Quarz, Granat: St.
Gotthard, Tyrol , Sie y er mark , Sachsen, Spanien, Pensylvanien.
(Der Fibrolith, Bucholzit und Faserkiesel sind Gemenge von fein-
faserigem Cyanit und Quarz. Sp. G. =. 3,1 — 3,2.)
1.9. Cliiastolith.
(Syn. Holdspath.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. gerade rhombische Säule. Kryst.
eingewachsen, sehr in die Länge gezogen. Auf dem Querschnitte sieht
man in der Axe und in den vier Ecken rhombische Höhlungen mit der
Masse durchzogen, worin die Kryst. liegen. Häufig ziehen von dem
Mittelpunkte Linien von derselben Masse nach den vier Ecken der Säule
und verbinden die fünf schwarzen Rhomben zu einejn Kreuze. — Spaltbar
Wörtliit.
133
parallel den Flächen der Säule- Br. unvollkommen muschelig. H. =
5 — 5?5 ; sp. G. = 2,9. A. d. K. durchscheinend. Glasglanz im Bruch ,
aussen Fettglanz. Weiss in's Graue und Gelbliche
Y. d. L. unschmelzbar, weiss werdend. Im Kolben wenig Wasser
gebend , ohne sich zu verändern. In Borax höchst schwierig zu klarem
Glase löslich; mit Soda ebenfalls zersetzbar und anschwellend, ver-
schlakend , aber nicht schmelzbar. Mit Cobaltsolution v. d. L. eine blaue
Farbe gebend. Ghlt. nach Landgrebe : Si03 68,49 , A1203 30,19, MgG
1,12, H20 und Kohlenstoff 0,26-
Kommt im Thonschiefer vor: Baireuth (Gefrees) , am Harz, Baden-
baden, Oberpfalz , Spanien (St. Jago di Composlella) , Bretagne , Pyre-
näen, Irland, N. - America ; im Dolomit: am Simplon.
Er wird von den Indianern als Amulet getragen.
20. Audnlusit.
(Syn. Prismatischer Andalusit, Micaphyllit.)
Kryststm . ein- und einaxig. Krystf. rhombische Säule , 1) mit der
gerade angesetzten Endfläche, 2) die Seitenkanten abgestumpft, oder 3)
auf die Seitenkanten aufgesetzte Endzuschärfung. Kryst. meist mit einer
Glimmerhülle bekleidet; ein- oder aufgewachsen; derbe M. von stüngliger
oder körniger Textur. — Br. uneben, körnig II. ■=• 7,5; spr&de ; sp.
G. = 3,1. A. d. R. durchscheinend. Schwacher Glasglanz. Flefschroth
und perlgrau in’s Blaue und Braune. Strich: weiss.
Y. d L. für sich unschmelzbar, mit Borax zum klaren Glase fliessend.
Mit Cobaltlösung befeuchtet und geglüht eine schöne blaue Farbe an-
nehmend; im Kolben kein Wasser gebend. Bestdth. nach Bucholz :
Si03 36,5, A1203 60,5, Fe203 4,0 (Andere fanden auch 2 bis 8 p. C.
KO.) — Formel : 3Al203 . 2Si03.
Findet sich im Granit: Tyrol (Lisens) , Schottland (Banffshire) ,
Elba; im Gneis: Oberpfalz (HerzogauJ, Mähren , Schottland ; im Glim-
merschiefer: Sachsen (Freiberg) , Schlesien (Landeck), Devonshirc ,
Irland.
21. Sillimamt.
Kryststm zwei- und eingliedrig. Krystf. rhombische Säule. Kryst-
sehr in die Länge gezogen, häufig gestreift, eingewachsen, gebogen und
gewunden; zu Büscheln zusammen gehäuft. Text, blätterig bis faserig. —
Br. splittrig. H. = 6,5 — 7 ; sp. G. = 3,41. A. d. K. durchscheinend
bis durchsichtig. Fett- bis Glasglanz ; Wasserhell , gelblich, dunkelgrau
in’s Nelkenbraune. Strich: weiss.
Y. d. L. unschmelzbar; in Borax unauflöslich, mit Soda zu einem
undurchsichtigen Glase schmelzend. Säuren greifen ihn nicht an. Ghlt.
nach ßowen: Si03 42,66, A1203 54,11, Fe203 1,99, H20 0,51.
Kommt auf einem Quarzgange im Gneis vor: Conneticut\(Say brock).
22. Wörthit.
Kryst. M. Text, blätterig. — II. = 7,5: sp. G.=3 Durehseheinend,
Perlm litte rglanz. Webs.
131
Kaolin.
V. <1. ..J/i .unschmelzbar ; in Borax aullöslich ; mit Soda brausend, aber
nicht ßchuuV/.bar. Im, Kolben Wasser gebend und undurchsichtig werdend.
Von Phosphorsalz nicht merklich angegriHen und mit Cobaltsolution er-
hitzt, scliön blau werdend. Glilt. nach Hess: Si03 4l,00, Ah03 5° G3 ,
Mg’O 0,76, H20 4,63. ,—r Formel : 5(A1203 . Si03)-+-Al,03 .3ILO.'
Kömmt in Geschieben in der Gegend von Petersburg vor, ist mit
Scapoiith verwachsen und stammt wahrscheinlich aus finnlandischen oder
schwedischen Gebirgen ab.
23. Kaolin .
(Syn. Porzellanerde.)
Derbe M. aus matten, staubartigen , mehr oder weniger
fest verbundenen Theilchen bestehend. — Zerreiblich. Sp. G. =a
2,21. Undurchsichtig. Matt. Weiss in’s Rüthliche oder Grauliche.
Hängt wenig an der feuchten Lippe, fühlt sich aber nicht
fettig an.
V. d. L. unschmelzbar ; mit Cobaltaufl. befeuchtet schön
blau werdend ; in Borax zu weissem , durchscheinendem Glase
löslich. J[ii Phosphorsalz mit Ausscheidung von Kieselerde und
ebenfalls von Schwefelsäure vollkommen zerlegbar. Ghlt. des
Kaolin a. von Schneeberg (Aue) nach Kühn , b. von Passau
nach Fuchs:
Si03 ' AJ,03 KO Mg’O CaO Fe,03 !?aO
a. 47,64 35,98 1,63 1,5 7 0 13.8
b. 4.3,65 35,93 0 0,88 1,00 1-8.50.
Formel nach Forchhammer für den Kaolin von Ane :
3AI2O3. 4Si03+H ? Für den von Passau : 2A1203. 3Si03+6iI20.
Kommt auf Lagern oder in grossem Parthien in Granit und Gneis,
theils mit Körnern und Krystallen von Ouarz und mit Plättchen von
Glimmer vor: Erzgebirge C due bei SchncebergJ, Passau , Ungarn, Li-
moges, England, Russland , China , Japan u. s. w .
Ueber die Bildungsweise des Kaolins bestellen verschiedene Ansich-
tm; Sam herrschendsten ist die Ansicht, dass er durch Zersetzung des
Feldspaihs entstanden sei. Die Untersuchungen Forc.hhammers zeigen,
dass durch die: Entfernung einer Verbindung von 3KO . 8Si03 (welche
dem Foo/ii’ßclien YVasscrglase analog ist), aus 3 Atom Feldspath , eine
Verbindung übrig bleibt, welche der. oben angegebenen Formel für die
mehrsten Porzellanerden gleich ist. Er zeigte ferner, dass durch Einwir-
k,upg.(heisspr Wnsserdäpipfe bei hpiier Temperatur dein Feldspalh Kali
entrangen werden kaun- — Die Porzellanerde von Passau entstellt nicht
aus dem Feldspath, sondern aus dem Porzellansputh, daher sie auch eine
andere Zusammensetzung zeigt. (Poggend. Ann. Bd. 35. p. 33.)
Aach den Untersuchungen von Ehrenberg unterscheidet sich Kaolin
vom zersetzten Feldspathe in der Form seiner Elementarlbeile, indem
Kaolin von Aue unter dem Microskope als platte, 1 3g Linie grosse, oit
kleinere, scheibenförmige Körper erscheint, welche in concenlrische Ringe
oder Schalen zerfalLen. Diese regelmässigen Körper finden sich auch
einzeln in den technisch gesuchteren Thon- und Lehmarten, waren aber
Thon.
135
in den gemeineren bisher nicht zu beobachten. Die sichtbar aus zer-
fallenem Feldspath entstandene Porzellanerde enthält nur zerkleinerte
Krystallsubstanz , aber keine dieser Körperchen. (Poggend. Ann. Bd.
39. St. 9.)
Der Kaolin macht den Hauptbestandtheil des Porzellans aus. Es war
der von Aue bei Meissen , welcher bekanntlich zuerst in Europa von
Bottelier zu diesem Zwecke angewandt wurde. Man schlemmt die Erde
aufs feinste , mischt 100 Th. derselben mit 8 bis 9 Th. Quarz und 4
bis 5 Th. Gyps , die eben so fein gemahlen sind. Auch wird wohl Feld-
spath, Speckstein und Glas zugemengt, und alles mit Wasser zum Teige
angeknetet, der eine Zeit lang so liegen bleibt, was man das Beitzen
nennt. Die hieraus geformte und gebrannte Waare nennt man Biscuit.
Wird sie mit einem dünnen Teige derselben Ingredienzen überzogen und
wieder gebrannt, so erhält die Waare ihre schöne Glasur und heisst
Porzellan. Die Porzellanfarben sind schwere Metalloxyde, die entweder
Yor oder nach der Glasur aufgetragen werden, wie es ihre Natur eben
fordert. Die Güte des Porzellans besteht in seiner rein weissen Farbe,
dass es durchscheinend, hart und feuerbeständig ist, auch Abwechslung
von Hitze und Kälte ziemlich ertragen kann.
24. Cimolit.
Derbe M. — Br. erdig. Sehr weich. Sp. G. = 2,18. Un-
durchsichtig. Matt. Graulich weiss , rüthlich, Strich : weiss und
etwas Glanz hervorbringend. Stark an der feuchten Lippe
hängend.
V. d. L. unschmelzbar. Mit Cobaltauflösung befeuchtet und
geglüht eine schöne blaue Farbe annehmend ; im Kolben viel
Wasser gebend. Im Wasser sich entschiefernd und Oel sehr
leicht einsaugend. Ghlt. nach Klapr. : Si03 63,00, A12Oj 23,00
Fe2Ö3 1,25, H20 12,00.
Kommt auf dem griecli. Eilande Argentierra (Cimolis der AltenJ vcr.
Der Cimolit dient zum Reinigen der Zeuge von Fettflecken.
25. Thon.
(Syn. Töpferthon, Letten, Greta figulina.)
Derbe M. — Br. erdig, zuweilen unvollkommen schiefrig,
sehr weich; milde. Sp. G. = 2,0. Undurchsichtig. Matt oder
schimmernd. Graulich-weiss (Pfeifenthon) in allen Nüanzen ,
auch durch Eisenoxyd gelb bis fleischroth gefärbt; zuweilen
gefleckt und gestreift (bunter Thon). Auf dem Striche schwa-
chen Fettglanz annehmend. Mehr oder weniger fett sich an-
fühlend, je nachdem er rein oder mit Sand vermischt ist; bald
mehr oder weniger an der feuchten Lippe hängend.
V. d. L. und im Kolben verhält sich der weisse wie Cimo-
lit ; der eisenhaltige brennt sich roth. Im Wasser zerfallend.
Ghlt. des Töpferthons von Bunzlau nach Klapr.; Si03 61.0,
136
Bol.
AI2O3 27,0, Fea03 1,0, H30 11,0 ; des bunten Th. ^von Plomnitz
nach John: Si03 42.0, Al^Os 21,0, FeQ03 13,0, CaO 2,0, HqO
22,0. — Mitscherlich fand in allen Thonarfen 4 p. C. KO und
etwas NaO. (Berz. Jahrsb. Jahrg. 13. p. 165.)
Ist sehr allgemein verbreitet im a vifgeschwemmten Lande und in der
Braunbohlenformation , selten als Lager im Flötzkalkstein.
Die Alten benutzten den Töpferthon äusserlich als kühlendes MitteL
Er ist besonders wichtig wegen seiner mannigfachen Anwendung zu Ge-
schirren aller Art, als: gemeiner Töpfergeschirre, Steingut, Fayence,
Thonpfeifen, Schmelztiegel 11. s. w. Die seit so langer Zeit berühmten
Schmelztiegel Ton Gross- Almerode und Epterode in Kurhessen, werden
aus einem Gemische von Tüpferthon und Sand gemacht, in deren Ge-
wicht sverli a i tuisSen das Geheimniss der Zusammensetzung besteht. Der
Thon und Sand werden in der Nähe genannter Orte gewonnen : ersterer
enthält narb JEurzrr : S i ( > . 1()J. Al.(), 65,4, Fe und Mn 1.2, CaO 03»
H20 23,0; der Sand besteht nach JVurzer aus: Si03 95,5, AljO^ 2,1, Fe
und Mn 1,5, CaO 0,8. (Der von Bved und Bird angegebene Titangehalt
der hessischen Schmelztiegel wird durch JVöhler in Abrede gestellt.)
Ueber Bereitung feuerfester Thontiegel s. m. Berzelius Lehrbuch Bd. 1Y.
S. 1046. Als sehr feuerfeste Tiegel empfiehlt man ein Gemisch von 2
Th. Pfeifenthon und 1 Th. Quarzsand, wobei es besonders auf die
Feinheit des letztem ankommt. Er darf nicht grösser und nicht kleiner
sein , als ihn das Oehr einer grossen Nähnadel durchlässt. Aus einem
solchen Gemische verfertigte Tiegel schmelzen noch nicht bei 166°
Wedgw. , während hessische Tiegel schon bei 150° W. schmolzen. Der
Thon ist dem Pharmaceuten ferner wichtig zum Kitten und Beschlagen.
Mancher Thon wird zu Pyrometern gebraucht. Er dient ebenfalls zu
Wasserbauten, Dämmen u. s. w. und ward in neuerer Zeit als Düngimgs-
mittel empfohlen.
26. Bol.
(Syn. lemniscbe Erde, Terra lemniä , Sphragit.)
Derbe M. ; eingesprengt, als Ueberzug. — Br. muschelig“.
H. = 2,5; sp. G. — 2,0. Undurchsichtig, selten a. d. K. durch-
scheinend. Matt bis fettglänzend. Gelblichgrau in’s Gelbe, Bothe
und Braune. Strich : glänzend , das Pulver lichte gelblichbraiui.
Fett anzufühlen. Der Zunge anhängend.
V. d. L. unschmelzbar, sich hart brennend; auf Kohle sich
iiundähertd zur dunkel-gelben , emailartigen Masse. Mit Borax
und Phosphorsalz zu wasserhellem Glase schmelzend; in Soda
zur gelblichen Masse lösbar, die' sich beim stärkeren Feuer in
die Kohle zieht. In kochender Salzsäure theilweise lösbar. Im
Wasser zerspringend und in Pulver zerfallend. Ghlt. des Bois
von Saeschiihl nach V/ ackern oder : S;03 41,25, A1j03 21,07,
FtV}03 12,08, MgO 1,38, CaO 0,38, KO 0,12, ü20 21,57.
Nach von Leonhard sind manche Bote nichts als Kontakt-Produkte
basaltischer Gebilde mit Granit, w ie zu Clcrmont (Cap de Prudt/llesJ oder
mit buntem Sandstein: Büdingen' ("Wilde nstein) ; mit plastischem Thon:
Logeisgebirge ('Ettinghausen). Der Bol findet sich ferner in Wacke-
Steinmark.
137
und Basalttuff-Klüften: Hessen (Marburg) 7 Göttingen (Saesebiihl) Schle-
sien ( Strigau ) u. s. w. (Breithaupts Pinguit ist zeisiggrün und soll
ebenfalls ein Bol sein. Er enthält indessen nur 1,8 p. C. A1203 !)
Die älteste Anwendung des Bois war die in der Heilkunst und sein
Ruf als Universal-Heilmittel eine Zeit lang eben so bedeutend, als er
jetzt in Vergessenheit gerathen ist. Die Concurrenz anderer Erden, die
als Surrogate des Bois von verschiedenen Orten hergebracht wurden,
yeranlassten die Bezeichnung derselben mit dem Orts-Siegel (Siegelerden,
Terrae sigillatae). So war die lemnisehe Siegelerde (Terra si-
gillata lemniaj mit dem halben Mond und drei Sternen bezeichnet; die
strigau er oder gelbe Siegelerde (Terra sigillata lutea , seu stri-
gonensis) enthält glänzend gelbe eingesprengte Flitterchen und ist mit
drei Thürmen bezeichnet. Die graue türkische Siegelerde (Terra
sigillata turcica griseaj gehört auch wohl hierher und ist mit türkischen
Buchstaben bezeichnet. Der braune Bol von Siena wird als braune Farbe
für Kupfer-Abdrücke benutzt. Die Bukaros der Spanier und Portugiesen
sind Töpfergeschirre zum Aufbewahren und Abkühlen des Trinkwassers,
nncl ebenfalls aus Bol verfertigt. In der Türkei verfertigt man Pfeifen-
köpfe aus demselben,
27. Steimnark.
(Syn. Lithomarga, Terra miraculosa Saxoniae, sächsische Wundererde.)
Derb, kugelig, eingesprengt , als Ueberzng aus feinschup-
pigen oder staubartigen , meist schwach verbundenen Theilchen.
After-Kryst. nach Kalkspathformen. — Br. eben, in’s Gross-
und Flachmuschelige, auch in’s Erdige. H. =*= 2,5; sp. G. =*
2,20. Undurchsichtig. Matt. Weiss , grau und blau in mannigfa-
chen Nüanzen; ziegel- und fleischroth; ockergelb. Strich: etwas
glänzend. Fett anzufühlen. Stark an der feuchten Lippe hän-
gend. Nicht abfärbend.
V. d. L. unschmelzbar, sich weiss brennend; mit Cobalt-
auflösung befeuchtet und geglüht eine schöne blaue Farbe an-
nehmend. Im Kolben wenig oder kein Wasser gebend. Im
Wasser wenig oder keine Aenderung erleidend ; es erfolgt nur
sparsame Entwickelung sehr kleiner Luftbläschen. Ghlt. des
Steinm. von RocMitz nach Kersten: Si03 37,62, A1203 60,50,
Mn203 0,63, MgO 0,82, Fe203 Spur. — Formel: 3A1Q03-F2$i03.
Das Steinmark erfüllt schmale Gänge und Adern, Kluftflächen und
Blasenräume verschiedener Gebirgsgesteine : Nassau (Ems), Harz (Claus-
thal), Baden , Sachsen (Bochlitz) ; ferner auf Erzgängen, besonders auf
Zinnerzgängen: im Erzgebirge (Ehrenfriedersdorf) ; auch manchen Fels-
arten beigemengt, so im Topasfels Ouarz- und Topas-Krystalle uin-
schliessend: Voigtladd (Auerbach).
Die officinellen Bolusarten und Siegelerden sind z. Th»
Steinmark , daliin gehört :
Der weisse Bolus (Bolus alba). Kommt aus Böhmen ,
Salzburg u. s . iv . in grossen Würfeln im Handel vor, ist weiss,
zum Theil gelblich oder graulich ; matt oder hat Fettglanz und
138
Bildstein.
manche Arten färben stark ab : übrigens vertualt er sich w ie
Steinmark. Die ganz weisse Serie wurde in Schlesien, auf
Malta und in der Türkei in kleine Scheibchen geformt und am
erstem Orte mit einem Adler, am letztem mit dem Bilde des
heiligen Paulus gesiegelt , als w e i s s e , Malteser- und tür-
kische Siegelerde (Terra sigillata alba , melitensis, Sti.
Pauli , turcica alba , Axungia Lunae) in den Handel gebracht.
Oft ist der wreisse Bolus nichts als feingeschlemmter, weisser
Thon; dieser vertheilt sich leicht in Wasser.
Der armenische Bolus (Bolus armena , Orient alis) kam
ehemals aus Armenien , jetzt erhält man ihn aus Schlesien,
Böhmen , Ungarn , Frankreich u. s. w. in derben M. ; er hat
Fettglanz, blass-rothe in’s Bräunliche gehende Farbe, fühlt sich
sehr fettig an und färbt stark ab ; im Uebrigen hat er die Ei-
genschaften des Steinmarks. Er ist eisenhaltig.
Der gemeine rot he Bolus (Bolus rubra) kommt aus
Böhmen , Salzburg u. s. w. in grossen Würfeln in den Handel.
Er hat eine dunklere, mehr braune Farbe, als der armenische
Bolus ; fühlt sich nicht so fettig , sondern mehr rauh an ; hat
weniger Zusammenhang und ist grobkörniger , färbt auch stark
ab. Sein Eisengehalt ist beträchtlicher als der des armenischen
Bolus ; öfter ist er aber nichts als ein Kunstprodukt und wird
aus Thon (Letten) und unreinem Eisenoxyd (Caput mortuum)
zusammengeknetet.
Auch die rothen Bolarerden wurden ehemals gesiegelt, als rothe
Siegel erden (Terra sigillata rubra ) in den Handel gebracht. Mart
erhielt sie aus der Türkei mit türkischen Buchstaben gezeichnet ( Terrä.
sigillata rubra turcica ) oder aus Schlesien.
Das verhärtete Steinmark war ehemals ofGcinpll als sächsische
JTundeverde ; jetzt dient er als Polirmittel für Serpentin und andere
Steinarten von geringerer Harte. Die Bolarerden, besonders die Siegel-
erden, varen nach den früheren Meinungen mit bedeutenden Heilkräften
begabt; jettft. beschränkt sich ihr Gebrauch als Heilmittel wohl grössten-
iheils auf die Veteriuarpraxis. — Der weisse Bolus kann zu einem festen
Kitte benutzt werden; mit Sand und Wasser gemischt wird derselbe sehr
dauerhaft uud feuerfest.
28. Bildstein.
(Syn. Agalmatholit, Pagodit, chinesischer Speckstein.)
Derbe M. — Br. splittrig. H. = 2,5 ; sp. G. = 2,8t. Durchschei-
nend bis undurchsichtig. Matt oder schwach schimmernd. Grün, grau
rotli und gell) in mehrern Niianzen. Strich: weiss ; fett anzufühlen.
V. d. L. sich weiss brennend und nur an den dünnsten Kanten,
jedoch schwierig zu einem weissen Email schmelzend; manche Var. un-
schmelzbar; in Borax zu klarem Glase lösbar; durch Phosphorsalz nicht
zerlegt werdend ; mit Soda ansohwellend und zu dunklem Glase schmel-
zend. Mit Cobaltauil. befeuchtet eine schöne blaue Earbe annehmejul.
Iin Kolben Wasser gebend , welches augebrannt riecht- In erhitzter
Bergseife.
139
Schwefelsäure bis auf die Kieselerde lösbar. Ghit. nach Lvclmell : SiO?
74,40, A1203 24,54, Fe203 2,85, MgO Spur. — Hiernacli die Formel:
A1203 . 3SiÖ3. Klapr. fand auch 6,25 p. C. KO und 4 p. C. H.,0. — Nach
einer neuem Analyse von y. Holger sind die wesentlichsten Bestandteile
des Bildsteins: Si03 66,9, MgO 27,7, AL03 5,4, woraus er dio Fohnel:
12(MgO . Si03)H- A1203 . Si03. berechnet.
Kommt in China, Ungarn, Sachsen \( SchwarzenbergJ , hier auf
einem Talklager im Glimmerschiefer vor.
Die Chinesen schnitzen und drehen daraus Pagoden , Vasen, Dosen
u*i.d andere Gefässe , die gewöhnlich mit bunten Farben bemalt werdeij.
29. Halloisit.
Nierenförmige, knollige M. — Br. muschelig; sehr weich. A. d. K.,
durchscheinend bis undurchsichtig. Matt. Rein weiss, oder sehr lichte
bläulich-grau. Stark an der feuchten Lippe hängend; fettig anzufühlen.
V. d. L. unschmelzbar , sich hart und weiss brennend ; mit Cobalt-
lösung eine blaue Farbe annehmend; im Kolben Wasser gebend; durch
Schwefelsäure zersetzbar. Kleine Stücke werden im Wasser durchsichtig.
Ghlt. nach Bertk.: Si03 47,0, A1203 39,3, H20 13,7.
Kommt auf einem Eisen-, Zink- und Bleierze fahrenden Stocke bei
Lüttich fAngleureJ vor.
30. Pholei'it.
Kleine, convexe , schuppige Theile; als TJeberzug. Zerreiblich. A. d.
K. durchscheinend. Perlmutterglanz. Weiss. Weich anzufühlen. An der
feuchten Lippe hängend.
V. cl. L- unschmelzbar; im Kolben Wasser gebend, ohne das An-
sehen zu verändern. Unlösbar in verdünnter Salzsäure. Ghlt. nach GwiZ-
leinin : Si03 40,75, A1203 43,88, H20 15,36.
Kommt im Kohlengebiete von Fins und Mons vor; auf Kohlensand-
stein bei Lüttich.
31. Berg seife.
(Syn. Bockseife.)
Derbe M. — Br. uneben bis erdig. Weich. Undurchsichtig.
Matt. Bräunlich-schwarz. Strich: fettglänzend , schreibt; hängt
sich an die feuchte Lippe; fühlt sich fett an.
V. d, L. unschmelzbar, fährt im Wasser mit Knistern aus-
einander und wird zähe. Ghlt. nach Bucholz : Si03 44,0 ,
Al20326,5, Fe203 8,0, CaO 0,5, H20 20,5.
Kommt in Lagern mit Thon und Lehm wechselnd vor: Thiirinagfi f
Habichtswald , Böhmen (Bilin) , Polen , Schottland.
Wird zum Waschen grober Zeuge benutzt.
140 Apopliyllit.
32. Kollyrit .
Derbe M. , nierenförmig, als Ueberzug. — Br. feinerdig in's Eben«
und Flachmnschlige. H. = 1,0 — 2,0. Undurchsichtig. Matt. Weiss in’»
Gelbliche, Röthliche und Grauliche. Strich: weiss und wenig glänzend.
Stark an der feuchten Lippe hängend und fett anzufiihlen.
Y. d L. unschmelzbar,* mit Cobaltlösung befeuchtet blaue Farbe zei-
gend. Im Kolben viel Wasser gebend. Mit Phosphorsalz unter Ausschei-
dung von Kieselerde zerlegbar. In Salzsäure bis auf gallertartige Kiesel-
erde löslich. Wasser einsaugend, durchscheinend werdend und zersprin-
gend. Ghlt. nach Kersten : Si03 23,3, AL0342,8, H-,0 33,7. — Formel:
3A1203 . 2Si03-f-5H20.
Kommt auf einem ' Gange im Sandstein vor: Sachsen (JVeissenfelsJ ;
im Trachyt: Ungarn ; in Wacke: JVetterau (Xauhachj ; als Ueberzug auf
eisenhaltigem Quarzgestein: Pyrenäen ( EzquerraJ .
GRUPPE V. SILICATE MIT MEHRERN BASEN.
1. Abth. : Silicate von einem Alcali oder einer
alcalischen Erde und Silicat von Thonerde,
vereinigt mit Krystallwasser (Zeolithe),
Die kryst. Mineralien dieser Abtheilung bieten Gestalten
aus allen Systemen dar , ausgenommen das ein- und eingliedrige.
Die Mehrzahl gehört zum ein- und einaxigen, nur ein einziges
(Analcim) dem regelmässigen Systeme an. Vom Pectolith und
Brevicit ist die Krystallfonn noch nicht bekannt. Die Krystall-
flächen sind oft gestreift ; ausserdem treten sie auf als kryst.
M. von blätteriger, strahliger und faseriger Textur. — Der
Bruch ist selten muschelig, bei allen uneben, und beim Mesotyp
in’s Splittrige neigend. Alle ritzen den Kalkspath , nur wenige
überschreiten die Härte des Apatits ; der Prclmit allein ritzt
den Feldspath. Das spec. G. wechselt zwischen 2,0 — 2,9. Un-
durchsichtigkeit findet selten statt. Glasglanz herrscht vor und
geht mitunter in Perlmutterglanz über. Sie sind oft wasserhell,
die herrschende weisse Farbe geht über in’s Gelbe, Graue,
Grüne, Röthliche und Braune. V. d. L. sind alle schmelzbar
und im Kolben yeben sie sämmtlich Wasser. In Salzsäure
sind sie löslich bis auf den Baryt-Uarmotom ; wenige bilden
hierbei eine Gallerte* die mehrsten scheiden die Kieselerde pul-
vcrförmig ab,
1. Apopliyllit.
(Sy°' J^hthyoplithalm , Fisclia ugens tein , Albin, Tesselit, pyramidale«
Kuphouspatli.)
Kijslslm zwei- und einaxjg. Krjsif. gerade quadratische Säule mit
Mesotyp.
141
den Flächen eines Quadratoctaeders zugespitzt. Kryst. glatt, seltener ge-
streift, einzeln auf- und durcheinander gewachsen, drüsig verbunden.
Kryst. M. — Vollkommen spaltbar parallel den gerade angesetzten End-
flächen. Br. muschelig bis uneben. H. = 4,5; sehr spröde; sp. G. =
2,3- Durchsichtig, auch durchscheinend. Wasserhell; weiss in’s Graue,
Grüne, Gelbe und Rothe. Strich; weiss.
V. d. L. wird er matt und schmilzt dann zu einem farblosen Glase
(1,5). Im Kolben viel Wasser gebend und in Salzsäure mit Hinterlassung
von gallertartigen Klumpen (Kieselerde) löslich. (Nach dem Schmelzen
schwer löslich. Die saure Auflösung wird von Aetzammon nicht gefällt.
Ghlt. nach Berz. : Si03 52,13, CaO 24,71, KO 5,27, 1I20 16,20, H2F6
Spuren. — Formel: KO . 2Si03-J-8(Ca0 . Si03)-f-16H20.
Findet sich in den Blasenräumen von Mandelsteinen basaltischer und
phonolitischer Felsarten: Tyrolj Böhmen t Ungarn , (Gr önlandj ; am Harz
auf Gängen mit Kalkspath.
2. PectoMh.
Derbe faserige M. (Manchen Arten des Mesotyps sehr ähnlich.) H.
5; wenig spröde; sp. G. =* 2,6- Durchscheinend. Perlmutterglanz.
Weiss in’s Gelbe und Graue.
V. d. L. leicht unter Entwickelung von Luftblasen zu emailartigem
Glase schmelzend (2). Im Kolben wenig Wasser gebend ; mit Salzsäure
nach dem Schmelzen eine Gallerte bildend; im Uebrigen wie Äpophyllit.
Ghlt. nach m Kobell : Si03 51,30, CaO 33,7, NaO 8,26, KO 1,57, H„0
3,89, Al203-j-Fe203 Spuren. — Formel: NaO . 3Si03-f 4(CaO. 2Si03)-f-H20.
Findet sich im Mandelstein des Monte Baldo ; in kryst. Feldspath
eingewachsen: Fassa-ThaL
3. Mesotyp.
(Syn. Prismatischer Kuphonspath, Faser-Zeolith, Nadelstein.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krysif. Combination der vierseiti-
gen Säule mit dem zwei- und eingliedrigen Octaeder , gewöhnlich Zwil-
linge. Kryst. oft nadel- und haarförmig; auf- und durcheinander ge-
wachsen oder zu Büscheln verbunden, auch zahllose Nadeln zu grossem
Krystallen der bekannten Formen regelrecht gruppirt (MesotypspathJ.
Halbkugelige, traubige , nierenförmige Gestalten; Text, concentrisch
strahlig in’s Faserige; derb ( Strahlmesotyp ). — • Vollkommen spaltbar
nach den Seitenflächen. Br. uneben in’s Splittrige. H. ^ 5 — 5,5; spröde;
sp. G. 2,16 — 2,25. Durchsichtig bis a. d. K. durchscheinend. Glas-
glanz, innen seidenglänzend. Wasserhell; weiss in’s Graue, Gelbe,
Grüne, Rothe und Braune. Strich: weiss. Phosphorescirt beim Erwärmen
schwach mit unrein blauem Lichte.
V. d. L. schmilzt er ruhig oder krümmt sich wurmförmig (ScolezitJ.
Im Kolben giebt er Wasser und bildet mit Salzsäure eine steife Gallerte.
Die salzsaure Auflösung wird durch Aetzammon gefällt. So wie man nach
der Gestalt zwei Arten unterscheidet, nimmt man nach der verschiede-
nen chemischen Zusammensetzung drei Arten an, a. Hatrolitk , b. Me-
solithj c. Scolezit.
a. entli. nach Smithson : Si03 49, A1203 27,0, NaO 17,0, H20 9,5. —
Formel: NaO. Si03-f A1203 . Si03+2H20.
14 2
Aitaloim.
b. nach Berz.: Si<>3 4(5, SO, Al^O, 26,50. GaO 0.87, NaO 5,1)0,
U20 12,30. — Formel: NaO . Si03+ \l>03 . Siü3-{-2ll,U-f-3(Ca0 . Si03-f
A1,03 . Si03 -f-3H20).
c. nach Fuchs: Si03 46,75, A1203 24,82, CaO 14,20, NaO 0,39,
1I20 13,69. — Formel : CaO . Si03-f-Al*03 . Si03-f-3H20.
Kommt in Blasenräumen von Mandelsteinen, Basalt, Dolerit, Phono-
lith ; im letztem auch auf Aclern vor: Kurhessen fFulda), Bheinprcussen
fMendeberg) , Auvergne, Fassatlial , Breisgau C Ka iser Stuhl ) , Böhmen
( Ausig, Marienberg, Hauenstein) , Island , Färöer.
Anhang.
Zeolith er de (Mehlzeolith). Als Ueberzug; eingesprengt, weich,
zerreiblich, matt. Gelblichweiss , blassroth , rauh anzufühlen. Kommtauf
Mesotyp und Desmin vor und ist wahrscheinlich durch Zersetzung der-
selben entstanden.
4. Chabasit.
(Syn. Chabasie, Kuboizit, rhomboedrischer Kuphonspath, Messolin.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. stumpfwinkliges Rhomboeder«
oder Combination desselben mit einem noch stumpferen oder scharfem
Rhomboeder als Abstumpfungen der Endkanten; auch finden sich die
Seitenecken durch die Flächen eines hexagonalen Prisma’s abgestumpft.
Kryst. federartig gestreift, einzeln aufgewachsen, häufiger gruppirt. —
Spaltbar parallel den Flüchen des primitiven Rhomboeders. Br. muschelig
bis uneben. II. = 4,5: sp. G. = 2,1. Durchsichtig bis durchscheinend.
Stark glasglänzend; wasserheil, graulich und gelblich weiss. Strich: weiss.
Y. d. L. undurchsichtig werdend, sich etwas krümmend, dann ruhig
und leicht zu einem kleinblasigen Email schmelzend (2 — 2,3); in Salz-
säure mit Hinterlassung von Kieselerde lösbar ohne Gallerte zu bilden ;
im Kolben viel Wasser gebend. Bestdtk. nach Arfv, . Si03 48,38, A1203
19,28, CaO 8; 70 , KO 2,50, H20 21,40; KO wir<l auch theilweise durch
NaO ersetzt. — Formel: 3[CaÖ, KO, NaO] ,2Si03-{-3 Ah03 . 2Si03)-f-18H,0.
Kommt in Blasenräumen basaltischer und anderer Mandelsteine vor:
Böhmen , Färöer, Oberstein, Tyrol , lVesterwali t Breisgau ( Kaiser -
stuhlj, Jiheinpreussen fHoneß.
(Nach Berzelius ist der Levyn ein Chabasit; Arthur Connell hält
den von der Insel Skyn seines Natrongehaltes und schiefen Rhomboeders
wegen für ein vom Chabasit verschiedenes Mineral.)
5. Aitnlcinu
(S}rn. Würfel-Zeolith, Kubizit, hexaödrischer Kuphonspath.)
Kryststm. regelmässig, Krystf. 1) Hexaeder; 2) Combinationen des-
selben mit dem Ikositetraeder, oder 3) mit dem Dodecaeder Kryst.
oft scheinbar regellos, glatt, einzeln eingewachsen , gruppirt; kugelig. --
Spaltbar auf den Würfelflächen. Br. uneben, bis muschelig. II. = 3,5;
spröde; sp. G. = 2,2. Durchsichtig bis durchscheinend. Glas-, auch
Perlmutterglanz. Wasserhell; graulich und röthlich weiss in’s Rothe.
Strich : weiss.
V. d. L. anfangs weiss und trübe werdend, dann zu klarem glänzen-
Epistilbit.
143
dem Glase schmelzbar (2,5)« Im Uebrigen wie Cliabasit. Bestdth. nach
IL Rose : Si03 55,12, Al203 22,99, NaO 13,53, ILO 8,27« — Formel :
3Na.O . 2Si03-f-3(Al203 . 2Si03)-f-6IE0.
Findet sich in Mandelsteinen , Basalt und vulkanischen Gonglome-
raten: Catania , Aetna , Tyrol , (iin Fassathale oft Krystalle von 4 — 6"
Durchmesser) , Breisgau , Böhmen.
6. Thompsonit .
Kryststm . ein- und eiuaxig. Krystf vier- , acht- und zwölfseitig«
Prismen mit gerade angesetzter Endfläche und mit geraden , abgestumpf-
ten Endkanten. Kryst. gestreift, aufgewachsen} stängelig abgesonderte
M. von strahliger Textur. — Br. uneben. H. =s 5,0} spröde; sp. G. =a
2,3. Durchsichtig bis durchscheinend. Glasglanz; wasserhell} weiss , röth-
lich-weiss. Strich: weiss.
V. d. L. sich stark aufblähend, undurchsichtig weiss werdend und
dann leicht zu weissein Email schmelzend. Im Uebrigen wie Ghabasit.
Bestdth. nach herz.: Si03 38,30, A1203 30,20, CaO 13,54, MgO 0,40,
3NTaO 4,53, H20 13,10. — Formel: 3NaO . Si03-f-AE03.Si03-f 3H20-f-
3(3Ca0.Si03-f-AL03 $i03-f-9H20).
Findet sich in basaltischem Gestein in Schottland • in Laven am
Vesuv.
7. Desmin.
(Sjn. Strahl-Zeolith , Stilbit z. Th. , prismatoidischer Kuphonspath.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. rhombische Säulen mit der
gerade angesetzten Endfläche oder vierflächigen Zuspitzung und abge-
stumpften Seitenkanten. Kryst. glatt oder gestreift, meist garben- oder
büschelförmig zugespitzt, drüsig verbunden; kryst. M. ; Textur strahlig.
Br. uneben. H. = 3,5—4: spröde; sp. G. = 2,2. Halbdurchsichtig bis
durchscheinend. Perlmutter- bis Glasglanz. Weiss in’s Gelbliche, Röth-
liche, Graue und Braune. Strich: weiss.
V. d. L. weiss und undurchsichtig werdend, sich aufblähend und
unter Krümmungen zu einem weissen Schmelz fliessend (2—2,5). Im
Uebrigen wie Chabasit. Glühverlust: 16 p. C. Bestdth. des Schlesischen
nach Zellner : Si03 G0, 27 , A1203 14,43, CaO 6,40, MgO 0,21, H,0 18 5.
— Formel: CaO . Si03-f- A1203 .3Si03-f-6H20.
Kömmt am häufigsten und ausgezeichnetsten als Ausfüllung von
Blasenrämuen in basaltischen Gesteinen vor: Island Färöer , Irland ,
Tyrol , am Harz , Schlesien.
Der Comptonit krystallisirt in geraden rhombischen Säulen und
hat kleinmuschelig^n Bruch ; er verhält sich dem Desmin ähnlich und
kommt in vulkanischen Gresleinen am Vesuv vor.
8. Epistilhit.
(Syn. Diplogener Kuphonspath.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. rhombische Säule. Kryst auf
gewachsen; Kryst. M. — Br. uneben. Ii =. 4,5; sp G. = 2,2. Durch-
sichtig. Glasglanz. Weiss. Strich: weiss.
Ml
Loumontit.
V. «1 L. wir» Desmin. Glühverlust : 1 4 ‘/j p. C. Flun so zusammen-
gesetzt wie die vorige Gattung, ent li. aber 5U2!> und einen Tlieil CaQ
durch NaO ersetzt.
Formel : fCaO, Na0].3Siü3-f-3Al203.3Si034-5>L0.
Findet sich in Blasenriiumen von Mandelsteinen, begleitet von De«-
min und lleulandit: Island, Färöer.
9 . lleulandit
(Syn. Blätter-Zeolith , Stilbit z. Th., hemiprismatischer Kuphonspath.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. schiefe rectanguläre Säule.
Kryst. einzeln aufgewachsen oder <lrusig verbunden; kryst. blätterige M.
— r»r. uneben. H. = 4; spröde; sp. G. — 2.2. Durchsichtig. Glasglauz.
W eiss in mehrern farbigen JNüanzen. Strich: weiss.
V. d. L. sich fächerartig aufblätternd , sonst wie Desrain. Bestdth.
nach v. Kobell : Si03 60,47 , A1203 17,94, CaO 7,46, II20 14,12- — For-
mel: 3CaO. Si03-f-4Al203. si03-f-lSII20.
Kommt mit Desmin und wie dieser vor.
(Dem Heuland it und Desmin ist der Lincolnit sehr ähnlich,
welcher kürzlich in Massachusets im Grünstein entdeckt wurde. Er kry-
stalüsirt in rhombischen Säulen.
10. Brewsterit.
(Syn. Brewsterischer Kuphonspath.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. schiefe rectanguläre Säule.
Kryst. einzelne Flächen vertical gestreift, aufgewachsen , drüsig verbun-
den. Kryst. M. — Br. uneben. II. = 5; sp. G. := 2,2. Durchsichtig.
Glasglanz. Weiss in’s Gelbe und Graue. Strich: weiss.
V. d. L. wie Desmin. Die verdünnte salzsaure Lösung wird durch
Schwefelsäure gefällt. Bestdth. nach A. Connel : Si03 53,6, A1203 17,3,
Sr0 8,3, BaO 6,7, CaO 1,3, FeiO30,2, II20 12,5. — Formel: 3[SrO, BaOJ
Si03-f-4(Al203 . 3Si03)-f-lSH20.
Kommt von Kalkspalh begleitet zu Strontian in Argileshire vor.
11. Laumontit.
(Syn. Diatomer Kuphonspath.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf schiefe rhombische Säule.
Kryst. säulenförmig, gestreift, aufgewachsen, drüsig verbunden; kryst.
M. — Br. uneben. II. = 3,5; sehr zerbrechlich; sp. G. =. 2,3. Durch-
scheinend. Perlmutterglanz. Weiss ins Gelbe, Graue und Rothe. Strich:
weiss. Er zerfällt an der Luft.
V. d. L. unter wurmförmigem Krümmen zu weissem, durchscheinendem
Email schmelzend. Im Uebrigen wie Mesotyp. Bestdth. nach L. Gmelin:
SiOs 48,3, A120, 22.7, CaO 12,1, H20 16,0. — Formel: 3Ca0.2Si03,-f-
4(Ai203.2Si03)-f-l8II20.
Kommt im Thonschiefer in verschiedenen Ländern vor.
Prehjiit.
145
12. Harmoiom.
(Syn. Kreutzstein, paratomer Kuphonspath, Gismondin, Abrazit.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. gerade rectanguläre Säule mit
vier den Kanten aufgesetzten Flächen zugespitzt Kryst. aufgewachsen
oder zu Drusen verbunden; einzelne Flächen gestreift. — Vollkommen
spaltbar in mehrern Richtungen. Br. muschelig in’s Unebene. II. -45-
sp. G. = 2,1 — 2,4. Durchscheinend bis undurchsichtig. Glasglanz. Weiss
in’s Graue und Gelbe, selten Rothe. Strich: weiss.
V. d. L. ruhig schmelzend (1) zu einem klaren Glase. Im Uebrigen
wie Chabasit. Bestdth. des H. von Marburg nach L. Gmelin : Si03 48,0°,
A1,03 22,61, KO 7,50, H,0 16,75, CaO 6,56, Fe203-f-Mn203 0,18. —
Formel: 3[KO, CaO] . 2Si03-|-3(Al203 . 2Si03)-f-15II20.
Der Baryt-Harmotom hat wahrscheinlich dieselbe Zusammensetzung,
aber statt KO und CaO enthält er BaO. Er schmilzt schwieriger und
widersteht der Salzsäure mehr. Die Lösung wird von Schwefelsäure
gefällt.
Kommt auf Gängen im ältem Gebirge vor und auf Blasenräumen der
Mandelsteine, Basalte und Dolerite : Oberstein (Baryt-H.), Marburg ,
Böhmen , Capo di Bove bei Rom.
13. Brevicit.
Ein kürzlich entdecktes, blättrig strahliges Mineral. Weiss, mit
breiten dunkelrothen oder graulichrothen Streifen. Ghlt. nach Sonden •
Si03 43,88, A1203 28,39, NaO 10,32, CaO 6,88, MgO 0,21, H20 9 63 —
Formel : 3[NaO, CaO] . 2Si03-f-3(Al203 . Si03)-f-2H20.
Er findet sich in Blasenräumen trachytischer Gesteine bei Breviz in
Norwegen.
14. Prehnit.
(Syn. Kupholit, Axotomer Triphanspath.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. gerade rhombische Säule, an
den stumpfen Seitenkanten sehr stark gerade abgestumpft. Kryst. glatt
oder mit drüsiger Oberfläche, eingewachsen, mannichfach gruppirt, be-
sonders kegel- oder garbenförmig. Kryst. M. mit blätteriger Textur
fPrehnitspathj ; kugelige, nierenförmige M. mit concentrisch strahliger
bis faseriger Text. (Kaser ■ oder StrahlprehnitJ. — Br. uneben. H. ■
6—6,5; spröde; sp. G. = 2,9. Halbdurchsichtig bis durchscheinend.
Glas- bis Perlmutterglanz. Berg-, apfel- und zeisig-grün in’s Griinlich-
und Graulichweisse. Strich: weiss. Durch Erwärmen polariscli-electrisch
werdend.
V. d. L. unter starkem Brausen zu weissem oder gelblichem email-
artigem Glase schmelzend (2). Im Kolben wenig Wasser gebend. Nach
dem Schmelzen mit Salzsäure eine Gallerte bildend. Bestdth. nach
Walmstädt : Si03 44,71, A1203 23,99, CaO 25,41, FeO 1,25, MnO 0,19.
H20 4,45 — Formel: 2CaO . Si03-f-Al203 . Si03-f-H20.
Kommt auf Gängen und Drusenräumen im altern Gebirge vor : Tyrol,
Salzburg ^ Dauphinee ; in Blasenräumender Mandelsteine : Obersteinl
Schottland , Fassathal.
Geigers Pharmacie • // 1. (2 te Auf.)
10
146
Edingtonit.
In diese Abtheilung gehören auch folgende, weniger genau bekannte
Mineralien :
Der G in e 1 i n i t (HydrolitJ. Kryst st/n. drei- und einSxig. Krystf.
Dihexaeder. Kryst. einzelne Flächen rauh, andere gestreift; eingewach-
. sen oder zu mehrem verbumlen. — Br. uneben. II. = 4,5; sp. G. =
2,0. Durchscheinend bis durchsichtig. Glasglanz. Weiss in’s Fleischrothe.
Strich : weiss.
Zerspringt in der Lichtflamme zu kleinen Schuppen. Bestdth. nach
yauq.: Si03 50,0, Al203 20,00, CaO 4,5, NaO 4,5, ILO 21,0.
Kommt in Blasenräumen der Mandelsteine vor: im Vicentinischen ,
Irland.
Killinit. Krystf. rhombische Säule. Kryst. eingewachsen; derbe
M. — Br. uneben, feinkörnig. II. = 4; sp. G. c= 2,6 Durchscheinend.
Glasglanz Grünlichgrau. Strich: gelblich-weiss.
Y. d. L. sich aufblähend und zu weissein Email schmelzend. Ghlt.
nach Barkei". SiO? 52,49, A1203 24,50, KO 5,00, Fe203 2,49, Mn203
0,75, CaO und MgO 0,50, ILO 5,00. •
Kommt auf einem Granitgange mit Glimmerschiefer im Quarz vor:
Irland (bei Dublin).
Edingtonit. Kryslstm. zwei- und einaxig. Kryst. glatt, theils
gebogen. IT. = 4: sp. G. = 2,7- Halb durchsichtig. Glasglänzend. Grau-
licliweiss Strich : weiss.
V. d. L. zu farblosem Glase schmelzend. Bestdth. nach Turner :
Si03 35,09, A1203 27,69, CaO 12,68, H20 13,32.
Kommt in den Kil patrick- Hügeln vor, begleitet von Kalkspath ,
Ilarmotom und Thompsonit.
2. Abth. : Silicate von Alcalien oder alcalischen
Erden mit Silicaten von Thon erde, ohne chemisch
g e b n n d e n e s Wasser (fclds palliar tige Mineralien).
Die feldspathartigen Mineralien krystallisiren der grössern
Anzahl nach im ein- und eingliedrigen und zwei- und einglie-
drigen Systeme ; jedes der vier andern Systeme hat aber wenig-
stens einen , das zwei - und einaxige zwei Repräsentanten.
Ausserdem treten alle auch als kryst. M. mit blätteriger, strah-
liger, körniger bis dichter Textur auf. Auf dem Bruche sind
sie muschelig oder uneben. Sie sind sämmtlich spröde, ritzen
den Apatit und werden vom Quarz geritzt, ausgenommen der
Jlvmboldtilit, welcher Apatit-, und der Triphan. welcher Quarz-
Härte besitzt. Das spec. CJ. wechselt im Allgemeinen zwischen
2,4 und 2,7; beim llumboldtilit ist es •= 3,1, beim Triphan —
3, (1. In den optischen Eigenschaften stimmen sie mit denen der
vorigen Abtheilung überein. (Couzcranit ist schwarz in’s Blaue.)
V. d. L. sind fast alle, den Lenzit ausgenommen, schmelzbar,
aber in der Regel schwierig. Im Kolben geben sie kein Wasser.
Feldspath.
147
Viele sind in Salzsäure unlöslich, andere lösen sich mit Hinter-
lassung pulveriger Kieselerde in derselben, und nur Nephelin
und JiumboldtUU bilden mit Salzsäure eine Gallerte.
iS. Feldspath.
(Syn. Neutrales kieselsaures Thonerde-Kali, Orthoklas, prismatischer
Feldspath, Spatlmm fusibile.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. Grundgestalt
eine schiefe geschobene Säule mit abgestumpften stumpfen und
scharfen Seitenkanten, als secundären Flächen ; häufig Zwillinge.
Kryst. mit theils vertical, theils horizontal gestreiften, theils
glatten , theils rauhen Seitenflächen ; kryst. M. ; dicht. — Voll-
kommen spaltbar parallel den End- und Seitenflächen. Br. un-
eben bis muschelig. H. = 6; spröde; sp. G. =^= 2,5. Wasser-
hell; weiss, roth, grün in verschiedenen Nüanzen.
V. d. L. auf Kohle halbdurchsichtig, glasig werdend, schwer
zu einem blasigem , durchscheinendem Glase schmelzend (5). In
Säuren unauflöslich. Im Kolben kein Wasser gebend. — Formel:
KO . SiOsH-i^jOj . 3Si03.
Arten.
1. Adular. (Syn. opalisirender Feldspath.) Kryst. auf- und
eingewachsen, vielartig gruppirt. Kryst. M. und stumpfeckige
Stücke. Durchsichtig bis durchscheinend. Glasglanz stark, eigen-
thümlich perlmutterartig. Wasserhell ; weiss in’s Graue , Blaue,
Grünliche und Gelbliche. Bestdth. nach Vauq.: Si03 64, Ala03
20, KO 14, CaO 2. Und nach Vogel auch durch Wasser aus-
ziehbare organische Materie.
Kommt auf Gängen und als Drusenbildung im altern Gebirge vor,
begleitet von Hornblende, Bergkrystall, Chlorit, Epidot, Kalkspath: St.
Gotthard , Vesuv, Tyrol , Dauphinee , Sibirien , Elba , Grönland.
Die Varietät, welche man Mondstein nennt, wird geschliffen und ist
ein geschätzter Schmuckstein.
2. Gemeiner Feldspath. Kryst. häufig Zwillinge,
meist mit rauher Oberfläche, eingewachsen; kryst. M. ; derb,
eingesprengt. Durchscheinend. Glasglanz. Weiss in’s Graue,
Fleischrothe , Grüne ( Amazonenstein ), Blaue und Gelbe mit
buntem Farbenspiel. Bestdth. nach Bucholz : Si03 60,25 ,
Al203 22,00, KO 14,00, CaO 0,75, U20 1,00.
Sehr allgemein verbreitet und ein wesentlicher Bestandtheil des
Granits, Gneises, Syenits u, s. w. : ferner auf Gängen und in Drusen-
ränmen: Karlsbad, Fichtelgebirge , Elba , St. Gotthard, Schweden ,
Sibirien , Siebengebirge (Drachevfels).
148
Perikim.
Man benutzt die grünen und bunten Feldspathe zu Gegenständendes
Schmucks , die derben Massen als Zusatz beim Porzellan, zur Glasurmasse
beim Tüpfergeschirr u s. w.
3. Feldstein. (Syn. dichter Feldspatli, Felsit.) Derb. Br. splitte-
rig. Matt bis a. d. K. durchscheinend. Weiss, grau, grün, roth;
selten rein.
Bildet die Grundmasse mancher Felsarten (Porphyr, Phonolith),
oder einen wesentlichen Gemengtheil derselben, wie des Gabbro, Diorit.
Er nimmt eine schöne Politur an.
16. Alb it.
(Syn. Neutrales kieselsaures Thonerde-Natron, Tetartin, Kieselspath ,
Natron-Feldspath.)
liryststm. ein- und eingliedrig. Grundform ; eine schiefe
geschobene Säule ; einfache Kryst. selten , häufiger Zwillinge ,
so dass beide Individuen die Abstumpfungsfiäche der scharfen
Seitenkanten einer klinorhombotdischeu Säule gemein haben.
Kryst. meist flach, zusammengedrückt. Kryst. M. von blättri-
ger oder gebogen strahliger Text. — Br. uneben. H. = 6 — 6,5;
sp. G. ■=■ 2,6. Durchscheinend. Glas- bis Perlmutterglanz.
Wasserhell ; weiss in’s Gelbliche , Bötliliche und Grauliche.
Strick : weiss.
V. d. L. wie die vorige Gttg. Schmelzbarkeit = 4. Be-
stdth. nach Holms: Si03 AI3O3 20,8, NaO 10,5. Fe3034-
M112O3 0,1, CaO 0,2. — Formel: NaO. Si03-t-Al203 . 3Si03.
Häufig im Granit der Alpen: St. Gotthard , Zillerthal , Salzburg,
Pyrenäen , Norwegen , Chesterfield in Massachusets.
Wird wie der Feldspatli benutzt.
17. Per Min.
liryststm. ein- und eingliedrig. Grundform: schiefe rhom-
boidische Säule. Kryst. meist niedrig, auf-, oder zu mehrern
zusammengewachsen ; kryst. M. — Br. uneben. H. = 6; sp.
G. = 2,5. Durchscheinend. Glasglanz. Weiss in’s Röthliche und
Gelbliche. Strich : w eiss.
V. d. L. wie die vorige Gttg. Bestdth. nach C. G. Gme-
lin : Si03 67,9, A1Q03 18,9, NaO 9,9, KO 2,4, CaO 0,1, FeO
0,4. — Formel: [NaO, KO] . Si03-f-Al203 . 3Si03.
Im altern Gebirge auf Gängen und Drusenräumeu : St. Gotthard ,
Tyrol , Sachsen.
Oligoklas. 149
18. Petalit.
(Syn. Doppelt-kieselsaures Lithion mit neutraler kieselsaurer Thon erde ,
prismatischer Petalinspath , Berzelit.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krysl. M. ; derb. — Br.
uneben in’s Splittrige. H. = 6; sp. G. = 2,4. Durchschei-
nend. Perlmutter- bis Glasglanz. Milchweiss in’s Rothe. Strich:
weiss.
V. d. L. ruhig zu einem weissen Email schmelzend (3,5).
Mit saurem schwefelsaurem Kali in der Pincette zusammenge-
schmolzen, die Flamme blass purpurroth färbend. Im Kolben
und gegen Säuren wie Feldspath. Bestdth. nach C. G. Gmelin:
Si03 74,17, A1203 17,41, LO 5,16, CaO 0,32. — Formel:
LO . 2Si03-hAla03 . 3Si03.
Tn grossen einzelnen Blöcken im Urgebirge : Insel Utön, in Roll
stücken am Ontario-See in Cannada.
19. Triphan.
(Syn. Spodumen, prismatischer Triphanspath.)
Kryststm. ein- und eingliedrig? Kryst. M. von blätteriger Textur. —
Br. uneben. H. = 6,5 — 7; spröde; sp. G, =£= 3,6 Durchscheinend.
Glasglanz. Grünlichweiss in’s Berggrüne. Strich: weiss.
Y. d. L. sich aufblähend und zu ungefärbtem Glase schmelzend (3,4),
sonst wie Petalit. Bestdth. nach Strom.: Si03 63,28, AL03 28,77, LO
5,62, Mn„03 0,26, Fe203 0,79, H20 0,77. — Formel": L0.2Si03-f-
A1203 . 2Si03.
Eingewachsen in granitischem Gestein und auf Lagern mit Feldspath,
Turmalin: Insel Utön 3 Tyrol 3 Irland , Massachusets.
20. Oligoklas.
(Syn. Neutrales kieselsaures Natron mit zwei Drittel-kieselsaurer
Thonerde, Natronspodumen.)
Kryststm ein- und eingliedrig,. Krystf schiefe rhomboklische Säule.
Derbe kryst. blättrige M. -L- Br. muschelig. H. = 6; sp. G. = 2,6-
Durchscheinend Perlmutter- bis Giasglanz. Weiss in’s Graue, Grüne und
Gelbe neigend.
Grad der Schmelzbarkeit — (3,5). Bestdth. nach Berz. : Si03 63, 7o,
A1203 23,95, NaO 3,11, RO 1,20, CaO 2,05, MgO 0,65, Fe.,03 0,50. —
Formel : NaO . Si03-f-AL03 . 2Si03. (Das NaO ist zum Theil ersetzt durch
KO, CaO und MgO.)
Im ältern Gebirge bei Freiber g3 in Schweden, Norwegen; imBasalt^
im Coburgischen.
150
Riakolith.
2i. Leuclt.
(Sy n. Zwei-drlttel-kieselsaures Thouerde-Kali , trapezoidaler Kuphonspath,
Amphigen.)
Kryststm. regelmässig. Krystf. Ikositetraeder. Kryst. rauh, iuuen
rissig; rundliche Körner; selten kleine derbe M. — Br. muschelig. H.
5,5 — G ; spröde ; sp. G. = 2,4 — 2,5. Durchsichtig bis durchscheinend.
Zwischen Glas- und Fettglanz. Weiss in's Graue und Gelbe. Strich:
weiss.
V. d. L. unschmelzbar; mit Borax schwierig zu klarem Glase schmel-
zend. Im Kolben kein Wasser gebend. In Salzsäure zerlegbar und Si03 als
feines Pulver abscheidend. Bestdth. nach Arfv.'. Si03 56,10, AL03 23,10,
KO 21,15, Fe,03 0,95. — Formel; 3KO . 2Si03-f 3(AL03 . 2Si03)'.
Eingewachsen in älteren Laven; Vesuv , Borghetto , Rom , Laacher
See , Kaiserstuhl .
22. Labrador.
(Syn. Neutrales kieseisaures Natron und Kalk mit drittel-kieselsaurer
Thonerde , Labrador-Feldspath.)
Kryststm. ein- und eingliedrig. Kryst. selten; kryst. M. von blätte-
riger Text. — Br. uneben in’s Muschlige. H. = 6: spröde; sp. G. ==
2,7. Durchscheinend. Glas- bis Perlmutterglanz. Grau in verschiedenen
Niianzen in der Richtung einiger Flächen; oft lebhaftes Farbenspiel mit
blau, gelb, braun, grün und roth. Strich: weiss.
V. d. L. wie Feldspath , aber zu einem dichten, farblosen Glase
schmelzend (4) In Salzsäure mit Hinterlassung von Kieselerde löslich,
ohne eine vollkommene Gallerte zu bilden. Bestdth. nach Laurent und
Holms : Si03 47,9, A1203 34,0, Fe203 2,4, NaO 5,1, KO 0,9, CaO 9,5,
MgO 0,2. — Formel: NaO .Si03-f-Äl203 . Si03-f-3(Ca0 . Si03-f-Ala03 . Si03).
In grossen stumpfeckigen Stücken und Geschieben . seltner anste-
hend: Labrador , Schottland , Schlesien , Finnland; auch in Laven des;
Vesuvs ; als Gemengtheil mehrerer Felsarten: Syenit, Gabhro u s. w.
Der Labrador wird zu Tischplatten, Uhrgehäusen, Tabatieren u, s. w.
verarbeitet.
23. Riakolith.
(Syn. Glasiger Feldspath z. Th. , Eisspath.)
Kryststm . zwei- und eingliedrig. Krystf. wie beim Feldspath . aber
nach G. Rose mit andern Winkelverhältnissen. Kryst. einzeln oder durch-
einander gewachsen. Kryst. M. ; durch vulkanische Einwirkung glasig und
rissig geworden. — Br. muschelig. H. und sp. G. wie beim Feldspath.
Durchsichtig bis a. d. K. durchscheinend. Glasglanz. Wasserhell. Weiss
in s Graue , Gelbe und Rothe.
V. d. L. wie Feldspath , aber durch Salzsäure zersetzbar. Glilt. eines
/?. vom Vesuv nach G. Rose: Si03 50,31, A1203 29,44, KO 5,92, NaO
10,56, Fe>03 0,28, CaO 1,07, MgO 0,23. —• Formel: [NaO, KO] . SiO,-f-
Ai,O,.Si0„
Wernerit.
151
Eingewachsen mit Augit, Haüyn, Titanit in Laven, Trachyt, Bims-
stein: am Vesuv, Eifel, Laacher See.
24. Latrobii ,
(Syn. Diploit.)
Kryslstm. ein- und eingliedrig. Krystf. schiefe rhombische Säule.
Kryst. unvollkommen 5 kryst. M. ; eingesprengt. H. = 5,5 ; sp. G. =»= 2,72*
Durchscheinend. Glasglanz. Rosen- und Pfirsichblüthröth.
Y. ch L. schneeweiss werdend, sich stark aufbläbend und a. d. K.
zur wenig durchscheinenden blasigen Masse zusammensinternd. ln Boras
zu farblosem Glase lösbar. Mit Phosphorsalz zur klaren , ein Kiesel-
skelet enthaltenden Perle Ghlt. nach C G Gmelin: SiOa 44,65, A1203
36,81, CaO. 8,29, Mn,03 (mit etwas MgO) [3,78, KO 6,57, H20 2,04. —
Formel : 3KO . Si03-f-2(3CaO . Si03)-f-15(Al203 . Si03).
Kommt mit Feldspath , Glimmer und Kalkspath verwachsen vor : an
der Küste von Labrador (Eiland Amitock ).
25. Wernerit.
(Syn. Zwei-drsttel-kieselsaures Natron und Kalk mit Drittel-kieselsaurer
Thonerde, pyramidaler Feldspath,)
Kryststm. zwei- und einaxig. Krystf. 1) quadratische Säule mit den
Flächen eines quadratischen Octaeders zugespitzt; 2) dieselbe Säule mit
abgestumpften Seitenkanten. Kryst. meist säulenförmig; nadelförmig;
kryst. M. ; derb; Textur körnig oder slrahlig. — . Br. uneben. H. =
5 — 5,5; spröde; sp. G, = 2;8. Glasglanz. Strich: graulich-weiss.
Y. d. L. unter Schäumen und Leuchten zu farblosem, blasigem Glase
schmelzbar. Im Kolben und gegen Säuren wie Labrador.
Arten.
1. Wernerit (Skapolith). Kryst. gestreift, oft mit talkähnlichem
Glimmer überzogen, auf- und durcheinander gewachsen. Durchscheinend
bis undurchsichtig. Grau in’s Weisse, Grüne und Rothe. In Salzsäure
mit Hinterlassung von Kieselerde lösbar, ohne vollkommene Gallerte zu
bilden Schmelzbarkeit = (2,5). Ghlt. nach Hart wall : Si03 43,87 , AL03
27,93, CaO 20,00, NaO 2,92, FeO 0,43, CO, 4,39, H,0 0,55. — Formel:
3(CaO, NaO) . 2Si03-f-2(AL03 . Si03).
Auf Lagern von Magneteisen in Gneis: Norwegen , Schweden. In
Lagern von körnigem Kalk : Finnland.
2. Mejonit. Kryst. glatt, zugerundet, oft mit weisser Rinde über-
zogen. Halbdurchsichtig bis durchscheinend. Grauliehweiss. In Salzsäure
zur vollkommen steifen Gallerte löslich. Schmelzbarkeit = 3. Bestdth.
nach X. Gmelin: Si03 40,8, AL03 30,6, CaO 22,1 , NaO-f-KO 2,4,
FeO 1,0.
In Drusenhöhlen von körnigem Kalk, alten Auswürflingen des Vesuvs
angehörig.
(Der Nittalit von Massachusets , dessen Kryst. gestreift und durch
Flächen von sehr ungleicher Grösse entstellt sind, gehört auch hierher.)
152 Nephelin.
26. Porzellanspath .
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. wenig geschobene
gerade rhombische Säule. Derbe M. — Br. uneben. H. = 5,5;
spröde; sp. G. — 2,6. Durchscheinend. Glasglanz. Weiss ins
Gelbe, Blaue und Graue. Strich: weiss. Erwärmt stark phos-
phorescirend.
V. d. L. wie Wernerit. Glilt. nach Fuchs : Si03 49,30 ,
AI2O3 27,90, CaO 14,42, NaO 5,46, H20 0,40. Im körnigen
fand v . Kobell auch 0,17 KO. — Formel: NaO. Si03+3(Ca0 .
Si03)-hl2(Al203 . SiOs).
Kommt in kleinkörnigem Feldspa th vor: in Baiern fObernzelf PassauJ.
Durch Verwitterung desselben entsteht nach Fuchs die Porzellanerde
von Passau, die ihrer Zusammensetzung zufolge verschieden ist von der
muthmasslick aus Feldspath entstandenen. Vergl. oben p. 134 Kaolin .
27. Humboldtilit.
Kryststm. zwei- und einaxig. Krystf. gerade quadratische Säule.
Kryst. meist tafelartig verkürzt. — Br muschelig bis uneben. H. = 5 ;
sp. G. = 3,1- Halbdurchsichtig bis durchscheinend. Glasglanz. Lichte
gelb in’s Grauliche.
V. d. L. ohne Aufblähen schmelzbar (3) Mit Salzsäure eine voll-
kommen steife Gallerte bildend. Im Kolben kein Wasser gebend. Ghit.
nach v. Kobell: Si03 43,96, A1,03 11,20, CaO 31,36, MgO 6,10, FeO
2,32, NaO 4,28, KO 0,38. — Formel: NaO . 3Si034-5(Al,03 . Si03)4-12
[CaO, MgO, FeO] . Si03.
Findet sich in Höhlungen und Drusenräumen lavaartiger Gesteine in
Begleitung von Augit: Vesuv.
28. Nephelin.
(Syn. Drittel-kieselsaurps Thonerde-Natron, rhomboüdrischer Feldspath,
Elaeolilh , Fettstein, Sommit.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. regelmässige sechsseitige Säule
mit gerade angesetzter Endfläche und den Flächen eines Dihexaeders als
Abstumpfungen der Endkanten. Kryst. tafelartig, glatt, eingewachsen,
drüsig verbunden; kryst. M. mit körniger oder blätteriger Textur. — • Br.
muschelig. H. = 5,5 — 6; sp. G- = 2,5 — 2,7. Halbdurchsichtig bis un-
durchsichtig. Glas- bis Fettglanz. Wasserhell. Weiss in’s Graue, Oel- und
Olivengrüne. Strich : weiss.
V. d. L wie Humboldtilit. Glilt. nach L. Gmelin : KO 7,13, NaO
13.36, CaO 9,90, Fe203 1,50 (mit Spuren von Mn), Al203 33,49, Si03
43.36, 1120 1,39. — Formel: 3(K0,Na0).Si03-f-3(Al203.Si03),
In Drusenhöhlen vulkanischer Auswürflinge und in Laven älterer
Ei uptionen: Vesuv , Rom , Laacher See ; imDoierit: Odenwald ; im Sye-
nit : Norwegen
('Hierher gehört Nordenskiölds wasserfreier Skolezit. CaO . Si03-f~
A1203 . Si03).
Obsidian.
153
29. Couzeranit.
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. schiefe rhombische Säule.
Kryst. der Länge nach gestreift. Text, blätterig. — Br. muschelig. H. =
6; sp. G. = 2,69. A. d K. durchscheinend. Glasglanz. Schwarz in’s
Blaue.
V. d. L. schmelzbar zu weissem Email. Unlöslich in Säuren. Ghlt.
nach Dufrenoy : Si03 52,85 , A1203 24,25, CaO 12,04, MgO 1,46, KO
5,63, NaO 3,75. — Formel: 3[GaO, KO, Na0j.Si03-|-2(Al203.Si03)?
Kommt in körnigem Kalk vor: Pyrenäen (im Thale SeixJ.
30. Anorthit.
(Syn. Drittel-kieselsaure Kalk- , Talk- und Thonerde.)
Kryststm. ein- und eingliedrig. Krystf. schiefe rhomboidische Säule.
Kryst. aufgewachsen, drüsig verbunden. Kryst. M. mit körniger Text. — -
Br. muschelig. H = 6; spröde; sp. G. = 2,6. Durchsichtig, Glas- bis
Perlmutterglanz. Wasserhell. Weiss. Strich : weiss.
V. d. L. schwer zu einem klaren Glase schmelzend. Im Kolben und
gegen Salzsäure sich wie Labrador verhaltend. Ghlt. nach G. Rose :
Si03 44,49, A1203 34,46, CaO 15,68, MgO 5,26, Fe203 0,74. — Formel ?
Anhang zu den feldspathartigen Mineralien.
Obsidian.
(Syn. Empyrodoxer Quarz z. Th. , Marekanit , Bouteillenstein .
Lapis Obsidianus.)
Derbe M. ; in Geschieben und Körnern ; Oberfläche rauh oder
glatt. — Br. vollkommen muschelig. H. = 6 — 7 ; spröde ; sp.
G. — 2,2 — 2,4. Durchsichtig bis a. d. K. durchscheinend. Glas-
glanz stark. Wasserhell, meist dunkle grünlich-schwarze Far-
ben , selten grüngelb , blau , roth , weiss , oder die Farben in
Flecken oder Streifen wechselnd.
V. d. L. bald schwierig, bald leicht schmelzbar, theils
unter Aufschäumen, theils ruhig, zu Glas, schaumiger Masse
oder Schmelz fliessend. Ghlt. des Obsidian von Telkobanya
nach Erdm. : Si03 74,80, A1203 12,40, Fea03 2,034, CaO 1,95,
NaO mit KO 6,40 , MgO 0,89, MnO 1,31.
Kommt als eigenthiimliche Felsmasse in Lagern, wahrscheinlich durch
lavaartige Ströme gebildet, eingewachsen in Trachji; und als Hauptmasse
eines Porphyrs (Obsidianporphyrs) ; in Körnern im Perlstein und als Ge-
schiebe vor. In Gegenden wo noch brennende oder ausgebrannte Vulkane
sind: Island , Ungarn , Ponza-lnseln , Vesuv (1822), Li pari > Stromboli ,
Spanien , Mexico , marekanisches Gebirge in Sibirien.
Der Obsidian wird zu verschiedenen Gegenständen des Luxus ver-
arbeitet. Die Römer fertigten schon Spiegel und Gemmen aus ihm; die
Mexicaner und Peruaner Messer , Degenklingen und andere schneidende
Instrumente.
154
Pechstein.
(Dass der Obsidian vulkanischen Ursprungs 8ei, ist wohl nicht zu be-
zweifeln ; wahrscheinlich entstand er durch Umschmelzung von Albit und
feldspathartigem Gestein. Nach Ermann leiten die Obsidiane bis 15 0
11. die Electricität so gut wie Metalle, in höherer Temperatur nimmt dies
Vermögen ab; bei 30 ü R. sind sie schon vollkommene Isolatoren.)
Bimsstein .
(Syn. Empyrodoxer Quarz z. Th., Pumex, Lapis pumicis.)
Blasige, poröse, schwammartige M. ; Textur unvollkommen
und imtereiiianderlaufend faserig oder dicht. — Br. kleinmusclielig
in’s Splittrige. H. = 4,5; sehr spröde; sp. G. = 2,1— 2,2.
A. d. K. durchscheinend. GJasglauz auf den Bmchflächen. Weiss
in’s Gelbe, Graue und Bräunlich-schwarze.
V. d. L. leicht oder schwierig unter Aufwallen zu weissem
Email schmelzbar. Ghlt. des Liparischen nach Klapr. ; Si03
77,50, Ai203 17,50, NaO mit KO 3,00, Fea03 und MnO 1,75.
Bildet in der Nähe Von Vulkanen ganze Ströme, Lipari, Volkano
Ischia , Vesuv, Bendorf, Brohl in Rheinpreussen } hier als Auswürflinge ,
eiugebacken in Trass u. s. \v„
Er dient als Schleif- und Polirmittel ; nach Leuchs zur Ausfütterung
von Tiegelöfen und Bereitung von Rostpapier.
Perlstein .
(Syn. Empyrodoxer Quarz z. Th. , zeolithischer Pechstein.)
Derbe M. , kuglig-körnig und concentrisch-schalig abgesondert
Br. kleinmuschelig. H. = 6 ; spröde; sp. G. = 2,2 — 2,4. A. d. K.
durchscheinend. Fett- bis Perlmutterglanz. Grau in mehrern Nüanzen,
in’s Gelbe, Rothe und Braune, auch gestreift oder gefleckt, meist unrein.
V- d. L. lebhaft sich aufblähend zurweissen, schwammartigen Masse.
Ghlt. des Perlst, von Schsmnitz nach Erdm. : Si03 72,86 , A1203 12,05 ,
Fe203 1,75, CaO 1,29, NaO (mit einer Spur KO) 6,13, MgO 1,10 ,
ILO 3,0.
Bildet ganze Felsmassen (Perlsteinporphyr),: Ungarn , Italien (Eu-
ganeenj , Lipari , Island , Sibirien , Mexico.
(Der Sphärulit bildet an manchen Orten rundliche Körner im
Perlstein und Pechstein. Er zerknistert vor dem Löthrohre und über-
deckt sieh an den scharfen Ecken mit weissem Schmelz. Er hat ähnlich©
Zusammensetzung wie der Perlstein , nach Erdmanns neuester Untersu-
chung aber keinen Wassergehalt. Nach demselben scheinen unter dem
Namen Sphärulit verschiedene Gattungen vorzukommen. Schweigg . Seidel
Jahrb. Bd. VI. p. 27.)
Pechsiein.
f(Syn. Empyrodoxer Quarz z. Th. , Retinit.)
Derbe M. Text, körnig oder dicht, selten stäuglig. — Br. unvollkom-
Zweiaxiger Gümmer,
155
men muschelig. H. =• 5,5 — 6; spröde; sp. G. =j 3,2r. Durchscheinend
bis undurchsichtig. Fettglanz. Grau, grün, braun, rotb ; meist unrein.
Y. d. L. zu schaumigem Glase, auch zu grauem Email fliessend.
Ghlt. des Pechst . von Meissen nach Erdm. : Si03 75,60, A1303 11,60,
Fe203 1,20, CaO 1,35, NaO mit KO 2,77, MgO 6,69t, H20 4,73.
Kommt als eigene porphyrartige Gebirgsmassen (Pechsteinporphyr)
vor: Meissen (Planitz, TriebitschthalJ t Böhmen (BiLin), Ungarn , Eu-
ganeen (EicenzaJ u. s. w.
Der Pechstein wird hin und wieder als Mauerstein benutzt.
3. Abth. ; Silicate von Kali oder Lithion mit Sili-
caten von Talherde, Eisenoxydul, Manganoxydul
und Thonerde (GlimmerarUye Mineralien ),
Die Gattungen dieser Abtheilung krystallisiren meist im
drei- und einaxigen Systeme , wenige auch im zw ei- und ein-
gliedrigen; die Krystalle sind gewöhnlich dünn tafelartig, die
derben M. von blättriger Textur. Die Spaltbarkeit zeigt sich
höchst vollkommen , parallel der gerade angesetzten Endfläche ;
der Bruch ist uneben, selten muschelig oder splittrig. Sie sind
weich , am w eichsten der Talk ; einige erreichen Apatit-
harte. Fast alle sind biegsam, sehr viele elastisch biegsam;
das spec. Gew\ schwankt zwischen 2,7 und 3,4. Die mehr-
sten sind durchscheinend, wenige durchsichtig. Perlmutterglanz
herrscht vor; einige zeigen Glas- und Fettglanz. Die Farben
sind sehr verschieden ; reine Farben sind selten; die weissen mit
ihren Nüanzen herrschen vor. Das Strichpulver ist in der Regel
wreiss , in’s Grünliche und Grauliche spielend. V. d. L. sind sie
im Allgemeinen schwierig schmelzbar, nur der Lithion-Glimmer
schmilzt leicht; in Phosphorsalz sind sie löslich mit Hinterlas-
sung eines Kiesel skelets. Im Kolben geben sie kein Wasser,
ausgenommen Finit und Fahlunit.
81. Zweiaxiyer Glimmer .
(Syn. Glimmer z. Th. , rhomboedrlscher Talkglimmer z. Th. , Mica z. Th.)
Kryststm . zw ei- und eingliedrig. Krystf. schiefe rhombi-
sche Säule, häufig mit abgestumpften scharfen Seitenkanten.
Kryst. gewöhnlich sehr dünn , tafelartig (Blätter) , selten einzeln
eingewachsen , meist mehrere tafelartige Individuen zu einem
Krystalle verwachsen. Kryst. M. mit blättriger Textur, einge-
wachsen, eingesprengt. — Höchst vollkommen spaltbar parallel
der gerade angesetzten Endfläche. Br. muschelig. H. = 2,5;
milde; in dünnen Blättchen elastisch biegsam ; sp. G. = 2,8— 3,1.
In dünnen Blättchen durchsichtig. Im polarisirten Lichte zeigt
156
Eiiiaxiger Glimmer.
er coiicentriscJie farbige Ringe , welche von einem dunklen Stri-
che durchschnitten sind. Starker metall ähnlicher Perimutterglanz
bis Glasglanz. Röthüch-, gelblich-, silber-, grünlich-, graulich-
weiss ; asch-rauchgrau ; braun bis pechschw arz. Strich : weiss ,
graulich.
V. d. L. undurchsichtig werdend; a. d. K. zu emailartigem
Glase schmelzend (5,7). In Borax leicht zu einem eisengrünen
Glase lösbar; von Schwefelsäure nicht zerlegt werdend. Bestdth.
a. des Glimmers von Utön, b. des Glimmers von Broddbo nach
H. Rose :
Si03
AI2O3
KO
Mn203
Fe203
HjK2
h2o
47,50
37,20
9,60
9,90
3,20
0,56
2,63
46,10
31,60
8,39
1,40
8,65
1,12
1,00.
Für die Mineralien dieser Gruppe konnte mit Wahrschein-
lichkeit noch keine Formel aufgestellt werden; nach v. Kobell :
KO . 3Si03 -f 12([A1203, Fe20s] . SiOs).
Als wesentlicher Gemengtheii vieler Felsarten, Granit, Gneis, Glim-
merschiefer, Thouschiefer u s. w. sehr allgemein verbreitet. Bei Aschajfen-
bürg , in Sibirien , Finnland , Grönland findet er sich in ausgezeichnet
grossen Massen.
Der grossblatterige Glimmer wurde wie der Gypsspath früher unter
dem Namen Marienglas , Fraueneis , russisches Glas als Arzneimittel ge-
braucht. Wo er in grossen Tafeln vorkommt, wie in Sibirien, dient er
zu Fensterscheiben; zermalmt als Streusand.
32. Einaxiger Glimmer.
(Syn, wie beim vorigen , Ivlonaxiophyllit.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. 1) sechsseitige Säule
mit der gerade angesetzten Endfläche ; 2) Dihexaeder mit den
Flächen eines Spitzern Dihexaeders als Abstumpfung der End-
kanten. Kryst. meist dünn , tafelartig , selten kurz säulenförmig
mit horizontal gestreiften Seitenflächen; auf- und durcheinander
gewachsen, drüsig gruppirt; grossblättrige M. — Vollkommen
spaltbar parallel der gerade angesetzten Endfläche. H. — 2,5;
milde ; in dünnen Blättchen elastisch biegsam ; sp. G. = 2,7 — 2,9.
In dünnen Blättchen durchsichtig und im polarisirten Lichte far-
bige Ringe zeigend , die von einem schw arzen , rechtw inkligen
Kreuze durchschnitten sind. Glas- bis Perlmutterglanz. Dunkel-
grün in’s Schwarze und Braune. Strich: lichte grünlich-grau
bis ungefärbt.
V. d. L. wie die vorige Gttg. , aber von conc. Schwefel-
säure vollkommen zersetzt weinend. Bestdth. nach v. Kobeil
a. dir Var. von Monroe, b. der Var. von Minsk :
Talk. 157
Si03
AI2O3
Mg«
KO
Fe203
Ti02
H2F2
HaO
40,00
16,16
21,54
10,83
7,50
0,20
FeO
0,53
3,00
42,12
12,83
16,15
8,58
10,38
9,36
0
1,07
Formel : KO . Si03H-5(Mg0.Si03)+5([Ala03,Fe503].Si03).
Man findet ihn, aher weit seltener als den Vorigen, in krystallini-
sclien Gebirgssteinen, in Basalt, Dolerit : Sibirien, Grönland , Baiern ,
Born , New-Jersey.
Auch gehört wohl der meiste Glimmer in den Auswürflingen des
Vesuvs hierher.
(Der Phyllit von Massachusetts. Kryst Blättchen. Sp. G. = 2,88.
Schwärzlich-braun in’s Graulich-braune von graphitähnlichem Ansehen,
soll ein eisenreicher einaxiger Glimmer sein. Ghlt. nach Thoms. : Si03
38,40, A1203 23,60, Fe203l17,52, MgO 8,96, KO 6,80, H20 4,80.)
SS. Lilhion-Glimmer.
(Syn. Glimmer z. Th. , Lepidolith.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. meist tafelför-
mige , sechsseitige Säulen ; kryst. blättrige und schuppige M. —
Sehr vollkommen parallel den Endflächen spaltbar. Br. muschelig.
II. =» 2,5 ; elastisch biegsam in dünnen Blättchen ; sp. G. — 2,8 — 3.
Glas- bis Perlmutterglanz. Weiss , grau , und roth in mehrern
Nüanzen. Strich : weiss.
V. d. L. unter Aufwallen leicht zu einem blasigem Glase
schmelzend (2 — 2.3) und die Flamme deutlich roth färbend.
Bestdth. a. des grauen Lith.-Gl. von Zinnwald und b. des ro-
llten von Chursdorff nach C. G. Gmelin , c. des grünen von
Altenberg nach E. Turnett :
Si03
ai203
LO
KO
E2F2
Pes03
MnO
a.
46,23
14,14
4,20
4,90
8,53
17,97
4,57
b.
52,25
28,34
4,79
6,90
5,06
—
3,66
c.
40,19
22,72
3,06
7,49
3,99
19,78
2,02.
Formel : KF2.4-2LF2H-4(Ala03.2Si03) nach v. Eobell.
Findet sich vorzüglich auf Zinnerzlagerstätten mit Topas, Apatit,
Turmalin: im Erzgebirge , Cornwall , Mähren , Frankreich, Elba, Massa-
chusets.
34. Talk.
(Syn.’ Prismatischer Talkglimmer z. Th. , Nakrit, Talcum venetum.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. rhombische Säule.
Kryst. dünn tafelartig, selten deutlich, mit glatten End- und
gestreiften Seitenflächen ; meist keilförmig und Fächern gleich
verbunden; gross- oder krummblättrige M. ; schuppige, faserige
158
Clilorit.
odev schiefrige Aggregate ; derb , eingesprengt, als Uebcrzug. —
Vollkommen spaltbar in der Richtung der gerade angesetzten
Endfläche. Br. uneben. H. = 1 — 1,5; milde; in dünnen Blätt-
chen biegsam ; sp. G. = 2,74. Durchscheinend bis durchsichtig,
mit zweiaxiger doppelter Strahlenbrechung , im polarisirten
Lichte farbige Ringe zeigend. Perl mutter glanz. Wasserhell ,
weiss in mannigfachen Nüanzen , in’s Graue und Grüne, und zu-
weilen in’s Blaue. Strich: weiss oder blass-grün, fett anzu-
fühlen.
V. d. L. sieji entblätternd , weiss werdend, unschmelzbar;
mit Borax zu einem klaren Glase leicht lösbar; in Phosphor-
salz mit Ausscheidung eines Kieselskelets , von Schwefelsäure
nicht zerlegbar. Bestdth. nach v. Kohell: 8i(>3 62,8, Mg0 32,4,
FeO 1,6 , CaO 1,6. Glüh - Verlust = 2,3. — Formel : 2MgO .
5Si03 nach v. Kobell.
Auf Gängen und Drusenräumen älterer Gebirge: St. Gotthard ; Grai-
ner , Steyermark * Böhmen , Schottland ; bildet auch als Talkschiefer
weit verbreitete Felsmassen.
Wird noch als Schminke benutzt und den farbigen Schminken zuge-
setzt; auch dient er zu Pastellfarben, zum Zeichnen auf Tuch, Holz,
Filz; zur Politur vielartiger Geräthschaften und Fabrikate, z. B. Gyps-
biisten, Ledervvaaren, Handschuhe; ferner zur Vermeidung der Reibung
bei Maschinen.
(Der Topfstein (lawetzstein) scheint ein Gemenge von Talk, Chlorit,
Glimmer und Asbest zu sein; er dient zu Kochgeschirren, Krügen,
Lampen, auch Ofenpiatten , die dauerhaft sind und Abwechselung der
Temperatur gut vertragen. Er lässt sich frisch leicht drehen und schnei-
den. Man findet mächtige Lager desselben im ältem Gebirge: Schweiz,
Finnland , Grönland u. s. w.)
35. Chlorit.
(Syn. Prismatischer Talkglimmer z. Th.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. dünne tafelartige sechsseitige
Prismen, cylindrisch-, kegel- oder fächerförmig aufeinander gehäuft.
Kryst. M. , zartschuppige Theile , als Ueberzug, derb, eingesprengt. —
Vollkommen spaltbar parallel den Endflächen. H. = 1,5; in dünnen
Blättchen biegsam , nicht elastisch ; sp. G. = 2,6 — 2,8- Durchscheinend
bis durchsichtig. Glas- bis Perlmutterglanz. Zwischen lauch- und berggrün
in’s Schwärzliche. Strich: grünlichgrau bis berggrün.
V. d. L. werden dünne Blättchen gerundet. Im Kolben giebt er eine
merkliche Menge Wasser. Conc. Schwefelsäure zerlegt ihn vollkommen.
Bestdth. nach v. Kohell : Si03 26,51., MgO 22,83, A1203 21,81. FeO
15,00, H20 12,00. — Formel: [Mg0,Fe0].2fAl303, Si03].
Bildet im altern Gebirge eigene Lager, den Chloritschiefer: Schweiz.,
Tyrol , Böhmen , Schweden . Findet sich auch auf Erzlagerstätten mit
Magneteisen, Kupferkies: Norwegen, Schweden, Sachsen, Bannat.
Fahlunit
159
36. Finit.
(Syn. Gisekit, Pyrargyllit.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. sechsseitige Säule. Kryst.
tlieils glatt, theils rauh, einzeln ein-, auch durcheinander gewachsen.;
kryst. M. — Spaltbar parallel den Endflächen. Br. uneben. II. — 3; >Sp.
G. = 2,7- Undurchsichtig. Fettglanz. Gelblichgrau in’s Röthliche und
Braune. Fett anzufühlen.
Y. d. L. a. cl. K. zu weissem blasigem Schmelz, mit Borax schwierig
zu durchscheinendem . Glase schmelzbar. Durch Salzsäure zersetzbar.
Bestdth. nach Norde nskiöld : Si03 43,93, AL>03 28,93, KO 1,05, NaO
1,85, CaO-f-MnO 2,90, FeO 5,30, H„0 15,47. — Formel: [FeO, MnO,
MgO, NaO, K0].3Si03-f-4(Al,03.Si03)-f-4H20.
In Granit eingewachsen : Heidelberg , Auvergne , Sachsen , Massa-
chusets , Finnland.
(Der Oosit aus dem Geroldsauer Thale scheint ein eisenfreier Pi-
nit mit einem beträchtlichen Kaligehalte. Er ist schneeweiss und schmilzt
v. d. L. sehr leicht.)
37. Margarit .
(Syn. Perlgliramer.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. dihexaedrische Tafeln. Kryst.
einzelne Flächen schwach gestreift. Kryst. M. ; derb ; Text, blättrig. —
H. = 4; sp, G. = 3- Durchscheinend. Glas- bis Perlmutterglanz. Perl-
grau in’s Weisse und Röthliche. Strich: weiss.
Ghlt. nach Du-Menil : Si03 37, A1203 40,50, CaO 8,96, Fe203 4,50,
NaO 1,24, H20 1,00.
Kommt auf Lagern, gemengt mit Chlorit und Glimmer vor: Tyrol
( SterzingJ .
38. Fahlmrüt.
(Syn. Triclasit.)
Kryststm. zwei- und einaxig. Kryst. glatt mit abgerundeten Kanten,
eingewachsen; kryst. M. ; nierenfürmig : derb, eingesprengt. — Br. eben
in’s Splittrige. H. = 5,5; sp. G. = 2,7. A. d. K. durchscheinend. Glas-
glanz. Schwarz mit einem Strich in’s Blaue, Braune und Dunkelgraue.
Strich: weiss.
Y, d. L. a. d. K. zu Glas schmelzend ; mit Cobaltsolution blau wer-
dend; mit Borax zu eisengrünem Glase schmelzend. Im Kolben Wasser
gebend. Bestdth. des schwarzen nach Trolle-JV.. Si03 44,60 , MgO 6,75,
AL03 30,0, FeO 3,86, MnO 2,34, KO 1,98, CaO 1,35, H,0 9,35 mit
einer Spur H2F,. — Formel: [MgO, MnO, FeO, KO, NaO] . 2SiÖ3-J-3(Al2Oa.
Si03)-f-2H20.' '
Findet sich im Chloritschiefer : Fahlun in Schweden. (Die Kryst.
sind meist in Bleiglanz und Ouarz eingewachsen.)
160
Saussurit.
39. Pyrophyllit.
(Syn. Strahliger Talk.)
Kryst. M. mit vom Mittelpunkte auslaufentlen Strahlenbüscheln ;
nierenförmig aus verwachsenen, concentrisch-strahlig-blättrigen Kugeln. —
Tr. uneben. H. = 1,5; sp. G. = 2,8. Durchscheinend. Perlmutterglanz.
Grasgrün in’s Spangrüne. Strich : weiss.
V. d. L. unschmelzbar, sich zertheilend zu einer zwanzig Mal grossem
fächerförmigen Masse; in Soda auflösbar zu einem klaren, eisengrpnen
Glase; in Phosphorsalz zu einem klaren Glase, mit Hinterlassung eines
Kieselskelets. Mit Cobaltsolution erhitzt eine blaue Farbe anneliinend?
Im Kolben für sich kein Wasser gebend. Eestdth. nach Herrmann :
SiOj 59,70, MgO 4,00, AI203 29,46, Fe203 1,80, H20 5,62 mit einer
Spur von AgO. — Formel nach Herrmann : 3(Mg0.2Si03)-f-3(3Al203.6
SiO3)-f-10H2O.
Eingewachsen in Quarz und Bitterspath : Sibirien ( Beresowsker Be-
zirk); im Talkschiefer: bei Spaa.
40. Nephrit
(Syn. Beilstein z. Th,, Nierenstein, Lapis nephriticus, Neurit , •
Nervenstein.)
Derb ; stumpfeckige Stücke. — Br. grobsplittrig in s Un-
ebene. H. = 5; spröde; sp. G. = 2,9 — 3,0. Meist nur a. d. K.
durchscheinend. Schwacher Fettglanz. Lauchgrün in’s Weisse,
Graue und Schwärzliche. Strich: weiss.
V. d. L. weiss werdend , dann zu graulichem Email flies-
send. Bestdth. nach Kästner: Si03 50,50, MgO 31,00, Ala03
10,00, Fe*03 5,50, Cra03 0,05, HaO 2,75.
Kommt aus China, Egypten, Amerika. Die Art des Vorkommens
ist unbekannt.
Stand ehedem als Arzneimittel in hohem Bufe. In seinem Vaterlande
dient er zu Streitäxten, Messerheften, Dolchgriffen u. s. w.
41. Saussurit.
(Syn. Magerer Nephrit.)
Krystf rhombische Säule, Kryst. M. Textur blätterig oder körnig;
Jerb. — Br. uneben, in’s Splittrige. H. = 5 — 6; sp. G. = 3,2 — 3,4-
A. d. K. durchscheinend. Glasglanz. Weiss in s Berggrüne, grünlich, asch-
und blaugrau. Strich : weiss.
V. d. L. schwierig zu weissem Schmelz oder zu klarem blasigem Glase
fliessend; in Borax zu wasserheilem Glase löslich. Ghlt. nach Klapr. :
Si03 49,90, A1203 24,00, CaO 10,5, NaO 5,50, MgO 3,75, Fe203 6,50.
Ist ein wesentlicher Gemengtheil des Gabbro : Steiermark , Genf,
Wallis , Mont-Rosa, Corsica / Fichtelgebirge u. s. w.
Grünerde.
161
4. Abth.: Silicate von einem Alcali und Eisenoxyd.
Von den Mineralien dieser kleinen Abtheilung ist nur der
AJmit krystallisirt beobachtet; er gehört zum zwei-* und ein-
gliedrigem Systeme. Die andern kommen als After-Kry stalle
oder krystallinische Massen vor. Ihr Bruch ist uneben oder
feinerdig. Die Härte verschieden, von Gyps - bis Feldspath-
härte; das spec. Gew. schwankt zwischen 2,8 bis 3,3. Sie sind
undurchsichtig bis durchscheinend; glas-, seidenglänzend oder
matt ; bräunlich-sclrwarz in’s Grüne oder Indigoblaue ; auf dem
Strich graulich oder blau. V. d. L. schmelzen sie leicht , oft
schon in der Lichtflamme zu einem schwarzen magnetischen
Glase. Von Säuren werden sie w enig angegriffen oder sind
darin unauflöslich. Im Kolben geben sie w enig oder kein Wasser.
42. Äkmit
(Syn. .Neutrales kieselsaures Natron mit zwei-drittel-kieselsaurem
Eisenoxyd, Achmit.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. schiefe rhombische Säule.
Kryst. stänglig, häufig gebogen, einzelne Flächen gestreift, die übrigen
eben; eingewachsen. • — Br. uneben. H. = 6 — 6,5; spröde; sp. G. —
3,3. In Splittern durchscheinend. Glasglänzend; bräunlich-schwarz und
röthlich-braun in’s Grüne. Strich : gelblich-grau.
V. d. L. leicht schmelzbar zu einem schwarzen, glänzenden magneti-
schen Glase; wird von Salzsäure merklich angegriffen. Bestdth. nach
Berz.: Si03 55,25, Fe203 , 31,25, NaO 10,40, Mn203 1,08, CaO 0,72. —
Formel : 3(Na0.Si09)-j-2(Fe203 . 2Si03).
Eingewachsen in Quarz und Feldspath und als Stellvertreter der
Hornblende im Zirkon-Syenit: in Norwegen.
43. Grünerde.
After-Krystalle nach Augit-Formen. Derb; kugelig, man-
delförmig ; als Ueberzug (besonders von Chalcedonkugeln). —
Br. feinerdig. H. = 2; sp. G. = 2,8. Undurchsichtig. Matt.
Seladongrün in’s Schwärzlich- und Olivengrüne. Strich: bläu-
lich-grau oder graulich- w^eiss. Wenig fettig anzufühlen und
etw as an der Zunge hängend.
V. d. L. ruhig und etw as schwer zum schwarzen magneti-
schen Glase schmelzbar. In Säuren unauflöslich. Im Kolben
etwas Wasser gebend. Ghlt. nach Klapr. : Si03 53, Fe0.Fe203
28, KO 10, MgO 2, H20 6.
Häufig vorkommend im Veronesischen ( Monte-Baldo nesterweise);
in den Blasenräumen vieler Mandelsteine und Augit - Porphyre : Tyrol,
Färöer j Island. In manchen Felsarten, z. B. Grobkalk, Kreide, grüner
Sandstein, als bezeichnende Einmengung erscheinend.
Geigers Pharmacie . //• 1. (2 te AuJ 7.)
11
162
Krokydolith.
Die Grünerde ( Terra viridisj war früher als äusserliches Heilmittel
im Gebrauche. Die Griinerde von Verona dient unter dem Namen: Ve-
roneser Erde, Berggrün, als Farbe in der Oel- und Leimmalerei.
44. Krokydolitk.
( Syn. Blaueisenstein. )
Krystallinisch, aber nicht anskryst. Plattenförmige M. ; Text, faserig;
Fasern bis 1,8 Zoll lang, seidenälmliche Flocken darstellend ('faseriger K.J;
Derbe M. , dicht (dichter K.). — Br; uneben bis erdig- II. =4; die Fasern
elastisch biegsam, ungemein zähe und schwer zu zerreissen; sp. G. =■
3,2- Undurchsichtig- Seidenglanz bis matt. Indigoblau in’s Lavendelblaue.
Strich: lavendelblau. Sanft anzufühlen.
V. d L- leicht zu schwarzem magnetischem Glase schmelzbar (2 — 2,2).
Dünne Fasern schmelzen schon in der Flamme des Kerzenlichts. In Borax
zu einem grünen durchsichtigen Glase löslich. In Säuren unauflöslich.
Giebt im Kolben etwas Wasser. Ghlt. des faserigen nach Strom.: SiQ*
50,81, FeO 33,88, NaO 7,03, MgO 2,32, CaO 0,02, MnOOOT, H20 5,58.
Formel: Na0.5Si03-f~5[Fe0, Mg0].2SiÖ3-}-3H20 , nach v, Kobell.
Kommt am Cap der guten Hoffnung , wahrscheinlich auf Lagern vor:
Orange-JUvier ; Norwegen im Zirkon-Syenit ; Grönland?
5. Abjth.: Silicate von Kalk-"und Talkerde, in de-
nen die alkalischen Erden mehr oder weniger
vollständig durch Eisenoxydul und Mangan-
oxydul, die Kieselerde aber zuweilen durch
Thonerde ersetzt zu sein pflegt.
Die Mineralien dieser 5. Abtheilmig krystallisiren grössten-
theils im zwei- und eingliedrigen, selten im ein- und einaxigen
und drei- und einaxigen Systeme. Spaltbarkeit findet sich bei
ihnen meist vollkommen. Ihr Bruch ist uneben , selten in’s
Muschelige. Sie ritzen den Gyps und werden sämmtlich vom
Quarz geritzt , sind spröde und schwanken im sp. G. zwischen
2,6 bis 3,9. Sie sind meist durchscheinend, auch undurch-
sichtig, selten halb durchsichtig, haben in der Regel Glasglanz,
der seltner perlmutter artig wird und in’s Halbmetallisclie über-
geht. Die Farbe geht vom Weissen in’s Gelbe, Grüne, Braune
und Schwarze über , seltener sind blauei Farben (Antliopliyllit).
Das Strichpulver ist graul ich-weiss in’s Grüne, Braune oder
Schwarze (Lievrit). V. d. L. schmelzen sie mehr oder weniger
leicht und ruhig, oder unter Schäumen zu farblosem oder von
Eisen gefärbtem Glase.
Hornblende.
*63
45. Hornblende.
(Syn. Neutrale kieselsaure Kalkerde mit zwei-drittel-kieselsaurer Tatteret?,
heiniprismatischer Augitspatli , Amphibol.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig-. Kryslf. schiefe rhombi-
sche Säule, häufig mit der geraden Abstumpfung der scharfen,
selten der stumpfen Seitenkanten. Die Endfläche ist selten ge-
rade, häufig schief an gesetzt oder mit den Flächen eines zwei-
tmd eingliedrigen Octaeders zugeschärft. Zwillinge mit gemein-
schaftlicher Abstumpfung der stumpfen Seitenkanten. — Voll-
kommen spaltbar parallel den Seitenflächen der Grundform. Br.
uneben. II. = 5 — 6 ; spröde ; sp. G. = 2,9 — 3,2. Glas- bis
Perlmutterglanz. Strich: graulich-weiss bis braun.
V. d. L. mehr oder weniger leicht und mit stärkerem oder
schwächerem Kochen und Anschwellen schmelzend; mit Borax
zum farblosen oder von Eisen grün gefärbten Glase lösbar; in
Salzsäure unlöslich.
Arten.
1) Tr emolit. (Syn. Grammatik) Kryst. selten ausgebildet;
stängeligi, nadelförmig , eingewachsen. Kryst. M. von auseinan-
f! erlaufend strahliger und faseriger Textur. Halb durchsichtig ;
weiss in’s Graue, Gelbe, Grüne und Bothe. V. d. L. zu halb-
klarem, graulich-weissem Glase (3,5 — 4) schmelzend. Bestdth.
nach v. Bonsd : Si03 59,75 , MgO 25,00 , CaO 14,11 , FeO 0,50 ,
M2F2 0,94 , H2O 0,10. — Formel : Ca0.Si03-t-3Mg0.2Si03.
Eingewachsen im körnigen Kalk und Dolomit: St. Gotthard , Tyrol ,
Schweden, Norwegen , Bannat, Connecticut.
2) Anthophyllit. (Syn. prismatischer Schillerspath.) Kryst.
M. mit blätteriger und strahliger, zuweilen schilfartiger Textur.
Durchscheinend. Zwischen gelblich-grau und nelkenbraun; zu-
weilen in schöner blauer Farbe spielend. Schmelzbarkeit == 6.
Bestdth. des Norwegischen nach Vopelius: Si03 56,74, FeO
13,94, MgO 24,85, MnO 2,38, HaO 1,67. — Formel: FeO.SiO*
*+*3(3Mg0.2Si03).
Auf Lagern im Glimmerschiefer: Norwegen, Finland , Baiern ,
Grönland , Sibirien.
■ß) Str ahl st ein. (Syn. Kalamit, Byssolith.) Gestaltverhält-
nisse wie heim Tremolit ; Textur büschelförmig oder verworren.
Durchscheinend. Grün , zum Braunen , Gelben und Schwärzlichen
sich neigend. V. d. L. zu unklarem gelblichen Glase schmelzend.
Bestdth. nach Arfv.: Si03 59,75, MgO 21,10, CaO 14,25, FeO
3,95, MnO 0,31 , HaFa 0,76.
164
Augit.
Auf Erzlagerstätten im Urgebirge: Sachsen , Norwegen , Tyrol ; iin
Talkschiefer: Schweiz , Schweden , Finland.
4) Ho T Tibi ende. (Syn. Gemeine und basaltische Hornblende,
Pargasit, Karinthin.) Rryst. meist kurz und dick, theils nadelför-
mig , oft wie an der Oberfläche geschmolzen ; einzeln ein-, auch
durcheinander gewachsen , drüsig verbunden ; kryst. M. , derb ,
eingesprengt. Oft a. d. K. durchscheinend. Rabenschwarz in s
Bräunliche, selten ins Grüne. V. d. L. zum braunen Glase (3 — 3,)
schmelzend. Bestdth. nach v. Bonsd: Si03 48,83, MgO 13,61,
CaO 10,16, FeO 18,75, MnO 1,15, AI203 7,48, H2Fa 0,41,
I120 0,50 und nach Vogel durch Wasser ausziehbare organische
Substanz.
Allgemein verbreitet als wesentlicher und zufälliger Bestandteil vie-
ler Felsarten / Syenit , DioritJ , oft auch mächtige Lager zusammensetzend
(Hör nblendegc stein , Hornb lende schieferj. Einzeln eingewachsen in man-
che Basalte, Trachyte u. s. w.
Wo die Hornblende in Massen vorkommt, wird sie als Zuschlag
beim Eisensclimelzen , oder bei Bereitung des grünen Bouteillen-Glases
benutzt. Für sich geschmolzen liefert sie das Steinglas zur Verfertigung
von Korallen und Knöpfen.
46. Augit.
(Syn. Zwei-drittel-kieselsaure Kalkerde mit zwei-drittel-kieselsaurer
Talkerde, paratomer Augitspath , Pyroxen.)
Krgststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. schiefe rhombi-
sche Säule mit starker Abstumpfung der schärferen Seitenkan-
ten und einer auf die stumpferen Seitenbauten schief aufgesetz-
ten Zuschärfung, welche durch die Flächen eines zwei- und
eingliedrigen Octaeders gebildet wird. Zwillinge mit gemein-
schaftlicher Abstumpfungsfläche der scharfen Seitenkanten. —
Spaltbar parallel den Flächen der Grundform. Br. muschelig
bis uneben. H. = 5 — 6 ; spröde ; sp. G. — 3,2 — 3,5. Glas- ,
zuweilen Perlmutterglanz , in Metallglanz übergehend. Strich :
grünlich-grau , graulich-weiss.
V. d. L. sind einige Arten schwer schmelzbar , wie Diallag ,
die schmelzbaren schmelzen ruhig oder mit geringem Blasen-
werfen, im Uebrigen wie Hornblende.
Arten.
i) Diopsid. (Syn. Allait , Mussit , Baikalit.) Kryst. glatt
oder gestreift , einzeln aufgewrachsen , drüsig verbunden ; kryst.
M. krummblättriger Textur. Durchsichtig. Grünlich weiss in’s
Berggrüne und Graue. V. d. L. zu farblosem halbklarem Glase
(3,5 — 4) schmelzend. Bestdth. nach Laugier : Si03 57,50 , MgO
18,25, CaO 16,50, FeO+MnO 6,00. — Formel: 3Ca0.2Si03+
3MgO.SiOs.
Diallag.
591
Findet sich im Serpentin mit rothera Granat : Piemont , Gotthard ,
Tjrol, Baikalsee in Sibirien , als Auswürfling des Vesuvs.
2) Salllit. (Syn. Malakolith, Pyrgom, Fassait.) Kl’yst. «Ulf-,
oder zu mehrern zusammen gewachsen ; kryst. M. mit körniger
und blätteriger Textur. Durchscheinend. Grünlich-grau. V. d. L.
theils wie Diopsid, theils zu dunklem Glase schmelzend. Bestdth.
nach II. Rose: Si03 54,64, MgO 18,00, CaO 24, 94, FeO 1,08,
MnO 2,60. — Formel: 3Ca0.2Si03-f-3[Mg0,Fe0].2Si03.
Auf Lagern im Gneis mit Hornblende, Feldspath : Orijerfvi in Fin-
landj Norwegen ß Schweden ß Fassatlial* Sachsen , in Auswürflingen des
Vesuvs.
3) H e denberg it. Derbe M. von blätteriger und körni-
ger Zusammensetzung ; sp. G. = 3,1. Schwärzlich-grün in’s
Braune. Bestdth. nach //. Rose : Si03 49,01, MgO 2,98, CaO
20,87, FeO 26,08. — Formel: 3Ca0.2Si03-f-3Fe0.2Si03.
Findet sich mit Magneteisen zu Tunaberg in Schweden .
4) Augit. (Syn. gemeiner Augit.) Kryst. glattflächig , mit
geflossenen Kanten, einzeln eingewachsen oder zu Drusen ver-
bunden ; kryst. M., derb, eingesprengt ; lose stumpfeckige Stücke
und Körner. Rabenschwarz in’s Grüne. V. d. L. zu dunklem
Glase fliessend. Bestdth. des A. von Tunaberg nach H. Rose:
Si03 53,36, MgO 4,99, CaO 22,19, FeO 17,38, MnO 0,09.
Findet sich als eigenthümliche Felsart, Jugiifels, Lherzolith , in den
Pyrenäen: als Gemengtheil des Dolerits, Basalts, Augit-Porphyrs und
der Lava: Breisgau ß Rhöngebirge , Siebengebirge ß Böhmen ß Sachsen ß in
Norwegen ß Schweden ß N. - America ; auf Lagern im altern Gebirge.
5) Kokkolith. (Syn. körniger Augit.) Kryst. rauh mit ab-
gerundeten Ecken und Kanten; Körner, einzeln eingewachsen
und drüsig verbunden ; derbe M. , ausgezeichnet durch eckig kör-
nige, leicht trennbare Absonderungen. A. d. K. durchscheinend.
Lauch-, öl- und schwärzlich-grün , in’s Gelbe und Braune.
Bestdth. nach Simon: Si03 50,25, CaO 25,5, MgO 7,0, Ala03
3,5, FeO 10,5, H^O 0,5. — Formel: 3Ca0.2Si03+3fMg0, FeO].
(2Si03, 3A1203).
Findet sich auf Lagern im Gneis, mit Magneteisen, Kupferkies,
Granat, und eingewachsen in körnigem Kalk: Norwegen , Schweden ß
Pinland ß N.-America .
ß) I) i alla g. (Syn. Metallisirender Diallag, Diaklas.) Kryst.
selten; kryst. M. ; Textur blätterig. H. = 4. A. d. K. durch-
scheinend. Berg- , oliven- , lauchgrün in’s Braune und Graue.
Bestdth. nach Köhler: Si03 53,20, MgO 11,90, CaO 19,08,
FeO 8,67, MnO 0,38, A1203 2,47, H20 1,77. — Formel: 3MgO.
2SK>3 + 3[CaO, Fe0].2Si03.
166
Asbest.
Als wesentlicher Gemengthell des Gabbro , mit Hornblende häufig
verwachsen: Harz, Tjrrol , Fichtelgebirge, Schlesien , Corsica , Schott-
land.
(Der Smaragdit (Omphazit z. Th.) ist ein Gemenge von gewissen.
Augit- und Hornblende-Arten und nach G. Rose gleich seinem Uralit ,
den er jetzt als in Hornblende umgewandelten Augit betrachtet. Poggeud.
Ann. Bd. 31. p. 609.)
7) Br OUZit. (Syn. blättriger Anthophyllit, hemiprismatischer
Schillerspath.) Kryst. selten, meist kryst. M. mit blättriger Text.
A. d. K. durchscheinend. Zwischen tomback- und gelbüchbrauu
in’s Grüne, Graue und Schwärzliche. Bestdth. nach Köhler:
Si03 56,81 , MgO 29,67 , CaO 2,19 ; FeO 8,16 , MnO 0,61 , Ai203
2,06, H20 0,21. — Formel: 3[MgO, FeO, Ca0j.2Si03.
Eingewachsen in Basalt mit Olivin: Marburg, Unkel am Rhein ; in
Serpentin: Steiermark, Baireuth , Schottland .
i ' •'
& ') Hyper Sthen. (Syn. Labradorische Hornblende, Paulit ,
prismatoidischer Schillerspath.) Kryst. M. mit blättriger Textur.
Graulich-, grünlich-, bräunlich-schwarz; kupferroth, ins Gold-
gelbe und Tombackbraune schillernd. Grad der Schmelzbarkeit
«= 5,5. Bestdth. nach Klapr.: Si03 54,25, MgO 14,00, CaO
1,50, FeO 24,50, AI203 2,25, H20 1,00. — Formel : 3MgO.
2Si03+3Fe0.2Si03.
Als wesentlicher Gemengtheil des Hypersthen - Syenits: Küste La-
brador, Schottland, Norwegen , Cornwall , Schlesien.
Wird wohl als Ring- und Nadelstein zu Bijouterie - Waaren verar-
beitet.
Nach den Untersuchungen von G. Rose (Poggend. Ann. XXIT. Bd. p.
321.) müssen Hornblende und Augit in eine Gattung vereinigt werden.'
Ihre Form-Unterschiede lassen sich durch die verschiedenen Umstünde
erklären, unter denen sie entstanden sind, indem die Hornblende-Arten
bei langsamer, die Augit- Arten bei schneller Abkühlung der geschmolze-
nen Massen gebildet wurden ; die chemische Zusammensetzung beider
Gattungen ist sich sehr ähnlich und die Winkel der Hornblende und
des Augits lassen sich vollkommen aufeinander redociren. Als Verbin-
dungsstufen dieser beiden Gattungen ist Rose’s Uralit aus dein Grün-
stem des Ural, Tyrol u. s. w. zu betrachten", der die äussere Form des
Augits und die Spaltungsflächen der Hornblende besitzt.
Anhang zu den Gattungen Hornblende und Augir.
Asbest .
Die Arten der ehemaligen Gattung Asbest gehören nach
Moks theils der Hornblende , theils dem Augite an, theils bil-
den sie die Gattung Picrosmin . Nach Breiifiaupt sind Asbest
Bergkork.
167
und Amianth Bezeichnungen eines eigeuthümlichen Aggregat-
zustandes verschiedener Mmeralspecien.
a) Amianth. (Syn. biegsamer Asbest.) Kryst. haarförmig,
auf- und durcheinander gewachsen ; derbe M. aus iosen oder
leicht trennbaren und elastisch biegsamen, höchst feinen Fasern.
Halbdurchsichtig bis durchscheinend. Seidmglanz. Weiss in’s
Grüne, Gelbe und Braune, selten Rothe. Bstdfh. nach Cheve-
vix: Si03 59,00, MgO 25,00, CaO 9,00 , Ä1203 3,00 , Fe 0 2,25.
Auf schmalen Gängen in Serpentin u. s w. : Tyrol , Piemont, St.
Gotthard, Dauphinee , Schottland , Sachsen Schlesien.
h) Äs best (Syn. gemeiner Asbest.) Kryst. haarförmig, aber
selten; gewöhnlich derbe M. von fest verbundenen, gleichlau-
fenden, stechenden Fasern. Durchscheinend. Perlmutter- und
Seidenglanz. Lauchgrün in’s Gelbe und Weisse. Bestdth. f?es
aus der Tarentaise nach v.Bonsd.: Si03 58, MgO 22,10, CaO
15,55, Al2©3 0,14, FeO 3,08, Mn© 0,21. Ein weisser Asbest
aus Grönland , von Lappe untersucht , enthält MgO 31,88 und
nur CaO 0,04.
Findet sich wie der Amianth in Serpentin, auch auf mächtigen Eisen-
ynd Kupfererz-Lagern allgemein verbreitet: Sachsenr Schlesien, Steuer -
mark , Tyrol , Harz , Schweden, Cornwall , Sibirien.
Der Amianth und Asbest werden in den Apotheken als Alumen. plu-
mosum (Federalaun, Federweiss) aufbewahrt. Der eigentliche Federalaun,
von dem später die Rede sein wird, findet sich nicht in den Apotheken.
Der Asbest wurde früher sowohl innerlich als äusserlich in der Medizin
angewendet und ist auch neuerdings wieder als Wurmmittel empfohlen
worden. Der Amianth diente schon in den ältesten Zeiten zur Bereitung
der unverbrennlichen Leinwand, und wird benutzt zur Verfertigung von
Feuerzeugen und unverbrennlichen Lampendochten.
c) Bergholz. (Syn, Holzasbest.) Derbe, platteuförmige
M. , mit zarten , untereinander laufenden , fest zusammenhängen-
den Fasern , die in Splitter trennbar und elastisch biegsam sind.
Matt; holzbraun. An der feuchten Lippe hängend.
Kommt auf Lagern in Tyrol, am Harz und in Piem&nt vor.
dj B e V (j Ji OY h, (Syn. Bergleder, Bergfleisch, schwimmender
Asbest.) Platteuförmige, zerfressene Sticke mit zarten , filzartig
ineinander gewebten Fasern , die nicht rennbar , etwas elastisch
biegsam sind. Schwimmend. Matt. Gelb in’s Braune, meist sehr
leicht. Bestdth. nach Bergmann : Si03 62,0 , MgO 22,0 , CaO
10,0 , A1203 2,8 , FeO 3,2.
Auf Gängen im ältern Gebirge mit Silber- und Bleierzen, auch in
dünneu Lagen zwischen Serpentin : Mahren , Savoyen , Dauphinee , Nor-
wegen , Schweden.
168
Cronstedtit.
47. Schiller spath.
(Syn. Schillernde Hornblende, Schillerstein, Diatomer Schillerspath ,
Talkartiger Diallag )
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Kryst. , blätterige, derbe M. —
Nach zwei Richtungen spaltbar. Br. uneben, splittrig. H. = 3,5; spröde;
?p. G. = 2,6. Durchscheinend a. d. K. Auf den Spaltungsflächen me-
tallähnlicher Perlmutterglanz , eigenthiimlich schillernd. Grün in verschie-
denen Nüanzen, in das Nelken- oder Tombakbraune und Bronzegelbe.
Strich: graulich-weiss.
V. d L. schwer zu einem grünlichen Glase schmelzend. Ln Kolben
Wasser gebend. Als feines Pulver von conc. Salzsäure zersetzbar und die
Kieselerde als ein schleimiges Pulver zurück lassend. Bestdth nach
Köhler ; Si03 43,90, MgO 25,85, FeO 13,02, MnO 0,53, CaO 2,64,
A1203 1,28, IDO 12,42.
Kommt eingewachsen in Serpentin am Harze und in Spanien vor.
48. Lievrit.
(Syn. Drittel-kieselsaure Kalkerde-Eisenoxydul, Yenit, diprismatisclies
Eisenerz , Ilvait.)
Kryststm. ein- und einaxlg. Krystf. schiefe rhombische Säule mit
der gerade angesetzten Endfläche, oder mit den Flächen eines rhombi-
schen Octaeders als Zuspitzung der Seitenflächen. Kryst. säulenartig,
nadelförmig, mit vertical gestreiften Seitenflächen, ein- und aufgewach-
sen, zu Büscheln verbunden Kryst M, , eingesprengt. — Br. uneben.
II. = 5,5 — 6; spröde ; sp. G. = 3,9. Undurchsichtig. Halbmetallisch
glänzend* Schwarz in’s Graue, Blaue und Braune. Strich: schwarz.
Y. d. L. schmilzt er leicht (2,2) und ruhig zu einer magnetischen
Kugel. Mit Salzsäure vollkommene Gallerte bildend. Bestdth. nach
Strom.: Si03 29,27, CaO 13,77, FeO 52,54, MnO 1,58, A1*03 0,61, H*0
1,26 — Formel: 3Ca0.Si03-f-4'3Fe0.Si03).
Kommt in einem augitischen Gestein, mit Hornblende, Quarz, auf
Elba und in Schlesien vor ; ferner in Sachsen ], N.- America , Sibirien.
49. Cronstedtit.
Kryslsnn. drei- und einaxig Krystf sechsseitige Säule. Kryst. na-
delförmig , mit gestreiften Seitenflächen , einzeln auf- und zu mehrern
nebeneinander gewachsen ; derbe M. mit stängeliger Absonderung ; nieren-
förmig, eingesprengt. — , II. — 2,5; in dünnen Blättchen elastisch bieg-
sam; sp. G. 3, 14. Oft durchscheinend. Glasglanz. Rabenschwarz.*
Strich : dunkel-lauchgriin. #
V. cl. U. schwer zu einer magnetischen Kugel schmelzbar. Im
Kolben Wasser gebend. Mit Salzsäure vollkommene Gallerle bildend.
Bestdth. nach Steinmann: Si03 22,45, FeO 58,85, MnO 2,88, MgO 5,07,
H20 10,70.
Auf Gängen mit Kalkspath und Eisenerzen : Przibram in Böhmen „
Cornwall
Epidot.
169
(Der Gökumit aus Upland ist grünlich-gelb, a. d. k. durchschei-
nend. Text, blätterig. Sp. G. = 3,74 und enth. nach Thoms. : Si03 35,68,
CaO 25,74, FeO 34,46, M203 1,40, H20 0,60)
6. Abth, : Silicate von Kalk- und Talkerde mit;
Th on er de.
(Die alcalischen Erden werden oft durch Eisen- und Manganoxydul , die
Thonerde zuweilen durch Eisenoxyd ersetzt.)
Die Mineralien dieser Abtheilung krystallisiren grösstentheils
im zwei- und einaxigen und regelmässigen Systeme; es findet
sich darunter kein zum drei- und einaxigen gehöriges. Ihr
Bruch ist fast immer muschelig bis uneben ; sie ritzen sämmtlich
den Flussspath und werden vom Topas geritzt, sind spröde
und haben die Grenzpunkte des spec. Gew. bei 2,7 und 3,7.
Die mehrsten sind durchsichtig bis durchscheinend, wenige un-
durchsichtig ( BucMandit , Melilith) ; der vorherrschende Glas-
glanz geht zum Fettglanz über und wird perlmutterartig beim
Epidot und Karpholit. Farben kommen in allen Modificationen
vor, jedoch ist die weisse Farbe selten; das Strichpulver ist
meist weiss und spielt selten in’s Graue, Gelbe und Rothe. V.
d, L. sind alle schmelzbar, jedoch mehr oder weniger leicht,
ruhig oder unter Schäumen ; fast alle sind für sich in Salzsäure
zur Gallerte löslich oder werden es nach dem Schmelzen. Im
Kolben geben sie, ausgenommen der Karpholit , wenig oder
kein Wasser.
50. Epidot.
(Syn. Drittel-kieselsaure Ralkerde-Thonerde , Pistacit, Thalit, Arendalit^
Zoisit, piemontesischer Braunstein, prismatoidischer Braunspath.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. geschobene vierseitige
Prismen mit schwacher oder starker Abstumpfung der scharfen Seiten-
kanten. Kryst. säulenartig, glatt oder gestreift, haar-, auch nadelförrnig,
ein-schilfartig auf-, auch durcheinander gewachsen und drüsig verbunden ;
kryst. derbe M. , oft stänglig abgesondert, blätterig bis strahlig, dicht,
eingesprengt. — Spaltbar parallel den Seitenflächen. Br. uneben bis
splittrig. H. = 5,5 — 6,5; spröde; sp. G. 2- 3,2 — 3,4. Durchscheinend,
selten halbdurchsichtig. Zwischen Fett- und Perlmutterglanz. Pistaziengrün
in s Zeisiggrüne , auch in s Schwärzliche ; rauchgrau in’s Weisse und
Köthliche. Strich : graulicli-weiss,
V. d. L. unter Anschwellen und Schäumen theils sehr schwierig in
dünnen Splittern zu klarem Glase (Anfangs 2,7 — 3, dann 3,5) (Zoisit),
oder zur schwarzen, oft magnetischen Masse (3—3,5) fPistazitJ , theils
leicht zu schwarzem Glase schmelzend (2 — 2,5). Der Manganepidot färbt
das Boraxglas violett. Nach dem Schmelzen bildet das feine Pulver mil
Salzsäure eine Gallerte. Bestdth. a. des Zoisit nach Bucholz , b. des
Pislazit nach Vauq,3 c. des Manganepidots nach Haviwall :
J70
Granat.
a. Si03 40,75 , AI*Qa 30,25, CaO 22,50, Fe2034-Mn2Q3 4,50, HaO
2,00- — Formel : 3Ca0.Si03-f-2(Al203.Si03).
b. Si03 37,0, A1>03 21,0, CaO 15,0, Fe,03 24,0, Mn,03 1,5. —
Formel: 3Ca0.Si03-f-2([Al203, Fe203]+Si03).
c. Si03 38,47, A1203 17,65, CaO 21,65, Fe203 6,60, Mu203 14,08,
MgO 1,82t — Formel: 3[CaO, IMg0J.Si03-{-2([Al203,:Mn,03, Fe203].Si03).
Als zufälliger Gemengtheil mancher Felsarten; Granit, Syenit, auf
Lagern mul Gängen im Gneis und Thonschiefer : Norwegen , Dauphvnee ;
in Blasenräumen des Augit- Porphyrs: Tyrol , Dauphinee. (Der sandige
Epidot (SkorzaJ findet sich in Diluvial-Ablagerungen in Siebenbürgen.)
Nach G. Rose gehört zuin Epidot auch der Buklandif. Er hat die
Winkel des Epidots, ist undurchsichtig, dunkelbraun, schwarz. Glänzend
oder mit einer erdigen Substanz bedeckt. In ihm sind die Erden des
Epidots wahrscheinlich durch FeO und Fe203 ersetzt, daher er die For-
»jel 3Fe0.Si03-f-2(Fe203.$i03) erhalten würde. Am Laacher See findet
ör sich in den vulkanischen Massen mit glasigem Feldspath; inNorwegen
soll er . mit Kalkspath und Nephelin Vorkommen.
Wo der Epidot mit Eisenerzen vorkoiumt , wie in Norwegen y benutzt
man denselben wegen seiner Leichtflüssigkeit und seines Eisengehaltes
als Zuschlag beim Eisenschmelzen.
51. Vesuvian ,
(Syn. Idok.ras, Egeran, Cyprin, Loboifc, pyramidaler Granat.)
Kryst&tm. zwei- und einaxig. Krystf. vierseitige Prismen mit der
gerade angesetzten Endfläche und Combinationen dieser Gestalt mit deiA
Quadratociacder. Kryst. meist kurz säulenförmig, glatt, auch uneben und
gekrümmt mit vertical gestreiften Seitenflächen, einzeln ein-, auch auf-
gewachsen oder drüsig verbunden ( Vesuvian) . Derbe , stängelig abgeson-
derte M. ( EgeranJ . — Spaltbar parallel den Seitenflächen. Br. muschelig
bis uneben. II. = 6,5; spröde; sp. G. = 3,35 — 3,45. Durchsichtig bis
a. d. K. durchscheinend. Glas- oder Fettglanz. Braun in’s Grünliche ,
Röthliche und Schwärzliche, selten ins Blaue. Strich: weiss.
V. d. L. sehr leicht und mit Aufschäumen zn bräunlichem oder
grünlichem , öft blasigem Glase schmelzend ; hierdurch fällt sein sp. G.
nach Mitscherlich zu 2,95. Nach dem Schmelzen mit Salzsäure Gallerte
bildend. Bestdth. nach Magnus : Si03 37,35, A1,03 17,69, CaO 31,89,
Fe,Oj 6,48, MnO 9,48, MgO 4,53, KO Spur. — Formel: 3Ca0.Si03+
[Al203,Fe,03].Si03.
Findet sich in körnigem Kalk, an der Bergstrasse ; im Serpentin:
Piemont ; im Gneis: M. Rosa; in vulkanischen Auswürflingen : am Monte
Somma .
Wird unter dem Namen Chrysolith, vesuvische Gemme, zu Ring-
steineu geschnitten.
52. Granat.
(Syn. dodecaedrischer Granat.)
Kryststm. regelmässig. Krystf. 1) Bodecaeder; 2) Ikosi-
tetraeder; 3) Combinationeu diejer beiden Formen; 4) Hexakis-
Grossular.
171
octaeder ; 5) Oombmation desselben mit Nro. 1 und 2; 6) Hex-
aeder mit Dodecaederhächen u. s. w. Zwillinge. Kryst. meist
gestreift oder mit einer Talk- oder Chloritrinde überzogen;
theils mit gebogenen Flächen ; einzeln eingewacbsen ; kryst. M. ;
Textur sclialig und körnig, derb; als lose kryst. Geschiebe und
Körner. — Nur selten in der Richtung der Rodecaederfiächt Ti
spaltbar. Br. muschelig in’s Unebene. EL — 6,5— 7,5; spröde;
sp. G. =t= 3,61 — 4,23. Durchsichtig bis undurchsichtig. Glas-
bis Fettglanz. Farben sehr verschieden. Strich : grau , gelb-
roth , braun. Zuweilen schwach magnetisch , wahrscheinlich
durch eine Beimengung von Magneteisen. Durch Erwärmen po*
larisch electrisck werdend.
V. d. L. ziemlich leicht und ruhig schmelzend (3) , das Glas
der sehr eisenreichen Granate ist magnetisch; das der Mangan-
granate färbt das Boraxglas in der äussern Flamme amethyst-
roth. Nack dem Schmelzen mit Salzsäure eine Gallerte bildend.
— Fonnel : 3R0.Si034-R2®3»S103^)a
Arten.
1) Almandin (edler Gr . , rother Gr orientalischer
Gr . , Karfunkel). Kryst. ursprünglich einzeln eingewachsen
und rundum ausgebildet; Körner; selten derb und ein gesprengt.
Durchsichtig bis durchscheinend. Blut-, kolombin-, kirschroth,
seltener hyacinth- und bräunlich-roth. Ghlt. des Gr. von Engso
nach Troile-W.: Si03 40,60, A1203 19,95, FeO 33,93, MnÖ
6,69. — Formel: 3(FeO, Mn0).Si034-Aia03.SiQ3.
Findet sich als Gemengtlieil verschiedener .altern Gebirgsraassen ,
selten auf Lagern , noch seltener auf Gängen: Tyrol , Piemont , Sachsen ,
Schweiz , Schweden , Norwegen ; secundär im aufgeschwemmten Lande :
Ceylon, Ostindien, Böhmen , Spanien.
2) Kan eis fein , (Ilessonit , prismatischer Gr. , gelber
Gr., Succmit, Tbpazolith). Kryst. meist sehr lang gezogen;
derb und in Körnern. Halbdurchsichtig bis durchscheinend. Zwi-
schen hyacinthroth und orangegelb , in’s Honiggelbe, Ghlt. des
Ceylonischen nach C. G. Gmelin : Si®3 40,00 , CaO 30,57 ,
A1203 22,99, Fe-jOs 3,66, M11O und KO Spuren, Verlust 3,32.
Formel : 3(€aO, Fe®).§i®s-+-Al2®3.Si03.
Findet sich im Sande : Ceylon ; auf Quarzgängen im Gneis : Schott-
land; im Serpentin: Piemont ; mit Kalk: Wärmeland, Finland.
3) Gr 0 ss ul ar (grüner Gr. , Äplom , Allochroit). Spar-
*) RO (= Radical) des ersten Gliedes ist gewöhnlich eine Mischung
von CaO, MgO , FeO, MnO; — R,Oa (Radical) des «weiten Glie-
des von A14ö3 , Fe,03/
172
RothhoMt.
gel« , pistazien , oliven , lauch- und berg-grün. Glitt, des Gros -
sular von Wilui nach l'rolle-W. : Si03 40,55, A1303 20,10,
CaO 34,86, Fe203 5,00, MnO 0,48. — Formel: 3Ca0.Si034-
[A1303, Fe203].Si03.
Findet sich in serpentinartigem Gestein : Tyrol , Ungarn ; mit Mag.-
neteisen, Feldspath u. s. w. oft ganze Lager bildend: Erzgebirge, Bai-
reuth , Schweden , Norwegen.
(Anna. Magnus fand , dass der Grossular vom Wiluiflusse nach dem
Schmelzen sein sp. G. von 3,63 auf 2,95 änderte und nicht vom geschmol-
zenen Vesuvian zu unterscheiden war. Die Zusammensetzung beider ist
auch gleich. Grossular und Vesuvian, sind also als zwei Formen einer
und derselben Substanz zu betrachten.)
4) Gemeiner Granat (Brauner Gr . , Kolophonit ,
Aplom). Kleine abgerundete Kn st. , wie geflossen ; derbe M. ,
körnig abgesondert. A. d. K. durchscheinend bis undurchsich-
tig. Braun iiTs Rothe , Gelbe und Grüne ; schwärzlich-braun.
Ghit. des rotlihraunen vom Vesuv nach Trolle-W. : Si03 39,93,
A1303 13,45, CaO 31,66, Fe0.Fe203 14,00, MnO 1,40. — For-
mel : 3[CaO, FeO, Mn0].Si03+[Al303,Fe203].Si03.
Monte Somma bei Neapel , Tyrol , Bergstrasse (Schriesheim) , Thü-
ringen, Schlesien, Böhmen, Schweden , Norwegen , Sibirien. Er kommt
ineist auf Lagern, seltener auf Gängen vor, im Glimmerschiefer, Granit,
Serpentin u. s. \v. , und eingewachsen in basaltische und vulkanische
Gesteine.
5) Melanit (schwarzer Gr., Pyrenait). Kryst. einge-
wachsen oder lose, selten derb. Undurchsichtig. Raben-, graulich-
lind sammetschwarz, Ghit. des Melanit von Arendal nach Trolle -
W.: Si03 42,45, A1203 22,47, CaO 6,52, MgO 13,43, FeO
9,29, MnO 6,27. — Formel: 3[MgO, CaO, FeO, MnO] . Si03-F
Al303.Si03.
Kommt vor in den Pyrenäen (Bärtiges), Rom (Frascati , Albano),
Neapel (Monte Somma), preuss . Rheinprovinz ( Laacher See), Sachsen,
Norwegen , N -America.
( Trolle-W '. untersuchte einen weissen Granat von Tellemarken ,
dessen Formel sich als 3[CaO, MnOj.SiO34~ALO3.SiG3 ergab.)
6) Mang anyranat. Kryst. und Körner röthlich-hraun
und bräunlich-roth. — Formel: 3[MnO, FeOJ.SiO3-1-Al2O3.SiO3.
Im Granit: Spessart, Böhmen, Pensylvanien.
7) Ro thhoff it. Gelhlichhraun und leberbraun. Glilt.
des Rothh. nach Trolle-W.: Si03 35,10, CaO 26,91, Fe20*
29,10, MnO 7,08, KO 0,98. — Formel: 3[CaO, Mn0J.Si03-F
Fe203.Si03.
Findet sich in Schweden (Längbanshytlah
Gehlenit.
173
Der edle Granat ist ein geschätzter Edelstein, wenn er reine rotlie
Farben, zeigt ; die kleineren Körner werden gestossen als Schleifmittel für
Edelsteine benutzt. Der Hessonit wird ebenfalls als Edelstein benutzt
und oft mit dem Hyacinth verwechselt. Die gemeinen Granaten dienen
ihrer Leichtflüssigkeit und ihres Eisengehalts wegen als Zuschlag beim
Eisenschmelzen.
53. Pyrop.
(Syn. Böhmischer Granat, schaaliger Gr.)
Kryststm. regelmässig. Krystf. Hexaeder. Kryst. abge-
rundet mit rauher Oberfläche; Körner; derb. — Spaltbarkeit
nicht bemerkbar. Br. kleinmuschelig , zuweilen schalig abge-
sondert. H. =±= 7,5; spröde; sp. G. = 3,7. Durchsichtig bis
durchscheinend; Fett- bis Glasglanz sehr lebhaft; blutrotb.
Strich: weiss.
V. d. L. strengflüssig ; nur in feinen Splittern schmelzbar
zu einem schwarzen Glase , das von Borax chromgrün gefärbt
wird. Beim Anfang des Glühens wird der Pyrop schwarz und
undurchsichtig ; beim Abkühlen färbt er sich gelblich und nimmt
zuletzt wieder seine Farbe an. Ghlt. nach Trolle-W.: SiOs
43,70, A1203 22,40, CaO 6,72, MgO 5,60, FeO 11,48, Cr203
6,52, MnO 3,68. — Formel ?
Er kommt theils lose , theils eingewachsen vor in einer wackeartigen
Masse und im Pechstein : Böhmen (unweit Bilin) ; im Serpentin : Sachsen
(Zohlitz) : der derbe in Norwegen und Grönland.
Man wandte ihn früher als Arzneimittel an ; er machte einen Be-
standteil der fragmenta lapidum quinque pretiosorum aus. Er wird
ebenfalls als Schmuckstein , und der gepulverte als Schleifpulver ( rother
SmirgelJ gebraucht. Die kleinen Pyrope sind wohlfeil und zweckmässig
bei der Receptur zum Tariren zu benutzen.
54. Melilith.
* /' ' ■ ; j/t'' " -* : 's • ,
Kryststm. zwei- und einaxig. Krystf. quadratisches Octaeder. Kryst.
säulenartig mit rauher Oberfläche, aufgewachsen. — Br. uneben. H, ==
5,5; sp. G. ■= 3,2. Undurchsichtig. Auf den Bruchflächen Glasglanz;
honiggelb in’s Rothe. Strich : gelblich-weiss.
Y. d. L. leicht und ruhig zu einem durchscheinenden grünen Glase
schmelzend. Das Pulver gelatinirt mit Salzsäure vollkommen. Die
Auflösung wird durch Aetzammon gefällt. Ghlt. nach Carpi : Si03 38,0,
MgO 19,4, A1203 2,9, CaO 19,6, Fe,03 12,1, Ti02 4,0, Mn203 2,0.
Kommt in doleritartigen Gesteinen vor : Rom , fCapo di BoveJt Vesuv ,
Laacher See (H erchenberg).
55. Gehlenit.
(Syn. Drittel-kieselsaure Kalkerde mit Sechstel-kieselsaurer Thonerde.)
Kryststm . z wei- und einaxig? Krystf. gerade reetanguläre Säule.
Karpholit.
171
Kryst. ineist rauh und drüsig, zu mehrern auf- und ineinander gewach-
sen*, derb. — Br. muschelig in’s Unebene. H. = (5; spröde; sp. G. =
2,8 — 3,0- A. d. K. durchscheinend. Fettglanz. Weiss ins Graue, Braune
und Grüne. Strich : weiss.
Y. d. L. schwer schmelzbar (5,7). Mit Salzsäure wie Meli lith. Bestdth.
nach Kob eil : Si03 31,0, AJ„Or 21,4, CaO 37,4, MgO 3,4, FeO 4,4,
HaO 2,0. — Formel: 2(3Ca0.Si03)-f-2[Al203,Fe,03].Si03.
Die Krv stalle, in Kalkspath eingewachsen: in Tyrol ; der derbe
ebenda, begleitet von schwarzem Spinell, Idokras u. s. w.
56. Dichroit.
(Syn. Zwei-drittel-kieselsaure Talkerde mit drittel-kieselsaurer Thonerde,
Cordierit, Jolith, Peliom, Steinheilit , prismatischer Quarz.)
Kryststm . ein- und einaxig. Krystf. rhombische Säule mit abge-
stumpften scharfen oder stumpfen Seitenkanten und der gerade ange-
setzten Endfläche , oder mit der Fläche eines Bhombenoctaeders. Kryst.
säulenförmig, meist rauh, eingewachsen. Kryst. M. , Körner, Geschiebe.
— Br. muschelig, in’s Unebene. H. = 7—7-5; spröde, sp. G. = 2,5.
Durchsichtig bis undurchsichtig. Glas- bis Fettglanz'; violblau in’s Indigo-
blaue und Graue. Strich: weiss. Ausgezeichneter Dichroismus ; Indigoblau
in der Richtung der Hauptaxe; bräunlichgrau, senkrecht auf dieselbe
gesehen.
V. d. L. schwer zu einem weissen (5 — 5,5), mit Borax zu einem
klaren Glase schmelzend, ln Salzsäure unauflöslich. Bestdth. nach von
Bonsd. : Si03 49,95, MgO 10,45, AE03 32,88, FeO 5,00, MnO 0,03,
HaO 1,75. — Formel : 3[MgO, FeOJ.2SiOa-f 3(Alz03.Si03).
Kommt eingewachsen in Granit vor: Spanien Norwegen , Baiern ;
in Geschieben: auf Ceylon ,* in basaltischen Gesteinen: Auvergne.
Geschliffen und als Edelstein benutzt kennt man ihn als Wasser-
Saphir
57. Karpholit.
(Syn. Drittel-kieselsaures Manganoxydul - Eisenoxydul mit drittel-
kieselsaurer Thonerde, Strohstein.)
Kryst» derbe M. mit dünnstüngliger bis zartfaseriger, sternförmig aus-
einanderlaufender Textur. — H. = 5; sp. G. = 2,9 Undurchsichtig.
Perlmutterglanz; strohgelb in’s Wachsgelbe. Strich: weiss.
Y. d. L. anschwellend und schwer zu einem bräunlichen Glase
schmelzend. In Borax zu amethystfarbenem Glase lösbar. Im Kolben
ein saures Wasser gebend, von welchem das Glas angegriffen wird.
Bestdth. nach Strom.: Si03 36,15, AE03 28,66 , CaO 0.27, MnO 19 16
FeO 2,29, H*Ea 1,47, «20 10,78. - Formel: 3[MnO, FeOl.SiO, * 3fALO,.’
Si03)-r6H20. ■
In quarzreichen Granit, begleitet von Flussspath : in Böhmen
( Schlackenwalde ).
In diese Abtheilung gehören ferner:
Seybertit aus New- York ( ’Amityj . Kn st. Blättchen bildend. Sp.
Staurolith.
175
G. r= 3,16. Durchscheinend; roth. Besklth. nach Clamson : Si03 17,00,
AI203 37,6 , MgO 34,3 , CaO 10,7 , Fe203 5,0 , IDO 3,6.
Thulit. Kryststm. zwei- und eingliedrig. Br. muschelig. H. = 6.
Durchscheinend. Glasglanz. Hochrosenroth. Ghlt. : Si03 42,5 , AI,03 25,1,
CaO 19,14, MgO 0,15. Kommt mit Quarz und blauem Vesuvian vor in
Norwegen (Telle marken).
Ainphodelit. Kryststm. ein- und eingliedrig. H. = 4,5; sp. G.
r= 2,76. Röthlich. Ghlt. nach Nordensk. : Si03 45,80, A1203 35,45, CaO
10,15, MgO 5,05, FeO 1,70, H20 1,85. — Formel: [CaO, FeO, MgO].
Si03-}-3(Al203.Si03). Finland , im Kalkbruche von Lojo.
Xanthit. Kryst. blättrige M. ; kleine Körnchen, die locker zu-
sammengehäuft sind. — - Sp. G. = 3,20. Durchscheinend. Harzglanz.
Graulich-gelb. — V. d. L. auf Platinblech anschwellend und schwierig
zur grünlichen Perle schmelzend. Mit Borax zu gelbem, beim Erkalten
farblosem Glase lösbar. Ghlt. nach Thoms, : Si03 32,7, CaO 36,30,
A1,03 12,28, Fe^Og 12,00, MnO 3,68, H20 0,60. Kommt in New-York
(Amity) vor.
7. Abth. : Silicate von Thonerde und Met alloxyden.
In dieser Abtlieilung findet sieb nur der Staurolith in aus-
gebildeten Krystallen des ein- und einaxigeu Systems. Die übri-
gen sind derbe oder zufällig gestaltete Massen. Ihr Bruch ist
feinerdig , uneben oder muschelig ; die Härte sehr verschieden ,
von Talk härte ( Gelberde ) bis Quarz härte (Staurolith). Die
Grenzen des spec. Gew. liegen bei 1,88 und 3,7. Sie sind un-
durchsichtig bis halbdurchsichtig. Matt , oder haben Wachs- ,
Fett- bis Perlmutterglanz. — Allophan ist zuweilen himmelblau,
sonst herrschen gelbe, rothe und braune Farben vor, V. d. JU
sind sie unschmelzbar.
58. Staurolith.
(Syn. Basisch-kieselsaures Thonerde-Eisenoxyd, Granatit, prismatoi'discher
Granit , Staurotid.)
Kryststm. ein- und einaxig. Kryst f rhombische Säule mit der gerade
angesetztem Endfläche und mit gerader Abstumpfung der scharfen Seiten-
kanten. Nur Krystalle verlängert in der Richtung der Hauptaxe, einge-
wachsen, glatt oder rauh. — Br. uneben bis muschelig. H. — 7—7,5;
spröde; sp. G. •_« 3,7. A. d. K. durchscheinend. Zwischen Fett- und
Glasglanz; braun in’s Röthliche und Schwärzliche. Strich: weisslich.
Y. d. L. dunkler werdend, unschmelzbar. In Phosphorsalz schwer
löslich; in Soda unauflöslich. Bestdth. nach Klapr. : Si03 27,00, Al2Oa
52,25, Fe,03 18,50, Mn203 0,25. — Formel: 6(4Al203.Si03)-f-4(Fe2Öa.
Si03).
Findet sich eingewachsen in Glimmer, Talk- und Thonschiefer, auch
in Gneis und Granit : Bretagne, St. Gotthard, Spanien, Mähren,
Hessen u. i. a. G.
176 Allophan.
59. Gelberde.
(Syn. Ockergelb, Ochra.)
Derbe M. — Br. feinerdig. HL = 1; sp. G. = 2,24. Un-
durchsichtig. Matt ; ockergelb ; etwas abfärbend ; fett anzufüh-
ilen. Der feuchten Lippe stark anhängend. Strich : wenig
glänzend.
V. d. L. unschmelzbar, sich anfangs rotli (gebrannter Ok-
her) und später schwarz färbend. In dem Kolben röthlich wer-
dend und etwas Wasser gebend. Das Boraxglas gelb färbend.
Mit Soda als Pulver zur unrein gelben Masse fliessend. Phos-
phorsalz gibt Eisenoxyd und Kieselerde zu erkennen. In Salz-
säure theüweise löslich. In Wasser augenblicklich in Pulver zer-
fallend. Ghlt. der Gelberde nach 0. Kühn: Si03 33,23, Fe203
37,75 , A1203 14,21 , MgO 1,38 , H20 13,24.
Findet sich im jungem Flötzgebirge auf Lagern mit Thon, auch z.
Th. mit Quarzsand gemischt: Baiern fAmbergJ, Lausitz f Wehr au) ,
Sachsen (RobschülzJ , Frankreich fDepart. NievreJ.
Ehedem wurde die Gelberde wie die Bolarerden als Arzneimittel be-
nutzt. Ausserdem wurde sie schon in den frühesten Zeiten , so wie jetzt,
als Malerfarbe, theils ungebrannt (gelber OckerJ , theils gebrannt frottier
Ocker , englisch oder preussisch RothJ benutzt; ferner zum Farben des
Leders (Kollerjarbe) u. s. w. Sie ist eine der dauerhaftesten Farben ;
den Glasfritten wird sie zugesetzt um sie leichtflüssiger zu machen und
schön grün zu färben.
60. Allophan.
(Syn. Basisch-kieselsaures Thonerde-Kupferoxyd.)
Nierenförmig, traubig, stalaktitisch; derb; als Ueberzug; einge-
sprengt. — Br. muschelig. H. — 2,5; sp. G. = 1,88. Halbdurchsichtig
bis a. d. K. durchscheinend. Wachs- bis Perlmutterglanz; himmelblau
in’s Spangrüne, oft in’s Braune, Bothe, Gelbe und Weisse, auch gefleckt
oder geadert. >
V. d. L. unschmelzbar, die Flamme grün färbend ; mit Cobaltsolution
befeuchtet und geglüht nach dem Erkalten blau werdend Im Kolben
viel Wasser gebend. Mit Salzsäure eine vollkommene Gallerte bildend.
Bestdth. nach Wcilchner : Si03 24,10, AL03 38,76, H>0 35,75, CuO
2,32.
Als Ausfüllungs- und Ueberkleidungsmassen , unregelmässige Räume
auf Eisen- und Kupfererzlagern bildend: Saalfeld , Erzgebirge Böhmen.
Der Allophan scheint ein secundäres Erzeugniss und sich noch immer
fort zu bilden ; der von Bunsen untersuchte Allophan , welcher die Ab-
sonderungsflächen der holzförmigen Braunkohlen bei Bonn (Friesdorj)
überzieht , enthält Eisenoxyd statt Kupferoxyd.
Smaragd. 177
8. Abth.: Silicate die Beryllerde enthalten.
Die Mineralien dieser Abtheilung kommen sehr häufig kry-
stallisirt vor und finden sich selten derb und eingesprengt. Sie
gehören meist zum drei- und einaxigen Systeme; auch finden
sich einzelne aus dem ein- und einaxigen, zwei- und eingliedri-
gen und regelmässigen Systeme. Ihr Bruch ist muschelig, bis
kleinmuschelig in’s Unebene ; sie ritzen den Apatitspath und
werden vom Korund geritzt , sind spröde und wechseln im sp.
Gew. zwischen 2,7 und 3,6. Der Glasglanz ist bei ihnen herr-
schend ; er geht bei einigen (Ilelvin) in Fettglanz über. Alle ,
den Kelvin ausgenommen, kommen durchsichtig vor und finden
sich auch durchscheinend , selten undurchsichtig. Sie sind farb-
los , oder haben mannigfaltige Nüanzen von hellem Grün und
Blau ; Helvin kommt auch olivenfarhen vor ; das Strichpulver
ist weiss. V. d. L. sind sie für sich unschmelzbar oder wenig-
stens sehr strengfiüssig. Borax löst sie auf und färbt das Helvin-
glas amethystroth.
61. Phenaldt.
(Syn. Kieselsäure Beryilerde.)
Kryststm. drei- und einaxig. Kommt in platten Rhomboedern vor.
— Br. muschelig, H. = 7,5; sp. G. = 2,96. Durchsichtig. Glasglanz.
Farblos.
V. d. L. für sich unschmelzbar; in Soda, Borax und Phosphorsalz
schwer löslich ; mit Cobaltsolution eine schmutzig-graublaue Farbe an-
nehmend; in Säuren unlöslich. Bestdth. nach Hartwall*. Si03 55,44, Be203
44,47- — Formel: Be203.2Si03.
Zuerst im Gouvernement Perm dann im Brauneisenstein bei Fram -
mont , in der Nähe von Strassburg , gefunden.
62. Smaragd.
(Syn. Kieselsäure Thonerde und Beryilerde, rhomboedrischer Smaragd.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. 1) sechsseitige Säule
mit der gerade angesetzten Endfläche; 2) Combination derselben
mit den Flächen einer zweiten sechsseitigen Säule als Ab-
stumpfung der Seitenkanten (zwölfseitige Säule); 3) Combina-
tion von Nro. 1 mit den Flächen eines stumpfen Dihexaeders als
Abstumpfung der Endkanten ; 4) Combination der beiden Di-
hexaeder; 5) Combination von Nro. 4 mit der sechsseitigen
Säule und der gerade angesetzten Endfläche u. s. w. Kryst.
bald lang, bald niedrig; stumpfeckige Stücke und Geschiebe. —
Spaltbar parallel den End-, minder deutlich nach den Seiten-
flächen. Br. kleinmuschelig in’s Unebene. H. = 7,5 — 8 ; spröde ;
sp. G. == 2,7. Durchsichtig bis undurchsichtig. Glasglanz.
Geigers Pharmacie . JI 1, (2 te Auji.) 12
178
Eukias.
Strich : weiss. Durch Reiben positiv electrisch > durch Erwär-
men poJarisch electrisch werdend.
V. d. L. sehr strengflüssig und in dünnen Splittern zur
farblosen blasigen Schlacke ohne Anschwellen schmelzend (5,5).
Vor dem Schmelzen milchweiss werdend. In Borax zu klarem
Glase lösbar. — Formel : Be203.4Si03-i-2(Al203.2Si03).
Arten.
Smaragd L (Syn. glatter Smaragd, Lapis Smaragdus.) Kryst.
kurz, aussen glatt, nur die Endflächen rauh; einzeln ein- und
aufgewachsen, selten drüsig verbunden. Smaragd- bis grasgrün
und grünlich-weiss. Bestdth. nach Klapr.: Be.Os 12,50, Si03
68,50, A1203 15,75, Cr203 0,30, Fe203 1,00, CaO 0,25.
Findet sich eingewachsen im Glimmerschiefer : im Salzbur gischen ;
neuerdings von ausgeseichneter Grösse bei Ekalherineburg in Sibirien ,
am rothen Meere ; auf Gängen im Thonschiefer: Neu-Carthago.
Beryl l. (Syn. gestreifter Smaragd, Aquamarin, Lapis Beryllus.)
Kryst. meist lang gestreckt , Endflächen glatt , Seiten- und Di-
hexaederflächen vertical gestreift, zuweilen überdeckt mit Talk-
oder unreiner Beryllmasse ; durcheinandergewachsen oder drüsig
gruppirt. Selten wasserhell ; zwischen span- und apfel- , oder
berg- und seladongrün in’s Blaue; zuweilen saphirblau, honig-
in’s Wachsgelbe, bis in’s Rosenrothe. Bestdth. nach Berz. :
Si03 68,35, A1203 17,60 , Be203 13,13, Fe203 0,72, TaO 0,27.
Auf Gängen, auch nesterweise in Granit, mit Topas, Bergkrystall ,
Glimmer: Sibirien , Heidelberg, Baiern , Frankreich , Erzgebirge ,
Sch weden , Spanien , oft von ausserordentlicher Grösse; als Geschiebe in
Diluvial-Ablagerungen : Schottland, Brasilien.
Der Smaragd wurde ehedem als Arzneimittel angewendet und gehörte
zu den fragmentis quinque lapidum pretiosorum. Als Edelstein ist er
sehr geschätzt. Von weit geringerem Wertlie ist der Beryll; sein Werth
steigt besonders durch ungewöhnliche Grösse.
Der in der neuern Zeit durch die vermeintliche Auffindung eines
neuen Metalls, Donium genannt, berühmt gewordene Davidsonit
von Aberdeen ist nach den Untersuchungen von Breithaupt, Plattner
und Lampadius eine Abänderung des Berylls, die in derben Massen mit
Glasglanz und schmutzig-gelblich oder grünlich-weisser Farbe vorkommt.
Er schmilzt in der Pincette a. d. K* zu einem email-ähnlichem Glase und
färbt die äussere Flamme schwach , doch ausdauernd röthlich-gelb. Ausser
Beryll- und Thonsilicat enthält er nach Lampadius auch Natron- , Li
thion- und Kalksilicat. Das Donium aber muss aus der Reihe der Me-
talle gestrichen werden.
63. Eukias.
(Syn. Kieselsäure Thonerde und Beryllerde, prismatischer Smaragd.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. rhombische Säule. Kryst.
Helvin.
179
mit vertical gestreiften Seitenflächen. — Br. kleinmuschelig. H. = 7,5 j
sehr spröde; sp. G. = 3,1. Durchsichtig bis durchscheinend. Lebhafter
Glasglanz. Wasserhell; grünlich-weiss ; lichte berg- und seladongrün bis
in’s Himmelblaue. Strich: weiss.
Y. d. L, anschwellend, weiss werdend und langsam zu weissemEinail
schmelzend; in Borax, langsam zu klarem Glase lösbar. Bestdth. nach
Berz.: Si03 43,22, Be203 21,78, A1203 30,56, Fe203 2,22, Sn02 0,70. —
Formel : Be203.2Si03-f-2(Al203.Si03).
In Chloritschiefer mit Topas: in Brasilien .
64. Chrysoberyll .
(Syn. Basisch-kieselsaure Thonerde mit Beryllerde -Aluminat, prismati-
scher Korund, Cymophan.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. gerade rectanguläre Säule,
häufig mit durch die Flächen eines rhombischen Prisma abgestumpften
Seitenkanten; ferner Zwillinge. Kryst. glatt und glänzend, Seitenflächen
vertical gestreift, einzeln ein- oder zu mehrern zusammengewachsen;
Korner und Geschiebe. — Br. muschelig. II. = 8,5; spröde; sp. G.
= 3,6 — 3,7. Durchsi chtig bis durchscheinend. Glasglanz ; zuweilen fett-
artig; Geschiebe schimmernd. Spargel- und olivengrün in’s Weisse.
Strich : weiss, zuweilen mit bläulich- oder milchweissem Scheine.
Y. d. L. unschmelzbar. In Phosphorsalz als Pulver vollkommen auf-
löslich; mit Cobaltsolution befeuchtet und geglüht schön blau werdend;
im Kolben kein Wasser gebend und in Säuren unauflöslich. Bestdth. des
Brasilischen nach Seybert : Si03 5,99, A1.,03 68,66, Be203 16,00, Fe203
4,73, TaO 2,66, H20 0,66. — Formel: 4Äl203.Si03+2(Be203.4Al,03).
Findet sich im Granit: in Connecticut , New-York : im Glimmer-
schiefer: Mähren ; als lose Kryst. und Geschiebe im Sande der Flüsse:
Ceylon, Pegu , Brasilien, Sibirien.
Gehört nicht zu den Edelsteinen von hohem Werthe.
65. Helvin.
(Syn. Drittel-kieselsaures Beryllerde -Eisenoxyd mit zwei - drittel - kiesel-
saurem Manganoxydul und Manganoxysulpliuret; tetraedrischer Granat.)
Kryststm. regelmässig. Krystf. 1) Tetraeder; 2) Tetraeder mit durch
die Flächen des Gegentetraeders abgestumpften Ecken; 3) die Ecken zu-
gespitzt mit Doclecaederflächen. Kryst. glatt, die Abstumpfungsflächen
rauh; ein-, auch aufgewachsen oder drüsig verbunden; derb, einge-
sprengt.— Br. uneben. II. = 6 — 6,5; spröde; sp. G. — 3,1— 3,3. Undurch-
sichtig. Zwischen Fett- und Glasglanz, Oelgrün, in’s Gelbe und Braune.
Strich: lichte graulich-weiss.
V. d. L. auf Kohle in der innern Flamme unter Kochen und Funken-
sprühen zu schwärzlich-braunem Email schmelzend; mit Soda eine Hepar
gebend; das Boraxglas in der äussern Flamme amethystroth färbend; in
Salzsäure zur vollkommen steifen Gallerte löslich; im Kolben kein
Wasser gebend. Bestdth. nach C. G. Gmelin : Si03 35,27 , Be203 8,02 ,
A1203 1,44, Mn029,34, Fe203 7,99, MnS 14,00 , Verlust beim Glühen
1,15. — Formel: 3(MnS.Mn0)-}-3Mn0<2Si034-2(Be203.Si03-f-Fe203.Si03).
Findet sich auf einem Granatlager im Gneise: im Erzgebirge , und
im Brauneisenstein bei Breitenbrunn in Sachsen ,
180
Gadolinit.
9. Abth.: Silicate die Yttererde und Ceroxydul
enthalten. •
Wir finden die Mineralien dieser 9ten Abtheilung selten kry-
staüisirt; die bekannten Formen gehören zum zwei- und ein-
gliedrigen und ein- und einaxigen Systeme; häufiger erscheinen
sie als kristallinische Massen mit strahliger Textur. Ihr Bruch
ist muschelig. Sie sind, ausgenommen der Pyrorthil , härter
als der Apatit; einige erreichen Quarzh&rte und sind spröde.
Fast alle sind undurchsichtig, der Gadolinit an den Kanten
durchscheinend, und haben Fett- oder Glasglanz ; der Pyrorthit
ist matt von aussen und hat auf dem Bruche Harzglanz. Die
dunklen Farben, schwarz und grau in verschiedenen Nuancen,
herrschen vor. Das Strichpulver ist grau , in s Grünliche ,
Bräunliche und Schwarze. V. d. L. sind sie schmelzbar oder
unschmelzbar ; die letztem fangen häufig Feuer und glühen
fort; mit Salzsäure bilden fast alle eine Gallerte.
66. Gadolinit.
(Syn. Drittel-kieselsaure Ytterercle mit sechstel-kieselsaurem Ceroxydul-
Eisenoxydul, Ytterbit, prismatischer Gadolinit.
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. schiefe rhombische Säule
mit abgestumpften stumpfen und scharfen Endkanten. Kryst. selten,
meist undeutlich, eingewachsen; nierenförmige Stücke; derb, einge-
sprengt. — Br. muschelig. II. — 6,5 — 7; spröde; sp. G. = 4,2. A. d.
K. durchscheinend. Glas- zum Fettglanz neigend. Grünlich-, sammet-,
pechschwarz. Strich : graulich-grün.
V. d. L. auf Kohle unschmelzbar; manche Yar. erglühen bei langsa-
men Erhitzen schnell, als ob die Masse Feuer finge, schwellen an, und
werden grau oder schwarz; mit Salzsäure eine vollkommene Gallerte bil-
dend. Die Auflösung wird durch Aetzammon gefällt. Im Kolben kein
Wasser, und mit Schwefelsäure keine Flusssäure gebend. Bestdth. nach
Berz.: Si03 25,80, YO 45,00, FeO 11,43, CeO 17,92- — Formel: 6[FeO,
Ce0].Si03-f-2(3Y0.Si03).
Eingewachsen im Granit und Gneis : Finbo , Broddbo und Ytterby in
Schweden.
Anhang.
Gadolinit von Kärarfvet nach Berz. Drittel - kieselsaure
Yttererde , gemengt mit Silicaten von CaO , Be203 , CeC , FeO und MnO
in anscheinend unbestimmten Verhältnissen und in geringer Menge.
Y. d. L. brennt er sich weiss und schmilzt in strengerm Feuer, ohne
anzuschwellen, zu einem dunkel - perlgrauen oder röthlichem unklarem
Glase; in Borax leicht zu einem von Eisen wrenig gefärbtem klarem Glase
lösbar. Bestdth. nach Berz.: Si03 29,18, YO 47,30, CaO oder KO 3,15,
FeO 8,00, MnO 1,30, Be,03 2,00, CeO 3,40, H20 5,20. — Formel:
3Y0.Si03.
Findet sich eingewachsen in Granit: zu Kärarfvet in Schweden.
Pyrorthit.
181
67. / illanit .
(Syn. Cerin, prismatisches Cerererz.)
Kryslstrn, ein- und einaxig. Krystf geschobene vierseitige Prismen
mit abgestumpften scharfen und stumpfen Seitenkanten. Kryst. selten ;
kryst. M.; Textur blättrig und strahlig; derb, eingesprengt. — Br. mu-
schelig. H. — 5,5 — 6; sp. G. =3,44. Undurchsichtig. Fettglanz. Schwärz-
lich-braun. Strich; grünlich-grau.
Y. d. L. leicht unter Aufblähen zur schwärzlichen, spröden, magne-
tischen Glasperle schmelzend (2,5) ; in Borax zum honiggelben , durch-
sichtigen Glase lösbar, das in der äussern Flamme blutroth , und nach
dem Abkühlen grünlich-gelb wird. Mit Salzsäure gelatinirend. Bestdth.
des Grönländischen nach Strom.'. Si03 33,02, A1203 15,22, CeO 21,60,
FeO 15,10, MnO 0,40, CaO 11,08, H20 3,00.
Eingewachsen in Cerit und Strahlstein: Schweden ; in Granit: Grön-
land j Iglorsoit , Naiksak-
68. Orthit.
Strahlige M., eingewachsene Körner, eingesprengt. — Br. muschelig.
H. = 7 ; spröde; sp. G. — 3,2. Undurchsichtig Glasglanz; aschgrau,
durch Verwittern in’s Braune. Strich: bräunlichgrau.
V. d. L. sich aufblähend, gelblich-braun werdend, unter starkem
Aufbrausen endlich zu schwarzem, blasigem Glase schmelzend. Bestdth.
nach Berz .: Si03 32,00, CeO 19,44, A1203 14,80 , CaO 7,84, FeO 12,44,
MnO 3,40, YO 3,44, II20 5,36.
Findet sich in granitartigem Gneis: bei Stockholm , in Norwegen.
69. Pyrorthit.
Kryststm. ein- und einaxig ? Strahlige M. , einzeln oder zusammen
liegend. — Br. muschelig in’s Splittrige. H. = 2,5 ; sp. G. — 2,2- Un-
durchsichtig. Matt; innen Harzglanz. Pechschwarz, elurch Verwittern in's
Gelblichbraune. Strich: bräunlich- schwarz.
V. d. L. auf Kohle gelinde erhitzt, Feuer fangend, und glühend
ohne Flamme und Rauch. Bestdth. nach Berz.: Si03 10,43, A1203 3,59,
CaO 1,81, CeO 13,92, FeO 6,08, MnO 1,39, YO 4,87, H20 und flüchtige
Theile 26,50 , Kohle und etwas Verlust 31, 4l.
In Granit mit Gadolinit: bei Fahlun in Schweden .
GRUPPE VI. TITANSÄURE UND TITANSAURE SALZE.
Die Mineralien dieser Gruppe kommen alle sehr häufig* kry-
stallisirt vor und zwar fast in allen Systemen, das ein- und
eingliedrige ausgenommen. Die meisten gehören dem zwei- und
einaxigem und drei- und einaxigem Systeme an, mehrere dem
regelmässigen und ein- und einaxigen Systeme. Ihr Bruch ist
muschelig bis uneben; sie werden vom Quarz geritzt und ritzen
182
Rutil.
den Apatitspath , sind spröde und haben die Grenzen des spec.
Gew. bei 3,4 und 4,8. Durchsichtig kommt nur der Titarüt vor,
wenige sind durchscheinend , die mehrsten undurchsichtig. Me-
tallglanz zeigen sie am häutigsten, doch ist auch Diamantglanz
nicht selten. Die Farben-Nüanzen sind verschieden ; die weisse
Farbe fehlt ihnen und die schwarze , wie überhaupt die dunklen
herrschen vor ; ebenso ist das Strichpulver gew öhnlich schw arz,
seltener braun. Viele sind dem Magnete folgsam. V. d. L.
sind fast alle für sich unschmelzbar und unveränderlich ; einige
sind schwer schmelzbar; in Borax lösen sich fast alle zu ge-
färbtem , und in Phosphorsalz in der innern Flamme zu dunkelr
rothem Glase auf. Das feingeschlemmte Pulver der mehrsten ist
in concentrirter und erw ärmter Salzsäure zersetzbar.
1. Anatas.
(Syn. Titansäure, Octaedrit, pyramidales Titanerz.)
Kryststm. zwei- und einaxig. Krystf. 1) quadratisches
Octaeder; 2) mit der gerade angesetzten Endfläche, oder 3)
mit den Flächen stumpferer Octaeder als Endzuspitzung ; 4)
Combination des quadratischen Octaeders mit der quadratischen
Säule als Abstumpfung der Seitenecken u. s. wr. Zw illinge mit
gemeinschaftlichen gerade angesetzten Endflächen. Rryst. glatt,
meist parallel dem Rande gestreift, einzeln aufgew^achsen oder
zu Reihen verbunden; Körner und Geschiebe. — Spaltbar pa-
rallel den Flächen des primitiven Octaeders und der gerade an-
gesetzten Endfläche. Br. muschelig. H. 5,5 — 6 ; spröde ; sp.
G. = 3,82. Halbdurchsichtig. Diamantglanz , häufig metallähn-
lich. Indigoblau in’s Braune, Rothe und Schwarze, selten dem
Gelben sich nähernd. Strich: graulich- weiss.
V. d. L. unschmelzbar; in Borax zu farblosem Glase lös-
bar, welches in der innern Flamme zuerst eine gelbe, dann eine
dunkle Amethystfarbe annimmt. In Phosphorsalz schw er löslich und
demselben in der innern Flamme eine colombinrothe Farbe er-
theilend, die durch Zusatz von etwas Zinn blau oder violett
wird. Bestdth. nach Vauq.: Ti 60,29, 0 39,71. — Formel:
Ti02.
Findet sich auf schmalen Gängen und Drusen im Gneis, Glimmer
nutl Hornblendeschiefer, begleitet von Bergkrystall, Feldspath, Chlorit:
Dauphinee , Fichtelgebirge, Cornwall t Spanien ,* als Geschiebe: Bra-
silien.
2 . Rutil.
(Syn, Titansäure, rother Schörl , Titanschörl , peritomes Titanerz.)
Kryststm . zwei- und einaxig. Krystf. quadratische Säule
mit der gerade angesetzten Endfläche oder mit den Flächen
Aeschynit.
183
eines quadr. Octaeders als Endzuspitziiug ; ferner Combination
der ersten quadr. Säule mit einer zweiten als Abstumpfungs-
flächen der Seitenkanten 11, s. w. Zwillinge.. Kryst. parallel den
Seitenflächen der Säule gestreift, oft nadel- und haarförmig,
dann stangenförmig zusammengehäuft , oder gleich Netzen oder
Gittern übereinander liegend. Derb , eingesprengt , angeflogen ,
auch in Geschieben. — Spaltbar parallel den Seitenflächen. Br.
muschelig bis uneben. H. = 6 — 6,5 ; spröde ; sp. G. = 4,2 — 4,4.
In Splittern durchscheinend. Metallähnlicher Diamantglanz. Blut-
und hyacinthroth in’s Braune. Strich : gelblich-braun.
V. d. L. wie Anatas; die Amethystfarbe des Boraxglases
weniger rein. Bestdth. TiO* mit etwas FejOs. — Formel : Ti02.
Findet sich auf Gängen im Granit, Gneis, begleitet vom Quarz,
Feldspath, Glimmer u. s. w. auf Lagerstätten von Magneteisen; ferner
als Einschluss in Bergkrystallen ; auch im Sande der Flüsse: Spessart ^
Salzburg, Tyrol, Piemont , Spanien , Norwegen ^ Breisgau , hier in kör-
nigem Kalk.
Wird in. Frankreich bei der Porzellanmalerei gebraucht..
3. Titanit.
(Syn. Dreifach-Titan- mit doppelt-kieselsaurer Kalkerde, Gelb- und
Braun-Manakerz, Sphen, prismatisches Titanerz.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. schiefe rhombische Säule
mit gerade abgestumpften scharfen Seitenkanten, oder der schief ange-
setzten Endfläche , oder augitartigen Endzuschärfungen. Kryst. glatt ,
schwach gestreift, häufig mit einer Binde von Chl'oritblättchen bedeckt,
ein- , auch aufgewachsen , auch drüsig verbunden ; kryst. M. , derb , ein-
gesprengt. — Spaltbar parallel den Flächen der Säule. — Br. kleimu-
schelig bis uneben. H. 5,5,; spröde; sp.. G., 3,49—3,60. Durch-
sichtig bis undurchsichtig. Glasglanz bis Fett- oder Diamantglanz. Braun
in’s Hyacinthrothe , Gelbe und Grüne in den vielartigsten Nüanzen.
Strich : weiss. bis grau. Durch Erwärmen phosphorescirend ; durch Rei-
bung positiv electrisch werdend.
V . d. L. schwer und mit schwachem Aufwallen zu schwärzlichem (3),
in Borax zu klarem gelbem Glase, in der innern Flamme mit Phosphor-
salz schwer zu einem blass-röthlich violetten Glase schmelzend. Durch
Salzsäure mit Ausscheidung von titanhaltiger Kieselerde zersetzbar. Bestdth.
nach Cordier : Ti02 33,3, Si03 28,0, CaO 32,2. — Formel: Ca0.3Ti02-J-
CaO.2Si.O3.
Eingewachsen im Syenit und Gneis: Baden , Schottland ; auf Drusen-
räumen im Glimmer-, Chlorit- und Hornblendeschiefer: Salzburg , Mont-
blanc j St. Gotthard ; auf Magneteisenlagern in Gneis: Norwegen ; in
Auswürflingen vulkanischer Laven : Vesuv , Laacher See =
4. Aeschynito
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. rhombische Säule. Kryst. undeut-
lich, rauh oder gestreift — Br. kleinmuschelig. H, - 5^5 f spröde; sp. G. —
184
Iserin.
5,14. A. d. K. durchscheinend. Schwach fettglänzend , meist matt. Dunkel-
schwarz in’s Bräunlich-gelbe, Strich: braun.
Y. d. L. unschmelzbar, sich aufblähend, rostgelb werdend. Bestdth.
nach Hartwall: Ti02 56,0, Zr203 20,0, Ce203 15, CaO 3,8, Fe203 2,6,
Sn02 0,5.
Eingewachsen in Granit, begleitet von Zirkon: in Sibirien (Miask).
(Oerstedtit, kürzlich von Forchhammer bei Arendal entdeckt,
kommt gewöhnlich auf Augitkrystallen vor. Kryststm. zwei und einaxig.
Krystf. Quadratoctaeder. H. — 4,3; sp. G. __ 3,62. Glänzend braun.
Bestdth.: Ti024-Zr203 68,96, Si03 19,79, CaO 2,61, MgO 2,04, FeO 1,13,
H20 5,55 )
5. Polymignit.
(Syn, Titansaure Zirkon-Yttererde , Cer-Mangan-Eisenoxydul, Kalk u. s. w.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. Combination einer geraden rhom-
bischen Säule mit den Flächen eines rhombischen Octaeders als Endzu-
spitzung. Kryst. sehr klein, verlängert, vertical gestreift , eingewachsen.
— Br. musche'ig. H. — 6,5; spröde; sp G. = 4,8. Undurchsichtig.
Glanz metallähnlich; schwarz. Strich: braun.
Y. d. L. unveränderlich ; in Borax leicht zum gefärbten Glase , in
Phosphorsalz in der innern Flamme schwierig zu röthlichem Glase lösbar.
Ghlt. nach Bley: TiO„ 46,30, Zr203 14, 14, Fe^03 12,20, CaO 4,20, MnO
2,70, CeO 5,0, YO 11,50.
Findet sich im Zirkon-Syenit: Norwegen.
6. Pyrochlor .
(Syn. Titansaurer Kalk mit titans. Cer-Uran-Eisen- und Manganoxydul ,
octaedrisches Titanerz.)
Kryststm. regelmässig. Krystf. regelmässiges Octaeder. Kryst. glatt,
sehr klein, eingewachsen, eingesprengt. — Br. muschelig. H. — 5,5;
sp. G. = 4,21- In dünnen Splittern durchscheinend Zwischen Glas- und
Fettglanz. Dunkelbraun in’s Rothe und Schwarze. Strich: lichtebrauu.
V. d. L. schwer zur Schlacke schmelzbar; in Borax zu rothgelbem
Glase, in Phosphorsalz in der äussern Flamme zu einer gelben Perle
lösbar, die beim Erkalten grasgrün erscheint. Bestdth. nach Wähler :
Ti02 62,75, CaO 12,85, UO 5,18, MnO 2,75, Fe203 2,16, Sn02 0,61,
H20 4,20. (In einem durch v. Humboldt aus Sibirien mitgebrachtem Py-
rochlor fand Wähler auch 5 p. C. Thorerde.)
Eingewachsen in Zirkon - Syenit : Norwegen ; in Granit: Orenburg.
7. Iserin.
(Syn. Titaneisen, körniges Titaneisen, magnetischer Eisensaud und
Titansand.
Kryststm. regelmässig. Krystf regelmässiges Octaeder; Combination
desselben mit dem Dodecacder Kryst. selten, glatt, eingewachsen,, häufig
zugerundet : eckige rundliche Körner und Sand. — Br, muschelig. H. —
Crichtonit.
185
6 : spröde ; sp. G. = 4,6 — 4,9. Undurchsichtig. Metallglanz. Eisenschwarz.
Strich : schwarz. Stark magnetisch.
V. d. L. unschmelzbar; in Borax zu grünlich-schwarzem Glase lös-
bar; mit Phosphorsalz in der innern Flamme ein blutrotlies Glas gebend,
welches, wenn es gesättigt ist, durch Zusatz von Zinn nicht grün wird
und beim Abkühlen seine Farbe behält, oder in’s Violette verwandelt.
Das fein geschlemmte Pulver ist in concentrirter Salzsäure in der
Wärme löslich Ghlt. nach KLapr.: FeO Fe203 85,5, TiQ2 14,0, MnO 0,5.
Im Sande mancher Bäche und Flüsse, am Ufer von Seen und Mee-
ren, in der Nähe von Feuerbergen, als Resultat der Zersetzung vulkani-
scher Gesteine: Ufer des Laacher See, der Ostsee, bei Neapel, Tene-
riffa, Riesengebirge (Iserwiese) , am Ufer des Don in Aberdeenshire.
8. Mendkan.
(Syn. Titansand z. Th., schwarzes Titanerz, Menakeisenstein ,
Titaneisen von Arendal.)
Kryststm. drei- und einaxig. Platte Körner mit rauher Oberfläche,
auch als Sand. — Br. muschelig. H = 5,5 — 6; spröde; sp. G. == 4,5 —
4,7- Undurchsichtig. Metallglanz. Eisenschwarz in’s Braune. Strich: schwarz.
Magnetisch.
V. d. L. wie Iserin. Bestdth. nach v. Kobell: Ti02 43,42, FCJ03
28,66, FeO 27,91. — Formel: [Fe203, FeO.Ti02].
Findet sich im ältern Gebirge: Egersund in Norwegen t Tyrol ; im
Sande eines Baches: Cornwall , Brasilien .
9. Ilmenit.
(Syn. Titaneisen aus Gastein, Kibdelophan, axotomes Eisenerz.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. Rhomboeder in mehrfachen
Combinationen mit den Flächen stumpfer und spitzer Rhomboeder, Di-
hexaeder etc. Kryst. mit einzelnen gestreiften Flächen , sonst rauh oder
glatt, eingewachsen; Körner. — Br. muschelig. H. = 5,5; spröde; sp.
G. = 4,7 — 5. Undurchsichtig. Metallglanz unvollkommen. Eisenschwarz
in’s Dunkelbraune. Strich : schwarz,
' V. d. L. wie Iserin. Ghlt. des sibirischen nach Mosander: Ti02
46,92, FeO 37,86, Fe203 11,74, MnO 2,73-, MgO 1,14. — Formel: [FeO.
Ti02,6Fe20s].
Findet sich eingewachsen in Granit: Ural fllmenseej , Norwegen ; in
Talk: zu Gastein - in Körnern mit Nggrin : Böhmen , Siebenbürgen.
( Brooke’s Ilmenit ist Mengit, welcher mit Ilmenit am llmensee vor-
kommt.)
10. Crichtonit
Kryststm . drei- und einaxig. Krystf. Rhomboeder. Kryst. spitz ,
auch tafelartig, sehr klein, einzeln auf- oder aneinander gewachsen:
Blättchen und kleine kryst. M. , eingesprengt. — Br. muschelig in’s Un-
ebene. H =6; spröde; sp. G. =— 4,0. Undurchsichtig. Metallglanz
Eisenschwarz in’s Blaue-* Strich : schwarz. Nicht magnetisch.
186
Yttrotautalit.
V. d. L. unschmelzbar und unveränderlich; in der äussern Ftaonn^e
in Borax und Phosphorsalz zu dunkelrothem Glase lösbar, das nach dem
Abk.uhlen heller und zuletzt farblos wird. Bestdth. : FeO, Ti02?
Findet sich auf schmalen Anatasführemlen Gängen: Dauphinee .
11 . Nigrin.
Kryststm. zwei- und einaxig, Krystf. quadratisches Octaeder. Kryst.
klein, glatt, auf- oder eingewachsen, derbe, körnige, blättrige M. ; ein-
gesprengt; Körner. — . Br. muschelig. H. = 6,5; spröde; sp. G. — , 4,4 — *
4,5. Undurchsichtig. Metallähnliclirr Fettglanz. Pechschwarz. Strich:
schwarz. Magnetisch.
V. d. L. wie fserin. Ghlt. nach KJbapi;. : Ti02 84, Fe203 14,.
Mr^Oa 2.
Findet sich eingewachsen in Gyps: Spanien; in Diorit: Böhmen; als
Körner im Diluvium: Siebenbürgen , Salzburg , Baiern.
GRUPPE VII. TANTALSÄURE UND TANTALSAURE SALZE.
Die Mineralien dieser Gruppe krystallisiren im. zwei- und
eingliedrigen, zwei- und eiiiaxigeii und ein- und einaxigen Sy-
steme und kommen häufig als derbe, eingewachsene , scharfeckigo
Stücke vor. Ihr Bruch ist muschelig bis uneben ; sie ritzen den
Apatit , werden vom Quarz, geritzt und sind spröde. Das spec.
Gew. derselben wechselt von 5,3 bis 6 ; ihr Glanz zwischen
Fett- und Metallglanz. In dünnen Splittern sind sie durch-
scheinend, oder undurchsichtig , von Farbe schwarz in’s Braune
und Graue. Das Strichpulver ist entweder bräunlich-schwarz „
grau oder weiss. V. d. L. sind sie unschmelzbar, nehmen ge-
wöhnlich eine lichtere Farbe an und sind in der Regel in Borax
und Phosphorsalz schwierig lösbar.
1. Yttrotantalit.
(Syn. Yttertantal.)
Kryststm. zwei,- und eingliedrig. Krystf. schiefe rhombische Säule.
Eingewachsene eckige Stücke und Körner, z. Th. körnig abgesondert. —
Br. muschelig in’s Unebene. H. = 5,5; spröde; sp. G. =;= 5,3 — 5,8. Zwi-
schen Wachs- und Metallglanz, A. d. K. durchscheinend. Pech- und
Eisenscliwarz in’s Graue und Braune ; gelbbraun. Strich beim schwarzen
Y* T. : grau; beim gelben und dunklen: weiss.
Y. d. L. unschmelzbar, die Farbe etwas lichter werdend; in Borax,
zu farblosem Glase lösbar und von Phosphorsalz wie die Silicate zerleg-
bar. Den Säuren widerstehend. Bestdth. nach Berz a, des schwarzen
b, des dunklen, c. des gelben:
Tantalit
187
Ta203
wo3
YO
CaO
FeO
U203
57,00
8,25
20,25
6,25
3,50
0,50
51,81
2,59
38,51
3,26
0,55
1,11
60,12
1,04
29,78
0,50
1,13
6.62-
i beiden
letztem
war W03
Sn02
haltig.
Formeln : a. 3[CaO, YO, FeO] . [Ta203, W03]. b. 3[YO, CaO] . Ta203.
c. 3[YO, U203].Ta203.
Kommt auf einem Feldspathlager in Gneis mit Gommer und GadoJi“
nit vor: in Schweden ('Finbo , Ytterby und Kärarfvet ).
2. Fergusordt.
$$yststm. zwei- und einaxig. jfcrystf quadratisches Octaeder mit
der gerade angesetzten Endfläche und den Flächen einer quadratischen
Säule als Abstumpfung der Grundkanten. Kryst. mit unebener Ober-
fläche, eingewachsen. — Br. vollkommen muschelig. H. = 5,5 — 6;
spröde; sp. G. = 5,8, ln dünnen Splittern durchscheinend. Zwischen
Fett- und Metallglanz. Dunkelbräunlichi-schwarz. Strich: hellbraun.
V. d. L. unschmelzbar; blass gelb werdend; in Borax schwierig zu
gelbem Glase lösbar. In Soda nicht lösbar , aber mit Hinterlassung einer
röthlichen Schlacke zersetzt werdend. Bestdth. nach Hartwall : Ta203
47,75, YO 41,91, CeO 4,68, Zr203.Sn0, 1,00, U2Oa 0,95, Fe203 0,34. —
Formel: 6.[Y0, Ce0].Ta203.
Eingewachsen in Quarz und Feldspath: Grönland .
3. T&ntalit-
(Syn. Zwei-drittel-tantalsaures Eisenoxydul-Manganoxydui, Kpluinbit,
Kolumbeisen, prismatisches Tantalerz.)
Kryststm . ein und einaxig. Krystf gerade rectanguläre Säule mit
den Flächen eines Quadratoctaeders. Kryst. selten, häufig tafelartig, ein-
zelne Flächen stark gestreift, auf- oder eingewachsen; derbe, scharf-
eckige, eingewachsene Stücke, eingesprengt. — Br. kleinmuschelig in’s
Unebene. H . = 6; spröde; sp G =6,03. Undurchsichtig. Metall-
glanz; innen fettglänzend. Eisenschwarz in’s Gi-au^ und Braune. Strich:
bräunlich-schwarz.
V. d. L. unschmelzbar undunveränderlich; in Borax und Phosphorsalz
langsam zu dunkel-grünem Glase schmelzbar. Bestdth. des Tantalit von
Bodenmais nach P'ogel : Ta203 75, FeO 17, MnO 5, Sn02 1. — Formel:
3Mn0.2Ta203-f3Fe0.2Ta203.
Eingewachsen in Granit: Bodenmais in Baiern , N.-J^erica.
Anhang,
a. Ki mito-Tantal it. (Neutrales tantalsaures Eisenoxydul-Mangan-
oxydul). Sp. G. = 7,23. Bestdth. nach Berz.: Ta203 83,2, FeO 7,2,
MnO 7,4, Sn02 0,6- Nordensk. fand in einein Tantalit von Tamela 1 3,75
FeO und 1-,12 MnO und berechnet für diesen die Formel: Fe0.Ta203,
welche nach ihm auch der Kimito -Tantalit hat.
188
Aiitimonocker.
b Finbo-Tantalit. (Dieselbe Verbindung, in der ein Theil
Ta,03 durch Sn02 ersetzt wird.) Bestdth nach Berz. : Ta203 66,99,
Sn02 16,75, FeO 7,67, MnO 7,98, CaO 2,40. — Formel: [MnO, FeO].
[Ta203.Sn02].
c. Broddbo -Tantalit Sp. G. — 6,29. Metallglanz. Schwarz.
Bestdth. nach Berz. : Ta203 68,22, Sn02 8,26, W03 6,19 , FeO 9,58, MnO
7,15, CaO 1,19. — Formel: [MnO, FeO, Ca0J.[Ta203, W03, Sn02],
d. Zimmtbrauner Tantalit von Kimito. (Tantaloxyd-Eisen-
oxydul-Manganoxydul.) Sp. G. — 7,9. Bestdth.: Ta203 82,56, FeO
14,41, MnO 1,79, Sn02 0,80, W03 0,72, CaO 0,56.
Kommen sämmtlich als derbe Massen und scharf eckige Stücke ein-
gewachsen und eingesprengt in Granit vor: in Schweden.
GRUPPE VM. ANTIMONOXYDE.
Die Antimonoxyde sind weich und milde und leicht an ih-
rem Verhalten vor dem Löthrohre zu erkennen, indem sie leicht
schmelzbar und flüchtig sind und die Kohle mit weissem Anti-
monrauch beschlagen.
/. Antimonblüthe .
(Syn. Antimonoxyd, Weiss-Spiesglanzerz , prismatischer Antimonbaryt.)
Kryststm. ein- und einaxig. Iirystf. rhombische Säule mit
stark abgestumpften scharfen Seitenkanten wodurch längliche
Tafeln mit scharfem Rande entstehen. Kryst. häufig haar- und
nadelförmig , oder dünn und lang-tafelartig , glatt und eben,
oder gekrümmt und gestreift , büschelig , sternförmig , oder zu
Kugeln verbunden; derb, eingesprengt, angeflogen. — Br. klein-
muschelig in’s Unebene. H. = 2,5 — 3 ; milde ; sp. G. = 5,5 —
5,6. Durchsichtig bis durchscheinend. Diamant- , auch Perlmutter-
glanz. Weiss ins Gelbe und Graue. Strich: weiss.
V. d. L. sich verflüchtigend und die Kohle weiss beschla-
gend. Schon in der Lichtflamme schmelzbar (1) ; in der Glasröhre
krystalliniscli sublimirend ; in Salzsäure ohne Gasentwickelung
lösbar. Bestdth. nach Vauq.: Sb.,03 86, Fea03 mit Sb~03 3,
Si03 8. — Formel : Sb203.
Findet sich im altern Gebirge auf Gängen mit den übrigen Antimon-
erzen und begleitet von Blei-, Silber-, Zink- und Eisenerzen: Freiberg.,
Böhmen , Ungarn > Horhausen in Rlieinpreussen .
2. Antimonocker.
(Syn. Antimonige Säure, Spiesglanzocker.)
Derbe erdige M, , als Uebcrzug , eingesprengt , angeflogen.
Tungstein.
189
— Br. uneben , erdig. Sehr weich , zerreiblich ; sp. G. — 3,6 —
3,8. Undurchsichtig. Matt. Gelb in’s Grüne und Braune. Strich:
gelblich-weiss bis gelblich-grau.
V. d. L. flüchtig; die Kohle weiss beschlagend. In der
Glasröhre Wasser gebend. Bestdth. nach Berz.: Sb 80,3, 0
19,87. — Formel: Sb204?
Findet sich auf Gängen im Uebergangs-Gebirge mit Antimonglanz,
denselben überkleidend: Horhausen und Brück in Rheinpreussen , Sach-
sen, Harz 3 Ungarn.
GRUPPE IX. WOLFRAMSÄURE UND WOLFRAMSAURE
SALZE.
Die Mineralien dieser Gruppe krystaliisiren im zwei- und
eingliedrigen und zwei- und einaxigen Systeme; die Krystalle
sind häufig rauh , drüsig oder gestreift. — Der Bruch ist mei-
stens muschelig bis uneben. Sie ritzen den Gyps und werden
vom Felds path geritzt, sind, ausgenommen den Wolframocker,
sämmtlich spröde und ändern im spec. Gew. zwischen 6,0 und
8,1. Sie sind undurchsichtig bis an den Kanten durchscheinend,
haben Wachs- bis Glasglanz, der sich beim Wolfram bis zum
diamantähnlichen Metallglanze steigert. Die Farbe geht aus dem
Weissen in’s Gelbe, Braune und Schwarze über; selten aber
zeigen sich grüne Nüanzen. Das Strichpulver ist weiss, grau-
lich-weiss oder röthlich-braun. V. d. L. sind sie unschmelzbar
oder schwer schmelzbar ; in Salzsäure lösen sie sich , bis aul
den Wolframocker , theilweise mit Hinterlassung eines gelblich-
grünen Pulvers (Wolframsäure) auf, welches in Ammoniac-
flüssigkeit löslich ist.
1. Wolframocker.
(Syn. Wolframsäure , Scheelsäure.)
Derb und als Ueberzug. — . Br. erdig. Undurchsichtig. Weich. Matt.
Gelb.
V. d. L. unschmelzbar; in der innern Flamme schwarz werdend.
In der äussern Flamme mit Phosphorsalz ein farbloses oder gelbes, in
der innern bei Zusatz von Zinn ein blaues oder grünes Glas gebend. In
Aetzkalilauge löslich; die Lösung wird durch Salpetersäure weiss gefällt,
der Niederschlag beim Kochen gelb. Bestdth. nach Berz. : W 79,7 , O
20,3. — Formel: W03.
Auf einem Quarzgange in N.- America.
2. Tungstein.
(Syn. Wolframsaurer Kalk, Scheelit, Scheelkalk, Scheelspath, Schwer-
stein, Scheelerz, prismatischer Scheelbaryt.)
Kryststm . zwei- und einaxig. Krystf. quadratisches Oetaeder, häufig
190
Wolframsaures Bleioxyd.
zugespitzt mit (len Flachen eines oder mehrerer stumpfem Quadratoctae-
der; zu diesen tritt noch zuweilen die gerade augesetzte Endfläche, die
beim Herrschendwerden qunclrat - octaüdrische Tafeln bildet Kryst.
meist pyramidal, selten tafeiartig, auf der Oberfläche glatt, auch drüsig,
rauh oder gestreift, einzeln aufgewachsen, auch mannigfach gruppirt;
kryst. körnige M. , nieren förmig und eingesprengt. — Spaltbar parallel
den Flächen des Octaeders. Br. muschelig bis uneben. H. = 4,5;
spröde; sp. G. = 6 — 6,1- A. d. K. durchscheinend. Zwischen Wachs-
und Glasglanz. Weiss in’s Gelbe, Graue und Braune. Strich: weiss.
Erwärmte Bruchstücke phosphoresciren einer Kohle gleich.
V. d. L. schwer schmelzbar (5) zu einem halbklaren Glase; in Borax
leicht zu einem klaren, schnell unklar werdenden Glase, und in Salz-
säure leicht mit Hinterlassung eines grünlich-gelben Pulvers lösbar
(Wolfrarasäure) , welches von Ammoniac aufgelöst wird. Bestdth. nach
Herz.: W03 80,4 1 , CaO 19,40. — Formel: CaO.W03.
Findet sich auf Zinnerzlagerstätten im ältern Gebirge : Böhmen ,
Erzgebirge; auf Magneteisenlagern im Gneise: Schweden .
3 . Wolfram .
(Syn. Wolframsaures Eisenoxydul-Manganoxyclul, prismatisches Scheelerz,
Eisenscheel.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig, lirystf. schiefe rhombi-
sche Säule mit gerader Abstumpfung der stumpfen, seltener der
scharfen Seitenkanten; häutig Zwillinge. Kryst. kurz Säulen-,
auch tafelartig, oft gross und aus schaligen Hüllen zusammen-
gesetzt , auf den^ Seitenflächen vertical gestreift , ein- und auf-
gewachsen; After-Krystalle nach Tungsteinformen ; kryst. derbe
M. mit blätteriger, schaüger und faseriger Textur. — Spaltbar
parallel den Abstumpfungsflächen der scharfen Seitenkanten.
Br. uneben. H. = 5 — 5,3; spröde; sp. G. = 7,0 — 7,2. Un-
durchsichtig. Metallähnlicher Diamantglanz. Graulich und bräun-
lich-schwarz. Strich : röthlich- bis schwärzlich-braun.
V. d. L. schwer schmelzbar (2,5) zur eisengrauen, magne-
tischen , aussen mit Krystallen bedeckten Kugel ; in Borax leicht
zu grünlichem Glase , in Salzsäure z. Th. lösbar. Bestdth.
nach Berz.: W03 78,77, FeO 18,32, MnO 6,22, Si03 6,22. —
Formel : MnO. W03 + 3(FeO. W03).
Findet sich auf Zinnerzlagerstätten im Gneise: Erzgebirge , Cor/z-
■wall , ,J)ep. der hohen Vienne; in Grauwacke: am Harz -
Man hat versucht dieses Mineral zur Bereitung von blauen und gel-
ben Farben anzuwenden. (Vergl. J. f. pr. Chemie 1836. 17. p. 8.)
4. Wolframsaures Bleioxyd.
(Syn. Scheelsaures Bleioxyd, Bleischeelat , Scheelbleispath.)
Kryststm . zwei- lind einaxig. Krystf. quadratisches Octaeder, com-
Molybdänsaures Bleioxyd.
191
binirt mit den Flächen einer quadratischen Säule. Kryst. klein , glatt
oder mit drüsiger Oberfläche, spiessig , auf- und durcheinander gewach-
sen, reihenweise verbunden und staudenförmig zusammengehäuft, als
kryst. Ueberzug. — Spaltbar parallel den Flächen des Octaeders. — - Br.
muschelig. H. =3 — 3,5; spröde; sp. G. =8,0 — 8,1. Bis a. d. K. durch-
scheinend. Fettglanz. Gelblichbraun, wachsgelb, weisslich ins Graue,
Braune oder Grüne. Strich: graulich- weiss.
Y. d. L. zur dunklen , metallisch-glänzenden Kugel schmelzend und
die Kohle gelb beschlagend ; in der äussern Flamme mit Borax zu einem
klaren Glase schmelzend; in hinreichender Menge Salzsäure bis auf einen
gelblich-grünen Rückstand lösbar. Bestdth. nach Lampadiua : W03 51,72,
PbO 48,28- — Formel : PbO.W03.
Findet sich auf Zinnerzlagerstätten mit Quarz, silberweissem Glim-
mer und Wolfram : Zinnwald in Böhmen .
GRUPPE X. MOLYBDÄNSÄURE UND MOLYBDÄNSAURE
SALZE.
Das einzige krystallisirt vorkommende Mineral dieser
Gruppe gehört zum zwei- und einaxigen Systeme, das andere
kommt als erdartige Theile vor. Sie sind undurchsichtig bis
an den Kanten durchscheinend , Schwefel- , pomeranzen- oder
wachsgelb , auf dem Striche weiss oder gelb. V. d. L. sind sie
schmelzbar, rauchen oder ziehen sich in die Kohle. In Salz-
säure sind sie leicht lösbar ; die Lösung wird beim Umrühren
mit dem eisernen Spatel schnell blau.
i. Molybdänocker .
(Syn. Molybdänsäure, Wasserbleiocker.)
Zerreibliche, erdartige Theilchen, als Ueberzug, eingesprengt. Un-
durchsichtig. Matt, schwefelgelb. Strich: gelb, etwas glänzend.
Y. d. L. auf Kohle schmelzbar, rauchend ; in Borax zum klaren
oder vom Eisen gefärbtem Glase lösbar. In Salzsäure leicht lösbar; die
farblose Lösung wird beim Umrühren mit einem eisernen Spatel gleich
blau. Bestdth. nach Berz.: Mo 66,61, O 33,38. — Formel: Mo03.
Findet sich auf Quarz, Feldspath und Molybdänglanz, durch dessen
Zersetzung er wahrscheinlich hervorgegangen ist : Schweden , Norwegen ,
Sibirien.
2. Molybdänsaures Bleioxyd.
(Syn. Gelbbleierz, Bleimolybdat , pyramidaler Bleibaryt.)
Kryststm . zwei- und einaxig. Krystf. quadratisches Oc-
taeder; dieselbe Form combinirt mit den Flächen einer quadra-
192
Chromocker.
tischen Säule und der gerade angesetzten Endfläche ; ferner das
tjuadratoctaeder combinirt mit den Flächen eines oder mehrerer
stumpferer Quadratoctaeder u.s. w. Kryst. klein tafelartig, sel-
tener säulenartig oder pyramidal, glatt oder rauh , einzeln aufge-
wachsen , zellig oder zu Drusen verbunden ; derbe M. von kör-
niger Text.; eingesprengt. — Spaltbar parallel den Octaeder-
flächen. Br. muschelig bis uneben. H. = 3 ; sp. G. ~ 6,6 — 6,8.
Durchscheinend oft nur a. d. K. Fett- , zuweilen Diamantglanz.
Pomeranzen- und wachsgelb, selten in’s Graue und Braune,
seltener in’s Morgenrothe. Strich : weiss.
V. d. L. zerknisternd , schmelzend und in die Kohle zie-
hend, reducirbar. In Salzsäure mit grüner Farbe lösbar ; die
Lösung verhält sich wie die der vorigen Gttg. Bestdth. nach
Berz.: M0O3 39,14, PbO 60,86. — Formel: PbO.Mo03.
Findet sich in Drusenräumen und auf schmalen Gängen im Ueber-
gangskalke : Kärnthen , Ungarn , Oestreich , Tyrol3 Mexico.
Wird auf Blei verschmolzen.
( Boussignault fand in der Nähe von Pampelona in zersetztem Syenit
drittel- molyladänsaures Bleioxyd in kleinen, grünlich-gelben Concretionen
von 6,00 sp. G. Y. d. L. auf Kohle schmilzt es leicht zur dunkel-grünen
Kugel. Mit Soda zur Bleikugel und unschmelzbaren Schlacke reducirbar.
In Salpetersäure unter Brausen lösbar. Bestdth. nach Boussign. : 3PhO.Mo03
56,7, PbO.C02 17,5, PbCl2 6,6, Pb0.P205 5,4, |PbO Cr03 3,6, PbO 0,7,
Gangart 7,6. — Formel : 3PbO.Mo03.)
GEÜPPE XI. CHROMSÄURE UND CHROMSAURE SALZE.
Die Mineralien dieser Gruppe gehören zum zwei- und ein-
gliedrigen und regelmässigen Systeme ; sie brechen uneben oder
muschelig (der Chromocker erdig), sind selten spröde, meist
milde, haben Gyps- bis Kalkspath-Härte ; nur der Chromeisen-
stein ritzt den Apatit. Das spec. Gew. hat seine Grenzen bei
4,3 und 6,1. Sie sind, Chromocker und Chromeisenstein ausge-
nommen, durchscheinend bis halbdurchsichtig, haben Fett-, Dia-
mant- oder Metallglanz , und sind selten matt. Ihre Farben
sind hyacinth- , morgen- , cochenillroth , oder gras- , oliven- ,
zeisig-grün , seltener gelb oder pechschwarz ; eben so verschie-
den ist ihr Strichpulver. V. d. L. sind sie theils unschmelzbar,
theils schwer, theils leicht schmelzbar, kommen aber darin über-
ein , dass sie das Boraxglas schön smaragdgrün färben.
i. Chromocker .
' (Syn. Chromoxydul.)
Erdige , zerreibliche und derbe M. , zuweilen Spuren kri -
stallinischer Textur. Undurchsichtig. Grasgrün und gelb. Strich:
graulich-weiss.
Chromeisenstein.
193
V. d. L. unschmelzbar, die Farbe verlierend ; auf der Ober-
fläche vei schlackend ; in Borax zu smaragdgrünem Glase in
Kalilauge mit grünlicher Farbe lösbar. Bestdth. im reinsten
Zustande: Cr 70, 0 30. - Formel: Cr2Os. In der Regel mit
J>i03 und AI203 innig gemengt. (Der Chromocker von Halle
enth. nach Huflos: Si03 57,00, A1203 22,50 ,Cr203 5,18 Fe,03
3,50, H20 11,00. Berz. betrachtet denselben als chromhaltigen
Thon , oder als ein Gemenge von Bisilicaten der isomorphen
Oxyde.) F
Findet sich im Porphyr : bei Halle , Waldenburg in Schlesien • im
Chromeisen: Shetland- Inseln ; in Albit : Schweden.
Wird auf chromsaure Salze zu Farben benutzt.
(Wol chonskit aus dem Gouvern. Perm; derb, Br. muscheli"
«neben. Weich Matt. Krautgrün. Soll nach Berth. ein Gemenge von
Lhromoxydulhydrat und Silicaten von Eisenoxyd und Talkerde sein
Poggend. Ann. Bd. 29. 460.)
2 . Chromeisenstein .
(Syn. Chromoxydul-Eisenoxydul, Eisenchrom, Chromeisenerz,
octaedrisches Chromerz.)
Kryststm. regelmässig, lirystf. regelmässiges Octaeder.
Kryst. selten und klein ; derbe M. von körniger Text. ; einge-
sprengt ; Körner. — Unvollkommen spaltbar nach den Flächen
des Octaeders. Br. uneben in’s Muschlige. H. = 5,5 ; spröde ;
sp. G. = 4,3 — 4,5. Undurchsichtig. Metall- bis Fettglanz.’
Eisen-pechschwarz. Strich: braun. Manche Var. sind stark
magnetisch.
V. d. L. unveränderlich, magnetisch werdend; in Borax
und Phosphorsalz zu einem , nach dem Erkalten smaragdgrünen ,
Glnse lösbar. Das Pulver wird von Salz- und Salpetersäure
wenig angegriffen. Bestdth. nach Abich a. des kryst. , b. des
derben von Baltimore:
Cr203
FeO
Si03
ai2o3
MgO
a. 60,40
20,13
0,00
11,85
7,45
b. 44,91
18,97
0,83
13,85
9,96.
Formel: [MgO, Fe0].[Al203, Cr2Os].
Findet sich in Serpentin und talkigem Gestein eingesprengt, auch
auf regellosen kleinen Gängen: Grochau in Schlesien , Steyermark ,
t rankrcich y Schottland 9 N.- America ß St . Domingo,
Wird zur Darstellung des gelben und grünen Chromoxyds und des
chromsauren Kali’s benutzt, deren Wichtigkeit für Oel- und Porzellan-
malerei, so wie in der Färberei hinreichend bekannt sind.
Geigers Pharmacie. II 1, (2*e Aufl.)
13
194
Viiugiielinit.
3. Piotlibleierz .
(Syn. Chromsaures Bleioxyd, Chromblei, Bleichromat, Kallochroni ,
hemiprismatischer Bleibaryt.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. schiefe rhombi-
sche Säule mit mannigfaltigen secundären Flächen. Kryst.
spiessig , nadelförmig mit starker Längenstreifung , durcheinan-
der gewachsen, meist in stänglichen Zusammenhäufungen ; derb,
eingesprengt , angeflogen. — Br. muschelig bis uneben. H. =*=
2,5 — 3; milde; sp. G. = 6,0 — 6,1. Durchscheinend bis halb-
durchsichtig. Diamantglanz. Hyacinth-, morgen-, bräunlichrotb.
Strich : pomeranzengelb.
V. d. L. decrepitirend nach der Länge der Krystalle ; leicht
Schmelz- und z. Th. reducirbar; dem Boraxglase , in geringer
Menge zugesetzt , eine grüne Farbe gebend. In Salzsäure mit
Ausscheidung von Chlorblei zur smaragdgrünen Flüssigkeit lös-
lich. Bestdth. nach Berz. : Cr(>3 31,5, PbO 68,5. — Formel:
PbO.CrOs.
Findet sich auf Gängen im Gneis: Sibirien ; in körnigem Quarz:
Brasilien , auch in Ungarn?
Wird in Russland als Malerfarbe benutzt.
4. Melanochroit.
(Syn. Basisch-chromsaures Bleioxyd.)
Kryst. in kleinen rhombischen Säulen; derb; weich, wenig spröde;
sp. G. = 5,7. Fettglänzend. A. d. K. durchscheinend. Zwischen co-
clienill- und hyacinthroth. Strich: ziegelroth.
V. d. L. schwach knisternd, ohne zu zerspringen ; zur schwarzen beim
Erkalten kryst. M. schmelzend. In der innern Flamme reducirbar; gegen
Flüsse und Säuren wie die vorige Gttg. Bestdth. nach Hermann ; Cr03
23,31, PbO 79,69. — Formel: 3Pb0.2CrO3.
Findet sich in einem kalkigen Gestein auf Gängen mit chromsauren
Bleioxyd, Bleiglanz u. a. m.: Sibirien (Beresofsh).
5. Vauquelinit.
(Syn. Drittel-chromsaures Bleioxyd-Kupferoxyd.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. schiefe rhombische Säule.
Kryst. klein, nadelförmig, spiessig, glatt, zuweilen etwas gekrümmt,
aufgewachsen; tropfsteinartige, traubige , nierenförmige M. ; derb. — Br.
muschelig, uneben bis muschelig. H. = 2,5 — 3; sp. G. = 5,9. Etwas
durchscheinend. Diamantglanz, zuweilen fettartig; schwärzlich-, oliven-
zeisiggrün, auch gelb- oder leberbraun. Strich: zeisiggrün.
V. d. L. aufschwellend, unter starkem Schäumen zu einer dunkel-
grauen, metallisch-glänzenden Kugel schmelzend; in Borax zu einem
Borsäure.
195
grünen Glase lösbar. Bestdsh. nach Berz. : Cr03 28,33, PbO 60,87, CuO
10,80. — Formel: 3Cu0.Cr03-f-6Pb0.2Cr03.
Kommt mit phosphorsaurem und chromsaurem Bleioxyd in Sibii'ien ,
Frankreich, Brasilien vor.
GRUPPE XII. BORSÄURE UND BORSÄURE SALZE.
Die Mineralien dieser Gruppe gehören zum zwei- und ein-
gliedrigen und regelmässigen Systeme, oder kommen als schup-
pige Blättchen vor (Borsäure), Ihr Bruch ist muschelig oder
uneben; sie sind meist spröde, ihre Härtegrade aber sehr ver-
schieden, von weich bis zur Quavz\\\ixte (Borazit) ändernd.
Die Grenzen des spec. Gew. liegen hei 1,4 und 3,3. Sie sind
durchscheinend bis durchsichtig , haben Fett- , Glas , Perlmutter-
bis Diamantglanz und sind meist weiss in’s Grüne , Graue ,
Gelbe, Blaue und Fleischrothe spielend. Das Strichpulver ist
weiss. V. d. L. sind sie alle, gewöhnlich unter Schäumen
schmelzbar und färben die Flamme für sich grün oder nach dem
Zusammenschmelzen mit sauren schwefelsauren Kali. In Salz-
säure sind sie vollkommen löslich oder bilden eine Gallerte
(Batholith). Gepulvert mit verdünnter Schwefelsäure erhitzt
und Alkohol darüber abgebrannt, färben sie die Flamme grün.
1. Borsäure .
(Syn. Boraxsäure, prismatische Boraxsäure, Sedativsalz, Sassolin.)
Kryst. Blättchen und schuppige , faserige Theile , die lose
miteinander verbunden erscheinen; tropfsteinartig , als rinden-
artiger Ueberzug. — Br. uneben. Sehr weich, leicht zerreiblich.
Sp. G. r=s 1,48. Durchsichtig. Perlmutterglanz. Weiss in’s
Graue. Geschmack säuerlich, dann bitter und kühlend. Fühlt
sich fett an.
V. d. L. die Flamme grün färbend und leicht unter Auf-
schäumen zur klaren Kugel schmelzbar. In der Glasröhre Was-
ser gebend. Lösbar in Wasser und Weingeist; die weingeistige
Auflösung brennt mit grüner Flamme. Bestdth. nach Berz . :
B03 55,74, H20 44,26. — Formel : B03+3H20.
Findet sich in Felsenhöhlen, aus welchen heisse Quelle entspringen :
Insel Volcano ; am Rande und als Bodensatz heisser Quellen: Sasso bei
Florenz 5 in neuerer Zeit in einer Quelle: Sittakund in Ostindien.
Die Boraxsäure wird gesammelt und zur Bereitung des Borax ver-
braucht.
196
Borazit.
2. Tinkal.
(Syn. Boraxsaures Natron, Borax, prismatisches Boraxsalz.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. schiefe rhombi-
sche Säule mit abgestumpften scharfen , seltener abgestumpften
stumpfen Seitenkanten und augitartigen Endzuschärfungen. Kryst.;
kryst. M. ; Text, körnig , glatt oder gestreift. — Br. muschelig.
H. = 2,0 — 2,5; wenig spröde; sp. G. = 1,5— 1,7. Halb-
durchsichtig. Fettglanz. Weiss in’s Graue, Grüne und Gelbe.
Geschmack süsslich alcalisch.
V. d. L. sich aufblähend und zu farblosem Glase schmel-
zend. In der Glasröhre viel Wasser gebend. Auflöslich in
Wasser ; die Auflösung reagirt alkalisch. Mit Schwefelsäure zur
Trockne verdampft und die Masse mit Weingeist digerirt , er-
theilt diesem die Eigenschaft mit grüner Flamme zu brennen.
Bestdth. nach Klapr.: B03 36,53, NaO 16,37, H20 47,10. —
Formel : Na0.2B03.
Findet sich am Ufer und auf dem Grunde von Seen in Tibet und
Persien ; Südamerica ?
Aus, dem Tinkal wird in Fabriken durch Raffiniren (Auflösen und
Krystallisiren) der Borax des Handels gewonnen, der ausser der Anwen-
dung als Arzneimittel, auch als Flussmittel bei metallurgischen Arbeiten,
zum Löthen , Emailliren, in der Farbekunst und Feuerwerkerei benutzt
wird. In Tibet und Persien dient der Borax allgemein als Surrogat des
Kochsalzes beim Sieden der Seife.
3. Borazit .
(Syn. Basisch-borsaure Talkerde, kubischer Quarz, Würfelstein, Sedativ-
spath, octaedrischer Borazit.)
Kryststm . regelmässig. Krystf. 1) Würfel , 2) Combination desselben
mit den Flächen des Tetraeders, 3) Tetraeder, 4) Combination desselben
mit den Würfelflächen, 5) Combination des Würfels mit dem Dodecae-
der, 6) diese Form mit den Tetraederflächen, 7) Dodecaeder u. s. w.
Kryst. glatt oder rauh, auch porös und mit zerfressener Oberfläche , ein-
gewachsen, meist einzeln oder zu zweien verbunden; kleine plattrunde
Massen aus seideglänzenden Fasern bestehend. — Spaltbar nach den Flä-
chen des Octaeders. Br. muschelig bis uneben. H. — 7; spröde; sp.
G. = 2,9 — 3. Durchsichtig bis durchscheinend. Zwischen Glas- und
Diamantglanz; schnee-. grünlich- und graulich-weiss. Strich: weiss.
Durch Erwärmen polarisch electrisch werdend.
Y. d L. die Flamme grün färbend, aufschäumend, schmelzbar (2 —
2,3) ; die Perle nach dem Abkühlen mit nadelförmigen Krystallen bedeckt.
In der Glasröhre kein Wasser gebend. Gepulvert und mit Schwefelsäure
erhitzt, brennt der Alcohol darüber mit grüner Flamme ab. In Salzsäure
auflöslich. Bestdth. nach SUtom. : B03 67, MgO 33. — Formel:
2Mg0.B03.
Kommt eingewachsen in körnigem Gyps vor: Lüneburg; oft platt
Datholith.
197
gedrückte St eiaäatzkö mch en einschlieesend : Segeierg im Bohuinschenz
der niehtkryst. im Kyps der Keuperformation : RütieviHe.
m (»*r Brfnbwnit Ist weim, strahlig-blätterig , durchscheinend; die
Masse durchlöchert. H. = 2; sp G. =, 1,9. I„ Warner wenig lösbar;
d.e Losung reagirt schwach a kahsch. V. d. L. leicht schmelzend und
die Flamme grünlich färbend. In der Glasröhre viel Wasser gebend.
Es ist borsaure Kalk-Talkerde und besteht nach Hess aus BO, 40 90 r,0
W4, MgO 10 71 HsO 26,33. - Formell [MgO,|GaO] ^:+9«ir Vor-
kommen: am Kaukasus.
Hierhin gehört auch wohl der voe G Rase beschriebene Rhodizit
der dem Borazit sehr ähnlich ist, aber Kalk enthält und die Flamme
zuerst grün, dann rath färbt. Er kommt, als Dodecaeder auf Quarz und
1 urmalin beL Mursinsk vor. Sp. G. = 3,415; H. — 9. Glas- bis Dia-
mantglanz. Graulich- bis gelbllch-weiss. Durchscheinend Durch Tem-
peraturanderung polarisch electrisch werdend, Amalyse fehlt noch. [Po"~
$e.u<L Ann. Bd, 33,. p. 253. Bd. 39. p, 321.) ^ ö
4, Datholith.
(Syn. Esmarkit, prismatischer Dystomspath, Natronchalzjt.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krjrstf. schiefe rhombische Säule:
Kombination derselben mit einer zweiten rhombischen Säule ;*ls Ab-
stumpfungen der scharfen und stumpfen Seitenkanten; die Endzusehär-
j!n£ lst entweder augitartig, oder alle Endkanten sind abgestumpft durch
die Flachen eines zwei und- eingliedrigen Octaeders. — Br. uneben bis
unvollkommen muscheüg. H 5-5,5; spröde ; sp. G. = 3,3. Glas-
bis Fettglanz. Strich n weiss.
V. d. L._ die Flamme grün färbend, anschwellend: und zu einem
klaren ungefärbten Glase schmelzend (1,8-2;. Im Kolben wenig Wasser
gebend.. In Salzsäure zur steifen Gallerte löslich; auf diese gegossener
Weingeist brennt mit grünen Flamme*
Arte
n.
„ n 1). Datholith. (Syn* Doppelt-borsaure und doppelt-kieselsaure
Ikalkerdo, Datholithspath Humbolcltit) Kryst. rauh oder gestreift, auch
glatt, aiifgewachsen oder drüsig verbunden; derb von körniger Textur
-- Meist durchscheinend. Weiss in’s. Blaue , Grüne und Graue; schwarz'
Bestdth. nach Strom. : BG3 21,26. Si03 37,36, CaO 35,67, H,0 5 71 _
Bormel : Ca0*2B03-f-Ca0.2Si03-^H2O. 2
Findet sich auf Magneteisensteinlagern ; Arendal \ n Norwegen- auf
Gangen im Diorit: Harz;. Connecticut in Chalzedon-Kugela? Tyrol
Edenburg, Norheim bei Kreuznaclu *jrot,
j. 2) B otryolith. (Syn. Neutrale-borsaure und doppelt-kieselsaure
Kalkerde, Faser-Datholith.) Traubig, nierenförmig, kugelig Als lieber
?ug auf Kalkspa th. Text. faserig. — Selten durchscheinend Schwach-
en f.?-’ ™tt; wrnss; aschgrau; fleischroth. Bestdth. Inach Klapr. •
Hl° 6,5 ’ Fei0s w - fLc1: 2(Ca°:
» Dlo^f^^“a8neteiSe“SteinlagerB: * JreM «•*"■»■«¥
198
Turmalin.
GRUPPE XIII. SILICATE VON MEHREREN BASEN MIT
EINEM ODER, MEHREREN BORATEN IN GERINGER
MENGE, DEREN WESENTLICHKEIT
UNGEWISS IST.
Die Mineralien dieser Gruppe gehören zum drei- und ein-
axigen und zwei- und eingliedrigen Kristallsysteme. Die Kry-
staile sind auf einzelnen Flächen gestreift. Der Bruch ist mu-
schelig , kleinmuschelig his uneben. Sie sind spröde , ritzen
Fcldspatli und werden von Topas geritzt. Das spec. Gew. ist
gleich 3,2 — 3,3. Sie sind undurchsichtig, häufiger durchschei-
nend bis durchsichtig, haben Glasglanz und zeigen fast alle
Färbenüanzen. Ihr Strichpulver ist weiss. V. d. L. mit einem
Gemenge von Flussspath und schwefelsaurem Kali zusammen
geschmolzen , färben sie die Flamme vorübergehend grün. Von
Salzsäure werden sie für sich nicht angegriffen ; ihre Schmelz-
barkeit ist verschieden, selbst bei den Varietäten einer Gattung,
i . Turmalin .
(Syn. Schörl, rhomboedischer Turmalin, Asche^ieher.)
Krystslm. drei- und einaxig. Krystf. 1) Rhomboeder; 2)
rhomboedrische Säulen mit den Flächen des Rhomboeders zuge-
spitzt ; 3) 9seitige Säulen , entstanden durch Abstumpfung der
drei abwechselnden Seitenkanten der 6seitigen Säule; 4) meh^
rere ungleichschenkliche Hexagondodecaeder und die gerade an^
gesetzte Endfläche. Die Combinations-Gestalten zeigen Ausnah-
men vom Ebenmaas-Gesetze; sie haben an den entgegengesetzten
Enden verschiedenartige Flächen, Erscheinungen, welche mit
der Eigenschaft des Minerals , durch Wärme polarisch electrisch
zu werden, im Zusammenhänge zu stehen scheinen. Kryst. meist
lang gestreckt, säulenartig, nadelförmig, selten dick tafelartig,
auf den Seitenflächen vertical gestreift, auf allen übrigen Flä-
chen glatt ; eingewachsen , zu Drusen verbunden ; derb mit kör-,
niger, stängliger bis faseriger Textur; Geschiebe. — Unvoll-
kommen spaltbar nach den Flächen des Rhomboeders. Br. mu-
schelig bis uneben. H. — 7 — 7,5; spröde; sp. G. =±= 3,0 — 3,3.
Durchsichtig bis undurchsichtig. Glasglanz. Fast von allen
Farben; oft umschliessen sich verschiedene gefärbte Kryst. , oft
hat ein Kryst. mehrere Farben. Strich : weiss. Dichroismus in
der Richtung der Hauptaxe. Durch Reibung electrisch , durch
Temperaturänderung doppelt polarisch electrisch werdend, so,
dass das eine Ende durch Erwärmung + , durch Erkaltung —
electrisch wird , während das andere Ende denselben Gegensatz
darbietet
Axinit.
199
V. d. L. ein verschiedenes Verhalten zeigend ; einige sind
unschmelzbar (Lithionhaltige) , andere schmelzen schwer zur
schlackigen oder blasigen Masse , wieder andere blähen sich auf
und schmelzen zum weissen oder graulich-gelben Glase (schwar-
zer Turmalin z. Th. [2]); in Borax lösen sich alle zu klarem
Glase. Mit einem Gemenge von Flussspath und saureu Schwe-
felsäuren Kali zusammen geschmolzen, färben sie die Flamme
vorübergehend grün.
Arte n.
1) W asser heller Turmalin. Durchsichtig. Wasser-
hell in’s Weisse. — Im Dolomit und Granit: Campo longo ,
Elba. — 2) Roth er T. ( llubellll . Siebent, Apyrit .) Roth
bis violblau. Bestdth. des. aus Mähren nach C. G. Gm.: Si03
42,12 , A1203 36,43, CaO 1,20, B03 5,74, KO 2,45, LiO 2,04,
MnO 6,3, Glühverlust 1,31. — In Quarz: Mähren; in Granit:
Sibirien , Elba , N. -America , Sachsen als Geschiebe : in Peru
und Ceylon. — 3) Blauer T. (Inäicolith). Blau bis schwärz-
lichblau. Bestdth. des von Utön nach Ar fv.: Si03 40,30, Ab03
40,50, B03 1,10, LiO 4,30, FeO 4,85, MnO 1,50, Glühverlust
3,60. — Utön in Schweden , N.- America. — 4) Grüner T.
Grün bis schwärzlich-grün. Bestdth. des Brasilischen nach
Vauq. : Si03 40,00 , A1203 39,00 , CaO 3,84 , FeO 12,50 , MnO
2,00. — In der Schweiz , Piemont , Sibirien , Brasilien (hier
als Geschiebe). — 5) Gelber T. Gelb in’s Grünliche und
Braune. — Mähren , Elba. — 6) Brauner T. (elcctrischer
Schorl). Braun in’s Gelbe , Rothe und Schwarze. — St. Gott-
hard, Elba , Ceylon . — 7) Schw arzer T. (gemeiner
Schörl). Sammet- und pechschwarz. Bestdth. des Schwedi-
schen nach C. G. Gm. : Si03 38,92 , AI203 33,24 , B03 0,60 ,
KO 2,55 , MgO 9,80 , FeO 7,20 , Glühverlust 0,03.
Kommt am häufigsten vor als wesentlicher Gemengtheil des Turma-
Hnschiefers : in Sachsen ; eingewachsen in ältere Gebirgsgesteine : Heidel-
bergj Harz , Sachsen j Baiern 3 Tjrol , Schweden > Norwegen , Elba 3
Madagascar.
Wird zu physicalischen Versuchen benutzt; hierzu eignet sich beson-
ders der gelblichbraune von Ceyl&n. Die Arten mit einerFarbe , nament-
lich die rothen , grünen und blauen, werden zu Schmucksteinen verar-
beitet.
2. Axinit .
(Syn. Thumerstein, prismatischer Axinit.)
Kryststm. ein- und eingliedrig. Krystf schiefe rhomboidische Säule
mit mehr oder weniger Abänderungsflächen an den scharfen Seiten- und
Endkanten und an den scharfen Ecken. Kryst. auf den Seitenflächen
parallel dem Rande gestreift, die anderen glatt, einzeln aufgewachsen
oder drüsig verbunden. — Br. kleinmuschelig. H. = 6,5 — 7; spröde;
200
Soda.
y\,G' r~ 3,2\ ^«^hsichtig bis durchscheinend. Glasglanz. Vioiblau und
.Nelkenbraun ins Braune. Strich: weiss.
aufwallend und zu dunkelgrünem Glase schmelzend ('2');
An/A,brÄ1 * * * V^wie Turmalin* Bestdth. nach Wiedmann: Si03 45,00,
A1203 19,00, CaO 12,50, FeO 12,25, MnO 9,00, MgO 0,25, BOs 2,00.
Kommt auf Gängen und Lagern im altern Gebirge vor, begleitet
von Quarz, Chlorit und Feldspath: Dauphinee , Ihum im Erzgebirge .
Harz^ Pyrenäen, Norwegen, Ungarn. 5
GRUPPE XIV. KOHLENSÄURE SALZE.
Die Mineralien dieser Gruppe krystallisiren grösstentheils
!wpi_ mi/i //•>. ..-l : i i i . . °
im zwei- und eingliedrigen und drei- und
... o n — «uu. emaxigen , weiimi
a"c“.,m ®m- u,ld emaxigen Systeme. Sie sind im Bruche mu-
schel^ bis uneben, bei wenigen (Kupferlasur und kohlens.
Silberoxyd) neigt sich der Bruch in’s Erdige. Die grösste
Härte besitzt der Zinkspath , er wird nur vom Feldspath se
ritzt; zwischen diesem und der Soda, welche Talk härte hat"
finden sich fast alle Stufen ; alle sind spröde , bis sehr spröde ’
nur Soda ist milde. Die Grenzen des spec. Gew. im All^emei*
neu liegen bei 1,4 und 4,4, nur das Weissbleierz ze\*t eine
Ausnahme und hat 6,71 sp. G. — Die krystallisirten Mineralien
sind fast alle durchsichtig bis durchscheinend; nur an den Kan-
ten durchscheinende oder undurchsichtige sind seiten ; doch kom-
men von sehr vielen Gattungen Arten vor, die nicht krystalli-
snt und undurchsichtig sind ; sie haben am häufigsten Glasa-lanz
der zum Fett- und Perlmutterglanze neigt; Seidenglanz und
Diamantglanz sind selten ; erstem besitzt der Faser-Malachit
letztem das Weissbleierz ; unter den nicht kry stallisirten Arten
sind matte selten. Die Farben kommen in allen Arten und
Nuanzen vor, fast ebenso verschieden ist das Strichpulver. Im
\\ asser sind nur die Natroncarbonate löslich ; in Salz- oder
Salpetersäure lösen sich alle unter brausender Entwickelung von
Kohlensäure. V. d. L. sind manche schmelzbar, andere un-
schmelzbar; manche, namentlich die Carbonate der alca^ischen
Erden reagiren nach dem Glühen aicalisch; einige der Metall-
carbonate werden auf der Kohle reducirt oder auch dem Mag-
nete folgsam. **
wenige
1. Soda .
(Syn. Kohlensaures Natron, hemiprismatisehes Natronsalz.)
Kryststm zwei- und eingliedrig. Krystf. schiefe rhombi-
sche Säule. Kryst. selten, meist kryst. Theile als krustenarti-
ger Ueberzug oder mehliger Beschlag. - Unvollkommen spalt-
bar nach den Diagonalen der Endfläche. Br. muscheli«' H -=
Witherit.
201
1 — 1,5; milde; sp. G. = 1,42. Durchsichtig1. Glasglanz. Farb-
los , weiss in’s Gelbe , Braune und Graue. Geschmack : scharf
alkalisch.
V. d. L. in der Glasröhre leicht schmelzend und viel Was-
ser gehend, färbt die Flamme gelb, löst sich leicht in Wasser.
An der Luft schnell verwitternd. Bestdth. : Naö 21,21 , CO>
15,42, ll20 62,77. — Formel: NaO.CO2H-10(H20).
Man findet es efflorescirt aus Glimmerschiefer: Böhmen; aus Laven:
Vesuv, Aetna ; ans der Dammerde: Ungarn, Tartarei > Hindostan , Si-
birien ; ferner in den Natronseen: Aegypten , Mexico, Mongolei, China ,
P^vsien-
Man reinigt es durch Auflösen und Krystallisiren , wo es in hinrei-
chender Menge vorkommt und bringt es in den Handel. Sein Gebrauch
als Heilmittel, zur Seifen- und Glasbereitung, zum Bleichen u. s. w. ist
sehr ausgebreitet. Es ist ein wirksamer Bestdth. vieler Mineralquellen.
2. Trona.
(Syn. Urao , strahliges Natrum , Natronsesquicarbonat.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. schiefe rhombische
Säule ; zuweilen mit Endzuschärfungen der scharfen Seitenkanten.
Nadelförmige Kryst. ; derb mit strahliger Textur, — Vollkommen
spaltbar parallel den Endflächen. Br. uneben. H. = 2,5 ; wenig
spröde; sp. G. = 2,11. Durchsichtig. Glasglanz. Farblos,
weiss in’s Gelbe und Graue. Geschmack : alkalisch.
V. d. L. in der Glasröhre leicht schmelzbar, viel Wasser
gebend. In Wasser leicht lösbar. Die Lösung reagirt alkalisch.
Bestdth. des Aeyyptischen nach Klavr.: C02 38,0, NaO 37,0,
H20 22,5, NaO.SOs 2,5. — Formel: 2Na0.3C02+4H20.
Ueberzieht im Innern der Barbarei häufig als Efflorescenz den Erd-
boden, kommt in den Natronseen von Memphis in Aegypten und in de-
nen von Columbien vor.
Wird benutzt wie Soda.
3. Witherit
(Syn. Kohlensaurer Baryt, diprismatischer Halbbaryt.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. gerade rhombische
Säule mit gerader Abstumpfung der scharfen Seitenkanten und
auf diese Abstumpfungsflächen aufgesetzten dreifachen Endzu-
scliärfung. Combination der Säule mit den Flächen eines rhom-
bischen Octaeders und dieser Form mit der gerade angesetzten
Endfläche. Zwillingsbildungen sind sehr häufig. Kryst. selten
deutlich , einzelne Flächen parallel dem Rande gestreift , zu Bü-
scheln oder drüsig verbünden; kryst. stängelig abgesonderte M.;
202
Strontianit.
nierenförmig , traubig, kugelig , tropfsteinartig, zerfressen,
zellig, als rindenarfciger Ueberzug; derb, eingesprengt , mit
blätteriger bis strahliger Textur und gestreifter drüsiger oder
rauher Oberfläche. — Spaltbar parallel den Seitenflächen. Br.
uneben. H. = 3 — 3,5 ; spröde ; sp. G. — 4,3. Durchsichtig bis
durchscheinend. Glasglanz, auf den Bruchflächen zum Fett-
glanze neigend. Gelblich- und graulich-weiss in’s Weingelbe ,
Graue und Grüne , selten roth. Strich : weiss. Durch Erwär-
mung phosphor escirend.
V. d. L. leicht zu weissem Email, mit Borax unter hefti-
gem Aufbrausen zu einem klaren Glase schmelzend (2) uj!
nach dem Schmelzen in der Pincette alkalisch reagirend. Im
Kolben kein Wasser gebend. In Salzsäure unter Brausen lös-
lich ; die Lösung wird durch Schwefelsäure vollständig gefällt ;
die vom Niederschlage abfiltrirte Flüssigkeit wird von kohlen-
sauren Ammon nicht gefällt. Bestdth. nach Buckolz : C02 20,00 ,
BaO 79,66, H20 0,33. — Formel: Ba0.C02.
Kommt auf Gängen, zumal Bleierze führenden, vor: Curuberland ,
Lancashire , Mariazell in Steyermark , Salzburg } Tarnoxyiz in Schlesien.
Wird zur Vertilgung der Ratten in England benutzt und ist über-
haupt für warmblüthige Thiere ein tödtliclies Gift. Kann auch ?ur Dar-
stellung der phar;naceutisch-wichtigen Ba,rytsalze dienen.
4. Strontianit
(Syn, Kohlensaurer Strontian , peritomer Halbbaryt.)
Kryststm. ein- und einaxig. lirystf. rhombische Säule mit
gerader Abstumpfung der scharfen Seitenkanten und der gerade
angesetzten Endfläche ; diese Form mit den Flächen von spitzen
oder stumpfen rhombischen Octaedern , als Abstumpfungen der
Endkanten oder mit den übereinander liegenden Flächen beider
Octaeder. Zwillinge. Kryst. rauh , auf den Seitenflächen pa-
rallel dem Rande gestreift, oft nadelförmig oder spiessig, zu
Büscheln verbunden. Kryst, M. mit strahliger Textur; derb. —
Ziemlich vollkommen spaltbar parallel den Seitenflächen. Br.
uneben in’s Kleinmuschelige. H. ~ 3,5; spröde: sp. G. 3,65.
Durchsichtig bis durchscheinend. Glasglanz, auf dem Bruche
Fettglanz. Weiss in’s Graue, Gelbe und Grüne; apfel- oder
pistaziengrün. Strich: weiss. Auf glühenden Kohlen phospho-
risch leuchtend,
V. d. L, verknisternd , nur an den Kanten schmelzbar , auf
der Aussenfläche kleine weiss leuchtende Auswüchse treibend;
nach dem Glühen alkalisch reagirend; die Flamme purpurroth
färbend ; in Borax unter starkem Brausen zu klarem Glase lös-
bar. In verdünnter Salzsäure unter Brausen zu einer Flüssig-
keit iöslicii, die von Schwefelsäure gefällt wird. Bestdth. nach
,•* , - 4
Kalkspath. 203
Strom.: SrO 39,51, CaO 6,16, MnO 0,09, H20 0,07. — For-
mel : Sr0.C02.
Findet sich auf Gängen im Gneis, mit Bleiglanz , Kupferkies u, s. w. :
Strontian in Schottland, Bräunsdorf im Erzgebirge, Harz.
Dient zur Darstellung anderer Stronti ansalze, die in der Technik zu
Feuerwerken u. s. w. benutzt werden, um der Flamme eine schöne pur-
purrothe Farbe zu geben.
(Der Stromnit oder Baryt- Stronti anif, derb, stängelig abgesondert,
gelblich- und grauliph-weiss. Perlmutterglanz. Durchscheinend. Man hält
ihn für ein Gemenge von kohlens. Strontian und Schwefels. Baryt. Ghlt.
nach Trail: SrO.C02 68,6, BaO.S03 27,5, CaO.GOj 2,6, Fe203 0,3.
Kommt auf der Insel Stromness vor.)
Baryto-Strontianit, analog dem Baryto-Calcit , findet sich in
bedeutender Menge in Obercannada (Kingston).
5. Kalkspath.
(Syn. Rhomboedrisches Kalkcarbonat, kohlensaurer Kalk.)
Krystsim. drei- und einaxig. Krystf. Rhomboeder ; es
existiren von demselben wenigstens 25, von den schärfsten bis
zu den stumpfsten; regelmässige sechsseitige Säulen mit der
gerade angesetzten Endfläche ; gleichschenkliche Dihexaeder ;
ungleichseitige Dihexaeder. Alle diese Formen treten auf alle
mögliche Weise miteinander in Comhination, so dass die Z ahl
der Modificationen hier am grössten unter allen Mineral-Gattun-
gen bis auf 700 steigt. Auch Zwillinge kommen nicht selten
vor. Kryst. meist säulenförmig, eben oder gekrümmt , oft ein-
zelne Flächen drüsig, rauh oder gestreift; kryst. M. — Voll-
kommen spaltbar parallel den Flächen des primitiven Rhomboe-
ders , unvollkommen nach der gerade angesetzten Endfläche ,
den Flächen des stumpfern Rhomboeders und der sechsseitigen
Säule, H. == 3; spröde; sp. G. = 2,69— 2,71. Strich: weiss.
Durch Reibung positiv electrisch , durch Erwärmen polarisch
electrisch werdend.
V. d. L. unschmelzbar, blendend weiss leuchtend. Nach
dem Glühen alkalisch reagirend. In Salzsäure vollkommen lös-
bar ; die eoncentrirte Auflösung wird von Schwefelsäure ge-
fällt, die verdünnte nicht. In Borax zu klarem Glase lösbar.
Formel : Ca0.C02.
Arten.
i) Kalks]) ath. (Syn. Späthiger Kalkstein, rhomboedrisches
Kalkhaloicl, isländischer oder Doppelspath.) Kryst. zuweilen an den
Ecken und Kanten zugerundet, vollkommen ausgebildet , einzeln
aufgewachsen , häufiger zu mehrern verbunden ; spiessig , nadel-
förmig ; kryst. M. , nicht selten mit ausgezeichnet stänglieher
20 i
Schieferspath.
Absonderung Cf tangelicher Kalkspath) ; tropfsteinartig ( dahin
manche Kalksinter) als Versteinerungsmittel. Textur blätterig
— Br. muschelig. Durchsichtig bis durchscheinend. Ausgezeich-
nete doppelte Strahlenbrechung. Glas- und Perlmutterglanz
undSSRHne’ ^*?s * G,e.lb® ’ G,'a"e’ Grüne, Rothe, Braune
und Blaue. Beim isländischen Kalkspath ist die Electricität
schon durch blosses Pressen mit der Hand erregbar. Bestdth
nach Sfrom.: C02 43,56 , CaO 55,98, Fe,03H-Mn203 0,35, H,0
,10. (Dei von bituminösen Substanzen durchdrungene Kalk-
spath welcher beim Schlagen und Reiben einen heftigen unan-
genehmen Geruch entwickelt, heisst stinkender Kalkspath
blattenger oder späthiger Stinkstein; stänglicher Lukullan
wenn er eine stängliche Absonderung zeigt. ’
Kv°„mmit-i'tera.US h;'rufiS verbreitet in allen0 Formationen und unter
~.en. verschiedensten Verhältnissen vor. In ausgezeichneten Krvsinli
Varietäten .Harz ( Clausthal , Andreasberg , Osterode ) Sachsen fFrei
berg Gersdorf , 7 har and), Böhmen, Baden (JVieslochj , Siegen, Tjrol
Karnthen, Island , Schottland , Cumberland , Frankreich (Paris). *
von (cDe:, krrstal}lsirte Sandstein, von Fontainebleau und aus der Gegend
£ i %art\ lst e,n mit Quarzsand öbermengter Kalkspath welcher
durcfcluhltrat.on von Kalkspath Materie in SanLl^nm^tÄ,
t>i ' • Plurnbo- Calci t ist ein kohlensaurer Kalk, der 7,8 p. C kohlens
Hahlen e? ; n '™w ^spath-Rhomboedern gefunden unter den
Halden eines alten Werkes zu Wanlockhead in Schottland.)
■ ^ Faseri9er Kalk. (Syn. Faserkalk, Eisenblüthe und fa-
seriger Kalksinter z. Th.) Tropfsteinartig , kugelt nieren stau
den- und plattenförmig ; derb; Textur faserig, ’ theils gleich-’
theils ausemanderlaufeiid. A. d. K. durchscheinend. Perlmutter-
§lan^ Schneeweiss, weiss in’s Rothe, Blaue und Grüne. Bestdth.
nach Bucholz : CO, 43,0, CaO 56,0, H>0 1,0.
s.n I FTlet| S1C r m Hö!),en’ alten Gri,hen-Gebäuden , auch auf Ädern
«nd schmalen Gangen: Als ton- Moor in Cumberland, N orthumberland
Schemmtz j Tyrol (Slerzmgj , Schneeberg. *"
Körnißer Kalk. (Syn. Marmor.) Derbe M. ; Textur
blätterig, körnig, bis höchst feinkörnig. Oft nur a. d l
Sfcfrrw- ,°'r W? ^fGmutterglanz. Weiss in’s Graue;
Geruch nach0» U"d Blaue' Beim Reiben zuweilen einen
/^ch ^dr7fGionsA,ire eHtwinkelrid. Bestdth. nach Bu-
cnolz. C02 43,0, CaO 56,5, H20 0,5.
Kommt als lagerähnliche Massen im altern Gebirge vor : Auerbach
• n der Bergstrasse , Fichtelgebirge, Italien, Finnland, Griechenland.
\\tr Msti?sflie^rSpath' (SJ™- Aphrit.) Kryst. M. ; Textur scha-
T W;®?' (•'»gesprengt. A. d. R. durchscheinend. Perlmutter-
n.rh >WhISf 1,1 * Gelbe, Graue, Rothe und Grüne. Bestdth,
nach Buthoh: CO, 44,66, CaO 55,00, Fe203 und Mii203 3,00.
Kalkerde.
205
Kommt auf Lagern und Gängen im ältera Gebirge vor : Erzgebirge,
Norwegen.
5) Kalkstein. (Syn. Dichter Kalkstein.) Derbe M. Abson-
derung dickschieferig (Kalkschiefer), stängelig oder kegelför-
mig-schalig ( Nagelkalk , Tuttenmergel); als Versteinerungs-
mittel. Br. splitterig in s Ebene. A. d. K. durchscheinend. Grau
in’s Gelbe, Braune, Rothe und Schwarze, geadert, geflammt,
gefleckt; bäum- und ruinenförmig gezeichnet (Florentiner-Rui-
nen-Marmor). Bestdth. nach Bucholz: C02 42,50, CaO 53,00,
Fe203.Mn203 0,75, Si03+AI203 2,12, H20 1,63.
Allgemein verbreitet als ein Theil der geschichteten Gebirgsmassen
aller Formationen.
Abänderungen. Opalisirender Muschelmarmor schliesst
Fossile mit bunten Farben spielende Muscheln ein und findet sich in
Kärnthen und Tyrol. — Stinkstein (Stinkkalk , Saustein , Lapis suil-
lusj ist bitumenhaltig, beim Schlagen und Reiben eigentümlich riechend.
Matt, braun oder grau. Fast in allen Kalkformationen als Lagen vor-
kommend. — Anthraconit (Anthracolit , MadreporitJ hat stängelig
abgesondertes oder krummblätteriges Gefüge ; derb. Schwachglänzend.
Graulichschwarz, schwarz; wird durch Glühen weiss und verdankt seine
Farbe einem Kohlengehalte. Er kommt am Harz , in Salzburg , Norwe-
gen, Schonen, vor. — Mergel, theils fest ( verhärteter MergelJ , theils
lose verbunden , zerreiblich (Mergelerde) , theils von schiefrigem Gefüge
(Schiefermergel) . Ist Kalkstein mit mehr oder minder Kieselerde , Sand
oder Thon vermengt. In geschichteten Gebirgsmassen verschiedenen Al-
ters Lagen bildend, und ziemlich allgemein verbreitet. Hierhin gehört
auch der Saugkalk aus dem jüngsten Flötzgebirge bei Aachen und
Maestricht ; er saugt begierig unter Luftentwickelung Wasser ein und ist
locker zusammenhängend , grau oder gelblich-weiss. — Oft enthält der
Mergelschiefer Bitumen : bituminöser Mergelschiefer , oder es tritt noch
ein bedeutender Gehalt an Kupfererzen hinzu : Kupferschiefer. Beide
gehören besonders der Keuper- und Zechsteinformation an. — Roggen-
stein (OolithJ. Ein Gemenge aus kleinkugeligen Kalktheilen und einem
Mergel-Cäment. Braun oder grau. Bildet zum Theil eigene Gebirge in
der Jura-, Zechstein- und bunten Sandsteinformation. — • Kalktuff
( Tuffstein , Duckstein , Beinwell z. Th , Lapis QsteocollaeJ. Derbe M. ,
durchlöchert, stalaktitisch, röhrenförmig, zellig, dicht. Als Versteine-
rungsmittel Kommt häufig vor und ist ein Niederschlag kalkhaltiger
Wasser, dessen Bildung fortwährt: Wurtemberg (Kannstadt) , Baden
(Binau) , Hessen , Böhmen, Ungarn , Tyrol. — Sprudelstein ist der
Absatz der heissen Quellen in Wiesbaden , Carlsbad. — Aehnliche Ent-
stehung hat der Erbsenstein fPisolith), welcher derbe, aus grossem
und kleinern, runden, concentrischschaligen Körnern bestehende Massen von
gelblich-weisser Farbe bildet; die einzelnen Körnchen haben in der Regel
als Mittelpunkt ein Quarzkörnchen : Böhmen ( Carlsbad) Ungarn. —
Der Schaum kalk bei Gera und am Meissner in dessen vorkommend,
ist ein Kalk mit 6 p. C. Si03 von schuppig-blätteriger Textur, zerreib-
lich; etwas abfärbend mit Perlmutterglanz.
6) Kalkerde. a. Kreide (Creta alba). Derbe, zum
Theil lose zusammenhängende Massen; als Ueberzug. — Br.
feinerdig. Matt. Schneeweiss in’s Gelbe und Rothe. Weich und
205
Arragonit.
zerreiblich , färbt ab und schreibt, fühlt -ich rauh an Bestdth
nach Bucholz : C02 43,0, CaO 56,5, H20 0,5.
Ist in einigen Gegenden sehr verbreitet: Pommern , Dänemark
Frankreich, England und macht ein Glied des jungem Flützgebirges aus*
b. B er g milch ( Montmilch , Lac lunae). Derbe M. ,
porös, schwammartig, aus locker-veibundenen staubartigen Theil-
chen bestehend. Als üeberzug oder Anflug. Matt. Weiss in’s
Graue, Rothe und Gelbe.
Findet sich in Höhlen und Klüften von Kalksteinen; Würtemberg
( UracliJ j Baireuth Schweiz , Böhmen , Tyrol , Steiermark, und ist wahr-
schein ich entstanden durch Zersetzung von Kalkspath oder durch Nie-
derschlagen kalkhaltiger Wasser.
Die Anwendung des kohlensauren Kalks ist sehr vielfach. Der Kalk-
spath wird zur Beschickung der Erze, als reiner kohlens. Kalk zu che-
mischen und pharmaceutis^hen Präparaten; gebrannt und gepulvert zum
Reinigen der Edelsteine benutzt. Der eisenhaltige Faserkalk (Eisen-
blüthej war früher officinell so wie der Stinkstein , der Kalktuff (Xapis
Osleocollae , Beinwell ), Montmilch. Manche Faserkalke nehmen eine gute
Politur an und werden dann zu verschiedenen Gegenständen des Luxus ver-
arbeitet. Der körnige Kalk ist entweder weiss (Statuen- Marmor), für Bild-
hauer-Arbeiten wichtig j oder farbig, gefleckt und geadert f. Architektur -
Marmor) und wird in der Baukunst benutzt. Auch verfertigt man aus
ersterem Geräthe für Apotheker, z. B. Mörser, die sehr reinlich, aber
zu manchen Operationen nicht anwendbar sind. Der dichte Kalkstein ist
besonders wichtig als Bau- und Pflasterstein, zur Bereitung des gebrann-
ten Kalks und Mörtels , und namentlich soll derselbe statt Sand zum
gebrannten Kalk gemischt, einen sehr zu empfehlenden, steinhart wer-
denden Mörtel geben. — - Die Kreide dient ebenfalls als Baustein, zum
Schreiben, zu Pastell- und Malerfarben, (JVienerweiss ist fein geschlemmte
Kreide); zum Putzen von Metallwaaren und manchen andern technischen
Zwecken.
6. Arragonit .
(Syn. Prismatisches Kalkhaloid, excentrischer Kalkstein, Iglit,
Arragon )
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. rhombische Säulen mit gerader
Abstumpfung der scharfen, seltener der stumpfen Seitenkanten; in der
Endigung theils mit der gerade angesetzten Endfläche , theils mit auf die
scharfen oder stumpfen Seitenkanten aufgesetzten Zuschärfungsflächen bis
zum Verschwinden der Seitenflächen. Gewöhnlich Zwillings-Krystalle.
Kryst. meist in die Länge gezogen, säulenförmig oder pyramidal; kryst.
M.; Oberfläche glatt, rauh oder gestreift, auch zerfressen. — Br. unvoll-
kommen muschelig. H. = 3,5—4; spröde: sp. G. = 2,90—2,94. Durch-
sichtig bis durchscheinend. Strich : gelblich-weiss. Gepulvert auf er-
hitztem Eisenblech mit. rüthlich-gelbem Schein phosphorescirend.
V. d. L. unschmelzbar, weiss werdend, zu weissem , grobem, alka-
lisch reagirenden Pulver zerfallend. Im Uebrigen wie Kalkspath. — For-
mel: CaO.CO*.
Baryto-Calcit.
207
Arten.
1) Arragonit ( Arragonspath) . Kryst. zuweilen spiessig oder nadel-
förmig, glatt, auch mit einer Thonrinde oder Kupferoxyd-Anflug bekleidet,
einzeln ein-, auf-, oder zu mehrern durcheinander gewachsen, auch
drüsig verbunden; kryst. M. mit stänglicher Zusammensetzung. Blätter-
Gefüge undeutlich. Glasglanz lebhaft. Wasserhell, weiss in’s Graue,
Gelbe, Rothe, Griine, Yiolblaue; zuweilen mehrere Farben an einem
Individuum. Bestdth. nach Strom.: CaO. C02 94,57 , Sr0.C02 3,96, Fe203
0,70 , H,0 0,30.
Findet sich eingewachsen in Thon und Gyps : Arragonien , Frank-
reich; auf Gängen und Lagern im altern Gebirge: Böhmen ( Joachims -
thal ) , Salzburg , Tyrol ; lager- und trümmerweise in Basalten , Doleriten,
u. s. w. : Breisgau ( Kaiser stuhlj , Siebengebirge , Böhmen ; in Laven des
Fesuvs, Aetnas.
2) Strahliger Arragon. Derbe, unförmliche M. von strahligem
bis dünnstänglichem Gefüge. Glas- bis Fettglanz. Weiss in’s Gelbe.
Findet sich unter ähnlichen Verhältnissen wie der vorige: Breisgau,
Siebengebirge , Cu mberland.
3) Faseriger Arragon fEisenblüthe und Faserkalk z. Th.) Ko-
rallen- nnd staudenförmige, zackige, plattenförmige M., oft mit drüsiger
Oberfläche und auseinanclerlaufend faserigem Gefüge. Perlmutterglanz.
Schnee- und röthlich- weiss , grün, blau oder roth. Bestdth. nach Strom.:
Ca0.C02 98,00, SrO 1,05, Fe203 0,14, H20 0,21.
Findet sich in Drusenräuraen und Höhlungen verwitterten Eisen-
spathes : Steiermark , Kärnthen , Schottland.
7 . Gaylmsit .
(Syn. Kohlensaurer Natron-Kalk, Natro-Calcit.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Kryslf. schiefe rhombische Säule
mit abgestumpften scharfen Seitenkanten. Kryst. selten vollständig, ein-
zeln ein- oder durcheinander gewachsen. Oberfläche meist gestreift, auch
rauh und uneben. — Br. muschelig in’s Unebene. H. = 2,5; sehr
spröde; sp. G. =. 1,9. Durchsichtig mit starker doppelter Strahlenbre-
chung bis durchscheinend. Glasglanz. Wasserhell bis unrein weiss. Strich:
graulich-weiss.
V. cl. L. verprasselnd , zu einer trüben Perle schmelzbar, die alka-
lisch reagirt. Im Kolben viel Wasser gebend. In Wasser wenig , in Salz-
säure mit Brausen lösbar. Die verdünnte Lösung wird von Schwefelsäure
nicht gefällt. Bestdth. nach Boussignault: C02 28,66 , NaO 20,44, CaO
17,70, H?0 32,20, A1203 1,00. — Formel: Ca0.C0,-f-Na0.C02+6H20.
Findet sich in einem Thonlager bei der Stadt Alerida in America
und bei Sangershausen ( Sachsen J.
8 . Baryto-Calcit.
(Syn. Kohlensaurer Baryt-Kalk , Baro-Calcit.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf, schiefe rhombische Säule.
208
Magnesit.
(Dieses Mineral ist dimorph und kommt in den Bleigruben von Fallow -
/it ld , auch als gerade rhombische Säulen vor) Kryst. selten deutlich
einzeln ein- oder zu Drusen aufgewachsen, glatt, häufig auf den Seiten-
flächen gestreift, mit einer Ban tspath-Kinde überzogen; kryst. M. ; Ge-
füge blätterig. Br uneben II. 4 ; spröde: sp. G. = 3,66- Durch-
scheinend, seiten durchsichtig. Glasglanz. Weiss ins Graue, Gelbe und
Grüne. Strich : weiss.
Y. (1 L. unvollkommen schmelzbar, weiss und trübe werdend und
sich mit einem grünlichen Glase überziehend; die Flamme gelblich-grün
färbend; nach dem Glühen alkalisch reagirend. In Salzsäure mit Brausen
lösbar; die Lösung wird in verdünntem Zustande durch Schwefelsäure
gefällt ; die vom Niederschlage abfiltrirte Flüssigkeit giebt mit kohlen-
saurem Ammon ein Pracipitat. Bestdth. nach Children BaO CO, 65 9
Ca0.C02 33,6. — Formel : BaO.COj-fCaO.COj.
Kommt mit Barytspath in Cumberland ('Alston-MoorJ vor.
9. Magnesit.
(Syn. Kohlensäure Talkerde.)
Krystsim. drei- und einaxig. Krystf. ein stumpfes Rhom-
boeder. Kryst. ; kryst. M. ; derb. — Undeutlich spaltbar nach
den Flächen des Rhomboeders. Br. flachmuschelig ins Ebene.
H. = 4 4,5 ; spröde ; sp. G. =*= 3. Glasglanz. Strich : weiss,
V. d. L. unschmelzbar; nach dem Glühen alkalisch reagi-
rend; mit Borax zu klarem Glase, in erhitzter Salzsäure unFer
Brausen löslich; mit Salzsäure befeuchtet nicht brausend. Die
salzsaure Lösung wird durch Schwefelsäure nicht ffefällt. —
Formel: Mg0.C02.
Arten.
1) Magnesitspath. (Syn. Brachytypes Kalkhaloid, Breunerit,
Talkspath.) Kryst. glatt oder rauh; kryst. M. ; derb; Textur
blätterig und körnig. Auf den Spaltungsflächen zuweilen Perl-
mutterglanz. Durchsichtig bis durchscheinend. Weiss, grau ,
gelb in’s Bräunliche , schwarz durch beigemengte Kohle (An-
ihrako-Magnesitspath , Kohlentalkspath). Ghlt. einer wein-
gelben Variet. vom Zillerthal nach Strom.: CO, 48 91 M^O
42,06, FeO 8,57, Mn02 0,43. — Formel: [Mg0,Fe0].C02. °
Kommt in Chlorit eingewachsen vor: Salzburg ( Zillerthal ) ; in Talk :
St. Gotthard , Tyrol.
2) Dichter Magnesit. (Syn. Giobertit.) Derbe M. , ku-
gelig, nierenförmig, traubig , knollig, dicht, rauh, innen rissig,
stellenweis zerfressen. A. d. K. durchscheinend. Matt. Weiss
in’s Rothe , Grüne , Graue und Gelbe. Hängt der feuchten Lippe
an. Ghlt. nach Bucholz : C02 51,00, MgO 46,59, Mn02 0,25,
H20 1,09, AJ2(>3 1,00, CaO 0,16.
Dolomit.
209
Kommt in grossen Massen in Serpentin vor: Steiermark fr Mähren ,
Schlesien j Indien .
(Quarziger Magnesit findet sich auf Gängen in talkartigem Gestein
(aufgelöster Serpentin?) in Piemont und enth. nach Guyton: C02 46 0"
MgO 26,3, Si03 14,2, II20 12,0.) — ■ Wo die Magnesitarten in hinrei-
chender Menge Vorkommen , liessen sie sich wohl zur Bittersalz-Gewin-
nung benutzen. (Buc/m. Rep. f. d. Pharm. Bd. LI. p. 116.)
Hydromagnesit nennt v. Kobell ein kreideartiges ,
weisses, weiches Mineral von erdigem Bruch, welches mit dem
Nagel ritzbar ist und sich fettig anfühlt. V. d. L. im Kolben
Wasser gebend , sonst wie die vorige Gttg. Es enth. : C(K
36,00, MgO 43,96, H20 19,68, Si03 0,36, daher die Formel':
MgO. 4H2 0 3(MgO. C 02), welche mit der der gebräuchlichen Mag-
nesia alba, der das Mineral vollkommen ähnlich ist, übereinstimmt.
Es findet sich im Serpentin: N.- America ('HobockenJ, Griechenland
(NegroponteJ.
dO. Dolomit.
(Syn. Makrotypes Kalkhaloid, Bitterkalk.)
Kryststm. drei- und einaxig. lirystf. Rhomboeder, com-
binirt mit den Flächen spitzerer oder stumpferer Rhomboeder
und der gerade angesetzten Endfläche. Kryst. ; kryst. M. —
Spaltbar parallel den Flächen des primitiven Rhomboeders. Br.
muschelig. H. = 3,5—4; spröde; sp. G. = 2,8. Durch Er-
wärmen, Reiben oder Schlagen phosphorescirend.
V. d. L. und gegen Salzsäure wie der Magnesit. Die con-
centrirte salzsaure Lösung wird von Schwefelsäure gefällt.
In Borax zu klarem Glase lösbar. — Formel: CaO.CO,-*-
Mg0.C02.
Arten.
1) Bitter spath. (Syn. Rautenspath, Miemit, Tharundit )
Kryst. eben, glatt, einzelne Flächen oft stark gestreift, auch
rauh, mit zugerundeten Kanten; einzeln eingewachsen oder ku-
gelig zusammengehäuft; kryst. M., körnig oder stänglich abge-
sondert (stänylicher Bitter spath, Miemit ), tropfsteinart?«-
| nierenförmig. Durchsichtig bis durchscheinend. Perlmutter- bis
Glasglanz. Wasserhell, weiss in’s Graue und Gelbe. Bestdth
nach Klapr.: Ca0.C02 52, Mg0.C02 45, FeO+MnO 3.
Kommt eingewachsen vor in Chlorit- , Talkschiefer und Gyps : Tyrol
Salzburg ; auf Kobaltgängen : Gotha , Kurhessen / in doleritischen Man-
delsteinen: Breisgau.
2) Dolomit. Derbe M. Gefüge grob- bis höchst fein-
körnig, zuweilen auch dicht. Perlmutterglänzend bis schimmernd.
Geigers Pharmacie. II. 1. (2/e Aufl.) 14
2 JO
Manganspath.
Weiss ins Gelbe, Graue. Braune und Schwarze. Bestdth. nach
Klapr.: Ca0.C02 52,00, MgO.CO* 46,50, MnO 0,25, FeO 0,50.
Findet sich in allen Kalkformationen , auch im Glimmerschiefer : St.
GoLlharil , Kärnihen , Ungarn; als Auswürfling des Fesuvs.
3) Braunkalk. (Syn. Braunspath.) Kryst. glatt oder rauh,
häufig mit concav-convexen Flächen ; Afterkrystalle nach Kalk-
spat!) formen; kryst HI., theils stängelig abgesondert; kugelig ,
Stauden- und nierenförmig, zellig; derb. Gefiige blätterig ins
Faserige. A. d. K. durchscheinend. Perlmulterglanz. Weiss ins
Gelbe, Rothe und Braune. Bestdth. nach Hisinger : CO, 4i,60,
CaO 27,97, MgO 21,14, MnO 1,50, FeO 3,40.
Findet sich sehr allgemein verbreitet in Gebirgs-Gesteinen des ver-
schiedensten Alters: Ungarn , Baden , Sachsen t und führt in der Hegel
Erze.
Der weissc und feste Dolomit wird zu Bildhauer-Arbeiten benutzt;
die anderen Arten als Bau- und Chausseesteine , zur Bereitung hydrau-
lischen Mörtels. (S. Ann. d. Pharm. Bd. V. p. 241.)
Anhang.
a) Ankerit. ( Paralomes Kalkhaloid J Kryst.; kryst. M. — Br.
uneben. Sp. G. =, 3,04. Durchscheinend. Glas- bis Perlmutterglanz.
Weiss in’s Graue und Rothe. Ghlt. : Ca0.C02 50,11, MgO.COj 1184 ,
FeO.CO, 35,30, Mn0.C02 3,08-
Findet sich auf Lagern im Thonschiefer: Steyermark , Kärnthen ,
Dauphinee .
b) Gurhofian. Derb, dicht, selten zellig. — Br. flachmuschelig.
A. d. K. durchscheinend. Matt. Weiss in’s Gelbliche und Grünliche.
Bestdth. nach v. Holger : Mg0.C02 4t, 5 , Ca0.C02 53,9. Nach v. U. ist
der Gurhofian ein Zerstörungsprodukt des Serpentins durch lokale äussere
Einflüsse, daher er ihn Serpentin-Dolomit nennt.
Findet sich auf Gängen im Serpentin, stellenweise mit Talkblättchen
verwachsen : Gurhof und Aggsbach in Oestreich.
c) Konit Tropfsteinartig, als Ueberxug, derb, theils mit Ein-
drücken von Ouarz-Krystallen. — Br. uneben in’s Splittrige. Matt. Grau
in’s Gelbe, Grüne und Weisse. Ghlt. nach John: Ca0.C02 28,00, MgO.
C02 G7,5, Fe0.C02 3,5.
Findet sich auf Gängen in Freiberg ; als Geschiebe am Meissner,
Island.
11. Manganspath.
(Syn. Kohlensaures Mangan , rother Braunstein , rhomboedrisches
Manganerz , Macrotyper Parachros-Baryt.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. Rhomboeder, combinirt mit
den Flächen eines stumpfem Rhomboeders und einer rhomboedrischen
Säule. Kryst.; kryst. M. — Spaltbar parallel den Flächen des primitiven
Eisenspath.
211
Rhomboeders. Br. uneben. II. = 4; spröde; sp. G. c = 3,4 — 3,6. A. d.
Iv durchscheinend. Strich: lichte röthlich-weiss,
Y. d. L. decrepitirend, grünlich-grau oder schwarz werdend; in Bo-
rax leicht unter einigem Aufwallen zu violblauem Glase, in Salzsäure bei
Einwirkung von Wärme unter Brausen lösbar. — -Formel: [MnO, Ca0].C02.
Arten.
1) Späthiges kohlensaures Mangan (Syn. Dialogit.) Kryst.
häufig sattel- oder linsenartig gekrümmt, kugelig oder traubig zusammen-
gehäuft; kryst. M., zuweilen körnig abgesondert. Perlmutter- bis Glas-
glanz, Rosenroth in’s Fleischrothe , Röthlichweisse und Braune. Ghlt.
nach Strom.: a. des Freiberger , b. des von Kapnik in Ungarn:
MnO. CO, FeO.C02 CaO.C02 MgO.CO* H,0
a. 73,70 5,75 13,08 7,25 0,04
b. 89,91 0 6,05 3,30 0,43.
Findet sich auf Erzgängen in Gneis: Freiberg * Ungarn ; im Grau-
wacke-Gebirge : am Harz.
2) Dichtes kohlensaures Mangan. (Syn. Rhodochrosit.)
Nierenförmig, kugelig, theils glatt oder rauh, derb. Matt bis schimmernd.
Rosenroth in’s Röthlichweisse. Ghlt. nach Lamp.: C02 49,2, MnO 48,0,
FeO 2,1, Si03 0,9
Findet sich mit der vorhergehenden Art in Ungarn; als Geschiebe
in Sardinien ( Lanzo-Jhal) .
12. Eisenspath.
(Syn. Kohlensaures Eisetjoxydul , kohlensaures Eisen.)
Knjststm. drei- und einaxig. Krystf. stumpfe Rhomboeder,
combinirt mit der gerade angesetzten Endfläche, den Flächen
eines noch stumpfern Rhomboeders und der rhomboedrischen
Säule. Kryst.; kryst., strahlige, derbe M. ; dicht. — Vollkom-
men spaltbar in der Richtung der Flächen des primitiven Rhom-
boeders. Br. muschelig bis uneben. H. = 3,5— 4,5; spröde;
sp. G. = 3,6 — 3,9. Durchscheinend bis undurchsichtig. Glas-
bis Perlmutterglanz. Matt. Strich : weiss , gelblichbraun.
V. d. L. decrepitirend, schwarz und dem Magnete folgsam
werdend, ln Borax zu bouteillen-grünem Glase lösbar ; gegen
Salzsäure wie Manganspath. — Formel: [FeO, MnOJ.C02.
Arten.
1) Eis e ns path. (Syn. Spathelsenstein , schuppiger und dichter
Eisenkalk, Pflinz , Flinz, brachytiper Parachros-Baryt , Knopprüssel )
Kryst. meist rauh mit sattelartig gebogenen und gekrümmten
Flächen, selten einzeln ein- oder aufgewachsen, meist drüsig
verbunden; derbe M. ; zerfressen; eingesprengt. Weiss, grau
und gelb , durch Lufteinwirkung braun und schwarz werdend ,
212
Ziiikspath.
zuweilen bunt angelaufen. Bestdth. nach Magnvs: FeO. CO.,
59,99 , Mü0.C02 40,66, nach Strom.: Fe0.C02 78,40, MnO.COÖ
16,25, CaO.CO: 1,19, MgO.CO, 3,77.
Kommt auf Gängen und Lagern im Gneis, Gliunuer-, Thon- und
Grauwackeschiefer; auf liegenden Stöcken im Flötzkalke, sehr allgemein
verbreitet vor: im Siegen sehen ( Stabil er zj , Hessen , Sterermark , Sach-
sen u. s. w. Durch Einwirkung der Luft wandelt es sich nach und nach
in Eisenoxyd-Hydrat um , wobei die regelrechten Gestalten gewöhnlich
wohi erhalten bleiben.
Der Spatheisenstein, namentlich der verwitterte, wird verschmolzen
und giebt ein besonders zur Bereitung des Frischstahls dienliches Eisen.
Büchner schlug denselben als Arzneimittel vor. (Repert. f. d. Pinn. Pd.
16. j>. 237.)
2) Sphär osider it.
a. Strahliger Sph. (Syn. Strahliger Braunkalk, strahliger Spath-
eisenstein'.) Eryst. selten. Meist kugelig, nierenförmig, klein-
traubig mit auseiuanderlaufend faseriger Textur und drüsiger
Oberfläche, eingesprengt. Wein- und wachsgelb ins Braune und
Graue. Nach v. hobelt kann mancher strahlige Eisenspath ge-
schmolzen werden ; seine Schmelzbarkeit bestimmt derselbe —
4,5. Bestdth. nach Strom.: FeO 59,62, C02 38,03, MnO.CO,
1,89, Caö.C02 0,20, Mg0.C02 0,14.
Findet sich auf Ablösungen und in drusenartigen Räumen vieler Ba-
salte und Dolerite : Hessen (Hanau), Obercassel am Rhein , Güttingen.
b. Dichter sph. (Syn. Thoniger Sph. , gemeiner Thoneisenstein
z. Th.) Kugel- und nierenförmige Blassen bis zu mehrern Fuss
im Durchmesser, häufig geborsten, derb. Blatt. Grau und braun
in verschiedenen Nüanzen. Bestdth. nach G. Bischof : FeO
52,12, C02 32,23, Si03 5,67, A1203, BIgO, CaO nebst Pflanzen-
erde 9,96.
Kommt häufig vor in den Thonlagen der Braunkohlenformation am
Nieder- Rhein : Geistinger Wald bei Bonn, Essen a. d. Ruhr, Hunds-
rücken, Frankreich , England.
Wird auf Eisen benutzt. Wenn die kugeligen Massen im Innern in
säulenförmige Stucke gesondert und deren Zwischen räume mit Kalk,
Eisen oder Barytspath erfüllt sind, benutzte man sie vormals im Arznei-
schatz als Ludus Helntontii.
(In der Bretagne ist neuerdings ein eigenthumliches kohlensaures
Eisenoxydul gefunden worden, welches nicht in Rhomboedern, sondern
in quadratischen Octaedern krystallisirt. Dufrenoy nannte es Juukerit.
Es ist gelblichgrau, auf dem Bruche glänzend, von 3,81 sp. G.)
13. Zinkspath.
(Syn. Kohlensaures Zinkoxyd, Galmey z. Th. , rhomboedrischer Zink-
Baryt, Lapis Calaminaris z. Th.)
KrifStstm. drei- und einaxig. Krystf. stumpfes Rhomboe-
Kohlensaures Ceroxydul.
213
der, combinirt mit den Flüchen eines noch stumpfem Rhomboe-
ders oder eines spitzem. Letztere auch vollständig ausgebildet,
combinirt mit den Flächen einer rhomboedrischeu Säule und der
gerade angesetzten Endfläche. After-Kry stalle nach Kalk- und
Flussspathformen. Kryst. klein, mit häufig convexen, oft auch
rauhen Flächen, einzeln aufgewachsen, auch mannigfach grup-
pirt , drüsig verbunden; traubig , nierenförmig, tropfsteinartig
von faseriger , derb von körniger bis dichter Zusammensetzung ;
erdige — Spaltbar nach den Flächen des primitiven Rhomboe-
ders. Br. uneben. H. = 5; spröde; sp. G. = 4,4. Durch-
scheinend bis undurchsichtig. Glas-, auch Perlmutterglanz. Weiss
in’s Graue, Gelbe, Grüne und Blaue. Strich: weiss.
V. d. L. unschmelzbar ; gelblich werdend und die Kohle
ebenso beschlagend; nach dem Glühen wieder bleichend. Mit
Cobaltlösung befeuchtet und geglüht eine grüne Farbe anneh-
mend; in Salzsäure leicht unter Brausen löslich; die Lösung
giebt mit Aetzammon einen Niederschlag , der sich in einem
Uebermaass des Fällungsmittels wieder auflöst. Bestdth. nach
Smithson: C02 34,80, ZnO 65,20. — Formel: ZnO.CfK.
Kommt auf Lagern, Gängen, Nestern, Drusenräumeu im altern und
neuern Gebirge : bei Aachen,, in Baden, JVestphalen (Iserlohn und Brilon),
KärntJien , Schlesien , England , Polen , Sibirien u. s. w. vor.
Wird so wie das kieselsaure Zink als Lapis Calaminaris in den Apo-
theken verbraucht und dient im Grossen sowohl zur Zinkgewinnung aLs.
zur Bereitung von Messing, Bronce u. s. w. Vom ersteren unterscheidet
sich der Zinkspath durch sein Verhalten gegen Salzsäure , in der er unter
Aufbrausen löslich ist.
Anhang.
Zinkhlüthe. (Syn. Halbkoblensaures Zinkoxydhydrat y NicrOIl-
förmige traubige Massen. — Br. erdig. Matt. Weiss.
V. d. L. wie Zinkspath. In der Glasröhre Wasser gehend.
I Bestdth. nach Smithson: C02 13,5, ZnO 71,4,. ILO 15. — For-
mel : 2(Zn0.3H20)+3(2Zn0.C02).
Kommt mit Zinkspath zu Reibel und BLeibevg in Kärntlien vor.
14. Kohlensaures Ceroxydul .
Krystallinische Blättchen; erdige Massen; als Ueb rzug. Undurch-
sichtig. Perlmutterglanz. Weiss in’s Graue- und Gelbe. Strich: weiss.
V. d. L. sieh braun-gelb brennend und in der Glasr’ bre etwas Was-
ser gebend. In der äussern Flamme das Boraxglxts roth oder dunkelgelb
färbend und beim Abkühlen sich bleichend, ln Salzsäure mit Brausen
löslich. Bestdth nach Hisinger : C02 10,8, CeO 75,7, H20 13,5. —
Formel: CeO.C02.
Findet sich auf einem Kupferkieslager in Schweden mit Cerit,
Allanit u. s. w.
2 U
Weissbleierz,
15. Weissbleierz.
(Syu, Kohlensaures Blei, kohlens. Bleioxyd, diprismatischer Blei-Baryt,
Bleispath, Heterochrom, Bleiweiss, Bleiglanz z, Th.)
Kryststm. ein- und einaxig, Krystf. rhombische Säule mit
gerader Abstumpfung der scharfen oder der stumpfen Seiten-
kanten; mit auf die scharfen oder stumpfen Seitenkanten auf-
gesetzten Endzuschärfungen und selten mit der gerade angesetz-
ten Endfläche; Combination der primitiven Säule mit deuiRliom-
benoctaeder; Zwillinge und Drillinge. Kryst. tafel-, Säulen-,
Pyramiden- , haar- und nadelförmig , glatt , mit Längenstreifung
oder rauh , auch bekleidet mit einem dünnen Ueberzuge von
Braun-Eisenocker, Kupferlasur, Kupfergrün u. w. ; einzeln
auf- oder in Büscheln zusammengewachsen , häufig drüsig ver-
bunden , auch netzartig übereinander liegend ; derb , zellig , zer-
fressen , eingesprengt. — Spaltbar parallel den Flächen der
Säule und den auf die scharfen Seitenkanten aufgesetzten End-
zuschärfungsflächen. Br. muschelig. H, = 3,5 ; spröde ; sp. G.
= 6,71. Durchsichtig mit doppelter Strahlenbrechung, bis durch-
scheinend, Diamantglanz , zuweilen fettartig oder metallähnlich,
Weiss in’s Gelbe, Graue und Braune. Strich; weiss. Gepulvert
phosphorescirt es auf glühenden Kohlen,
V. d. L. zerknisternd beim schnellen Erhitzen , dann gelb
und roth werdend, zum Metallkorn fliessend (1) und die Kohle
gelb beschlagend. Mit Soda keine Hepar gebend und in Sal-
petersäure unter Brausen vollkommen lösbar. Bestdth. des von
Cammer n nach Beryemam: PbO.C02 98,07, H20 1,93, — For-
mel; Pb0,C02,
Kommt in Begleitung von andern Blei-, Eisen-, Kupfer- , Zinkerzen
Quarz-, Baryt-, Kalk- und Flussspath, auf Gängen im altern Gebirge
vor: Commern in der Eifel , Baden, Siegen, Harz y Erzgebirge , Sehlq-
sien , Eisass, Ciunberland , Schottland, Sibirien.
Anhang.
1) Schwär zbleierz ( dunkler Bleispath , Bleischwärze).
Kryst. in der Form des Weissbleierzes selten; derbe M,, zellig,
zerfressen , eingesprengt. Sp. G. = 5,7. Durchscheinend bis
undurchsichtig. Diamantglanz. Graulichschwarz in’s Aschgraue.
— V. d. L. wie Weissbleierz. Bestdth. : Pb0.C02 und ein ge-
ringer Kohlengehalt. (Nach Fournet rührt die Farbe von un-
zersetztem Bleiglanz oder Schwefelsilber her. Vergl. Ann. d.
Pharm. Bd. IX. p. 251.)
Findet sich mit andern Bleierzen: Freiberg, Commern in der Eifei,
in Frankreich s Ungarn.
2) Bleierde (erdiyer Pyromorphit). Derbe , erdige ,
oft rundliche M. , auch staubartige Theile , als Ueberzug oder
Kupferlasur.
215
Anflug. Sp. G. = 5,5. Undurchsichtig. Matt. Grau in’s Grüne,
Gelbe , Rothe und Braune ; stets unreines, zersetztes kohlens. Blei,
innig gemengt mit Eisenoxyd, Kiesel- und Thonerde. Bestdth.
der rothen Bleierde von Call nach Bergemann : FbO.CO, 94,23,
H20 2,56, Si03 1,07, Fe203-hAl203 2,20. — (Ein kohlens. Blei
aus Sardinien , stänglich abgesondert oder derb , enth. : C02
11,25, Si03 25,06, PbO 58,92.)
Kommt mit Bleiglanz und kohlens. Blei vor: Call in der Kifel , am
Harz (Zeller fieldj , Freiberg , Polen j Sibirien, Sardinien.
Das kohlensaure Bleioxyd, so wie die Bleierde, werden zur Blei-
Ausbringung benutzt.
16 . Zinkbleispath.
Kryststm. drei- und einaxig? Kryst. klein. Derbe Massen. H. a=*
3.; sp. G. =b 5,9. Glas- bis Diamantglanz. Weis'fc
Bestdth. nach Kersten: PbO.C03 92,10, ZnO.CO* 7,02. — Formel:
Zn0.C02-^6(Pb0.C02)?
Findet sich am Monte Poni bei Iglesias in Sardinien .
17. Kupferlasur. /
(Syn, Neutrales kohlensaures Kupferoxyd mit Kupferoxydhydrat ,
prismatischer Lasur-Malachit.)
Kryststm . zwei- und eingliedrig. Krpstf. schiefe rhombi-
sche Säule mit starker Abstumpfung der scharfen Seitenkanten
und einer auf die stumpfen Seitenkanten aufgesetzten augitarti-
gen Endzuschärfung ; diese Form combinirt mit den Flächen
einer zweiten rhombischen Säule , als Zuschärfung der scharfen
Seitenkanten und mehrere andere verwickelte Formen und Zwil-
linge. Kryst. meist kurz, Säulen- oder dick - tafelartig , selten
kurz haarförmig und dann einen sammetartigen Ueberzug bil-
dend (Kupfers ammeterz) , glatt , einzelne Flächen gestreift ,
andere zuweilen rauh oder uneben, einzeln aufgewachsen oder
drüsig verbunden ; traubige , kugelige , nierenförmige M. , mit
strahlig blätteriger Textur (strahlige Kupferlasur), derb, ein-
gesprengt ; auch staubartige Theile, mehr oder minder fest ver-
bunden, kleintraubig , angeflogen, als Ueberzug, derb, einge-
sprengt (erdige Kupferlasur , Bergblau). — Spaltbar parallel
den Seitenflächen und der schiefen Endfläche. Br. muschelig bis
uneben und erdig. H. = 3,5 — 4 ; spröde ; sp. G. = 3,7. Durch-
scheinend bis undurchsichtig. Zwischen Glas- und Perlmutter-
glanz., Lasur- , berliner- , indigo , schwärzlich- , smalte-blau*
Strich : smalte-blau.
V. d. L. schwarz werdend , schmelzend (2,3) und sich zum
Kupferkorn reducirend; das Boraxglas grün färbend. Mit Salz-
säure befeuchtet die Flamme schön blau färbend. In Salpeter-
216
Malachit.
säure unter Brausen vollkommen löslich. Bestdth. nach Iilavr •
C02 24,0 , CuO 70,0, H,0 6,0. — ~ Formel : Cu0.H20+2(Cu0.C0,j!
rht aue Gf'S?n und Lägern in Gneis, Glimmerschiefer,
Kalkstein, buntem Sandstein mit Eisen- und Bleierzen, Quarz, Baryt-
spath u s. W. sehr allgemein verbreitet: Chessy bei L}on, Baden
tf'urlemberg , Tyrol , Steyermark , Thüringen, Ungarn , Sibirien. '
Die Kupferlasur , Bergblau , wurde ehemals
als
Arzneimittel ge-
benutzt und zum
. . r . *> w ui uc eueiucus aii
braucht, wird jetzt in der Wasser- und Wachsmalerei
Ausbringen des Kupfers verwendet
sinafctıfrjrst bestehen “ Inne™ au3M“ Fasern>
18. Malachit .
(Syn. Ilalb-kohleusaures Kupferoxyd , hemiprismatischer Habronem-
Malachit.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. schiefe rhombi-
sehe Säule mit gerader Abstumpfung der stumpfen Seitenkanten
und einer auf diese Seitenkanten aufgesetzten schiefen oder
einer gerade angesetzten Endfläche; auch mit einer augitartio-en
Endzuschärfung. Kryst,; kryst, M.; dicht und erdig. - Spalt-
bar parallel den Seitenflächen und der schiefen Endfläche. Br
uneben. H.= 3,5—4; spröde; sp. G. = 3-3,5. Durchschei*
nenn bis undurchsichtig. Smaragd-, spangrün. Strich : spangrün.
V. d. L. auf Kohle und im üebrigen wie Kupferlasur
(Schmelzgrad — 2). Bestdth. nach Philipps: CO, 18 5 CuO
72,2, H20 9,3. - Formel: 2Cu0.C02-hH20 ’ ’
Arten.
1) Blättriger Malachit (Malachitspath). Kryst.
selten, zu Gruppen oder drüsig verbunden; kryst. M. mit blät-
trigem Gexüge. Perimutterglanz. Dunkel gras- auch smaragd-
grün. • °
Findet sich auf Quarz zu Rheinbreitbach ; auf Brauneisenstein im
Sayn- Altenkirchen sehen.
2) Faseriger Malachit ( Faser- Malachit ). Kryst.
Badei- und haärförmig zu Büsehein und drüsig verbunden.
After-Krystalie nach Röthkupfererz- und Kalkspathformen derb
von stänfTPhirpr hiicsdipl ~ . - • ,
von stängeliger,
faseriger Textur.
Spangrüne.
büschel- und sternförmig auseinanderlaufend-
Seidenglanz. Smaragdgrün in’s Gras- und
3) Dichter Malachit. After-Krystalie wie bei der
vorhergehenden Art. Traubige, nierenförinige , knollige, derbe
Kohlensaures Silberoxyd.
217
M f mit rauher Cerfläche , eingesprengt. Wachsglanz bis matt.
Zwischen smarai- und spangrün.
4) Erdigr Malachit (Kupfergrün z. Th.). Derb,
als Ueberzug, iub artige Theile von mehr oder weniger festem
Zusammenhang* Spangrün , auch oliven-, pistazien- und
schwärzlich-grü ( eisenschüssiges Kupfergrün , hier mit Eisen-
ocker gemengt)
Die drei letza Arten finden sich unter ähnlichen Verhältnissen wie
Malachitspath aufiüngen und Lagern im altern und neuern Gebirge:
am Harz (Zellerdj , Rheinbreitbach, Baden, Tyroi , Sibirien (hier oft
Massen von 40 Gtner schwer), Mexico.
Wird als Marfarbe und zur Ausbringung des Kupfers benutzt ; aus
dem dichten Malhit verfertigt man verschiedene Bijouterie-Gegenstände.
19. Kohlensaures Silberoxyd.
Derbe M. , egesprengt. — - Br. uneben, kleinkörnig in’s Erdige. H.
*= 1,5 Undurchsatig. Wenig glänzend bis matt. Aschgrau in’s Schwarze.
Strich : metallisc
V. d. L. auiohle zum glänzenden Silberkorne reducirbar. In Sal-
petersäure leichtnd mit Brausen löslich. Ghlt nach 2; Kobell : C02
i.6, AgO 84, befand noch 15,5 Antimonoxyd. — Formel: AgO.C02,
Kommt auf.alkspathgängen zu Wolfach in Baden vor.
GRUPPE X ARSEN1GE SÄURE UND ARSEN1KSAURE
SALZE.
Die mehten Mineralien dieser Gruppe krystallisiren im ein-
und einaxige, einige im regelmässigen und zwei- und einglie-
drigen Systee, nur eins (der Kupferglimmer) im drei- und
einaxigen. ie Krystalle sind fast immer klein, bis sehr klein,
gewöhnlich lar- und nadelförmig, die des Kupferglimmers
dünn tafelaig. — Der Bruch erscheint fast immer muschelig
und geht in Erdige , seltener in’s Unebene über. Die grösste
Härte besitz der Erinit , der nur vom Feldspath geritzt wird
und am weasten ist der Kupferschaum , den der Gyps ritzt.
Sie sind seiner spröde , meist wenig spröde und milde , einige
(Cobaltblü £> Kupfer schäum) in dünnen Blättchen biegsam.
Die Grenzt des sp. G. liegen beim Pharmacolith = 2,64 und
Olivenit =4,6. Die durchsichtigen linden sich auch oft durch-
scheinend l undurchsichtig ; stets undurchsichtige sind selten;
Glasglanz errscht vor ; er geht in Fett- , Seiden- und Perl-
mutterglan und hei der Arsemkhlüthe in Diamantglanz über.
Die häufigen Farben sind die Niianzen des Grün, die in Braun
und selten* in Blau übergehen; das Linsenerz kommt auch
218
Pharmacolith.
himmelblau vor ; einige, Arsenikblilihe und Phanacolith , gehen
aus dem Farblosen in’s Graue und Röthliche ür und Cobalt-
blüthe ist stets Carmoisin- bis Piirsichblüthroth ;las Strichpulver
entspricht in der Farbe dem resp. Minerale V. d. L. sind
sämmtliche Gattungen schmelzbar und entwicke Arsenikgeruch
als knoblauchartig riechende Dämpfe; fast alleind in Säuren
löslich.
1. Arsenikblüthe.
(Syn. Arsenige Säure, weisser Arsenik, ocfcaßdrischArseniksäure.)
Kryststm. regelmässig. Krystf \ regelmätges Octaöder ,
meist nach einer oder der andern Richtung veingert. Kryst.
selten, nadel- und haarförmig, in Sternen undlüscheln grup-
pirt; kugelige, tropfsteinartige, kleintraubige 3; krustenartig,
als erdiger Beschlag von blättrigem Gefüge in Strahlige. —
Br. muschelig. H. =» 2,5—3; spröde; sp, G. s 3,6. Durch-
sichtig bis undurchsichtig. Glasglanz in’s Diamanrtige. Farblos,
schneeweiss in’s Graue und Röthliche. Strich : wes. Geschmack :
zusammenziehend , dann süsslich.
V. d. L. auf Kohle unter Knoblauchgeruch ich verflüchti-
gend. In der Glasröhre als Octaeder sublimirb’. In kochen-
dem Wasser löslich. Bestdth. : As 75,82 , 0 243. — Formel .
A?203.
Findet sich auf Gängen im altern und neuern GeVge als, durch
Zersetzung von Arsenikerzen entstandenes neues, secundes Gebilde : am
Harz ( Andrea sb er,g) , Hessen {Biber) , Ungarn, Eisass.
2. PharmacoliiJt .
(Syn. Arseniksaurer Kalk, hemiprismatisches Gypsiloid.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. schiefe rhcbische Säule.
Kryst. selten deutlich, haar- und nadelförmig, meist ziBüscheln und
Kugeln gruppirt; kryst. M. ; traubig , als rindenartiger Uerzug, mehli-
ger Beschlag, angeflogen; von strahliger Textur. — Brmuschelig bis
erdig. H. = 2 — 2,5; milde; sp. G. =; 2,64. Halbdurch&itig. Seiden-
glänzend bis matt. Wasserhell, in’s Grauliche und Röthlie ; rosenroth
durch arseniksaures Cobalt-, griinlich-weiss durch Nickeloji gefärbt.
Y. d. L. unter Entwickelung von Arsenikgeruch zu Ossein Email
schmelzend. In der Glasröhre viel Wasser gebend In W.'er unlösbar.
Bestdth. nach Klapr ., As205 50,54, CaO 25,00, H20 24,46 — Formel:
CaO. As205 -|“-6H20. — Das hemiprismatische Gypshaloi'd hatach Turner
20 p. C. H20 , das diatome Gypsh. nur 16 p. C. H20, dah dieses die
Formel: 2Ca0.As205-{--ilI20 erhält.
Kommt auf Drusenräumen, in Klüften, Höhlungen um verlassenen
Gruben-Gebäuden als secundäres Erzeugniss vor: Baden, Eiss, Hessen ,
Harz , Böhmen .
Wüffelerz.
219
Der Picropharmacolith von Richelsdorf erscheint trauben- und nie-
reuförmig und enthält meist einen Kern von Barytspath. Es ist ein
arseniksaurer Kalk, in dem ein Theil CaO durch MgO ersetzt ist. Der
Roselit auf Quarz eingewachsen bei Schneeberg in Sachsen enthält ausser-
dem noch arseniksaures Cobaltoxyd, dem er seine hoch-rosenrothe Farbe
verdankt, H. =*= 3. Str. weiss. T. d. L. Wasser gebend und schwarz
werdend.
3. Skorodit.
(Syn. Arseniksaures Eisenpxydul z. Th.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. rhombisches Octaeder, mit die-
sem tritt in Combination: die gerade angesetzte Endfläche, die Flächen
eines stumpfern Octaeclers ; ferner finden sich die Flächen eines rhombi-
schen Prisma als Zuschärfung der scharfen Ecken und gerade abgestumpfte
Ecken der Basis. Kryst. sehr klein, pyramidal, auch säulenartig, theils
mit Längenstreifung, aufgewachsen und drüsig verbunden; kryst. M. ;
traubig, klein-nierenförmig, mit zart-drusiger Aussenfläche ; derb, eingo-
sprengt. — Spaltbarkeit unvollkommen. Br. muschelig bis uneben. II.
= 3,5; wenig spröde; sp. G. 3,1. Durchsichtig bis durchscheinend,
Glas-, im Innern zum Fettglanze neigend. Lauch-, seladon-, öl-,
schwärzlichgrün ; braun. Strich : grünlich- weiss.
Y. d L. auf Kohle leicht, unter Entwickelung von Arsenikdämpfen
zur grauen magnetischen Schlacke schmelzend (1,6—2). In dem Kolben
Wasser, und bei grösserer Hitze arsenige Säure gebend. Das Pulver wird
mit Kalilauge schnell röthlich-brauu. Bestdth. nach Ficinus ; As205 31,4,
FeO 47,5, S03 1,5, H20 18,6.
(Ein neutrales arseniksaures Eisenoxydul mit basisch arseniksaurem
Eisenoxyd findet man bei Villa rica in Brasilien , es kommt in grünen
durchscheinenden Krystallen vor, ist. v. d. L. unschmelzbar und wird
gelb. — Formel: 2:Fe0.As205-f-2(Fe203.Asa0i-{-12H.>0).
4. Würfelerz .
(Syn. Arseniksaures Eisenoxydul z. Th., Pharmacosiderit, hexacdrischer
Lirokon - Malachit.)
Kryststm regelmässig. Krystf. Würfel mit Tetraeder- , Icositetraeder-
und Dodecaederflächen. Kryst. sehr klein, glatt, aufgewachsen und drüsig
zusammengehäuft; selten derb von körniger Textur. — Spaltbar parallel
den Flächen des Würfels. Br. uneben in’s Muschelige. H. — 2,5; wenig
spröde; sp. G. — 3,0. Durchscheinend. Zwischen Perlmutter- und Glas-
glanz. Grün ins Braune. Strich : lichte olivengrün in’s Gelbe.
Y. d. L. schmelzbar, wie der Skorodit, zur schwarzen magnetischen
Kugel. In der Glasröhre roth werdend, im Uebrigen wie Skorodit.
Bestdth. nach v. Kobell: As205 40,76, Fe203 27,67, FeO 12,43, HzO
19,4. — Formel: 3Fe0.As205-|-Fe203.2As205-{-18H20.
Findet sich auf Kupfergängen . Cornwall ; auf Brauneisenstein am
Spessart ,• auf einem Kieslager im Glimmerschiefer: Sachsen.
220
Kickelocker.
5. Cobaltblüthe.
(Syu. Arseniksaures Cobaltoxyd, prismatischer Cobaltglimmer,
Rother Erdcobalt.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. schiefe rectan-
gulare »aule mit abgestumpften Seitenkanten ; auch combinirt mit
den Flächen einer zweiten Säule als Zuschärfungsflächen der
schaneu Seitenkanten ; augitartige Zuschärfungsflächen nicht sei-
len, Kryst. sehr klein, nadei- und haarförinig, auf den Seiten-
flächen vertical gestreift, aufgewachsen, meist zu Sternen und
Büscheln veibmiden; traubig , nierenfönnig , von strahligem in’s
Faserige übergehendem Gefüge ; derb ; traubig, nierenförmig als
beberzug oder Anflug ( Cobaltbeschlag , rother Erdcobalt). —
Bi, feinei dig. H. = 2,5; milde; in dünnen Blättchen biegsam:
sp. G, = 3,0. Durchsichtig bis undurchsichtig. Schwacher Perl-
mutterglanz. Matt. Carmoisin- und piirsichblüthroth in’s Röth-
Hchweisse. Strich: pfirsichblüthroth.
V. d. L. schmelzbar zur schwärzlich-grauen Metallkugel,
Arsenikdämpfe entwickelnd; mit Borax zu saphirblauem Glase
fliessend ; in der Glasröhre dunkler werdend und Wasser gebend.
In Salzsäure mit rosenrother Farbe löslich. Bestdth. nach
Bucholz : AS0O5 37,0, CoO 39,0, H20 22,0. — Formel: SCoO.
As205-h6M20.
Findet sich auf den Lagerstätten der übrigen Cobalterze in altern
und neuern Felsarten, Hessen (Richelsdorf und Bieber), Sachsen, Böh-
men, Thüringen, Dauphinee , Spanien.
(Das Gänseköthigerz von Ungarn ist ein Gemenge von Cobaltbe-,
schlag, gediegen Silber, arseoiksaurem Nickel, Thon u. s. w.)
Die Cobaltblüthe wird zur Smaltehereitung. angewandt, wo sie sich
in hinreichender Menge vorfindet*
6. Nickelocker.
(Syn. Halbarseniksaures Nickeloxyd, Nickelblüthe.)
Kryst. haarförmig; derb, eingesprengt, angeflogen, als Ueberzug. —
Er. erdig. Zerreiblich, Undurchsichtig. Matt. Apfelgrün in’s Weisse. Strich ;
grunlich-weiss.
V. d, L. Arsenikdämpfe entwickelnd , in der innern Flamme zum
Metallkorn fliessend ; in der Glasröhre dunkler werdend und Wasser ge-
bend. In Salzsäure mit grüner Farbe löslich.. Enthält immer etwas CoO
und giebt daher auch mit Borax zusammeugeschmolzen ein saphirblaues
Glas. Bestdth. nach Berthier : As„05 36,80, NiO 86,20, ILO 25,50- —
Formel: 3Ni0.As205-f-91I,0. ' 2
Kommt immer mit Arsenik-Nickel vor, durch dessen Zersetzung er
entstanden ist: Hessen f Richelsdorf und Bieber 1 , Baden, Sachsen,
Dauphinee , SehotUand , Sibirien.
Euchroit.
221
7. Kupferglimmer.
(Sjn. Arseniksaures Kupferoxyd, rhomboedrischer Euchlorglimmer)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. Rhomboeder mit der gerade
airgesetzten Endfläche ; durch das Vorherrschen derselben erscheinen die
Kryst.. dünn tafelartig, einzeln aufgewachsen, büschel- und garbenfönni"
gruppirt, drüsig verbunden; kryst. M. mit blätterig faserigem Gefüge.
Spaltbar parallel der Endfläche. Br. kaum wahrnehmbar muschelig. H
= 2 i milde ; sp. G. = 2,5. Durchscheinend bis durchsichtig. Starker
Perlmutterglanz. Dunkel smaragdgrün.
V. d. L. heftig decrepitirend , zu Pulver zerfallend, Arsenikgeruch
entwickelnd; mit Salzsäure befeuchtet die Flamme blau färbend und zur
grauen, spröden Metallkugel fliessend. Im Kolben viel Wasser gebend
und in Aetzammon vollkommen auflöslich. Bestdth. nach Vauquelin •
As205 43, CuO 39, H20 17. - Formel: 8Cu0.As205-j-12D20.
Findet sich mit andern Kupfererzen, Quarz und Brauneisenstein auf
Gängen: Cornwall , bei Freibevt Saida.
S. Olivenit.
(Syn. Arseniksaures Kupferoxyd, prismatischer Oliven-Malachit.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. gerade rhombische Säule mit
abgestumpften stumpfen Seitenkanten und mit Zuschärfungen des Endes;
die auf die scharfen Seitenkanten gerade aufgesetzt sind. Kryst. klein \
säulenartig , oft nadel- und liaarförmig, die Seitenflächen vertical gestreift,
einzeln aufgewachsen , zu Büscheln und sammetartigen Ueberzug verbun-
den ( VlivenitspathJ ; kugelige und nierenförmige Massen von faseriger
Textur (Faser-Olivenit) ; derb, erdig, angeflogen, eingesprengt, als
Ueberzug ( Olivenit-ErdeJ . — ■ Br. uneben bis muschelig, auch erdig. H.
== 3; spröde; sp. G. ü 4,2 — 4,6. Durchscheinend bis undurchsichtig.
Glasglanz in’s Seiden- und Fettartige. Oliven in’s Zeisig- und Spangrüne,
Braune, Schwärzliche und Indigoblaue. Strich: olivengrün in’s Braune
und Strohgelbe.
V. d. L. leicht schmelzend, beim Abkühlen mit prismatischen Kryst.
bedeckt, unter Aufwallen und heftigem Ausstossen von Arsenikdämpfen
zur bräunlichen Schlacke fliessend. Mit Salzsäure befeuchtet die Flamme
schön bläu färbend. Im Kolben wenig Wasser gebend. Bestdth. nach v.
Kob eil : As205 36,71, P2O3 3,36, CuO 36,43, H2O 3,50. - — Formel:
4Cu0.[As205, P205]4-H20.
Findet sich auf Kupfererz-Gängen in Ur- und Uebergangsgebirgen
mit Quarz, Kupfergrün, Brauneisenstein: Cornwall , Vollberg bei Cöln.
9. Euchroit.
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. rhombische Säule mit der
gerade angesetzten Endfläche und gerader Abstumpfung der scharfen
Seitenkanten; hierzu treten noch oft stumpfere Zuschärfungen der schar-
fen Seitenkanten durch die Flächen einer andern rhombischen Säule.
Kryst. auf den Seitenflächen gestreift mit häufig zugerundeten Endflächen,
aufgewachsen. — Br. uneben bis muschelig. H. = 3,5—4; wenig spröde;
sp. G. =«3,3— 3,4. Durchsichtig mit doppelter Strahlenbrechung bis
222
Linsenerz.
durchscheinend. Glasglanz. Lichte smaragd-, aussen lauchgrün. Strich :
lichte apfelgriin.
V. cl. L. auf Kohle unter Detonation zu weissem Arsenikkupfer re-
ducirbar. Mit Salzsäure befeuchtet, die Flamme schön blau färbend. In
Salpetersäure mit blauer Farbe löslich. Im Kolben 18 ‘/j p C. Wasser ge-
bend. Bestdth. nach v . Kobell : As205 34,2, CuO 47,1, H20 18,7. —
Formel : 4Cu0.Asa05+7H20.
Kommt in quarzigem Glimmerschiefer in Ungarn (LibethenJ vor.
IO. Erinit.
Concentrische Schalen mit rauhen, aus den Enden ungemein kleiner
Kryst. gebildeten Flächen. — Br. unvollkommen muschelig. H. = 4,5 — 5;
spröde; sp. G. = 4,04. A. d. K. schwach durchscheinend Matt. Auf
den Bruchflächen Fettglanz. Smaragd in’s Grasgrüne. Strich: apfelgrün.
V. d. L. wie Euchroit, aber im Kolben nur 5 p. C. Wasser verlie-
rend. Bestdth nach Turner: As209 33,78, CuO 59,44, II20 5,01, Al2Og
1,77. — Formel: 5Cu0.As203-f-2H20.
Aeusserst selten mit Olivenit in der Grafschaft Limerick in Irland.
II, Kupfer schäum.
(Syn. Kupferglimmer z. Th., grüner Zink. z. Th., Malachit z. Th.,
prismatischer Euchlorglimmer.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. gerade rhombische Säule mit
Abstumpfung der scharfen Seitenkanten. Kryst. selten; glatt, auf den
Seitenflächen horizontal gestreift; kryst. M. ; nierenförmig, traubig mit
zartdrusiger Aussenfläche und blätterig schmalstrahligem Gefüge, angeflo-
gen , eingesprengt. — Vollkommen spaltbar parallel den Endflächen. H.
=-1,5; sehr milde; in dünnen Blättchen biegsam; sp. G. =3,09. Durch-
scheinend, oft nur a. d. K. Perlmutterglanz. Span- und apfelgriin, zu-
weilen in’s lichte Himmelblaue. Strich : lichte spangrün.
V. d. L. verknisternd ; auf Kohle heftig aufwallend, unter Arsenik-
geruch zur grauen Schlacke, aus welcher sich regulinische Kupferkörner
ausscheiden. In Aetzammon bis auf einen Rückstand an kohlensauren Kalk
löslich. In der Glasröhre Wasser gebend. Bestdth. nach v. Kobell :
As205 25,01, CuO 43,88, CaO 17,46,^0 13,65. — Formel: 5CuO.As2Os
-f-CaO.C02.
Kommt auf Lagern und Gängen vor: Tyrol , Thüringen , Ungarn ,
Italien.
12. Linsenerz.
(Syn. Arseniksaures Kupferoxyd, prismatischer Lirokon-Malachit ,
Linsenkupfer, Chalkophacit.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. gerade rhombische Säule mit
Endziischärfungen , welche auf die stumpfen Seitenkanten aufgesetzt sind.
Kryst. klein, die Seitenflächen vertical gestreift, auf- und ineinander
gewachsen , drüsig verbunden, eingesprengt. — Br. uneben. II. «= 2,5;
Phosphorsaure Yttererde.
223
wenig spröde; sp.T. =s 2,9. Halb durchsichtig bis durchscheinend. Glas-
glanz. Ilimmelblaan’s Grüne. Strich : lichter.
Y. d. L. nicllverknisternd; bei gelindem Erhitzen smalteblau wer-
dend; auf Kolilemit geringem Aufwallen unter Arsenikgeruch zu einer
bräunlich-schwarzj, zerreiblichen Schlacke fliessend; mit Salzsäure be-
feuchtet und erh{t der Flamme eine schöne blaue Farbe erth eilend,
ln der Glasröhre el Wasser gebend, ln Aetzammon vollkommen löslich.
Ghlt. des von Cowall nach Trolle-lV.: As205 20,79, CuO 35,19, A1203
8,03, H20 22,24 ,re203 3,41 , P205 3,61, Si03 und Silicat 6,99. — For-
mel: 2(A1203Ah24-3(4Cu0.As205-|-8H:>0). Ein Theil CuO ist durch FeO
und ein Theil I05 durch P2Ö5 ersetzt.
Findet sich if Kupfergängen mit Olivenit, Kupferkies , Quarz ,
Brauneisenstein : vrnwa.il , Ungarn.
GRUBE XVI. PHOSPHORSAURE SALZE.
Die Minerien dieser Gruppe gehören grösstentheils zum
zwei- und einadrigen und ein- und einaxigen Systeme , wenige
zum zwei- undinaxigen und eins zum regelmässigen Systeme.
Ihr Bruch ist »schelig oder uneben, zuweilen splittrig und oft
nicht wahrnehnar. Die härtesten werden vom Feldspath ge-
ritzt, ausgenomen der Amblygonit , welcher FeldspalMi&vte
hat; im Allgenmen sinkt die Härte nicht unter GypshUrte und
nur das Eisenbu wird zuweilen von Gyps geritzt; Kakoxen
ist weich; die irigen sind fast sämmtlich spröde; Eisenblau
ist milde und «dünnen Blättchen elastisch biegsam. Das ge-
ringste spec. Ge. — 2,4 besitzt der Wavellit , und das höchste
=s 5,9 hat die Jismuthblende . Nur der Hureaulit ist durch-
sichtig, alle arern sind durchscheinend, bis a. d. K. durch-
scheinend, auch «durchsichtig. Schimmernder Fett- oder Glas-
glanz ist fast aln eigen; bei einigen kommt auch Perlmutter-
oder halb-metallcher Glanz vor. In der Färbung kommen die
verschiedenartigsn Nüanzen aller Hauptfarben vor; rein-weisse
und farblose sindselten ; ähnlich verhält es sich mit dem Strich-
pulver. V. d. L.sind fast alle, auch gewöhnlich leicht schmelz-
bar, ausgenomiM phosphorsaure Yttererde , Wavellit und La-
zulith; mit Schvfelsäure befeuchtet färbt sich die Flamme in
der Regel vomrgehend blass bläulich-grün. Die mehrsten
sind in Salz- und Salpetersäure auflöslich.
Phosphorsaure Yttererde .
(Syi. H alb-phosphorsaure Yttererde, Ytterspath.)
Kryststm . w?i- und einaxig. Krystf. gerade quadratische Säule;
Combinationen dirselben mit dem quadratischen Octaeder. Kryst. ;
kryst. M. ; derL blätterig. — Spaltbar parallel den Seitenflächen.
224
Hureaulit.
Br. splitterig II. = 5; spröde*, sp. G. *= 4,55. Duhscheinend. Fett-
glanz bis matt. Gelblickbraun. Strich : lichtebraun.
V. d. L unschmelzbar; mit Schwefelsäure befehlet die Flamme
blass grünlich färbend; in Borax und Phosphorsalz mgsam zu einem
farblosen Glase lösbar. Bestdth. nach Berz. : YO 62,5J205 33,49, Fe203.
P205 3,93 und Spuren von II2F2. — Formel: 3YO.P2(
Findet sich in Granit: Norwegen fLindesnäss) , hweden (YtterbyJ.
2. Triplit
(Syn. Halb-phosphorsaures Manganoxydul-EisenoxydulPhosphor-Mangan,
Eisenpecherz z. Th.)
Derbe M. — Spaltbar parallel sämmtlichen Fläen Br. flachmu-
schelig. H. .= 5,5; spröde-; sp. G. = 2,99. A. d. Klurchscheinend bis
undurchsichtig. Fettglanz gering. Zwischen pechschwa und nelkenbraun.
Strich : gelblichgrau in’s Braune.
V. d. L. leicht unter Brausen schmelzbar zu eineschwarzeu, metal-
lisch glänzenden, die Magnetnadel irritirenden Kuge Das Boraxglas in
der innern Flamme grünlich , in der äussern amethyarben färbend. Im
Kolben wenig Wasser gebend. Mit Schwefelsäure befchtet die Flamme
schwach blaulichgrün färbend. In Salzsäure ohne rrklichen Rückstand
löslich. Glilt. nach Berz. : P205 32,78, MnO 31, 9C FeO 32,60, CaO.
P205 3,20 — Formel: 4Mn0.P205+4Fe0.P205.
Kommt in einzelnen, zwischen Granit-Lagern :rstreuten M. vor:
Frankreich ( Dep . der hohen VienneJ , Pensylvanien .
3. Hetepozit,
Kryststm zwei- und eingliedrig? Derbe M. ; rxt. blättrig. — Br.
muschelig. H. = 6; spröde; sp. G. — 3,52. Fetlanz. Grünlichgrau
in’s Blaue ; verwittert violett.
Y. d. L. leicht schmelzbar zu dunkelbraunem “imail , welches die
Magnetnadel irritirt. Uebriges Yerh. wie Triplit. (dt. nach v. Kobelli
P205 42,53, FeO 34,88, MnO 18,12, H20 4,47. • Formel: 2(5FeO.
2P20s)-f-5Mn0.2P205-f-5H20.
Kommt bei Limoges vor.
4 . Hureaulit.
Kryststm . zwei- und eingliedrig. Krystf. schiefe hombische Säule.
Kryst. sehr klein , nadelförmig , Seitenflächen vertical jestreift ; aufge-
wachsen. — Br. muschelig. H. ~ 4; sp. G. = 2,5- Durchsichtig.
Glasglanz Röthlichgelb.
V. d. L. wie Triplit. Im Kolben aber viel Wassi gebend. Ghlt.
nach v. Kolell : P205 36,52, FeO 11,24, MnO 34,98 H20 17,26. —
Formel: 3(5MnO.2P2O5)-f-5FeO.2P2O5+30 H20.
Kommt in kleinen Adern in Granit unfern Limoge.(HureauxJ vor.
Eisenhlau.
225
5. Triphylin .
Derbe M. ; Text, blätterig. — H. == 5,5; sp, G. = 3,6. Kur ia
dünnen Splittern durchscheinend. Fettglanz gering bis schimmernd. Grün-
lichgrau, stellenweise bläulich. Strich: graulichweiss.
V. d. L. sehr leicht schmelzbar (1,6—2) zur schwarzen magnetischen
M. Mit Borax schwache Manganreaction in der äussern , starke Eisen-
reaction in der innern Flamme, ln Salzsäure ohne merklichen Rückstand
löslich. Die salzsaure Aufl. zur Trockne verdunstet und über diese ko-
chenden Weingeist angezündet , färbt die Flamme streifenweise purpur-
roth. Ghlt. nach Fuchs: P205 41,47, FeO 48,57, MnO 4,70, LiO 3,40,
Si03 0,53, HoO 0,68. — Formel: 3Li0.P205-f-6[3Fe0, 3MnO].P2Oä.
Kommt wahrscheinlich in Granit mit Quarz, Feldspath und Beryll
vor : Baiern ( Bodenmais ). Der vermeintliche Triplit ebendaher , ist
verwitterter Triphylin.
6. Grüneisenstein .
Kugelig, traubig, nierenförmig, derb, mit grob- und büschelweise
auseinanderlaufend - faseriger Textur (Jaseriger GriineiseniteinJ ; erdige
Theile; derb, eingesprengt, als Ueberzug (Grün-EisenerdeJ. — Br. un-
eben. H. — 3; spröde; sp. G. == 3,5. Selten a. d. K. durchscheinend*
Fettglänzend bis schimmernd. Grün in's Schwarze, zeisiggrün in’s Oüven-
grüne und Schwefelgelbe. Strich: gelblichgrau.
V. d. L. leicht schmelzbar zu einer porösen, schlackigen, schwarzen
Kugel; mit Schwefelsäure wie Triplit; das Boraxglas in der innern Flamme
grün färbend. Im Kolben viel Wasser gebend. Bestdth. nach Karsten:
P205 27,71 , Fe,0? 63,45, H20 8,56- — Formel: 2Fe203.P205-f-2,5H20.
Ghlt. der Grüneisenerde von Sehneeberg ( Hypochlorit^ nach Schüler i
P205 9,62, FeO 10,54, SiO, 50,24, Al203 14,65, BiO 13,03.
Findet sich mit Brauneisenstein, Hollerier Zug im Saynischen , be-*
gleitet von Quarz, Malachit u. s. w. auf Gängen im Thonschiefer; Erz ^
gebirge .
7. Eisenblau.
(Sy n. Halbphospiiorsaures Eisenoxydul, phosphorsaures Eisen, prisma-
tischer Eisenglimmer.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. schiefe recfcan-
guläre Säule; rhombische Säulen combinirt mit den Flächen der
vorigen Form als Abstumpfung der Seitenkanten. Kryst. ; erdige
Massen. — Spaltbar parallel den Seitenflächen. Br. nicht wahr-
nehmbar. EL = 1,5—2; milde; in dünnen Blättchen biegsam;
sp. G. = 2,6. Durchscheinend bis undurchsichtig. Perlmutter-
glänzend bis matt. Wasseriiell, blau. Strich: weiss bis lichte
smalfceblau.
V. d. L. aufschwell end sich roth brennend und leicht zu
einem stahlgrauen, metallisch-glänzendem Korne schmelzend (1,5).
Im Kolben Wasser gebend. Gegen Schwefelsäure wie Grün«
eisenstein. Formel : 3Fe0.P205-4-6fI20.
Geigers Pharmacie. II. 1, (2 te Aufl.) 15
226
Karphosiderit.
Arte n.
i) Sp äthig es Eisen blau. (Blüliriges Eisenblau ,
Vivianit , Eisenblauspath.) Kryst. meist säulenartig , nicht sel-
ten nad eiförmig- mit Längenstreifung , aufge wachsen , selten drü-
sig und zu Gruppen verbunden. Indigoblau in’s Grünliche und
Schwärzliche, die Farben nach bestimmten Richtungen besonders
hervortretend , auch in’s Grauiichweisse und Wasserhelle; smal-
teblau , bläulichgrau. Restdth. nach Vogel : P205 26,4 , FeO
41,0, H20 31,0.
Findet sich auf Kupfer- und Zinnerzgängen mit Quarz, Eisenkies:
Baiern (Bodenmais) , Cornwall , Siebenbürgen .
2) Erdiges Eisenblau. (Blau-Eisenerde , natürliches
Berlinerblau.) Staubartige, locker verbundene Theile ; derb,
eingesprengt , als Ueberzug und Anflug. Indigoblau in’s Smalte-
blaue. Wenig abfärbend. Bestdth. nach Berthier : P2Os 23,1 ,
FeO 43,0 , II20 32,4 , MnO 0,3 , A1203 0,6.
Findet sich in Alluvial- Ablagerungen , in Torf, Thon, Lehm, als
ein sehr jugendliches Erzeugniss : JVürtemberg , Thüringen , Ostfriesland,
Steiermark , Preussen , Schweden , Frankreich.
Das erdige Eisenblau dient in der Wasser- und Oelmalerei, beson-
ders zum Lackiren der Wagen Das Mineral ist in der Regel weiss, wenn
es aus der Erde genommen wird und färbt sich an der Luft schön blau.
8. Karphosiderit.
(Syn. Wasserhaltiges basisch-phosphorsaures Eisenoxyd.)
Nierenförmige und zerborstene, rindenartige Massen; derb. — Br.
uneben. H. — 4,5; sp, G. — 2,5. Wenig fettglänzend bis schimmernd.
Strohgelb. Strich: glänzender.
Y. d. L. roth werdend; zur schwarzen magnetischen Kugel schmelzbar.
Im Kolben wenig Wasser gebend.
Findet sich auf quarzreichem, eisenschüssigem Glimmerschiefer an der
Küste von Labrador.
Anhang zu den phosphorsauren Eisenoxyden.
RaSeneiS ens t ein. (Syn. Limonit, Wiesen-, Sumpf-, Morast-
Erz, Phosphoreisen z. Th.) Bildet derbe , nicht selten durchlöcherte
Massen, auch erdige, mehr und weniger verbundene Theile. —
Br. muschelig in’s Ebene. Wachsglänzend ; bräunlichschwarz in’s
Gelbe. Bestdth. eines Raseneisensteins von Leipzig nach Erd-
mann: Fe203 60,50, P205 9,57, H20 23,95, Si03 5,95, AI203
0,73, Mn203 Spuren. Diese Bestandteile finden sich fast in
allen Raseneisensteinen , aber in sehr veränderlichen Verhält-
nissen.
Prismatisches phosphorsaures Kupfer.
227
Er bildet z, Th. weit ausgedehnte, jedoch unterbrochene Lager im
Alluvium von 2 Zoll bis 3 Fuss Mächtigkeit, deren Bildung noch stets
fortdauert.
Nach den Untersuchungen EhrenbergJs scheint der Raseneisenstein
seine Entstehung und E’ortbildung einem Infusionsthierchen, der Gailonella.
ferruginea zu verdanken , das einen Kieselpanzer hat. Dieses Thier-
chen von */1000 Linie im Durchmesser, lebt unter andern in den Sümpfen
und* Torflachen in der Gegend von Berlin und bildet besonders am Bo-
den der Gräben 1 — 2 Fuss hohe Massen, als ein sehr intensiv ocker-
gelber Schlamm. Dasselbe Thierchen fand Ehrenberg in den Rasen- Eisen-
steinen von Berlin , vom Ural und New - York. (Poggend. Ann. BJ.
XXXVIII St. I.)
Man betreibt auf Rasen-Eisenstein bedeutende Eisenwerke und pro-
ducirt daraus ein leichtflüssiges, ziemlich reines Eisen.
9. Prismatisches phosphorsaures Kupfer .
(Syn. Basisch-phosphorsaures Kupferoxyd z. Th. , klinorhombisches Phos-
phorkupfer, Pseudo-Malachit, prismatischer Habronem-Malachit ,
Phosphorochalcit.)
Kryststm . zwei- und eingliedrig. Krystf. schiefe rhombi-
sche Säule mit einer vorderen augitartigen Endzuschärfung und
abgestumpften scharfen Seitenkanten. Kryst. glatt , auch rauh
und uneben , die Endflächen häufig convex gebogen , meist zu
mehrern drüsig verbunden (blätteriges phosphors . Kupfer);
traubige , nierenförmige und knollige M. , Oberfläche drüsig, Ge-
füge büschelförmig, strahiig bis faserig ( faseriges phosphors.
Kupfer) ; derb , eingesprengt, erdig, angeflogen (erdiges phosph.
Kupfer.) — Br. uneben bis muschelig. H. — 4,5 — 5; spröde;
sp. G. = 4,1— 4,5. Halbdurchsichtig bis undurchsichtig. Glas-
glanz, Seidenglanz, matt. Dunkel span-, smaragd-, berg- und
seladongrün. Strich : spangrün.
V. d. L. lebhaft aufwallend, leicht schmelzend zu einer
stahlgrauen, aussen zackig eingeschnittenen, innen röthlich-
grauen Kugel ; mit Salzsäure befeuchtet die Flamme schön blau
färbend. In Salpetersäure leicht und ruhig auflöslich; die Auf-
lösung wird von essigsaurem Bleioxyd gefällt. Im Kolben 14
p. C. Wasser verlierend. Bestdth. nach v. Kobell : P205 22,69 ,
CuO 63,01 , M,0 14,30. — Formel : 5Cu0.P205+5H20.
Findet sich mit Quarz, Chalzedon , Malachit, im Grauwackengebirge :
Rheinbreitbach bei Linz am Rhein, Peru?
Wird mit andern Kupfererzen auf Kupfer verschmolzen.
228
WaveHit.
10. Libeihenit.
(Syn. Ba.sisch-phosphorsaures Kupferoxyd z. Tli. , octae drisch es phosphor-
saures Kupfer, rhombisches Phosphorkupfer, diprismatischef
Oliven- Malachit.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. schwach geschobene
rhombische Säule mit einer Zuschärfung , welche auf die schar-
fen Seitenkanten aufgesetzt ist; durch das Vorherrschen der
Zuschärfungsflächen in ein oblonges Octaeder übergehend. Kryst.
glatt , einzeln auf- , häufiger zu mehrern zusammengewachsen ;
kugelig , nierenförmig. — Br. muschelig bis uneben. H. = 3,5
— 4; spröde; sp. G. — 3,6. A. d. K. durchscheinend. Fettglanz.
Olivengrün in’s Schwärzliche. Strich : gelblich-grün.
V. d. L. wie die vorhergehende Gattung, aber im Kolben
nur 7 p. C. H20 verlierend. Bestdth. nach Berthier: P205 28,7 ,
CuO 63,9, H20 7,4. — Formel: 4Cuö.P205-h2H20.
Findet sich in Drusenräumen eines Glimmerschiefers auf Quarz:
Ungarn (Libethen) , Cornwallis.
(Hop eit ist entweder ein phosphorsaures oder borsaures Zinkoxyd
mit einer erdigen Basis, Cd und H20. Er kommt bei Aachen (Allenberg)
vor. Kryststm. ein- und einaxig. Kryst. glatt. H — - 3; sp. G. = 2,7-
Durchsichtig. Glasglanz; gfaulichweiss Schmilzt v. d. L. leicht zur wasser-
hellen Kugel und färbt die Flamme grün. Löst sich in Säuren ohne Brausen.)
11. Wcivellit .
(Syn. Basisch-phosphorsaure Thonerde z. Th., Devonit , Lasionit,
Striegisan.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. rhombische Säule mit
der gerade angesetzten Endfläche , einer auf die stumpfen Seiten-
kanten aufgesetzten Endzuschärfung und abgestumpften scharfen
Seitenkanten. Kryst. meist sehr klein, nadei- und haarförmig,
zu Büscheln und Nieren gruppirt; traubig , tropfsteinartig , mit
schmalstrahliger und faseriger Textur. — Spaltbar parallel den
Flächen der Säule und der Endzuschärfung. H. = 3,5 — 4 ;
spröde; sp. G. = 2,4. Durchscheinend. Perlmutter glanz. Was-
serhell; grünlich weiss in’s Graue, Blaue, Braune, Rothe, oft in
Streifen wechselnd. Strich: weiss.
V. d. L. unschmelzbar , aufschwellend und weiss werdend.
Mit Cobaltlösung befeuchtet und geglüht eine schöne blaue Farbe
annehmend. Im Kolben Wasser und Flusssäure gehend. In Salz-
säure löslich. Bestdth. nach Berz. : P.05 33,40, A1203 35,35,
HO 26,80, F2H2 2,06, Fe203 1,25, CaO 0,50. — Formel: 3A1,F,
+ 3(4A1203.3P205 -h 1SH20).
Findet sich auf Adern und Klüften im Thonschiefer: Irland; im
Kieselschiefer : bei Giesen , Sachsen; im Granit: Cornwall ; im Sandstein:
Böhmen; auf Brauneisenstein: Baiern (Amberg).
Lazulith.
229
Anhang.
Ka lait. (Syn. Türkis , Mineral -Türkis, dichter Hydrargilit.)
Nierenförmig , derb , eingesprengt , als Ueberzug , in Geschieben.
— Br. muschelig bis uneben. H. — 6; sp. G. = 2,86. Selten
a. ä. K. durchscheinend. Schwacher Wachsglanz. Matt. Smalte-
und himmelblau in’s Grüne , auch gelblich, Strich : weiss.
V. d. L. wie Waveliit und die Flamme schwach blaulich-
grün färbend. In der Glasröhre heftig decrepitirend und etwas
Wasser gebend. Bestdth. nach Zellner : P205 38,9, AF03 54,5,
CuO 1,5 , Fe203 2,8 , II20 1,0.
Findet sich im Kieselschiefer auf Klüften: Schlesien (Jordansmühle),
im Voigtlande ; als Geschiebe: Persien.
Ehemals brauchte man den Türkis als specifisches Heilmittel in meh-
rern Krankheiten, als Amulett u. s. w. 5 jetzt wird er als Schmuckstein
benutzt, wenn er eine reine, gleichmässige Farbe besitzt. f Al endländi-
scher Türkis muss vom Kalait wohl unterschieden werden ; es sind
Stücke fossiler Thierzähne, durch Kupferoxyd gefärbt.)
(Der phosphorsaure Thon , in vulkanischen Gesteinen der Insel Bour-
bon, ist erdig, zerreiblich, sehr leicht. Weiss ins Gelbliche. Fettig an-
zufühlen. "V. d. L. phosphorescirend und blendend weiss werdend. Er
enthält nach Vaucjuelin : P205 30,5, AL03 46,67, NH3 3,13.)
12. Lazulith.
(Syn. Basisch-phosphorsaure Thonerde z. Th., Blauspath/' ’Klaprothit,
prismatischer und prismatoidischer Lasurspath.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf rhombisches Octaeder mit durch
die Flächen einer rhombischen Säule abgestumpften Grundkanten. Kryst.
selten ; kryst. M. mit unvollkommen blättrigem bis körnigem Gefüge;
derb und eingesprengt. — Unvollkommen spaltbar parallel den Seiten-
flächen der Säule. Br. uneben. H. = 5,5; spröde; sp. G. - 3,0. Un-
durchsichtig, zuweilen durchscheinend. Glasglanz. Indigoblau in’s Hinnnel-
und Smalteblaue , selten grau oder braun. Strich: weiss.
Y. cl. L. unschmelzbar, die Farbe einbüssend ; in Stü.ke zerfallend.
Mit Cobaltsolution befeuchtet schön blau werdend ; mit Schwefelsäure
befeuchtet die Flamme grünlich färbend. In der Glasröhre Wasser ge-
bend. Bestdth. nach Fuchs: P205 41,81, A1203 35,73, MgO 9,34, Si03
2,10, FeO 2,64, IKO 6,06. — Formel: 4[AL03, MgO, Fe0}.3P205. <
Kommt in Klüften von Thonschiefer mit Quarz und Eisenspath vor:
Salzburg (Werfen); mit Glimmer verwachsen: Wienerisch-Neustadt ; in
Granit: Salzburg (Hathh ausberg).
(Der Childrenit von T'avistock in Devonshire , kommt in kryst. Mas-
sen von gelblich weisser in s Gelbe und Braune spielender Farbe vor und
ist durchsichtig. Er enthält nach Wollaston: P205 , AL03 und Fe»Oj
und wird von Einigen zum Lazulith gebracht.)
230
Urangliinmer.
13. Amblygonit.
(Syn. Halb-phosphorsaures Thonerde-Lithium.)
Krysistm. ein- und einaxig. Kryslf. rhombische Säule. Kryst. un-
deutlich,. rauh, eingewachsen; kryst. M. — Br. uneben. H. =6; spröde;
sp. G. = 2,9 — 3,0. Durchscheinend bis Halbdurchsichtig. Glasglanz.
Grünlichweiss in’s Berg- und Seladongrüne.
V. d. L. leicht zu klarem , nach dem Erkalten unklar werdendem
Glase schmelzbar (2). In der Glasröhre wenig Wasser mit Flusssäure
gebend. In Salz- und Schwefelsäure auflöslich. — Formel: 2Li0.P205-f-
4AL03.3P205. P205 wird theilweise durch HF ersetzt.
Findet sich im jungem Granit mit Turmalin, Topas: Sachsen ( Churs-
dorf) j mit Granat und Augit: Norwegen ( ArendalJ ?
14. Wagnerit.
(Syn. Phosphorsaurer Talk.)
Krysistm. zwei- und eingliedrig. Krystf. schiefe rhombische Säule
mit abgestumpften stumpfen Seitenkanten oder zugeschärften stumpfen
und scharfen Seitenkanten und augitartigen Endzuschärfungen. Kryst. glatt,
die Seitenflächen stark vertical gestreift. — Spaltbar parallel den Seiten-
flächen der Säule. Br. muschelig in’s Splittrige. H. =- 5; sp. G. =3,13-
Halbdurchsichtig. Glasglanz. Weingelb. Strich: weiss.
V. d. L. schwierig schmelzend zur dunkel-grünlich-grauen Glaskugel,
und hierbei einige Luftbläschen entwickelnd. In Borax zu durchsichtigem,
wasserklarem Glase löslich. In erwärmter Schwefelsäure langsam auflösbar
und Flusssäure entwickelnd. Ghlt. nach Fuchs: P->05 41,73, MgO 46,66,
H2F2 6,50, Fe203 5,00, MnO, 0,50. — Formel: MgF2-f 3Mg0.P205.
Kommt in den Klüften eines sehr mürben thonschieferartigen Ge-
steines vor: Salzburg (Höllengraben bei WerfenJ.
(Peroushyn ist ein neuerdings von Nordenshiöld bei Keiti in
Finnland aufgefundenes basisches Phosphat von LiO, MgO, FeO und
MnO.)
15. Uranglimmer.
(Syn, Dreiviertel- phosphorsaurer Uranoxyd-Kalk, Uranit, pyramidaler
Euchlorglimmer, dreiviertel phosphorsaures Uranoxyd-Kupferoxyd,
Chalcolith, grüner Glimmer, grünes Uranerz.)
Kryststm. zwei- und einaxig. Krystf. 1) quadratische Säule mit der
gerade ange^etzten Endfläche (tafelartig); 2) die Seitenkanten derselben
abgestumpft durch die Flächen einer zweiten quadratischen Säule ; 3) die
Endkanten der Säule abgestumpft durch die Flächen eines quadr. Octae-
ders ; 4) Quadratoctaüder mit der gerade angesetzten Endfläche; 5) diese
Form mit den Flächen der quadr. Säule durch Abstumpfung der Seiten-
ecken des Octaeders. Kryst. meist tafelartig, selten säulenartig ; einzelne
Flächen glatt, die andern horizontal gestreift, auch rauh, einzeln aufge-
wachsen, seltener drüsig verbunden; in dünnen Blättchen angeflogen. —
Spaltbar parallel der gerade angesetzten Endfläche. Br. nicht wahrnehm-
bar. H. — 2 — 2,5; milde; sp. G. = 3,3. Durchscheinend. Starker
Wismuthblende.
231
Perlmutterglanz. Gras-, smaragd-, zeisig-grün , zitronengelb, Strich:
gleichfarbig.
Y. d. L. anschwellend, leicht schmelzend (2 — 2,2) zum schwarzen
Korn mit krystallinischer Oberfläche. In der äussern Flamme mit Phos-
phorsalz zum gelben Glase schmelzend, welches in der innern schön
grün wird. Im Kolben viel Wasser gebend. In Salz- und Salpetersäure
mit gelber Farbe löslich; die Auflösung wird mit Aetzammon gelb gefallt.
Bestdth. nach Berz. a des Uranits von Jutun , b. des Chalcoliths von
Cornwall, die derselbe als zwei verschiedene Gattungen betrachtet. Sie
sind sich in äussern Merkmalen vollkommen ähnlich , so dass wir sie mit
den mehrsten Mineralogen zusammen als Uranglimmer beschreiben. Der
Kalk des Uranits wird im Chalcolith durch Kupferoxyd ersetzt.
a. P205 14,63, U203 59,37, CaO 5,66, H20 14,90, MgO 0,19, Si03
2,85, BaO 1,51. — Hiernach die Formel: 3Ca0.Po05-j-2(U203.P205)-f-24
H20.
b. P205 15,66, U203 60,25, CuO 8,44, II20 15,05, Si03 0,70, wo-
durch die Formel: 3Cu0.P205-J-2(U203.P205)-{-24H20 entsteht.
Kommt in Granit und Thonschiefer vor mit Quarz und Feldspath auf
Erzgängen: Schwarzwald , Erzgebirge, Frankreich, Cornwall .
16. Kahoxen.
Kryst. nadelförmig, microskopisch , zu Büscheln, auch zu Kugel-
Segmenten zusammengehäuft; als dünner Beschlag. Weich. Sp G. — 3,38.
Durchscheinend bis undurchsichtig. Glanz halbmetallisch bis matt. Zitro-
nengelb in’s Wachs- und Ockergelbe; bräunlich- rath.
Y. d L. stark knisternd und zerspringend, ln der Oxygen-Flamme
zur schlackigen magnetischen Masse schmelzend. In Borax zu bouteillen-
grünem Glase lösbar. Ghlt. nach v. Holger : Si03 36,83, Fe,03 36,83,
S03 11,29, P205 9,20, Al203 11,29, MgO 7,58, ZnO 1,23, H20* 18,98.
Kommt in Zerklüftungen des tho.nig.en Brauneisensteins vor: Böhmen ,
Baiern ?
17. Wismuthblende.
(Syn. Kieselwismuth, Arsenikwismuth.)
Kryststm. regelmässig. Krystf. Tetraeder. Kryst. meist
sehr klein , kugelig oder tropfsteinartig gruppirt ; ein- oder auf-
gewachsen. — Br. muschelig bis uneben. H. = b; sp. G. =
5,96. Halb durchsichtig bis undurchsichtig. Im Innern Diamant-
glanz. Nelken- und röthlich-braun in’s Schwärzliche, selten
wachsgelb. Strich : gelblich-grau,
V. d. L. auf Kohle schmelzbar zur braunen Perle , mit Soda
reducirbar , die Kohle stark grün beschlagend ; in Borax zu
gelblich-grünem Glase löslich. Mit Salzsäure vollkommene Gal-
lerte bildend. Ghlt. nach Kersten: Bi203 69,38, Si03 22,23,
P205 3,31, Fe203 2,40, Mn02 0,30, H2F2 + H20 1,31, Verlustund
H2F2 1,37. Zuweilen ist etwas P205 durch As205 ersetzt. —
Formel : 6(Bi203.2Si03)4-[Bi203, Fe203].P20s-+-BiFs
232 Sordawalith.
Finjlet sich mit Quarz, Wismuthocker, gedie-en Wismuth : Sachsen
(SchneclersJ.
IS. Sordawalith.
Derb , nierenförmig. — Br. muschelig. II = 5; spröde ; sp. — 2,58.
Undurchsichtig. Metallähnlicher Glasglanz. Pechschwarz in’s Graue und
Grüne. Durch Verwitterung aussen roth werdend. Strich: leberbraun.
V. d. L. ohne Aufschwellenzurschwarzen, im Pieductionsfeuer aussen
metallglünzenden, Kugel schmelzend. In Borax zu grünem Glase lösbar;
im Kolben Wasser gebend. Bestdth. nach Norclensk. : SiO, 49,40, A1,0.’
13,80, FeO 18,17, MgO 10,67, P205 2,68, H,0 4,38.
(Aegirin kommt in grossen, der Hornblende ähnlichen Kryst auf
einer Insel in der Nähe von Skansfjord vor und enth. P,09, SiCh , MnO
und FeO )
GRUPPE XVII. SCHWEFELSÄURE SALZE.
Die Mineralien dieser Gruppe gehören der Mehrzahl nach
zum ein- und einaxigen und zwei- und eingliedrigen Krystall-
systeme ; eine Ausnahme hiervon machen die Schwefelsäuren
Eisenoxyde und der Alaunstein , welche dem drei- und einaxi-
gen , der Kupfervitriol , welcher dem ein- und eingliedrigen und
der Alaun , welcher dem regelmässigen Systeme angehören. Die
Zahl der Mineralien, welche noch nicht krystallisirt gefunden wur-
den, ist in dieser Gruppe sehr gering; dahin gehören Mascaynin ,
Eisensinter , Cobaltj itriol und Aluminit. Ihr Bruch ist im Allge-
meinen muschelig, selten in’s Unebene oder Erdige übergehend;
der Polyhalit bricht splittrig. In der Härte wechseln die Glie-
der dieser Gruppe wenig; sie ritzen sämmtlich den Talk und
werden vom Flussspath geritzt , ausgenommen der Alaunstein ,
welcher Apatitsvathh&rte besitzt und der Aluminit , welcher
zerreiblich ist; ebenso sind alle spröde, ausgenommen Glauber-
salz und Gyps , welche milde sind und letzterer ist in dünnen
Blättchen elastisch biegsam. Die Grenzen des spec. Gew. liegen
im Allgemeinen bei 1,48 und 2,8, doch steigen Schwer spath ,
Coelestin und Polyhalit von 3,0 bis 4,6 und die Bleivitriole
selbst bis zu 6,5. Vollkommen Durchsichtige findet man eben
so selten als Undurchsichtige , gewöhnlicher sind die Mittelstufen
in mehrern Modifikationen und namentlich die Durchscheinenden.
Doppelte Strahlenbrechung zeigen der Barytspath , Coelestin -
spath, Gyps spath und das schwefel-kohlensaure Bleioxyd.
Perlmutter- und Glasglanz sind vorherrschend und gehen häufig
ineinander über; weniger häufig zeigen sich Uebergänge zum
Fett-, Wachs- und Seidenglanz; Bleivitriol hat zuweilen
Diamantylanz. Nur schimmernde oder matte sind selten, so
wie die mcht-krystallinischen Massen. Die weisse Farbe mit
Glaubersalz.
233
ihren Uebergängen in’s Graue, Gelbe, Rothe und Blaue ist am
häufigsten ; stets grün sind Eisenvitriol , Johannit und Bro-
chantit ; heisch- und rosenroth der Polyhalit; duiikel-hyacmth-
roth Boiryogen; blau in’s Grüne der Kupfervitriol ; braun der
Eisensinter und gelb das basisch-schwe felsaure Eisenoxyd.
Das Strichpulver ist in der Regel weiss oder spielt in’s Röth-
liche, Gelbliche, Grünliche und Bläuliche. V. d. L. sind nur
wenige unschmelzbar ( Alaunstein , Aluminit) ; viele reagiren
nach dem Glühen auf Kohle alcalisch, fast alle bilden mit Soda
geglüht eine Hepar. Einige lösen sich in Wasser , andere in
Säuren ohne Brausen auf; diese Lösungen werden stets von
Barytsalzen weiss getrübt; wenige sind in Wasser und Säuren
unlöslich (Schwerspath , Coelestin).
i. Glaubersalz.
(Syn. Schwefelsaures Natron, Wundersalz, prismatisches Glaubersalz.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. schiefe rhombi-
sche Säule. (Durch künstliche Bereitung erscheinen mannigfache
Modificationen.) Kryst. nadelförmig , spiessig ; tropfsteinartig, als
krustenardger Ueberzug und lose erdige Theile. Text, körnig.
• — Br. muschelig. H. = 1,5—2; milde; sp. G. — 1,48. Durch-
sichtig bis undurchsichtig. Glasglanz. Wasserhell, gelblich- und
graulich-weiss. Geschmack: kühlend, dann salzig bitter.
Y. d. L. im Kolben schmelzend im Krystallwasser. Nach an-
haltendem Glühen auf Kohle alcalisch reagirend. In Wasser lös-
bar, nicht alcalisch reagirend; durch Barytsalze, nicht durch
Alcalien und Platinchlorid fällbar. Bestdth. des Glaubersalzes
von Mühlingen nach Frey: NaO.SOß 44,44, fl20 55,45, MaCl2
0,10. — Formel: Na0.S03-hlöII20.
Findet sich in Gypslagern am südlichen Jura im Kanton Aargau;
auswitternd aus Gyps und Mergel: Böhmen , Salzburg , Daupliinee ; aus-
bliiliend: aus der Lava des Vesuvs von 1813; als Bestandteil mehrerer
Quellen und Seen : Böhmen (Eger 3 SaidschiitzJ , Sibirien, Asien und
Egypten.
Das Glaubersalz dient, ausser seiner Anwendung als Arzneimittel, zur
Bereitung der Soda und in neuester Zeit zur Darstellung des Spiegelglases.
Selten findet es sich in der Natur in hinreichender Menge gebildet und
wird meist als Nebenprodukt chemischer Fabriken gewonnen. In Indien
wird es in bedeutender Menge von den Eingebornen durch Auslaugen
einer Erde bereitet, welche sie Khare muttie nennen. Der Boden, wo
sich dieselbe findet (Anao , 10 Meilen von den Ufern des Ganges) ist
flach, und von tiefen Furchen durchschnitten. Sie findet sich in Gestalt
sehr harter, mit Sand gemengter Massen und soll 50 p. C. Glaubersalz
liefern, welches grösstentheils den Schaafen gegeben wird, um eine fei-
nere Wolle zu erzielen. Vielleicht ist es im wasserfreien Zustande vor-
handen und gehört zur folgenden Gattung.
234
Glauberit.
2. Thenardit.
(Syn. Wasserfreies schwefelsaures Natron.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. 1) gerade rhombische
Säule, combinirt mit den Flächen eines rhombischen Octaeders;
2) rhombische Octaeder. Kryst. und kryst. M. — Vollkommen
spaltbar parallel den gerade angesetzten Endflächen , unvoll-
kommen parallel den Seitenflächen. Br. muschelig. Sp. G. =
2,73. Durchscheinend. Glasglanz. An der Luft zieht es Wasser
an und bedeckt sich mit einem erdigen Ueberzug. Weiss in s
Röthliche. Strich : weiss.
V. d. L. bei starker Hitze schmelzend; im Kolben wenig
Wasser gebend. Im Uebrigen wie Glaubersalz. Bestdth. nach
Casaseca : NaO.SOs 09,78 , NaO.C02 0,22. — Formel : NaO.
S03.
Kommt im Steinsalzgebirge unfern Madrid , auf dem Boden eines
Bassins vor, in welches zur Winterzeit salzhaltiges Wasser dringt, das im
Sommer verdunstet und den Thenardit zurücklässt.
Wird in der Glasfabrik von Aranjuez und auch zur Sodabereitung
benutzt.
Reussin kommt in nadelfürmigen Krystallen, auch flockig und als
Ueberzug vor, ist gelblich-weiss , glasglänzend, wird an der Luft feucht
und zerfällt. Er besteht nach lieuss aus: NaO.SOa 66,04, Mg0.S03
31,35, MgCL 2,19, Ca0.S03 0,42 und findet sich ausgewittert in Sümpfen :
Böhmen (SedlitzJ.
Blödit kommt derb von zartfaseriger bis dichter Textur vor, ist
fleisch- oder ziegelroth, schimmernd oder matt, durchscheinend oder un-
durchsichtig, an der Luft verwitternd und enthält nach John : Na0.S03
33,34, MgO S03 36,66, MnO.SO, 0,33, NaCl2 0,33, H20 22,00. Er fin-
det sich auf Polyhalit in Oberöstreich ( lschelj .
3 . Glauberit.
(Syn. Schwefelsaures Kalk-Natron, Brongniartin, prismatisches Brithynsalz.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. rhombische Säule mit einer
auf die scharfe Seitenkante aufgesetzten vorderen schiefen Endfläche ;
dieselbe Form mit abgestumpften scharfen Seitenkanten; die spitze End-
ecke abgestumpft durch eine hintere schief angesetzte Endfläche u. s. w,
Kryst. einzeln und gruppirt ; einzelne Flächen gestreift, Seitenflächen
uneben. — Br. muschelig bis uneben. H. = 2,5; spröde; sp. G. = 2,8.
Durchsichtig. Glasglanz. Wasserhell, blass weingelb, röthlich. Strich:
weiss. Geschmack : schwach salzig zusammenziehend.
V. d. L. nach anhaltendem Glühen auf Kohle alcalisch reagirend ,
zerknisternd und zum klaren Glase schmelzend. In der Glasröhre wenig
Wasser gebend. Im Wasser zum Theil, in grösserer Menge Salzsäure voll-
kommen ruhig auflöslich. Bestdth. nach Al. Brongniart : CaO.$03 49,
Na0.S03 51. — Formel: Na0,S03-f-Ca0.S03.
Kommt in Steinsalzmassen, begleitet von Thon vor: Spanien ( Villa. -
rubia) , Oestreich fAnsseeJ , Lothringen , Schweiz.
Schwerspath. 235
4. Schwe felsaures Kali.
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. rhombische Säule,
combinirt mit den Flächen eines Rhomboeders ; dieselbe Form
mit abgestumpften scharfen und stumpfen Seitenkanten. Kryst.
nadelförmig ; kryst. M. ; tropfsteinartig ; pulverig. — Spaltbar
parallel den Abstumpfungsflächen der stumpfen Seitenkanten.
Br. muschelig in’s Unebene. H. = 2,5 — 3 : spröde ; sp. G. —
1,73. Durchsichtig bis durchscheinend. Glasglanz zum Fettglanze
neigend. WeissJn’s Graue und Gelbe; aussen mitunter bläulich
oder gelblich gefärbt. Strich : weiss. Geschmack : salzig, bitter.
V. d. L. decrepitirend , auf der Kohle schmelzend. Im Kol-
ben kein Wasser gebend. In Wasser löslich. Die Auflösung wird
von Platinchlorid und Barytsalzen gefällt. An der Luft bestän-
dig. Ghlt. : KO 51,75 , S03 45,25. — Formel : K0.S03.
Erzeugt sich am Vesuv an der Krater-Mündung und in Fumarolen.
5. Mascagnin.
(Syn. Schwefelsaures Ammoniak.)
Tropfsteinartig und als erdiger Beschlag. — Br. uneben.
Durchscheinend. Glasglanz. Gelblichgrau, aucl* zitronengelb.
Geschmack: scharf, bitterlich.
V. d. L. auf der Kohle leicht schmelzbar und unter Schäu-
men verdampfend. In der Glasröhre Wasser gebend und subli-
mirend. In Wasser löslich und durch Barytsalze fällbar; mit
Kalilauge Ammoniak entwickelnd. Ghlt. nach Berz.: N2H622,6,
S03 53,1, H20 24,3. — Formel: N2H6.S03+2H20.
Kommt an Vulkanen vor: Vesuv , Aetna; aufgelöst: in den Lagunen
von Siena; ausgewittert aus der Erdoberfläche: Turin .
6. Schwerspath.
(Syn. Schwefelsaurer Baryt, prismatischer Hai-Baryt, Baryt.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. gerade rhombische
Säule mit Endzuschärfungen , welche auf die scharfen Seiten-
kanten aufgesetzt sind; hierzu treten auch Endzuschärfungen ,
welche auf die stumpfen Seitenkanten aufgesetzt sind ; 2) diese
Formen mit abgestumpften stumpfen und selten auch der schar-
fen Seitenkanten ; 3) rhombische Säulen , combinirt mit den Flä-
chen eines rhombischen Octaeders und viele andere mehr verwickelte
Combinationen , die nach dem kohlensauren Kalk hier am meisten
Vorkommen. Kryst. immer tafelartig; kryst. und derbe M.;
Oberfläche meist glatt; Kanten und Ecken zuweilen abgerundet.
— Vollkommen spaltbar parallel den Flächen, welche die Zu-
schärfung der scharfen und die Abstumpfung der stumpfen Sei-
236
Schwerspath.
teil kanten bilden. Br. unvollkommen muschelig. H. = 3,0— 3,5 ;
spröde ; sp. G. — 4,41 — 4,67 . Strich : weiss. Durch Bestrah-
lung und Erwärmung Phosphorescenz erlangend. Geglühte Stücke
leuchten nach einiger Zeit noch im Dunkeln.
V. d. L. beim schnellen Erhitzen gewaltsam decrepitirend ,
in der innern Flamme mit gelb-grünlichem Scheine leuchtend ,
den Glanz einbüssend und schwierig zu einem weissen Email
schmelzend (3). Mit Soda eine Hepar gehend. In Salzsäure
und Wasser unauflöslich. — Formel : BaO.SOs.
A r t e n.
/ ) B Ü Tlf t Sp ttth. (Syn. GemeinerSchwerspath, Neusper, Nesper.)
Kryst. selten, schwach gestreift, oft mit einer Rinde von klei-
nem Quarz , Eisenkies-Krystallen , Eisenocker , Baryterde beklei-
det; auf- und durcheinander gewachsen, mannigfach gruppirt;
kryst, M. ; schaiig- (gerad- und krummsclialiger Schwerspath ),
Säulenartig- (säuliger Schwerspath, Säulenspath) , stängelig-
ahgesondert, nadelförmig , zuweilen bündelartig gruppirt (Stan-
genspath), kugelig, nierenförmig, derb ; Gefüge blätterig. Durch-
sichtig bis durchscheinend. Strahlenbrechung doppelt. Zwischen
Fett- und Glasglanz. Weiss, durch Metalloxyde mannigfach ge-
färbt, gelb, rotli, blau, grau, schwarz. Bestdth. nach Strom.:
BaO.SOs 99,37, H30 0,06, Fe203 0,05. — W. Nicol fand in
einem Barytspath-Krystalle Höhlungen, mit einer Flüssigkeit ge-
füllt, welche beim vorsichtigen Oeifnen der Höhle nach 24 Stun-
den zu Schwerspath - Krystallcn in der Grundform gestanden.
(Vergl. Poggend. Ann. Bd. 13. p. 510.)
Kommt auf Gängen in Felsarten der verschiedensten Zeiten , vorzüg-
lich aber im altern Gebirge vor, begleitet von verschiedenen andern Mi-
neralien und zeigt sich ziemlich allgemein verbreitet: Erzgebirge ( Frei-
berg, Joachimsthal) , Baden ('Schriesheim , Badenweiterd, am Harz
(Iberg , Clausthal) , Böhmen , Ungarn , Salzburg , Frankreich , Tyrol.
(Der Hepalit ('Leberstein , Schwer- Leb er spalh) ist ein inniges Ge-
menge von Schwerspath mit bituminösen Stoffen und entwickelt beim Rei-
hen und Schlagen einen hepatischen Geruch. Findet sich im Alaun-
schiefer: Schonen , Schweden , Derby shire, — Aehren stein ist ein
Gemenge von Barytspath und grauem Thon. Er findet sich am Harze
(Osterode) .)
2 ) Sir ahliger Bargt. (Syn. Strahlbaryt, Bologneser Stein.)
Plattgedrückte Stücke mit unebener Aussenfläclie und strahlig-
blättriger Textur. Durchscheinend. Perlmutterglanz. Asch- und
rauchgrau. Bestdth. nach Ar fr. : Ba0.S03 62,00 , Ca0.S03 6,00,
Si03 16,00, A1203 14,75, Fe203 0,25.
Findet sich am Monte di Paderno bei Bologna ; ncsterweise in einer
Mergel-Ablagerung : Oberpfalz (Arnberg).
Wird durch Grubenbau gewonnen.
Coelestin.
237
3) F'ttSGVtffGV Btt ry f. (Syn. Faserbaryt , faseriger Schwer-
spath.) Kugelige, traubige , nierenförmige , kuollige Massen mit
auseinanderiaufend-faserigem Gefüge. A. d. K. durchscheinend.
Zwischen Perlmutter- und Wachsglanz. Weiss in’s Gelbe und
Braune. Bestdth. nach Klapr. : Ba0.S03 99,00, Fe203 1.
Findet sich auf Tlionschichten mit Eisenkiesel und Hornstein : Rhein-
Baiern; auf Eisenerz-Gängen im Thonschiefer : Chaud Fontaine bei
Lüttich ; im Kupferschiefergebirge : am Spessart.
4) Körniger Ba Tyt. (Syn. Schuppig-körniger oder körni-
ger Schwerspath.) Derbe Massen von körnigem Gefüge. Durch-
scheinend. Perl mutter glanz. Weiss in’s Graue, Gelbe und Rothe.
Bestdth. nach Klapr. : Ba0.S03 90,0 , Si03 10,0.
Findet sich auf Lagern: Nassau (Fei IViesbadenJ, Steiermark t Ty -
rol , Savoyen, Irland , Sibirien .
5) Dichter B aryt . (Syn. Barytstein, splittriger Baryt oder
Schwerspath.) Derbe, selten knollige Massen; dicht. — Br. un-
eben in’s Splittrige. A. d. K. durchscheinend. Schimmernd.
Gelblich und graulichweiss in’s Blaue. Bestdth. nach Jordan :
Ba0.S03 86,00, Sr0.S03 6,75, Si03 5,75.
Findet sich auf Gängen und Lagern: Hessen (Richelsdorf), am Harz
(Rammeisberg) , Savoyen , Tyrol.
6) Erdiger Ba ryt. (Syn. Baryterde, erdiger, auch mulmi-
ger Schwerspath.) Staubartige lose, oder schwach verbundene,
schuppige Theile ; als Ueberzug und eingesprengt. Undurchsich-
tig. Matt. Gelblich- und röthlich weiss. Wenig abfärbend.
Kommt als Ausfüllung von Drusenräumen auf Barytspath-Gängen vor:
Hessen (Bieber) , iVestphalen fKanstein) , Freiberg, Baden , Ungarn .
Der Barytspath dient vorzüglich zur Bereitung der übrigen wichtigen
Barytsalze; auch bedient man sich des feingemahlenen zur Verfälschung
des Bteiweisses, des gebrannten und zerstossenen als Streusand.
7. Coelestin .
(Syn. Schwefelsaurer Strontian, prismatoidischer Hai-Baryt, Schüzzit.)
Kryststm. ein- und einaxig. Ery st f. gerade rhombische
Säule mit auf die stumpfen Seitenkanten aufgesetzter Endzu-
schärfung und mit gerade abgestumpften scharfen Seitenkanten;
zu diesen tritt auch eine Endzuschärfung, welche auf die schar-
fen Seitenkanten aufgesetzt ist ; die rhombische Säule combinirt
mit den Flächen eines rhombischen Octaeders. Kryst. ; krystal-
linische M. ; derb. — Vollkommen spaltbar parallel den End-
flächen und den Abstump fungsfiächen der scharfen Seitenkanten.
Br. unvollkommen muschelig, uneben. H. = 3—3,5; spröde;
238
Coelestin.
sp. G. = 3,95. Strahlenbrechung doppelt. Strich : weiss. Durch
Erwärmen phosphorescirend und polarisch electrisch, durch Rei-
bung -+* electrisch werdend. Beim Zerschlagen oder Zerreiben
einen schw achen Geruch nach Bitumen entwickelnd.
V. d. L. zerknisternd , zu einer milchweissen Kugel schmel-
zend (3). Die Flamme purpurroth färbend. In Borax zu kla-
rem , nach dem Abkühlen gelb oder braun werdendem Glase lös-
bar. Im Uebrigen wie Schwerspath, — Formel: Sr0.S03.
Arten.
1) Sp äthiger schw e felsaurer Strontian. (Syn.
Coelestinspath. ) Kryst. glatt, theils nadelförmig, einzeln aufge-
wachsen, zu Drusen und Büscheln verbunden; kryst. M. mit
theils schaliger, theils blätterig-körniger Textur. After-Krystalle
nach Gypsformen. Durchsichtig bis durchscheinend. Glas- bis
Perlmutterglänzeni. Weiss ins Blaue, Gelbe und Graue, selten
Röthliche. Bestdth. nach Strom. : S1O.SO3 97,02 , Ba0.S03
1,30, Fe203 0,04, Ca0.S03 0,74, Ca0.C02 0,01, H20 und Bi-
tumen 0,04.
Findet sich in Kalksteinen verschiedenen Alters , auch in Gyps und
Mergel, begleitet von Schwefel : SicLlien (an der Südküste), Schweiz
(Aarau), Hannover (HörthenJ , England , Baltimore ; in den Blasenräu-
men der Mandelsteine : Vicenza ( Montechio maggiorej ; in der Braun-
kohle von Paris; auf Erzgängen: Meissen , Salzburg.
2) Strahliger schwefelsaurer Strontian.
(Syn. Strahlcoelestin.) Kryst. M. von schmal- und geradstrahligem
Gefüge. Durchscheinend. Zwischen Glas- und Perlmutterglanz.
Schnee-, milch- und gelblichweiss. Bestdth. nach Strom.: SrO.
S03 99,43, Fe203 0,02, H20 0,17.
Im Kalkstein wie die vorige Art: Schweiz ('Aaraujy Hannover (Nör^
thenj , Sicilien , Spanien.
3) Faseriger schwef eisaurer Str ontian. (Syn.
Faseriger SchÜzzit, Faser-Coelestin.) Kryst. M. mit gleichlaufend
faseriger Textur. Durchscheinend. Perlmutterglanz. Zwischen
indigo- und smalteblau in’s Graue und Weisse. Ghlt. nach
Strom.: Sr0.S03 99,39, H20 und Bitumen 0,10,
Findet sich auf Adern im Mergel des Muschelkalks: Jena ( Dorn -
burgj , Frankreich , England, Spanien, Pensylvanien.
4) Dichter s chw ef eis aur er S tr ontian. (Syn.
Kalkhaltiger schwefelsaurer Strontian, dichter Schüzzit und Coelestin.)
Derbe, sphäroidische M. , meist aufgeborsten und rissig, mit
sehr kleinen Strontian-Krystallen überdruset; von feinkörniger
bis dichter Textur. Gelblich und grünlichgrau in’s Gelbe und
Anhydrit 239
Braune. Ghlt. nach Vauq. : Sr0.S03 91,42, Ca0.C02 8,33,
Fe203 0,25.
Kommt in Grobkalk-Gebilden vor: Paris ( Montmartre) .
Der Schwefelsäure Strontian wird wie der kohlensaure zur Darstellung
der Strontiansaize behufs der Feuerwerkerei benutzt.
8. Anhydrit.
(Syn. Schwefelsaurer Kalt, Phengit, Karstenit, wasserfreier Gyps,
Muriazit, prismatisches Gyps-Haloid )
Kryslstm. ein- und einaxig. Krystf. rectanguläre Säule
mit der gerade angesetzten Endfläche; diese Form comhinirtmit
den Flächen einer rhombischen Säule als Abstumpfung der Sei-
tenkanten ; die rectanguläre Säule mit abgestumpften Ecken durch
die übereinander liegenden Flächen von drei Rhombenoctaedern.
Kryst. ; kryst. M. ; Oberfläche glatt, oder parallel den Kanten
gestreift. — Vollkommen spaltbar parallel den Flächen der rect-
angulären Säule und der gerade angesetzten Endfläche. Br.
unvollkommen muschelig. H. =±= 3 — 3,5 ; spröde ; sp. G. = 2,7 — 2,8.
Strich : graulichweiss. Erwärmte Bruchstücke phosphoresciren
schwach.
V. d. L. rasch erhitzt zerknisternd , in starker Hitze zu
weissem Email schmelzend (3). Nach dem Schmelzen und an-
haltendem Erhitzen auf Kohle alcalisch reagirend. In Borax zu
klarem Glase löslich. Im Kolben kein Wasser gebend. In viel
Salzsäure ruhig , in Wasser schwierig lösbar. — Formel : CaO.
S03.
Arten.
1) Anhy dritspath. (Syn. Würfelspath.) Kryst. ein- ,
auch zu mehrern an- und durcheinander gewachsen oder drüsig
verbunden; kryst. M. mit blättriger Textur. Halbdurchsichtig bis
durchscheinend. Doppelte Strahlenbrechung. Zwischen Glas- und
Perlmutterglanz. Weiss in’s Graue, Blaue und Röthliche, selten
fleischroth. Ghlt. nach Vauq.: SÖ3 60, CaO 40.
Findet sich Im Steinsalz- und altern Flützgypsgebirge in mächtigen
Lagern oder einzelnen Massen, namentlich im Salzthon mit eingespreng-
tem Steinsalz: Salzburg (Dürenberg) , Tyrol (Hall), Lüneberg, Savoyen ;
selten auf Erzgängen : Hessen (Riechelsberg) , Ungarn , am Harz .
2) Strahliyer Anhydrit. (Syn Blauer und Strahl- An-
hydrit.) Derbe M. mit strahliger Textur und splittrigem Bruche.
Durchscheinend. Perlmutterglanz , zuweilen nur schimmernd.
Weiss in’s Graue, smalteblau und röthlich. Ghlt. nach IÜapr.:
S03 57, CaO 42, Fe203 0,25, H20 0,10.
I
240
Gyps.
Kommt wie Anbydritspath und mit diesem im Steinsalz-Gehirge ror:
ITürtemberg ( Sulz am Neckar ) , Harz ( OsterodeJ , Braunschweig.
3) Körniger Anhy drii. Derbe M. mit kleinschuppi-
ger und körniger Textur. Durchscheinend bis undurchsichtig.
Zwischen Perlmutter- und Wachsglanz. Weiss ins Blaue, Graue
und Rothe. Ghlt. nach Rose: S03 56,28, CaO 41,48, H,0 0,75.
Kommt wie die vorige Art vor: IPiiriemberg, Tyrol , Thüringen ,
Harz, Hessen, Polen.
4) Die hier Anhy drit. Derbe M. ; dicht ; zuweilen in
darmförmig - gewundenen Lagen von gekrosartigein Aussehen
(Gehr össtein). — Br. uneben in’s Splittrige. A. d. K. durch-
scheinend. Schimmernd bis matt. Grau in’s Schwarze, bräun-
lich, röthlich.
Bildet ganze Lagen im Salzthon des Steinsalzgebirges: Salzburg t
Tyrol, Polen, (bei IVieliczka der Gekrösstein).
Der strahlige Anhydrit dient wegen seiner schönen blauen Farbe zu
Verzierungen in der Baukunst. Er ist einer schönen Politur fähig, durch
Einwirkung der Luft verbleicht aber die Farbe und das Gestein wird
zersetzt.
9. Gyps.
(Syn. Wasserhaltiger schwefelsaurer Kalk, prismatoidische8 Gyps-Haloid )
Kryststm. zw ei- und eingliedrig. Krystf. rhombische Säulen
mit vorherrschender gerader Abstumpfung der scharfen Seiten-
kanten und in der Endigung mit einem augitartigen Zuschär-
ftmgsfiächenpaare ; diese Form zuweilen mit schwacher Ab-
stumpfung der stumpfen Seitenkanten und mehrere andere Com-
binationen. Zw illinge sehr häufig. Kryst. ; kryst. M. ; Oberfläche
gestreift, uneben oder glatt. — Spaltbar parallel den Abstum-
pfungsflächen der scharfen Seitenbauten. Br. flachmuschelig,
selten wahrnehmbar. H. = 2 ; milde; in dünnen Blättchen
biegsam; sp. G. = 2,26 — 2,32. Glas- bis Perlmutterglanz.
Strich : weiss.
V. d. L. in der Zange knisternd , sich blätternd , und zu
einem weissen Email fliessend (2,5—3). Auf Kohle zerlegbar
und nach dein Glühen alcalisch reagirend. In der Glasröhre
Wasser gebend und milchweiss werdend. In 460 Th. Wasser
löslich, ßestdth. nach Bucliolz : S03 46, CaO 33, H20 21. —
Formel : Ca0.S03+2H20.
Arte n.
I) Gypsspath. (Syn. Blättriger Gyps , Marien- oder Frauen-
glas , Fraueneis ) Kryst. fast stets tafelartig, sehr verlängert in der
Gyps.
241
Richtung der Hauptaxe, zuweilen mit convexen Flächen , einzeln
oder zumehrern gruppirt; kryst. M. mit blättriger Textur, oft aus-
einanderlaufend strahlig (Strahlgyps, Gypsrosen). Durchsichtig
mit doppelter Strahlenbrechung. Zwischen Glas- und Perlmutter^
glanz. Wasserhell, weiss in’s Graue, gelb in’s Braune, selten
blau oder grün.
Findet sieh am häufigsten im Gyps- und Steinsalzgebirge: Canton
Waadt, Baden , Nordhausen , Osterode , Braunschweig , Hessen, Sicilien,
Paris , Spanien, Sibirien ; ferner in der Braunkohlenformation des Sieben-
gebirgesAuf Klüften im Porphyr: im Erzgebirge; in Drusenräumen des
Basalts: in alten Gruben-Gebäuden, als ein sehr jugendliches Erzeugnis ^
als Sand: an der Meeresküste von Granada.
2) Faseriger Gyps. (Syn. Fasergyps, Fedenveiss, Feder-
gyps.) Derbe M. mit faserigem Gefüge. Durchscheinend. Perl-
mutterglanz. Weiss in’s Graue und Rothe.
Ziemlich verbreitet auf schmalen Gängen in den verschiedenen Gyps-
formationen, im Muschelkalk, Keuper-Mergel: Baden, Heilbronn , Jena ,
Hessen , Tyrol.
3) Schaumgyps. (Syn. Schneegyps.) Schuppige, locker
verbundene Theile. A. d. K. durchscheinend. Perlmutterglanz.
Schneeweiss und gelblichweiss.
Kommt im Gypse des Zechsteins vor : am Harz ( SteyerthalJ ; im
Süsswassergyps : Paris ( ’MontmartreJ .
4) Körniger Gyps. (Syn. Alabaster z. Th.) Derbe M, mit
grob- und feinkörniger Textur. Durchscheinend. Perlmutterglanz.
Weiss in’s Rothe, Gelbe und Graue, ziegelroth , zuweilen ge-
fleckt oder gestreift.
Kommt als eigenthümliche Felsart aller Perioden vor : im Canaria -
Thale , Harz , Thüringen , Würtemberg , Paris .
5) Dichter GypsJ (Syn. Alabaster z. Th.) Dichte M. mit
splittrigem Bruch. Durchscheinend. Perlmutterglanz. Weiss in’s
Graue, Rothe, Blaue und Schwärzliche.
Kommt wie die vorige Art vor: Tyrol , Hessen , Harz.
6) Erdiger Gyps. (Syn. Gypserde, Mehlgyps , Himmelsmehl.)
Staubartige, lose verbundene Theile. Undurchsichtig. Schwach
schimmernd. Weiss in’s Gelbe und Graue. Magrer anzufühlen.
Findet sich in Höhlungen der Gypsberge und ist entstanden durch
Auflösung anderer Gypsarten.
Den Gyps benutzt man zur Darstellung des Schwefel-Calciums in den
Apotheken, auch noch wohl in der Thierarzneikunde ^ namentlich das
Marienglas, den Alabaster. Der gemahlene rohe und gebrannte Gyps ist
zur Verbesserung des Bodens dienlich. Der gebrannte Gyps wird zu Stuk-
Geigers Pharmacie. 11. 1. (2 te Aufl.) 16
2 12
Bittersalz.
katurarbeiten und zu Fussböden (Estrich), zu Gypsmöitel u. s. \v. ge-
braucht, welches aufseine Eigenschaft, mit Wasser zu erhärten, beruht.
(Ueber die Erhärtung des nicht gebrannten Gypses mit den Auflösungen
verschiedener Kalisalze vergl. Ann. der Pharm. Bd. VII. p. 346) Auch
gebraucht man ihn als Zusatz beim Reaumurschen Porzellan und als
Grundmassen der Pastellfarben. Der Gypsspath dient als Fensterglas,
der Alabaster zu Vasen, Statuen, allerlei Verzierungen und Gerüth-
schaften.
10. Bittersalz.
(Syn. Schwefelsäure Talkerde, prismatisches Bittersalz, Haarsalz z. Th.,
Epsomer Salz.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. gerade rhombische
Säule mit gerader Abstumpfung der scharfen Seitenkanten und
als Endzuschärfung die Flächen eines Rhomben-Octaeders. Voll-
kommen ausgebildet bis jetzt nur als chemisches Präparat be-
kannt. Rryst. zart , haarförmig , oft von bedeutender Länge ;
zu Büscheln und Flocken verbunden; wollige, kryst. M. von
stängeliger , körniger und faseriger Absonderung ; traubig, tropf-
steinartig, krustenartig, als mehliger Beschlag. — Spaltbar pa-
rallel den Abstumpfungsflächen der Seitenkanten. Br. muschelig.
H. = 2 — 2,5 ; wenig spröde ; sp. G. = 1,75. Durchsichtig bis
durchscheinend. Glas- und Perlmutter glanz. Weiss in’s Graue,
Grüne, Gelbe und Rothe. Geschmack: salzig bitter.
V. d. L. auf Kohle schmelzend zu einer weissen Masse, die
bei längerer Erhitzung wasserfrei und unschmelzbar wird, weiss
leuchtet und schwach alcalisch reagirt. Im Kolben viel Wasser
gebend. Im Wasser leicht auflöslich. Die Lösung ist neutral und
wird von kohlensauren Alcaiien und Barytsalzen gefällt. Ghlt.
eines sehr reinen aus Arragonien nach Strom.: SO3 31,89,
MgO 16,49, H20 51,20. Oft ist es metallhaltig; das von Idria
enth. FeÖ; das von Neusohl in Ungarn: CoO, CuO, MnO, FeO.
— Formel : Mg0.S03 + 7H20.
Findet sich ausblühend an Gesteinwänden, als Ueberzug auf Felsen-
spalten, in Höhlen, auf dem Boden oft in grosser Menge nach Regen-
güssen: Steppen Sibiriens, Spanien Jena CTeufelslöcher) t am Harz , Böh-
men, Idria , Ungarn; in Mineralwässern gelöst: Saidschiilz |, Eger t
Epsom.
Iin östlichen Theile der Capcolonie in Südafrica entdeckte Hertzog
neuerdings in einer Höhle ein Bittersalz in einer l Zoll dicken Lage ,
das 7,66 p. G. Schwefels. Manganoxydul enthielt Es liegt auf einem
Quarzfels und wird durch eine l/2 Fuss hohe l äge eines Magnesia-Mangan-
Alauns gedeckt. Dieses Bittersalz ist theils dünn-, tlieils dickstängelig
abgesondert und oft ist eine Anlage zur vierseitigen prismatischen Kry-
stallisation wahrzunehmen. Die stärkeren Stücke des Salzes sind voll-
kommen spaltbar. Br. muschelig. Spröde. Halbdurchsichtig bis durch-
scheinend. Glasglänzend. Weiss. Ghlt nach Strom.: MgO 14,57, MnO
3,61, S03 32,25, H20 49,21. — Formel: 7(Mg0.S03)-f Mn0.S03-f-7H20.
Eisenvitriol.
2X3
11. Polyhalit.
Kryststm. ein- und einaxig. Krysif. gerade rhombische Säule. Kryst.
ausserordentlich klein. Derbe M. von stängeliger und blättriger Textur.
— Br. splittrig in’s Unebene. H. =: 2,5 ; spröde; sp. G. = 3,7. Durch-
scheinend. Perlmutterglanz. Blass fleischroth in’s Gelbe, Strich : röthlich-
weiss. Geschmack : schwach salzig bitter.
Schon in der Flamme des Kerzenlichts zu einer bräunlich-rothen
Perle schmelzbar (1,3). Im Kolben wenig Wasser gebend. Im Wasser
theilweise löslich. Die Auflösung wird von Platinchlorid, kohlensauren
Alcalien und Barytsalzen gefällt. Ghlt. nach Strom. : MgO.S03 20,03,
CaO.S03 44,74, K0.S03 27,63, H20 5,93. — Formel: K0.S03-}-Mg0.
S03-f 2(Ca0.S03)-f-2H20,
Im Steinsalz-Gebirge, begleitet von Gyps und Anhydrit: Oestreich
(Ischel), Baiern , Steiermark , Lothringen.
12. Zinkvitriol .
(Syn. Schwefelsaures Zinkoxyd , prismatisches Yitriolsalz , weisser Vitriol,
Gallizenstein, Bergbutter z. Th.)
Kryststm. ein- und einaxig“. Krystf. gerade rhombische
Säule mit gerader Abstumpfung der scharfen Seitenkanten und
in der Endigung die Flächen eines Rhomben-Octaeders. Deutli-
che Kryst. selten, meist haar- und nadelförmig und durchein-
ander gewachsen. Tropfsteinartige, nierenförmige M. ; derb;
Text, strahlig in’s Faserige ; als Ueberzug und mehliger Be-
schlag. — Spaltbar parallel den Abstumpfungsflächen. Br. mu-
schelig. H. — 2 — 2,5; sp. Gr. - 2,0. Halb durchsichtig bis
undurchsichtig. Glasglanz. Graulich- und gelblichweiss in’s Röth-
liche. Strich : weiss. An der Luft etwas verwitternd. Geschmack :
zusammenziehend.
V. d. L. aufblähend , die Kohle weiss beschlagend und eine
unschmelzbare weisse Masse hinterlassend , die mit Cobaltlösung
befeuchtet und geglüht eine grüne Farbe annimmt. Mit Soda
eine Hepar bildend. In der Glasröhre Wasser gebend. Im Wasser
auflöslich. Die Auflösung giebt mit Ammoniak einen Niederschlag,
der im Ueberschuss des Fällungsmittels löslich ist. Ghlt. des
Rammeisberger nach Klapr. : S03 20,0, ZnO 27,5, H20 50,0,
MnO 0,5. — Formel : Zn0.S03-*-7H20.
Kommt als secundäres Gebilde, namentlich durch Zersetzung der
Blende entstanden, in alten Gruben-Gebäuden , in Höhlungen und auf
Klüften vor: Harz , Ungarn t Schweden , Cornwall , Spanien.
13. Eisenvitriol.
(Syn. Schwefelsaures Eisenoxydul, grüner Eisen-Vitriol, grüner Vitriol,
hemiprismatisches Vitriolsalz.)
Kryststm . zwei- und eingliedrig. Krysif. rhombische Säulen
244
Neutrales schwefelsaures Eisenoxyd.
mit der schiefen Endfläche; diese Form zugleich mit einer hintern
schief angesetzten Endfläche; die primitive Säule mit abge-
stumpften stumpfen Seitenkanten und einer augitartigen Zuschär-
fung als Abstumpfung der stumpfen Randkanten u. s. w. Rryst.
kurz, säulenartig, haarförmig, zu Büscheln und Sternen grup-
pirt; tropfsteinartige , traubige, nierenfönnige Gestalten; derb,
als kru sten artiger Ueberzug, mehliger und erdiger Beschlag. —
Spaltbar nach den schiefen Endflächen; unvollkommen parallel
den Seitenflächen der Säule. ^ — Br. muschelig. H. ■= 2 ; sp. G.
1,9. Kalbdurchsichtig bis durchscheinend. Glas-, auch Fett-
glänzend. Grün, an der Luft sich gelb beschlagend. Strich:
grüniich-weiss. Geschmack: sehr zusammenziehend.
V. d. L. sich stark auf blähend, in der Pincette oder auf der
Kohle in der innern Flamme zur schwarzen magnetischen
Schlacke schmelzend. Im Kolben Wasser und schwefligte Säure
gebend und bräunlich- roth werdend. Leicht und vollkommen
auflöslich in Wasser ; die Auflösung wird von Barytsalzen weiss,
von Ammoniak grünlich gefällt. Ghlt. nach Berz. : SO3 28,8 ,
FeO 25,7, H20 45,4. — Formel: Fe0.S034-6H20.
Findet sich auf alten Gruben-Gebäuden (als sogenannter Kupfer-
rauch), auf Klüften und in Höhlungen und ist ein secundäres Erzeug-
nis, entstanden durch Zersetzung von Eisenkiesen: am Harz (Bammels-
berg) , Baiern (BodenmaisJ , Tyrol, England , Schottland, Spanien. —
Kommt auch aufgelöst in vielen Grubenwässern vor. Wo er in grösserer
Menge vorkommt, reinigt man ihn zum Behufe des pharmaceutischen und
technischen Gebrauches.
14. Botryogen.
(Syn. Roth er Eisenvitriol , rother Vitriol.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. schiefe rhombi-
sche Säule mit zugeschärften oder abgestumpften scharfen Sei-
tenkanten und augitartigen Endzuschärfungen. Kryst. klein ,
meist unvollkommen ausgebildet, zu Nieren und Trauben grup-
pirt. — Spaltbar parallel den Flächen der Säule. Br. musche-
lig. H. — 2,5: sp. G. = 2,03. Durchscheinend. Glasglanz.
Dunkel-hyacinthroth ins Gelbe. Geschmack: schwach zusammen-
ziehend. In feuchter Luft sich gelb beschlagend.
V. d. L. wie die vorige Gttg. In Wasser langsam lösbar
mit Hinterlassung eines gelben Pulvers. — Formel : 3Fe0.2S03
^3(Fe203.2S03)-+-36H20. Enth. nach Berz. als fremdartige
Beimischungen : Mg0.S03 17—26 und Ca0.S03 2 — 6 p. C.
Findet sich als Ueberzug lauf Gyps und Eisenkies zu f'alilun in
Schweden >
15. Neutrales schwefelsaures Eisenoxyd.
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. Combination der
Eisensiuter.
245
regelmässigen sechsseitigen Säule mit dem Hexagondodecaöder
und der gerade angesetzten Endfläche; ferner Anden sich auch
Abstumpfungen der Seitenkanten der Säule und der Endkanteh
des Hexagondodecaeders. Kryst. ; kryst. M. von feinkörnigem
Gefüge; auf der Oberfläche mit basischen Eisenoxydsalzen be-
deckt. Weiss in’s Gelbliche.
Bestdth. nach H.Rose: S03 43,55, Fe203 24,11, H-,0 31,06
mit Spuren von A1,03, CaO, MgO , Si03. — Formel: Fe,03.
3S03h-9H20.
Findet sich als Lager in einem grünem feklspathartigem Gesteine in
Chile (Provinz Coquimho) und ist wahrscheinlich durch Oxydation von
Schwefelkies entstanden.
16. Basisches schwefelsaures Eisenoxyd.
Krystslm. drei- und einaxig ? Krystf. sechsseitige Säulen.
Kryst. tafelartig ; krustenartiger Ueberzug , körnig. — Spaltbar
parallel den Endflächen. Durchscheinend. Perlmutterglanz. Gelb.
Ghlt. nach E. Ptose : S03 39,60, Fe203 26,11, I120 29,67,
äE03 1,95, MgO 2,64, Si03 1,37. — Formel: 2Fe,03.3S03+-
ISHoO.
Findet sich mit dem vorigen und überzieht dasselbe krustenartig.
A n h a li g. Ein anderes basisch-schwefelsaures Eisenoxyd ,
welches kugelige Ueberzüge, aus kurzfaserigen , excentrisch zu-
sammengehäuften Individuen bestehend , bildet, hat seidenartigen
Glanz und ist gelblich-grün. Es enthält nach H. Kose: S03 31,73,
Fe203 28,11, H20 36,56, CaO 1,91, MgO 0,59, Si03 1,43 und
daher die Formel: 2(Fe203.2S03)-*-21H20.
Findet sich mit den vorigen in geringerer Menge in Chile und ist
ebenfalls ein secundäres Erzeugniss.
17. Eisensinter i
(Syn. Basisch-schwefelsaures und arseniksaures Eisenoxyd, Eisen-
Pecherz z. Th., Pittizit.)
Derbe, tropfsteinartige und nierenförmige M. , auch als Ueberzug. —
Br. muschelig. H. = 2,5; sp. G. =. 2,4. Halbdurchsichtig bis a. d. K.
durchscheinend. Zwischen Fett- und Glasglanz. Gelblich-, röthlich-,
schwärzlich-braun, die Farben meist in Flecken wechselnd. Strich:
gelblichweiss , zitronengelb.
Y. d. L. zur schwarzen magnetischen Kugel schmelzend, Arsenik-
dämpfe entwickelnd. Im Kolben viel Wasser gebend. Im Wasser roth
durchsichtig, glasglänzend werdend und zerfallend. Das Pulver wird mi
Kalilauge schnell röthlich-braun gefärbt. Ghlt nach Strom : S03 10,04,
As,05 26,06, Fe,03 33,10, H,0 29,26, Mn203 0,64.
246
Brochantit.
Findet sich auf Gangräumen alter Gruhengebäude : Sachsen (Fiel-
lerg und Schneeberg) ; auf Steinkolilen-Lagern : in Schlesien.
18. Kupfervitriol.
(Syn. Schwefelsaures Kupferoxyd, blauer Vitriol, tetartoprismatisches
Vitriolsalz.)
Kryststm. ein- und eingliedrig. Krystf. schiefe rhomboi-
dische Säule. Tropfsteinartig, zellig, zahnig, als Ueberzug und
Anflug , derb , eingesprengt. — Vollkommen spaltbar parallel
den Seitenflächen. Br. muschelig. H. = 2,5; sp. G. = 2,19.
Halbdurchsichtig bis durchscheinend. Gla^glanz. Berliner- und
himmelblau ins Spangrüne. Strich : bläulich-weiss. Geschmack:
stark zusammenziehend , widerlich.
V. d. L. mit Salzsäure befeuchtet die Flamme grün fär-
bend, sich aufblähend, weiss werdend, dann schmelzend und
sich mit Geräusch zu einem Kupferkorn reducirend. Mit Soda
eine Hepar bildend. Im Kolben Wasser gebend. Im Wasser auf-
löslich ; die Auflösung wird durch Ammoniak lasurblau gefärbt
und mit Barytsalzen weiss gefällt. Ghlt. nach Berz. : SO3 31,57,
CuO 32,13, H20 36,30. — Formel: Cu0.S03+5H20.
Findet sich in Höhlungen, Kluften und alten Grubenbauen als se-
cundäres Erzeugniss , entstanden durch Zersetzung von Kupferkies: am
Harz fRanimelsbergJ , im Siegen sehen , Ungarn ('Herrengrund) , Tyrol ,
Spanien , Chile (hier krystallisirt mit schwefelsaurem Eisenoxyde); auch
aufgelöst in manchen Grubenwässern ('CämentwasserJ : in Ungarn, Cornwall.
Ehemals bezog man den Kupfervitriol aus spanischen Bergwerken ;
der jetzt im Handel befindliche wird aber meist aus Kupferkies künstlich
bereitet.
( Königin ist ein sehwefelsaures Kupfer in dicht zusammengehäuften,
kleinen , aber langen rhombischen Säulen von smaragd- und schwärzlich-
grüner Farbe. Seine H. = 2* Es ist matt, hat auf den Spaltungsflächen
Glasglanz und kommt auf sogenanntem eisenschüssigem Kupferoxyd in
Sibirien vor.)
19. Brochantit.
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. gerade rhombische Säule mit
Abstumpfung der stumpfen Seitenkanten; die auf die stumpfen und
scharfen Seitenkanten aufgesetzten Zuschärfungsflächen haben verschiedene
Neigung. Kryst. klein, glatt, aufgewachsen. — Unvollkommen spaltbar.
H. = 3,5; sp. G. = 3,8. Durchsichtig. Glasglanz. Smaragdgrün.
V. d. L. auf Kohle schmelzend und zum Kupferkorn reducirbar.
Mit Soda eine Hepar bildend. Im Kolben Wasser gebend. Auflöslich in
Salpetersäure; die Lösung wird durch salzsauren Baryt gefällt. In Wasser
unauflöslich. Bestdth. nach Magnus: S03 17,42, CuO 66,93, Sn02 3,l4,
TbO 1,04, H*0 11,91. — Formel: 3Cu0.S03-f 3H20.
Findet sidh mit Malachit und Bothkupfererz in Sibirien ; auf Blei—
glanz mit Kupfererzen: Ungarn ■
Blei vilriol.
217
(Ein anderes basisch-schwefelsaures Kupferoxyd hat man kürzlich in
Mexico in einem weissen, kleinkörnigen Sandstein mit rothem , blättri-
gem Kupferoxydul in grossen Massen gefunden, welches nach Berthier
enth.: S03 17,07, CuO 67,90 , H20 0,15 und die Formel: 4Cu0.S03-f-
4H,0. Vergi. Ann. d. Ph. Bd. Y. p, 310.)
20. Cobaltvitriol.
(Syn. Drittel-schwefelsaures Cobaltoxyd.)
; .
Tropfsteinartig, zackig, derb; als Ueberzug und dünner Anflug. —
Br. erdig , zerreiblich. Durchscheinend bis undurchsichtig. Matt bis
seidenglänzend. Fleisch- und rosenroth. Strich: röthlich-weiss. Ge-
schmack : zusammenziehend.
Y. d. L. mit Borax zu blauem Glase schmelzend. Im Kolben erst
Wasser, dann schweflichte Säure entwickelnd. Im Wasser löslich. Ghlt.
nach Kopp : S03 19,74, CoO 38,71, II20 41,55. — Formel: 3CoO.S03-{-
8H20.
Findet sich durch Zersetzung geschwefelten Cobalts entstanden in
alten Gruben: Hessen fBieberJ.
21. Bleivitriol.
(Syn. Schwefelsaures Bleioxyd, YitrioKBleierz , prismatischer Bleibaryt,
Bleisulphat.)
Kryststm. ein- und eiriaxig. Krystf. rhombische Säulen
mit auf die scharfen Seitenkanten aufgesetzter Endzuschärfung ;
diese Form mit abgestumpften scharfen und stumpfen Seiten-
kanten ; Combination der Säule mit dem spitzen rhombischen
Öctaeder , der ersten Endzuschärfung und der Abstumpfung der
scharfen Seitenkanten ; dieselbe Form combinirt mit den Flächen
eines oder mehrerer stumpfen Öctaeder, welche über die Flächen
der letzten liegen. Kryst. oft der Länge nach gestreift, säulen-
förmig oder tafelartig , glatt oder mit einem dünnen Anfluge von
Brauneisenocker; einzeln aufgewachsen oder zu Drusen verbun-
den. Kryst. M. , zerfressen, eingesprengt. — Unvollkommen
'{spaltbar. Br. muschelig bis uneben. H. = 3; spröde; sp. G.
= 6,2 — 6,4. Durchsichtig bis durchscheinend. Stark diamant- bis
fettglänzend. Weiss in’s Graue und Gelbe ; häufig durcii Kupfer-
oxyd grün oder blau gefärbt. Strich : graulichweiss.
V. d. L. decrepitirend ; auf Kohle in der äussern Flamme
zur klaren Perle fliessend , die beim Erkalten milchweiss wird ,
in der innern unter Brausen reducirbar. Mit Soda eine Hepar
gebend. In Salpetersäure schwierig lösbar. Ghlt. nach Strom.:
S03 26,09, PbO 72,46, H20 0,12, Fe203 0,08, Mn02 0,06, Si03
0,50. — Formel : PbO.S(>3.
Ein Erzeugniss der Gänge, aus Bleiglanz entstanden, in Granit,
Thonschiefer, Grauwacke: Baden ( Bade nwe Her ) , Westerwald ( MüsenJ ,
am Harz (ZellerfeldJ ^ Schottland, Cornwall , Sibirien , Spanien.
218 Schwefel-kohlensaures Bleioxyd.
Wird, wo er in Menge vorkoimnt, mit andern Bleierzen auf Blei
benutzt.
Anhang.
Kupfer-Blei- Vitriol. (Syn. Diagonaler Blei-Baryt.) Kryststm.
zwei- und eingliedrig. Krystf. rhombische Säule mit der scharfen End-
fläche und abgestumpften scharfen und stumpfen Grundkanten. — H. ~
3 ; sp. G. = 5,43. Schwach durchscheinend. Diamantglanz. Dunkel-lasur-
blau. Strich: blassblau. Ghlt. nach Biooke: PbO.Sü3 75,4, CuO 18,0,
HaO 4,7. — Formel: Pb0.S03-f-Cu0.2H20.
Kommt in Begleitung von Weiss-Bleierz vor : in Schottland und
Spanien.
22, Schwefel-kohlensaures Bleioxyd ,
(Syn. Schwefelsaures und kohlensaures Bleioxyd, rhombocdrisches
schwefel-kohlensaures Blei, axotomer Bleibaryt ,
rhombocdrisches Bleicarbonat.)
Kryststm . zwei- und eingliedrig. Krystf. rhombische Säulen mit
stark abgestumpften stumpfen Seitenkanten und einer auf diese Abstum-
pfungsflächen aufgesetzten wenig schiefen Endfläche. Kryst. meist tafelartig,
mit gekrümmten, unebenen Flächen, einzelne Flächen glatt und eben ;
einzeln auf- oder zusammengewachsen. Kryst. M. mit blätteriger Textur.
— Br. muschelig. H. = 2,5; sp. G. = 6,5. Halbdurchsichtig mit dop-
pelter Strahlenbrechung , bis durchscheinend. Fett- bis Perlmutterglanz.
Gelblichweiss in’s Graue und Grüne. Strich : weiss.
V. d. L. anschwellend und sich gelb färbend, nach dem Abkühlen
wieder weiss werdend, zum Bleikorn reducirbar. Mit Soda eine Hepar
gebend. In Salpetersäure theilweise mit Brausen lösbar. Ghlt. nach
Brooke: PbO.SCX, 27,5, PbO.CO* 72,5. — Formel: Pb0.S03-f3(Pb0.C02).
Anhang.
1) Prismatisches schwefel-kohlensaures Blei. (Syn.
Kohlen-schwefelsaures Bleioxyd, prismatischer Bleibaryt.) Kryststm zwei-
und eingliedrig Krystf. rhombische Säulen mit einer augitartigen Zu-
schärfung. Kryst. meist sehr klein und undeutlich. H. = 2; sp. G. =
6,8 Durchscheinend. Diamantglanz. Graulichweiss in’s Graue und Blaue.
Strich: weiss.
V. d. L. schmelzend zur weissen Kugel, die metallische Bleitheile
enthält. Im Uebrigen wie die vorige Gattung. Ghlt. nach Brooke: PbO.
S03 53,1, PbO.C02 46,9. — Formel: PbO.S03-f PbO.CO*.
Kommt mit Weiss-Bleierz vor : in Schottland.
2) Kupferhaltiges schwefel-kohlensaures Bleioxyd.
(Syn. Kupferhaltiges Blei-Sulphato-Carbonat.) Kryststm. ein- und ein-
axig. Krystf. gerade rhombische Säule, in der Endigung mit einer auf
die breiten Seitenflächen aufgesetzten Zuschärfung. — Br. uneben. H. =r
3; sp. G. — 6,4. Durchscheinend. Wachsglänzend. Dunkel grasgrün in’s
Blaue.
Bestdth. nach Brooke: PbO.CO., 32,8, PbO.S03 55.8, CuO.CO, 11,4.
Findet sich mit den beiden vorigen in Schottland ( LeadhillsJ .
Alaun.
249
23. Alaun.
(Sy n. Seliwefelsaures Thonerde-Kali, octaedrisches Alaunsalz.)
Kryststm. regelmässig. Krystf. 1) regelmässiges Octaeder ;
2) Würfel; 3) Combinationen dieser beiden Formen; 4) Combi-
nationen des Würfels , Octaeders und Dodecaeders. Zwillinge
mit gemeinscliaftlichen Octaederflächen. Kryst. vollkommen aus-
gebildet , doch oft mit treppenförmig eingefallenen Flächen ;
haarförmig ; kryst. M. ; stängelig abgesondert oder von faseriger
Textur (Federsalz, Federalaun) , tropfsteinartig, auch als
erdiger Beschlag. — Nach den Flächen des Octaeders vollkom-
men spaltbar. Br. muschelig. H. = 2 — 2,5 ; wenig spröde ; sp.
G. — 1,7. Durchsichtig bis undurchsichtig. Glasglanz. Graulich-
und gelblichweiss. Geschmack: süsslich herbe.
V. d. L. anfangs schmelzend , später anschwellend zu einer
weissen unschmelzbaren Masse, welche mit Cobaltlösung befeuch-
tet und geglüht eine schöne blaue Farbe annimmt. Im Kolben
Wasser gebend. Mit Soda geglüht eine Hepar bildend. Im Was-
ser auflöslich ; in der Auflösung bildet Aetzammon einen im
Ueberschuss des Fällungsmittels unlöslichen Niederschlag. Ghlt.
nach Gmelin : S03 33,7, A1203 10,8, KO 10,1, H20 45,4. —
Formel : K0.$034-A1203.3S03-f24H20.
Findet sich sehr - häufig als Ausblühung auf Thon, Alaun- und
Kohlenschiefer: Sachsen (Reichenbach) , Dresden , Schweiz , England ,
Juden; in der Nähe entzündeter Steinkohlenlager: Duttweiler , Frank-
reich (Las alle J ; in der Nähe von Vulkanen: Vesuv, Solfatara , Sicilien.
(Die Berglutter (Steinbutter, Bergseife z. Th.) in nadel- und haar-
förniigen Kryst., traubig und nierenförmig; auf der Lagerstätte zuweilen
noch halbflüssig , gelblich und graulichweiss , scheint ein Gemenge von
Alaun und Eisenoxyd oder auch Eisenvitriol zu sein. Sie kommt iin
Alaunachiefer bei Reichenbach , in Thüringen und Böhmen .vor )*
Anhang.
1) Ammoniak- Alaun. (Syn. schwefelsaures Thonerde-
Ammoniak, Ammoniaksalz.) Gleicht iin Aeussern dem Kali-Alaun
vollkommen. V. d. L. verhält er sich ebenso. Mit Kalilauge
zusammengerieben entwickelt er Ammoniak. Ghlt. nach Lam-
padius : S03 38,58, AJ203 12,34, N2H6 4,12, H20 44,96. —
Formel : N2H6.$03-*-Al203.3$03+ 24H20.
Er kommt auf einem Braunkohlenlager in Tscliermig in Böhmen vor.
2) Mangan-Magnesia-Alaun. Zart und langfaserig ; die Länge
der Fasern belrägt oft 6 par. Zoll. Sie sind theils gerade, theils gebogen,
zuweilen stark gekrümmt und dabei oft dünnstängelig abgesondert. Durch-
scheinend , selbst noch in l/2 Zoll dicken Stücken; schneeweiss ; seiden-
glänzend.
Ghlt. nach Strom. : S03 36,77, A1Z03 11,51, MgO 3,69 , MnO 2,16,
250
Aluminit.
HjO 45,73» KCIj 0^20. — In diesem Salze finden sich MgO.SOj und
MnO.SO, in demselben Verhältnisse, wie im Kali-, Ammoniak- und
Natron-Alaun -das KO.SCL, NaO.S03 u. s. w., ebenso ist auch das Verhältniss
des Krystallwassers dasselbe. ETs ist nach Berz. ein (»eineiige von MgO.
SOa+Al^.aSOa^H^o mit Mn0.S03-f-Al203.3S03-f 2411,0. Dieses Salz
fand man kürzlich in der Capcolonie fSüdafricaJ in einer Grotte als * 2
Fuss hohe Lage.
24. Alaunstein.
(Syn. Basisch-schwefelsaures Thonerde-Kali , Alunit, Alaunspath , rbom-
boüdrisches Alaun-Haloul.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. ein etwas spitzes
Rhomboeder mit der gerade angesetzten Endfläche. Kryst. ineist
klein , oft mit convexen Flächen zu Gruppen und Drusen ver-
bunden und mit Eisenocker bedeckt, Oberfläche glatt oder ge-
streift; kryst. M. oft blätterig, körnig und stängelig abgesondert,
auch derb und erdig. — • Ziemlich vollkommen spaltbar parallel
der Endfläche. Br. uneben , in’s Muschelige und Erdige. H. = 5 ;
spröde; sp. G. = 2,7. Durchsichtig bis a. d. K. durchscheinend.
Aussen matt , innen zwischen Glas- und Perlmutterglanz. Wasser-
hell, weiss in’s Gelbe, Grünliche, Rothe und Braune. Strich: weiss.
V. d. L. unschmelzbar. Mit Cobaltsolution befeuchtet und
geglüht eine schöne blaue Farbe annehmend. Mit Soda geglüht
eine Hepar und im Kolben viel Wasser gebend. Aus dem ge-
glühten Alaunstein nimmt Wasser Alaun auf. In Borax unter
Brausen zu wasserhellem Glase lösbar. Schwefelsäure löst
das Pulver theilweise auf; Salzsäure löst es nur nach dem Glü-
hen auf. Ghlt. nach Cordier : SO3 35,94, AI.Ü3 39,65, KO
10,02, ILO 14,83. — Formel: 3K0.S03+12(A1203.S03) + 2411,0?
Kommt, im Alaunfels und Trachyt vor auf Gängen und in Drusen-
räumen: Indien (Civila-VecliiaJ , Auvergne ( Puy de Sunc/J ; auf den
Inseln Milo und Argcntiera .
Aus dem Alaunstein bereitet man (durch Rösten, Verwittern lassen
lind Auslaugen) den römischen Alaun ( Alumen romanuni ) (Hd.I.p 381.),
der gewöhnlich mit einer eisenoxydhaltigen Erde gemengt ist und durch
Auflösen u. s. w. gereinigt werden kann.
25. Aluminit.
(Syn. Drittel - schwefelsaure Thonerde, reine oder hallesche Thonerde,
Websterit.)
Nierenförmige und knollige M. , bestehend aus höchst feinen
Kryst. oder erdigen Theilen , mit rauher, tlieils von Eisenocker
bedeckten Aussenfläche ; derb, als Ueberzug. — Br. feinerdig,
zerreiblich. Sp. G. = 1,7. Undurchsichtig. Matt. Schneeweiss
in s Graue und Gelbliche. Strich : weiss. Schwach an der feuch-
ten Lippe hängend und wenig abfärbend.
Johannit.
251
V. d, L. unschmelzbar, nur etwas einschrumpfend. In der
Glasröhre anfangs viel Wasser, beim Glühen schweflige Säure
gebend. In Salzsäure leicht lösbar. In Wasser unlöslich und im
übrigen Verhalten gleich dem Alaunstein. Ghlt. nach Strom. :
S03 23,36, A1,03 30,26, HO 46,37. — Formel: Al203.S03-f-
9H20.
Findet sich im Letten mit Gyps und Mergel über dem Ausgehenden
eines Braunkohlenlagers: Halle 3 Frankreich (EpernayJ ; in Klüften der
Kreide : England.
26. Neutrale Schwefelsäure Thonerde.
Weisse durchscheinende, perlmutterglänzende Blättchen oder weisse
Massen. GMt. nach H. Rose : S03 36,97, A1,03 14,63, H,0 44,64, Fe203
2,58, MgO 0,t4, Si03 1,37. — Formel: Al2Ö3.3S03-{-18H20.
Sie findet sich mit Eisenoxydsalzen : in Chile fProv. Coquimbo) 3
und mit Gyps und der durch Schwefelsäure veränderten tracnytischen
Gebirgsart im Krater des Vulkans von Pasto.
27. Johannit.
(Syn. Basisch-schwefelsaures Uranoxydul, Uran- Vitriol )
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Kryst. sehr klein , zu traubenfÖr-
migen Drusen verbunden; nadei- und haarförmig. — Br. muschelig. H.
— 2 — 2,5; sp. G. = 3,19 Halbdurchsichtig. Glasglanz. Grasgrün, Strich:
blass zeisiggrün. Geschmack: bitter, etwas zusammenziehend.
V. d. L. in Borax zu grünem Glase lösbar. Mit Soda eine Hepar,
und länger in der innern Flamme gehalten zu metallischen Kupferkörnern
reducirbar. In der Glasröhre viel Wasser gebend mit Hinterlassung einer
schwärzlich-braunen zerreiblichen Masse, Im Wasser etwas, in Salpeter-
säure vollkommen auflösbar Die Lösung wird durch Ammoniak orangen-
gelb gefällt. Ghlt. nicht genau bekannt, vermuthlich U203 , S03 , II20
und wenig CuO.
Kommt als secundäres Gebilde auf andern Uranerzen vor: Böhmen
(JoachimslhalJ.
GRUPPE XVIII. SILICATE VON NATRON, KALK UND
THONERDE, VEREINIGT MIT SULPHATEN.
Die Mineralien dieser Gruppe gehören zum regelmässigem
Systeme ; die herrschende Krystallform ist das Dodecaeder. Der
Bruch ist muschelig oder uneben in’s Körnige ; sie werden vom
Feldspath geritzt und ritzen den Apatiispath , haben ein spec.
Gew. von 2,3 bis 2,5, sind durchsichtig bis an den Kanten
durchscheinend, haben Glasglanz und weisse, blaue, braune
oder graue und schwarze Farbe. Das Strichpulver ist weiss
oder lichte blau. V. d. L. schmelzen sie zu weissem Glase,
252
Lasurstein.
bilden mit Soda eine Hepar, geben im Kolben wenig oder kein
Wasser und sind in Salzsäure zu einer Gallerte löslich. Die
davon abfiltrirte Flüssigkeit wird von Barytsalzen w eiss gefällt.
1. llaiiyn.
(Syn. Nosin, Nosean , Spinellan.)
Kryststm. regelmässig. Iirystf. Dodecaeder und Combina-
tionen desselben mit dem Octaeder und Ikositetraeder. Kryst.
sehr klein , uneben oder glatt , auch mit zugerundeten Kanten ,
eingewachsen oder zu Drusen gruppirt; Körner und kryst. kör-
nige M. ; eingewachsen. — Unvollkommen spaltbar parallel den
Dodecaederflächen. Br. muschelig. H. = 5,5 — 6,5 ; sp. G. =
2,3 — 2,4. Durchsichtig bis a. d. K. durchscheinend. Glasglanz.
Weiss in’s Lichte- bis Dunkelblaue und Schw ärzliche ; kastanien-
braun in’s Schw ärzliche ; grün in’s Blaue ; schwarz. Strich :
weiss.
V. d. L. schwer schmelzend zu einem weissen Glase; in
Borax unter Brausen zum klaren , beim Abkühlen gelb werden-
dem Glase , lösbar. Mit Soda eine Hepar gebend, ln Salzsäure
leicht zur Gallerte lösbar. Die filtrirte salzsaure Auflösung wird
von Barytsalzen gefällt. Ghlt. des Ilaüyns vom Laacher See
nach Beryemann: SiOs 37,00, SO3 11,56, ALO3 27,50, NaO
12,24, CaO 8,14, Mn02 0,50, FeO 1,15, H20 1,50 , HS Spur.
Statt des NaO haben andere Varietäten KO.
Kommt in vulkanischen Gesteinen vor: am LaacherSee mit glasigem
Feldspath und Bimstein; im Trass : Tönnisstein ; im Peperin: Jlbano
und Marino ; in Auswürflingen des Vesuvs ; in verschlacktem Basalt zu
Niedermennig ; im Dolerit: Auvergne.
(Der lltnerit in derben, dunkelblau lieh-, rauch- und aschgrauen M. im
Dolerit des Kaiserstuhls im Breisgau gehört auch wohl hierher. Er enthält
nach C. G. Gmelin : Si03 30,01, A1,03 28,40, MgO 5,23, NaO 11,28, KO
1,56, Fe203 0,61, Ca0.S03 4,89, NaCL, 1,61, H,0 und HS 10,75.)
2. Lasurstein.
(Syn. Doclecaüdrischer Lasurspath, armenischer Stein , Lapis Lazuli.)
Kryststm. regelmässig. Krystf. Dodecaeder. Kryst. sel-
ten, mit rauher Aussenfläche ; derb mit kleiner und feinkörniger
Textur; stumpfeckige Stücke; Körner; eingesprengt. — Nach
den Flächen des Dodecaeders unvollkommen spaltbar. Br. un-
eben , klein- und feinkörnig. H. = 5,5 ; sp. G. = 2,5 — 2,9.
A. d. K. schwach durchscheinend. Glasglanz schwach. Lasurblau
in’s Schwärzliche. Strich : lichte blau.
V. d. L. leicht schmelzbar zu w eissem Glase. In Borax
unter Brausen zum klaren Glase lösbar. Im Kolben w enig Wasser
Kali-Salpeter.
253
gebend. Mit Soda eine Hepar bildend. Bas Pulver wird von
Salzsäure entfärbt, entwickelt Schwefelwasserstoff und giebt
eine Gallerte: die davon abliStrirte Flüssigkeit wird von Baryt-
salzen gefällt. Ghlt. nach L. Gmelin: Si03 49,0, S03 2,0,
A1203 11,0, NaO 8,0, CaO 16,0, MgO 2,0, FeO 4,0, H20 und
HS Spuren.
Kommt auf Gängen im altern Gebirge vor: Sibirien, Tibet ; mit
eingesprengtem Eisenkies und körnigem Kalk: kleine Bucharei > China
Chile.
Der Lasurstein wurde ehemals als Arzneimittel benutzt. Seine wich-
tigste Anwendung ist die zur Bereitung des Ultramarins , einer der fein-
sten und dauerhaftesten blauen Malerfarben. Auch verwendet man ihn
als Schmuckstein, zu Dosen, Vasen, kleinen Bildsäulen, Uhrgehäusen,
selbst zu architektonischen Verzierungen und zur Stein-Mosaik.
GRUPPE XIX. SALPETERSAURE SALZE.
Die Salpetersäuren Salze gehören zum ein- und einaxigem
und drei- und einaxigem Krystall-Systeme. Die natürlich vor-
kommenden Krystalie sind aber in der Regel sehr klein und un-
deutlich ; gewöhnlich bilden sie flockige Efflorescenzen und rin-
denartige Ueberzüge. Der Bruch ist muschelig. Sie besitzen
höchstens die Härte des Gypsspathes , sind weich oder milde
und haben ein spec. Gew. = 2,0 bis 2,9, sind durchsichtig bis
durchscheinend , wasserhell, glasglänzend. Der Natron-Salpe-
ter besitzt ausgezeichnete doppelte Strahlenbrechung. V. d. L,
verpuffen sie auf Kohlen und lassen eine alkalische Masse zurück.
Im Wasser sind sie leicht löslich und schmecken kühlend oder
bitter.
/. Kali-Salpeter .
(Syn. Salpetersaures Kali, Natürlicher Salpeter , prismatisches Nitrumsalz.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. gerade rhombische
Säule mit einer auf die scharfen Seitenkanten aufgesetzten End-
zuschärfung und abgestumpften scharfen Seitenkanten. Kryst.
nadelförmig, parallel den Randkanten gestreift; flockige oder
derbe M., als rindenartiger, theils traubiger Ueberzug ; Text,
zuweilen faserig. — Spaltbar parallel den Seitenflächen der
Säule, aber unvollkommen. Br. muschelig. H. = 2; milde; sp.
G. = 2,0. Halbdurchsichtig bis durchscheinend. Glasglanz,
schimmernd, matt. Weiss in’s Graue und Gelbe. Strich: weiss.
Geschmack: salzig kühlend.
V. d. L. am Platindraht leicht schmelzend zur weissen,
durchscheinenden Masse ; die Flamme violett färbend. Auf glü-
henden Kohlen verpuffend. In Wasser leicht löslich. Die Lösung
2 >1
Kalk-Salpeter.
wird von kohlensaurem Kali nicht gefällt. Ghlt, : KO 53,13,
N205 46,51 , gewöhnlich mit andern Salzen verunreinigt. —
Formel : K0.N205.
Blüht aus auf Kalkstein, Kreide, Mergel, Sandstein, in Hohlen und
auf der Oberfläche des Bodens: Bnrkardus Höhle bei Wwrzburg ; Kreide-
gebirge bei Paris, Gegend von Göttingen , Apulien f Pulo di MolfettaJ ,
Malta , Brasilien , Arragonien , Zeylm (hier sind 22 theils natürliche,
theils künstliche Höhlen, wo Salpeter gewonnen wird), Tartarei , China.
Der natürliche Salpeter wird gereinigt und zu pharmaceutischen und
technischen Zwecken sehr häuGg und vielfältig benutzt, z. B. zuin Reini-
gen und Verarbeitei edler Metalle, Einsalzen des Fleisches, besonders
zur Bereitung des Schiesspulvers. (Ueber die Prüfung des Rohsalpeters,
besonders zu diesem Zwecke, vergl. die Abhandlung von Dr. Meyer in
Erdmanns und Schweigger's Journ f. prahl. Chemie I. p. D6.)
2. Natron-Salpeter.
(Syn. Salpetersaures Natron, Zootinsalz, cubischer Salpeter.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. Rhomboeder mit der
gerade angesetzteirEiidfläche. Kryst. und kryst. M. ; Text, kör-
nig. — Vollkommen spaltbar parallel den Kernflächen. Br. mu-
schelig. H. = 1,5—2; sp. G. = 2,09. Durchsichtig; doppelte
Strahlenbrechung sehr stark. Glasglanz. Weiss. Strich : weiss.
Geschmack : kühlend und etwas bitter.
V. d. L. am Platindraht schmelzend , die Flamme gelb fär-
bend. Auf glühenden Kohlen verpuffend. Im Wasser löslich. Die
Lösung wird von kohlens. Kali nicht gefällt. Ghlt. des Perua-
nischen nach Lecanu : Na0.N205 96,69 , NaCl2 1,30 , H20 2,00
und Spuren K0.S03. — Formel : Na0.N205.
Findet sich in Lagern von ungleicher Mächtigkeit im Thon auf eine
Erstreckung von mehr denn 50 Meilen : Peru (Distrikt Atakama , in der
Nähe des Hafens von Ycjuinque).
Wird in Frankreich zur Bereitung der Salpetersäure verbraucht.
3. Kalk-Salpeter.
(Syn. Salpetersaurer Kalk, Nitro-Calcit , Mauersalpeter.)
Kryststm. drei- einaxig? Zarte haar- und nadel förmige
Kryst. (regelmässige sechsseitige Säulen?); krustenartiger Ueber-
zug, flockige Efflorescenz , erdiger Beschlag. — Weich. Durch-
scheinend. Wasserhell , schneeweiss. Strich : weiss. Geschmack :
scharf und bitter.
V. d. L. schmelzend , die Flamme gelb färbend. Auf glü-
henden Kohlen verpuffend und einen weissen Kalkrückstand
lassend. An der Luft zerffiessiieh ; in Wasser leicht löslich. Die
Lösung wird von kohlensaurem Kali gefällt. Ghlt. nach Kir-
wan : CaO 32,0, N205 57,5, H20 10,5. — Formel : Ca0.N205.
Steinsalz.
255
Findet, sich als Ausblühung der Erdoberfläche: Africa , Spanien ;
n Kalkhöhlen: Kentucky ,* an Wänden alter Strecken, an Mauern von
kellern, Gewölben, Kasematten, Viehställen u. s. w.
Wird zur Bereitung des Kalisalpeters benutzt.
Gleichzeitig mit dem Kalksalpeter findet sich in den Kalkhöhlen von
Kentucky ein weisses , flockiges, zerfliessliches Salz, das aus 72 N,05 und
>8 MgO besteht und also ein Magnesia-Salpeter (J$ itro- Magnesit )
st.
(Die Bildung obiger drei Gattungen von Salpeter dauert noch jetzt
'ort. Ueber Theorie der Salpeterbildung vergl. Gaultier Je Claubry in
Erclm. Journ. für techn. Chemie Bd. 17. p. 296 und Fournet im L’lnsti-
,u t T. 1833 Nro. 31. p- 258.)
IV. ORDNUNG.
Verbindungen von Salzbilder n.
GRUPPE I. CHLORMETALLE.
Die Mineralien dieser Gruppe krystallisiren im regelmässi-
gem und ein- und einaxigem Systeme. Der muschelige bis flach-
muschelige Bruch geht selten in’s Ebene über. Die mehrsten
überschreiten nicht die Härte des Gypsspaths , sondern werden
davon geritzt; Bleierz von Mendip und Atakamit haben Kalk-
bis fast Flussspathh&rte. Sie sind wenig spröde bis milde ; das
Silberhornerz ist geschmeidig. Das spec. Gew. der mehrsten
wechselt von 5,5 bis 7,1. Salmiak hat das Geringste = 1,45
und Steinsalz — 2,3. Sie sind am häufigsten durchscheinend,
doch kommen auch Durchsichtige und selten Undurchsichtige vor.
Viele zeigen Diamantglanz , auch Fett- oder wachsartigen Glas-
glanz. Die weisse Farbe zeigt viele Uebergänge in fast alle
Farbenarten; Atakamit ist immer grün. V. d. L. sind sie alle
schmelzbar oder flüchtig. Die nicht-flüchtigen mit Phosphorsalz
und Kupferoxyd zusammengeschmolzen färben die Flamme schön
blau; diese Eigenschaft zeigt Atakamit schon für sich. Silber-
und Quecksilberhornerz ausgenommen sind sie in Wasser oder
verdünnter Schwefelsäure löslich; die Lösungen werden von sal-
petersaurem Silber gefällt.
I. Steinsalz.
(Syn. Chlornatrium, salzsaures Natrum, Kochsalz, hexaedrisches
Steinsalz.)
Kryststm. regelmässig. Krystf. 1) Hexaeder, diese Form
erscheint am häufigsten; 2) Combination desselben mit dem Oc-
taeder; 3) mit dem Tetrakishexaeder; 4) mit dem Dodecaeder
256
Salmiak.
und Tetrakishexaeder; 5) Combination des Octaeders mit dem
Hexaeder. Kryst. glatt, auch rauh und uneben, einzeln aufge-
wachsen, drüsig verbunden, oft treppenartig zusammengehäuft.
Äfter-Krystalle nach Bitterspath-Gestalten ; kryst. M. plattenför-
mig, tropfsteinartig, eingesprengt , derb. Text, blättrig (blättri-
ges Steinsalz ), faserig bis strahlig , theils gerade, theils gebo-
gen laufend (faseriges Steinsalz) , auch fein- bis grosskörnig
( körniges Steinsalz). — Vollkommen spaltbar parallel den Flä-
chen des Hexaeders. Br. muschelig. H. = 2 ; wenig spröde ;
sp. G. — 2,2 — 2,3. Durchscheinend bis durchsichtig. Zwischen
Fett- und Glasglanz. Weiss, grau, blau, grün, gelb, roth. An-
genehm salzig schmeckend.
V. d. L. in der Lichtflamme schon schmelzbar; die Flamme
gelb färbend. Auf Platinblech zur klaren, nach dem Gestehen
unklar werdenden Masse fliessend. In der Glasröhre decrepiti-
rend. Im Wasser löslich; das Knistersalz von I Vieliczka stösst
beim Auflösen unter Detonation grosse Blasen von Wasserstoff-
gas aus. Ghlt. nach Berliner: Na€l2 99,3, CaO.S03 0,5,
A1203 0,2 ; das rothe enthielt noch Fe203 0,2. — Formel : NaCl2.
Im Steinsalz von llallein und Berchtesgaden hat Vogel KCl2
nach gewiesen und in einigen andern Salmiak.
Kommt häufig in grossen Lagern , Stücken oder eingesprengt vor ,
mit Schwefel im Uebergangskalk: ßex, Hallein ; in der Muschelkalkfor-
mation zwischen Thon und Gyps : JVürtemberg , Baden, Spanien ,* im
grünen Sandstein: Gallizien ('JVieliczka , BochniaJ ; die Oberfläche der
Laven bekleidend: Vesuv , Hecla, Insel Bourbon ; ferner überzieht es
die Steppen am Kaspischen Meere und Aralsee, die Salzebene in Ha-
besch, die Wüsten im nördlichen Africa, oft weite Strecken, als Aus-
blühung der Erdoberfläche. Endlich finden wir es aufgelöst in Meer-
wasser und manchen Landseen, in Salzquellen u. s. w. ( Späh nenntman
in IVieliczka ein dünnstängelig abgesondertes Steinsalz.)
Die Wichtigkeit des Chlornatriums, sowohl für den pharmaceutischen
als ökonomischen und technischen Gebrauch, ist bekannt genug.
2. Salmiak.
(Syn. Chlorammonium, octaedrisches Ammoniaksalz.)
Krysistm. regelmässig. Kryst f. 1) Octaeder; Combination
desselben 2) mit dem Hexaeder ; 3) mit dem Dodecaeder , und
4) mit dem Ikositetraeder. Kryst. glatt , oft haarförmig ; kryst.
M. tropfsteinartig*, traubig, kugelig, flockig, als krustenartiger
und mehliger Ueberzug. — Spaltbar parallel den Flächen des
Octaeders. Br. muschelig. H. = 1,5 — 2; milde; sp. G. = 1,45.
Durchsichtig bis undurchsichtig. Glasglanz bis matt. Wasser-
hell, weiss in’s Gelbe, Graue, Braune und Schwarze. Ge-
schmack: scharf, stechend.
V. d. L. in der Glasröhre ohne zu schmelzen sublimirend.
Atakamit.
257
Im Wasser löslich; mit Kalilauge Ammoniak entwickelnd, Ghlt.
nach Klapr. : N2H8C12 '99,5 , N2H6.S03 0,5, — Formel : NoH«
Cl2 oder N2H6.C12H2.
Kommt als Rinde oder Beschlag auf Laven vor: Aetna , Vesuv
Liparij Lancerote , Bourbon , Vulkane der Tartarei und America'*'
auch auf Erdbrand-Erzeugnissen : Lyon, Rheinbaiern (GlanJ , Duttweiler.
Der natürliche Salmiak wird, wo er in grösserer Menge vorkommt,
gereinigt, und dann in der Pharmacie, von Metallarbeitern zum Verzin-
nen und Löthen, in der Färberei u. s. w, verbraucht.
3. Cotunrät.
(Syn. Chlorblei.)
Kryst. sehr klein, sechsseitige rectanguläre Säulen, nadel-
oder haarförmig, flockig; kryst. M. , knollig, mehlig; Text,
blätterig und körnig. — Leicht spaltbar. Sp, G. = 5,24. Durch-
sichtig. Diamantglanz. Farblos, weiss.
V. d. L. leicht schmelzend; die Flamme rauchblau färbend ;
die Kohle beschlagend. In der Lichtflamme schon reducirbar. In
Salpetersäure ohne Brausen auflöslich. Ghlt. nach v. Kobell:
CI 25,48 , Pb 74,32. — Formel : PbCI2.
Findet sich nur am Krater des Vesuvs.
4 . Bleierz von Mendip .
(Syn. Basisches Chlorbiei, peritomer Blei-Baryt.)
Kryststm . ein- und einaxig. Krystf. gerade rhombische
Säule mit einer auf die stumpfen Seitenkanten aufgesetzten Zu-
schärfung. Kryst, und kryst. Massen. — Br. muschelig in’s
Unebene. H. = 3; wenig spröde; sp. G. = 7,0— 7,1. Durch-
scheinend. Diamantglanz. Gelblichweiss in’s Strohgelbe und Rothe.
V. d. L. auf der Kohle unter Entwickelung von Hydrochlor-
säure reducirbar. In verdünnter Salpetersäure ohne Brausen lös-
bar. Ghlt. nach Berz. : PbCl2 34,63, PbO 55,82, PbO.CO, 7,55,
Si03 1,46, H20 0,54.
Findet sich mit Mangan- und Bleierzen, Kalkspath : Sommersetshirt
('Churchill in den Mendip-Hiigeln).
5. Atakamit.
(Syn. Salzsaures Kupfer, basisches Chlorkupfer, Salzkupfererz,
Smaragdo-Calcit.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. gerade rhombische
Säule mit gerader Abstumpfung der scharfen Seitenkanten und
mit Zuschärfungen, welche entweder auf die scharfen oder auf
Geigers Pharmacie . 11 1, (2 te Aufl.)
258
Silber-Hornerz.
die stumpfen Seitenkanten aufgesetzt sind; Combination der
rhombischen Säule mit dem rhombischen Octaeder. Kryst. sel-
ten, in der Richtung der Hauptaxe gestreift, nadel- und haar-
förmig, zu Drusen verbunden; nierenförmige, traubige , tropf-
steinartige Massen ; Text, blätterig in’s Strahlige ; derb , einge-
sprengt, angeflogen. — Vollkommen spaltbar parallel den Ab-
stumpfungsflächen der Seitenbauten. Br. uneben. H. = 3 — 3,5 ;
wenig spröde; sp. G. — 4,0. A. d. K. durchscheinend. Wachs-
bis Glasglanz. Smaragd-, lauch- und grasgrün ins Schwärz-
lichgrüne. Strich : apfelgrün.
V. d. L. auf Kohle schmelzend , zum . mit einer Schlacke
umgebenem, Kupferkorne reducirbar ; die Flamme für sich blau
färbend. Im Kolben Hydrochlorsäure gebend. Im Wasser unlös-
lich; in Salpetersäure löslich. — Formel: CuCl24-3Cu0-t-4H20.
Kommt auf Gängen mit andern Kupfererzen, Quarz, Chalzedon,
Eisenerzen u. s. w. vor, Chili, Peru (mit Silbererzen), Sachsen , Rhein-
breitbach; als Ueberzug und Anflug auf Spalten-Wänden der Laven des
Vesuvs aus den Jahren 1804, 1805, 1820, 1822.
6. Silber -Hornerz.
(Syn. Chlorsilber, Hornsilber, salzsaures Silberoxyd, hexaedrisches
Perlkerat.)
Kryststm. regelmässig. Krystf. 1) Hexaeder mit Octaeder-
und Dodecaederflächen; die letztem oft vorherrschend; 2) Oc-
taeder; 3) Dodecaeder. Kryst. meist sehr klein, zuweilen ge-
streift oder trichterförmig ausgehöhlt, einzeln aufgewachsen oder
reihen- und treppenförmig verbunden; als rindenartiger Ueber-
zug; derb und eingesprengt. — Br. flachmuschelig in’s Erdige.
H. = 1—1,5; geschmeidig; sp. G. = 5,5. Durchscheinend.
Diamantglanz zum Fettglanze neigend. Perlgrau und lavendel-
blau; auf frischem Bruche gelblichweiss ; aussen leicht braun
werdend. Strich: weiss, glänzend.
In der Lichtflamme schmelzend. V. d. L. zu einer bräun-
lichen Perle, auf Kohle in der innern Flamme zum Silberkorne
schmelzend. In Salpetersäure unauflöslich. Ghlt. nach Klapr.:
CI 24,66 , Ag 75,34. — Formel : AgCl2.
Findet sich im altern Gebirge auf Silbergängen mit Silber-, Kupfer-
und Bleierzen, Kalk- und Barytspath, Quarz: Peru (HuantojayoJ ,
Mexico fCatorae FresnilloJ , Erzgebirge (SchneebergJ , Eöhmen , Nor-
wegen , Sibirien.
In Mexico und Peru findet das Chlorsilber sich so häufig, dass es
auf Silber benutzt werden kann.
Sodalith.
259
7. Quecksilber-Hornerz.
(Syn. Chlorquecksilber, pyramidales Perlkerat , gediegenes Sublimat )
Kryststm. zwei- und einaxig. Krystf. gerade quadratische
Säule combinirt mit den Flächen des Quadrat-Octaeders. Kryst.
selten, sehr klein, glatt und meist zu zarten Drusenhäufchen
verbunden; derb, eingesprengt , angeflogen. — Br. muschelig
ins Unebene. H. = 1,5; milde: sp. G. = 6,4— 6,5. A. d. R.
durchscheinend. Starker Diamantglanz. Asch- und gelblichgrau.
Strich: weiss.
V. d. L. auf Kohle verfliegend. Im Kolben suhlimirend und
mit Soda reducirbar. Ghlt. nach L. Gmelin: €1 15,1 , Hg 84,9.
— Formel: Kg€l2.
Findet sich mit den andern Quecksilbererzen im Zweibrücken scheu
(Moschei), Krain fldriaj , Böhmen , Spanien .
GRUPPE II. SILICATE MIT CHLORMETALLEN.
Die Mineralien dieser Gruppe krystallisiren theils im drei- und
einaxigem, theils im regelmässigem Systeme, sind auf dem Bruche
uneben oder muschelig (Sodalilh) , ritzen den Kalkspath und
werden vom Quarz geritzt , sind spröde und haben ein spec.
Gew. = 2,3 — 2,9. Sie sind durchscheinend bis a. d. K. durch-
scheinend, besitzen Glasglanz und eine bei den einzelnen Gat-
tungen ändernde Farbe. Das Strichpulver ist in der Regel
weiss, selten lichte grün. V. d. L. sind sie schmelzbar; mit
Kupferoxyd und Phosphorsalz zusammen geschmolzen , färben
sie die Flamme blau. Von Salzsäure werden sie aufgelöst und
bilden entweder eine Gallerte oder die Kieselerde wird pulverig
ausgeschieden (Pyrosmaliih).
i. Sodalith.
(Syn. Dodecaedrischer Kuphonspath.)
Kryststm. regelmässig. Krystf. Dodecaeiler mit untergeordneten Oc-
taeder- und Ikositetraederflächen. Kryst. nicht selten mit unebenen, ge-
krümmten Flächen und zugerundeten Kanten: auf- und eingewachsen ;
Körner; derb; Text, körnig. — Spaltbar parallel den Octaederflächen.
Br. muschelig. H. = 5,5 — 6; spröde; sp. G. =• 2,3 — 2,4. Durchschei-
nend. Glasglanz. Weiss in’s Graue, Grüne, Gelbe; himmelblau. Strich:
weiss.
V. d. L. leicht schmelzbar (2,5 — 3) zu farblosem Glase; in Borax
schwierig lösbar; das Glas opalisirt beim Abkühlen; mit Phosphorsalz
und Kupferoxyd zusammengeschmolzen die Flamme blau färbend. In Sal-
petersäure leicht zur Gallerte lösbar. Die filtrirte Lösung wird von salpe-
tersaurem Silber weiss gefällt. Ghlt. des S. yom Fesuv nach Arfv. ;
260
Eudialyt.
SiO- 35,99, A1203 32,59, NaO 26*55, H>CL 5,30. — Formel nach von
Kobell : NaCla-j-3Na0.Siö3+3(Al203.Si03).NaCI2+2Alz03-f-2(3Na0.Si0g+
2 Vl203.2Si03).
Kommt in Drusenräumen alter vulkanischer Auswürflinge vor: Vesuv
(Jossa grandej ; in verglastem Felclspath-Gesteine : Laacher See ; im
Glimmerschiefer : Grönland.
2. Pyrosmalith .
(Syn. Pyrodmalith , salzsaures Eisen.)
Kryststm. drei- und einaxig. Kvystf. sechsseitige Säule , deren ab-
wechselnde Endkanten abgestumpft sind. Kryst. glatt , meist überdeckt
mit rauher Rinde; derb; Text, blättrig. — Spaltbar parallel der gerade
angesetzten Endfläche. Br. uneben in’s Splittrige. H. = 4; spröde; sp.
G. =. 2,95. A. d. K. durchscheinend. Glasglanz. Leberbraun in’s Grüne
und Graue. Strich : lichte-grün-
V. d. L. auf Kohle zur magnetischen Kugel schmelzend (2). Mit
einem Glase von Pliosphorsalz und Kupferoxyd zusammen geschmolzen
die Flamme blau färbend. In Borax leicht zum gefärbten Glase lösbar.
In der Glasröhre zuerst Wasser, bei stärkerer Hitze Eisenchlorid gebend.
In Salzsäure mit Ausscheidung der Kieselerde lösbar ohne Gallerte
zu bilden. Ghlt. nach Hisinger : Si03 35,85, FeO 21,81, MnO 21,14,
Fe2Cl6 14,09, H20 5,89, CaO 1,21. — Formel: Fe.Clß-f Fe203.6H,0-f-
4(t e0.2Si03+3Mn0.2Si03).
Findet sich auf Magneteisen-Lagern mit Hornblende und Quarz :
Schweden.
3. Eudialyt.
(Syn. Zweidrittel - kieselsaures Natron - Kalk - Eisenoxydul - Manganoxydul
und Zirkonerde mit Chlornatrium, rhombocdrischer Amandinspath.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. Rhomboeder mit der gerade an-
gesetzten Endfläche ; Combinatioaen des Rhomboeders mit den sechsseiti-
gen Säulen als Abstumpfungen der Seitenkanten und Seitenecken. Kryst.
glatt; kryst. M. — Spaltbar »parallel der gerade angesetzten Endfläche.
Br. uneben. H = 5,5 ; sp. G. =. 2,89. A. d. K. durchscheinend. Zwi-
schen Glas- und Fettglanz. Pfirsichblüthroth in’s Braune. Strich : weiss.
Y. d. L. zu hellgrünem Glase schmelzend (2,5). In Borax zu
klarem Glase lösbar. Im Kolben Wasser gebend. Mit Phosphorsalz und
Kupferoxyd zusammen geschmolzen die Flamme blau färbend. Das Pulver
gelatinirt mit Salzsäure. Ghlt nach Strom.: Si03 55,32, Zr203 11,10,
CaO 9,78, NaO 13,82. Fe203 6,75. MnO 2,06, 1LCL 1,03, H2Ö 1,80. —
Formel : NaCl2-f-(3Ca0.2Si03-f-Zr203.Si03)-|-(3Na0.2Si03-J-Fe203.Si03).
Kommt auf einem Lager über Gneis mit Augit , Feldspath, Horn-
blende und Sodalith vor: Grönland.
Apatit. 261
GRUPPE III. PHOSPHATE UND ARSENIATE MIT
CHLORMETALLEN.
Die Mineralien dieser Gruppe krystallisiren im drei- und
einaxigem Systeme, haben einen muscheligen Bruch, der bei’m
Pyromorphit in’s Unebene neigt, Kalk- bis Apatitspathitäxte
und sind spröde. Das geringste spec. Gew. besitzt der Apatit
— 3,1 , das grösste der Vanadinbleispath = 7,2. Apatit und
Pyromorphit sind zuweilen durchsichtig, die übrigen durchschei-
nend bis undurchsichtig. Fast alle zeigen Fettglanz , der bei’m
Jledyphan diamantartig wird. Die Farben wechseln sehr ; das
Strichpulver ist gewöhnlich lichte gelb oder weiss. — V. d. L.
theils leicht , theils schwierig schmelzbar ; zuweilen auf Kohle
Arsenikrauch entwickelnd oder auch mit Schwefelsäure befeuchtet
die Flamme blau färbend. In Salpetersäure lösbar; die Lösung
wird von essigsaurem Blei gefällt.
1. Apatit .
(Syn. Phosphorsaurer Kalk mit Chlorcalcium (letzteres zuweilen durch
Fluorcalcium ersetzt), phosphorsaurer Kalk, rhombocdrisches
Flusshaloid.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. sechsseitige Säule
mit der gerade angesetzten Endfläche ; die Seitenkanten dersel-
ben kommen auch abgestumpft vor durch die Flächen einer zwei-
ten sechsseitigen Säule. Combination der primitiven Säule mit
den Flächen eines Hexagondodecaeders ; diese Form mit mehr
oder weniger vorherrschender gerade angesetzter Endfläche
und abgestumpften Seitenkanten. In der Endigung finden sich
oft zugleich mehrere stumpfere oder spitzere Hexagondodecaeder-
flächen, welche übereinander liegen, und abgestumpfte Ecken
durch auf die Seitenkanten der Säule aufgesetzte Hexagondo-
decaederflächen. Kryst. meist kurz, tafelartig. — Spaltbar pa-
rallel den Flächen der sechsseitigen Säule und der gerade an-
gesetzten Endfläche. Br. muschelig. H. = 5; spröde; sp. G.
— ‘3,18 — 3,25. Durchscheinend, seiten durchsichtig. Fettglanz.
Strich : weiss. Das erwärmte Pulver mit gelbem Scheine plios-
phorescirend.
V. d. L. schwierig und nur an den Kanten zu einem farb-
losem Glase oder weissem Email ( Faser-Apatit ) schmelzend
(4,5 — 5). Mit Schwefelsäure befeuchtet die Flamme blass bläulich
grün färbend. In Borax zu klarem Glase lösbar. In Salpeter-
säure lösbar. Die salpetersaure Lösung wird von essigsaurem
Bleioxyd gefällt. GMt. nach Rose a. des A. von Snaxum , b.
des A. von Tyrol ;
262 Apatit.
CaO
P205
h2cl
K,F,
a. 5t),17
41,48
2,10
1,25
b. 55,86
42,01
0,05
2,08.
Formel : Ca[Ci2,
K,]+3(3C'a0.P,05).
Arten.
i) Ap atitspath. (Syn. Blättriger und muscheliger Apatit,
Spargelstein , Moroxit.) Kryst. oft mit gestreiften Seitenflächen ,
Kanten und Ecken , zuweilen zugerundet , einzeln ein- und auf-
gewachsen, gewöhnlich drüsig verbunden, selten nadelförmig;
kryst. M. rundliche Körner; derb, eingesprengt ; Text, blättrig.
Wasserhell, graulich, weiss ins Perlgraue; blau, roth, braun
und grün. (Bei den weissen Varietäten zeigt sich zuweilen ein
bläulicher Lichtschein, wenn man senkrecht auf die Hauptaxe
sieht).
Kommt als Gemengtheil mancher Felsarten vor, im Granit: Sachsen
{"Greife nsteinj , Frankreich , Grönland , Baltimore ; im Gneis: Freiburs, ;
im Talk: Zillerthal ; im Hornblendegestein: Tyrol ; im körnigem Kalk:
Finnland ; im Glimmerschiefer: Norwegen ; im Dolerit: Kaiserstuhl ■ auf
Gängen und Drusenräumen mit Zinnerz, Scheelit, Topas: Böhmen , Erz-
gebirge,' auf Magneteisenlagern: Norwegen und Schweden ; in vulkani-
schem Gesteine , gemengt aus glasigem Feldspath und Hornblende : Laa-
cher See , Albano bei Rom , Vesuv.
2) Faseriger Apatit. (Syn. Phosphorit.) Traubige,
nierenförmige , tropfsteinartige M. ; Text, strahlig-faserig. —
Br. uneben in’s Feinsplittrige. Weiss in’s Gelbe, Graue und
Braune ; roth gefleckt. (Phosphorescirt durch Reiben.)
Kommt auf Zinnerzgängen vor: Schlaggenwalde ; im Jurakalk: Am-
berg ; als Felsmasse : Estremadura.
3) Erdiger Apatit. (Syn. Erdiger Phosphorit.) Staub-
artige , lose Theile. Weiss in’s Graue , Grünlichgraue. Rauh
anzufühlen.
Füllt eine Kluft im Quarze: Ungarn ('SzigelhJ.
In Spanien dient der Faserapatit, wo er in grosser Menge vorkommt,
als Baustein. Man könnte den Apatit auch zur Darstellung des Phosphors
und der Phosphorsäure benutzen.
Der Ledererit von Neu-Scliottland kommt mit Mesotyp, Stilbit
und Analcim in einer basaltischen Gebirgsart vor. Fr bildet stark glän-
zende, farblose , durchsichtige, sechsseitige Prismen mit sechsflächiger
Zuspitzung und gerade angesetzter Endfläche. Nach einer Untersuchung
Von Hayes kann man dieses Mineral als eine Verbindung von J At.
Apatit und 1 At. Kalk-Analcim betrachten.
Pyromorphit.
263
2. Pyromorphit.
(Syn. Zwei-drittel phosphorsaures Bleioxyd mit Cldorhlei , phosphorsaures
Blei, Grün- und Braun-Bleierz, Traubenblei, rhomboedrischer
Bleibaryt, Polychrom, Bunt-Bleierz.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. Hexagondodecaeder
mit der gerade angesetzten Endfläche ; Combination dieser Form
mit der sechsseitigen Säule, und oft mit einer zweiten sechssei-
tigen Säule ; sechsseitige Säulen mit der gerade angesetzten
Endfläche; gewöhnlich niedrig, tafelartig; zwölfseitige Säulen
als Combinationen der ersten und zweiten sechsseitigen Säule.
Kryst. meist säulenartig , selten nadelförmig ; an den Enden
zuweilen hohl; die Seitenflächen selten gestreift, oft convex,
glatt, häufig rauh; einzeln auf-, auch aneinander gewachsen,
drüsig verbunden, mannigfach gruppirt; liieren- und tropf-
steinförmige, traubige Gestalten; derb, eingesprengt. — Un-
vollkommen spaltbar parallel den Flächen des Hexagondodecae-
ders. Br. uneben bis muschelig. H. = 3,5 — 4 ; spröde ; sp. G.
— 6,8 — 7,1. Durchsichtig bis undurchsichtig. Fettglanz, zu-
weilen diamantartig. Grün in vielartigen Nüanzen , in's Gelbe
und Braune , Rothe , Schwarze , selten in’s Weisse. (Manche
Kryst. an den Enden blass, in der Mitte dunkel, oder an
einem Ende grün, am andern braun gefärbt.) Strich : lichte
grünlich- oder geibiieh-weiss.
V. d. L. auf Kohle in der äussern Flamme zu einem beim
Abkühlen dunkel-graulichen Kryst allkorne fliessend (1,5); die
innere Flamme blau färbend ; Bleirauch gebend ; für sich nicht,
aber mit Soda reducirbar. Das Pulver in Salpetersäure leicht
löslich. Ghlt. nach Wähler: PbO 82,87, P205 15,72, CI 1,89.
— Formel : PbCl2H-3(3Pb0.P205). In manchen Braunbleierzen
wird ein Theil Chlorblei durch Fluorcalcium und ein Theil 2/z
phosphors. Blei durch 2/z phosphors. Kalk ersetzt. Diese er-
halten die Formel : [PbCl2,CaF2[-*-3(3[PbO, Ca0].P205). Inden
Grünbleierzen ist ein Theil P205 durch As205 ersetzt , wodurch
die Formel PbCl2+3(3PbO.[P2(>5, As2OJ) nach Wähler be-
stimmt ist.
Kommt in ältern und neuern Gebirgsarten auf Gängen, begleitet von
andern Bleierzen, Silber-, Kupfer- und Eisenerzen vor: Baden, Erzge-
birge (FreibergJ , Böhmen, Eisass, Nassau (HolzappelJ , Rheinpreussen
(Virneberg , Commern) , Spanien, Bretagne , Schottland.
Das Blau-Bleierz ist ein inniges Gemenge von Bleiglanz und Pyro-
morphit, oder After-Krystalle des Bleiglanzes nach Formen des Pyromor-
phits, zuweilen in sechsseitigen Säulen, häufiger derb. Matt. Bleigrau in’s
Indigoblaue und Schwarze. — Kommt auf Barytspathgängen im Gneis
vor: Erzgebirge , Bretagne, Cornwall.
264
Vanadin-ßleispath.
Der Pyromorphit wird als ein sehr erzreiches Mineral mit andern
Bleierzen auf Blei verschmolzen. ►
(Der Polysphärit ist dem Braunbleierze sehr ähnlich, findet sich in
Kugeln und Tropfen, ist braun in’s Isabellgelbe , hat ein geringeres sp.
G. =3 5,89, enth. 11,05 p. G. bas. phosph. Kalk nebst etwas Fluorcalcium.
Kommt bei Freiberg vor.)
3 . Arseniksaures Blei.
(Syn. Arseniksaures Bleioxyd mit Chlorblei, Arsenikblei.)
Kryslstm. drei- und eimixig. Krystf. Hexagondodecaöder
mit den Flächen der sechsseitigen Säule und der gerade ange-
setzten Endfläche. Zwillinge. Kryst. gewöhnlich haar - und
nadelförmig , einzeln oder zu mehrern aufgewachsen; kugelig ,
nierenförmig , knollig , mit auseinanderlaufend faseriger Textur;
als Ueberzug. — Unvollkommen spaltbar parallel den Flächen
des Hexagondodecaeders. Br. muschelig. II. =3; spröde; sp.
G. — 7,1. Durchscheinend bis undurchsichtig. Fettglanz, zu-
weilen diamantartig. Gelb in’s Pomeranzenfarbige , Grüne und
Rothe, Graue und Braune. Strich: lichte gelb.
V. d. L. auf Kohle schwierig schmelzend, Arsenikdämpfe
entwickelnd und plötzlich reducirbar. In der äussern Flamme
schmilzt es in der Pincette zu einem Krystallkorne. In Salpeter-
säure leicht auflöslich. Ghlt. nach v. Kobell : PbO 67,44, As205
23,22, Pb 6,97, CI 2,37. — Formel: PbCl2+3(3Pb0.As205).
Kommt wie der Pyromorphit vor : Baden y Erzgebirge ( 'Johann -
GeorgenstadtJ , Cornwall, Sibirien.
Wird ebenfalls zur Gewinnung des Bleis benutzt.
4. Vanadin- Bleispalh.
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. regelmässige sechsseitige Säule.
Kryst. klein, kugelig gruppirt, eingesprengt , als Ueberzug; Text, un-
deutlich blätterig. — Br. muschelig. H. = 3; sp. G. = 6,8 — 7,2. Un-
durchsichtig. Stark fettglänzend bis matt. Strohgelb bis röthlich- und
kastanienbraun.
Y. d. L. decrepitirend (nach Einigen Arsenikgeruch entwickelnd) ,
zu einer Kugel schmelzend, die sich zu regulinischem Blei reducirt und
die Kohle dabei gelb beschlägt. Yon Phosphorsalz wird es zu einem
Glase gelöst, das in der .äussern Flamme rüthlich-gelb , so lange es heiss
ist, nach dem Erkalten gelblich-grün aussieht, in der innern Flamme
aber eine schöne chromgrüne Farbe hat. In Salpetersäure ist es leicht
löslich. Bestdth. : P206 , CI, V03, Pb, PbO (auch As205?). — Formel:
PbCl2.2Pb0-f-3(2Pb0.V03).
Ein auf einer verlassenen Bleigrube in Irland ( Grafschaft TVichlow)
gefundener Vanadinbleis palh enthielt nach Thomson: V03 23,43, H2Cl>
2,44, PbO 66,32, Pb 7,03, Fe,03 0,16-
Kommt vor; Mexico (Zimapan) ; auf einem Gange mit Galmey: bei'
Jod-Silber.
265
JVanlockhead in Schottland ; auf dünnen Klüften im Granit der Gold-
gruben: Sibirien fBeresowJ. Hier umhüllt es oft das Grün-Bleierz.
Einen kupfev- und zinkhaltigen Vanadinbleispath von unbekanntem
Fundorte untersuchte Damour. Er bildet kleine, warzenförmige Massen,
auf eisenschüssigem Quarz aufsitzend. Härte = 3,5. Farbe bräunlich-
gelb, auf dem Bruche dunkelgrün. Er enthielt: CI 2,2, V03 15 8 PbO
70,8, ZnO 6,3, CuO 2,9, 1I20 3,8-
5. Hedyphan .
Derbe M. — Br. muschelig. H. = 4; sp. G. = 5,40—5,49. Durch-
scheinend. Diamantglanz. Graulichweiss.
Ghlt. nach Kevsten ; PbCl, 10,28, 3Pb0.As205 60,1, 3Ca0.P205 12,98.
— Formel: PbCl2-p3[PbO, Ca0j.[As205,P205].
Kommt im Kiesel-Maugan in Schweden ( Langbanshyttan } vor.
GRUPPE IV. CARBONATE MIT CHLORMETALLEN.
/. Blei-Hornerz.
(Syn. Kohlensaures Bleioxyd mit Chlorblei, Hornblei, Salzsaures Blei.)
Kryststm. zwei- und einaxig. Krystf. quadratische Säule mit der
gerade angesetzten Endfläche und den Flächen einer zweiten quadratischen
Säule, als Abstumpfung der Seitenkanten. In der Endigung die Flächen
eines oder zweier Quadratoctaeder. Kryst. klein, aufgewachsen; Text,
blätterig; derb; korallenförmig. — Spaltbar parallel den Seitenflächen
der Säule. Br. muschelig. H. = 3; sp. G. = 6,06. Halbdurchsichtig.
Diamantglanz. Wasserhell, graulichweiss, strohgelb in’s Braune. Strich:
weiss.
V. cl. L. in der äussern Flamme zur klaren, beim Abkühlen gelben
Kugel schmelzend; in der innern Flamme reducirbar unter Entwickelung
von Salzsäure ; mit Phosphorsalz und Kupferoxyd zusammen geschmolzen
die Flamme schön blau färbend. In Salpetersäure unter Brausen lösbar.
Die Lösung wird von salpetersaurem Silber gefällt. Ghlt. nach v. Ko -
bell : Pb 38,00, Cl 13;00 , PbO 8,11, C02 40,89. — Formel : PbCl2-f-
PbO.C02.
Kam ehemals mit Blende vor: Derbyshire {MatlokJ . Vesuv (Erup*
tion von 1817).
GRUPPE V. JODMETALLE,
i. Jod-Silber.
Dünne Blättchen. — ■ H. = 1. Geschmeidig und in dünnen Blättchen
vollkommen biegsam. Durchscheinend. Fettglanz, diamantartig. Perlgrau.
Strich: glänzend.
V. d. L. sehr leicht schmelz- und reducirbar; die Flamme purpur-
roth färbend. Der Salzsäure in der Wärme eine röthlich-braune Farbe
266
Flussspath.
oriheilend und violette Dämpfe von Jodgas entwickelnd. In Salpetersäure
unauflöslich. Gblt. nach’ Vauq , : .1 18,5, Ag 8t,5, — Formel: Ag2J.
Scheint die SpalLen eines serpentinähnlichen Gesteins auszufullen
und kommt mit eingesprengten Th eilen von gediegen Silber im Ilorn-
silber zu Albarradon bei Mazapil in Mexico vor.
(Das Jod- Quecksilber , welches nach Del- Bio in America vorkommt,
.ist duukel-zinnoberroth und auf dem Striche nicht heller als Zinnober.)
I GRUPPE VI. FLUORMETALLE.
In dieser Gruppe finden sieh Repräsentanten fast aller Sy-
steme , ausgenommen des ein- und eingliedrigen ; mehrere kom-
men nur als kryst. M. vor. Im Bruche sind sie meist uneben
und gehen in’s Muschelige und Splittrige über. Fast alle über-
steigen wenig Flussspathhärie und werden vom Feldspath ge-
ritzt ; der Jiryoliih übersteigt w^nig die Härte des Gypses. Die
Grenzen des spec. Gew. liegen beim Kryolith =* 2,9 und beim
neutr. Fluor cerium =*= 4,7. Flussspath und Fluellit sind
häufig durchsichtig , die übrigen durchscheinend bis undurchsich-
tig ; der vorherrschende Glasglanz geht in Fett- und Perlmutter-
glanz über. Die herrschende weisse Farbe geht häufig in’s
Gelbe, Rothe und Braune über; das Strichpulver ist meist weiss
in’s Gelbliche. V. d. L. sind die mehrsten unschmelzbar; Fluss-
spath schmilzt schwierig, Kryolith schon in der Lichtflamine.
Mit conc. Schwefelsäure übergossen und erwärmt entwickeln
alle glasätzende Dämpfe von Flussäure,
/* Flussspath .
(Syn. Flusssaurer Kalk, Fluorcalcium, octacdrisches Fluashaloid.)
Krystsim. regelmässig. Krystf. 1) Octaeder; 2) Hexaeder;
3) Combinationen beider Gestalten, bei denen bald die Flächen
der einen, bald der andern vorherrschen ; 4) Dodecaeder; 5)
Dodecaeder mit Hexaederflächen; 6) Combination des Octaeders
und Dodecaeders ; 7) des Octaeders , Hexaeders und Dodecaeders ;
8) des Hexaeders und Tetrakishexaeders ; 9) Tetrakishexaeder ;
10) Combination des Octaeders mit dem Triakisoctaeder ; 11)
des Hexaeders mit dem Ikositetraeder; 12) des Octaeders mit
dem Ikositetraeder u. s. w. ; zuweilen Zwillinge , wobei die In-
dividuen in der Regel Hexaeder sind. Kryst. ; derbe M. ; dicht ,
erdig. — Vollkommen spaltbar nach den Octaederflächen. Br.
muschelig ins Unebene. H. = 4; spröde; sp. G. = 3,1. Durch-
sichtig bis durchscheinend. Glasglanz stark. Selten ungefärbt,
Strich : weiss. Erwärmt mit grünem oder blauem Lichte phos-
phorescirend. Das durch Erwärmen bis zu einem gewissen
Flussspath.
267
Grade zerstörte Vermögen der Phosphorescenz wird durch elec-
trische Schläge wieder hergesteilt.
V. d. L. zerknisternd ; zu r unklaren Perle, aber schwierig,
schmelzbar (2,7 — 3). Nach anhaltendem Glühen auf der Kohle
alcalisch reagirend. In Borax zu klarem Glase lösbar; mit
Schwefelsäure glasätzende Dämpfe entwickelnd. In Salzsäure
ruhig lösbar ; in Wasser unauflöslich. Ghlt. nach Berz. : CaO
72,13, H2F2 27,86. — Formel: CaF,. Kersten fand in einigen
Flussspathen Chlor , Berzelius einen zufälligen Arsenikgehalt.
Arten.
4) Fluss spath. Kryst. in der Regel glatt, auch drüsig
oder rauh, zuweilen mit abgerundeten Ecken oder Kanten, ein-
zeln auf- oder durcheinander gewachsen , oder drüsig verbunden,
treppenförmig gruppirt ; kryst. M. ; Text, stängelig , körnig oder
schalig ; derb; eingesprengt ; selten als Versteiiierungsmittel.
Weiss , grau , braun , grün , gelb und roth in verschiedenen Nü-
anzen , oft verschiedene Farben an einem Kryst. ; helle Kryst.
dunkel gefärbte umschliessend ; manche Kryst. zeigen Dichrois-
mus. {Nicol fand in der Höhlung eines Flussspath - Krystails
eine Flüssigkeit und ein Luftbläschen von grosser Expansivkraft.
Durch einen künstlich angebrachten Ritz drang die Flüssigkeit
gewaltsam hervor und zeigte nach einiger Zeit kleine cubische
Kryst. von Flussspath. Die Beendigung dieses Krystallisations-
processes dauerte beinahe 14 Tage. Vergl. Poggend. Ann. Bd.
13. p. 512.)
Kommt auf Gängen, seltener auf Lagern, namentlich auf Zinn- und
Kupferführenden, vor, und ist ziemlich allgemein verbreitet: Baden,
Erzgebirge, Harz, Ungarn, Tyrol , St. Gotthard , Montblanc , Frank-
reich, England, Norwegen, Sibirien, America] im Grobkalk: bei Paris]
in Auswürflingen des Vesuvs .
2) Flussstein. (Syn. Dichter Fluss.) Derb, dicht. — Br.
flachmuschelig. Schimnmrnd oder matt. Weiss und grau, mit
Grün oder mit Roth gemischt.
Findet sich auf Gängen im ältern Gebirge : am Harz ('StollbergJ >
Savoyen, Norwegen , Grönland ,
i
3) Fluss erde. (Syn. Erdiger Fluss.) Staubartige, lose
verbundene Theile , als Ueberzug oder Anflug. Matt. Zwischen
Violblau und Perlgrau in’s Weisse. Mager anzufühlen.
Setzt eigene Gänge zusammen und ist wahrscheinlich durch Zerstö-
rung des Flussspaths hervorgegangen: Freiberg, Baiern, Sachsen.
Ehemals wurden gefärbte Flussspathe unter mancherlei Namen (als
Edelsteine) in Apotheken aufbewahrt und als Arzneimittel angewendet.
Der Flussspath wird als Zusatz beim Kupfer-, Eisen- und Silberschmelzen
268
Basisches Fluorcerium.
gebraucht, zum Probiren der Eisensteine; ferner mit Gypsspath gemengt
zum Ueberzug für messingene oder kupferne Kochgeschirre : bei der Fa-
brikation von Porzellan und Glas. Auch werden aus den schön gefärbten
Varietäten allerlei Geräthschaften , Vasen, Leuchter, Becher, Teller,
Tafeln u. s. w. geschnitten. Die dein Minerale eigenthümliche Säure
dient zum Aetzen des Glases, welche Eigenschaft Heinrich Schwanhard
in Nürnberg zuerst benutzte im Jahre 1670-
2. Yttrocerit.
(Syn. Fluorcalcium mit Fluoryttrium und Fluorcerium.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf schiefe rhombische Säule?
Kryst. M. ; derb; Text, unvollkommen blätterig. — Br. uneben. H. =x
4,5; sp. G. = 3,44. Undurchsichtig. Wenig glas- bis perlmutterglänzenil.
Violblau in’s Graue und Weisse.
V. d. L unschmelzbar, weiss werdend; in Borax zu klarem Glase
lösbar. Als Pulver leicht in Salzsäure lösbar. Mit Schwefelsäure Fluss-
säure entwickelnd. Ghlt. nach Berz. : Ceo03 13,78, YO 19,02, HiF2
32,55, CaO 31,25, A1203 3,40.
Findet sich eingewachsen in Quarz mit Albit : Finbo bei Fahlun
und Broddbo , New-Jersey .
3. Neutrales Fluorcerium .
(Syn. Neutrales flusssaures Cerer.)
Kryststm. drei- und einaxig. Krystf. sechsseitige Säule mit der
gerade angesetzten Endfläche und den untergeordneten Flächen des Hexa-
gondodecaeders. Kryst. selten; kleine blättrige M. ; derb — Br. uneben
in’s Splittrige. II. = 4,5 — 5,5; sp. G. = 4,7. Nur in dünnen Splittern
durchscheinend. Wenig glänzend. Ziegelroth in’s Gelbe. Strich: gelblich-
weiss.
V. d. L. auf Kohle unschmelzbar, dunkler werdend; in der äussern
Flamme mit Borax zu rothem oder dunkelgelbem Glase fliessend. Im
Kolben Wasser, bei starker Hitze Flusssäure gebend, ln Salzsäure voll-
kommen löslich und mit Schwefelsäure Flusssäure entwickelnd. Ghlt.
nach Berz.: Ce203 82,64, YO 1,12, F2H2 16,24. — Formel: CeF2.
Kommt mit Albit, selten mit Quarz verwachsen vor : Schweden
( Fahlun und Finbo). *
4. Basisches Fluorcerium.
(Syn. Basisches fiusssaures Cerer.)
Kryst. M. ; derb. — Br. muschelig. H. = 4,5* Undurchsichtig. Zwi-
schen Glas- und Fettglanz. Gelb in’s Rothe und Braune. Strich : bräun-
lich gelb.
V. d. L. unschmelzbar, im Glühen fast schwarz aussehend, beiin
Abkühlen dunkelbraun , schön roth und endlich dunkel-gelb werdend.
Im Kolben Wasser gebend Im Uebrigen wie dio vorige Gttg. Ghlt. nach
Berz.: Ce203 84,20, H2F2 10,85, H20 4,95. - Formel: Ce,F(j+3Ce203.lI20.
Findet sich in Feldspath eingewachsen: Schweden (Finbo).
Chondrodit.
269
5. Fluorcerium mit Fluoryltrium.
Derb. — Br. uneben, splittrig. H. = 4,5; sp. G. = 4,15. Undurch-
sichtig. Matt. Röthlichbraun in’s Rothe, Gelbe und Weisse.
V. d. L. wie neutr. Fluorcerium. Ghlt. nach Berz. : H2F2 14,0 ,
Ce203 22,9, YO 36,3, CaO 3,9, Fe203 3,0, Si03 19,3.
Kommt ebenfalls zu Finbo in Schweden vor.
6. Kryolith.
(Syn. Fluor-Natrium mit Fluor-Aluminium, Chryolith, prismatisches
Kryonhalokl.)
Kryststm. zwei- und einaxig? Kryst. M. ; Text, blätterig. — Br. un-
eben. H. = 2,5 — 3 ; sp. G. = 2,9. Durchscheinend. Schwach perl-
mutterglänzend. Weiss in’s Graue Gelbe und Braune. Strich: weiss.
Schon in der Lichtflamme schmelzbar. V. d. L. zur wasserhellen,
beim Abkühlen unklar werdenden Perle. Im Kolben wenig Wasser und fluss-
saure Reaction gebend Mit conc. Schwefelsäure Flusssäure entwickelnd.
Mit Wasser übergossen erhält der Kryolith ein gallertartiges Ansehen.
Ghlt. nach Berz.: H2F2 31,35, NaO 44,25, A1203 24,40. — Formel:
3(NaF2)-f-AI2F6.
Findet sich auf Lagern im Gneis, begleitet von Bleiglanz, Eisen-
und Kupferkies, Quarz: Grönland flviketj.
7. Fluellit.
Kryststm ein- und einaxig. Krystf. rhombisches Octaeder. Kryst.
meist sehr klein Durchsichtig. Weiss. Ghlt. nach Wollaston : ALO,
und IT2F2.
Findet sich mit Wavellit in Cornwall.
GRUPPE VII. SILICATE MIT FLUORMETALLEN.
Die Mineralien dieser Gruppe gehören zum zwei- und ein-
gliedrigem und ein- und einaxigem Systeme. Der Bruch ist mu-
schelig bis uneben; sie ritzen den Feldspath und werden vom
Korund geritzt, sind spröde und besitzen ein spec. Gew. von
3,1 bis 3,5. Sie sind durchsichtig bis a. d. K. durchscheinend,
besitzen Glasglanz und sind wasserhell oder haben gelbe, braune
und rotlie Farben. Das Strichpulver ist weiss. V. d. L. sind
sie unschmelzbar; Topas ist in Phosphorsalz mit Hinterlassung
eines Kieselskeletts lösbar und Chondrodit gelatinirt mit Salzsäure.
1 . Chondrodit.
(Syn, Drittel-kieselsaure Talkerde mit basischem Fluormagnesium.)
Kryststm. zwei- und eingliedrig. Krystf. schiefe rhombische Säule
270
Topas.
mit gerader Abstumpfung der scharfen Seitenkanten und einer augitarti-
gen Zuschärfung der stumpfen Endhauten. Kryst. seiten; öfter hryst.
Al. und Körner; ein-, seilen aufgewachsen. — Unvollkommen spaltbar
parallel der schiefen Endfläche. Br. kleinmuschelig in’s Unebene. H. =
(3,5; sp. G. = 3,1 — 3,2. Durchscheinend. Glasglan?. Gelb in’s Braune
und Rothe. Strich: weiss.
V. d. L. unschmelzbar; milchweiss (oder bräunlich) werdend; in Bo-
rax zu klarem Glase lösbar; in der offenen Glasröhre bei starkem Glühen
Flusssäure gebend. In Salzsäure bis auf die Kieselerde löslich. Die Auf-
lösung wird von Aetzammon nicht gefällt Ghlt. nach Tho/ns. ; SiO*
36,00, MgO 53,64, Fe.,03 3,97, HoF2 3,75, H20 1,62. — Formel: MgO.
MgF2-J-3MgO.SiO,.
Kommt in körnigem Kalk vor: Nord- America ( Sparta , Eden) t
Finland fFargas) , Sachsen ( Boden bei Marienberg).
2. Topas.
(Syn. Drittel-kieselsaure Thonerde mit basischem Fluoraluminium.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. gerade rhombische
Säule; Combination derselben mit den Flächen einer andern
Säule, welche Zuschärfungsflächen der scharfen Seitenkanten
bilden; hierzu treten noch Endzuschärfungen , welche auf die
•scharfen oder auch auf die stumpfen Seitenkanten aufgesetzt
sind. Combination der beiden rhombischen Säulen mit den Flä-
chen eines oder mehrerer rhombischen Octaeder und zuweilen
mit der gerade angesetzten Endfläche. Kryst. einzelne Flächen
glatt , andere rauh und gestreift ; kryst. M. : Text, blätterig ,
stängelig; derb. — Spaltbar parallel den Endflächen. Br. mu-
schelig bis uneben. H. = 8; spröde; sp. G. = 3,4 — 3,5. Durch-
sichtig bis a. d. K. durchscheinend. Glasglanz. Strich : weiss.
Durch Reiben und Druck electrisch, durch Erwärmen polarisch
electrisch werdend. Bruchstücke oder Pulver phosphoresciren
beim Erwärmen.
V. d. L. auf Kohle unschmelzbar ; mit Cobaltauflösung be-
feuchtet und geglüht eine schöne blaue Farbe annehmend ; in
Phosphorsalz mit Hinterlassung eines Kieselskeletts, in Borax
langsam zu wasserhellem Glase lösbar; in Säuren unlösbar. —
Formel : Ai203.Al,F6-h3(Al >03.Si03).
Arten.
1) Topas. Kryst. meist aufgewachsen, selten zu Drusen
verbunden; kryst. M. , eingesprengt; Geschiebe. Stark glänzend.
Wasserhell, weingelb in’s Violblaue, in’s Grünlich- und Gelb-
lich-weisse; pomeranzengelb und hyacinthroth. Ghlt. nach Berz.:
Si03 34,24, H2F2 7,75, A1203 57,45.
Findet sieh als wesentlicher Gemengtheil im Topasfels : Voigtlande
fSchneckcnsteinJ ; in manchen Urgebirgen eingewachsen, auch auf Gun-
Topas.
271
gen wnd Nestern: Erzgebirge (Geyer und Allenberg) , Böhmen (Schlag-
genwalde), Schottland , Sibirien ; als lose Krystalle und Geschiebe im
Alluvium: Brasilien , Sachsen ('EibenstockJ ; in Auswürflingen des Vesuvs
(hier rosenroth).
Ehemals brauchte man den Topas als Arzneimittel. Er ist ein ge-
schätzter Edelstein, besonders der brasilische. Die unbrauchbaren Topas-
stücke werden gepulvert zum Schleifen weicherer Steinarten benutzt.
i
2) Pyrophysalith. (Syn. Physalith.) Kryst. gross, un-
deutlich , rauh ; derb und nierenförmig. Schwach glänzend. Weiss
in’s Gelbe und Grüne.
Findet sich eingewachsen in Granit: Schweden (Finbo, Broddbo).
3) Vyknit. (Syn. Stangenstein, scbörlartiger Beryll.) Lang-
stänglich abgesonderte Säulen, der Länge nach gestreift; meist
bündelförmig gruppirt ; derb. Strohgelb , perlgrau in’s Rothe.
Findet sich eingewachsen in einem aus Quarz und Glimmer beste-
hendem Gesteine : Sachsen ('Altenberg).
ZWEITE KLASSE.
Mineralien, zusammengesetzt nach dem Principe
für die Zusammensetzung der organischen Natur.
GRUPPE L WENIG VERÄNDERTE ORGANISCHE STOFFE.
Die Gattungen dieser Gruppe stellen derbe Massen dar,
die häufig organische Structur zeigen ; oder mit organischen
Ueberresten gemengt sind. Sie sind undurchsichtig, matt oder
wenig glänzend, schwärzlich-braun bis pechschwarz. V. d. L.
verbrennen sie mit eigentümlichem, unangenehmem Gerüche und
hinterlassen mehr oder weniger Asche.
i. Torf, :
Derbe M. , häufig mit verschiedenen, mehr oder minder ver-
änderten Ueberresten von Pflanzenfasern durchzogen. — Br.
grob- oder feinerdig bis dicht, mitunter faserig. Zerreiblich oder
H. = 1 ; sp. G. = 0,72 — 1. Undurchsichtig. Matt. Schwärz-
lich-braun bis pechschwarz; gelblich-grau bis graulich-gelb.
Strich: ebenso. Mager anzufühlen; wenig abfärbend.
V. d. L. verkohlend und leicht verbrennend, mit unangeneh-
mem Gerüche und Hinterlassung einer mehr oder weniger von
Eisenoxyd gefärbten Asche. Die Bestand th eile des Torfes sind
in ihren Gewichtsverhältnissen sehr verschieden. Man fand 70—
91 p. C. brennbare Theile. Diese bestehen hist ganz aus Hu-
mussäure, tlieils frei, theils gebunden an Alaunerde. Büchner
und Oberlin fanden in der Äsche eines Torfes 19 p. C. Koch-
salz mit etwas Gyps und 81 p. C. in Wasser unlösliche Theile,
bestehend aus kohlens., phosphors., Schwefels. Kalk, Magnesia,
Thonerde und Eisenoxyd , nebst Kieselerde, Thonerde und Eisen-
oxyd. (Vergl. Buchn. Rep. d. Ph. Bd. 46. p. 185., wo sich
eine ausführliche chemische Geschichte des Torfs vorfindet.)
Der Torf bildet sich noch immer fort aus verwesenden Sumpfpflan-
zen unter Einfluss des Wassers (gleichsam durch nasse Verkohlung), be-
Braunkohle.
273
sonders Laubmosen (aus den Arten der Gattung Sphagnum) , Lebermoosen
u. s. w. und findet sich besonders häufig im Alluvialbodcn der Niederun-
gen des nördlichen Deutschlands, auch auf Gebirgs-Plateaus und in Mo-
rästen: in Schlesien , in der Schweiz y Schottland t Irland u s. w.
Der Torf ist ein gutes, in manchen Gegenden das einzige, Brenn-
material ; er giebt viel und anhaltende Hitze In Irland presst man den
frisch getrockneten Torf mittelst einer einfachen Maschine, wodurch
seine Hitze beim Verbrennen die der Steinkohlen übertreten soll. Mit
gebranntem Kalk bearbeitet soll er, nach Thaer und Einhof , ein gutes
Düngmittel abgeben, und in der neuern Zeit ist er zur Papierfabrikation
empfohlen worden. (Vergl. Ann. der Pharm, ßd. 18. p. 59.)
Man unterscheidet nach der Farbe: schwarzen, braunen und gelben
Torf; nach der innern Beschaffenheit und Entstehung: Pechtorf , Rasen -
oder Moos-, Holz-, Blätter oder Papier-Torf: nach dem Vorkommen:
Land- , Morast - oder Bagger- und MeertorJ (letzterer ist aus Tang -
arten gebildet).
Der Humus bildet sich überall, wo organische Stoffe an der freien
Luft verwesen. Das letzte Produkt dieser Verwesung stellt eine schwarz-
braune, pulverige Masse dar, die mit den Ueberrestert verwitterter Fels-
gesteine gemengt die Dammerde bildet und sich überall als nothwendige
Bedingung und Folge der Vegetation auf der festen Erdrinde zeigt,
wenn wir den nackten Felsen ausnehmen. (Vergl. über Humus C. Spren-
gel in Kastn. Archiv d. g. Naturl. Bd. VIII. p. 145. und Erdrn . J. für
techn. und Ökonom. Chemie Bd. 3: p. 285.)
2. Braunkohle.
(Syn. Harzige Steinkohle z. Th. , Lignit.)
Derbe M. Str. mehr oder minder deutlich holzartig, auch
blätterig , dicht oder erdig. — Br. schiefrig, muschelig, erdig.
H. = 1—2,5; oft zerreiblich; sp. G. = 0,5— 1,7. Undurchsichtig.
Matt bis wenig glänzend, selten Fettglanz. Braun in’s Schwärz-
liche oder Gelbliche , selten pechschwarz. Strich : ebenso und
wenig glänzend.
V. d. L. mit ziemlich heller Flamme verbrennend; der ent-
wickelte Rauch riecht eigentümlich widrig brenzlich; im Rück-
stände bleibt eine grössere oder geringere Menge Asche. Der
quantitative Gehalt ist eben so verschieden, wie der des Torfs.
Sie können grösstentheils als mit Bitumen durchdrungene vege-
tabilische Fasern angesehen werden und enthalten ausserdem
häutig Schwefelkies , Alaunerde , Kieselerde u. s* w. Nach
Karsten besteht eine Kohle des Siebengebirges von Uttweiler
a. , und eine aus den Roddergruben bei Cöln b. aus :
C H 0 Erdige Theile
a. 77,10 2,54 19,35 1,00
h. 54,97 4,31 26,46 14,25.
(Rley untersuchte eine Braunkohle aus dem Anhaltsehert
von Preusslitz und fand im 1000 derselben in Wasser löslich;
Geigers Pharmacie> 1L !• (2 te Aiijti) 1@
Braunkohle.
174
8.0 bitteres Extrakt, mit Kochsalz, Gyps und salz. Kalk,
45 Th eile in Aethcr, Alcohol etc. lösliches weingelbes Wachs
und 50 Theile grünlich-braunes fettes Oel von butterartiger Con-
sistenz . empyreumatischem Gerüche und ähnlichem Geschmacke
und 470,0 Asche ohne Kali-Gehalt , aber mit 5 p. C. phosphor-
saurem Natron.)
Arten.
J) Bituminöses Holz. (Syn. Fossiles Holz , holzartige
Braunkohle, faserige Braunkohle, Surturbrand.) Derbe M. Stl*. und
Gestalt des Holzes meist noch vollkommen erhalten. Stämme,
Aeste , Wurzel noch unterscheidbar und etwas platt gedrückt;
häufig mit erhaltener Rinde und deutlichen Jahresringen. — Br.
faserig und schiefrig; Querbruch: muschelig. H. = l; sp. G.
= 0,5— 1,4. Matt oder schimmernd. Holzbraun ins Gelblich-
und Schwärzlichbraune.
Sehr allgemein verbreitet: Böhmen , Schlesien , Sachsen , Thüringen ,
am Niederrhein , Wetterau , Island u. 's. w.
2) Gemeine Braunkohle. (Syn. Muschelige Braunkohle)
Derbe M. Str. und Gestalt des Holzt s fast verschwunden. —
Br. flachmuschelig. H. » 2; sp. G. = 1,28. Fettglanz bis
schimmernd. Braun in s Schwärzliche bis pechschwarz.
Fast eben so häufig wie die vorige Art vorkoramend, und gewöhn-
lich mit dieser mächtige Ablagerungen bildend; Abänderungen sind die
Nadelkohle , im ELsass und die Bartkohle , in der kB etterau vorkommend.
3) Moor kohle. (Syn. Trapezo dale- oder Moor-Braunkohle.)
Derbe M. ohne Ilolzstructur ; häufig geborsten oder (rapezoi-
disch geklüftet. — Querbr. : flachmus helig oder eben. H = 2 •
wenig milde; sp. G. = 1,2— 1,3. Wenig glänzend bis* matt!
Schwärzlich-braun bis pechschwarz.
Scheint aus Sumpf- und Wasserpflanzen entstanden und findet sich
ebenfalls häufig: Westerwald , Hessen , Sachsen j Böhmen J Schweiz, Eng-
land y Grönland , Sibirien u. s. w.
4) Papierkohle. (Syn. Blattkohle.) Derbe M., aus pa-
pierdünnen, leicht trennbaren Lagen besteh nd. H. = 1; milde.
Schwach schimmernd. Schwärzlich-braun.
Bildet im Braunkohlen-Gebirge hie und da Lagen: preuss. Rhein-
provinz Siebengebirge ( Geistinger BuschJ f bei Bonn (Friesdorfj , Oest -
reich , Sicilien , Auvergne.
5) Dysodil. (Syn. Stinlkohle.) Derbe M. , aus papier-
dünnen , scheibenartigen Stücken bestehend. — Br. erdig. H. =
2; elastisch biegsam; sp. G. = 1,1— i, 2. Matt. GeJbiichgrau
Braunkohle.
275
ins Leberbraune. Beim Verbrennen besonders unangenehm
riechend.
Findet sich in Sicilien und dürfte ein mit Braunkohicnmasse oder
Bitumen gemengter Thon sein.
6) Pechkohle . (Syn. Gagat 2. Th.) Derbe M. , dicht, häufig
geborsten und zerklüftet; Str. und Gestalt des Holzes selten
wahrnehmbar. — Br. vollkommen muschelig. H. 2,5; spröde;
sp. G. — 1,2 — 1,3. Fettglanz. Pech- und sammetschwarz.
V. d. L. beim Glühen sich aufblähend und das Pulver im
verschlossenem Baume zusammenbackend.
Ist ebenfalls weniger allgemein verbreitet und kommt in den Braun-
kohlen-Ablagerungen am Siebengebirge (bei Uttweiler ), in Hessen (am
Meissner), in Baiern , Tyrol , Grönland 11. s. w. vor. Man nimmt an,
dass die Pechkohle durch Einwirkung der geschmolzenen Basaltmasse oder
auch durch starken Druck umgewandelte Braunkohlen sind. Abänderungen
durch ein mehr oder weniger dieser Einwirkungen sind die Glanzkohle
und Stan"enkohle
O
7) Et dk Ohl e. (Syn. Erdige Braunkohle, bituminöse Holzerde.)
Derbe M. , aus staubartigen , mehr oder weniger verbundenen
Theilen bestehend. — Br. erdig. Zerreiblich. Matt. Braun in’s
Schwärzliche, Graue und Gelbliche. Etwas abfärbend und mager
anzufühlen.
Findet sich hier und dort fnit Braunkohle: Hessen {Me’ssnerJ t
Niederrhein TCölnJ, Thüringen , Schlesien. Kölnische Umbra oder köl-
nische Erde ist eine Abänderung derselben ( Glocker zieht auch die so-
genannte Bernerde hierhin; sie ist lichte gelblich-braun und stimmtauch
isehr mit der Erdkohle überein; aber der Geruch beim Verbrennen der-
selben ist angenehm; sie findet sich ebenfalls in Braunkohlenlagern.)
8) Alaunerde. (Syn. Alaunerzeugende Braunkohle, erdige
Afterkohle.) Derbe M. — Br. unvollkommen schiefrig und erdig.
Weich und milde. Sp. G. = 1,2— 1,7. Matt. Schwärzlichbraun
ins Graue oder Schwarze. Strich : glänzend.
V. d. L. schweflige Säure entwickelnd ohne zu brennen und
bräunlich-roth werdend.
Kommt theils im Braunkohlen-Gebirge , theils im Diluvium vor: im
Brandenuur gischen (FeigenxvaldeJ , Lausitz {Muskau) , hei Leipzig
{Schwemmsal) , Böhmen, Mähren, bei Bonn {Friesdorf) u. s. w.
Die Braunkohlen werden wie die Schwarzkohlen als Brennmaterial
benutzt Je mehr sie verwittert sind , desto weniger taugen sie dazu.
Manche werden daher eingesumpft, mit Stroh gemengt, oder in Formen
gedrückt und wieder getrocknet; schwefelkiesreiche Braunkohlen werden
vorher entschvrefelt oder verkoakt, bevor sie zur Feuerung benutzt wer-
den können. Durch trockene Destillation erhält man ausser den gasarti-
gen Produkten 6 p. C. (nach Bley) dickes, bntterartiges , empyreumati-
jsches Oel von grünbrauner Farbe, das kreosothaltig sein soll ond als
B r a u nko h 1 e n the e r ö 1 meclicinische Anwendung findet* Die hierbei
276
Bernstein.
entwickelten Gasarlen waren Kohlenwasserstoff, olbildemjes und Schwefel-
wasserstolFgas. — Nach Simon ist das Bruunkohlenlheerül insofern dem
Bernsteinöle analog, als auch das erstere mit Salpetersäure behandelt ein
Harz lieferte, das von dem aus dem Bernsteinöie erhaltenem sogenanntem
künstlichem Moschus kaum zu unserscheiden war. — Die Pechkohle wird
zu verschiedenen Gegenständen des Schmucks verarbeitet und kommt
zuweilen als schwarzer Bernstein im Handel vor. — Die kölnische
Erde oder Umbra dient als Farbmaterial. — Die Alaunerde wird zur
Gewinnung des Alauns benutzt und die Asche aller ßraunkohlenarten
kann man als gutes Diingmittel anwenden.
GRUPPE II. FOSSILE HARZE.
Die Glieder dieser Gruppe erscheinen als stumpfeckige,
abgerundete Stücke oder derbe M. mit muscheligem Bruche .
von Gypshärte und 0,9 bis 1,2 sp. G. Sie sind durchsichtig
bis undurchsichtig, haben Fettglanz und sind gelb, roth, braun,
zuweilen in’s Schwarze und Grüne neigend. Durch Reiben er-
langen sie negative E’ectricität. , oft in bedeutendem Grade. Sie
schmelzen mehr oder minder leicht und verbrennen v. d. L. mit
angenehmem oder weniger unangenehmem Gerüche, indem sie nur
Spuren von Asche hinterlassen. Elaterit löst sich nur wenig in
rectificirtem Erdöl, die übrigen theilweise in Alcohol.
/. Bernstein.
(Syn. Gelbes Erdharz, Succinit, Agtstein, gelbe Ambra, Suceinum.)
Stumpfeckige, mehr oder weniger abgerundete Stücke, oft
von beträchtlicher Grösse ; Körner ; Oberfläche rauh , oder un-
eben ; selten eingesprengt und nierenförmig geflossen. — Br.
gross- und flachmuschelig. II. = 2 — 2,5 ; wenig spröde ; sp. G. =
1 — 0,S. Durchsichtig, mit einfacher Strahlenbrechung, bis un-
durchsichtig. Fettglanz mehr oder minder stark. Gelb in ver-
schiedenen Niianzen, selten röthlich-braun und braun. Durch Rei-
ben im hohen Grade negativ electrisch werdend.
V. d. L. verbrennend mit geringem Rückstände und wohl-
riechende Dämpfe entwickelnd. Mehr oder minder leicht schmelz-
bar. In erwärmtem Alcohol schwierig löslich. Nach Berz. besteht
der Bernstein aus wenig ätherischem Gele, und aus einem in
Weingeist, Aether und Alcalien leicht, und einem in Alcohol
schwierig löslichem, auch in Aether und Alcalien auflösbarem
Harze ; ferner enthält er Bernsteinsäure und einen in (90 p. C.)
Alcohol , Aether und Alcalien imlöslichen , dem LackstofF ähn-
lichen Körper, (Poggend. Ann. Bd. XII. p. 419.) Draspierz
analysirte einen Bernstein aus dem Ilennegau und fand : C
80,59, II 7,31, 0 6,73, CaO 1,54, AJ203 1,10, Si03 0,63.
Elaterit.
277
Als Varietäten kann man unterscheiden den tveissen Bern-
stein (Succinum album) , gelblich-weiss , wenig glänzend,
durchscheinend bis undurchsichtig ; den gelben oder edlen B. ,
honig-, wachs- oder strohgelb, selten röthlich, stark glän-
zend, durchsichtig oder halbdurchsichtig ; den braunen Bern-
stein (Succinum rubrum) , gelblich- bis röthlich-braun , meist
wenig glänzend, durchscheinend bis undurchsichtig.
Die Hauptlagerstätten des Bernsteins sind tlieils im Diluvium, theils
Braunkohlenlager. Die letztere Lagerstätte scheint die ursprüngliche
und von dieser auch der Bernstein der Ostsee herzustammen. Fundorte
sind: die Ostseeküste Preussens , Pommern , Mecklenburg, Dänemark ,
Niedersachsen, Kur- und Lievland , Sicilien , Hennegau , Spanien, EL-
sass u. s. w. Auch fand man ihn im Kalk (Spanien; , Mergel {Schweiz ,
Aarau), im Gyps (HolsteinJ, im Sandstein ( GallizienJ , iin Liasmergel
{Basel).
Dass der Bernstein ursprünglich ein Baumharz sei, ist wohl keinem
Zweifel mehr unterworfen. Die neuesten und auch ältere Beobachtungen
sprechen dafür, dass er von Bäumen aus der Familie der Coniferen abstamme,
da man Bernstein in grossen Stücken eingesprengt fand in einem Coni-
feren-ähnli ehern fossilem Holze, und theils noch in den ITarzgefässen
desselben. Ferner fand man ihn noch an vorweltlichen Schuppen von
Zapfen, die denen der Gattungen Pinus und Abies ähnlich sind und
Zapfen, welche der Gattung Larix angehörten, in Bernstein eingeschlossen.
Ausser diesen fand man im Bernstein Insekten , Blätter u. s. w. einge-
schlossen. Ein merkwürdiges Stück Bernstein ist aus Avq. in Indien
kürzlich mitgebracht worden, von der Grösse eines Kinderkopfsund nach
allen Richtungen von dünnen Adern krystalliuischen kohlensauren Kalks
durchschnitten.
Der meiste Bernstein wird an der Ostsee mit Netzen gefischt, auch
an der Küste gegraben oder an dem Strande gefunden. Er stand bei
den Alten in hohem Ansehen und diente als Amulet u. s. w. Auch noch
jetzt ist er für den Pharmaceuten besonders wichtig und dient zu man-
chen Präparaten , als: Bernsteinsäure , Bernsleinöl , Bernsteintinctur ,
ßäucherpulver u, s. w. Nicht minder wichtig ist er zur Bereitung von
Firniss. Zu diesen Zwecken dienen die kleinen Bruchstücke und der Ab-
gang bei Kunstarbeiten; nur muss er rein, nicht mit Sand gemengt und
äclit sein. Aus den grossem hellen und durchsichtigen Stücken verfertigt
man allerlei Gegenstände des Schmucks und der Kunst, als: Dosen,
Flöten, Mundspitzen für Pfeifenrohre, Spielmarken etc. Nach dem Ver-
schiedenartigen der Grösse, der Durchsichtigkeit und Farbe, wechseln
die Preise. Trüber Bernstein wird durch Digeriren oder auf andere
Weise klar gemacht; der blasser gefärbte ist am wenigsten durchschei-
nend, wird aber im Orient am meisten geschätzt.
2. Elaterit .
. (Syn. Elastisches Erdpech , Federharz.)
Derbe M. , zuweilen schwammig, eingesprengt; als nierenförmiger
Ileberzug, mit Eindrücken. — Br. unvollkommen muschelig; sehr weich;
elastisch biegsam. Sp. G. = 0,9 — -1,23. Undurchsichtig. Fettglanz.
Schwärzlich-braun und schwarz in*s Grüne und Rothe. Im Striche glän-
zender. Bituminös riechend.
2 78
Hatchelm.
Unter Entwickelung eines bituminösen aromatischen Geruch* und
schwärzlichen Rauches verbrennend. Im rectißcirten Petroleum auf-,
quellend , aber nur wenig löslich. Unlöslich in allen andern flüssigen
Lösungsmitteln. Das Papier beim Reiben beschmutzend. Bestdth. des
ElateritJs von Derlyshire nach Henry: C 52,25, H 7,49, 0 40,10
N 0,15.
Kommt auf Drusenräumen von Rleierzgängen vor: Derby shire ; auf
Quarz- und Kalkspathgängen: Dep. Loire-lnf. (Montrelais) ; in Braun«
kohleulagern : Nord- America.
3. Retinit.
( Syn. Retinasphalt. )
Stumpfeckige, auch rundliche Stücke; Oberfläche rauh, oder mit
einer rauhen, grauen Rinde bedeckt; als Ueberzug. — Br. muschelig ins
Unebene. H. = 2 — 2,5; spröde; sp. G. = 1,07 — 1,2. Durchscheinend
bis undurchsichtig. Fettglanz. Braun in’s Gelbe und Rothe, seltener
grün; die Farben zuweilen in Streifen wechselnd. Strich: lichte-gelblich-
weiss. Gerieben negative Electricität erlangend.
V. d. L. verbrennend, unter Verbreitung eigenthiimlichen Geruches
und einen kohligen Rückstand hinterlassend. Im Platinlüffel bei geringer
Hitze unter Aufschäumen zur braunen , glänzenden, nach dem Erkalten
spröden Masse schmelzbar. Das Pulver löst sich in erwärmtem Alcohol
unter Ausscheidung einer schwammartigen Masse. Ghlt nach Troost :
Bitumen 55,5, eigenthümiiehes Harz 42,5, Fe203 und A1203 1,5.
Findet sich auf kleinen Nestern in Braunkohle (oft zwischen den
Jahresringen des bituminösen Holzes): TS. -America (MarylandJ , Devon -
shire } Sachsen (Halle) , Hessen (Laubach) , Mähren u. s. w.
GRUPPE III. FOSSILE FETTE.
Die Gattungen dieser Gruppe bilden schuppige Theilchen.
zusammengehäufte Blättchen oder derbe Massen von blätteriger
Textur. Ihr Bruch ist muschelig, sie sind weich oder zerre! b-
üch , leichter als Wasser, gewöhnlich durchscheinend bis un-
durchsichtig, perl mutter- oder wachsglänzend , weiss, gelblich-
weiss bis gelblich-braun , selten in’s Hyacinthrothe neigend. Sie
schmelzen schon unter 80 0 R. , sind ohne Rückstand destillirbar
und werden dadurch verändert, brennen mit Flamme und sind
in Schwefeläther löslich.
i. Hatchetin.
Schuppige Theile, Flocken, körnige oder tropfenähnliche Gestalten.
— Weich wie Talg. Leichter als Wasser. Durchsichtig bis undurchsichtig.
Perlmutterglanz, auch matt. Gelblichweiss. Geruchlos.
Im Wasser von 60° R. schmelzend. Bei der Destillation empyreu-
matisches, butter-ähnliches, grünlich-gelbes Oel gebend und Kohle hin-
ter^assend. In Aether leicht löslich.
Ozokerit.
279
Kommt in den Adern eines Eisenstein-Lager* vor mit Kalkspath und
Bergkrystall : Süd-Wales.
2. Scheererit.
(Syn. Natürliche Naphtaline, Bergtalg.)
Kleine nadelförmige Kryst. , eingewachsen zwischen den Fasern bi-
tuminösen Holzes; kryst. Körner und Blättchen lose zusammengehäuft
zwischen den Jahresringen des Holzes. — Br. muschelig; zerreiblich. Sp.
G. = 0,65. Durchscheinend. Perlmutterglanz schwach. Weiss oder schwach
gelb. Strich: weiss Fühlt sich nicht fett an. Geruch- und geschmack-
los. Auf dem Papiere einen Fettfleck hinterlassend.
Schmelzbar bei 35,5 0 R. ; beim Erkalten zu einer strahligen M., aus
nadelförmigen Krystallen, gestehend. Bei 72° ohne Rückstand destilli-
rend. Mit schwachem , gewürzhaftem , brenzlichem Gerüche und etwas
russender Flamme verbrennend Löslich in Aether , Alcohol und fetten
Oelen; unlöslich in Wasser. Ghlt nach Macaire-Prinsep : G 73, H 24.
— Formel: CH2? Nach Mitscherlich (Naphtalin): G 93, 88, H 6,1.2.
(Br. Arch. Bd. 7, p. 116 )
Kommt in Braunkohle und fossilem Holze vor: Schweiz (Uznach bei
St. Gallen), Westerwald. ( Bach) . Dem Vorkommen nach scheint der
Scheererit ein Erzeugniss der Sublimation zu sein,
& Ozokerit .
(Syn. Erdwachs , Bergwachs )
Derbe M. von beträchtlicher Grösse, dicht oder blätterig. — . Br.
flachmuschelig. Sehr weich, zähe, biegsam, von der Consistenz des
Wachses. Sp. G. = 0,95 — 0,97. Wachsglanz. A cl. K. durchscheinend.
Zwischen lauchgrün und gelblich-braun in’s Hyacinthrothe ; die reflectirte
Farbe verschieden von der diaphanen. Irn Striche glänzender. Aroma-
tisch-bituminös riechend. Gerieben negativ electrisch werdend.
In der Lichtflamme schmelzbar zur klaren Flüssigkeit. Schmelzpunkt
= -f- 62 0 R nach Schrotfer ; Siedpunkt = -f- 210° R. Auf Platinblech
ohne Rückstand mit Flamme verbrennend. In Aether und Terpentinöl
leicht, und selbst als Pulver in kochendem Alcohol wenig löslich. Bestdth.
nach Magnus : C 85,75, H 14,15. — Formel: CH2.
Findet sich in der Nähe von Kohlenlagern und Steinsalzmassen unter
Sandstein: Moldau fSlanik , ZietrisikaJ.
Die Entstehung des Ozokerit» scheint mit der des Erdöls in Verbin-
dung zu stehen.
Man bedient sich seiner in der Moldau und Wallachei zu Kerzen
und Lampen.
(In diese Gruppe gehört auch der Idrialit, den man schon früher
als Quecksilberbranderz kannte. Er besteht fast ganz aus Idrialin , dem
zufällig Spuren von Quecksilber beigemengt sind. Der Idrialit kommt
schon in geringer Hitze in Fluss und en! wickelt dann das Idrialin, wel-
ches in zarten, farblosen, krystallinischen Blättchen sublimirt und in
kochendem Terpentinöl und fetten Oelen löslich ist. Bestdth,: C 94,9,
H 5,1. — Formel: C3H2 ? Es findet sich bei Idria .)
280
Erdöl.
GRI PPE IV. FOSSILE OELE.
1. Erdöl.
(Syn. Naphta, Steinöl, Bergöl, schwarzes Erdharz z. Th., Petroleum,
Oleum Petrae album et rubrum.)
Dünn- oder zähflüssig. — Sp. G. « 0,75—0,84. Durch-
sichtig bis durchscheinend. FettgJanz. Wasserhell (Naphta);
gelblich-weiss bis schwärzlich-braun (Erdöl). Bituminös rie-
chend. Fettig anzufühlen.
Theils bei der Temperatur der Luft vollkommen flüchtig
( Naphta ). Siedpunkt des Steinöls von Bacu = 140° C., des
Persischen ~ 160° C. Leicht entzündlich ; mit weisser Flamme
brennend unter Verbreitung eines eigenthümlichen Geruches und
keinen (Naphta) oder einen geringen (Erdöl) Rückstand hinter-
lassend. Mit conc. Schwefelsäure eine harzige Substanz bildend.
Unlöslich in Wasser, ihm aber Geruch mittheilend. Wenig lös-
lich in Alcohol. Bestdth. nach Dumas : C 86,4, H 12,7. —
Formel: CIL.
Die Naphta geht bei Einwirkung der Luft allmählig in
Frdöl über ; bei fortgesetzter Einwirkung scheint sich der Berg-
theer (Maltha tenax) zu bilden, der sehr zähe, fast schwarz
ist und Kalkstein oder vulkanische Trümmer überzieht , auch
als Bindemittel von Sandkörnern dient.
Boussignault destillirte den bituminösen Sand aus dem Ei-
sass und erhielt ein flüchtiges ölartiges Princip von 0,891 sp.
G. , er sieht es als den wesentlichsten Bestandtheil des Steinöls
an und nennt es Petroien. Seine Bestdth. sind: C 88,5, H
11,5, daher es mit den Terpentin- und verwandten Oelen iso-
merisch ist. Den festen Antheil dieses Bergtheers nennt B. As-
phalten ; er ist unlöslich in Alcohol , löslich in Aether , fetten
und ätherischen Oelen und ein Oxydationsprodukt des Petroien.
Seine Zusammensetzung ist C 75,3, H 9,9, 0 14,8. Von dem
Vorwalten oder Zurücktreten des einen oder des andern dieser
Bestandtheile hängt die Consistenz der Bitumen ab.
Das Erdöl quillt für sich oder in Verbindung mit Wasser in sehr
Tielen Gegenden aus Spalten uncl Klüften verschiedener Gesteine oder
aus der Erde. Auch findet es sich in der Nähe von Feuerbergen und
sogenannten Schlamm-Vulkanen: Eisass ( Lobsann, und BechelbrunnJ 3
Hannover (CelleJ , Baiern (Tege-niseeJ , Tyrol , Schweiz (NeufchateL) ,
Karpathen , Vesuv , Parma, Modena , Auvergne, am caspisclien Meere ,
Jnsel Zante , Peisien, China , Ostindien. Die Menge des quellenden
üels ist in manchen Gegenden sehr bedeutend; so finden sich in der
Nähe einiger Dörfer am caspisclien Meere 109 Erdöl-Brunnen angelegt,
die nach Eichwald monatlich 20,300 Pud liefern. Auf der Insel Tsclie
iehän am casp. Meere beläuft sich die Zahl der Erdölquellen auf 3000.
Die Erdölquelle bei Tegernsee ist nach von Kobell schon seit 1430 be-
kannt und liefert jährlich an 49 Maass Gel.
Asphalt.
281
(Nach Reichenbach präexistirt das Erdöl in den Steinkohlen. Die
Petrolqueilen wären demnach schwache Destillationen grosser Steinkohlen-
lager durch die allgemeine unterirdische Erdwärme R. glaubt auch au-
nelimen zu dürfen, dass die Coniferen der Forwelt das Erdöl liefern,
da das mit Wasser aus den Steinkohlen destiliirte Oel dem Terpentin-
öle sehr ähnlich war. R. fand im Erdöl kein Eupion, Christison dage-
gen schied aus einem Erdöle von Rangor in Ava eine mit dem Paraffin
übereinstimmende Substanz, und glaubt auch, dass es Eupion enthalte.
Fuchs und v. Kobell fanden auch im Erdöle von Tegernsee Paraffin und
mit diesem auch Bergnapbta, ein flüchtiges Oel, das bei — 5 0 R. ein
Stearopten ausscheidet, und eine harzartige Substanz. Es ist daher wohl
anzunehmen, dass zwei Arten des Erdöls existiren, von denen das eine
bei geringer Hitze, vielleicht mit Wasser, destillirt und kein Paraffin
enthält, während das andere das Produkt einer trockenen Destillation und
paraffinhaltig ist. Dieses letztere könnte dann nicht Produkt der gewöhn-
lichen Steinkohlen sein, da das Residuum kein Bitumen mehr enthalten
wird, und es scheint nach von Kobeil wahrscheinlich, dass dieses Resi-
duum der Anthrazit sei, wofür sowohl der gänzliche Mangel des Anthra-
zit an Bitumen und organischer Structur, als sein häufiges Vorkommen
in vulkanischen Gebilden spricht.)
Im Handel kommen gewöhnlich zwei Sorten Steinöl vor; das von
Miano , welches röthlich oder braun, und das persische , welches unge-
färbt ist.
Das Erdöl ist auch noch jetzt, sowohl im natürlichen als destillirten
Zustande ( Petroleum rectificatum) officinell. Die Aegyptier brauchten es
zur Bereitung ihrer Mumien. Ferner wird es in jenen Gegenden, wo es
häufig hervorquillt, zum Brennen, für sich oder nachdem man es vorher
mit Bergtheer vermischt hat, zum Kalfatern der Schiffe, zum Schmieren
der Maschinen und Wagen, zum Bestreichen von Pfählen u. s. w. be-
nutzt. Es ist wichtig als Auflösungsmittel des Cautschuk, und Aufbewah-
rungsmittel mancher Körper ( Kalium , Natrium u. s . wj, um sie gegen
Einwirkung des Sauerstoffs zu schützen.
GRUPPE V. BITUMEN.
1. Asphalt.
(Syn. Erdpech, Judenpech, schwarzes Erdharz z. Th., Asphaltum.)
Derbe M. , kugelig*, traubig, nierenförmig, tropfsteinförmig ;
eingesprengt , als Ueberzug. — Br. vollkommen muschelig. H. =:
2; milde; sp. G. = 1,07 — 1,16. Undurchsichtig. Fettglanz leb-
haft. Pechschwarz in’s Braune. Strich; etwas lichter als das
Mineral. Bituminös riechend. Erwärmt und gerieben negative
Electricität erlangend.
Schmelzbar bei 80 0 R. Mit lebhafter Flamme , starkem
Rauch und bituminösem Gerüche leicht verbrennend mit Hinter-
lassung eines geringen Rückstandes. Aullöslich in Oelen und
Aether , aber schwieriger als das Asphalten aus dem Bitumem ,
dem er sonst sehr analog ist. Bestdth. nach Boussiqnault : C
75,0, H 9,5, 0 15,5.
282
Schwarzkohle.
Kommt auf Erzgängpn mit Kalk-, Baryt- und Gypsspath oder auf
eigenthiimlichen Lagern im Santhteingebirge ziemlich allgemein verbreitet
vor. In jungem Mergel-, Saud- und Thonschichten durchdringt er oft
das ganze Gestein. Fundorte sind : das todte Meer in Palästina , Insel
Trinidad, wo er im sogenanntem Asphaltsee eine Bank unter dem Wasser
bildet, welche theils ganz fest, theils noch weich ist. Ausserdem finden
sich dort noch eine Menge mit Asphalt angefüllte Bassins und am Strande
ragen grosse Erdpechfelsen über den Sand hervor; ain Kaukasus in Berg-
hliiften (hier KhoVassan , mineralische Mumie genannt); ferner am
Ilarz, in Thüringen , Tyrol, Schweiz, Schlesien, Dalmatien , Albanien ,
Sicilien , Kirchenstaat , Insel Zante ; in Schweden auf Magneteisenlagern ;
in Basalt-Congloineraten : Auvergne .
Die Asphalt er de f erdiges Erdpechj ist ein mit erdigen und Eisen-
theilen mehr oder weniger verunreinigter Asphalt. Man findet ihn am
Harz ( lbergj , Eisass ('LobsannJ i>. s. w.
Der Asphalt wird noch jet2t in der Arzneikunde gebraucht. Auch
bereitet man daraus Asphaltöl, Firnisse, schwarzen Siegellack und benutzt
ihn zum Betheeren der Schiffe u. s. w. Die alten Aegyptier brauchten
ihn zum Eiubalsamiren von Leichen. Sehr wichtig ist seine Anwendung
zu wasserdichtem Kitt in Verbindung mit Pech oder Theer, oder gepul-
vert statt Sand dem gelöschten Kalk zugesetzt. Berühmt ist der Miueral-
theer und Mineralkitt von Lobsann im Eisass, zu dessen Bereitung dort
Bergbau auf Bergtheer und Asphalterde betrieben wird. Auf diesen Kitt
wirkt weder Ilitze noch Kälte nachtheilig ein.
GRUPPE VI. SCHWARZKOHLEN.
i. Schwarzkohle.
(Syn. Steinkohle, harzige Steinkohle z. Th.)
Derbe M. und eingesprengt. Str. schiefrig, faserig', dicht
oder erdig. — Br. muschelig bis eben. II. = 2 — 2,5; wenig
spröde; zuweilen milde; sp. G. =s= 1,2 — 1,5. Undurchsichtig.
Fett- bis Glasglanz , auch nur schimmernd. Schwarz in s
Schwärzlichbraune. Stricli : bräunlich- oder graulich-schwarz.
Durch Reiben negativr electrisch werdend.
V. d. L. mit Flamme verbrennend und einen bituminösen
Geruch entwickelnd ; der aschenartige Rückstand ist bald grösser,
bald geringer. Das Pulver schmilzt entweder im verschlossenem
Raume und backt zu einer homogenen Masse zusammen (Back-
hohle) , oder es sintert ohne zu schmelzen zu einer festen Masse
(Sinterkohle) , oder es bleibt locker und ohne Zusammenhang
(Sandkohle). Bestdth. : C, II, 0 in veränderlichen Verhält-
nissen, C 73—96 5 p. C. , II 0,5— 5,5 p. C. und 0 3—20 p. C.
Eben so wechselnd ist das Verhältnis der erdigen Beimischun-
gen. Lampadius schied aus Steinkohlen mittelst Schwefel-
kohlenstoff 4 — 5 p. C. eines schwarzbraunen Harlharzcs ab.
Schwarzkohle.
283
Arten.
1) S chief erkohle. (Syn. Blätterkohle.) Derbe M. Str.
blätterig und schiefrig. — Br. uneben. Sammetschwarz in’s
Grauliche, oft bunt angelaufen. Ghlt. einer Schieferkohle aus
dem Essen-Werdenschen nach Karsten : C 73,88 , H 2,76 , 0
20,47, erdige Theile 2,88.
Kommt am meisten verbreitet in eigenthümlichen Lagern vor und
bildet mit Kohlenschiefer und Kohlensandstein das ältere Steinkohlen-
gebirge in Schlesien , Sachsen , Rheinbaiern , im Saarbrücken sehen , in
Rheinpreussen , IVestphalen , Belgien, Frankreich , England , Schottland
Fl. •‘America.
(Die Letten kohle, welche sich untergeordnet in der Muschelkalk-
und Keuperformation findet, ist eine stark mit Thon und Sand gemengte
Kohle.)
2) Gr ob kohle. Derbe M. Str. dickschiefrig. — Br. un-
eben, grobkörnig. Schw ach fettglänzend. Graulich -schw arz in’s
Pechschwarze.
Kommt in Begleitung der Schieferkohle , an einzelnen Orten ausge-
zeichnet, vor: am Harz , im Plauenschen Grunde , in Oberschlesien und
Baiern.
3) FttSe r kohle. (Syn. Mineralische Holzkohle, faseriger An-
thrazit.) Derbe M.; in dünnen Lagen und eingesprengt. Str. zart-
faserig. H. = 1; zerreiblich. Seidenglanz. Graulich- bis sainmet-
schwarz.
Kommt in schmalen Klüften ira Steinkohlengebirge vor, auch als
Ueberzug auf Schiefer- und Grob-Kohlen : Nieder-Sch/esien ffValden-
burg , Eckersdorf J , Sachsen (PlanitzJ , Rheinbaiern ('KuselJ, Böhmen,
Mähren .
4) Kännelkohle. Derbe M. Str. dicht. — Br. eben
in’s Flachmuschelige. Zähe und daher schwierig zerspreng-
bar; wlirllich und parallelepipedisch zerklüftend. Wenig glän-
zend. Graulich- bis sasnmet- und pechschwarz. Strich: glän-
zend. Bestdth. einer Kännelkohle aus England nach Karsten:
C 74,47, H 5,42, 0 19,61, erdige Theile 0,50.
Bildet ganze Lager im Steinkohlengebirge, besonders in England
und Schottland , selten in Schlesien ( Waldenburg) ,
5) Gagat. (Syn. Pechkohle z. Th., Pechsteinkohle.) Derbe M.
Str. dicht. — Br. vollkommen grossmuschelig. Spröde und
leicht zersprengbar. Stark glänzend. Pechschwarz. Strich:
glänzend.
Wechselt in Schichten mit der Schieferkohle, oder sitzt auf dieser
auf: Nieder- und Oberschlesien , Sachsen ('PlanitzJ, England ^Spanien;
f rankreich.
281
Sckwarzkohle.
6) Rus skohl e. Derbe M. aus locker zusammenhängen-
den, staubartigen Tlieilen bestehend.. — Br. uneben in’s Fein-
erdige. Zerreiblich. Schimmernd. Graulich-schwarz in’s Sammet-
ujid Eisenschwarze. Strich : glänzend. Stark abfärbend.
Kommt hie und da der Schieferkohle untergeordnet vor: Halle t
Schlesien (Altwasser) f Thüringen (Ilmenau) j Schottland.
Diese Arten gehen durch Mittelbildungen ineinander über und sind
daher selten rein abgesondert, da sie schichtenweise übereinander liegen,
auch wohl regellos verwachsen sind.
Die Steinkohlen sind ohne. Zweifel Ueberreste einer umgewandelten
Pflanzenwelt; Reichenbach erhielt, wie schon beim Erdöl erwähnt, durch
Destillation der Steinkohlen mit Wasser ein Oel, was dem Erdöl sehr
ähnlich war, kein Eupion und Paraflin enthielt, und schliesst, dass sich die
Steinkohlenlager nie in einer hohen Temperatur befunden haben können.
Die Steinkohlen sind eines der vorzüglichsten Brennmateriale und
begründen den Reichthura mancher Gegenden. Durch trockene Destilla-
tion erhält man daraus das Steinkohlenöl , aus welchem durch Rectifica-
tion ein der Bergnapht^a sehr ähnliches rectificirtes Steinkohlenöl erhalten
wird; beide werden äusserlich, z. Th. auch innerlich als Arzueimiltel
empfohlen. Das rectificirte Oel ist ein Auflösungsmittel des Cautschouk.
Bei der Rectification des Steinkohlenöls erhält man auch die Naphtaline.
Aus dem Steinkohlentheer sind in neuester Zeit durch Reichenbach meh-
rere chemisch-wichtige Stoffe geschieden worden. Das Steinkohlenöl ge-
braucht man auch statt des Leinöls bei verschiedenen Farben und den
Steinkohlentheer zum Anstreichen auf llolz, z. B. der Schilfe, l'ci der
trockenen Destillation der Steinkohlen erhält man ausserdem als Neben-
produkte Ammoniak , saures Steinkohlenwasser und ein Gemenge von
brennbaren Gasarten ; im Rückstände bleiben die Koaks. Das Ammo-
niak wird zur Salmiakbereitung benutzt, das saure JVasser ist zum
Gerben des Leders vorgeschlagen , die Gasarten (Kohlenwasserstoff und
ölbildendes Gas) dienen zur Gasbeleuchtung und die Koaks werden be-
sonders ziun Schmelzen und Reduciren der Erze in Schachtöfen benutzt,
da sich hierzu die Steinkohlen nicht so gut eignen Die Koaks ver-
brennen ohne Flamme und fast ohne Geruch , wie Steinkohlen. Aus der
Kännelkohle und dem Gagat lassen sich Vasen, Trinkgefässe , Tabatie-
ren, Tintenfässer, Knöpfe u s. w'. schleifen und drehen.
GRUPPE VII. SALZE.
Die 'Mineralien dieser Gruppe krystallisiren im ein- und
einaxigem und zwei- und einaxigem Systeme, haben einen flach-
muscheligen oder unebenen Bruch, ritzen den Talk und werden
vom Kalkspath geritzt. Das spec. G. = 1,5 — 2,1. Sie sind
durchsichtig oder undurchsichtig, haben Fettglanz und erschei-
nen gelb in’s Rothe und Braune. V. d. L. auf Kdhle verglühen
sie und hinterlassen eine weisse oder eine dunkle magnetische
Masse.
Heiligstem. 285
I. Humboldtit.
(Syn. Oxalsaures Eisen, Eisen-Resin, Oxalit.)
Kryststm. ein- und einaxig. Krystf. gerade rhombische Säule ?
Kryst. haarförmig; kryst. M. Text, faserig und sehr feinkörnig; traubig,
plattenförmig, dicht. — Br. uneben bis erdig. H. =1,5; sp. G. = 2,13.
Undurchsichtig. Wenig glänzend. Gelb in’s Graulich-gelbe. Strich :
hellgelb.
In der Lichtflamme schnell schwarz und magnetisch werdend. V. d. L.
verglühend und eine magnetische, dunkele, lockere M. hinterlassend. In
Säuren ohne Brausen löslich. Durch Alcalien schnell zersetzbar. Ghlt.
nach Mariano de Rivero : FeO 53,86, C203 46,14.
Findet sich in Moorkohle, begleitet von Gyps: Böhmen ('bei BilinJ ;
in Braunkohle : Hessen (Gross- Almer odej. Der Humboldtit soll durch
Zersetzung saftiger Pflanzen entstanden sein.
2 . Honigstein.
Honigsteinsaure Thonerde, Mellit, pyramidales Melichronharz.)
Kryststm. zwei- und einaxig. Krystf. quadratisches Octaeder. Kryst.
meist glatt, seltener gestreift oder iiberkleidet mit bituminöser Holzerde.
Einzelne Flächen convex, oft rauh, zerfressen, durchlöchert; einzeln
auf-, auch zu zweien ineinander gewachsen, häufiger drüsig verbunden.
— Br. flachmuschelig. H. = 2—2,5; sp. 6. ~ 1,5 — 1,6. Durchsichtig
bis durchscheinend mit doppelter Strahlenbrechung. Fettglanz. Honiggelb,
hyacinthroth in’s Braune. Strich : gelblich-weiss.
V. d. L. im Kolben Wasser gebend, weiss , undurchsichtig werdend
und in der Glühhitze verkohlend ohne brenzlichen Geruch. Auf Kohle
schwarz werdend, glühend und sich weiss brennend, indem die Probe
(reine Thonerde) zusammenschrumpft. Ghlt. nach Wähler : C403 41,4,
A1203 14,5, H20 44,1. — Formel: Al203.3C403-f-18H20.
Kommt eingewachsen in Braunkohle vor: Thüringen fArternJ.
Petrographischer Anhang,
In der Einleitung (§. 13) lernten wir die Geognosie als
den zweiten Haupttheil der Mineralogie kennen. Sie bildet eine
Wissenschaft von hoher Wichtigkeit und grossem Interesse,
deren Bearbeitung besonders in den neuesten Zeiten die scharf-
sinnigsten Gelehrten beschäftigte. Es kann hier nur der Zweck
sein, auf diesen wichtigen Theil der Mineralogie aufmerksjwku
machen und das weitere Studium derselben in geeigneten Wer-
ken (vergl. §. 160. Litteratur) anzuempfehlen.
Nach der Andeutung des Gegenstandes der Geognosie §. 13.
zerfällt dieselbe in zwei Haupttheile, die Petrographie und
0 r o g r a p h i e, insofern nur die Beschaffenheit der Gesteine selbst
berücksichtigt wird (Gesteinslehre) , oder insofern sie sich mit
den Verhältnissen der Form , Structur und Lagerung der G>-
hirgsmassen beschäftigt (Gehirgsmass entehre). Wir können
hier nur den ersten Theil kurz berühren, da er zur Verständi-
gung über das Vorkommen der Mineralien nothwendig ist.
Wie schon früher erw ähnt w orden , beschäftigt sich die
Geognosie hauptsächlich mit zusammengesetzten Mineralien ,
indem nur wenige der in der Oryktognosie beschriebenen Gat-
tungen als Gebirgsmassen Vorkommen. — Die G e s t e i n e (§. 13),
einfache oder zusammengesetzte , gehören, das Steinsalz und
die Kohlen ausgenommen, sämmtlich zu unserer dritten Ordnung,
den oxydirten Körpern und die meisten^ unter diesen zu den
verschiedenen Gruppen der Silicate. Sie sind gewöhnlich aus
zwei oder mehreren Gattungen der Oryktognosie gemengt. Diese
Gemengiheile finden sich in einem Gesteine selten an Quantität
gleich ; gewöhnlich übertrifft der eine die andern und heisst
dann der vorualtende Gemengtheil. Er verleiht dem Gesteine
in der Regel, doch nicht immer, seine Eigenthümlichkeit , da
diese auch von einem in geringerer Menge verhandenen abhän-
gig sein kann ; man nennt diese dann auch die charakterisi -
r enden Gemengtheile.
Die verschiedene Verbindung der einzelnen Gemengtheile
unter einander bedingt die Strukiur der Gesteine. Man nennt
Quarzgesteine.
287
sie körnig , wenn die einzelnen Theile eich unmittelbar überall
gleichförmig berühren und ziemlich gleiche Dimensionen haben ;
schiefrig ., wenn die Dimensionen der Gemengtheile in die Länge
und Breite vorherrschen , wenn sie Blättchen bilden und die
Berührung nach einzelnen Richtungen vorherrschend ist. Die
Struktur heisst dicht , wenn die Form der einzelnen Gemeng-
theile nicht mehr unterschieden werden kann, wenn sie ein in-
niges Ganzes bilden und gleichsam verschmolzen erscheinen.
Liegen in einer dichten Grundmasse einzelne, gewöhnlich von
der Grundmasse verschiedene, krystallinische Theile oder Kry-
stalle, so heisst die Struktur porphgrig oder porphyrartig und
das Gestein ist ein Porphyr. — Befinden sich in der Grund-
masse des Gesteins Höhlungen , die ganz oder zum Theil mit,
von der Grundmasse verschiedenen, Mineralien ausgefüllt sind ,
so nennt man dies die Mündels t ein- Struktur. Unter Congluli-
naten endlich begreift man jene, wo eckige oder runde Gemeng-
theile durch ein Bindemittel zu einem Ganzen vereinigt sind.
Sind die Gemengtheile nur locker miteinander verbunden, so
stellen sie lose Gemenge dar.
Da die Gemengtheile eines Gesteines verschieden sind, so
ist es einleuchtend , dass eine Classification nach ihrem chemi-
schen Bestände nicht durchgeführt werden kann. Wir folgen
in der Classification der Gesteine Walchnern (dessen Lehrbuch
der Geognosie p. 10 u. s. w.), der sie eintheilt in krystallini-
sche , deren Theile eine durch die Krystallisationskraft bewirkte
Form haben und in nicht krystallinische , deren Theilchen eine
zufällige, durch mechanische Kräfte hervorgebrachte , nicht we-
sentliche Form besitzen. Die Reihen der ersten Abtheilung sind
gebildet und benannt nach den charakterisir enden Gemengtheilen
und die Reihen der zweiten Abtheilung nach den Struktur-
Verhältnisseih
I. ORDNUNG. KRYSTALLINISCHE GESTEINE.
Gruppe L Quarzgesteine.
1. Quarz. Grundmasse Quarz (p. 117). Man unterschei-
det körnigen , dichten , schiefrigen und porphyrartigen Quarz-
fels nach seinen Struktur-Verhältnissen. Der erstere ist der
häufigste; er erscheint zuweilen als eine Verbindung von mehr
oder weniger vollkommen ausgebildeten Quarz-Kry stallen. Die
Farbe ist vorherrschend weiss und verläuft in’s Rothe und Braune.
Eine Abänderung desselben ist der poröse Quarz , poröser
Mühlstein aus der Gegend von Paris , ein jüngeres Gebilde von
chalzedon- oder feuersteinartiger Quarzmasse mit zahllosen,
kleinen, unregelmässigen Höhlungen. Der schiefrige Quarzfels
288
Feldspathgesteine.
ist meist mit Glimmer gemengt; der porphyrartige enthalt säu-
lenförmige Feidspaih-KrystdUe und findet sich bis jetzt nur sel-
ten in Norwegen und Böhmen.
Der Quarzfels bildet meist mächtige Gänge im Gneis, Gra-
nit, Glimmer- und Thonschiefer; bald tritt er als isolirte schroffe
Felsmassen auf, ist frei von fremdartigen Lagern und nichtsehr
verbreitet; Harz , Erzgebirge, Böhmen, Baiern , Taunus ,
Frankreich, England, Schottland, Norwegen, Arabien, Peru .
2. Riesel schiefer (p. 119). Gewöhnlich von feinen,
weissen Quarzadern durchzogen und zum eilen als Beimengungen
Schwefelkies, Roiheisenstem und Feldspath enthaltend. Wenn
letzterer in Krystallen auftritt , so heisst das Gestein Kiesel-
schief er-Porphyr und gehört zu den schönsten dieser Art.
Das Gestein tritt nur selten selbstständig auf und bildet
schroffe Anhöhen in Böhmen, Sachsen, Bayreuth’ sehen u.s.w.
3. W et z schi e f er. Dichte Quarzmasse, gemengt mit
wenigem Glimmer oder Chlorit, wodurch eine Neigung zur
schiefrigen Struktur hervortritt; Farbe: grünlich-grau. Er wird
als Schleifmaterial gebraucht.
Er findet sich auf Lagern im Thonschiefer : am Harz,
Sachsen, Salzburg u. s. w.
4. Jaspis (p. 118). Nur der Bandjaspis kommt in gros-
sem Massen vor , die zuweilen durch Aufnahme von Thon erdig,
und durch Feldspath-Kry stalle porphyrartig wird.
5. Hornstein (p. 118). Kommt besonders als Grundmasse
eines Porphyrs in Schweden vor; hat eine braune ins Rothe
verlaufende Farbe und Feldspa /h-Krystalle eingemengt, welche
verwittern und das Gestein porös machen; ausser diesen kom-
men auch Glimmer, Quarz und Pistazit darin vor.
6. Hornfels. Ist ein inniges Gemenge von vorwaltendem
Quarz und dichtem Feldstein mit splittrigem, in’s Unebene über-
gehendem Bruche und grauer Farbe. Als Beimengungen fand
man Turmalin , Hornblende und Glimmer ; seltener Feldspath T
Magneteisenstein und Granat.
Er findet sich gewöhnlich auf Granit gelagert am Harz.
Gruppe II. Feldspathgesteiue.
7. Weissstein (Granula). Ein inniges Gemenge aus
vorwaltcndem dichtem Feldstein und Quarz; dicht; weiss ins
Graue, Gelbe und Röthliche , selten dunkelgrau, grün oder
braun; Br. feinsplittrig. V. d. L. zu einem durchscheinendem,
blasigem Email schmelzend. Bezeichnende Einmengungen sind;
Granat, Cycnit , Hornblende, Glimmer .
Feldspathgesteine.
289
Er findet sich in Sachsen , Mähren und Steyermark und
gehört zu den plutonischen Erhebungsgebilden. Der leicht ver-
witternde Granulit giebt eine fruchtbare Erde und durch Sieben
einen zu Steinwaaren brauchbaren Thon.
8. Granit. Ein körniges Gemenge, aus Feldspath , Quarz
und Glimmer bestellend und innig miteinander verbünden. Der
Feldspath herrscht in der Regel vor und der Glimmer ist ge-
wöhnlich in geringerer Menge vorhanden. — Der Feldspath
wird zuweilen durch Alhit vertreten, auch finden sich beide
gleichzeitig vorhanden. Eben so ist statt des Glimmers manch-
mal Chlorit eingemengt; einen solchen Granit nennt man Pro-
togyne. — Die Farbe des Feldspaths ist gewöhnlich weiss in’s
Grauliche und Gelbliche, auch fleischroth, selten grün. Der AI-
bit findet sich meist weiss, doch auch roth. Der Quarz ist im
Allgemeinen grau oder weiss, selten Rosenquarz. Der Glimmer
erscheint meist grau , schwarz , gelb , selten tomback-braun.
Hieraus geht hervor, dass der Granit selbst die mannigfachsten
Farben und oft schöne Zeichnungen hat. Nach der Grösse der
einzelnen Gemengtheile hat man klein- und feinkörnigen bis
zum grob- und grosskörnigen Granit ; letzterer ist jedoch der
seltenste. Abänderungen des Granits sind der Schriftgranit
oder Pegmatit und der porphyrartige Granit ; letzterer enthält
vollkommen ausgebildete Feldspath-Krystalle , welche die übri-
gen Gemengtheile an Grösse übertreflen , ziemlich gleichförmig
durch seine Masse vertheilt.
Als fremdartige Beimengungen fand man im Granit : Tur-
malin, Granat , Pinit , Magneteisenstein , Apatit und Horn-
blende , welche mitunter den Glimmer vertritt und mehrere an-
dere Mineralien, deren Vorkommen aber mehr an Oertlichkeiten
gebunden ist. Auf mehr oder minder mächtigen Gängen kom-
men darin vor: Quarz-, Feld-, Fluss- und Barytspath; Ei-
sen-, Kupfer-, Blei-, Cobalt-, Wismuth-, Mangan- und Silber-
erze, besonders aber Zinnerz.
Der Granit ist über die ganze Erde verbreitet und bildet
eigene grosse Gebirgsmassen , die bald als hohe, halbkugelför-
mige Berge, bald als steile Gebirgskämme erscheinen. Man
hielt ihn früher für das älteste der Gesteine, wogegen aber
jetzt viele*. Thatsachen sprechen. Seine Entstehung ist ohne
Zweifel plutonisch.
Man benutzt den Granit schon seit den ältesten Zeiten zu
Bildhauerarbeiten; in der Architectur zu Säulen, Obelisken und
jetzt auch zu Vasen, Reibschalen und Mörsern, die sehr dauer-
haft sind. Es ist ein vorzügliches Chaussee-Material und wird
auch als Baustein geschätzt. Der verwitterte Granit bildet einen
sehr fruchtbaren Boden, in welchem in einem milden Klima die
üppigste Vegetation ersteht und bereits jede Pflanzung gedeiht.
Geigers Phavmacie . II 1. (2te slufl.) 19
290
Feldspathgesteine.
Der ans dem verwitterten Grämt hervorgegangene Thon wird
zu Steingut und Porzellan verwendet.
9. Syenit ist ein körnig-krystallinisches Gemenge von
Feldspath oder Labrador und Hornblende. Gewöhnlich herrscht
hier der Feldspath vor ; Quarz und Glimmer fehlen in der Regel
ganz. Feldspath und Labrador haben meist eine rothe Farbe,
selten sind sie grau oder grünlich. Die Hornblende erscheint
selten auskrystallisirt und besitzt lauchgrüne oder schwarze
Farben. Das Gefüge ist grob-, selten kleinkörnig. Einzelne
ausgesonderte Feldspath-Krystalle geben ihm öfters ein porphyr-
artiges Ansehen. Das körnige Gefüge wird auch schiefrig, wo-
durch der Syenitschiefer entsteht.
Zu den fremdartigen Beimischungen des Syenits gehören :
Glimmer , Schwefelkies , Magneteisen, Zirkon (dann Zirkon -
Syenit genannt) , Sphen und auf Gängen mehrere andere Mi-
neralien, als: Blende , Bleiglanz , Fahlerz , Zinnerz , Silber-
erz , gediegen Gold und Platin. Er ist ein plutonisches Gebilde
und scheint von jüngerer Bildung als Uebergangskalk , Grau-
wacke und Thonschiefer. Sein Vorkommen ist weniger ausge-
breitet als das des Granits : in Sachsen , Böhmen , Mähren ,
Bergsirasse , Schwarzwald , Ungarn , Norwegen , Schottland ,
Ural , Süd-America , Arabien , Neuholiand; er bildet meist
einzelne, nicht sehr hohe Berge.
Der Syenit wird wie der Granit benutzt ; viele der ältesten
Denkmale, Bildsäulen, Obelisken sind aus Syenit verfertigt, der
bei Künstlern und Alterthumsforschern gewöhnlich unter dem
Namen rother oder egyptischer Granit bekannt ist. Er liefert
durch Verwitterung ebenfalls eine gute Ackererde.
10. Gneis. Ein krystallinisches , schiefriges Gemenge von
Feldspath , Quarz und Glimmer. Feldspath und Quarz machen
körnige Lagen aus , mit welchen der Glimmer nicht als Zusam-
menhängendes, sondern nur als dünnes Haufwerk von neben-
und übereinanderliegenden Blättchen und Schuppen wechselt,
wodurch das schiefrige Gefüge des Gesteins entsteht. Der Feld-
spath waltet gewöhnlich vor und hat eine graue oder weisse,
seltener rothe Farbe. Der gewöhnlich grau gefärbte Ouarz fehlt
oft ganz. Der Glimmer bildet den zweiten Haupfgemengtheil
und stellt gelbe, braune, graue und schwarze Blättchen oder
Schuppen dar. Auskrystallisirte Feldspath-Krystalle sind selten;
der Glimmer wird häufig durch Chlorit , Talk und Hornblende ,
selten durch Graphyt ersetzt. Als fremdartige Beimischungen
sind besonders Pinit , Granat , Schwefelkies und Turmalin zu
bemerken. Auf Gängen linden sich in demselben : Silber-, Co-
balt-, Wismulh-, Kupfer-, Antimon-, Arsenik-, Zink-, Blei-
und Eisenerze, welche mitunter sehr reich sind und ergiebigen
Feldspathgesteine.
291
Bergbau veranlassen ; ebenso Feldspath , Quarz , Achat , Kalk-,
Fluss- und Barytspath.
Der Gneis bildet kuppige Berge, seltener steile Felsen,
macht mit manchen Graniten und Glimmerschiefer die tiefsten
(ältesten) Felsmassen aus und ist fast eben so verbreitet, wie
der Granit, indem bald das eine, bald das andere dieser Gesteine
am vorherrschendsten erscheint; in Sachsen , Schlesien , Mäh-
ren, Böhmen , im Schwarzwalde , Norwegen , Schweden , Ti-
bet, China , Nord- und Süd-America.
Der Gneis wird als Pflaster-, Chaussee- und Baustein be-
nutzt; der verwitterte liefert einen fruchtbaren Boden.
11. Feldstein (p. 148). Die Feldsteinmasse ist selten
rein ; gewöhnlich finden sich Einmengungen von Quarzkörnern
oder Krystallen und von kleinen Feldspath-Krystallen , wo-
durch das Gestein Porphyr-Structur erhält und dann Feldstein-
Porphyr genannt wird. Wenn in der Feldsteinmasse Kugeln
eines Gemenges von Quarz und Feldspath eingeschlossen sind,
wie man dies Gestein auf Corsica findet, so heisst es Pyrome-
rid. Die Farbe des Feldsteins ist in der Regel grau oder roth,
die Einmengungen sind heller. Als fremdartige Einmengungen
beobachtete man Glimmer , Hornblende , Schwefelkies. Auf
Gängen finden sich darin : Eisen- , Kupfer- , Blei - , Zink- ,
Silber -, Mangan- und Zinnerze. Dies letztere besonders zu
Altenburg im sächsischen Erzgebirge. Ferner : Achat , Opal ,
Baryt- und Flussspath . Auf Lagern Anthracit und in Nor-
wegen bedeutende Magneteisen-Nester .
Der Feldstein-Porphyr ist ohne Zweifel plutonischer Her-
kunft und findet sich am Schwarzwalde , Mittelrhein , an der
Nahe , Bergstrasse, in Sachsen, Böhmen, Ungarn, Tyrol,
Frankreich, Norwegen, Schottland, N.- America.
Wenn die Feldsteinmasse lebhaft roth und die eingeschlosse-
nen Feldspath-Krystalle weiss sind, so hat das Gestein ein sehr
schönes Ansehen und wird zu architektonischen Verzierungen
verarbeitet, z. B. der von Elfdalen in Schweden.
12. Kling stein (Phonolith). Ein inniges Gemenge
aus Feldstein und Natron-Zeolith. Das Verhältniss der ein-
zelnen Theile ist verschieden, aber gewöhnlich so innig, dass
das Auge sie nicht unterscheidet. Bruch splittrig ; Farbe rauch-
oder aschgrau in’s Grüne, Braune und Schwärzliche, zuweilen
gefleckt. Durch Feldspath- Krystalle wird er oft porphyTartig ;
ausserdem finden sich in demselben in Drusenhöhlen: Chabasie
und Analcim ; als mikroscopische Theilchen : Augit, Hornblende,
Magneteisen.
Das Gestein bildet einzelne Berge und tritt meist nahe bei
Basalten und Trachy teil auf und ist mit diesen wahrscheinlich
292
Feldspathgesteinc.
gleichen Ursprungs. Er findet sich unter andern in Böhmen ,
Sachsen , in der Rhön , im Siebengebirge , Hennegau , Ungarn ,
Frankreich etc. Der verwitterte Phonolith liefert eine frucht-
bare Erde.
13. Trac h y t. In einer feldspathartigen Masse von
rauhem , mattem Anselien liegen Krystalle von glasigem
Feldspath. Graulichweiss , grau ins Gelbe und Rothe, auch
in’s Grüne. Ausser dem Feldspath finden sich darin: Glimmer ,
Augit , Hornblende und Magneteisen. Die Trachyte mancher
Gegenden sind wegen ihren Erzlagerstätten wichtig für den
Bergmann. So findet man darin Gold- und Silbererze , Queck-
silber- und Zinkerze auf Lagern oft von grosser Ausdehnung.
Der Trachyt zeigt unter allen Gesteinen die mannigfaltig-
sten Abänderungen. Es sind Erhebungsgebilde, gewöhnlich
von domähnlicher oder kegelartiger Form , die ziemlich verbrei-
tet Vorkommen. Ausgezeichnet im Siebengebirge am Rhein, in
Ungarn, Auvergne, Griechenland, Kaukasus, America (Andes-
kette).
Der Trachyt verwittert oft mehr oder weniger leicht, der
letztere dient als Bau- und Chaussee-Material, der verwitterte
giebt eine fruchtbare Erde und der metallfreie kann zur Glasur
von Töpferwaaren benutzt werden.
14. Pech stein (p. 151). Durch graulich-weisse , kleine
Feldspath-Kryst&Ue erhält der in grossen Massen vorkommende
Pechstein oft Porphyr-Struktur. Selten kommen auch darin vor:
Quarz , Augit , Hornblende und Glimmer. Der Pechstein findet
sich gewöhnlich in vulkanischen Landstrichen und ist zweifels-
ohne ein vulkanisches Gebilde.
15. Perlstein (p. 151). Als Einschlüsse desselben be-
merkt man zuweilen: Feldspath, Glimmer , Quarz , Obsidian
und Granat. Man betrachtet den Perlstein als zum Schmelz
umgewandelten Trachyt oder als entglasten Obsidian. Er bildet
steile, kegelförmig gestaltete Hügel: Ungarn, Euganeen , Spa-
nien, Insel Lipari , asiatisches Russland u. s. w.
16. Obsidian (p. 150). Durch Krystalle von glasigem
Feldspath wird der Obsidian oft porphyrartig ; auch finden sich
zuweilen darin: Augit, Glimmer , Quarz , selten Krystalle von
Chrysolith. Der Obsidian ist als eine verglaste Masse anzusehen,
von Gesteinen abstammend, auf welche vulkanisches Feuer ein-
wirkte. Teneriffa , Irland , die Andeskette , Ungarn, Sicilien,
Sardinien, das asiatische Russland, haben vielen Obsidian
aufzuweisen.
17. Bi ms tein (p. 151) gilt allgemein als Produkt vulka-
nischer Berge, als entfärbter und durch Feuer aufgeblähter Ob-
sidian , oder als aus umgewandelten Trachyt oder Lava entstan-
Glimmergesteine. 293
den, Er schliesst oft Krystalle von glasigem Feldspath , selten
Augit, Magneteisenstein , Hornblende und Ilaügn ein. llkeinge-
gend (Bendorf) , Ungarn , Auvergne ,, Insel Lipari, Island y
Teneriffa, Quito etc.
Gruppe III. Glimmer ge steine.
18. Glimmerschiefer. Gemenge von Glimmer und
Quarz. Die Glimmerblättchen herrschen in der Regel voi\
liegen unmittelbar neben einander, hüllen den Quarz ein und
geben hierdurch dem Gesteine eine mehr oder minder vollkom-
men schiefrige Struktur. Die Farbe des Gesteins wird bestimmt
durch die Farbe des Glimmers , der weiss , braun , gelb , grau r
grün oder schwarz vorkommt. Das Gestein ist sehr reicii an
fremdartigen Beimengungen; namentlich erscheint häufig Granat
in Stücken von verschiedener Grösse und oft so reichlich , dass
dieser den Quarz verdrängt. Feldspath-RiystaWe ertheilen ihm
oft Porphyr-Struktur und ausserdem finden sich : Cyanit, Horn-
blende, Turmalin , Eisenkies, Magneteisen, Rutil auf Lagern
finden sich Eisenerze (Magneteisen), Kupfererze ? CohalU,
Blei-, und Quecksilber evze.
Der Glimmerschiefer spielt eine bedeutende Rolle in allen
Haupt-Gebirgsketten , bildet hohe terassenförmige Gebirge von
grosser Mächtigkeit und bis zu 6 — 7090 Fuss Höhe: Thüringer
Wald , Erzgebirge , Riesengebirge , Sudeten , deutsche Alpen ,
Spaniea , Skandinavien , Schottland, Ural , America, Hima-
laga-Gebirge .
Man benutzt ihn wie den Gneis.
19. Chloritschiefer. Chloritmasse von dünnem,. meist
wellenförmigem , schiefrigem Gefüge; häufig mit Quarzkörnern
und oft auch mit The, gemengt. Lauch-, berg- und schwärz-
lich-grün. Als fremdartige Beimengungen erkennt man Magnet-
eisen-Octaeder , Granat , Talkspath-Rhomhoeder , Feldspath,
Kupferkies und Magnetkies.
Das Gestein ist nicht sehr verbreitet und untergeordnet :
Apenninen , Alpen, Böhmen, Corsica, Ural, Norwegen.
Der verwitterte Chloritschiefer liefert eine fruchtbare Erde
und in Sibirien durch Ausw aschen Gold.
20. Talkschiefer. Talkmasse von mehr oder minder
deutlichem Schiefergefüge.. Grau iii’s Weisse , Grüne und Röth-
liche ziehend. Oft ist das Gestein quarzhaltig und wird da-
durch dickschiefrig. Fremdartige Einmengungen sind : Glimmer,
Chlorit, Granat, Sirahlstein, Magneteisen, Turmalin, Cg-
anit, Staurolith und Asbest in Adern am UraL
Topfstein (Lawezstein, Giltstein) ist ein inniges Gemenge
294 Hornblendegesteine.
von Talkmasse mjt Chlorit und Glimmer von dickschiefrigem
Gefüge. Man verfertigt daraus Ofenplatten, Töpfe, Kessel,
Lampen , welche die Einwirkung des Feuers ausserordentlich gut
aushalten sollen.
Itakolumit (elastischer Sandschiefer , Gelenkquarz) ist
eine quarzreiche Abänderung des Talkschiefers, welche in dün-
nen Platten elastisch biegsam ist.
Ueber die Verbreitung des Talkschiefers gilt das beim
Chloritschiefer Gesagte , doch tritt er schon mehr als selbststän-
dige Gebirgsart auf.
Gruppe IV. Hornblendegesteine.
21. Hör nb len d e ge ste in ( Amphibolit ). Hornblende -
masse von klein- und feinkörnigem, in’s Blätterige und Strah-
lige verlaufendem Gefüge und schwarzer oder schwärzlich-
grüner Farbe. Gewöhnlich erscheint das Gestein gemengt mit
wenig Quarz; die fast quarzleere Abänderung besitzt ein bei-
nahe vollständig schiefriges Gefüge (Hornblendeschiefer). Ge-
wöhnliche Beimengungen des Gesteins sind: Schice felkies und
Granat; ausserdem finden sich darin: Glimmer , Feldspath ,
Magnetkies und Magneteisenstein.
Er bildet nur selten eine selbstständige Felsart und findet
sicli nicht sehr verbreitet im Erz- und Fichtelgebirge , Böhmer -
und Thüringer -Walde, Schlesien , Salzburg , Ungarn , Schic eizy
Savoyen , Norwegen.
22. Grün st ein (Diorit , Diabase , Aphanit , Trapp).
Gemenge von Hornblende und Labrador oder Periklin , von
schwarzer oder dunkelgrüner Farbe , bedeutender Härte und
Zähigkeit, Hornblende herrscht gewöhnlich vor und beide Ge-
mengtheile finden sich oft kri stallinisch za einem körnigem Gan-
zen verbunden (Diabase). Das innige Grünsteingemenge , aus
dichtem , feldspathartigem Gemengtheile mit Hornblende beste-
hend, ist feinkörnig, matt, von dunkler Farbe (Diorit). Nimmt
in diesem innigen Gemenge der dichte Labrador die Ueberhand
und ist er verschmolzen mit der Hornblende, so heisst das Gestein
Aphanit. Erscheinen hier ausgesonderte Labrador-Iirystalle ,
so erhält das Gestein Porphyr-Struktur und heisst Grünstein-
Porphyr. — Kugel-Diorit ist eine Grünsteinmasse mit concen-
trischen Lagen von krystallinischer Hornblende und Feldstein. —
Grünsteinschiefer ist ein Grünstem mit gerad- und dickschie-
frigem Gefüge, und mandelsteinartiger Gr. ein solcher mit
Mandelsteiii-Struktur. Im Variolit oder Blatterstein liegen ein-
zelne Feldstein-Körner in der dichten Grünsteinmasse, welche
eher verwittert und die Feldstein-Körner pockenartig hervorragen
lässt. — Auf Gängen kommen im Grünstem Feldspath , Quarz ,
Hornblendegesteine.
295
Kalk- und Barylspath vor ; auch mehrere Erze , besonders
Kupfer- und Eisenerze , Silbererze , Gold und Tellur , gedie-
gen Plaün und Gold.
Der Grünstem ist eine im feurig-flüssigem Zustande den Erd-
tiefen entstiegene Masse, die fast in keinem grossem Gebirge
ganz vermisst wird. In technischer Beziehung , als erzführende,
sind besonders wichtig die Grünsteine am Harz , im Nassau’-
schen , N.-America (Copper -Mountains) , Ungarn , Siebenbür-
gen, Aniioquien , Ural.
Der Grünstein selbst wurde schon bei den alten Egyptera,
Indiern und Römern zu Kunstwerken bearbeitet. Der eisenreiche
(am Harz steigt der Eisengehalt bis auf 15 p. C.) wird ver-
schmolzen. Die übrigen Abänderungen dienen als Chaussee- und
Bausteine, als Zuschlag bei Hohöfen. Der verwitterte liefert
eine fruchtbare Erde.
23. Hy per sth enf eis. Gemenge von Labrador und
Hyper sthen , bald grosskörnig , bald klein - und feinkörnig.
Die letztere Abänderung ist dicht, schwärzlich-grün ; ausgeson-
derte Labrador-Krystalle ertheilen demselben ein porphyrartige *
Ansehen. Als Beimengungen bilden sich: eingesprengtes Tito
eisen in Rrystalien und ausserdem Glimmer , Hornblende und
zuweilen Granat.
Nach v. Leonhard ist der Hypersthenfels eine Abänderung des
Syenits. Er kommt in Schottland , bei Edinburg und auf den
Westschotüschen Inseln vor.
24. G a b b r o. Gemenge von Labrador mit Bronzit
oder Schiüerspath , zuw eilen mit beiden zugleich oder mit
Strahlstein in körnigem Gefüge verbunden. Der Labrador
ist meist weiss , grau oder grünlich-grau , dicht , selten undeut-
lich blätterig; der Bronzit lauch- oder berggrün. Die Struktur
wechselt vom Grob- bis zum Feinkörnigen. Als Beimengungen
erscheinen vorzüglich Glimmer , Magneteisenstein , Hornblende ,
Schwefelkies und Quarz. Auf Gängen führt derselbe Quarz
und Kalkspath , auf Lagern Kupfer- und Cobalterze.
Der Gabbro ist sehr verbreitet in der alten, wie in der
neuen Welt ; in Deutscliland hndet er sich am Harze , in Schle-
sien, Mähren, Ungarn u. s. iv.
Man benutzt ihn als Baustein und zu architectonischen Ver-
zierungen.
25. Eklogit (Smaragditfels). Ein Gemenge von Sma-
ragdit oder grünem Diallag mit rothem Granat. Beide Ge-
mengtheile gewöhnlich in gleichem Verhältnisse mit bald grob-,
bald feinkörnigem Gefüge. Als fremdartige Beimengungen er-
scheinen: Glimmer , Cyanit , Quarz , Schice felkies und Horn-
blende.
296
Augitgesteine.
Der Eklogit findet sich stock- und lagerähnlich im Gneis
und Gliminerscldefer : im Fichtelgebirge und Steyermark.
Gruppe V. Serpentingesteine.
26. Serpentinfels ( Serpentin , Ophioliih). Die Grund-
masse ist Serpentin , gemengt mit Körnern von Magneteisenstein
und Fasern von Asbest. Zuweilen etwas thonhaltig ; mehr und
weniger magnetisch. Das Gefüge ist gewöhnlich dicht, der
Bruch splitterig. Das Gestein ist schimmernd und meist schwärz-
lich-grün, doch auch lichter grün, gelb, roth und braun, oft
gefleckt und bunt. — Der Asbest findet sich oft in Schnüren
und Trümmern ausgesondert ; ausserdem finden sich darin:
Speckstein , Quarz , Chalzedon , Halbopal , Talkhydrat , Mag-
neteisen und Eisenkies , Chromeisen , Arsenikkies und gedie-
gen Kupfer. — Die Gänge sind aber meist schmal und mehr
Adern.
Der Serpentinfels ist sehr verbreitet : Fichtelgebirge , Ober-
pfalz, Sachsen , Mähren , Schlesien , Steiermark , Salzburg ,
Tyrol , Alpen , Apenninen , Pyrenäen , Grossbrittanien , Grie-
chen JöwiZ , Mexico u. s. w.
Man benutzt den Serpentin als Chaussee-Material, als Bau-
stein , insbesondere zu architektonischen Verzierungen , schneidet
aus ihm Platten und verarbeitet ihn auf der Drehbank zu Mör-
sern, Schalen, Vasen u. s. w.
27. Ophit. Ein Gemenge von Serpentin und dichtemoder
körnigem Kalkstein oder von Kalkspath. Der Serpentin ist
dunkelgrün, der Kalk weiss, bald sphäroidisclr, bald unbestimmt
begrenzt. Hin und wieder finden sich Magnet- und Schwefel-
kies eingemengt. — Vorkommen : Pyrenäen.
28. S c h i 1 1 e r f e 1 s. Ein Gemenge von vorwaltendem
Schillerstein und Labrador. Das Gestein hat gewöhnlich eine
schwärzlich-grüne Farbe; wenn der Labrador an Quantität zu-
nimmt , so hat das Gestein ein gesprenkeltes Ansehen , oder es
liegt der Schillerstein als grüne Punkte in der graulich-weissen
Labradormasse. Zuweilen finden sich darin breitblätterige Mas-,
sen von Schiller spath.
Er findet sich unter andern am Harz an der Baste.
Gruppe VI. Augitgesieine.
29. Augitfels. Körnige Augitmasse (Kockolith) von
grüner , brauner , grauer und gelber Farbe , theils gross- , klein-,
aucii sehr feinkörnig ; fettartig glänzend und rauh anzufühlen. —
Die Farben des Gesteins wechseln auf die unregelmässigste Weise.
Als fremdartige Beimengungen finden sich darin : Topf stein.
Augitgesteine.
297
AsZs fCm’ TurmaUn’ seltei‘ I{alksPuth , Hornblende und
... j?ie Verbreitung ist geringe und das Gestein kaum selbst-
ständig. Es setzt m den Pyrenäen liegende Stöcke im kör-
nigen K:ilk zusammen.
30. Basalt. Ein höchst inniges Gemenge von Audit,
Labrador und Magneteisen. Graulich- und bläulich-schwarz,
seiir hart von flachmuscheligem , in’s Splittrige und Unebene
verlaufendem Bruche. Dicht oder blasig. Für sich zu einem
grünen Glase schmelzend und dem Magnete folgsam. Die dich-
testen Abänderungen sehen Obsidianähnlich aus. Er enthält als
gewöhnliche Emmengungen Augit, Hornblende and Ckri/solith,
seltener Glimmer, Bronzit, Hyacinth, Oligoklas , Obsidian,
snlÜnej isfn% ze^eu sich in demselben häufig Blasenräume
(Mandelsleinartiger Basalt, basaltischer Mandelstein), die
dann gewöhnlich Zeolithe , Kalkspath , Ärragon, Achate , Opal ,
Grunerde u. s. w. einschliessen.
Der Basalt liefert vorzüglich dauerhafte Chausseen und nach
der Verwitterung eine sehr fruchtbare, besonders dem Wein-
stocke zusagende Erde.
^ Das Gestein gehört zu den plutonischen Erhebungsgebilden,
lmnet sich ziemlich w^eit verbreitet und zeigt überall gleich-
massige Charaktere. Sehr häufig finden sich die Basalte in
feäulen abgesondert.
-i «dl* Do ler it. Ein krystallinisch körniges Gemenge der-
selben Substanzen, welche den Basalt büden und von diesem
nur dadurch unterschieden , dass die Gemengtheile nicht so innig
wie bei diesem verbunden sind , und sich von einander unter-
scheiden lassen. Die Farbe des Dolerits ist gewöhnlich schwärz-
ich-giau, etwas lichter als der Basalt, weniger dicht und hart;
seltener finden sich darin Olivinkömer . Im mandelsteinartiqen
potent finden sich übrigens dieselben Mineralien , wie in den
Blasenräumen des Basalts und ausserdem noch Sphaerosiderit ,
Bitte, kalk. Häufig sind die Blasenräume auch leer sehr nahe
liegend (schtvammiger oder schlackiger Dolerit ). Ausser den
Denn Basalte genannten Einsprengungen kommen hier auch noch
voi : Apatit , Melanit , Nephelin , Sphen , Schwefelkies, Mag-
netkies , Ittnerit, Haügn.
Das beim Basalt über Verbreitung und Anw endung Gesagte
gilt auch vom Dolerit.
32. Basanit. Die Grundmasse des Basalts, doch weniger
dicht von lichterer, gewöhnlich grauer Farbe. Man unterschei-
det dichten Basanit, hin und wieder mit Olivinkörnern ; por -
p nt r artiger B von dunkel-grauer Grundmasse mit ziemlich
ausgebildeten AugiUKry stallen; mandelsteinarliycr ß. mit vie-
298
Thongesteinel
len Blasenräumen, die mit Zeolithen , Kalkspath u. s. w. aus-
gefüllt sind ; schlackiger B. mit einer schlackenartigen , halb-
vergl asten Grundmasse , mit einer grossen Anzahl kleinerer oder
grösserer Blasenräume. Biese Abänderung ist oft klingend und
enthält Glimmer , Hornblende , Ilaüyn , Granat , Nephelin ,
Leucit.
Man benutzt ihn als Baustein und die schlackige Abände-
rung von Niedermennig und Magen am Mittelrheine ist beson-
ders berühmt als Mühlstein. Er unterliegt dem Verwittern we-
niger als der Basalt und Dolerit.
Gruppe VII. Leucitge steine.
33. L e u c o m e 1 a n (Leucitge stein). Ein kristallinisches
Gemenge von Leucit , Augit und Körnern von Magneteisen-
stein. Weiss und schwarz gesprenkelt. Man unterscheidet
dichten L. , ein sehr inniges Gemenge von grauer Farbe, weiss
gesprenkelt ; porphyr artiger L. , mit einzelnen ausgesonderten
Krystallen von Augit und Leucit ; blasiger und schlackiger L.,
mit vielen Blasenräumen.
Er findet sich in Italien und kommt als Lava vor: Albano y
Viterbo , Borghetio, Eocca di Papa.
Gruppe VIII. Thongesteine.
34. Thonstein. Dichte Massen von ebenem oder fein-
erdigem Bruche, grau, gelblichweiss, fleisch- und bräunlich-roth,
lavendelblau, berggrün , zuweilen gefleckt und gestreift, matt;
mager anzufühlen; nicht an der Zunge hängend. Man unter-
scheidet als Arten : a) den gemeinen Thonstein und b) den
Eisenthon , wohin die rothen und braunen Abänderungen gehö-
ren. Von beiden Arten kennt man folgende Abänderungen:
dichte und porphyr artige, wo in der dichten Masse kleine Feld-
spath-Krystalle und seltener Quarzkörner liegen ; blasige mit
unbestimmt begrenzten , zuweilen in einer Richtung in die Länge
gezogenen Blasenräumen ; mandelsteinartige mit Blasenräumen ,
welche Zeolithe , Grünerde , Amethyste , Ghalzedon , Achate ,
Quarz u. s. w. enthalten.
Die Thonsteine und ihre Abänderungen sind ziemlich ver-
breitet unter andern: im Erzgebirge , Böhmen, Schlesien,
Tyrol , Italien, Island.
35. Thonschiefer. Kieselreiche , mit Wasser nicht plas-
tisch werdende Thonmasse von vorherrschend grauer Farbe, die in
unrein Grün, Roth, Braun und Schwärzlich übergeht. Die schiefrige
Structur ist hier besonders ausgezeichnet. Er hängt etwas an
Tliongesteine.
299
I der feuchten Lippe, riecht beim Anhauchen tlionig und ist als
eine chemische Verbindung zwischen Thon- und Kieselerde in
mehrern Verhältnissen zu betrachten, — Der reinen Thonschie-
fermasse sind häufig feine weisse Glimmerblättchen , Quarz
und Feldspath in Körnern und Kalk in Blättchen oder Adern
beigemengt. Dadurch entstehen mehrere ■Abänderungen , als :
reiner Thonschiefer , gewöhnlich dümischieferig ° und von
lichtgrauer Farbe; glimmeriger Thonschiefer , wenn sich zwi-
schen den einzelnen Schieferlagen mehr oder weniger zahl-
reiche weisse Glimm erblätt.chen einfinden ; quarziger Thon-
schiefer, wenn sich in der reinen oder glimmerigen Thonschie-
fermasse Quarz in kleinen Körnern oder in einzelnen Zwischen-
lagea findet. Die graue Farbe der beiden letzten Abänderungen
verläuft in’s Gelbe, Blaue, Grüne, Braune und Rothe. Neben
der schiefrigen Structur zeigt sich hier oft eine prismatische
Absonderung ( Griff eischief er ). Wenn die drei beschriebenen
Abänderungen einzelne Feldspath-KrystaRe enthalten, so ent-
steht der porphyrartige Thonschiefer. Kohliger Thonschie-
fer ; die Grundmasse ist glimmerarm , aber so von Kohle
durchdrungen , dass er eine dunkel graulich-schwarze oder sam-
met-schwarze Farbe zeigt. Häufig besitzt er eine ausgezeichnet
dünn- und gerad-schiefrige Structur , welche ihn zur Dachbe-
deckung sehr tauglich macht (Dachschiefer). Der kalkige
Thonschiefer enthält mit den Schieferlagen parallel laufende
Blättchen von kohlensaurem Kalk.
Der Thonschiefer enthält ausserdem häufig Chiastolith und
Staurolith , seltener Pistazit , Hornblende , Granat , Turmalin ,
Talk , Chlorit , Schwefelkies. Der an letztem reiche Thon-
schiefer beschlägt bei der Verwitterung mit einem weissen Pul-
ver , welches zum grössten Theiie aus schwefelsaurer Thonerde
besteht. Er heisst dann Alaunschiefer und kann zur Alaun-
fabrication benutzt werden.
Der Thonschiefer ist sehr verbreitet und fehlt fast in kei-
nem Gebirge. Man findet auf Gängen darin : Kalk- , Braun-
un d Baryt spath , Roth- und Brauneisenstein, manche Bleierze,
gediegen Gold, Zinn, auch Graphit.
Die dünnschieferige kohlige Abänderung dient vorzüglich
zum Dachdecken, der mehr kieselige schwarze Thonschiefer zu
Tischplatten und Schreibtafeln.
36. Schalstein. Schiefriges Gemenge von Thonschiefer-
masse, Kalk und Chlorit. Er braust mit Säuren auf, hat in
der Regel eine grüne Farbe und geringe Härte. — Man unter-
scheidet gemeinen und mand eiste inartigen Schälstein, je nach-
dem das Gemenge vollkommen ist oder in der Grundmasse Ku-
geln von Kalkspath und Kalkstein liegeiu — Ausgezeichnetes
Vorkommen: in den Lahngegenden. \
300
Kalkgesteine.
Gruppe IX. Kalkgesteine.
37. Kalkstein. Man unterscheidet in der Geognosie:
a) K ö v n i g e r Kalk (p. 204) (Urkalkstein , salinischer ,
parisclier oder cararischer Marmor). Kalkmasse von kry-
staRinischem, körnig-blättrigem Gefüge, das sich zuweilen in’s
Dichte verläuft. Die körnig-abgesonderten Stücke sind so mit-
einander verbunden, dass meist keine leeren Zwischenräume
bleiben. Weiss , mitunter in’s Graue , Blaue , Gelbe und Rothe
sich verlaufend. Der körnige Kalk hat Barytspath-Gd nge,.
Kalk- und Braunspalh- Adern aufzuweisen und auf Lagern er-
scheinen in demselben Eisen- und Bleierze , auch Sei'pentin
und zuweilen mächtige Smirgelgänge. An zufälligen Beimen-
gungen bemerkt man Idokras , Granat , Hornblende , Glimmer
u. s . w. — Es bst jetzt fast allgemein angenommen , dass der
körnige Kalk ein plutonisches Gebilde und zwar im feurigen
Flusse gehoben sei. Er ist ziemlich verbreitet, ausgezeichnet in
Italien (Carara) , Bergstrasse (Auerbach) , in Baiern , Böh-
men, Sachsen , Schlesien , Bannat , Pyrenäen , Schottland ,
Schweden , Griechenland, N.- America, Himalaya-Gebirge.
b) U e b e r g a n g s k a 1 k. Dichte , im Bruche splittrige Kalk-
masse, die selten ein körniges Gefüge hat. Grau in’s Blaue und
Rothe ; blutroth , gelblich. Die Masse ist vollkommen gleichartig,
oft nach allen Richtungen von Kalkspath-Adern durchzogen. —
Er tritt bald mehr selbstständig auf, bald wechselt er mit Grau-
wacke und Thonschiefer und ist in vielen Ländern sehr verbrei-
tet. Er enthält oft häufig Petrefakten , an manchen Orten fehlen
sie ganz. Auf Gängen kommen darin vor : Kalk - und Baryt-
spath , Bleiglanz , Weissbleierz , Bleierde Rotheis enstein
u. s. w. Auf Lagern: Gyps , Anhydrit , Quarz , Eisenerze ,
Kupferkies u. s. w.
c) Bergkalk. Kalkmasse von splittrigem Bruche und selten
unvollkommen-krystallinischem Gefüge. Grau in s Schwärzliche*
auch in’s Gelbe und Weisse. Zum Theil Talkerde -, Eisen-
oxid Bitumenhaltig. — Der Bergkalk enthält oft viele fossile
Reste von Meer-Thieren (Enkriniten-Kalk) ; er ist für den
Bergbau sehr wichtig (erzf ührender Bergk.) und enthält bedeu-.
lende Lager von Bleierzen ( Bleiglanz , phosphorsaures und
kohlensaures Blei), Eisenoxyd, mit Galmei, Brauneisenstein .
Eisenglanz, Eisenkies , Blende, Kupfer- und Antimonerze.
Auf Gängen finden sich darin : Quarz , Arragomt, Witherit T
Strontian u. s. w. Häufig steht der Bergkalk in innigem Ver-
bände mit dem Steinkohlengebilde, welche in manchen Gegenden
unmittelbar darauf ruhen. — Er ist in vielen Gegenden sehr
verbreitet, z. B. in England, Frankreich, Belgien, Rheinpro-
vinz, Wcstphalcn , Polen.
Kalkgesteine.
301
d) Zechstein (älterer FlÖtzkalk). Kalkmasse von split-
trigem Bruche, der sich in’s Muschelige und Ebene verläuft.
Unrein grau in’s Schwärzliche. Er besteht gewöhnlich aus La-
gern , die durch stärkeren oder geringeren Thongehalt mehr oder
weniger von einander abweichen. Er ist besonders merkwürdig
als beständiger Begleiter des Kupferschiefers, eines an Kupfer-
erzen so reichen Gesteines, auf dem er in der Regel unmittelbar,
oder durch eine dünne Mergelschicht getrennt, ruht. An man-
chen Orten ist er ganz frei von Petrefakten, an andern sehr
reich an Mollusken. Er kommt ausgezeichnet vor : am Harz , im
Mansf eldischen , Thüringen , Erzgebirge , Schlesien, England,
N.-America.
e) Muschelkalk. Feinsplittrige , fast ebene , auch flach-
muschelige Kalkmasse, nur zuweilen durch eingemengte Kalk-
theilchen ein körniges Ansehen erlangend. Dunkelgrau in’s
Blaulich-schwarze ; graulich-weiss in’s Gelbe; meisteinfarbig.
Er liegt immer auf buntem Sandstein und enthält häufig Petre-
facten. Auf untergeordneten Lagern trifft man in demselben
€?gpst, Salzthon und Steinsalz, oft von grosser Bedeutung; fer-
ner birgt er von Erzen : Eisen , Blei und Zink auf Lagern ,
Stöcken und Nestern. — Der Muschelkalk ist in manchen Län-
dern sehr verbreitet und fehlt in andern ganz. In Deutschland
tritt er mit entschiedener Selbstständigkeit auf : Baden , Wür-
temherg , Thüringen , Mansfeld, Wesiphalen , Hannover ,
Polen.
f) Liaskalk (Gryphiten-Kalk). Dichte, häufig bitumi-
nöse oder thonige Kalkmasse von splittrigem Bruche , seltener
ein sehr feinkörniges Gefüge zeigend. Dunkelgrau in’s Schwärz-
lich-braune , zuweilen durch Eisenoxyd ringförmig gezeichnet. —
Er ist in manchen Gegenden reich an fossilen Ueberresten von
Reptilien, Fischen, Mollusken u. s. w. Erze finden sich sel-
ten darin, unter andern Lager von Rotheis enstein, Nester von
Bleiglanz und Blende. — Der Liaskalk erreicht selten eine be-
deutende Mächtigkeit und findet sich in England , Würtemberg,
Baden, um Basel, in Frankreich, Schiveden, Spanien (Py-
renäen).
g) Jurakalk. Dichte Kalkmasse von muscheligem, auch
splittrigem Bruche und stets heller, gelblich- oder graulich-
weisser Farbe. Man unterscheidet nach der Lage einen ober n
und untern, oder Jüngern und ältern Jurakalk, die mit einigen
andern Gesteinen die Juraformation bilden. — Sie sind beide
sehr reich an organischen Ueberresten, aber arm an Erzen. —
Er ist in manchen Gegenden sehr verbreitet , z. B. in England,
in der westlichen Schweiz, in Pommern, auf Rügen, in Polen,
Frankreich.
Eine Abänderung des Jurakalks ist der lithographische
302
Kalkgesteine.
Stein. Es ist eine dickte, gelblich- und rauchgraue Kalk-
masse von muscheligem Bruche, die in der Gegend von Solen-
hofen und Pappenkeim als obere Decke der Berge erscheint. Er
ist ebenfalls reich an Versteinerungen ; seine Verbreitung ist
beschränkt. Ausser den genannten Orten soll er noch in Ox-
fordskire , ferner in Dalmatien und am Libanon Vorkommen. —
Er ist unschätzbar in der Lithographie und bis jetzt nicht zu
ersetzen gewesen.
h) Kreide (p. 205). Die Kalkmasse ist weich, selbst locker,
selten ziemlich hart ; im Bruche fein- und groberdig, selten eben
in’s Splittrige. Die weisse Farbe nähert sich dem Gelblichen
und Grauen. Die Kreide schliesst nebst einer nicht unbedeuten-
den Anzahl Versteinerungen Feuerstein in Nestern und Lagern
ein. Die unteren Lagen der Kreide haben immer eine Grünerde -
oder CftZorit-älinliche Masse in kleinen Pünktchen eingesprengt,
wodurch sie zum grünen Sandsteine übergeht. — Sie ist beson-
ders verbreitet in England und dem nördlichen Deutscklande.
i) G r o b k a 1 k. Die Kalkmasse ist nicht selten mehr sandig
als kalkig. Mehr oder minder fest, zuweilen selbst zerreiblich.
Bruch splittrig in’s Unebene , Grob- und Feinkörnige. Gelblich-
grau und graulich-weiss in’s Graue und Braune. Er ist ein
jüngeres Gebilde, welches gewöhnlich über Braunkohlen und
auf Kreide ruhet und deutliche Schichtung zeigt. Er umschliesst
eine bedeutende Menge Conchylien , auch Ueberbleibsel von
Amphibien, Fischen, Vögeln und Säugethieren. — Er ist wenig
verbreitet und findet sich ausser im Becken von Paris nur in
der Nähe von Mainz , in Italien, am südlichen Fusse der Al-
pen, Sicilien, Ungarn u. s. w. #
k) S ü s s wr a s s e r k a 1 k. Er ist entweder dicht , im Bruche
splittrig, oder flachniuschelig und eben, weiss oder grau, selte-
ner braun gefärbt (dichter Süsstv.-Kalk) , oder dicht und sei-
ner ganzen Masse nach mit kieseliger Materie durchdrungen
(Kieselkalk) , oder häufig zellig , viele Höhlungen und blasen-
ähnliche Räume von unebenem , kleinkörnigem Bruche und selte-
ner eine Art Fasergefüge zeigend (Travertino) , oder er bildet
eine mehr oder weniger blasige, schwammige oder poröse Kalk-
masse, voller regelloser Löcher und zeitiger Räume, erscheint
auch röhrenförmig und tropfsteinartig, oder in sehr verschiede-
nen Gestalten nach, meist wieder zerstörten, pflanzlichen Thei-
len gebildet. Der Bruch ist verschieden und geht von dem
Dichten und Splittrigen bis zum Erdigen (Kalktuff). Dieses
Gebilde findet sich ziemlich allgemein verbreitet und besonders
ausgezeichnet in Frankreich (Auvergne), Granada, in Wür-
temberg u. s. iv. An organischen Üeberresten ist er oft sehr
reich und enthält Pflanzen, Gebeine und Zähne von Landthieren,
Amphibien, Vögeln u. s. w.
Kalkgesteine.
303
l) Bituminöser Kalk ( flinkstem) ist eine Kalkmasse
mit mehr oder minder starkem Bitumen-Gehalt, der, durch seinen
eigenthümlichen Geruch, beim Reihen oder beim Erwärmen des
Gesteins, erkannt wird. Er hat einen splittrigen Bruch und
eine graue, braune oder schwärzliche Färbung. — Erreicht oft
eine Mächtigkeit von 100 Fuss und findet sich in der Re«-el über
Dolomit oder unmittelbar auf dem Zechstein gelagert. °
m) Oo 1 ithen-Kalk (Rogenstein) (p. 205). Kalkkörner
durch einen kalkigen oder kalkig-thonigen Teig gebunden. Die
Kalkkörner sind ungleich an Grösse , bald gedrängt , bald spar-
sam vorhanden, grau, braun oder gelb; mit der bindenden Masse
gleich gefärbt oder davon verschieden.
38. Dolomit (p. 209). Chemische Verbindung von koh-
lensaurem Kalk mit kohlensaurer Magnesia von häuft«- aus-
gezeichnet körnigem Gefüge, gleichsam nur ein Häuf werkrhom-
boedrischer Krystalle (körniger Dolomit). Die Kryst. berühren
sich meist nur an wenigen Stellen. Manche feinkörnige Dolo-
mite nähern sich dem Dichten (dichter Dolomit). Als^bezeich-
nendes Merkmal des Dolomits können kleine Höhlungen und
kleine eckige Löcher betrachtet werden , welche mit Bitterspath-
Rhomboedern ausgekleidet sind. Die Farbe ist weiss in’s Gelbe
und Röthliche , gelb , grau in’s Braune. Die Dolomite sind stets
härter und schwerer als Kalkstein. — Als Beimengungen des
Dolomits erscheinen: Glimmer , Talk , Grammaiit , e Turmalin ,
Korund , Fahlunit , Eisenkies , Realgar , Rutil und Blende. ~
Der Dolomit erscheint in mehrern Gebirgsformationen , als mit
der Grauwacke , Muschelkalk , Zechstein , Jurakalk. Die
Dolomite scheinen theils plutonischen, theiis neptunischen Ur-
sprungs.
39. Mergel. Gemenge von kohlensaurem Kalk und
Thon. Weicher als Kalkstein, von erdigem Bruch. Beim An-
hauchen thonig riechend , mit Säuren aufbrausend und mit Was-
ser mehr oder weniger plastisch werdend. Graulich-, gelblich-
grünlich- und rötlüich- weiss in’s Graue, Braune und Rothe. ’
Man unterscheidet: a) Kalkmergel , wobei der Kalk vor-
w aitet und oft bis 75 p. C. beträgt. Farbe w^eiss , grau , gelb.
Nach der Textur zerfällt dieser in dichten , schiefrigen erdi-
gen und tuffsteinartigen, b) Thonmergel mit verwaltendem
Thon, von grauer, gelber, grüner , schwarzer Farbe. Erfindet
sich ebenfalls von dichter oder schiefriger Textur, c) Sand-
mergel mit einer beträchtlichen Beimengung von Quarzsand
von dichtem oder schiefrigem Gefüge. (Keuper- oder bunter
Mergel ist ein durch häufigen Wechsel bunter Farben , oTau
grün und roth, ausgezeichneter Mergel von muschligein Bruche.)
— Der Mergel zerfällt an der Luft nach und nach zu einer
fruchtbaren Erde. Man findet im Mergel Bernsteinstücke, bitu-
304 Eisengesteine.
minöses Holz , Land- und Flussmuscheln und Gebeine grosser
Thier-Arten.
Sein Vorkommen ist ziemlich verbreitet.
Gruppe X. Gypsgestetne.
40. Gyps (p. 240). Fein-, selten Mein- oder grobkörnige,
Gypsmasse, mitunter zum Schuppigen oder Blättrigen sich nei-
gend. Schneeweiss in's Graue , Röthliche und Gelbe überge-
hend. Die Gypsmasse ist oft mit Thon gemengt. Als Beimen-
gungen zeigen sich häufig Glimmerblättchen , Borazit- und
Quarzkry stalle. Der körnige Gyps (Urgyps , Alabaster) ist
die einzige Abänderung des Gypses , welche als Gestein in gros-
sem Massen auftritt, z. B. im Canaria - und 7Vssiw-Thale. — :
Ausserdem kommt der Gyps oft mit 200—400 Fuss Mächtigkeit
in der Zechstein- und Muschelkalkfonnation und mit Grobkalk
vor und führt häufig Steinsalz und Salzquellen.
41. Anhydrit (p. 239). Von dieser Mineralgattung tritt
ebenfalls nur die körnige Abtheilung als Gestein auf, unter
andern in der Keuperfonnation mit Gyps und Steinsalz.
t
Gruppe XI. Salzgesteine.
42. Steinsalz (p. 255). Das Steinsalz tritt in grossen
Massen auf in der Muschelkalk- und Keuperformation, in der
Regel begleitet von Gyps; ebenso finden sich bedeutende Mas-
sen im Grünen- oder Karpathen-Sandstein bei Wieliczka in
Polen.
43. Ala un f eis. Von Alaunstein mehr oder weniger
durchdrungene Quarzmasse mit zelligem Gefüge, zerfressen,
durchlöchert oder dicht. Bruch uneben. Graulich-weiss ins
Gelbliche, Bräunliche und Grünliche. Der Alaunstein findet sich
darin bald in Körnern, Adern und Drusen krystallisirt. Der
Alaunfels steht mit dem Trachyt in nächster Beziehung : er macht
mehr oder weniger mächtige, stehenden Stöcken ähnliche Massen
aus , oder er erfüllt Spalten ; im Kirchenstaate , am Mont-Dore ,
Ungarn , Insel Milo und Nipoligo.
Gruppe XII. Eisengesteine.
44. Magneteisenstein (p. 103).
45. Eisen schiefer (Eisenglimmer schiefer). Blättriger
Eisenglanz und grauer Quarz in körnig-schiefrigem Gemenge,
so dass die Gemengtheile eiuzelne Lagen bilden und das Gestein
ein gestreiftes Ansehen hat. Als bezeichnende Beimengungen
erscheinen Blättchen von gediegen Gold. Das Gestein begleitet
Sandsteine.
305
m Brasilien beständig den goldführenden Itacolumit und führt
alsdann seihst Gold. Die Mächtigkeit des Gesteins ist nicht
gross, aber seine Ausdehnung oft meilenweit. — Er kann mit
\ ortheil zu r Eisen-Aussclimelzung benutzt werden.
Gruppe XIII. Kohlen .
46. Antliracit (p. 94).
47. Schwarz kohle (p. 282).
48. Braunkohle (p. 273).
II. ABTHEILUNG. NICHT KRYSTALLINISCHE GESTEINE.
A. Conglutinate.
Die Theile der Gesteine sind durch eine Masse verbunden
welche sich zu jenen als Verkittungsmittel verhält.
Gruppe /. Sandsteine.
49. Quarzsandstein. Die Quarzkörner sind durch ein
quarziges Cäment verbunden. Das Gestein ist sehr fest, bedeu-
tend hart, weiss oder grau, seltener roth gefärbt.
50. Thonsandstein. Quarzkörner , mit thonigem Cä-
ment verbunden. Das Gestein riecht beim Anhauchen tlionio-
braust mit Säuren nicht auf und ist weiss, grau, «"elh, roth
oder braun gefärbt. Man unterscheidet: a) (jemeinen Thon-
sandstein, wenn das Bindemittel ein grauer oder licht- Trauer
Thon ist Das Gestein erscheint oft sehr rein weiss und hat
häufig Glimmerblättchen beigemengt. Wenn die letztem und
das Bindemittel Ueberhand nehmen, wird das Gestein oft schiefrig-
b) hisenlhon-Sandstein. Das Bindemittel ist hier Eisenthon
lund die herrschende Farbe rothbraun. Diese Abänderung wird
durch häufige Glimmerblättchen auch zuweilen schiefri«- *
o*
51. Kalksandstein. Sandstein mit kalkigem Binde-
mittel. Als Beimengungen erscheinen Glimmer und Punkte von
Urunerde. Die Falbe ist grau oder bei mehr Grünerde in’s
Grünliche fallend. Das Gestein braust mit Säuren stark auf.
52. M e rge 1 s an ds tein. Sandstein mit einem Bindemittel
ius Thon- oder Kalkmergel. Grau, grün, roth oder braun ge-
täibt. Das Gestein riecht beim Anhauchen thonig und braust
rnt Säuren mehr oder weniger stark auf. Es enthält gewöhnlich
Glimmerblättchen und wird beim Ueberhandnehmen derselben
"b en falls schiefrig.
Geigers Pharmctcie. 11 1. (2/r Au fl.)
20
Conglomerate.
306
(Man theilt den Sandstein* nach seinem Alter und Vorkom-
men ein in : Alter rother Sandstein , Kohlensandstein. Bunter
Keuper -, Lias-Sandstein u. s. w., was wohl zweckmässiger
ist, aber uns hier zu weit führen würde.)
Die Benutzung der Sandsteine als Baustein und zn archi-
tectonischen Verzierungen ist allgemein bekannt; es ist aber
nöthig, hierzu genau das Verhalten des Gesteins zur Witterung
zu kennen. Zur Construction von Hohöfen muss man die
Quarz- und Tiionsandsteine wählen, und jene, ihrer leichten
Schmelzbarkeit wegen, vermeiden, welche mit Säuren aufbrau-
sen. Die quarzigen Abänderungen dienen auch zum Glasschmel-
zen; die festem zu Schleif- und Mühlsteinen. Im Allgemeinen
ist der Sandstein der Vegetation wenig günstig.
Gruppe 11. Conglomerate.
53. K ies el-C o n g 1 o m er at. Abgerundete oder eckige
Stücke der verschiedenen Varietäten der Gattung Quarz sind
durch ein einfaches oder gemengtes kieseliges Bindemittel ver-
kittet. Die verkitteten Stücke haben eine sein* verschiedene
.Grösse. Als Beimengungen treten Thon , Glimmer , Feldspath ,
Schwefelkies u. s. w. auf. Sind die verkitteten Stücke abge-
rundet, so nennt man das Gestein: eigentliches KieseUCong lo-
merat; sind sie eckig: Kicsel-Breccie.
54. Ka lk - C on gl o mer at. Abgerundete Stücke von dich-
tem oder rogenartigem Kalkstein liegen in einem sie zusam-
menhaltendem kalkigem Teige. Die verkitteten Stücke variiren
von der Grösse einer Erbse, bis zu der einer Faust.
55. Augit-Conglomerat. Eckige Stücke von Augil
sind durch eine weisse Kalkmasse verbunden. Die Grösse der
Augitstücke wechselt sehr, von der eines Sandkornes bis zu meh-
rern Kubikfuss.
56. Eis en-Con glom erat. Eckige oder abgerundete
Stücke von Magneteisen und Eisenglanz sind durch ein Binde-
mittel «aus ockrigem Braun- und Roth-Eisenstein verbunden. Die
verkitteten Stücke haben die Grösse einiger Linien bis mehrere
Zoll. Als Beimengungen bilden sich Blättchen von Glimmer ,
Chlorit und Talk , und nicht selten von Gold.
57. B i m s t e i n - C o n g I o m e r a t. Eckige und «abgerundete
Bimsteinslücke , verbunden durch eine erdige , aus zerriebenem
Bimstein gebildete, Masse. Das Gestein ist leichter als Wasser
und leicht zu zerbröckeln. Eingemengt bilden sich Stücke von
Trachgt , Obsidian , Perlstein , Glimmerblättchen , Holzopal.
D«as Bindemittel ist in grösserer oder geringerer Menge vorhan-
den. Die erstere, bald dichte, bald poröse Abänderung, von
307
Conglomerate.
grauer ia’s Braune ziehender Farbe, wird gewöhnlich Trass
genannt.
Man benutzt das Gestein zu leichten Bauten. Der Trass
hat die schützbare Eigenschaft: mit Kalk unter Wasser zu er-
härten und ist daher besonders bei Wasserbauten angewendet.
Er findet sich in den Rheingegenden (Brohlthal), Ungarn, Mont-
Bore , Quito.
58. B as alt-C on glom erat. Eckige und abgerundete
Stücke von Basalten , Doleriten , Anamesiten, Wacken u. s. w. ;
ferner Fragmente anderer Felsarten, Kalk- und Sandsteine
sind durch einen Teig gebunden , der meist aus einem der ge-
nannten Gesteine, oder aus einem Gemenge einiger derselben
besteht, oder das Cäment ist ein erdiges und scheint aus der
Verwitterung oder mechanischen Zerstörung einer der angeführ-
ten Gebirgsarten entstanden zu sein. — Nach der Beschaffenheit
des Cäments und der verkitteten Bruchstücke ist die Farbe ver-
schieden , grau , braun und roth. Eben so verschieden ist die
Grösse der eingeschlossenen Theile. Herrscht das Bindemittel
vor und sind die verkitteten Stücke klein , so nennt man diese
Abänderung Basalt-Tuff. Als Beimengungen finden sich : Horn-
blende, Olivin , Magneteisen , Titaneisen , Augit , Feldspath ,
Glimmer , Melanit , Kalkspath.
59. Trachyt-Conglomerat. Blöcke , Bruchstücke und
Rollsteine der verschiedenen Abänderungen des Trachgts , mit-
unter auch Bimsteinbrocken und Fragmente basaltischer Schlak-
ken , gebunden durch eine erdige , wenig cohärente Masse ,
welche durch Zerstörung des Trachvts selbst entstanden ist oder
einen krystallinischen , der Grundmasse des Trachyts ähnlichen,
Teig darstellt. Das Gestein hat gewöhnlich eine lichte , grau-
lich-weisse, selten dunkle Farbe. Auch hier ist die Grösse der
eingekitteten Bruchstücke sehr verschieden. Als Beimengungen
finden sich Hornblende , Augit u. s. w ., meist besser erhalten
als die Bruchstücke. — Das Gestein wird bei Bauten und zu
Trögen benutzt; es verträgt hohe Hitzgrade und eignet sich
daher zur Cönstruction von Heerden und Backöfen. — Es findet
sich überall , wo Trachyte selbst Vorkommen.
60. Iv 1 i n g s t e i n - C o n g 1 o m e r a t. Bruchstücke von Klingr
stein, von verschiedener Grösse, eckig oder abgerundet, ver-
bunden durch ein ihoniges Bindemittel, das in der Regel stark
von kohlensaurem Kalk durchdrungen ist. Es braust mit Säu-
ren auf. Das Bindemittel herrscht gewöhnlich vor und ist von
aschgrauer oder röthlicher Farbe, Es finden sich oft darin:
jßasßZf-Rollstücke , jßwfirrz-Fragmente und Krystalle von Feld~
spath , Augit und Hornblende, Glimmerblättchen, Magnetei-
sen. — Das Gestein tritt gewöhnlich mit Phonoliten auf, z. B.
Conglomerate.
308
im Bhön- Gebirge , kann als Baustein benutzt werden und liefert
durch Verwitterung eine fruchtbare Erde.
61. Vulkanischer Tuff. Die Hauptmasse ist uneben
feinkörnig, auch erdig; grau, braun, oder roth; weich, mit-
unter fast zerreiblich; matt. In derselben finden sich, nach der
Art des Vorkommens, verschiedene Einschlüsse, Lfli*fl-Frag-
mente, Augit -, Feldspath- und Leucit-Tkei\e , Glimmerblätt-
chen u. s. w.
Man unterscheidet hiernach :
o) Steintuff. Hart, im Bruche erdig oder muschelig, roth-
braun mit orangenfarbigen Flecken. Er enthält mehlige oder
krystallisirte Leucite , braunen Glimmer , /lwf/if-Krystalle ,
Feldspath- Theile. Er wurde schon in den ältesten Zeiten als
Baustein benutzt.
b) Bröckeltuff ’ Sehr zerreiblich, leicht, schwärzlich oder
gelbiich-braun. Er besteht aus dicken , wenig zusammenhalten-
den Körnern mit mehligem Leucit , Augitbrocken , Glimmer -
blättchen u. s. w.
c) Posiliptuff. Gelblichweisse oder lichte strohgelbe Haupt-
masse , matt, im Bruche erdig, leicht, spröde, mit sehr gehäuft
liegenden, linien-grossen , Stücken Bimstein und schwarzer po-
röser Lara.
Das ausgezeichnete Vorkommen dieser Tuffarten ist Italien ;
die verwitterten Gesteine geben eine sehr fruchtbare Erde.
62. P e p e r i n. Die Hauptmasse ist weich , wackeartig ,
aschgrau, im Bruche feinkörnig; sie umschliesst eckige Stücke
von weissem Dolomit und Geschiebe und Gerölle von Basalt ,
Dolerit und Lava. Ausserdem finden sich Glimmerblättchen ,
mehr oder minder häufig, Krystalle von Augit und Leucit , so
w ie Magneteisenkörner.
Der Peperin ist eine vulkanische, wieder zusammengebackene
Asche, die sich vom vulkanischen Tuff dadurch unterscheidet,
dass in ihr alles mehr frisch und w ohl erhalten , w as im Tuff’
matt und zerstört ist.
Man brauchte ihn schon in den frühesten Zeiten als Bau-
stein. — Seine Verbreitung beschränkt sich auf den Kirchen-
staat.
63. G r a n i t - C o n g 1 o m e r a t. Die Hauptmasse ist thonig ,
oft durch Eisenoxyd gefärbt und umschliesst die Gemengtheile
des Granits , Granitsgruss , zuweilen auch kleinere oder grös-
sere Stücke unzersetzten Granits. — Der Glimmer ist in der
Regel mechanisch zertheilt , der Feldspath mehr oder weniger
verwittert und der Quarz wohl erhalten. — Die Festigkeit des
Gesteius ist sehr verschieden.
Cenglomerate.
309
. ,64- Eisenthon-Cojjrlomerat. Die Hauptmasse Ist
tiiomg durch Eisenoxyd gefärbt imd schliesst Oeschiehe und Ge
rolle von Quarzfels, Thonschiefer, Kieselschiefer , Gneis
Granit, Glimmerschiefer, verschiedenen Porphuren u s w
ein. Das ganze Gestein hat eine rothe Karbe; die Grosserer
Bruchstücke übersteigt selten die einer Faust; das Verhältnis«
des Bindemittels zu den Einschlüssen ist sehr verschieden und
hiervon hängt in der Regel die Festigkeit des Gesteines ab.
bummer blättchen finden sich darin fast immer, seltener Feld-
spath und ein weisscr , der Porzellanerde ähnlicher Thon.
,. 65. Porphyr-Conglomerat. Eine Tlionmasse ver-
bindet Geseluebe und Gerolle von Feldstein- oder Thonslein-
Porphgr . wozu oft noch ähnliche Stücke anderer Gesteine als:
Kieselschiefer , Thonschiefer, Quarz und Granit treten Die
Karbe des Gesteins ist in der Regel rotli, selten weiss und seine
restigkert gering.
66. Grauwacke. Das Bindemittel ist granitartig und be-
steht aus feinen Körnern von Feldspath und Quarz, worin
eckige und abgerundete Stücke von verschiedenen Varietäten
des Quarzes liegen. Die Farbe ist grau, unrein blau oder
schwarz ; die Härte und Festigkeit sehr beträchtlich. Die ver-
kitteten Bruchstücke messen in der Regel weniger als einen
Zoll. Der Bruch ist splittrig , wenn sich das Ganze durch Fein-
körnigkeit dem Dichten nähert.
Man unterscheidet :
a) Gemeine Grauwacke. Das Bindemittel ist gewöhnlich
m geringerer Menge vorhanden und die Quarzkörner haben die
Oberhand. Sie ist zuweilen so feinkörnig, dass das Gestein ein
gleichartiges Ansehen gewinnt , der Bruch ist dann im Grossen
flachmuschelig, im Kleinen femsplitterig. Sind die Gemengtheile
grosser, so unterscheidet man gewöhnlich weisse Glimmerblätt
chen m der Grundmasse. Selten trifft man darin Bruchstücke
von Granit , Gneis , Glimmerschiefer , Serpentin, Feldstein-
Porphyr , Kalkstein u. s. w.
b) Schiefrige Grauwacke (Grauwackenschiefei). Durch
das häufiger »Verden der Glimmerblättchen in der feinkörnigen
Abänderung nimmt die Grauwacke eine schiefrio-e Striictm- »nö
einen lebhafte» Schimmer auf der Oberfläche an!
Von Mineralien finden sich der Grauwacke zuweilen bei-
ivtw cSt/i K^lhsPuIt.k ’ ItuPjer-. U1,i Schwefelkies, Steinmark ,
Feldspath-Krystalle , Anthracit, Erdpech , Das Grauwacken-
, bnge ist das älteste, w elches Ueberrestc organischer Schö-
ptung aufbewahrt , jedoch un Ganzen sehr selten. Auf Quarz-
Kalk- und Bargt spath-Gängen führt die Grauwacke Blei-’
Eisen-, Kupfer-, Mangan- und Antimonerze, gediegen Gold
310
Conglomerate.
nebst goldhaltigen Kiesen ( Andes-Kette ). Lagerartig finden
sich darin : Braun- und Rothbis enstein . Blei- und Kupfererze ,
Kalk -, Quarz- und Kieselschiefer. Irland hat im Grauwacke-
Gebiete ein ansehnliches Kohlenlager aufzuweisen.
Die Grauwacke findet sich sehr verbreitet : am Harz ,
Westerwald , Taunus , Rheingegend , Hundsrücken , Eifel ,
Thüringen , Erzgebirge , Böhmen , Skandinavien , Grossbrit-
tanien , Frankreich , America u. s. w.
Die Grauwacke wird als Bau- und Chausseestein benutzt
und die daraus durch Verwitterung entstandene Erde ist der
Waldcultur günstiger als dem Ackerbau.
67. Nagel fl uh. Das Bindemittel ist kalkig, sandig; die
eingeschlossenen Theile sind Geschiebe und Bruchstücke verschie-
dener Kalksteine , Sandsteine , Grauwacke , Porphyr , Granit ,
Gneis , Glimmerschiefer , Syenit , Serpentin , Gabbro , Grün-
stem u. s. w. Das Gestein ist in der Regel grau, seltener
roth oder braun und im Allgemeinen bedeutend fest. Das Binde-
mittel und die Theile zeigen grosse Verschiedenheiten. Die
Grösse der letztem wechselt von der eines Sandkornes bis zu
3 Fuss und darüber. Die Festigkeit des Gesteins ist in der
Regel sehr gross. — Die Nagelfluh findet ihre grösste Verbrei-
tung im mittlern Europa: in der Schweiz , Waadtland , Sa-
voyen u. s. w.
68. M usch el-Conglom er at. Bruchstücke von fossi-
len Muscheln verschiedener Arten und Gattungen, mitunter auch
ganze Muscheln , sind durch ein kalkiges oder mergeliges , sel-
tener durch kieseliges Cäment verkittet. — Die Muscheln sind
fast immer bis zur Unbestimmbarkeit zertrümmert, das Binde-
mittel ist in der Regel in geringer Menge vorhanden und be-
steht manchmal aus Kalkspath. Das Gestein hat eine geringe
Festigkeit.
69. K n o c h e n - C o n g 1 o m er a t (Knochen - Breccie).
Ganze Knochen und deren Bruchstücke von Säugethieren , Vö-
geln, Amphibien und Reptilien, sind durch ein thoniges, roth,
weiss oder grau gefärbtes Cäment verbunden, w elches mit Säu-
ren brauset und bald mehr, bald weniger Kalk enthält. Ausser-
dem enthält das Gestein oft Bruchstücke von Kalksteinen, Land-
und Süsswassermuscheln. Nicht selten ist Kalkspath durch die
ganze Masse verbreitet, — Das Gestein zeigt gewöhnlich eine
geringe Festigkeit.
B. C o n g r e g a t e.
Die Theile des Gesteins stehen unmittelbar miteinander in
Berührung und keiner erscheint als Bindemittel. Die Theile
Erden.
311
hängen nur schwach zusammen oder sind lose , haben gar kei-
nen Zusammenhang.
Gruppe L Erden .
70. Ackererde. Ein Gemenge aus Sand , Gerollen und
Geschieben und aus erdigen Theilen . Der Sand besteht aus
Quarz , Glimmer Kalk , Magneteisenstein ,. u. ,9. ?/;.
Die erdigen Theile aus Kieselerde , Thonerde , Kalkerde,. Talk-
erde, Eisen , Mangan , Ammoniak , Kali-, Natron-Salzen ,
Wasser , atmosphärische Luft, Kohlensäure , Humus, Humus-
säure. Sie ist das Resultat von Zertrümmerungen und Zer-
setzungen der vielartigsten Gesteine , daher so verschieden in
ihrer Beschaffenheit, als die Natur der Felsmassen, aus denen
sie entstanden ist durch mechanische oder chemische Umwände-
iung derselben, wozu sich noch die von der Verwesung der
Thiere und Pflanzen herrühr enden Stoffe (Humus und Humus-
säure) gesellen.
Nach den verschiedenen Bestand theilen, hinsichtlich ihrer
Quantität und Qualität , unterscheidet man :
a) Sandige Ackererde. Quarz mit geringen Beimengungen
kalkiger und thoniger Theile. Lichte gelblich- oder graulich-
weiss, feinkörnig, wenig Wasser anziehend und bindend.
h) Thonige Ackerde. Thontheile mit Sand in geringer
Menge und Spuren von Kalk. Grau, gelb, braun, roth, blau.
Sie zieht stark Wasser an, wird dadurch plastisch und hält es
lange zurück. Beim Austrocknen hart und rissig werdend.
c) Kalkige Ackererde. Kalktheile mit wenig sandigen und
ih oni gen. Lichte grau oder plastisch w erdend und bald w ieder
austrocknend. Beim Austrocknen nicht berstend, sondern locker
und staubartig w erdend.
d) Mergelige Ackererde . Kalk- und Thontheile sind vor-
herrschend. Grau , gelb , braun , roth , grün. Wasser begierig
anziehend, klebrig werdend, es ziemlich stark zurückhaltend,
beim Austrocknen schwindend, berstend und eine starke Con-
sistenz annehmend.
e) Lehmige Ackererde. Die Hauptmasse ist Lehm von
gelber und brauner Farbe. Das Wasser ziemlich stark anzie-
hend und dadurch plastisch w erdend , es stark zurückhaltend ,
beim Austrocknen nicht stark schwindend und nicht berstend..
f) Humöse Ackererde . Thonige und kalkige Theile mit
humösen Theilen gemengt, die nicht leicht über 5 p. C. steigen.,
Dunkel grau oder braun. Wasser in bedeutender Menge anzie-
hend. es sehr langsam abgebend, beim Austrocknen sich wenig.
312
Thoue.
zusammenziehend und dabei nicht hart werdend. Im trocknen
Zustande pulverförmig und von 4 geringer Consistenz.
Die Eigenschaften der angeführten Varietäten werden auf
die mannigfaltigste Weise modificirt , je nachdem die eine oder
die andere Substanz in kleinerer oder geringerer Menge in die
Zusammensetzung eingeht. Die Kieselerde macht den Hauptbe-
standteil der meisten Bodenarten aus ; Thonerde steigt selten
über 15 p. C. ; Kalkerde ist fast immer enthalten, oft aber nur
in sehr geringer Menge; ebenso Talkerde, Eisenoxyd oder Eisen-
oxydul und Manganoxyd. Von dem wesentlichsten Einflüsse auf
die Beschaffenheit der Ackererde ist der Untergrund, oder die
feste Unterlage, worauf der Boden ruht, je nachdem sie fest
und geschlossen oder locker und zerklüftet ist; je nachdem der
Fels Kalkstein oder Granit u. s. w. ist.
Gruppe II. Tlione.
71. Porzellanerde (Kaolin (p. 134). Gewöhnlich Kör-
ner von Feldspath und Quarz, so wie Glimmerblättchen ent-
haltend.
72. Thon (p. 135). Arten sind Töpferthon , Lelim , Let-
ten, Schieferthon.
Der Lehm ist ein sehr * unreiner eisenschüssiger Thon voii
schmutzig-gelber , mehr oder weniger in’s Rothe und Braune
übergehender Farbe. Matt, undurchsichtig, leicht zerreiblich,
sich etwas fettig anfühlend, von unebenem, grobkörnigem Bruche.
Er ist ein Gemenge von Thon , Sand , Gümmer , Kalk , Eisen-
oxyd, , Moder u. s. w. Er findet sich überall verbreitet und
bedeckt die Berggehänge, die Thäler, und stellenweise die Ebe-
nen am Gebirgsfusse , so wie die Ufer der Flüsse.
Löss ist ein lockeres Gemenge aus Thon-, Kalk- und
Kieselerde, lehmig, gelblich-grau , erdig im Bruche. Er ist ein
eigen thümliches Gebilde, hervorgegangen aus der Zersetzung
und Auflösung mannigfacher Felsarten und findet sich im Rhein-
thale zwischen Basel und Bonn. Er tritt an erhabenen Punkten
auf und reicht bis zu den tiefsten Stellen. Sehr bezeichnend
dafür ist eine Menge calcinirter Landconchylien von noch leben-
den Arten und knollige und nierenförmige Concretionen und
stalaktitische Massen von verschiedener Grösse und dichter
kalkiger oder mergeliger Substanz ( Löss-Kindchen , Löss-
Püppchen).
Schieferthon . Fester, durch Kohle oder Bitumen grau oder
schwarz gefärbter Thon, von dick- und gerad-, selten krumm-
schiefrigem Gefüge. Der Bruch ist eben in’s Flachmuschelige
und Erdige. Gewöhnlich enthält er Schwefelkies in Körnern
Sand.
313
und Nieren, so wie Glimmerblättchen auf den Absonderungs-
flächen beigemengt. Häufig findet man in ihm Abdrücke von
Pflanzen, besonders von Farrnkräutern und Equiseten. Er bil-
det mehr oder minder mächtige Lager auf oder unter Stein-
kohlen und ist nicht sehr verbreitet.
Brandschiefer ist ein mit vielen Bitumen und Kohle durch-
drungener Schieferthon, gleichsam eine Mittelbildung zwischen
Kohlenschiefer und Schwarzkohle; pechschwarz von dünnschie-
frigem Gefüge. Er lässt sich als Brennmaterial benutzen. —
Nach Laurent enthalten gewisse bituminöse Schiefer 15 bis
20 p. C. eines bituminösen Oels von der Zusammensetzung des
Kohlenwasserstoffs , das sich zur Bereitug von Leuchtgas be-
nutzen liesse, da es keinen Sauerstoff enthält. Auch Hesse sich
ohne Kosten daraus Paraffin gewinnen.
Gebrannter Kohlenschiefer findet sich in der Nähe bren-
nender Steinkohlenflötze nach der Oberfläche hin, wo das Feuer
keine Schmelzung mehr zu bewirken vermag. Er ist porös,
zellig , von undeutlichem Gefüge , roth , gelb oder braun.
73. Klebschiefer. Ein thoniger Mergel von dünn- und
gerad schiefriger Textur. Br. erdig in’s Flachmuschelige. Hell
gelblichgrau in’s Weisse. Locker, mürbe, zerreiblich, sich auf-
blätternd. Der Zunge stark anhängend; Wasser mit Geräusch
einsaugend. Er enthält häufig runde Menilith-Mdssen eingeschlos-
sen. * — Das Gestein findet sich am Montmartre bei Paris und wird
benutzt zum Reinigen der Kleider von Flecken, so wie zum
Poliren von Metallen.
74. Po lir s chief e r (p. 122).
Gruppe III. Sand.
75. Quarzsand. Beinahe nur aus Quarzkörnern von
verschiedener Grösse bestehend mit wenig fremdartigen Beimi-
schungen und in der Regel von wreisser oder gelber Farbe.
Zuweilen zeigt der Quarzsand eine graue, rothe, gelbe, grüne
Farbe, die von Eisenoxyd, Eisenoxydhydrat oder Grünerde her-
rührt. Er ist das Resultat der Zersetzung quarziger Gesteine
und bedeckt ganze Landstriche (Steppen). Ferner findet er
sich im Alluvium, an den Ufern des Meeres, der Flüsse und
Bäche. Der letztere hat in der Regel mehr fremdartige Beimi-
schungen, als: Körner von Magneteisen , Chromeisen , Granat ,
Spinell , Blättchen von Gold und seltener von Platin.
Der Sand macht ein sehr wichtiges Material zu manchen
technischen Bedürfnissen aus. Er dient zur Glas-, Email- und
Smaltebereitung und zur Verfertigung von Mörtel. In Verbin-
dung mit Leinöl und Bleiglätte bildet er einen guten Kitt. Er
3 U
Tor L
dient zum Scheureil und Reinigen von Gefkssen und Gebäuden ,
zum Glasschleifen, Reinigen und Filtriren des Wassers und an-
derer Flüssigkeiten ; als Streusand , ehemals zu Stundengläsern,
(Sanduhren), zum Formen von Metall-Abgüssen, als Zuschlag
bei metallurgischen Arbeiten und bei ehemisch-pharmaceutischen
Arbeiten als erwärmendes Rad (Sandbad). (Vergl. Bd. I. d. W.
p. 146.)
76. Eisen sand (Magneteisensand). Der Hauptmasse nach
aus Magneteisensand (meist titanhaltigen) bestehend. Er bildet
kleine Körnchen und feine Blättchen, auch Octaeder, deren
Kanten und Ecken abgerundet erscheinen , hat eine schwarze
oder graue Farbe, ist weit schwerer als Quarzsaud und ist ge-
wöhnlich gemengt mit kleinen Körnern oder Krystallen von
Augit, Hornblende , Glimmer , Feldspatk , Olivin , seltener von
Melanit , Quarz , Spinell y Korund, Lava - und Bimstein-
Stückchen u. s. w.
Gruppe IV. Gruss.
77. Granit- Gruss. Aus groben Körnern eines zersetz-
ten Granits bestehende Grussmasse.
78. Gneis- Gruss. Aus groben Körnern verwitterten,
Gneises bestellend.
79. Basanit-Gr us s (Schlacken-Gruss). Aus groben
Körnern und kleinen Stücken verschiedener verschlackter Ge-
steine , namentlich aus verschlackten Basanit - Körnern be-
stehend.
80. Bimstein - Gr u s s_ Aus groben Körnern von Bim-
stein zusammengesetzt.
Gruppe V. Torf.
81. Torf (p. 272). Wie oben erwähnt, verdankt der Toi f
seine Entstehung der Zerstörung von Sumpfpflanzen. Je voll-
ständiger diese vor sich gegangen ist , um so besser ist der Torf.
Abänderungen hierin treten oft in demselben Torflager in den
verschiedenen Schichten ein. Der reinste, mit heller Flamme
und Hinterlassung von wenig helle gefärbter Asche verbrennende
Torf, stellt eine schlaminähnliche, pechschwarze , fette , klebrige
Substanz dar, mit wenigen pflanzlichen Ueberresten (Bagger-
torf). Man nennt den Torf „ weniger reifL , wenn seine Be-
standteile einen geringeren Grad der Zersetzung und Umwand-
lung erlitten haben. Ein häufig vorkommender Thon- oder
Kalk- Gehalt macht den Torf als Brennmaterial weniger geschätzt.
Andere Beimengungen des Torfs sind Eisenkiese und Eisen -
Allgemeine geognostische Begriffe.
315
Vitriol (Vitriol-Torf) , die in manchen Gegenden Oberschle-
siens so reichlich Vorkommen, dass Vitriol auswittert. Ausser-
dem findet sich nicht selten im Torf Blau-Eisenerde , Eisen-
ocker und selten Bernstein,
Ueber einige allgemeine geognostische
Begriffe.
Ausser diesen petrographisch bestimmten Gesteinen finden
sich Uebergänge zwischen einzelnen Gesteinen, welche mit- und
nebeneinander auftreten. Diese Uebergänge stellen Mittelglieder
dar, welche bald den Charakter der einen, bald der andern
Art mehr oder minder deutlich tragen; sie können aber nur
statt finden zwischen nach Masse- und Structur-Verhältnissen
abweichenden Gesteinen, welche auf dieselbe Weise entweder
auf plutoniscliem oder neptunis cliem Wege gebildet wurden . —
So findet sich z. B. der Schiefertlwn (p. 312) übergehend in
Kohlensandstein (p. 306) durch Aufnahme quarziger Theile.
Grauwacke (p. 309) geht in Thonschiefer (p. 298) über, wenn
die Grösse des Kornes ab- und die Menge des Bindemittels zu-
nimmt. Die Kreide (p. 302) verläuft in Grün- Sandstein
der Muschelkalk (p. 301) in bunten Sandstein. Wir sehen
ferner Uebergänge von Gneis (p. 290) in Granite (p. 289), von
Syenit (p. 290) in Granite u. s. iv.
Das Gestein zeigt sich nirgends auf der Erde als aus einem
Stücke bestehend, sondern immer mannigfach, bald auf diese,
bald auf jene Weise, geschichtet , zerspalten oder zerklüftet .
Geschichtete Gesteine nennt man jene , welche aus
Lagen bestehen , die übereinander liegen und durch zwei unter
sich parallele Ebenen begrenzt sind. Man nennt diese Lagen
Schichten ; sie sind nach und nach entstanden und offenbar als
Absätze aus Wasser zu betrachten. Nur diese geschichteten Ge-
steine, welche man auch normale nennt, enthalten bald mehr
oder minder häufig Ueberbleibsel einer vorweltlichen organischen
Schöpfung. — Die Schichten erscheinen wagerecht und heissen
söhlige , oder auch sanft gekrümmt, Vertiefungen der Erdober-
fläche entsprechend, muldenförmig. Gewöhnlich senken sich die
Schichten nach einer Seite des Horizonts, während sie nach der
andern aufsteigen ; man nennt diese Erscheinung das Fallen der
Schichten . Dieses Fallen der Schichten ist oft sehr stark bis
316
Allgemeine geognostische Begriffe.
zmn Senkrechten und wird dann» auch das Einschiesscn «x*
nannt.
Die Gesteinmassen, welche eine Schicht unmittelbar decken
sie mögen von gleicher oder verschiedener Beschaffenheit sein *
nennt man das Hangende; die Unterlage , auf w elchem eine
Schichte ruht, das Liegende. Die geringste Entfernung zwischen
Liegendem und Hangendem, welche (furch eine auf beiden
Schichtungs-Ebenen senkrecht stehende Linie bezeichnet wird
nennt man ihre Stärke, Mächtigkeit. Unter Streichen der
Schichten versteht man ihre Längen-Erstreckung nach einer be-
stimmten Weltgegend.
Ausser dieser Schichtung finden sich die Felsmassen auch
mitunter abgesondert in mehr oder minder regelrecht gestal-
tete und auf mannigfache Weise geordnete Stücke. Hierher ge-
hört die Absonderung in ziemlich recht winkelige Parallelepi-
peden. Sie kommt bei söhlig geschichteten Felsmassen vor
wenn ein solches Gestein von verticalen, oft w eit geöffneten
Spalten durchzogen wird r w ie z. B. beim grünen Sandstein
(Quader-Sandstem , Kalk-Sandstein).
Die säulenförmige Absonderung ist gewöhnlich nur Ge-
steinen vulkanischer Abkunft eigen, z, B. Basalten , Dolerilen
Laven u. s. w.
Platten - oder tafelförmige Absonderungen nennt man jene,
wo die Gebirgsmassen meist dünne, höchstens eia bis zwei Fuss
starke geradschalige Stücke geschieden sind und sich durch eine
se 11 ebene Oberfläche auszeichnen. Solche Absonderungen sind
manchen Feldstein-Porphyren und Phonolithen eigen. Wird
das Gestein durch gekrümmte Spalten in rundliche Massen von
mehr oder weniger deutlich ausgesprochener Kugel-Gestalt ge-,
scineden, so nennt man die Absonderung kugelig.
Ausserdem sieht man sow ohl geschichtete als ungeschichtete
Gesteine aut vielartige Weise durch Risse und Spalten getrennt,
welche sehr unbestimmten Richtungen folgen. Diese Zerklüf-
tungen werden bei den neptumschen Gesteinen durch das Zu-
sammenziehen der Massen beim allmähligen Austrocknen und bei
den im feurigen Flusse gew esenen platonischen Gesteinen als
holge des Zusammenziehens beim Uebergange aus den flüssigen
in den festen Zustand erklärt. Dieses mannigfache Getrennt.-
sein der Felsmassen durch Schichtung, Absonderung und Zer-
klüftung erklärt die Möglichkeit des Zudringens des Wassers
zu sehr tiefen Stellen im Innern der Erde.
Wie schon oft früher erwähnt wurde, sind die Gesteine
theils auf neptunischem , tlieils auf platonischem Wege gebildet
worden, d. h. sie sind entweder Absätze aus Wasser und ihre
Lagerungsfolge aufeinander ist normal und bestimmt ihr Alter
Allgemeine geognostische Begriffe. 317
oder sie befanden sich in feurigem Flusse und ihre Lagerungs-
folge ist abnorm , indem sie sich an keine bestimmte Regeln
der Altersfolge bindet. Man nennt die erstem auch normale ,
die letztem abnorme Felsmassen.
Die normalen Felsmassen sind im Allgemeinen kalkige,
quarzige und thonige Gesteine, wozu noch die ursprünglich dem
organischen Reiche ungehörigen Kohlen kommen. Da diese nor-
malen Massen auch meistens die Eigenthümlichkeit der Schich-
tung zeigen, so nennt man sie auch geschichtete Massen. Die
fossilen Ueberreste aus dem Thier- und Pflanzenreiche, welche
sich in den normalen Felsmassen finden und für dieselben eben
sowohl als die Schichtung bezeichnend sind, treten als unwider-
legbare Beweise von Umwälzungen auf, welche die Oberfläche
tmsers Planeten erlitt und bei denen das Feuer nicht tliätig war.
Durch das Studium dieser fossilen Ueberreste, die Petrefacten-
liunde , lernte man die normalen Felsmassen in Gebilde des
Meeres - und des süssen Wassers unterscheiden , worauf die
Verschiedenheit der organischen Wesen führte, die entweder im
Meere, im süssen Wasser oder auf der Erde leben.
Die abnormen Felsmassen, welche man auch massige Ge-
steine nennt, bilden einen in die Augen springenden Gegensatz,
verglichen mit den normalen , sowohl hinsichtlich ihres Bestan-
des, als ihrer Bildungsweise und Lagerungs-Verhältnissen. Sie
zeigen nie eine wahre Schichtung, sind frei von Ueberresten
organischer Schöpfung und mehrere derselben kommen in Strö-
men vor. Die abnormen Felsmassen waren im feurig-flüssigen
Zustande , stiegen als solche aus den Tiefen der Erde zur Ober-
fläche oder wurden empor getrieben und erstarrten dort mehr
oder weniger allmählig. — Die abnormen Gesteine erscheinen
als Berge oder als ganze Gebirge , oder lagerweise zwischen
den normalen Gebirgen und parallel mit den Schichten derselben.
Ferner erfüllen sie Spalten, von denen die Schichten nachbarli-
cher Gebirge unter mehr oder minder grossen Winkeln geschnit-
ten werden, oder sie erscheinen als Anlagerungen an dieselben
durch das Emporsteigen aus der Tiefe. Wirkliche Ueberlage-
rungen, wie solche den normalen Felsmassen zukommen, finden
sich bei den abnormen nie.
Die abnormen Gesteine sind in der Regel durch Feldspath
oder feldspathartige Mineralien charakterisirt , die für sich
schmelzbar sind. Sie sind ausserdem Gemenge verschiedenarti-
ger Mineralien, deren Theile entweder auf solche Weise ver-
bunden sind, dass man sie noch mehr oder weniger deutlich
erkennen kann, oder es finden sich dieselben so klein und innig
miteinander verschmolzen, dass das Auge sie nicht mehr zu
unterscheiden vermag. Eine bestimmte Altersfolge in der La-
gerung der abnormen Felsmassen wird gön stich vermisst, indem
318
Allgemeine geognostische Begriffe.
sich keine wahrhaft verschiedene .Perioden , in denen sie gebil-
det wurden , nachweisen lassen. Im Allgemeinen lässt sich nur
annehmen, dass abnorme Gebilde neuern Ursprungs sind, als
die normalen , zwischen denen sie aus der Tiefe gewaltsam
hervorgedrängt wurden; gewisse abnorme Gesteine dürften aber
älter sein , als sämmtliche normale , indem erstere tiefer liegen ,
als letztere.
Nach den ältern Ansichten über Bildungsfolge und Entste-
hung der Gebirge tkeilt man dieselben ein als entstanden in
sechs Perioden und nannte sie: Urgebirge , Ueber gang sgebirge,
Flötzgebirge , tertiäre Gebirge , auf geschwemmte Gebirge und
Vulkane .
Unter Urgebirge verstand man jene Gesteine, welche in dem
tiefsten Innern der Erde Vorkommen und als die höchsten beschnei-
ten Gipfeln colossaler Berge über das Meeresniveau empor steigen.
Auf ihnen ruhen , wie man glaubte , alle übrigen Gebirgsarten ;
jedoch ist jetzt hinlänglich erwiesen, dass mehrere zu den Ur-
gebirgen gehörigen Gesteine als Erhebungsgebilde , andere für
jünger gehaltene Gebirge überlagern und somit ihnen der
Begriff der Urgebirge nicht mehr zukommt. Zu den Urgebirgen
rechnete man : Granit , Gneis , Weissstein , Glimmerschiefer ,
Thonschiefer , Quarzfels , Syenit , Biorit , Hornblendegesteine ,
Augitfels, Ecklogit , Gabbro , Serpentin , Porphyr , Urkalk.
Es sind grösstentheils harte krystallinische Gesteine , als Resul-
tate einer ruhigen chemischen Sonderung , häufig gemengt , und ,
den Thonschiefer ausgenommen, ohne alle Spuren organischer
Ueberreste, aber reich an Erzen.
Nachdem die Urgebilde gebildet waren, entstanden die
Uebergangsgebirge , welche über erstere gelagert sind und von
den Gebilden der folgenden Periode , den Flötzgebirgen , be-
deckt werden. Sie sind weniger krystallinisch und entstanden
in wildem Kampfe der Natur beim Uebergange aus der Urzeit
in die Zeit der Flötz-Gebilde , aus der Periode der unbewohnten
Erde in die der bewohnten. Die hierher gezogenen Gebilde
stellen gleichsam Mittelglieder zwischen Ur- und Flötzgebirge
dar , in Bezug auf Lagerung und Vorkommen organischer Reste,
die hier zuerst, aber sparsam erscheinen. Es gehörten hierher
die Grauwacke , Uebergangs- Thonschiefer , Uebergangs-llalk -
stein , mehrere Porphyre il s. w. Sie sind reich an Erzen.
Die Flötzgebirge wurden als die Gebilde der dritten Pe-
riode betrachtet, welche tlieils auf Ur-, theils auf Uebergangs-
Gebilden ruhen. Sie stellen die grosse Reihe von Schichten dar,
welche als Produkte einer allmähligen, oft unterbrochenen Bil-
dung von dem Uegergangsschiefer und Kalk an, bis zu Forma-
tion der Kreide fortsetzen. Sie stellen grösstentheils durch mecha-
nische Kräfte zusammengefügte Massen dar, welche theils einfach,
Allgemeine geognostische Begriffe. 319
tlieils gemengt sind und im letztem Falle als mechanische Nieder-
schläge theilweise zerstörter älterer Gebirgsarten erscheinen.
Sie enthalten die grösste Mannigfaltigkeit untergegangener or-
ganischer Wesen mit immer mehr gesteigerter Voll kommen heit
ihrer Ausbildung. Es gehören hierher der Kolilens andstein ,
Schieferthon , Steinkohlen , Sandsteine und Flötzkalke.
Zu den tertiären (Gebirgen werden alle normalen Gesteine
gerechnet, welche jünger sind als die Kreide und die oft ihre
Stelle über dieselbe einnehmen. Es gehören hierhin der plas-
tische Thon mit den Braunkohlen , Grobkalk, Süsswasser-
Kalk , Gyps, Mergel u. s. w. Sie wurden früher auch zu den
Flötzgebirgen gerechnet, sind reich an Versteinerungen und ent-
halten in den tiefem Lagen gewöhnlich Conchylien des Meer*-
Wassers , in den obern aber Conchylien des süssen Wassers und
Gebeine von ausgestorbenen vierfüssigen Thieren.
Das auf geschwemmte Land bezeichnet die neuesten Bil-
dungen auf der Erdoberfläche , welche tlieils als Niederschlag
grosser Meeresfluthen (Diluvium) , theils als solche aus Land-
gewässern (Alluvium) entstanden , erscheinen. Es erfüllt die
Thäler oder bedeckt grosse Ebenen und besteht aus thonigen ,
sandigen und kalkigen Fossilien mit Ueberresten von Pflanzen,
Land- und Flussthieren.
Gleichzeitig mit und nach dieser letzten Periode glaubte
man die vulkanischen Bildungen entstanden und zwar durch
Emporheben im flüssigen und und halbflüssigen Zustande. Es
gehören hierhin die trachytischen und basaltischen Gebilde, La-
ven, vulkanische Tuffe u. s. w. Von den acht vulkanischen
Bildungen unterscheidet man die pseudo-vulkanischen , entstan-
den durch in Brand geratheiie und ruhig fortbrennende Stein-
oder Braunkohlenflötze, wobei die Gesteine mehr oder weni-
ger auffallende Veränderungen erlitten.
G e alogische Hypothese,
Unter Welt versteht man die Vereinigung der Gestirne und
iheilt letztere in Fixsterne oder Nebelsterne , Planeten mit
ihren Trabanten und Kometen. Die Fixsterne scheinen zuerst
geschaffen zu sein. Sie drehen sich um ihre eigene Axe und
um einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt des Universums, der
uns aber unbekannt ist
Die Planeten sind wahrscheinlich als glühend flüssige Mas«
sen von dem sie regierendem Gestirne während seiner Umdre-
hung ausgeworfen. Zu diesen Planeten gehört unsere Erde,
320
Allgemeine geostostische Begriffe.
welche zwei Bewegungen folgt, äderen eine sie in 23 Stunden,
56 Minuten und 4 Secuuden um ihre Axe und die andere in 365
Tagen, 5 Stunden, 48 Minuten und 45 Secuuden um die Sonne
vollbringt. Sie hat die Form einer Kugel, welche gegen die
Pole zu abgeplattet ist und eine Oberfläche von 9,281,110 geogr.
□ Meilen. Diese abgeplattete Kugelform der Erde und die Zu-
nahme der Wärme in ihrem Innern, welche auf jede 65 Fuss
ohngefähr einen Grad beträgt , beweisen, dass die Erde sich
einst im feurig-flüssigen Zustande befunden habe, da noch jetzt,
wenn die Zunahme der Wärme im Innern nach obigem Verhält-
nisse fortschreitet, in einer Tiefe von einer halben Stunde das
Wasser nicht mehr in flüssiger Form, sondern nur als Dampf
bestehen Könnte und bei 20 bis 25 Stunden die Hitze stark genug
sein müsste, die meisten Felsarten zu schmelzen.
Nach dem angenommenen Auswurfe verschw and die w ärme-
erzeugende Ursache und die Temperatur der Erde musste abneh-
men. Hierdurch aber bildete sich eine feste Rinde um die flüssige
Masse und es entstand eine erste Art von Formation , w elche
von oben nach unten zu statt hat und so lange fortdauern muss,
bis die Erde völlig erkaltet ist.
Man' kann die Geschichte der Bildung und Veränderung der
Erdoberfläche in mehrere Epochen theilen und deren Wer an-
nehmen.
Erste Epoche. Während der Planet glühend war, musste
die ihn umgebende Atmosphäre sehr dicht und ausgebreitet sein
und ausser den Gasarten , w elche sie jetzt zusammensetzen, eine
ungeheure Menge Wasserdampf und durch die Hitze leicht in
Luftform übergehende Substanzen, als: Blei, Schwefel, Harz,
Quecksilber, Zink enthalten, wodurch natürlich die Temperatur
und Schwere der Atmosphäre zu beträchtlich war, um die Ent-
wickelung eines lebenden Wesens zu gestatten. Sie musste sich
aber nach und nach abkühleu und eine feste Kruste bilden,
welche nach der Erde hin* stets an Dicke zuzunehmen strebt:
Hierdurch entstanden die obern Lagen der Urgebirge und die
mineralischen Krystallisationen , welche sie enthalten, denn in-
dem man gezwungen ist anzunehmen , dass in der feurig-flüssi-
gen Masse des Erdkörpers die Grundstoffe aller jetzt vorkom-
menden Gebilde der Erdkugel vorhanden gew esen seien , so
kann man auch folgern, dass mit der allmähligen Abkühlung
der Erdoberfläche , diese Grundstoffe Verbindungen mit krystalli-
nischem Gefüge gebildet haben , aus welchen Quarz , Feldspath
und Glimmer oder Hornblende und in ihnen das massige Granit-
gebirge hervorging. Bei unvollkommener Kristallisation ent-
stand der Porphyr; auf der Erdrinde neigte sich der Krystalli-
sationsprocess zum Blättrigem oder Schiefrigem , woraus Gneis,
Glimmerschiefer und bei vorwaltendem Talk oder Thon soge-
nannter Talk- oder Thonschiefer hervorging. Je nachdem ein-
Allgemeine geognostische Begriffe.
32!
zelne der erwähnten Grundbestandtheile des Erdkörpers partielle
Verbindungen eingingen , entstanden andere Gemenge und dem-
nach auch verschiedenartige Gebirgsarten , welche bei vorherr-
schender Hornblende die Benennungen Syenit , Grünstem , Apha-
nit und Hornblendeschiefer , bei überwiegendem Talkgehalte aber
die Benennungen Protogyn, Serpentin, Gabbro (Euphotid) und
Chloritschiefer erhielten. Vorzüglich kieselhaltige Verbindungen
ergaben demnächst den Quarzfels , Hornstein , Jaspis und Ilorn-
fels : Feldspathgesteine den Weissstein und Feldsteinporphyr, und
aus dem Urkalk bildeten sich körniger Marmor und Dolomit,
Die unter der im Verhältnisse noch dünnen Rinde, im feu-
rigen Zustande flüssigen Masse , litt durch die nothwendige Con-
traction der erkaltenden Rinde einen bedeutenden Druck und
bewirkte an manchen Stellen der Erdoberfläche grosse Erhe-
bungen der letztem oder sie durchbrach dieselbe und trat wie-
der zu Tage als plutonische Auswürfe, die nicht von Flammen
und Schlackenlaven begleitet waren, oder ergoss sich zwischen
die schon erkalteten Lagen des Gesteines. Zu den Gebilden
dieser Erhebungen gehören namentlich Augitporphyr , Wacke
und Mandelsteine.
Das Ende dieser ersten Epoche bezeichnen bleibende Anhäu-
fungen von Wasser, durch Condensation des Wasserdunstes aus
der abgekühlten Atmosphäre. Das Urgebirge ist reich an schö-
nen Mineralien und Edelsteinen, auch an Metallen, welche theils
in Lagen, theils in Gängen Vorkommen, aber von fossilen Re-
sten organischer Wesen findet sich nirgends eine Spur.
Zweite Epoche. Nach dem Ende der ersten Epoche er-
schienen zuerst organische Wesen, nämlich Pflanzen, Seethiere,
Amphibien und Reptilien und die Oberfläche des Bodens erlitt
eine wellenförmige Bildung durch Erdbeben und häufige Erhe-
bungen, ohne dass hohe Bürge hervorgebracht wurden. Die
Wasser sammelten sich in wenig tiefen Meeren und bildeten
zahlreiche , sehr grosse Seen und Ströme. Die Folge dieser Ver-
änderungen war die Bildung der Grauwacke aus Sandsteinen
und Conglomeraten bestehend und des Bergkalks, welche beide
sehr reich an Erzen sind. Die indessen entstandene riesenartige
Vegetation von Farm und andern Acotyledonen-Pflanzen , w ozu
später auch Monocotyiedonen traten , fanden w ieder ihren Unter-
gang und bildeten das Steinkohlengebirge. Aus den Gew ässern
setzte sich das sogenannte Flötzgebirge ab, welches aus wech-
selnden Formationen von Sandstein und Kalk besteht, nämlich
die ältere Flötzformation (rother Sandstein, Kalkstein), bunte
Sandsteinformation, Lias- und Jura-Kalkformation. Diese Flötz-
gebilde sind besonders reich an organischen Resten, führen Erze
und Steinsalzlager. Auch in dieser Epoche entstanden plutoni-
sche Produkte ohne schlackenhaltige Laven, so wie innere Er-
giessungen zwischen die Lagen und metallhaltige Ergiessungen
Geigers Pharmacie ■ JI 1. (21c JuJ 7.) 21
322
Allgemeine geognostische Begriffe.
in Adern. Die pintonischen Gebilde sind dieselben , welche in
der vorigen Epoche angeführt wurden.
Dritte Ef)Qche. Sie ist charakterisirt durch das Entstehen
der tertiär. Gebilde , welche sich theils als Formationen des
süssen , theils als solche des Meerwassers und in der Regel in
abwechselnder Reihenfolge zu erkennen geben. Sie entstanden
durch Aushöhlungen von Thälern , Versetzung von Meeren und
Seen. Ihre Entstehung ist begleitet von dem Untergange einer
sehr grossep Menge organischer Wesen , worunter man schon
grosse vierfiissige Säugethiere (Cetaceen und Pachydermen,) Süss-
wasserfische und Insekten erkennt. Gleichzeitig zeigte auch die
Pflanzenwelt sich bedeutend entwickelt, da dicotyledonische Pflan-
zen schon häufiger Vorkommen, als Mono- und Acotyledonen ,
wie aus den in dieser Epoche entstandenen Braunkohlen hervor-
geht
Die pintonischen Erscheinungen geben sich als grosse Er-
hebungen kund; die vulkanischen Erscheinungen sind mehr als
solche charakterisirt. Es bildeten sich Basalte, Phonolite, Tra-
«hyte mit ihren Conglomeraten, Schlacken, Breccien und Tuffe.
Vierte Epoche ist charakterisirt durch eine allgemeine
Flutli, deren Folge die Anschwemmungen von Mergel, Lehm,
Löss, Marschland und Dammerde sind. Diese waren begleitet
von Sand, Gerolle und Geschiebe, welche letztere oft Felsblöcke
von ungeheurer Grösse sind, die dem Urgebirge angehören und in
weiter Entfernung von ihrem Stammorte zerstreut liegen. Hier-
durch gingen eine Menge Arten grosser Thiere unter , z. B.
Elephas, Mastodon, Rhinoceros etc. und gleichzeitig entstanden
neue kleinere Raren. Es erscheinen ferner in dieser Epoche die
Aerolithen und die Erhebung der höchsten Gebirge findet statt.
Die vulkanischen Erscheinungen sind sehr mächtig und sind be-
gleitet von dichter und schlackiger Lava, Obsidian und Bimstein,
Rapilli , vulkanischer Asche und Sand. Lokale Ueberschwemmun-
gen bewirkten endlich die Aushöhlung der Thälei1 und ander-
weitige Ausfüllungen. Das Ende dieser Epoche verläuft in die
gegenwärtige Periode und ist bezeichnet durch die Bildung des
Madreporenkalks, Kalksinters, Sprudelsteins, Kieselguhrs, verhär-
teten Meersand, Muschel- und Knochenbreccien. An bezeichnenden
fossilen Resten finden sich versteinerte Menschen (?) und Land-
säugethiere, die wenig verschieden sind von den noch lebenden;
ferner Infusorien , theils noch lebenden, theils ausgestorbenen
Arten angehörend, welche die Bildung des Kieselguhrs, des
Kaseneisensteins u. s. w. bedungen haben.
Druck von Carl Georgi in Bonn
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